Industrieanzeiger 07.2020
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interview<br />
Produktionsforscher und e.Go-Chef Prof. Günther Schuh über die Folgen des Mobilitätswandels<br />
„Wir müssen große<br />
Innovationsschritte wagen“<br />
Mobilität muss für den Nutzer weiterhin flexibel, komfortabel<br />
und vor allem bezahlbar möglich sein, sagt Prof. Günther<br />
Schuh. Der Produktionsforscher und Gründer des Aachener<br />
E-Auto-Start-ups e.Go erläutert seine Vision eines Mobilitätswandels<br />
und die daraus resultierenden Folgen. ❧ Mona Willrett<br />
„Den Durchbruch der<br />
Elektromobilität werden<br />
preisgünstige und kompakte<br />
Zweitwagen bringen,<br />
die für Kurzstrecken<br />
konzipiert sind“, sagt<br />
Prof. Günther Schuh. Er<br />
ist Vorstandsvorsitzender<br />
der e.Go Mobile AG in<br />
Aachen und Mitglied der<br />
Direktorien des Werkzeugmaschinenlabors<br />
WZL der RWTH Aachen<br />
und des Fraunhofer-Instituts<br />
für Produktionstechnologie<br />
(IPT).<br />
Bilder: e.Go<br />
Herr Prof. Schuh, was hat Sie motiviert, in<br />
die E-Auto-Produktion einzusteigen?<br />
Als die steigende Bedeutung der Elektromobilität<br />
zu erahnen war, war mir als Produktionstechniker<br />
mit großer Autoaffinität<br />
schnell klar: Batterieelektrische Autos sind<br />
zwar umzusetzen, sie werden aber mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit für einen breiten Kundenkreis<br />
zu teuer sein. Deshalb fühlte ich<br />
mich angesprochen, Wege zu finden, ein solches<br />
Auto bezahlbar zu realisieren. Zunächst<br />
wollten wir nur eine Konzeptstudie<br />
erstellen, aber dann fanden wir das Projekt<br />
so spannend, dass wir weiterarbeiteten.<br />
Wie sieht Ihre Vision einer Mobilität von<br />
morgen aus?<br />
Die Revolution in der Mobilität muss in den<br />
Städten stattfinden. Dort ist die Dringlichkeit,<br />
die Emissionen zu senken, aufgrund<br />
der Konzentration am größten. Aber es geht<br />
dort nicht nur darum CO 2 , Stickoxide und<br />
Feinstaub zu reduzieren. Eine weitere Herausforderung<br />
wird sein, die Fahrzeugdichte<br />
zu verringern und zugleich die Zahl der beförderten<br />
Personen zu steigern – idealerweise<br />
bei höherer Beförderungsgeschwindigkeit.<br />
Diese Vision müssen wir ergänzen um<br />
ein Konzept für all jene, die nicht in einer<br />
Großstadt wohnen. Das werden ziemlich<br />
viele sein, die aber vor allem Kurzstrecken<br />
mit dem eigenen Auto fahren sollten. Und<br />
genau dafür ist das Elektroauto ideal geeignet.<br />
Als kleines, kompaktes Zweitfahrzeug<br />
mit begrenzter Reichweite ist es auch wirtschaftlich.<br />
Für Langstrecken sollten wir eher<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> 07.20