WOLL Magazin MBO 2020.1 Frühling
WOLL Magazin für Meschede, Bestwig und Olsberg Frühling 2020. Schwerpunkt: Wald und Holz im Sauerland!
WOLL Magazin für Meschede, Bestwig und Olsberg Frühling 2020. Schwerpunkt: Wald und Holz im Sauerland!
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<strong>Frühling</strong> 2020<br />
11<br />
Worte, Orte, Land und Leute.<br />
Ausgabe für<br />
Meschede,<br />
Bestwig und<br />
Olsberg<br />
Sauerland<br />
Schwerpunkt<br />
Wald und Holz<br />
im Sauerland<br />
Mescheder Kommune „Gut Möglich“<br />
Bestwig-Heringhausen: Hauptstadt der Tannenbäume<br />
Olsbergs Nachwuchs-Judoka Pia Sartison<br />
<strong>WOLL</strong> - mit Herz und Hand von<br />
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Liebe Leserinnen und Leser,<br />
seit über 300 Jahren gibt es in Deutschland das Prinzip der forstlichen<br />
Nachhaltigkeit. Dieser Grundstein für die Fortwirtschaft besagt, dass<br />
immer nur so viel Holz geschlagen werden kann, wie durch planmäßige<br />
Aufforstung nachwachsen kann. Durch den Klimawandel mit Stürmen,<br />
Dürren, Borkenkäfer und ungeplantem Holzeinschlag ist dieses<br />
Prinzip gefährdet. Vor diesem Hintergrund widmen wir uns in dieser<br />
Ausgabe ausführlich dem Thema Wald und Holz, vom Saatgut und<br />
Waldbesitz über Waldpflege bis zur bedeutenden Holzindustrie, gerade<br />
auch in unserem Sauerland. Bei unseren umfangreichen Recherchen<br />
haben wir positive Tendenzen für klimastabile Wälder festgestellt. Die<br />
neue Waldgeneration wächst schon.<br />
Sportlich geht es in der Frühjahrsausgabe ebenfalls zu. Zehn Jahre jung<br />
sind die Zwillinge Felix und Simon Körner aus Olsberg. Biathlon ist<br />
ihr Hobby, der Skiklub Winterberg ihr Verein. Wir berichten über<br />
die elfjährige Pia Sartison, erfolgreiche Judoka das Kodokan Olsberg.<br />
Karate-Großmeister Bruder Marcus lehrt seit 15 Jahren in der Benediktinerabtei<br />
Meschede Karate. Dabei verbindet er Spiritualität und<br />
Kampfsport.<br />
Paul Senske<br />
Chefredakteur<br />
100 Jahre wird in diesem Jahr der FC Remblinghausen. Dass Remblinghausen<br />
als „Wildsau-Dorf“ bezeichnet wird und darauf stolz ist,<br />
hat mit den Fußballern zu tun. Aber nicht mit der Legende, dass mal<br />
eine Wildsau über den Sportplatz gelaufen ist …<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.<br />
Ihr Team von <strong>WOLL</strong> Meschede, Bestwig und Olsberg<br />
Kontakt:<br />
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44<br />
48<br />
13<br />
<strong>Magazin</strong> für die Sauerländer Lebensart<br />
<strong>WOLL</strong><br />
Worte, Orte, Land und Leute<br />
06 Von Geocachern und Muggles in Bestwig<br />
10 Perspektive<br />
12 Leckeres zu Ehren einer russischen Ballerina<br />
14 Vom Rohholz bis zum Recycling<br />
16 Wie Holz aus 10.000 Fremden eine Familie machte<br />
18 Saatgut für die genetische Vielfalt unserer Wälder<br />
21 Von der „Sparkasse der Landwirte“<br />
24 Von der alten Eiche zum modernen Möbelstück<br />
26 Die nächste Waldgeneration wächst schon<br />
29 Der Gödde-Klimawald im Hochsauerland<br />
30 Astreine Sätze<br />
32 Das Gespür für die richtigen Trends<br />
35 Schweizer Telegrafenmasten aus Sauerländer Holz<br />
37 Das Ende der Monokulturen<br />
40 Ortsportrait Heringhausen<br />
44 Judoka Pia Sartison ist nicht zu bremsen<br />
47 Hasse chehört…?<br />
48 Hobby: van Gogh<br />
51 Als den Velmedern das erste<br />
(elektrische) Licht aufging …<br />
52 Werkzeuge für die ganze Welt<br />
54 Mescheder Kommune „Gut Möglich“<br />
57 Die Hüterin der Mescheder Archivalien<br />
60 Biathlon im Sauerland<br />
63 Woher das Wort »Ostern« stammt<br />
64 Erobert die Elektromobilität das Sauerland?<br />
66 Tanken 4.0 fürs Sauerland<br />
68 Eversberger Fotokreis<br />
72 Ortsportrait Helmeringhausen<br />
76 Mit eigener Kapelle zum Inselpokal<br />
79 Mia Walburga<br />
80 KFZ-Sachverständiger in Freienohl<br />
82 Bestwig atmet auf<br />
84 Mobile Retter<br />
86 Vier Schutzengel im Herzen des Sauerlandes<br />
89 Robert geht wandern<br />
92 Elf Freunde – und eine Wildsau<br />
95 „Einmal Borusse - immer Borusse“<br />
98 Der Zauber einer Kampfkunst<br />
101 <strong>Frühling</strong>sanfang ist der 21. März …<br />
102 Der Werkkreis Kultur Meschede<br />
104 Verlosung Konstantin-Wecker -Konzert<br />
105 Fern-<strong>WOLL</strong><br />
106 Zehn Jahre Fußball-Ferienfreizeit TuRa Freienohl<br />
109 Algen, Flechten und Grünbelag adé<br />
110 Männerpalaver auf Sauerländisch<br />
113 März - <strong>Frühling</strong> – Zukunft<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 5
Britta Melgert<br />
Britta Melgert & S. Droste<br />
Von Geocachern und Muggles in Bestwig<br />
Ein Hobby hat das Sauerland erobert<br />
S<br />
ind Sie ein Geocacher oder ein Muggle? Wer bei dieser Frage verständnislos guckt, der gehört vermutlich zu<br />
den Letztgenannten. Die anderen ziehen durch die Städte und Dörfer, man sieht sie auf Wanderwegen oder an<br />
besonderen Plätzen. Man erkennt sie, wenn man darauf achtet, am suchenden Blick. Es werden immer mehr,<br />
auch hier bei uns im Sauerland. Und wir Muggles, wir Unwissenden, sind ja sowas von ahnungslos!<br />
„Ich habe mich im Mai 2008 infiziert“, erzählt Pascal<br />
Kirtz aus Ostwig. „Ein Freund hatte sich das Geocaching<br />
als neues Hobby aus dem Ausland mitgebracht und mich<br />
direkt angesteckt.“ Beim Geocaching geht es darum, im<br />
Internet nach bestimmten Koordinaten zu schauen, die<br />
in der realen Welt einen Cache beherbergen. Caches sind<br />
kleine Behälter, die jemand zuvor an einem besonderen<br />
Ort versteckt hat und diesen Platz im Internet bekanntgegeben<br />
hat.<br />
Mit geschultem Blick für Details Neues entdecken<br />
„Schier unglaublich, wohin mich meine Such-Lust schon<br />
geführt hat“, verrät Kirtz schmunzelnd. Unter welchen<br />
Koordinaten ein Cache zu finden ist, erfährt man im<br />
Internet. Mit der APP auf dem Smartphone geht es dann<br />
raus auf Entdeckungstour. „Anfangs konnte ich gar kein<br />
Ende kriegen und bin ständig auf der Suche nach den<br />
versteckten Behältern gewesen.“ In den wasserdichten,<br />
kleinen Döschen, die fast überall in der Natur versteckt<br />
liegen, befinden sich kleine Logbücher. Darin trägt sich der<br />
Geocacher, als Nachweis für seinen Fund, ein. Pascal Kirtz<br />
kommt bisher schon auf 830 Funde.<br />
„Für mich ist es die ideale Freizeitbeschäftigung“, sagt<br />
der EDV-Programmierer, der tagsüber viel im Büro sitzt.<br />
„Dank des Spannungsfaktors bin ich auch nach Feierabend<br />
schnell geneigt, mich noch ein bisschen zu bewegen und<br />
irgendwo nach neuen Verstecken zu forschen. Tatsächlich<br />
habe ich hier bei uns in der Gegend schon Stellen und<br />
Dinge entdeckt, an denen ich früher stets nur vorbeigelaufen<br />
bin. Der Blick für Details wird durchs Geocaching<br />
enorm geschult.“<br />
6 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Absicht, aber wer den Sinn des Spiels<br />
nicht kennt, würde die ausgelegten<br />
Fundstücke vielleicht entsorgen. Das<br />
wäre doch schade!“<br />
„Hier wurde scharf geschossen“<br />
Genug geredet – jetzt geht’s auf die<br />
Suche nach einem Cache. Sein Name<br />
„Hier wurde scharf geschossen“ in<br />
Velmede fällt uns direkt ins Auge,<br />
also nichts wie hin! Mit jedem Schritt<br />
weiter zeigt uns die APP an, dass wir<br />
das Ziel gleich erreichen. Und richtig:<br />
Am Rand der Straße nach Föckinghausen<br />
finden wir die alte Vogelstange,<br />
an der früher die örtlichen<br />
Schützen ihren König ermittelten.<br />
Nach kurzer Suche ist das Döschen<br />
entdeckt. Fund Nummer 831 für<br />
Pascal Kirtz, Fund Nummer 1 für die<br />
Autorin dieses Artikels – wie schön!<br />
Pascal Kirtz auch Suche<br />
Bloß kein Aufsehen erregen!<br />
Aber nicht nur im Sauerland ist Kirtz<br />
mit wachen Augen unterwegs. „In<br />
fremden Städten führt Geocaching<br />
einen ganz automatisch auf eine<br />
individuelle Besichtigungstour, und<br />
auch im Urlaub laufe ich mit meiner<br />
APP durch die Gegend. Was ich dabei<br />
schon alles gesehen habe! Und nebenbei<br />
lernt man automatisch Gleichgesinnte<br />
aller Generationen kennen<br />
– man entwickelt irgendwann einen<br />
Blick füreinander. Andererseits wollen<br />
wir uns bei der Suche möglichst unauffällig<br />
geben, um Außenstehen den,<br />
also den Muggles, möglichst nicht<br />
aufzufallen. Das ist keine böse<br />
‘”Der Blick für Details wird durchs Geocaching<br />
enorm geschult.“<br />
Pascal Kirtz<br />
Vom Muggle zum Geocacher<br />
durch den ersten Fund<br />
Also, liebe Muggles, Sie wissen<br />
künftig, was die seltsamen Menschen<br />
da draußen treiben, wenn sie unter<br />
Parkbänke, in Regenrinnen oder unter<br />
Büsche schauen. Vielleicht<br />
lassen auch Sie sich anstecken<br />
und werden vom Muggle<br />
zum Geocacher? Frönen auch<br />
Sie dem schönen Hobby, bei<br />
dem man auf natürliche und<br />
zugleich kostenlose Weise<br />
Kontakt mit seiner Umwelt<br />
aufnimmt. ■<br />
Ein Fund!!!<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 7
Sauerländer sagen eben:<br />
8 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020<br />
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Musste gucken:<br />
Damit sich auch Schweine sauwohl fühlen können …<br />
Der schnelle<br />
<strong>Frühling</strong><br />
Der <strong>Frühling</strong> legt täglich 40 Kilometer<br />
zurück<br />
Junge Praktiker der Fachschule Agrarwirtschaft in Meschede entwickelten<br />
vor einigen Jahren das „HappyPig MLS“ und wurden damit Preisträger<br />
des Ideenwettbewerbs „Beschäftigungsmöglichkeiten für Schweine” auf<br />
der EuroTier 2012. Wenn die Schweine schon ihrem Wühltrieb nicht<br />
wirklich nachkommen können, sollten sie so doch angemessen beschäftigt<br />
werden. Der „Leckstein“ hat zusätzlich einen ernährungsphysiologischen<br />
Aspekt. Quelle: https://youtu.be/ggGI1nzHHL0<br />
Phänologisch - also in der Natur<br />
- startet der <strong>Frühling</strong> in Europa<br />
mit der Apfelblüte in Faro (Portugal)<br />
um den 26. Februar herum.<br />
Im langjährigen Mittel erreicht er<br />
am 20. April den Oberrhein und<br />
am 25. Mai Finnland. Der <strong>Frühling</strong><br />
hat in der Natur also eine<br />
Geschwindigkeit von etwa 40 Kilometern<br />
pro Tag, jeder Tag in etwa<br />
ein Marathonlauf. (C.Z.)<br />
Sollteste kennen:<br />
Das Knistern der Sterne<br />
(Claire Hoffmann)<br />
Wem der Sinn mal wieder nach einem<br />
guten Schmöker steht, der ist<br />
hiermit bestens bedient:<br />
Stella steht vor den Scherben ihres<br />
Lebens. Dann lernt sie den 70-jährigen<br />
Literaturprofessor Balthasar<br />
kennen. Er bietet ihr an, sie auf einer<br />
Kreuzfahrt zu begleiten. Aber sie darf<br />
keine Fragen stellen.<br />
ISBN:<br />
978-3-453-35989-5<br />
Entschuldigung!<br />
„Das Schneeglöckchen“<br />
„ … und die Blume erhob sich über den Schnee in die Welt des Lichtes<br />
hinaus. Die Sonnenstrahlen streichelten und küssten sie, bis sie sich ganz<br />
öffnete, weiß wie Schnee und mit grünen Streifen geputzt. Sie beugte ihr<br />
Haupt in Freude und Demut.“<br />
Aus „Das Schneeglöckchen“ von Hans Christian Andersen<br />
In unserer Winterausgabe hat sich leider<br />
ein Fehler eingeschlichen: Im Bericht über<br />
den Briefkastenbauer Abshoff aus Erflinghausen<br />
stand versehentlich der falsche<br />
Vorname.<br />
Der richtige Vorname lautet Ralf.<br />
Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen!<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 9
10 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Perspektive Nr. 11<br />
Blick von der Schladekapelle Calle in Richtung Calle fotografiert<br />
S. Droste<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 11
Leckeres zu Ehren einer russischen Ballerina<br />
Christel Zidi<br />
Willkommen in der guten Stube!<br />
Bald beginnt die Erdbeer-Saison. Endlich. Am liebsten<br />
vernasche ich die leckeren Sammelnussfrüchte direkt<br />
aus dem Korb. Wenn sich aber lieber Besuch angesagt<br />
hat, verwöhne ich den gern mit einer „Erdbeer-Pavola“.<br />
Diese Torte – benannt<br />
nach der russischen Tänzerin<br />
Anna Pavlova - ist schnell<br />
fertig und – fast - so eindrucksvoll<br />
wie das auf<br />
Wunsch der Primaballerina<br />
entstandene<br />
Tanz-Solo „Der<br />
sterbende Schwan“.<br />
Die Torte bereitet man so zu:<br />
4 Eiweiße steif schlagen. Nach und nach 250 g<br />
Puderzucker dazugeben. So lange schlagen, bis eine<br />
dicke, glänzende Masse entsteht und die Masse<br />
keinem „Schwanensee“ gleicht. Den Backofen auf<br />
120 Grad vorheizen (Umluft: 120 Grad). Aus der<br />
Eimasse zwei Kreise auf ein mit Backpapier belegtes<br />
Blech streichen. 25 Minuten backen. Dann den Ofen<br />
ausschalten, 30 Minuten warten und dann erst die<br />
Kreise herausnehmen. Wenn diese richtig ausgekühlt<br />
Café • Conditorei • Confiserie<br />
sind, ein Liter Sahne schlagen und auf den Kreisen<br />
verteilen. Dann mit den 500 Erdbeeren Ulrike Bette (oder<br />
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anderen Früchten) belegen. Beide 57392 Böden Schmallenberg vorsichtig<br />
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12 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Leben im Sauerland<br />
<strong>WOLL</strong><br />
Worte, Orte, Land und Leute.<br />
Verlags-Spezial<br />
Wald und Holz<br />
im Sauerland<br />
<strong>WOLL</strong> – mit Herz und Hand von<br />
Vom Rohholz bis zum Recycling Seite 14<br />
Aus Holz wird Familie Seite 16<br />
Saatgut für den Wald Seite 18<br />
Wem gehört der Wald? Seite 21<br />
Von der Eiche bis zum Möbelstück Seite 24<br />
Die nächste Waldgeneration Seite 26<br />
Sauerländer Klimawald Seite 29<br />
Astreine Sätze Seite 30<br />
Gespür für Trends Seite 32<br />
Schweizer Telegrafenmasten... Seite 35<br />
Das Ende der Monokulturen Seite 37<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 13
Vom Rohholz bis<br />
zum Recycling<br />
Reichhaltige Wertschöpfungskette<br />
der Holzwirtschaft: Sägeindustrie<br />
ist wichtiges Bindeglied<br />
Paul Senske<br />
S. Droste<br />
Es<br />
ist ein spannendes Thema, wirtschaftlich<br />
von großer Bedeutung und viele Lebensbereiche<br />
be treffend. Der faszinierende Rohstoff<br />
