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der Mitarbeiter steige. Auch die Plattform-Verantwortliche
Birgit Thoben will nicht mit Zahlen
antworten. Wie viele Geistesblitze aus dem
kreativen Stockwerk stammen, verrät sie niemandem.
„Ich will keinen Druck aufbauen, dass
man nur hierher kommen darf, wenn man auch
Ideen hat.“ Auch das Management habe sich
damit abgefunden, dass von ihr vorerst keine
Zahlen kommen. „Wer kreativ sein will, braucht
Freiräume“, sagt Thoben, „das setzt Vertrauen
in die Mitarbeiter voraus.“
Ein knapper Nachsatz lässt
erahnen, wie sehr sie diesen
Freiraum manchmal verteidigen
muss. „Man darf
nicht vergessen, wo wir herkommen:
130 Jahre Tradition,
Massenproduktion und
keine Fehler – das steckt in
der DNA.“
Thomas Drescher erinnert
sich noch gut daran, wie die studierte Verfahrenstechnikerin
vor ein paar Jahren mit ihrer Suche
nach den hundert Ideen bei ihm gelandet
ist – und wie seltsam er das fand. „Wieso genau
einhundert?“ Dreschers Firma Wimmelforschung
in Berlin bewegt sich an der Grenzlinie
zwischen Kunst und Forschung. Die Wimmelforscher
erhielten den Zuschlag für den Aufbau
der Plattform 12. „Die hatten sich das mit den
hundert Ideen irgendwie ausgerechnet“, sagt
Drescher schulterzuckend. Gerechnet! Und das
ist aus seiner Sicht schon der erste Fehler: Kreativität
zu quantifizieren.
Boschs Innovationsabteilung hatte ihn und
seine Partnerin Maren Geers eingeladen, um
über ein Konzept für einen Kreativraum zu diskutieren.
„Aber deren Ideen waren viel zu steril,
WIR
MÜSSEN
SCHEITERN
LERNEN
viel zu zonal: Hier reden, da Kaffee trinken, da
ausprobieren. So Bosch - like halt.“ Vergesst
es, habe er schließlich gesagt. Mach es besser,
hätten die Leute von Bosch erwidert. So schildert
er es heute. Es scheint, als habe er provozieren
wollen, als er einige Wochen später sein
Konzept der Führungsriege präsentierte: der
Astronaut als intergalaktischer Couch-Doktor,
die falsch gehenden Uhren, der Planet mit der
Infusionsflasche. Zur Präsentation verteilten
Stewardessen Bordkarten
an die Bosch-Führung.
„Wir haben deren Konformität
mit unserer Poesie
unterwandert und denen ein
schwarzes Loch verkauft“,
sagt Drescher. Er fürchtete
eine Absage und erhielt
stattdessen den Auftrag.
„Der Druck aus dem Silicon
Valley ist enorm“, sagt Thomas
Drescher. Manche Unternehmen haben
nicht die Geduld für den freien, künstlerischen
Austausch. Sie wollen sich mit Design Thinking
kreative Ideen gleichsam erkaufen. „Kunst ist
keine ökonomische Ressource“, warnt Drescher.
Im Unterschied zu anderen Unternehmen entwickeln
die Künstler in der Plattform 12 ihre eigenen
Projekte. „Wir müssen es auch aushalten,
wenn wir keine Ideen haben.“ Diese Geduld
könnten Ingenieure von Künstlern lernen.
Unbemerkt von allen Beteiligten schleicht sich
am Nachmittag reinrassiges Design Thinking
in Form eines Praktikanten in die Plattform.
Ein junger Mann huscht ins zwölfte Stockwerk
und schiebt einen USB-Stick in den Computer
am 3-D-Drucker. Was er hier mache? Er wirkt
überrascht, dass jemand das wirklich wissen