Christkatholisch_2020-05
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4 Hintergrund
Christkatholisch 5/2020
Eine schillernde Figur
Immer wieder übte Cardenal, eine
der schillerndsten Figuren Lateinamerikas,
scharfe Kritik an der Situation
in seiner Heimat. Den früheren
und heutigen Präsidenten
Daniel Ortega, mit dem er einst
acht Jahre in der Regierung gesessen
hatte, verglich er später mit
Adolf Hitler und sprach von
«Staatsterrorismus».
Kleine biblische Zoologie, Folge VIII
Der (Lasten-)Esel
Marcist und Christ
Cardenal nannte sich selbst «Sandinist,
Marxist und Christ». Papst
Johannes Paul II. hatte ihm 1985
die Ausübung des priesterlichen
Dienstes verboten, weil er nach
dem Sturz der Somoza-Diktatur
Minister der Revolutionsregierung
war. Im Februar 2019 hob
Papst Franziskus das Verbot wieder
auf. Bereits zuvor hatte Cardenal
Sympathien für den ersten
Papst aus Lateinamerika bekundet:
«Er ist dabei, die Dinge im Vatikan
auf den Kopf zu stellen.
Nein, genauer ausgedrückt: Er
stellt die Dinge, die verkehrt herum
stehen, wieder auf die Füsse.»
Friedensnobelpreisträger
Für sein literarisches Werk erhielt
Cardenal 1980 den Friedenspreis
des Deutschen Buchhandels und
2012 den spanischen Königin-Sofia-Preis
für Iberoamerikanische
Literatur. 2017 bekam er die Ehrendoktorwürde
der Bergischen
Universität Wuppertal. (kna)
Lastentier mit vier Buchstaben – wer
kennt ihn nicht, den Esel? Er ist nicht
nur Lasten-, sondern auch Zug- und
Reittier in biblischen Zeiten und ist
neben dem Rind mitverantwortlich
für das Entstehen der damaligen
Hochkulturen. Wo Handel getrieben
wird, müssen Lasten transportiert
werden. Der Esel wurde hierfür genutzt.
Sein Ansehen im alten Israel
war gut. Das genüg- und arbeitsame,
friedfertige Tier war unentbehrlich
und gern gesehen. Abraham ritt auf
einem Esel (1.Mose 22,3), die Frau aus
Sunem auf dem Weg zu Elia (2.Kön
4,24), Abigail auf dem Weg zu David
(1.Sam 25,42), ebenso der Prophet Bileam
(4.Mose 22,2). In jener Geschichte
schreckte die Eselin vor einem
Engel Gottes zurück. Sie wird
von Bileam drei Mal geschlagen, worauf
ihr Gott eine Stimme verleiht
(4.Mose 22,28). Heute wird die Bileam-Geschichte
zum einen als
Traumbild des Propheten gedeutet,
zum anderen zeigt sie uns auf, wie
Tieren im alten Bund die Fähigkeit
zugestanden wird, «das Göttliche»
wahrnehmen zu können. Ebenso fas-
ziniert der Hinweis, dass es aus biblischer
Sicht zu verurteilen ist, ein Tier
zu schlagen.
Die besondere Bedeutung von Rind
und Esel zeigt sich auch darin, dass
diese beiden Tiere im 10. Gebot namentlich
genannt werden (2.Mo
20,17; 5.Mo 5,21). Auch in den Weisungen
zum Sabbat werden Rind und
Esel explizit erwähnt (5.Mo 5,14). Im
Hinblick auf Jesus Christus prophezeit
Sacharja den Ritt des Messias auf
einer Eselin (Sach 9,9), eine Prophezeiung,
die sich am Palmsonntag erfüllte
(Mt 21,1-9).
Die Aussage von Jesaja «Ein Rind
kennt seinen Besitzer und ein Esel die
Krippe seines Herrn» (Jes 1,3) führt
dazu, dass «Ochs und Esel» heute bei
Weihnachtskrippen ihren festen Platz
finden, obwohl dies im Neuen Testament
so nirgends beschrieben ist.
Heute gilt der Esel weniger als edles,
kluges und geduldiges Tier. Eher sieht
man in ihm ein dummes, störrisches
Tier. Das zeigt allerdings eher unsere
Entfremdung von den Haustieren, als
dass es die Wirklichkeit widerspiegelt.
Jürg Meier