Holz und die Holzwirtschaft verkörpern eine reichhaltige<br />
Wertschö pfungskette, an deren Ende das Recycling<br />
von Altpapier und Holz steht. Der Kreislauf startet<br />
beim vorwiegend aus heimischen Wäldern geernteten<br />
Rohholz, das von den Sägewerken, der Holzwerkstoff-,<br />
Zellstoff- und Papierindustrie bearbeitet wird. Die Weiterverarbeitung<br />
von Holz und dessen Produkten in der<br />
Möbel- und Packmittelindustrie sowie im Holzbau und<br />
in den Handwerksbetrieben sind weitere bedeutende<br />
Felder. Auch der Holz-Handel sowie Holz als Energieträger<br />
gehören dazu. Das entscheidende Bindeglied zwischen<br />
Forst- und Holzwirtschaft bildet die Sägeindustrie.<br />
Die Säger sind gleichzeitig die wichtigsten Kunden der<br />
Forstwirtschaft.<br />
Rund 2000 Betriebe mit gut 19.000 Mitarbeitern zählen<br />
bundesweit zur Sägeindustrie, die für die erste Bearbeitungsstufe<br />
des Rundholzes sorgt, wie beispielsweise im<br />
Hochsauerlandkreis die Betriebe der Team Timber GmbH<br />
mit Sitz in Schmallenberg. 2001 gegründet, ist es ein<br />
Bündnis aus mittelständischen Betrieben, die ihre Kräfte<br />
bündeln, um im Wettbewerb bestehen zu können. Beachtliche<br />
Synergie-Effekte wurden in den Bereichen Ein- und<br />
Verkauf, Produktion, Informations- und Technologietransfer,<br />
Logistik oder auch Qualitätsmanagement erzielt. Die<br />
Anzahl der Sägewerke im Sauerland liegt bei rund 50. Die<br />
heimische und nationale Sägewirtschaft ist mittelständisch<br />
geprägt. Rund 70 Prozent sind bundesweit Kleinstbetriebe<br />
mit bis zu neun Mitarbeitern, bis 49 Beschäftigte<br />
sind das knapp 24 Prozent. Der Anteil der Großbetriebe<br />
liegt zwischen einem und zwei Prozent. Die Großbetriebe<br />
erwirtschaften über die Hälfte des Umsatzes.<br />
Hauptprodukt der<br />
Sägeindustrie ist Schnittholz<br />
Die Bilanzen schwanken, aber die Sägewerke verarbeiten<br />
jährlich über 37 Millionen Kubikmeter Rundholz. Die<br />
Nadelhölzer (Fichte, Tanne, Kiefer, Douglasie, Lärche)<br />
bilden dabei den überwiegend größten Anteil. Laubholz<br />
(vor allem Buche und Eiche) hat bundesweit einen Anteil<br />
von rund fünf Prozent am gesamten Einschnitt. Hauptprodukt<br />
der Säger ist Schnittholz (Balken, Bohlen, Bretter,<br />
Latten) für beispielsweise Holzbauten, Dachstühle, Fenster,<br />
Treppen, Türen oder Möbel. Ein Festmeter Nadelholz<br />
ergibt - bearbeitet - 60 Prozent Schnittholz und 40 Prozent<br />
Sägenebenprodukte (Hackschnitzel, Sägespäne). Die<br />
Bauwirtschaft ist mit einem Anteil von zwei Dritteln der<br />
Hauptabnehmer, gefolgt von der Verpackungsindustrie. In<br />
den letzten Jahren haben viele Sägewerke ihre Produktionspalette<br />
erweitert. Sie bieten neben Schnittholz u. a. Konstruktionsvollholz,<br />
Duo- und Triobalken/Balkenschichtholz<br />
und Brettsperrholz an. Das sind durch Hobelung, Profilierung<br />
oder Imprägnierung „veredelte Produkte“.<br />
14 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Sind wir wetterfest<br />
für die Zukunft?<br />
Der Export hat bei den Sägewerken in den letzten Jahren<br />
zugenommen. Die Quote liegt bei knapp 40 Prozent. Die<br />
EU-Staaten, Nah- und Fernost sowie die USA sind vor<br />
dem Hintergrund der internationalen Wettbewerbsfähigkeit<br />
die wichtigsten Absatzmärkte. Die Sturm- und<br />
Käferholzproblematik hat auch die Sägewerke vor große<br />
Herausforderungen gestellt. So zwingen die Zwangsnutzungen<br />
die Betriebe dazu, das Holz so schnell wie möglich<br />
einzuschneiden, um einen Werteverfall zu vermeiden. Die<br />
Wälder sind voll mit Holz. Das Thema der kommenden<br />
Jahre lautet für die Säger: Das Holz im Klimawandel: Sind<br />
wir wetterfest für die Zukunft?<br />
Deutschland ist größter<br />
Papierproduzent in Europa<br />
Dieses Thema berührt alle Glieder der Wertschöpfungskette<br />
der Holzwirtschaft. Einen großen Anteil nimmt die wie die Betriebe der<br />
Unser Naturparkplan Sarghersteller sind,<br />
Zellstoff- und Papierindustrie ein. Deutschland ist der Holzimprägnierung,<br />
größte Papierproduzent in Europa. Die breit gefächerte weitere Branchen im<br />
Holzkreislauf.<br />
Holzwerkstoffindustrie spielt eine ebenso wichtige Rolle<br />
wie das Holzbaugewerbe und das Zimmererhandwerk.<br />
Die Zimmermänner, die „Aristokraten der Baustelle“, sind<br />
heute nicht nur auf den Dachstühlen anzutreffen. Die<br />
Zimmerer-Betriebe bieten vielfach Komplettlösungen, also<br />
fertige Holzhäuser, an - der Trend beim Fertighausbau aus<br />
Holz zeigt nach oben. Die Möbelindustrie- und -fertigung<br />
ist ein weiterer bedeutender Bestandteil. Nachhaltigkeit,<br />
schonender Umgang mit Ressourcen, hohe Wertigkeit<br />
von Materialien und Verarbeitung sind die herrschenden<br />
Themen, wie auch bei der Internationalen Möbelmesse<br />
Mitte Januar 2020 in Köln deutlich wurde. Ein bedeutender<br />
Markt sind die Tischler- und Schreinereibetriebe,<br />
42.000 beträgt die Anzahl. Nicht wegzudenken sind auch<br />
der Holzhandel und<br />
die Holzfachmärkte.<br />
Nicht nur für die<br />
Heimwerker sind sie<br />
unverzichtbar. Die<br />
Harvester in Schanze<br />
Holz als Energieträger<br />
Unser Naturparkplan<br />
Holz als Energieträger hat in den letzten Jahren massiv an<br />
Bedeutung gewonnen. Es wird in Form von Scheitholz,<br />
Hackschnitzeln oder Pellets gebraucht. Eine Zahl unterstreicht<br />
die Tendenz: Über 30 Millionen Kubikmeter<br />
Durchforstungsholz, Industrierestholz und Althölzer<br />
werden energetisch genutzt. Deutsche Unternehmer sind<br />
weltweit Markt- und Technologieführer bei Holzbearbeitungs-Maschinen.<br />
© Tourismus NRW e.V.<br />
Der Exportanteil beträgt gut 70 Prozent. Das Holztransportgewerbe<br />
ist für die Aufarbeitung des Holzes durch<br />
Harvester und den Transport des geernteten Holzes an den<br />
Waldweg durch Forwarder zuständig.<br />
Beim Recycling gibt es zwei Wege, um Altholz wieder dem<br />
Unser Plan für die Heimat!<br />
Kreislauf zuzuführen: die energetische und stoffliche. Bei<br />
der energetischen Verwendung wird Holz in Heiz- und<br />
Die Unser gemeinsamen Plan für Zukunftsziele die Heimat! jetzt im Naturparkplan<br />
Heizkraftwerken verbrannt, um Energie zu gewinnen. Bei<br />
Die gemeinsamen Zukunftsziele jetzt im Naturparkplan<br />
Mit einer Fläche von rund 3.800 km 2 ist der Naturpark Sauerland Rothaargebirge der größte stofflichen Naturpark Verwertung in wird das Holz-Recyclat für die<br />
Nordrhein-Westfalen. Der Naturparkplan enthält strategische Ziele zu den Themen Naturschutz, Umweltbildung,<br />
nachhaltiger Tourismus und Regionalentwicklung, die den gemeinsamen Handlungsrahmen Herstellung verschiedener für Holzwerkstoffe verwendet, oft<br />
für MDF- und Spanplatten. ■<br />
Mit einer Fläche von rund 3.800 km 2 ist der Naturpark Sauerland Rothaargebirge der größte Naturpark in<br />
Nordrhein-Westfalen. Der Naturparkplan enthält strategische Ziele zu den Themen Naturschutz, Umweltbildung,<br />
nachhaltiger Tourismus und Regionalentwicklung, die den gemeinsamen Handlungsrahmen für<br />
die nächsten zehn Jahre zehn setzen. Jahre setzen.<br />
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Gefördert durch:<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 15
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Maike Herbst, Auszubildende zur Industriekauffrau: „Ich bin von allen direkt ganz ganz freundlich begrüßt worden.“<br />
… wie Holz aus 10.000 Fremden<br />
eine Familie machte<br />
Inga Bremenkamp<br />
Die Egger-Familie ist groß und bietet ihrem Nachwuchs beeindruckende<br />
Chancen in Brilon und der ganzen Welt<br />
das Umfeld so familiär ist, ist bei einer solchen Betriebsgröße schon verwunderlich. Aber hier<br />
passt einfach alles. Man erlebt viel. Man kommt viel rum. Und wirklich jeder Kollege empfängt<br />
„Dass<br />
einen mit einem superfreundlichem ‚Hallo‘. Es macht einfach großen Spaß, für Egger zu arbeiten“,<br />
sagt David Rüther, der nach seiner Ausbildung direkt zum stellvertretendem Schichtleiter im Sägewerk der Egger<br />
Holzwerkstoffe Brilon GmbH & Co. KG ernannt wurde.<br />
„Bei uns hat jeder die Chance langfristig zu bleiben. Die<br />
Auszubildenden, die einen Einser- oder Zweier-Abschluss<br />
schaffen, bekommen von uns direkt einen unbefristeten<br />
Vertrag“, erklärt Julian Schirp, zuständig für die Berufsausbildung<br />
bei Egger. Im Sommer 2020 wird Egger 50 neue<br />
Auszubildende in 16 verschiedenen Berufen einstellen.<br />
„Wir bieten unserem Nachwuchs einfach ein sehr großes<br />
Spektrum und internationales Netzwerk an. Man kann bei<br />
uns die klassischen Berufe wie Industriemechaniker oder<br />
Elektroniker für Betriebstechnik erlernen, duale Studiengänge<br />
belegen oder sich für Nischenberufe im kreativen<br />
Bereich entscheiden. Wir bilden immer nach Bedarf aus,<br />
weil wir unsere Azubis immer übernehmen wollen“, versichert<br />
Julian Schirp.<br />
Maike Herbst ist seit August 2019 Teil der Egger-Familie<br />
und auf dem Weg, Industriekauffrau zu werden: „Ich bin<br />
von allen direkt ganz, ganz freundlich begrüßt worden.<br />
Ich habe in der kurzen Zeit, in der ich hier bin, schon<br />
viele verschiedene Abteilungen kennengelernt und freue<br />
mich, dass alles so abwechslungsreich und vielseitig ist“,<br />
verrät die 17-Jährige, die davon träumt, eines Tages im<br />
Dekor-Manage ment für Egger in Brilon zu arbeiten. Die<br />
Möglichkeit, im Laufe der Ausbildung viele verschiedene<br />
Abteilungen kennenzulernen, ist wertvoll, aber keine<br />
Selbstverständlichkeit.<br />
„Man spricht in der Schule ja auch mit vielen anderen<br />
Azubis. Dass ich das ganze Sägewerk vom Rundholzplatz<br />
über die Sägehalle und Trocknung des Holzes bis hin zur<br />
Hobelhalle und schließlich zum Warenausgang kenne, ist<br />
der guten Ausbildungsstruktur zu verdanken“, bestätigt<br />
David Rüther, der im Januar seine verkürzte Ausbildung<br />
16 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
zum Holzbearbeitungsmechaniker abgeschlossen hat und<br />
seitdem nicht nur für die Schichtpläne und organisatorische<br />
Aufgaben, sondern auch für die Bewertung des<br />
angelieferten Holzes verantwortlich ist. „Ich prüfe und bewerte<br />
jeden einzelnen Holzstamm, der bei uns an kommt.<br />
Wichtig ist dabei, auf die Rinde und die Stirnseite des<br />
Holzes zu achten, denn hier sieht man mögliche wertmindernde<br />
Merkmale am besten. Darüber hinaus sollten die<br />
Stämme so wenig Äste wie möglich haben und eine geringe<br />
Krümmung aufweisen“, erklärt der 21-Jährige aus Bruchhausen,<br />
der vor seiner Ausbildung schon als Praktikant und<br />
Ferienarbeiter für die Egger Holzwerkstoffe Brilon GmbH<br />
& Co. KG gearbeitet hatte.<br />
„Uns ist wichtig, dass unsere Auszubildenden zuverlässig<br />
und motiviert sind“, sagt Marc Engel, der wie Julian Schirp<br />
für die Berufsausbildung bei Egger verantwortlich ist. „Wir<br />
freuen uns über jeden, der Interesse an unserem Betrieb hat<br />
und veranstalten neben Schnuppertagen auch jährlich den<br />
‚Tag der Ausbildung‘, an dem man unverbindlich einmal<br />
hinter die Kulissen schauen und persönliche Eindrücke<br />
erhalten kann“, erklärt der 30-Jährige aus Bestwig.<br />
Die Egger-Familie ist mit 19 Standorten und fast 10.000<br />
Mitarbeitern weltweit bereits riesig, freut sich im Zuge des<br />
weiter wachsenden Familienunternehmens aber natürlich<br />
über weiteren Nachwuchs, der in Brilon mit offenen<br />
Armen und einem auffällig freundlichem ‚Hallo‘ begrüßt<br />
wird. ■<br />
David Rüther wurde nach seiner Ausbildung direkt zum stellvertretendem<br />
Schichtleiter im Sägewerk ernannt<br />
Das moderne EGGER Forum in Brilon ist zugleich Verwaltung, Showroom und<br />
Kommunikationszentrale des Unternehmens.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 17<br />
www.egger.com
„Züchtungsziele sind meist nicht vorhersehbar,<br />
deshalb verbietet es sich von<br />
selbst, da genetisch zu modifizieren“<br />
Martin Rogge<br />
Saatgut für die genetische Vielfalt unserer Wälder<br />
Eine Tonne Gehölzsaaten lagern im<br />
Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberg<br />
Monika Loerchner<br />
Philipp Nolte<br />
Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich der Diplom-Forstwirt Martin<br />
Rogge von Wald und Holz NRW mit Bäumen und ihren „Gehölzsaaten“.<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben des Experten besteht in der Analyse des<br />
geernteten Saatguts. Im Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberg steht ihm und<br />
seinen Mitarbeitern dafür das passende Labor zur Verfügung.<br />
„Es gibt nicht viele staatlich akkreditierte Gehölzsaatgutlabore<br />
in Deutschland“, betont der Experte Martin Rogge.<br />
„Maximal zehn“, ergänzt sein Mitarbeiter, der biologisch-technische<br />
Assistent Chris Kenter. Ihr Labor ist dazu<br />
verpflichtet, eine Saatgutsammlung zu führen. Diese umfasst<br />
116 Baumarten und dient vor allem Vergleichszwecken.<br />
„Wir müssen ja unser Saatgut untersuchen, bevor wir<br />
es rausgeben.“ Die Saaten mancher Baumarten sind sich so<br />
ähnlich, dass sie kaum voneinander zu unterscheiden sind.<br />
Dabei kann es eine große Rolle spielen, ob ein Kunde etwa<br />
Saatgut für eine Stiel- oder eine Traubeneiche be kommt.<br />
„Das ist zum Beispiel bei Straßenbegleitbepflanzung<br />
wichtig“, erklärt Rogge, „denn diese beiden Eichenarten<br />
sind zwar optisch von Laien kaum zu unterscheiden,<br />
haben aber verschiedene Standortansprüche.“ Während die<br />
Traubeneiche nur trockene oder leicht feuchte Böden mag<br />
und mit weniger Nährstoffen zurechtkommt, bevorzugt<br />
ihre enge Verwandte, die Stieleiche, nasse oder wechselfeuchte<br />
Böden.<br />
Insgesamt lagert in den drei Kühlzellen etwa eine Tonne<br />
Saatgut. Dabei geht es auch mal exotisch zu: Bei minus<br />
fünf Grad Celsius lagert etwa in Kühlkammer 18A Saatgut<br />
eines Mammutbaums. Es stammt aus Wuppertal-Cronenberg,<br />
wo Rogge und seine Mitarbeiter im Waldpädagogischen<br />
Zentrum Burgholz einige Mammutbaumanbauten<br />
beernten. Versuche in Sachen Wachstum unter den<br />
hiesigen Bedingungen lassen es sinnvoll erscheinen, diese<br />
Bäume gegebenenfalls der Baumartenpalette hinzuzufügen.<br />
Die Gehölzsaatgutlager<br />
