Zeitgemäße Sattelanpassung
Zeitgemäße Sattelanpassung Aus der Sicht des Physiotherapeuten - PM-Seminar mit Karsten Humme Quelle: Pferd+Sport (Rathmann Verlag Kiel), Autorin Assia Tschernookoff
Zeitgemäße Sattelanpassung
Aus der Sicht des Physiotherapeuten - PM-Seminar mit Karsten Humme
Quelle: Pferd+Sport (Rathmann Verlag Kiel), Autorin Assia Tschernookoff
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Sportliches
Zeitgemäße Sattelanpassung
AUS DER SICHT DES PHYSIOTHERAPEUTEN – PM-SEMINAR MIT KARSTEN HUMME
Foto: Assia Tschernookoff
oben | Karsten Humme erläutert, wo ein passender Sattel auf dem Pferd liegen darf.
Der Sattel ist die zentrale Verbindung
zwischen Reiter und Pferd.
Damit das Pferd das Gewicht des
Reiters schmerzfrei tragen und sich ungehindert
bewegen kann, muss ein Sattel
optimal passen. Bei der Anpassung
sind verschiedene Aspekte wie Kammerweite,
Schwerpunkt und Polsterung
zu beachten. Doch auch die Anatomie
und Bemuskelung spielen eine wichtige
Rolle. Über das Zusammenspiel
dieser Kriterien referierte Pferde-Physiotherapeut
und Saddlefitter Karsten
Humme in Theorie und Praxis auf einem
PM-Seminar, zu dem die PM-Regionalsprecherinnen
Dr. Beatrice Baumann
und Claudia Eiser nach Norderstedt eingeladen
hatte.
Karsten Humme versteht etwas von Pferden
und vom Reiten, denn er ist sowohl Physiotherapeut
und Heilpraktiker für Pferde als
auch Vielseitigkeitsreiter, Richter und Parcoursbauer.
Außerdem ist er an der Döpfer
Akademie in Rheine Dozent für Tierphysiotherapie.
Zusätzlich hat der Emsländer eine
zweijährige Ausbildung zum Saddlefitter absolviert.
Somit kennt er sich nicht nur in Anatomie
und Biomechanik sowie in der trainings-
und altersbedingte Entwicklung des
Pferdes aus, sondern er kann auch beurteilen,
welche Sättel zu Pferd und Reiter passen.
Wenn er ein Pferd osteopathisch behandele,
überprüfe er stets, wie der Sattel auf dem
Pferderücken liegt und zwar nicht nur im
Stand, sondern auch in der Bewegung. „Ein
Sattel kann auf den ersten Blick gut passen,
aber in der Bewegung ergibt sich ein ganz
anderes Bild“, stellt Karsten Humme fest. „Es
gibt keine schlechten Sättel, sondern sie müssen
an Pferd und Reiter angepasst sein“, betont
der Experte. „Pferde reagieren sehr empfindlich.“
Es lohne sich nicht, am Sattel zu
sparen, denn darunter leide die Gesundheit
und am Ende seien die Tierarztkosten höher
als der Preis eines guten Sattels.
Wissenswertes rund
um den Sattel
Ein gesundes Pferd steht geschlossen auf allen
Vieren, die Rückenmuskulatur sollte dem
Alter entsprechend ausgebildet sein. Die Wirklichkeit
entspricht jedoch nicht immer dem
Idealbild: Die Pferde sind zu dünn oder zu dick,
nehmen eine Entlastungsstellung ein, sind
falsch oder schlecht bemuskelt, mit der Zeit
schief geritten, weisen Scheuerstellen in der
Sattellage und Blockaden der Wirbelsäule auf.
Neben einer Analyse von Haltung, Fütterung
und Training ist auch der Sattel zu kontrollieren.
Ein gut angepasster Sattel liegt im Schwerpunkt,
damit der Reiter im Gleichgewicht sitzt
und Schulter, Hüfte, Absatz eine Linie bilden.
„Ob aus Holz, Kunststoff oder Carbon, der
Baum spielt eine zentrale Rolle“, so Humme.
Ob dieser für das Pferd der richtige ist, darüber
kann allein der Sattler beziehungsweise Hersteller
Auskunft geben. Form und Winkelung
der Kopfeisen müssen der Schulter angepasst
sein. Der Kissenkanal lässt die Wirbelsäule frei.
Die Kissen selbst sind mit synthetischer oder
Schaf-Wolle gefüllt, keinesfalls aber mit einem
Gemisch aus beidem, sonst kommt es zu Druckstellen.
Länge und Größe des Sattels müssen
an Pferd und Reiter angepasst sein. Der Reiter
sollte sich uneingeschränkt bewegen und gut
ausbalancieren können. Ist er zu klein gewählt,
wird der Schwung nicht mehr nach vorn, sondern
nur nach oben durchgelassen. Der Reiter
kommt nicht zum Sitzen. Pauschen und Sattelblätter
sind an der Beinlänge auszurichten. Die
Strupfen werden am Baum angebracht, am
Kopfeisen sollten sie nicht sein. Für die Begurtung
gibt es verschiedene Varianten, wobei
Kurzgurte bis kurz vor die Satteldecke heranreichen
sollten. Mit Langgurten liegen Sättel
ruhiger, Mondgurte haben sich bei bauchigen
Pferden bewährt.
Im Praxisteil demonstrierte Karsten Humme
am „lebenden Objekt“ – einem Pony und einem
Spanier sowie einer jungen Reiterin – wie Pferd
und Mensch vermessen werden. Beim Pferd
wird die Fläche ermittelt, auf der der Sattel
aufliegen sollte. Diese sogenannte Arbeitsfläche
wird mit Kreide auf dem Fell markiert. Die
Schulter sollte frei rotieren können. Auf gar
keinen Fall darf er hinten auf dem 18ten Brustwirbel
aufliegen, um keine Schmerzen zu verursachen.
Die ermittelten Werte werden in
eine Schablone übertragen und um die Angaben
zum Reiter wie Gewicht, Größe und Länge
der Beine sowie Fotos ergänzt. Auf Basis dieser
Informationen kann jeder Hersteller einen
Sattel individuell anfertigen. Es wäre also gar
nicht so schwierig, einen passenden Sattel für
sein Pferd zu finden.
ASSIA TSCHERNOOKOFF
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Pferd+Sport 03 | 20