Wenn es darum geht, die Keimfähigkeit der Samen zu<br />
erhalten, ist der Ginster Profi: Seine Saaten können in<br />
der Natur bis zu 90 Jahre überdauern. So kommt es zum<br />
Beispiel immer wieder vor, dass sich auf Hochheiden, die<br />
im 19 Jahrhundert mit Tannen aufgeforstet wurden, in<br />
ei ner neu entstandenen Lücke plötzlich ein Ginster der<br />
Sonne entgegenstreckt.<br />
18 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Leider ist der Ginster eine Ausnahme und das Lagern von<br />
Saatgut in der Regel schwierig: Manche Saaten dürften<br />
nicht zu weit austrocknen und sind daher nicht einfrierbar,<br />
andere wiederum dürfen nicht zu feucht gehalten werden<br />
- da ist jede Art anders. Eine längere Lagerdauer, etwa um<br />
Engpässe in der Saatguternte zu überbrücken, ist meistens<br />
nicht möglich.<br />
Langfristige Versuchsreihen<br />
„Wir haben hier eine Anzuchtkapazität von 4.000 bis<br />
5.000 Pflanzen“, erzählt der Forstwirt Rogge. „Aber das<br />
sind sehr relative Zahlen. Wenn es etwa um Veredelung<br />
geht, ist das alles sehr viel aufwendiger und wird mit<br />
weniger Pflanzen betrieben.“ Bäume wachsen langsam,<br />
daher sind die Versuchsreihen stets langfristig angelegt und<br />
entsprechend langwierig. Dabei werden Unmengen an<br />
Informationen in eine Datenbank eingegeben. Die Versuche<br />
sind so abwechslungsreich wie praxisorientiert. Jeder,<br />
der als Kind schon mal einen eigenen Apfelbaum pflanzen<br />
wollte, weiß: Der Apfelnüsel muss erst eine Weile in den<br />
Kühlschrank; so wird die sogenannte Keimhemmung aufgehoben.<br />
Dann stellen sich einige Fragen: Kann dies auch<br />
anders gefördert werden? Wie wirken sich verschiedene<br />
Behandlungsmethoden wie Feuchthaltung oder Trocknung<br />
des Saatgutes auf den Keimerfolg aus? Tomaten und<br />
Gurken sind schlechte Nachbarn, Gurken und Zwiebeln<br />
dagegen vertragen sich - wie sieht es da mit Bäumen aus?<br />
Welche Arten ergänzen sich, bei welchen Kombinationen<br />
tritt unerwünschtes Konkurrenzverhalten auf? Und wie<br />
wirken sich die drei großen Faktoren Klima, Wasserversorgung<br />
und Bodennährstoffe auf dieses komplexe Zusammenspiel<br />
aus?<br />
jeden<br />
Tag mit<br />
Freude<br />
stellt.<br />
„Der Job ist<br />
sehr<br />
abwechslungs-<br />
reich,<br />
weil ich jeden Tag et-<br />
was anderes<br />
mache“, erzählt der biologisch-technische Assistent. Kenter,<br />
der seine Ausbildung am Berufskolleg Olsberg machte, ist<br />
seit 2016 dabei, wenn es heißt, die Reinheit und Keimfähigkeit<br />
des Saatgutes zu bestimmen. Die Ergebnisse<br />
seiner Analysen sind dabei eine „elementare Größe“.<br />
„Das Saatgut wird mit der Lagerdauer nicht besser. Das unterscheidet<br />
uns vom Winzer“, scherzt Martin Rogge. Die<br />
Qualität und Keimfähigkeit der Saaten wiederum<br />
Martin Rogge<br />
Die Qualität bestimmt den Preis<br />
Doch nicht nur das eigens gesammelte, sondern auch das<br />
zur Untersuchung von anderen Stellen eingereichte Saatgut<br />
will überprüft werden. Eine Aufgabe, der sich Chris Kenter<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 19
estimmen die Aussaat- oder Verkaufsdringlichkeit und<br />
wirken sich auch auf den Verkaufspreis aus. Spitzenreiter<br />
in Sachen Preis ist derzeit das Saatgut der immergrünen<br />
Douglasie mit - je nach Keimfähigkeit – 800 bis 1.000<br />
Euro pro Kilo. Zum Vergleich: Eicheln kosten gerade<br />
einmal 4,50 bis 5 Euro pro Kilo-Sack. Die Aussaat dieser<br />
Menge ergibt übrigens je nach Baumart zwischen 80 und<br />
fünf Million Pflanzen. Dabei ist die Anzuchteffizienz so<br />
hoch, dass es sich nicht lohnen würde, Jungpflanzen in der<br />
Natur keimen zu lassen und dann auszugraben. „Wir sind<br />
hier kein Saatguthandel“, stellt Rogge klar. „Aber wenn wir<br />
Überschüsse haben, verkaufen wir die.“ Manchmal kommt<br />
es auch vor, dass eingelagertes Saatgut wieder zur Anpflanzung<br />
im forstamteigenen Wald genutzt wird. „Auf diese<br />
Weise erhalten wir die genetische Vielfalt in Form einer<br />
neuen Pflanze.“<br />
Keine Genmanipulation<br />
Bei all dem Wissen um Qualitätsmerkmale von Saatgut<br />
und der Beeinflussung zukünftiger Wälder weist Martin<br />
Rogge den Gedanken an eine mögliche Genmanipulation<br />
der Samen weit von sich. „Die genetischen Codes der<br />
Bäume ausreichend zu entschlüsseln, ist sehr aufwendig<br />
und teuer. Das Zusammenspiel der Funktions- und Strukturgene<br />
ist für uns in seiner Komplexität nicht durchschaubar,<br />
daher wäre hier jede Einmischung brandgefährlich!“,<br />
so der Experte. Hinzu kommt: „Züchtungsziele sind<br />
auch meist nicht vorhersehbar, deshalb verbietet es sich von<br />
selbst, da genetisch zu modifizieren. Wer hätte denn etwa<br />
vor hundert Jahren den Klimawandel kommen sehen?“ ■<br />
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Von der „Sparkasse<br />
der Landwirte“<br />
Wem gehört unser Wald?<br />
Der weitaus größte Anteil<br />
befindet sich in Privat-Besitz<br />
Paul Senske<br />
S. Droste<br />
Engagierte Waldbesitzer und Landwirte, die sich Gedanken um die Zukunft des Waldes machen:<br />
Theo Nagel (links) aus Arnsberg-Wettmarsen und Klaus Bauerdick aus Arnsberg-Kirchlinde.<br />
S<br />
eine Aufgaben sind vielfältig: Der Wald ist Klimaschützer Nr. 1, exzellenter CO2-Speicher, Lebensraum<br />
für Tiere und Pflanzen, Erholungsraum, Bau- und Brennstofflieferant und damit auch ein bedeutender<br />
Wirtschaftsfaktor. Der weitaus größte Anteil befindet sich in Privatbesitz, meist kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher<br />
Betriebe. In NRW sind das gut 63 Prozent, im Sauerland und im Kreis Soest liegt der Anteil gebietsweise<br />
darüber. Der kommunale Waldbesitz beträgt NRW-weit rund 21 Prozent. Brilon ist die waldreichste<br />
Stadt Deutschlands. Stürme, Dürre und Borkenkäfer setzen Forstbetriebe und Waldbesitzer derzeit unter Druck.<br />
„Der eigene Wald galt bis vor gut zwei Jahren als die Sparkasse der Bauern, also der kleinen Leute“, sagt Landwirt<br />
Klaus Bauerdick aus Arnsberg-Kirchlinde. „Das hat sich geändert.“<br />
Bauerdick ist Vorsitzender des Waldbauernverbandes<br />
Hochsauerlandkreis, der mit rund 500 Mitgliedern die<br />
größte Bezirksgruppe des NRW-Verbandes stellt. Im<br />
Kreisverband Soest sind ca. 450 Waldbauern und weitere<br />
private Eigentümer engagiert. Sie müssen sich neuen,<br />
teilweise dramatischen Herausforderungen stellen. „Stürme<br />
und Trockenheit, der Borkenkäfer frisst vieles weg, die<br />
Folge sind ungeplante Holzeinschläge mit niedrigen Holzpreisen“,<br />
betont Bauerdick. „Bis vor kurzem war der Holzeinschlag<br />
noch eine stille Reserve für schlechte Zeiten, für<br />
die Aussteuer der Töchter oder für Investitionen. Das ist<br />
jetzt deutlich schwieriger geworden.“ Das sieht auch Burkhard<br />
Schröer, Kreisgeschäftsführer des Westfälisch-Lippischen<br />
Landwirtschaftsverbandes Soest und Geschäftsführer<br />
des dortigen Waldbauernverbandes, so: „Der Sparkasseneffekt<br />
für die Waldbauern hat sich deutlich abgeschwächt.“<br />
Theo Nagel, Bio-Bauer und Waldbesitzer aus Arnsberg-Wettmarsen,<br />
umschreibt es folgendermaßen: „Der<br />
Wald als vorbildliches Generationen-Modell ist in Frage<br />
gestellt.“ Nagel zitiert in diesem Zusammenhang einen<br />
Spruch des deutschen Schriftstellers Max Bewer (1861-<br />
1921): „Hast Du Raum, so pflanze einen Baum. Und<br />
kannst Du auch nicht ahnen, wer einst in seinem Schatten<br />
tanzt, bedenke Mensch, oh es haben Deine Ahnen einst<br />
auch schon für Dich gepflanzt.“ Für Bauerdick ist der<br />
Wald ein „Musterbeispiel für Nachhaltigkeit und zwar<br />
seit über 300 Jahren. Es darf nur das geerntet werden, was<br />
nachwächst“. Nachhaltigkeit eben als forstliches Berufsethos<br />
und Wahrung der Schöpfung. „Bei allen Schwierigkeiten,<br />
es geht weiter.“ Bauerdick hat seinen bäuerlichen<br />
Betrieb 2016 „auf Bio“ umgestellt und bewirtschaftet<br />
zudem rund 50 Hektar Wald. „Zwei Drittel entfallen auf<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 21
„Hast Du Raum,<br />
so pflanze einen Baum. Und<br />
kannst Du auch nicht ahnen,<br />
wer einst in seinem Schatten<br />
tanzt, bedenke Mensch, oh es<br />
haben Deine Ahnen<br />
einst auch schon für<br />
Dich gepflanzt.“<br />
- Max Bewer<br />
die Landwirtschaft,<br />
ein Drittel<br />
auf die<br />
Forstwirtschaft.“<br />
Bei Theo Nagel<br />
ist es „jeweils die<br />
Hälfte“. Durchschnittlich besitzen<br />
die Waldbauern im HSK 17 Hektar<br />
Wald, im Kreis Soest, so Schröer, sind<br />
es „vier bis fünf Hektar“..<br />
Brilon bewirtschaftet größten<br />
Stadtwald<br />
in Deutschland<br />
Die Gesamtwaldfläche des Regionalforstamtes<br />
Oberes Sauerland (Sitz in<br />
Schmallenberg), das die Kommunen<br />
Medebach, Hallenberg, Winterberg,<br />
Schmallenberg, Eslohe, Meschede<br />
und Sundern umfasst, beträgt gut<br />
68.000 Hektar. 71 Prozent befinden<br />
sich in Privatbesitz, die Kommunen<br />
haben einen Anteil von 22 Prozent,<br />
sieben Prozent sind Staatswald. Das<br />
in Rüthen ansässige Regionalforstamt<br />
Soest-Sauerland mit dem gesamten<br />
Kreis Soest und den HSK-Kommunen<br />
Arnsberg, Bestwig, Olsberg,<br />
Brilon und Marsberg hat eine Gesamt-Waldfläche<br />
von 59.000 Hektar.<br />
Der Privatbesitz beträgt 61 Prozent,<br />
der Kommunalwald ist mit 34 Prozent<br />
deutlich höher als im Regionalforstamt<br />
Oberes Sauerland. Das liegt u.<br />
a. daran, dass allein Brilon mit 7.750<br />
Hektar den größten Stadtwald in<br />
Deutschland bewirtschaftet. Auch<br />
Warstein (4.841) und Rüthen (3.917)<br />
weisen einen großen Stadtwald auf.<br />
Warstein ist der zweitgrößte kommunale<br />
Waldbesitzer in NRW. Arnsberg<br />
mit den Techni schen Diensten Forstwirtschaft<br />
hat einen kommunalen<br />
Wald mit 2.284 Hektar Fläche. Im<br />
Regionalforstamt Oberes Sauerland<br />
steht Winterberg mit 3.505 Hektar<br />
Stadtwald und eigenem Forstbetrieb<br />
an der Spitze der Kommunen.<br />
Schmallenberg hat einen Anteil von<br />
rund 2.890, Meschede von 2.407<br />
Hektar. Die Kommunen sind im<br />
Waldbesitzerverband der Gemeinden,<br />
Gemeindeverbände und öffent lichrechtlichen<br />
Körperschaften in NRW<br />
(Kommunalwald NRW) organi siert.<br />
Der Verband hat 141 Mitglieder. Vorsitzender<br />
ist Schmallenbergs Bürgermeister<br />
Bernhard Halbe.<br />
Zusammenschluss in Forstbetriebsgemeinschaften<br />
Die privaten Waldbesitzer haben sich<br />
auf lokaler und regionaler Ebene zu<br />
Forstbetriebsgemeinschaften zusammengeschlossen.<br />
Im Bereich Oberes<br />
Sauerland sind das 98 Prozent aller<br />
Privatbesitzer in 41 forstlichen Gemeinschaften.<br />
Im Regionalforstamt<br />
Soest-Sauerland organisieren sich 90<br />
Prozent der Waldbesitzer. Klaus Bauerdick<br />
ist beispielsweise Mitglied der<br />
Forstbetriebsgemeinschaft Röhrtal.<br />
Ziel ist die gemeinschaftliche und<br />
damit effektive Bewirtschaftung. Entsprechende<br />
Verträge wurden mit dem<br />
Landesbetrieb Wald und Holz NRW<br />
geschlossen, dessen Forstverwaltungen<br />
die Betriebsgemeinschaften<br />
beraten, betreuen und unterstützen.<br />
Die größeren Privatbesitzer bewirtschaften<br />
ihre Wälder mit eigenem<br />
Forstpersonal.<br />
Neue Holzvermarktungsgenossenschaft:<br />
„Ihr Holz ist in guten Händen“<br />
Die Holzvermarktung für den Privatund<br />
Kommunalwald erfolgte bis<br />
Mitte 2019 durch den Landesbetrieb<br />
Wald und Holz NRW. Aufgrund<br />
rechtlicher (Kartellrecht) Grundlagen<br />
musste er eingestellt werden.<br />
Um auch weiter einen gebündelten<br />
Holzverkauf mit allen Vorteilen zu<br />
gewährleisten, haben sich im letzten<br />
Jahr Forstwirtschaftliche Vereinigungen<br />
gegründet, in denen die regi o-<br />
nalen Betriebsgemeinschaften und<br />
Waldgenossenschaften der privaten<br />
Waldbesitzer organisiert sind.<br />
22 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Waldbauernverband NRW umfasst 150.000 private Waldbesitzer<br />
Der Waldbauernverband Nordrhein-Westfalen, ein eingetragener<br />
Verein e. V., ist die freie Vereinigung der privaten<br />
Waldbesitzer des Landes. Das sind rund 150.000 Waldbesitzer,<br />
die 585.000 Hektar Privatwald bewirtschaften.<br />
Der Verband ist in Bezirksgruppen unterteilt. Die größte<br />
Bezirksgruppe stellt der Hochsauerlandkreis mit gut 500<br />
Mitgliedern. Der Kreisverband Soest hat ca. 450. Mit über<br />
63 Prozent ist NRW das Land mit dem höchsten Privatwaldanteil<br />
der Bundesrepublik.<br />
„Sprachrohr“ der kommunalen Waldbesitzerfamilie<br />
Der Verband versteht sich als die forstpolitische Interessen-Vertretung<br />
seiner Mitglieder. Ziel ist, die Leistungsfähigkeit<br />
des privaten Waldes mit den vielfältigen Nutz,-<br />
Schutz- und Erholungsfunktionen zu fördern und zu<br />
steigern. Der Verband setzt sich daher für die Interessen<br />
seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung so wie<br />
in der Öffentlichkeit ein. Dabei geht es besonders um<br />
die Waldeigentümer-Rechte und die Freiheit bei der Bewirtschaftung<br />
des Waldes.<br />
141 Mitglieder, von der Millionenstadt Köln bis zur kleinsten<br />
Gemeinde in NRW, Dahlem (Eifel), gehören zum<br />
Gemeindewaldbesitzer-Verband NRW (Kommunalwald<br />
NRW). Es ist ein Zusammenschluss der Wald besitzenden<br />
Gemeinden, Gemeindeverbänden und öffentlich-rechtlichen<br />
Körperschaften in Nordrhein-Westfalen. Gegründet<br />
am 12. Juli 1966 auf Schloss Burg an der Wupper vertritt<br />
der Verband die Interessen der kommunalen Waldbesitzer<br />
gegenüber der Politik, den einzelnen Fachressorts, dem<br />
Landesbetrieb Wald und Holz NRW und in der Öffentlichkeit.<br />
Wesentlicher Schwerpunkt der Aufgaben ist die<br />
Förderung der forstwirtschaftlichen, vermögensrechtlichen<br />
und vermögenswirtschaftlichen Belange und Interessen der<br />
Mitglieder. Der Verband ist also das „Sprachrohr“ der kommunalen<br />
Waldbesitzerfamilie. Der kommunale Waldanteil<br />
in NRW beträgt gut 21 Prozent, wobei es deutliche regionale<br />
Unterschiede gibt. Vorsitzender des Verbandes ist<br />
Bernhard Halbe, der Bürgermeister von Schmallenberg.<br />
Die Stadt besitzt einen Stadtwald von deutlich über 2.800<br />
Hektar und unterhält einen eigenen Forstbetrieb. Halbe:<br />
„Von der Größe der einzelnen Betriebe ist der Kommunalwald<br />
in NRW ein bedeutender Faktor für die Marktstellung.<br />
Er ist ein verlässlicher Holzlieferant.“<br />
Die drei Forstwirtschaftlichen Vereinigungen Sauerland,<br />
Meschede und Soest mit ihren über 50 Betriebsgemeinschaften,<br />
Waldgenossenschaften und anderen Zusammenschlüssen<br />
sowie der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband<br />
haben sich Mitte Januar 2019 zur<br />
Holzvermarktungsgenossenschaft „Waldbauernholz”<br />
Sauerland-Hellweg e. G. („Ihr Holz ist in guten Händen“)<br />
vereinigt. Am 1. Januar 2020 ist auch die Forstwirtschaftliche<br />
Vereinigung Hochstift als fünfter Gesellschafter<br />
der Genossenschaft beigetreten. Die Genossenschaft ist<br />
zudem für den Holzverkauf der Städte Hamm und Unna<br />
zuständig. Dienstsitz ist das Haus der Landwirtschaft in<br />
Meschede. Ziele sind vor allem der weiterhin gebündelte<br />
Verkauf, Verhandlungen auf Augenhöhe mit Abnehmern<br />
wie die Sägewerke der Region oder anderen Kunden sowie<br />
Planbarkeit und Preissicherheit durch langfristige Verträge.<br />
Die erfreuliche Bilanz nach einem guten halben Jahr:<br />
Trotz Käferkrise ist die Holzvermarktung gut angelaufen.<br />
Die kommunalen Waldeigentümer vermarkten ihr Holz<br />
weitgehend selbst.<br />
Klaus Bauerdick: „Einen<br />
Urwald können die Menschen<br />
nicht betreten“<br />
Beim Blick in die<br />
Zukunft und besonders<br />
vor dem Hintergrund<br />
des Klimawandels stellen<br />
sich die Waldbesitzer die<br />
Frage: Welche Baumarten<br />
können wir uns im Klimawandel<br />
noch erlauben? Bauerdick rechnet damit, dass die Fichte<br />
in Lagen unter 500 Metern „massiv wegbrechen“ wird.<br />
Bauerdick appelliert an die Politik: „Wir brauchen klimastabile<br />
Wälder. Was sollen wir pflanzen? Welche Baumarten<br />
können 2050 wachsen? Die Politik muss die Wissenschaft<br />
bemühen und entsprechende Forschungsmittel zur Verfügung<br />
stellen.“ Ein „Urwald“ ist für Bauerdick „reines Geldverbrennen“.<br />
„Warum haben wir den Wald gepflegt? Er hat<br />
große wirtschaftliche Bedeutung und ist ein überragender<br />
Erholungsraum für die Menschen. Einen Urwald können<br />
die Menschen nicht betreten.“ ■<br />
Kommunalwald ist ein bedeutender Faktor: Bernhard Halbe.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 23
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Von der alten Eiche<br />
zum modernen Möbelstück<br />
Tischlerei Kordel aus Freienohl<br />
fertigt Qualität nach Kundenwunsch<br />
Anke Kemper<br />
S. Droste<br />
Ob<br />
Eiche, Esche, Ahorn, Lärche,<br />
Ulme oder diverse andere<br />
Hölzer - Die Begeisterung für<br />
den Werkstoff Holz wurde in der Familie<br />
Kordel an die nächste Generation weitergegeben.<br />
1987 von Erwin Kordel gegründet, wurde<br />
die Tischlerei über drei Jahrzehnte Schritt für<br />
Schritt ausgebaut und vergrößert. Seit 2014<br />
leitet Roman Kordel das Familienunternehmen.<br />
Zusammen mit zwei Gesellen und einem<br />
Auszubildenden baut der 35-jährige Tischlermeister<br />
fast alles, was der Kunde sich wünscht<br />
und das über die Grenzen des Sauerlandes<br />
hinaus bis hin ins Ruhrgebiet.<br />
Tradition trifft Moderne<br />
Was früher noch auf dem Reißbrett millimetergenau<br />
gezeichnet wurde, wird heute als anschauliches 3D-Bild am<br />
Computer erstellt. Damit sich der Kunde eine Vorstellung<br />
von seinem gewünschten Möbelstück machen kann, ist ein<br />
Hausbesuch notwendig. Roman Kordel macht Fotos und<br />
nimmt Maß von dem gesamten Raum mit seinen Gegebenheiten.<br />
Dann erst beginnt die Arbeit am Computer.<br />
Hierbei werden auch mehrere Vorschläge vorbereitet, z. B.<br />
anderes Holz, Farbe oder Dekor, so dass der Kunde das<br />
fertige Produkt in „seinem“ digitalen Wohnzimmer sieht<br />
und sich vom Design und der Funktionalität ein genaues<br />
Bild machen kann.<br />
Alles unter einem Dach<br />
Vom Zuschnitt des Baumes, über die Trocknung, das<br />
Sägen, Hobeln, Fräsen, die Oberflächenbehandlung und<br />
Lackierung: Die Fertigung in der Produktionsstraße der<br />
24 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Tischlerei findet komplett vor Ort statt. Ein mobiles<br />
Sägewerk wird für den Einschnitt der Holzstämme angemietet<br />
und hinter der Werkstatt platziert und auch hier<br />
kommt Computertechnik zum Einsatz. Der Stamm wird<br />
in 3D vermessen und der Computer zeigt an, was man<br />
hier am besten rausholen kann. Erst dann beginnt der<br />
Zuschnitt der gewünschten Bohlen.<br />
Mit dem Revierförster auf Baumsuche<br />
dafür, dass Späne, die beim Zuschnitt und der Holzbearbeitung<br />
entstehen, direkt der Brikettpresse zugeführt werden,<br />
um die Briketts für die Heizungsanlage der Tischlerei zu<br />
erstellen.<br />
Qualität braucht seine Zeit<br />
Bis eine Eiche so gewachsen ist, dass sie gefällt werden<br />
kann, braucht sie bis zu 150 Jahre.<br />
Das verleiht Respekt vor diesem wertvollen Werkstoff. Die<br />
zugeschnittenen Bohlen werden zur Trocknung noch einmal<br />
circa eineinhalb Jahre gelagert, bevor sie weiterverarbeitet<br />
werden können. Ob der Kunde sich für Eiche entscheidet<br />
oder die besondere Maserung des Nussbaumes wählt,<br />
bleibt ihm überlassen. Bis zum Endprodukt wird er immer<br />
mal wieder in den Fertigungsprozess mit einbezogen, um<br />
bei Entscheidungen zur Bearbeitung oder Lackierung dabei<br />
zu sein. Denn er hat sich ja für ein einzigartiges Produkt<br />
entschieden und jedes Möbel, ob Tisch, Haustür, Treppe<br />
oder Küche, ist weit mehr als ein Gebrauchsgegentand. ■<br />
Für die Auswahl des passenden Baumes ist zunächst der<br />
Revierförster der Stadt Warstein, Oliver Prahl, zuständig.<br />
Er entscheidet, welcher Baum gefällt werden darf und<br />
weiß auch, für welchen Kunden dieser geeignet ist und<br />
welchen Preis er dafür veranschlagen kann. Eiche ist für<br />
den Möbelbau im Trend. Roman Kordel begutachtet den<br />
ausgesuchten Stamm vor Ort, der Preis wird verhandelt<br />
und direkt festgelegt, wie der Stamm zugeschnitten werden<br />
muss. Denn Unregelmäßigkeiten wie Äste verleihen einem<br />
Möbelstück Charakter und sind vom Kunden gewünscht.<br />
Auch diese Kriterien werden bei der Auswahl des Baumes<br />
berücksichtigt.<br />
Ökologie und Nachhaltigkeit<br />
Von und mit der Natur leben wird bei der Tischlerei<br />
Kordel großgeschrieben. Eine moderne Absauganlage sorgt<br />
TISCHLEREI KORDEL<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 25
Die nächste Waldgeneration wächst schon<br />
Forstbetrieb Schmallenberg hat die Weichen<br />
für die Zukunft gestellt / 22.000 Tonnen CO 2<br />
werden jährlich zusätzlich gespeichert<br />
Paul Senske<br />
S. Droste<br />
S<br />
türme, Dürre, Hitzewellen und Borkenkäfer haben den Wäldern massiv zugesetzt. Natürlich ist davon auch<br />
der Stadtwald Schmallenberg betroffen. Vor allem die Borkenkäferkalamitäten, deren Höhepunkt erst für Mitte<br />
dieses Jahres erwartet wird, machen dem städtischen Forstbetrieb arg zu schaffen. Doch in Schmallenberg geht es<br />
in der Bewirtschaftung des Waldes bei weitem nicht nur um aktuelle Schadensbegrenzung. Seit gut 30 Jahren arbeitet<br />
der Forstbetrieb an der Zukunft eines sogenannten klimaplastischen Waldes. Die nächste Waldgeneration ist schon da.<br />
Dank zukunftsorientierter Maßnahmen werden jährlich zusätzlich 22.000 Tonnen CO 2<br />
zur bereits vorhandenen Kapazität<br />
im Stadtwald gespeichert.<br />
Es ist eine Doppelstrategie, die der Forstbetrieb Schmallenberg<br />
fahren muss: Es gilt weiter wichtige Weichen für die<br />
Zukunft zu stellen und gleichzeitig eine dramatische Situation<br />
zu meistern. Große Sorgen und Herausforderungen<br />
bereitet besonders der Borkenkäfer: „Wir laufen derzeit dem<br />
Borkenkäfer hinterher“, sagt Stadtförster Siegfried Hunker,<br />
der den Forstbetrieb leitet. „Nach Einschätzung von Experten<br />
ist die Krise noch nicht überstanden. Sie befürchten, dass<br />
der Höhepunkt der Borkenkäferkalamität und des Waldsterbens<br />
erst Mitte 2020 erreicht wird“, betont Bürgermeister<br />
Bernhard Halbe, gleichzeitig auch Vorsitzender des Gemeindewaldbesitzerverbandes<br />
NRW mit 141 Mitgliedern. Die<br />
Folgen sind teilweise verheerend: Ungeplanter hoher Holzeinschlag,<br />
Schadflächen und „Kalamitätslöcher“ im Wald<br />
sowie deren Räumung und große Einnahmeverluste beim<br />
Holzverkauf. Ein Beispiel: Für das Dreieck der Kommunalwälder<br />
Iserlohn, Hallenberg, Marsberg wurden Ende letzten<br />
Jahres 1,28 Millionen Festmeter Kalamitätsholz (Sturm +<br />
Käfer) geschätzt, das 6,5 fache des normalen Jahreseinschlags.<br />
„Der Wald ist voll mit aufgearbeitetem Schadholz. Bis zum<br />
Frühjahr wollen wir den Wald geräumt haben“, betont Hunker.<br />
Der Preisverfall ist ebenfalls dramatisch: Vor drei Jahren<br />
wurden für einen Festmeter (Fichte) rund 90 Euro bezahlt,<br />
derzeit liegt der Preis bei 30 - 50 Euro. Abrechnen muss man<br />
noch die Erntekosten. Nebensortimente sind kaum absetzbar,<br />
Restholz ist im Übermaß vorhanden. Durch den Preisverfall<br />
ist im Forstwirtschaftsplan der Stadt für 2019 ein finanzielles<br />
Loch zu erwarten.<br />
Der Forstbetrieb Schmallenberg erntet in der Regel 70 Prozent<br />
Nadelholz (Fichte) und 30 Prozent Laubholz. Hauptabnehmer<br />
sind Sägewerke, auch Zimmereien. Das Rundholz<br />
geht in den Bausektor, die Nebenprodukte finden Absatz in<br />
der Holzwerkstoff-Industrie. Holz minderer Qualität wird<br />
u.a. für Paletten verarbeitet. Der Forstbetrieb exportiert auch<br />
Laubholz für die Möbelindustrie nach China.<br />
26 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Stadtforstrat Siegfried Hunker im Gespräch mit Stadtförster<br />
Christian Bröker.<br />
Blick über den Stadtwald, Raum Bödefeld<br />
Stadtforstrat Siegfried Hunker und Bürgermeister<br />
Bernhard Halbe<br />
„30 Prozent des Stadtwaldes sind mehrschichtig“<br />
(Stadtförster Siegfried Hunker)<br />
Ein durchgängiges Qualitätsmerkmal des Forstbetriebs und<br />
der durch den Stadtrat verabschiedeten Wirtschaftspläne<br />
ist die Nachhaltigkeit. „Rund 16.000 Festmeter ernten<br />
wir jährlich“, erklärt Hunker. „Es wird so viel geerntet wie<br />
nachwächst. Tatsächlich wächst aber mehr nach.“ Diese<br />
„Philosophie“ weist in die Vergangenheit und in die Zukunft.<br />
„Die Zukunft hat schon vor gut 30 Jahren begonnen“, erklärt<br />
Bürgermeister Halbe. „Damals haben wir uns damit beschäftigt,<br />
wie wir unseren Wald zukunftsgerecht aufstellen können.“<br />
Wichtige Themen, die auf dem Weg zum „klimaplastischen<br />
Wald“ im Laufe der Jahre angepackt wurden, waren<br />
neben der Schadensbegrenzung die Naturverjüngung, Wiederaufforstung<br />
mit klimagerechten Jungpflanzen und damit<br />
auch und besonders eine Durchmischung des Waldes, eine<br />
Waldumwandlung. „Wir haben rund 15 verschiedene Baumarten<br />
gepflanzt“, so Hunker. „Der Mischwald hat deutlich<br />
zugenommen. Wir arbeiten mit mehrschichtigen Beständen,<br />
das heißt Naturverjüngung oder Neuanpflan zungen wachsen<br />
unter dem Schutz der Altbestände.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 27
Rund 30 Prozent des Stadtwaldes sind schon mehrschichtig.<br />
Die nächste Waldgeneration ist schon da.“ Vor diesem<br />
Hintergrund fordert Halbe, dass der „Wildverbiss“ unterbunden<br />
werden muss. „Die Aufforstungen werden teilweise<br />
aufgefressen. Die Wilddichte muss angepasst werden. Wir<br />
brauchen einen Einklang von Wald und Wild.“<br />
„Je mehr Holz genutzt wird, desto mehr Co 2<br />
wird<br />
dauerhaft gebunden“<br />
(Bürgermeister Bernhard Halbe)<br />
Gleichzeitig macht sich Halbe für eine „bessere Nutzung<br />
des Holzes“ stark. Auf der Veranstaltung „Waldsterben 2.0“<br />
am 12. Dezember 2019 in Arnsberg betonte er u. a., dass<br />
die Kommunen „gerne bei der Holznutzung mitmachen.<br />
Ein Festmeter Holz speichert stark vereinfacht eine Tonne<br />
CO 2<br />
. Je mehr Holz nachhaltig genutzt wird, desto mehr<br />
CO 2<br />
wird dauerhaft gebunden. Wildnis-Wälder leisten das<br />
nicht.“ Für den Stadtwald Schmallenberg kann Halbe eine<br />
positive Bilanz ziehen. „Seit zwei Jahren betrachten wir die<br />
CO 2<br />
-Speicherung des Stadtwaldes mit Hilfe der Forstinventur.<br />
Wir speichern jährlich zusätzlich 22.000 Tonnen<br />
CO 2<br />
zu dem, was schon im Stadtwald vorhanden ist.“<br />
Beim Blick in die Zukunft setzen Halbe und Hunker<br />
insgesamt auf einen nachhaltigen Landschafts- und Naturschutz,<br />
für den in Schmallenberg eine Menge getan werde.<br />
„Die Wasser- und Luftreinhaltung ist genauso wichtig<br />
wie die Holznutzung.“ Und wie schätzen die beiden die<br />
Zukunft des Waldes ein? „Der Fichtenhochwald wird weiter<br />
abnehmen. Es wird eine buntere Mischung geben, der Wald<br />
sieht in Facetten anders aus. Wir werden weiter unseren Wald<br />
haben – zur Rohstoffgewinnung, zum Klima- und Wasserschutz<br />
und zur Erholung.“ ■<br />
Stadtwald mit vier Revieren<br />
Schmallenberg ist eine der waldreichsten Kommunen<br />
in NRW. Gut 60 Prozent der Gesamtfläche (303 Quadratkilometer)<br />
sind Waldfläche. Die Stadt Schmallenberg<br />
ist Eigentümer von rund 2.850 Hektar. Das sind<br />
gut 15 Prozent der gesamten Waldfläche im Stadtgebiet.<br />
Der Stadtwald ist in vier Reviere aufgeteilt: Das<br />
Re vier Schmallenberg mit einer Fläche von gut 800<br />
Hektar, Bad Fredeburg mit 750, das größte ist Bödefeld<br />
(1050) und schließlich das Revier Ortswald Nordenau<br />
mit Viehweide Westfeld und Gemeinde Oberkirchen<br />
(rund 225 Hektar). Das Verhältnis der Baumarten beträgt<br />
62 Prozent Nadelholz, 38 Prozent Laubholz. Im<br />
städtischen Forstbetrieb sind zwei Förster, ein Forstwirtschafts-Meister,<br />
drei Forstwirte und ein Auszubildender<br />
beschäftigt.<br />
Die Waldfläche im restlichen Stadtgebiet befindet sich<br />
zu rund 72 Prozent in Privatbesitz, ca. 13 Prozent sind<br />
Landeswald. Für diese Fläche ist das Regionalforstamt<br />
Oberes Sauerland mit Sitz in Schmallenberg zuständig.<br />
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Waldwegebau –<br />
eine Frage des Vertrauens.<br />
Der Name Friedel Tillmann steht im Waldwegebau<br />
für Qualität. Der Wegebau in<br />
noch so anspruchsvollem Gelände ist<br />
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Friedel Tillmann. Durch jahrelange Erfahrung<br />
im Waldwegebau garantiert die<br />
Friedel Tillmann GmbH eine fachgerechte<br />
Erstellung von land- und forstwirtschaftlichen<br />
Wegen, sowie Instandhaltungsund<br />
Ausbesserungsmaßnahmen.<br />
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Nachfolge geregelt: Ludger Gödde mit seiner<br />
Tochter Theresa Gödde blicken zuversichtlich in die Zukunft<br />
Packen beim Baumpflanzen mit an: Die Verkaufsberater Fabio Hauff (links)<br />
und Niclas Babilon vom Mazda Autohaus Gödde in Meschede<br />
Der Gödde-Klimawald im Hochsauerland<br />
Autokauf mit gutem Gewissen<br />
Dirk Bannenberg<br />
Jürgen Eckert & Privat<br />
Es<br />
gibt Brauereien, die retten den fernen Urwald. Und es gibt<br />
einen Sauerländer Autohändler, der forstet bereits seit zehn<br />
Jahren unsere Heimat auf. Die Sprache ist von Ludger Gödde,<br />
Chef der gleichnamigen Mescheder und Schmallenberger Mazda-Autohäuser.<br />
Unter dem Motto „für jeden neuen<br />
Mazda ein neuer Baum“ ist auf einer<br />
durch Kyrill abgeholzten Fläche am<br />
Schmallenberger Aberg bereits ein<br />
ansehnliches Wäldchen entstanden.<br />
Jeder Käufer eines neuen Mazda von<br />
Gödde wird zum Paten eines neuen<br />
Laubbaumes – inklusiv Zertifikat mit<br />
den Koordinaten. Und das ist natürlich<br />
gut für unser Klima! Aufgrund<br />
des großen Erfolges entsteht nun auch<br />
im Mescheder Stadtgebiet eine neue<br />
Pflanzfläche.<br />
30 Jahre Autohaus Gödde<br />
Es war der 1. April 1990, als Ludger<br />
Gödde in Schmallenberg sein Autohaus<br />
gründete. Vierzehn Jahre später<br />
folgte der Standort Meschede-Enste,<br />
der übrigens in den nächsten Jahren<br />
weiter ausgebaut werden soll.<br />
„Mazda trifft derzeit den Nerv der<br />
Käufer besonders gut und bietet<br />
eine hervorragende Produktpalette,<br />
auch was das Thema Elektromobilität<br />
angeht“, so der Seniorchef. „Wir<br />
erfahren einen besonders guten Zulauf,<br />
sowohl von treuen als auch von<br />
neuen Kunden, die von ihren „alten“<br />
Marken zum Teil massiv enttäuscht<br />
wurden“, ergänzt Theresa Gödde, die<br />
vor kurzem als Nachfolgerin in die<br />
Geschäftsführung eingestiegen ist.<br />
Nachfolgerin mit viel Energie<br />
und Know-how<br />
Man bemerkt eine richtige Aufbruchstimmung<br />
im Autohaus Gödde.<br />
„Neue Leute bringen neue Ideen<br />
rein“, sagt Ludger Gödde und blickt<br />
dabei auf seine Tochter Theresa. Schon<br />
während ihres Studiums hat diese<br />
bereits am Mazda Netzwerk Junioren-<br />
Programm teilgenommen und ist nun<br />
verantwortlich für die Umsetzung<br />
frischer Ideen und Konzepte. „Wir<br />
werden zwar immer moderner und<br />
digitaler, bleiben aber dennoch vor<br />
Ort fest verwurzelt die zuverlässigen<br />
Ansprechpartner für unsere Kunden.“<br />
Das Autohaus Gödde wächst somit<br />
wie sein gleichnamiger Klimawald:<br />
bodenständig, nachhaltig, nicht zu<br />
schnell, aber dennoch immer weiter. ■<br />
Bereits vor zehn Jahren wurden die ersten Bäume<br />
im Gödde-Klimawald gepflanzt.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 29
Astreine Sätze<br />
Redewendungen rund ums Holz<br />
Christel Zidi<br />
K<br />
önnten Sie auch manchmal einen „Baum ausreißen“?<br />
Das ist schön. Ja, ich weiß, sie werden<br />
garantiert keinen Baum ausreißen. Wer – wenn<br />
er nicht gerade Forstarbeiter ist - macht denn sowas? Aber<br />
wenn Sie sich so fühlen, bedeutet das, dass Sie topfit und<br />
richtig gut drauf sind. In alten Zeiten – und auch heute<br />
wieder – werden Bäume als beseelt angesehen. Das Betreten<br />
des Waldes unterlag strengen Regeln. Noch heute<br />
spiegeln Redensarten und Sprichwörter die einst so wichtige<br />
Rolle des Holzes wider. Besonders oft dann, wenn es um<br />
den Charakter eines Menschen geht.<br />
Und so hat, wer aus gutem Holz ist, eben auch einen guten<br />
Charakter. Im Gegensatz zu dem, der aus hartem Holz geschnitzt<br />
ist. Damit bezeichnet man harte, strenge, rücksichtslose<br />
und unnachgiebige Menschen. Eine andere Klasse sind<br />
diejenigen aus grobem Holz, die Groben, Rüpelhaften und<br />
Unsensiblen.<br />
Vor Hauswänden und Bauernhäusern sind oft aufgestapelte<br />
Holzscheite zu sehen. Wenn Sie das gegenüber der Frau des<br />
Hauses betonen, kann das leicht falsch verstanden werden.<br />
Denn mit „Holz vor der Hütte“ oder „Holz vorm Haus“ ist<br />
meist ein üppiger Busen gemeint, der sich ebenso auftürmt wie<br />
eben die aufgestapelten Holzvorräte.<br />
Die Kegler wünschen sich „Gut Holz“ und wollen damit<br />
ihrem Glück auf die Sprünge helfen. Ebenso wie diejenigen,<br />
die drei Mal auf Holz klopfen. Dieser alte Brauch soll von den<br />
Mineuren stammen, den Pioniersoldaten, die unter den Mauern<br />
der belagerten Festung einen Stollen anlegten, um mittels<br />
einer großen Sprengladung die Festungsmauern zum Einsturz<br />
zu bringen. Oder auch für einen Zugang, den sie bei einem<br />
Überraschungsangriff nutzen wollten. Selbstverständlich saß<br />
ihnen der Zeitdruck im Nacken, deshalb konnten die Holzstützen<br />
vorher nicht sorgfältig ausgewählt werden. Bevor sie<br />
also einen solchen Stollen betraten, klopften sie an das Holz,<br />
um zu prüfen, ob es noch in gutem und tragfähigem Zustand<br />
war. Kam ein heller Ton zurück, hieß das, dass das Holz gut<br />
und trocken war. Ein dumpfer Ton deutete auf morsches, verfaultes<br />
Holz hin. Auch die Bergleute benutzten diese Art der<br />
Prüfung, bevor sie einen Stollen betraten.<br />
Eine andere Deutung ist diese: Bevor ein Matrose auf einem<br />
Schiff anheuerte, klopfte er drei Mal auf Holz. Genau drei<br />
Mal. Dann musste er sich entscheiden, ob er dem – eventuell<br />
morschen – Kahn sein Leben anvertrauen wollte.<br />
Umgangssprachlich wird mit „viel Holz“ seit dem 18. Jahrhundert<br />
einfach eine große Menge bezeichnet.<br />
Und während die Griechen „Eulen nach Athen tragen“, gibt<br />
es den einen oder anderen Germanen der, „Holz in den Wald<br />
trägt“, also etwas völlig Überflüssiges macht. Und wer dann<br />
den „Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“, bemerkt – vermutlich<br />
wegen einer Informationsflut - etwas Offensichtliches und<br />
Naheliegendes nicht.<br />
Nichts mit Holz hat diese Redensart zu tun: Sich einen Ast<br />
lachen. Ast war früher ein anderes Wort für Buckel. Und da<br />
man sich beim herzhaften Lachen auch krümmen muss, ist<br />
dieser damit gemeint.<br />
Wer etwas auf dem Kerbholz hat, der hat sich etwas zu Schulden<br />
kommen lassen. Im Mittelalter diente das Kerbholz dazu,<br />
Schuldverhältnisse fälschungssicher zu dokumentieren. Und je<br />
mehr Markierungen sich eben auf diesem Kerbholz befanden,<br />
umso größer waren die Schulden. Der Stock wurde nach dem<br />
Einkerben längst gespalten, so dass Schuldner und Gläubiger<br />
je eine Hälfte bekamen. Zusammengefügt konnte man dann<br />
schnell erkennen, ob die andere Hälfte nachträglich manipuliert<br />
worden war.<br />
Die meisten von uns haben sich sicherlich mal „auf dem<br />
Holzweg befunden“. Holzwege waren früher Trampelpfade,<br />
auf denen geerntetes Holz mit Rückepferden aus dem Wald<br />
30 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
gezogen wurde. Sie dienten nur diesem einen Zweck und nicht<br />
um zu einem bestimmten Ziel zu gelangen, waren also reine<br />
Sackgassen.<br />
Der Spruch „Holzauge sei wachsam“ wird dem Schreinerhandwerk<br />
zugeordnet. Im Holz eingewachsene Äste nennt man<br />
auch „Holzaugen“. Es handelt sich dann also um nicht „astreines“<br />
Holz, als kein so wertvolles Holz. Diese Stellen sind auch<br />
deutlich härter als das restliche Holz. Die Klinge des Schreinerhobels<br />
kann an ihnen stumpf werden oder gar brechen. So<br />
soll der Schreinermeister seine Lehrlinge deshalb des Öfteren<br />
angewiesen haben: „Ein Holzauge! Sei wachsam!“.<br />
Warum man „einen alten Baum nicht verpflanzen soll“, kann<br />
Ihnen sicherlich auch jeder Förster genauestens erklären. Denn<br />
ein alter Baum ist im Erdreich stark verwurzelt. Pflanzt man<br />
ihn um, werden die Wurzeln beschädigt oder ausgerissen,<br />
meist geht der Baum dann ein. Außerdem ist er an seinen<br />
alten Standort angepasst und kommt nur schwer mit einem<br />
neuen zurecht. Genau geht es den meisten alten Menschen, die<br />
ebenso an ihren Wohnort verwurzelt sind.<br />
Zum Abschluss noch ein alter Segensspruch:<br />
Möge das Holz Deines Sarges aus dem Baum gemacht sein,<br />
den ich morgen pflanzen werde! ■<br />
Ganz trocken? Ganz preiswert?<br />
Ganz schnell?<br />
Andy Grote – Mitarbeiter bei GRÜNE-Mineralöle.<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 31
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DAS GESPÜR FÜR DIE RICHTIGEN TRENDS<br />
Die Mitarbeiter von Impuls Küchen und<br />
puris Bad sind immer am Puls der Zeit<br />
Inga Bremenkamp<br />
den Waschtischen waren wir zum Beispiel mit asymmetrischen<br />
Formen einer der Trendsetter. Bis dahin gab es<br />
„Bei<br />
vor allem eckige und runde Formen. Aber das war neu. So<br />
haben wir in den letzten Jahren immer wieder frühzeitig Trends erkennen<br />
und dann auch im Markt konsequent umsetzen können“, berichtet Georg<br />
Billert, der Geschäftsführer von Impuls Küchen und puris Bad in Brilon.<br />
Zwei bis drei neue Designserien<br />
bringen Georg Billert und seine<br />
Mitarbeiter jährlich auf den Markt<br />
– sowohl für die Küchen, als auch<br />
für die Bäder. „Wir arbeiten mit<br />
externen Trendscouts zusammen<br />
und entwickeln dann mit unseren<br />
eigenen Mitarbeitern und unserem<br />
Vertrieb neue Designlinien“, erklärt<br />
der zweifache Familienvater, dem<br />
eine flache Hierarchie in den Unternehmen<br />
sehr wichtig ist. „Bei uns<br />
soll jeder Mitarbeiter wirtschaftlich<br />
denken. Jeder soll in seinem Rahmen<br />
Entscheidungen treffen – für den<br />
Kunden und für die Firma. Wir sind<br />
sehr familiär aufgestellt und freuen<br />
uns, wenn unser Tun von Generation<br />
zu Generation weitergegeben wird“,<br />
erzählt Georg Billert, dem die Werte<br />
des Unternehmens enorm wichtig<br />
sind. „Leidenschaft, Unternehmertum,<br />
Vertrauen und unsere Familie<br />
sind uns hier in Brilon sehr wichtig“,<br />
führt der 56-Jährige fort. „Aber auch<br />
für die Nachhaltigkeit tun wir sehr<br />
viel. Neben den Photovoltaikanlagen<br />
auf all unseren Dächern, die für<br />
ökologisch wertvollen Strom sorgen,<br />
heizen wir zum Beispiel mit unseren<br />
Holzresten, um die Ressourcen,<br />
die wir haben, so gut wie möglich<br />
zu schonen“, erklärt Georg Billert,<br />
dessen Unternehmen zahlreiche<br />
Ausbildungsplätze in verschiedenen<br />
Fachrichtungen anbieten und<br />
als zukunftssichere, attraktive und<br />
verlässliche Arbeitgeber in der Region<br />
gelten.<br />
Impuls Küchen und puris Bäder<br />
werden in Brilon auf einer Produktionsfläche<br />
von knapp 50.000 Quadratmetern<br />
produziert. „Wir fertigen<br />
täglich bis zu 500 Küchen und 500<br />
Bäder an. Das bedeutet, dass wir<br />
täglich bis zu 6000 Schränke ausliefern.<br />
Qualität ist uns dabei enorm<br />
wichtig – und das nicht nur beim<br />
Verlassen unseres Werks, sondern so<br />
lang bis das jeweilige Möbelstück an<br />
der Wand des Kunden hängt oder<br />
steht“, sagt Georg Billert, der mit<br />
seinen Mitarbeitern aus zugelieferten<br />
32 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Komponenten unterschiedlichste<br />
Möbelstücke herstellt. „Wir beliefern<br />
unsere Kunden - hauptsächlich<br />
Möbelhäuser und Fachhändler - so<br />
dass die vor Ort Montage so wenig<br />
Aufwand wie möglich erfordert.<br />
Für das Sauerland haben wir uns als<br />
Standort Anfang der 80er Jahre ganz<br />
bewusst entschieden, weil wir hier im<br />
Zentrum Deutschlands sitzen und<br />
unsere Wege kurz gemacht haben.<br />
Wir beziehen nämlich viele unserer<br />
Bauteile hier aus der Region. Das war<br />
eine absolut richtige und wertvolle<br />
Entscheidung“, berichtet der heutige<br />
Briloner, dem die Zufriedenheit<br />
der Kunden sehr am Herzen liegt.<br />
„Wir können, wenn es dringend ist,<br />
Küchen- und Badmöbel innerhalb<br />
von wenigen Stunden liefern. Erst<br />
jetzt vor Weihnachten haben wir<br />
einer Familie geholfen, deren Badplanung<br />
beim Händler irgendwie<br />
untergegangen ist. Wir haben diese<br />
Möbel zwölf Stunden, nachdem wir<br />
informiert wurden, produziert und<br />
ausgeliefert.<br />
Sowohl die Impuls Küchen als auch<br />
die puris Bäder werden von den<br />
550 Mitarbeitern nicht auf Lager<br />
produziert. „Die Produktion einer<br />
Küche oder eines Bades wird durch<br />
den Knopfdruck des Kunden beziehungsweise<br />
des Verkäufers im<br />
Geschäft ausgelöst. Sobald diese mit<br />
der jeweiligen Planung fertig sind,<br />
werden uns die Daten direkt elektronisch<br />
übermittelt und die Produktion<br />
in Brilon beginnt“, erklärt Georg<br />
Billert, der künftig noch einiges mit<br />
seinen Firmen vorhat. „Wir bauen<br />
ab 2021 eine neue Produktionshalle,<br />
um die gemeinsame Logistik<br />
von den Impuls Küchen und den<br />
puris Bädern noch besser nutzen zu<br />
können. Teile der benötigten Komponenten<br />
werden wir dann selbst<br />
herstellen. Ein großes Plus, was uns<br />
da in den nächsten Jahren erwartet“,<br />
erzählt der Geschäftsführer, der stolz<br />
ist, dass er gemeinsam mit seinen<br />
Mit arbeitern und seinen Produkten<br />
aus dem Sauerland immer wieder<br />
neue Trends setzt. ■<br />
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Die Verwendungsmöglichkeiten heimischen Holzes<br />
(Rund)-Holz - soweit das Auge reicht.<br />
Markus Weber<br />
Allgemein über die Holzbe- und verarbeitung zu<br />
berichten, sprengt leicht den Rahmen dessen,<br />
was an dieser Stelle möglich ist. Deshalb wollen<br />
wir am Beispiel eines mittelständischen Familienbetriebes<br />
aus dem Sauerland die vielfältigen Bearbeitungsund<br />
Nutzungsmöglichkeiten der heimischen Fichte und<br />
Buche näher beleuchten.<br />
Der Holzhof Klute in Meschede-Berge ist ein familiengeführtes,<br />
europaweit agierendes Unternehmen, das<br />
schwerpunktmäßig Brennholz aus heimischen Fichte- und<br />
Buche-Beständen herstellt und veräußert und sich darüber<br />
hinaus weitere Standbeine geschaffen hat. Harvester,<br />
Rückezug und Skidder (Seilschlepper) kommen zum Einsatz,<br />
wenn das Rohholz „geerntet“ wird.<br />
Anschließend wird das Holz veredelt und mit dem eigenen<br />
Fuhrpark zum Kunden transportiert. Die Logistik beinhaltet<br />
dabei auch Bahn- und Schiffs transporte.<br />
Wie vielfältig die bearbeiteten und veredelten Rundhölzer<br />
genutzt werden können, erzählt uns Antonius Klute, der<br />
das Unternehmen gemeinsam mit seinem Sohn Thorsten<br />
leitet, selbst: „Die von uns veredelten Rundhözer<br />
werden genutzt für: Schleifholz zur Herstellung von Holzwolle-Platten,<br />
Akkustikplatten, Dämmplatten, zementgebundene<br />
Faserplatte. Außerdem entrinden wir Fichtenrundhölzer<br />
zur Herstellung von Zaunpfosten, Palisaden,<br />
Schneefanghölzern, Gartenzierhölzern, Fahnenmasten etc.“<br />
Mit sieben bis 14 Meter langen Rundhölzern, aus denen<br />
dann Telegrafenmasten hergestellt werden, beliefert die<br />
Firma Klute auch Energieversorger aus Süddeutschland<br />
und in der Schweiz Früher von größerer Bedeutung,<br />
versorgte die 1945 gegründete Firma vornehmlich Zechen<br />
im Ruhrgebiet mit Grubenholz. Inzwischen wird nur noch<br />
eine Grube mit Pfosten, die als Stütze (sog. „Stempel“) im<br />
Bergbau genutzt werden, beliefert. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 35
Holz, dieser tolle, nachwachsende Naturstoff,<br />
zu dem der Mensch schon seit der<br />
Steinzeit eine intensive Beziehung<br />
(vor allem als Nutznießer) pflegt,<br />
wird in vielen Bereichen eingesetzt.<br />
Hier ein kleiner Überblick:<br />
Auf dem Weg in den Container- und dann ab in den Kamin!<br />
Sägeindustrie, Holzwerkstoffindustrie, Zellstoff,<br />
Papierindustrie<br />
Im Jahr 2011 wurden in Deutschland 10,5 Millionen Tonnen<br />
Holzwerkstoffe hergestellt - Rekord in Europa. Die<br />
wichtigste Branche hierbei ist die Spanplatten industrie.<br />
Holz im Baugewerbe<br />
Auch im Baugewerbe spielt Holz bis heute eine herausragende<br />
Rolle. Holzfertigbauhäuser sind nach wie vor in<br />
Mode, Zimmereien, Bautischlereien und die Parkettindustrie<br />
sind für die Errichtung und den Innenausbau von<br />
Gebäuden aller Art gefragt.<br />
Holzverarbeitung<br />
Industriell werden im Holzbauwesen Spanplatten, Sperrholz,<br />
MDF-Platten, Holzfurniere und die als Heizstoff beliebten<br />
Holzpellets hergestellt.<br />
Holzbearbeitung<br />
Die Endbearbeitung von Holz zu Möbeln, Holzschmuck,<br />
Spielzeugen etc. findet nicht nur industriell, sondern<br />
auch in mittelständischen Schreinereien, Tischlereien,<br />
Drechslereien statt.<br />
Endverwertung<br />
Privat oder gewerblich genutzte Blockheizkraftwerke<br />
nutzen das Holz als „Endverwerter“.<br />
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36 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Das Ende der Monokulturen:<br />
Neue Bäume braucht das Land<br />
Wie das Lehr- und Versuchsforstamt<br />
Arnsberg den Wald retten will<br />
Monika Loerchner<br />
Matthias Dröge<br />
steht nicht gut um den Arnsberger Wald: Wie überall im Land kämpfen auch hier die Bäume noch immer<br />
mit den Auswirkungen des extrem trockenen Sommers 2018. Dieser „Trockenstress“ kann durch den Kli<br />
Es mawandel zum Dauerproblem werden - wenn der Wald nicht darauf vorbereitet wird. Diplom-Forstwirt<br />
Martin Rogge von Wald- und Holz NRW erklärt, was der Mensch tun kann und warum die Lösung in genetischer<br />
Vielfalt liegt.<br />
Der Schlüssel zur Anpassung<br />
„Als es in den 80ern zum großen Waldsterben kam,<br />
entstand hier als Erstes das Forst-Genamt“, erinnert sich<br />
der Forstwirt, der den Bau seines Dienstgebäudes in<br />
Arnsberg, Obereimer 2A, miterlebte. „Diese Aufgabe hat<br />
Wald und Holz noch immer inne. Wir sind eine Einrichtung<br />
des Landes NRW zum Erhalt und zur Förderung<br />
gehölzgenetischer Vielfalt und Ressourcen.“ Was bedeutet<br />
das genau? „Jede Pflanzenzelle besitzt in ihrem Zellkern<br />
Informationen“, erklärt Martin Rogge, „und zwar einen<br />
Satz Informationen vom Vater, einen von der Mutter. Diese<br />
Informationen bestimmen etwa das Verhalten des Baumes<br />
bei Trockenstress.“ Und den haben derzeit vor allem die<br />
Fichten: Durch die trockenen Sommer geschwächt, sorgt<br />
der Borkenkäfer zusätzlich für Wassernot. „Ist ein Baum zu<br />
einem bestimmten Prozentsatz von dem Schädling befallen,<br />
fällt er um. Dabei hebt sich dann der Wurzelteller aus<br />
der Erde und der Baum kommt noch schlechter an Wasser<br />
heran.“<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 37
„Das ist ja das Schöne, dass sich die Natur an<br />
Umweltveränderungen anpassen kann.<br />
Das muss sie ja, sie kann ja nicht weglaufen.“<br />
Martin Rogge<br />
Doch auch andere Baumarten leiden unter der extremen<br />
Trockenheit der vergangenen Sommer; der Bodenvorrat an<br />
Wasser ist noch immer nicht wieder aufgefüllt. Und hier<br />
kommen die Gene ins Spiel: „Wie sich die Bäume jetzt<br />
verhalten, welche Taktiken sie zum Überleben benutzen,<br />
das hängt alles an den Erbinformationen ab.“ Auch wie<br />
der Baum mit erwünschten Pilzen kommuniziert oder<br />
Abwehrstoffe gegen Insekten, Bakterien und andere<br />
Schädlinge bildet, ist genetisch festgelegt. An dieser Stelle<br />
kommt den Pflanzen eine möglichst große, genetische<br />
Vielfalt zugute: „Ein Baum versucht zum Beispiel Taktik<br />
A der Mutter“, so der Forstwirt, „und wenn das nicht<br />
funktio niert, greift er auf die Taktik aus der anderen, der<br />
väterlichen Hälfte des Erbgutes zurück. Er hat also bei<br />
einer größeren genetischen Vielfalt eine größere Menge an<br />
Strategien zur Verfügung und dadurch größere Chancen,<br />
zu überleben.“ Aus diesem Grund wird bei der Auswahl<br />
des Saatgutes von vornherein eine strenge Auswahl getroffen.<br />
Das Forstvermehrungsgutgesetz regelt dabei etwa, dass<br />
das Saatgut bestimmter Arten von mindestens 20 Mutterbäumen<br />
stammen muss. Durch den Pollenflug kann sogar<br />
eine noch größere Menge an Vaterbäumen gewährleistet<br />
werden.<br />
Artenvielfalt stärkt den Wald<br />
Die Zukunft des Waldes sieht Martin Rogge ganz klar in<br />
Mischwäldern. „Je mehr Artenvielfalt wir haben, desto<br />
besser können sich die Bäume untereinander ergänzen und<br />
verschiedene Funktionen übernehmen.“ Hat ein Förster<br />
oder ein Waldbauer eine Schad- oder Freifläche neu<br />
aufzuforsten, wählt er dabei mindestens vier verschiedene<br />
Baumarten aus, je nach wirtschaftlichem Ziel. „Dafür<br />
muss zunächst der Boden auf seine Nährstoffe und die<br />
Wasserversorgung hin untersucht werden“, so Martin<br />
Rogge über das Vorgehen. „Außerdem muss der Förster<br />
die Z ukunft im Auge behalten. Derzeit plant man mit<br />
einer deutlich schlechteren Wasserversorgung über die<br />
nächsten Jahre.“ Entsprechend gilt es dann, die Baumarten<br />
auszuwählen. In dieser Hinsicht übt das Wald und Holz<br />
NRW auch eine Beratertätigkeit aus: „Wir können in<br />
keine Glaskugel schauen, aber wir versuchen, nach bestem<br />
Wissen und Gewissen zu handeln und unsere Wälder auf<br />
künftige Klimaveränderungen vorzubereiten. Da werden<br />
jetzt bald ganz andere Arten eine größere Rolle spielen.“<br />
Die als pflegeleicht geltende Fichte mag es eigentlich eher<br />
kühler und fühlt sich in Hochgebirgslandschaften wohl.<br />
Somit könnte ihre Blütezeit in unserer Region zu Ende<br />
sein. Bäume, die mehr Wärme und Trockenheit vertragen,<br />
wie etwa die Douglasie oder die Rotbuche, könnten nun<br />
dazu beitragen, den Wald zu sichern. Um zu verstehen, wie<br />
und wo verschiedene Baumarten am besten zusammenwirken,<br />
forschen Martin Rogge und seine Mitarbeiter in<br />
einem eigenen Gewächshaus.<br />
Mensch und Wald<br />
Was im Kleinen im Gewächshaus vonstattengeht, wird<br />
auch im Großen umgesetzt: Fünf Forstbetriebsbezirke<br />
verfügen gemeinsam über etwa 10.000 Hektar Staatswald<br />
südlich der Ruhr im Arnsberger Wald. Das Zentrum für<br />
Wald und Holz teilt sich diesen Wald mit dem Fachbereich<br />
für die Bewirtschaftung des Staatswaldes. Dorthin werden<br />
auch Bäume und Setzlinge aus dem Gewächshaus ausgepflanzt<br />
und in Versuchskulturen weiter beobachtet.<br />
Den Wald sich selbst zu überlassen, wie es in Bayern und<br />
aktuell auch im Harz geschieht, wäre laut Martin Rogge für<br />
NRW nicht sinnvoll: „Ohne das menschliche Eingrei fen<br />
wären unsere Wälder hier längst von der Buche dominiert.“<br />
Überhaupt sieht sich der Forstwirt als Schnitt stelle<br />
zwischen dem Naturschutz und den Ansprüchen, die die<br />
Menschen an den Wald stellen. „Der Wald dient nicht nur<br />
als Erholungsort, sondern auch dem Wasserschutz. Außerdem<br />
ist er natürlich Lebensraum zahlreicher Tier- und<br />
Pflanzenarten. Die Menschen können wir dabei aber auch<br />
nicht wegdiskutieren, wir brauchen ja den Rohstoff Holz“,<br />
äußert sich Martin Rogge zur Lage. Eine Vereinbarkeit<br />
zwischen ökonomischen und ökologischen Überlegungen<br />
sieht er in nachhaltiger Planung. „Wir sind auf sich selbst<br />
regulierende Waldsysteme angewiesen. Für die Erhaltung<br />
der Natur und für das Gemeinwohl des Menschen.“<br />
38 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Wenn das Wasser fehlt<br />
Wie direkt sich eine Erhöhung der Temperaturen auf die Bäume auswirkt,<br />
konnte im letzten Mastjahr 2018 beobachtet werden. In einem Mastjahr produzieren<br />
die Bäume mehr Blüten, betreiben eine maximale Samenproduktion.<br />
Dies war vor zwei Jahren bei fast allen Baumarten gleichzeitig der Fall. Doch<br />
die Blütenfülle des <strong>Frühling</strong>s wurde von der extremen Trockenheit des Sommers<br />
zum Teil zunichte gemacht: Je nach Standort der Bäume und dem für<br />
sie verfügbaren Bodenwasservorrat wurden zahlreiche noch unreife Früchte<br />
vorzeitig abgeworfen oder blieben kleiner. Die Samenmenge und -keimfähigkeit<br />
ließ stark nach, so dass die Saatenernte mancherorts sogar abgebrochen werden<br />
musste.<br />
Auch in 2019 hatten sich die Bäume noch nicht wieder von der anhaltenden<br />
Trockenheit erholt, die meisten Arten trugen gar keine Früchte. Der Samenernte<br />
in diesem Jahr sieht Martin Rogge aber wieder optimistisch entgegen:<br />
„Die trocken-warme Witterung gegen Mitte Juni 2019 begünstigt die Anlage<br />
von Blüten in diesem Jahr, insbesondere da im Vorjahr keine Früchte gebildet<br />
wurden. Also gibt es Grund zur Hoffnung für 2020.“<br />
Der Experte warnt aber auch vor möglichen Engpässen: „Sollte es in diesem<br />
Jahr keine gute Saatgutversorgung geben, wird es angesichts der in den kommenden<br />
Jahren und in ganz Mitteleuropa benötigten höheren Pflanzenmengen<br />
schon eher schwierig. Das beträfe vor allem die Versorgung mit Eichen. Die<br />
sind jetzt im Klimawandel besonders gefragt.“ Leider ist das Saatgut der Eiche<br />
praktisch nicht lagerfähig.<br />
Begehbare Kleiderschränke<br />
Individueller Möbelbau<br />
Wir können in keine Glaskugel schauen, aber<br />
wir versuchen, unsere Wälder auf künftige<br />
Klimaveränderungen vorzubereiten.<br />
Martin Rogge<br />
Die Zukunft des Waldes<br />
„Wir arbeiten mit Landwirtschaftsbehörden, Baumschulen und Saatguthändlern<br />
zusammen, mit forstwirtschaftlichen Versuchsanstalten, Universitäten<br />
und Fachhochschulen“, zählt der Forstwirt auf, „und wirken mit<br />
an einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Waldbewirtschaftung. Da sitzt man,<br />
wenn man sich mit Saatgut beschäftigt, direkt an der Basis.“ Besonders stolz<br />
ist Martin Rogge darauf, dass es dem Forstamt gelungen ist, dass auch seltenere<br />
Baumarten wie Wildobstbäume, Eiben, Schwarzpappeln oder Wacholder<br />
wieder Beachtung finden und dass das Bewusstsein für den Wert von Mischbeständen<br />
gestiegen ist.<br />
Und wie wird es mit dem Arnsberger Wald weiter gehen? „Der Wald wird sich<br />
verändern!“, da ist sich der Experte sicher. „Das ist ja das Schöne, dass sich die<br />
Natur an Umweltveränderungen anpassen kann. Das muss sie ja, sie kann ja<br />
nicht weglaufen. Und das ist auch eine Chance: Der Wald wird es schaffen!“ ■<br />
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Heringhausen.<br />
Dort, wo die kleinen<br />
Tannen steh´n …<br />
In der „Hauptstadt der<br />
Weihnachtsbäume“ lässt es<br />
sich gut leben<br />
Christel Zidi<br />
S. Droste<br />
liegt vor uns, Ramsbeck liegt hinter<br />
uns. Wir liegen als Sahnestück genau dazwischen.“<br />
Treffender könnte die Definition „Bestwig<br />
des Heringhäuser Ortsvorstehers kaum sein, denn das<br />
Dorf an der Valme ist ganz eindeutig etwas Besonderes.<br />
Von Ortsvorsteher Ulrich Bathen und Ortsheimatpfleger<br />
Uwe Mertens erfuhren wir einige Fakten aus dem<br />
820-Seelen-Dorf, die aufhorchen lassen.<br />
Die Hauptstadt der Weihnachtsbäume<br />
Unübersehbar wird Heringhausen ringsum von<br />
Weihnachtsbaumkulturen eingerahmt. „Seit den 1950er-<br />
Jahren hat sich das Geschäft mit den Weihnachtsbäumen<br />
immer stärker entwickelt. Rund um Heringhausen<br />
40 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
wurden alle landwirtschaftlichen Flächen zur Weihnachtsbaumkulturen<br />
aufgeforstet“, berichtet Ulrich Bathen.<br />
Mit beachtlichem Erfolg: Ein großer Teil der 2019 knapp<br />
30 Millionen in Deutschland verkauften Weihnachtsbäume<br />
kommt aus Heringhausen, der „Hauptstadt der<br />
Weihnachtsbäume“, berichten Ulrich Bathen und Uwe<br />
Mertens. Viele der Bäume werden ins Ausland exportiert,<br />
vorrangig in die Niederlanden. Manche Bäume werden<br />
auch weltweit verschickt und landen gar im Salon eines<br />
arabischen Scheichs, wo sie möglicherweise statt mit<br />
Strohsternen mit Goldschmuck und Diamanten behängt<br />
werden.<br />
Wenn es Richtung Advent geht, wächst die Zahl der<br />
Einwohner Heringhausens auf rund 1000. Mit dabei sind<br />
dann die vielen Erntehelfer, die in den Baumkulturen<br />
beschäftigt sind. Aber nicht nur direkt in den Baumkulturen<br />
herrscht Hochbetrieb, auch mit der Produktion von<br />
Allerheiligen- und Adventsgestecken sind viele heimische<br />
Betriebe in dieser Zeit zusätzlich beschäftigt.<br />
In der Vorweihnachtszeit ist Heringhausen weniger ein<br />
Durchfahrtsort denn ein Zielpunkt. Dann nämlich wird<br />
das Valmedorf zwischen Bestwig und Ramsbeck zum Ziel<br />
zahlreicher Weihnachtsbaum-Liebhaber. Der Weihnachtsbaumkauf<br />
wird hier zum Event: „Die Gäste holen hier<br />
ihren Weihnachtsbaum, schlagen ihn oft sogar selbst. Verbunden<br />
ist das dann oft mit geführten Touren, Ponyreiten,<br />
Glühwein- und Kaffetrinken, Eiserkuchen essen. Für<br />
jeden ist also etwas dabei“, erzählt uns Dachdeckermeister<br />
Ulrich Bathen.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 41
Eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft<br />
Weihnachtsbaum-Anbau und -Verkauf prägen den Ort<br />
– ganz klar. Aber Heringhausen hat noch viel mehr zu<br />
bieten. Allen voran heben Bathen und Mertens die gut<br />
funktionierende Dorfgemeinschaft hervor. Stolz ist man<br />
über den Kinderspielplatz, der 2019 im Rahmen des<br />
Leader-Projekts neu gestaltet wurde. Der Spielplatz grenzt<br />
an das „Alte Bähnchen“, den Bergmannspfad auf der<br />
anderen Seite der Valme, auf dem früher Erz von Ramsbeck<br />
nach Bestwig transportiert wurde. Die Lok auf dem<br />
Kinderspielplatz und eine Infotafel erinnern an die alte<br />
Funktion. Heute führt dort ein Wander- und Fahrradweg<br />
vorbei. Ein weiteres Projekt der Gemeinschaft ist der<br />
Kindergarten „Zwergenstübchen“, der in Eigenleistung<br />
gebaut wurde.<br />
14 Vereine gibt es im Dorf. Unter anderen zählen dazu:<br />
der Schützenverein mit 420 Mitgliedern, der TuS Valmetal<br />
(gemeinsam mit Ramsbeck), die Freiwillige Feuerwehr<br />
und der Karnevalsclub Mühls. Letzterer bietet eine<br />
Eigenheit: Der alljährliche Karnevalsumzug findet hier<br />
nicht am Rosenmontag statt, sondern bereits am Sonntag<br />
davor. Bei der anschließenden Karnevalsparty mit rund<br />
500 Jecken geht es in der Schützenhalle stets hoch her.<br />
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42 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
“Ein großer Teil der knapp 30 Millionen<br />
in Deutschland verkauften Weihnachtsbäume<br />
kommt aus Heringhausen”<br />
Ulrich Bathen<br />
Die Dorfgemeinschaft fungiert als Dachverein, jeweils ein<br />
Vertreter der anderen Vereine ist vertreten. Bei größeren<br />
Veranstaltungen trifft man sich in der Schützenhalle,<br />
übrigens „der schönsten in der Gemeinde“, wie Uwe<br />
Mertens betont. Dort wird bereits zu Pfingsten das<br />
Schützenfest gefeiert.<br />
Auf einen Verein muss unbedingt noch gesondert hingewiesen<br />
werden. Und zwar auf den<br />
Ziegenzuchtverein<br />
Während die meisten Flächen rund um den Ort mit kleinen<br />
Tannen und Fichten bedeckt sind, sticht eine Fläche<br />
daraus hervor: die „Ziegenweide“. Bevor die Fläche vor<br />
einiger Zeit renaturiert wurde, standen auch dort Baumkulturen.<br />
Der Ziegenzuchtverein, nun schon über 90<br />
Jahre alt, lässt dort 16 Medeloner Ziegen weiden. Die sich<br />
dort überaus wohl fühlen, denn im letzten Jahr wurden<br />
dort zwei Zicklein geboren.<br />
Die Tradition des Ziegenzüchtens hängt mit dem Ramsbecker<br />
Bergbau zusammen. Von Heringhausen aus<br />
wurden viele der Bergleute mit Nahrungsmittel versorgt:<br />
Kartoffeln, Zwiebeln etc., aber eben auch Ziegenmilch<br />
und Ziegenkäse. Neun feste Mitglieder hat der Ziegenzuchtverein.<br />
Nachfolger werden jeweils aus dem Familienkreis<br />
gewählt. Aber: „Die Mitgliedschaft wird aber nicht<br />
an Frauen weitergegeben“, bemerkt Ulrike Bathen, die<br />
Ehefrau des Ortsvorstehers bedauernd. Schon ihr Großvater<br />
gehörte dem Verein an.<br />
Schnadegang<br />
Traditionen sind wichtig für ein gesundes Dorfleben.<br />
2014 fand der Jubiläums-Schnadegang zum 700jährigen<br />
Bestehen des Ortes statt. Damals wurden die alten<br />
Grenzen abgewandert, entlang der Orte, die bis 1907 zur<br />
Steuergemeinde Heringhausen gehörten: Andreasberg,<br />
Dörnberg, Halbeswig, Grimlinghausen (heute Nierbachtal)<br />
und Ziegelwiese, „In diesem Jahr, im September,<br />
soll erstmals auf den heutigen Grenzen gelaufen werden“,<br />
berichtet Uwe Mertens.<br />
Nächste Ziele<br />
Eine weitere Dorfverschönerung steht in den nächsten<br />
Jahren an: Im Rahmen des Leader Projekts soll die Valme<br />
renaturniert werden. „Da freue mich schon drauf“, sagt<br />
Ulrich Bathen, „Wenn es so ähnlich wie in Ramsbeck<br />
werden würde, fände ich das ganz toll.“ Keine Rivalität,<br />
kein Gezicke zwischen den Nachbarorten ist da<br />
raushören. „Wir haben gelernt, uns mit den Nachbarorten<br />
zu freuen“, ergänzt Uwe Mertens, „nicht nur im<br />
Fußball, sondern allgemein.“<br />
Bei dieser Grundhaltung verwundert es nicht, dass viele<br />
junge Heringhäuser im Dorf bleiben wollen. „Hier gibt es<br />
keinen Leerstand. Wenn eine Familie ein Haus verkaufen<br />
möchte, ist das in kürzester Zeit in der Hand eines neuen<br />
Eigentümers“, berichtet Bathen. Die Anfrage nach Häusern<br />
ist recht groß. Bleibt ihnen zu wünschen, dass sich<br />
der Wunsch nach einem Neubaugebiet bald erfüllt. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 43
Judoka Pia Sartison ist nicht zu bremsen<br />
16 Turniere, 16 Medaillien Monika Loerchner<br />
S. Droste<br />
S<br />
ie ist die Kleinste in ihrer Klasse, aber ganz sicher nicht die<br />
Schwächste: Pia Sartison vom Judo-Verein „Kodokan Olsberg“<br />
wurde kürzlich bereits zum dritten Mal zur „Kämpferin des<br />
Jahres“ der U13 gekürt.<br />
Seit sie 2016 mit Judo begonnen hat, ist Pia<br />
Sartison nicht zu bremsen: Die Sammlung<br />
der 11-Jährigen umfasst bereits vier Pokale.<br />
Außerdem nahm die Olsbergerin bereits<br />
an 16 Turnieren teil - und brachte jedes<br />
Mal eine Medaille mit nach Hause.<br />
2018 wurde sie Vizewestfalenmeisterin<br />
der U13, holte Ende 2019<br />
den 3. Platz bei den Westfalen-<br />
Einzelmeisterschaften. „Man<br />
bekommt für jeden Turniersieg<br />
acht Punkte“, erklärt die<br />
Judoka. „Für Platz 2 gibt es<br />
fünf und für Bronze dann drei<br />
Punkte.“ Wer in einem Jahr die<br />
meisten Punkte gesammelt hat,<br />
wird „Kämpfer des Jahres“. Dass ihr<br />
ihre Kampfgefährten Albert Smajli<br />
und Tayron Drankiewicz dicht auf den<br />
Fersen sind, stört Pia nicht, im Gegenteil:<br />
„Albert hatte nur zwei Punkte weniger als ich“,<br />
So sieht eine echte Kämpferin aus.<br />
sagt sie und lächelt, „da werde ich mich nächstes<br />
Jahr noch mehr anstrengen!“<br />
Nachwuchs im Kodokan Olsberg<br />
Die Nachwuchs-Judokas können stolz auf ihre<br />
Turniererfolge sein. Die Auszeichnung „Talent<br />
des Jahres“, bei dem das Augenmerk auf Fortschritt<br />
und kämpferische Entwickelung liegt,<br />
erhielt Nico Ernstberger. Auch Jugendtrainerin<br />
Tia den Ridder zeigt sich zufrieden. „Wir haben<br />
um die 30 Kinder, die regelmäßig in unserem<br />
Dōjō* in der Realschulturnhalle Olsberg mittrainieren.“<br />
Wettkämpfe werden dann ab der<br />
U13 nach Geschlechtern getrennt bestritten.<br />
Eine Trennung, die Pia auf die Nerven geht.<br />
„Manchmal habe ich auf einem Turnier keine<br />
Gegnerin“, beschwert sich die Schülerin, „Dann<br />
kann ich nur einen Freundschaftskampf mit<br />
einem Jungen machen. Beim Training bin ich<br />
auch oft das einzige Mädchen.“ Pia und ihre<br />
44 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Trainerin wünschen sich, dass sich in Zukunft mehr Mädchen<br />
für die Sportart begeistern können und das Kodokan Olsberg<br />
dann auch bei den Erwachsenen eine Damenmannschaft<br />
bilden kann. „Wer Interesse hat, kann einfach vorbeikommen.<br />
Wir freuen uns über jeden“, betont Tia den Ridder.<br />
Ein gefährliches Hobby?<br />
Pia kann sich auf jeden Fall keine Zukunft ohne Judo vorstellen.<br />
„Ich habe mit acht Jahren angefangen, um mich wehren<br />
zu können. Ich bin ja kleiner als alle anderen. Als ich dann<br />
einmal da war, hat mir sofort alles gefallen: Die Würfe, die<br />
Rollen, die Herausforderung.“<br />
Fast jeden Monat nimmt Pia an einem Turnier teil. Einmal<br />
war sie dafür sogar in den Niederlanden. „Dort bin ich<br />
gewürgt worden. Aber nur ein bisschen, das war nicht so<br />
schlimm.“ Grund dafür war ein Missverständnis, da es im<br />
Nachbarland andere Turnierregeln gibt.<br />
Auf die Frage, ob Judo ein gefährliches Hobby ist, antwortet<br />
sie: „Nein, ich bin noch nie verletzt worden.“ Auch Pias Mutter,<br />
Katharina Sartison, ist inzwischen davon überzeugt, dass<br />
Judo kein gefährlicher Sport ist. „Anfangs habe ich bei Turnieren<br />
immer innerlich gezittert, das sieht ja schon sehr ernst<br />
aus. Aber mittlerweile weiß ich, dass das harmlos ist und nur<br />
gefährlich aussieht.“ Und was sagt Pias Vater zu seiner kleinen<br />
Kämpferin? „Der ist mächtig stolz!“ Die Sartisons unterstützen<br />
ihre Tochter, wo sie können, einer ist bei jedem Turnier mit<br />
dabei. „Emilia, Pias kleine Schwester, hat auch schon mit<br />
Judo angefangen“, erzählt Katharina Sartison. Die Kleinsten<br />
können im Kodokan zunächst in die „Krabbelgruppe“, wo sie<br />
bereits im Alter von vier Jahren spielerisch erste Grundzüge des<br />
„sicheren Fallens“ lernen. Auch Pia freut sich über die Begeisterung<br />
ihrer kleinen, mittlerweile sieben Jahre alten Schwester.<br />
„Dann habe ich Zuhause jemanden, mit dem ich üben kann.“<br />
Judo: „Tugendhafte“ Selbstverteidigung<br />
Dass Judo mehr ist, als eine reine Sportart, ist Tia den Ridder<br />
und dem Verein wichtig: „Im Judo gibt es zehn Tugenden,<br />
an die wir uns als Trainer halten und die wir den Kindern<br />
vermitteln. Das sind Hilfsbereitschaft, Respekt, Mut, Selbstbeherrschung,<br />
Freundschaft, Wertschätzung, Ehrlichkeit,<br />
Ernsthaftigkeit, Höflichkeit und Bescheidenheit.“ Judo ist<br />
nicht dafür da, jemanden anzugreifen, sondern dient einzig<br />
der Selbstverteidigung. „Dabei kommt es weniger auf Stärke,<br />
als auf Technik an“, beschreibt die Trainerin die Sportart.<br />
„Wir versuchen, die Kraft des Gegners mit zu nutzen, um ihn<br />
zu Boden zu bringen.“<br />
Alltag einer Judoka<br />
Zweimal die Woche trainiert Pia anderthalb Stunden. Dabei<br />
wird sich 30 Minuten lang aufgewärmt. Anschließend werden<br />
circa 45 Minuten lang Techniken geübt. Die letzte Viertelstunde<br />
des Trainings ist dann dem Übungskampf gewidmet.<br />
Vor wichtigen Turnieren steht für Pia auch schon mal ein<br />
Extratraining an; ab und an fährt sie zu Lehrgängen. Ihre<br />
Leistungen auf der Marienschule Brilon leiden aber nicht darunter.<br />
„Die Schule fördert das auch, dass die Kinder noch Zeit<br />
für Vereinssachen haben“, lobt Katharina Sartison. „Da wird<br />
darauf geachtet, die Kinder nicht mit Hausaufgaben vollzubanzen.“<br />
Pias Lieblingsfächer sind<br />
„Ich möchte zur Olympiade“<br />
Pia Sartison, 11 Jahre<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 45
Pia mit ihrer Schwester Emilia<br />
Pia mit Trainerin Tia den Ridder<br />
neben Sport auch Musik, Textil, Kunst<br />
und Physik. Beruflich möchte sie einmal<br />
irgendwas mit Tieren oder Kindern<br />
arbeiten.<br />
Ihre Pläne bezüglich des Judos dagegen<br />
sind ganz konkret: „Ich möchte zur<br />
Olympiade!“ Ein Traum, den fast jeder<br />
Judoka hat, weiß Trainerin Tia denw<br />
Ridder. Sie selbst stammt aus einer Judo-<br />
Familie: „Mein Vater ist im Vorstand des<br />
Vereins, meine Mutter ist Trainerin.“ Ihr<br />
Bruder, Jamie den Ridder, war 2019 der<br />
beste Kämpfer der U15.<br />
Große Ziele<br />
Pias Chancen, ihren Traum zu verwirklichen,<br />
stehen laut Jugendtrainerin nicht<br />
schlecht. Dafür muss sich die Schülerin<br />
allerdings jetzt entscheiden, ob sie Judo<br />
weiter als Breitensport, also als Hobby,<br />
oder als Leistungssport betreiben will.<br />
„Und dann wird es langsam ernst!“<br />
Wenn es nach Pia geht, ist der Fall klar:<br />
„Das wird zwar viel Arbeit, aber es macht<br />
Spaß.“ Dass man ihr ihre Fähigkeiten<br />
nicht ansieht, ist ihr dabei egal. „Ich<br />
weiß, was ich kann!“<br />
Überhaupt ist die Olsbergerin seit ihrem<br />
Eintritt in den Verein deutlich selbstsicherer<br />
geworden, da sind sich Trainerin<br />
und Mutter einig. Eine Selbstsicherheit,<br />
die sie sich leisten kann: Ihr Name steht<br />
auf der U15-Liste für den Bezirkskader<br />
Arnsberg, in den sie wahrscheinlich Ende<br />
Erfolgreiche Nachwuchs-<br />
Judoka des Kodoka Olsberg<br />
U10<br />
1. Platz Pascal Wüllner<br />
2. Platz Ben Friedrich<br />
3. Platz Maximilian Srajek<br />
U15<br />
1. Platz Jamie den Ridder<br />
2. Platz Julian Röhrken<br />
3. Platz Iesa Saffo<br />
U18<br />
1. Platz Eileen Berkenkopf<br />
2. Platz Justus Gockel<br />
3. Platz Fabio Engel<br />
des Jahres aufgenommen wird. Eine<br />
Ehre, die nur 19 weiteren Judokas aus<br />
dem gesamten Regierungsbezirk Arnsberg<br />
zukommt. Schafft sie es, würde sie<br />
an größeren Turnieren teilnehmen. „Wer<br />
im Bezirkskader ist, bekommt in Witten<br />
ein regelmäßiges Sondertraining bei der<br />
Bezirkstrainerin. Und weitere Lehrgänge.“<br />
Dafür will Familie Sartison die<br />
zusätzliche Fahrerei auch gern in Kauf<br />
nehmen. „Pia ist richtig gut - sie könnte<br />
es schaffen!“, davon ist die Trainerin den<br />
Ridder überzeugt.<br />
Doch was ist Pias Erfolgsrezept? „Ich<br />
kämpfe lieber im Stand als am Boden“,<br />
verrät sie mit einem Lächeln, „Das geht<br />
einfach schneller!“ ■<br />
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46 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Hasse chehört…?<br />
Anke Kemper<br />
Fine, stimmt dat mit deinem Otto?<br />
Der macht jetzt in Kunst?“<br />
„Hömma<br />
„Na, er versucht et. Abba ich weiß noch<br />
nich, ob dat so ne chute Idee is, woll? Der hat ja auch<br />
jede Woche neue Ideen.“<br />
„Ja, wat macht er denn? Wat Modernes odda wie muss<br />
ich mir dat vorstellen?“<br />
„Wohl eher de alten Meister, chlaube ich. Du weißt doch,<br />
dieser Künstler in Eversberch, der allet von diesem Holländer<br />
malt, so wat will der Otto auch machen.“<br />
„Von dem Van Gogh? Ja wieso nimmt er denn nich nen<br />
anderen Künstler, den er kopieren kann? Et chibt doch<br />
jenuch. Is doch langweilig, wenn er den auch noch kopiert.“<br />
„Er dachte wohl, dat wär janz einfach. Den Rubens hat<br />
er erst jar nich probiert und mit dem Picasso isser nich<br />
klargekommen. Dat war ihm zu abstrakt, hat er jesacht.“<br />
„Du meine Chüte. Dat is ja auch allet jar nich so einfach,<br />
so ne Stilrichtung zu kopieren, woll?“<br />
„Jau, wenn er wenigstens nen eigenen Stil hätte, abba der<br />
Otto is noch auf der Suche, sacht er. Deshalb probiert er<br />
auch erst einmal auf´m Pappkarton.“<br />
„Und wat für Farbe nimmt er da? Da musste doch de<br />
chute Ölfarbe nehmen, wenn de so wat nachmachen<br />
willst.“<br />
„Na, erst einmal malt er mit de Reste vom letzten Anstrich.<br />
Er übt ja noch.“<br />
„Achso. Und wo hat er sein Atelier?“<br />
„In seinem Bastelkeller. Und da bleibt er auch mit dem<br />
Gedöns. Die Farbe stinkt ja höllisch.“<br />
„Ach, du ahnst et nich. Bei euch is ja imma wat anderes<br />
los. Da musste ja auf allet jefasst sein.“<br />
„Jau, abba weißte Lisbett, am meisten habe ich Angst<br />
davor, dat ich mir dat jetzt allet inne Wohnung hängen<br />
muss, wat der so fabriziert. Wat meinste, wie dat dann bei<br />
uns aussieht!“<br />
„Na, du hast Sorgen. An deiner Stelle hätte ich Angst<br />
davor, dat er sich dat Ohr abschneidet, woll?“ ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 47
Hobby:<br />
van Gogh<br />
Ferdinand Schulz aus<br />
Eversberg malt Werke des<br />
berühmten Niederländers<br />
Nicola Collas<br />
S. Droste<br />
einer der berühmtesten<br />
Maler der Welt, wurde<br />
Erist<br />
aber erst nach seinem Tod<br />
bekannt. Zu Lebzeiten verkaufte er nur<br />
ein einziges Gemälde, lebte in Armut.<br />
Die Rede ist von dem begnadeten, niederländischen<br />
Maler Vincent van Gogh,<br />
der an die 2000 Gemälde und Zeichnungen<br />
schuf.<br />
Ferdinand Schulz aus Meschede-Eversberg<br />
ist fasziniert von van Gogh und<br />
seinen Gemälden: „Van Gogh war psychisch<br />
labil und hatte Zusammenbrüche.<br />
Zu seinen Eltern hatte er kein besonders<br />
gutes Verhältnis. Er hatte kein Glück in<br />
der Liebe und kein Geld und trotz* die ser<br />
Probleme war er ein begnadeter Maler, der<br />
der Nachwelt solche Bilder hinterlassen<br />
hat“, schwärmt der 74-Jährige.<br />
Das Haus von Ferdinand Schulz könnte<br />
als van Gogh-Museum durchgehen. Wer<br />
zum ersten Mal den Flur des Einfamilienhauses<br />
in Eversberg betritt, be kommt<br />
den Mund vor lauter Staunen nicht mehr<br />
zu. Dort hängen selbstgemalte Bilder, die<br />
* ... oder gerade deswegen (Anm. d. Red.)<br />
48 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Werke van Goghs zeigen: “Iris“, „Das Haus des Doktor<br />
Gachet“, das Selbstbildnis van Goghs, „Die Brücke von<br />
Arles“ und viele, viele mehr. „Ich denke, dass es mittlerweile<br />
140 Bilder sind, die ich gemalt habe. Darunter auch<br />
Bilder von August Macke. Die Bilder habe ich Markes<br />
Haus hier in Eversberg für eine Ausstellung zur Verfügung<br />
gestellt. Aber am liebsten male ich Werke von van Gogh“,<br />
sagt Schulz.<br />
So begann es...<br />
Van Goghs Bild „Die Brücke von Arles“ war es auch,<br />
das ihn zum Malen animiert hat. „Ich habe das Werk bei<br />
einer Ausstellung im Wallraff-Richartz-Museum in Köln<br />
gesehen, da war ich Mitte 20. Ich war so begeistert! Für<br />
mich war das der Anlass, mit dem Malen anzufangen“,<br />
erzählt Ferdinand Schulz. Beliebte Motive für die Gemälde<br />
des berühmten Niederländers waren Natur, Menschen<br />
oder Räumlichkeiten. Er benutzte kräftige Farben, oft<br />
Komplementärfarben und zeigte in seinen Werken seine<br />
eigene Wahrnehmung der Welt. Ferdinand Schulz zeigt<br />
auf das Bild „Iris“, das über der Wohnzimmer-Couch<br />
hängt, und erklärt eindrucksvoll, worum es van Gogh in<br />
seinen Bildern ging. „Das Bild ist in drei Farbbereiche unterteilt.<br />
Van Gogh war es immer wichtig, Struktur in seine<br />
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Bilder zu bringen. Zu einem Bildaufbau gehörten für ihn<br />
auch immer statische Elemente. Das können Sie hier bei<br />
„Das Haus des Dr. Gachet“ gut sehen.“ Ferdinand Schulz<br />
hängt das Bild von der Wand und erklärt weiter: „Die<br />
Natur bedeckt das Anwesen, die Natur nimmt alles ein.<br />
Sie sehen hier einen Baum, der vielleicht in Wirklichkeit<br />
gar nicht da war, aber den malte van Gogh, um Stabilität<br />
in das Bild zu bringen.“<br />
Ein Raum zum Malen.<br />
Ferdinand Schulz<br />
erklärt Nicola Collas<br />
den Bildaufbau.<br />
Zum Malen zieht sich Ferdinand Schulz auf den<br />
Dachboden seines Hauses zurück. Dort entstehen seine<br />
Bilder mit Ölfarbe. Damit die Proportionen stimmen,<br />
berechnet er zunächst in einem Dreisatz, wie groß die<br />
einzelnen Bildausschnitte sein müssen. Aktuell arbeitet er<br />
an einem Werk van Goghs, das erst vor ein paar Jahren<br />
entdeckt wurde und seit 2010 im Museum in Zwolle in<br />
den Niederlanden zu sehen ist: „Le blute-fin“ ist der Titel.<br />
Der Hobby-Maler denkt, dass er dafür noch etwa bis<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 49
Mitte März braucht. Zwei bis drei Monate gehen in der<br />
Regel ins Land, bis Schulz mit einem Bild fertig ist.<br />
Dann ist seine Frau gefragt, denn die sucht im Haus<br />
nach einem geeigneten Platz, wo das jeweilige Bild<br />
aufgehängt wird und gut zur Geltung kommt. Mit seiner<br />
Frau teilt Ferdinand Schulz auch die Leidenschaft, an<br />
Orte zu reisen, an denen van Gogh gelebt und gewirkt<br />
hat. „Dort lasse ich mich inspirieren, welches Gemälde<br />
ich als nächs tes malen könnte. Und beim Malen erlebe<br />
ich die Zeit, die wir dort verbracht haben, noch einmal.<br />
Das ist sehr schön“, sagt der Eversberger.<br />
Ein Bild auf dem Dachboden fällt uns noch auf, das<br />
aller dings mit van Gogh nichts zu tun hat. Ferdinand<br />
Schulz hat das BVB-Emblem gemalt und die Vereins-Erfolge<br />
darauf verewigt. „Wir haben mal in Dortmund<br />
gelebt und ich bin ein großer Borussia-Fan“, strahlt er. ■<br />
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Als den Velmedern das erste (elektrische)<br />
Licht aufging …<br />
Die vielen Nutzen des kleinen Valme-Stausees<br />
Christel Zidi<br />
S. Droste & Christel Zidi<br />
Bevor die Valme bei Bestwig in die Ruhr mündet, hat<br />
sie schon einen knapp 20 Kilometer langen Weg hinter<br />
sich. Ihre Quelle liegt oberhalb der „Nassen Wiese“<br />
an der Nordseite der Hunau. Von hier, auf einer Höhe von<br />
775 Metern ü.N.N. geht es stetig abwärts – bis die Valme<br />
schließlich bei Bestwig in die Ruhr mündet.<br />
Zunächst durchfließt der muntere Bach die Orte Obervalme<br />
und Werdern. Auf ihrem Weg durch das schöne, bergige<br />
Land wird die Valme von vielen, überwiegend kurzen Nebenbächen<br />
gespeist, die von den Bergen herabfließen. Ebenfalls<br />
der Nordflanke der Hunau entsprungen ist die Brabecke. Bei<br />
Werdern mündet der 13,6 Kilometer Bach in die Valme und<br />
lässt diese schließlich zum Fluss heranwachsen.<br />
In Ramsbeck versetzt man die Valme derzeit in ihren natürlichen<br />
Verlauf zurück. Schon jetzt lässt sich erkennen, wie<br />
schön es an ihren Ufern bald wieder aussehen wird. Nachdem<br />
der Fluss das frühere Bergwerksdorf hinter sich gelassen<br />
hat, geht es ziemlich schnurstracks durch Heringhausen.<br />
Auch hier wird man ihm in den nächsten Jahren seine ursprüngliche<br />
Form zurückgeben.<br />
Nachdem die Valme den Ortsausgang Heringhausens hinter<br />
sich gelassen hat, wird sie gestaut. Dieser kleine Stausee befand<br />
sich im 14. Jahrhundert im Besitz des Mescheder Stifts.<br />
300 Jahre später kam er in den Besitz der Familie Hanxleden.<br />
Im Jahre 1900 erhielt die Gemeinde Velmede die Wasserrechte.<br />
Die Erlaubnis für den Bau und Betrieb eines Elektrizitätswerkes<br />
bekam die Düsseldorfer Firma Pfretschner;<br />
eine andere Firma aus dem Rheinland, Max Schorch & Ci,<br />
schloss den Bau der Anlage dann ab. Und in der Gemeinde<br />
Velmede gingen zum ersten Mal die (elektrischen) Lampen<br />
an, gespeist mit dem Strom aus dem kleinen Wehr bei Heringhausen.<br />
Das kühle Nass des kleinen Stausees bot den Valmetalern im<br />
Sommer eine herrliche Erfrischung. Bis in die 1930-Jahre<br />
hinein wurde der See als Badeanstalt genutzt. Als sie 1936<br />
geschlossen werden musste, lag das an der Verschmutzung der<br />
Valme durch die Abwässer des Ramsbecker Bergbaus.<br />
Die Arbeiten im Bergwerk ruhen schon lange Zeit, schmutziges<br />
Wasser gelingt von dort nicht mehr in den Stausee. Wer<br />
weiß, vielleicht gelingt auch hier eines Tages eine Wie der-<br />
Nutzung als Badesee. Der direkt neben dem See verlaufende<br />
Rad- und Wanderweg, die Bähnchentrasse, die von Ramsbeck<br />
nach Bestwig führt, und mehrere Bänke verweisen<br />
schon jetzt auf den hohen Erholungswert an diesem schönen<br />
Fleckchen Erde. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 51
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ist nicht übertrieben, zu sagen, dass jeder Europäer schon<br />
einmal etwas genutzt hat, was mit einem Werkzeug der Firma<br />
Schröder & Helwig aus dem Gewerbegebiet Meschede-Enste<br />
erstellt wurde. Firmeninhaber Roger Helwig möchte es ganz auf die Spitze<br />
treiben und sagt: „Zumindest jeder, der in einem Auto gesessen hat oder ein<br />
Veluxfenster geöffnet hat.“<br />
Die Bereiche, in denen die Präzisionswerkzeuge<br />
aus Enste zur Verwendung<br />
kommen, sind wesentlich weiter<br />
gesteckt. Neben Dachflächenfenstern<br />
und Automobilzuliefern zählen<br />
unter anderem Unternehmen aus der<br />
Tageslichttechnik, der Elektroindustrie<br />
oder der Möbelbranche zu den<br />
Kunden, die vor allem in Mittel- und<br />
Westeuropa ansässig sind. „Enste ist<br />
für uns ein idealer Standort, weil sich<br />
ein Großteil unserer Kundschaft im<br />
Umkreis bis zu 1.000 Kilometern<br />
befindet“, sagt Roger Helwig, der die<br />
Werkzeuge von der Entwicklung bis<br />
zur Auslieferung selbst begleitet. Er<br />
arbeitet detailgetreu und praxisnah:<br />
„Jedes Produkt wird von mir selbst<br />
gezeichnet. Beim Entwurf und der<br />
Fertigung muss ich in Hundertstel<br />
denken, damit es in Zehntel passt.“<br />
In der Praxis bedeutet das genaue Arbeiten<br />
in der Planung Arbeitserleichterung.<br />
„Wenn wir ein Werkzeug ausliefern,<br />
kann dieses in der Regel direkt<br />
arbeiten. Unsere Philo sophie ist es, so<br />
auszuliefern, dass es keiner Nacharbeit<br />
bedarf und dass das Werkzeug<br />
wartungsfrei und lang lebig ist“, sagt<br />
Roger Helwig. Was sowohl für ihn als<br />
auch seine Kunden ein Riesenvorteil<br />
ist. Mehrtägige Anpassungen oder<br />
häufigere Servicebesuche entfallen,<br />
weil Herr Helwig und sein Team im<br />
Vorfeld präzise arbei ten. „Mein Mann<br />
gibt sich nie mit dem ersten Ergebnis<br />
zufrieden“, sagt Astrid Helwig.<br />
„Jedes Werkzeug ist ein Unikat“<br />
Die Schröder & Helwig GmbH ist<br />
ein Familienbetrieb. Neben Roger<br />
Helwig arbeiten auch Ehefrau Astrid<br />
und die Söhne Thomas und Markus<br />
im Betrieb. Gegründet hat das Un-<br />
52 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Chef Helwig mit den Söhnen Markus und Thomas<br />
ternehmen Diplomingenieur Günter<br />
Schröder in Meschede-Eversberg.<br />
Er hatte zuvor in verschiedenen<br />
Firmen Erfahrungen im Bereich<br />
der Kaltprofiliertechnik gesammelt.<br />
Grund lage für den Erfolg war Herr<br />
Schröders gutes Gefühl für das<br />
Verhalten von unterschiedlichen<br />
Metallbändern aus Aluminium,<br />
Stahl, Kupfer oder Edelstahl. 1994<br />
stellte Günter Schröder mit Roger<br />
Helwig einen weiteren Ingenieur<br />
ein. Der junge Mann, der wenige<br />
Jahre zuvor seinen Abschluss an der<br />
Fachhochschule in Meschede gemacht<br />
hatte, profitierte damals von Günter<br />
Schröders Erfahrungs schatz. 1995<br />
übernahm er Verantwortung - im<br />
Januar 1995 wurde die Schröder &<br />
Helwig GmbH gegründet. Die Idee<br />
war schon vor 25 Jahren, Werkzeuge<br />
zu konstruieren und aufzubauen,<br />
die beim Kunden so schnell wie<br />
möglich in die Produktion integriert<br />
werden können, ohne dass Nachbesserungen<br />
notwendig sind. Dieses<br />
Erfolgsmodell feiert nun Jubiläum.<br />
Aus dem Konstruktionsbetrieb wurde<br />
ein Fertigungsbetrieb. Mehr Platz<br />
wurde nötig, weil einige Kunden aus<br />
dem Automotivbereich den Wunsch<br />
hatten, für kleinere Rollformwerkzeuge<br />
Komplettpakete einschließlich<br />
Profiliermaschine zu erwerben. In<br />
Eversberg wurde eine Halle errichtet.<br />
Doch auch deren Fläche von<br />
200 Quadratmetern reichte bald<br />
nicht mehr. So ging es 2012 an den<br />
heutigen Standort, ins Gewerbegebiet<br />
Meschede-Enste. Mittlerweile<br />
be schäftigt die Firma Schröder &<br />
Helwig zehn Mitarbei ter, davon sieben<br />
im Fertigungsbe reich und drei im<br />
Büro. Was ist das Erfolgsgeheimnis<br />
des Betriebes, der vor einem weiteren<br />
Ausbau steht? Auf einen Punkt herunterbrechen<br />
möchte es Roger Helwig<br />
nicht. Er sagt: „Jedes Werkzeug<br />
von uns ist ein Unikat. Wir haben<br />
Einblick in verschiedene Branchen<br />
mit unterschiedlichen Anforderungen<br />
und lernen immer wieder neu. Das<br />
gereicht uns und dem Kunden zum<br />
Vorteil.“ ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 53
„Hier gibt es<br />
alles, aber<br />
niemand muss<br />
alles besitzen“<br />
In der Kommune<br />
„Gut Möglich“ führen<br />
15 Menschen ein<br />
solidarisches Leben<br />
Anne von Heydebrand<br />
S. Droste<br />
Tatsächlich begrüßen mich hinter der<br />
grünen Holztür des alten Gutshofs<br />
nicht Rainer Langhans und Uschi<br />
Obermaier, sondern Vera und Nadja.<br />
Die beiden leben mit 13 weiteren<br />
Bewohnern auf dem 1,2 Hektar großen<br />
Anwesen. Der jüngste Bewohner ist<br />
zwei Jahre alt und der älteste feiert in<br />
diesem Jahr seinen sechzigsten Geburtstag.<br />
Früher war hier in Schüren mal<br />
ein Gasthaus mit einer Kneipe untergebracht,<br />
doch seit 2017 bauen die<br />
Kommunarden das alte Gebäude und<br />
die Stallungen sukzessive um. Mittlerweile<br />
sind hier zehn Wohneinheiten<br />
und 25 Zimmer entstanden. Außerdem<br />
ein Atelier und eine kleine Sauna, die<br />
in dem alten Hühnerstall ihren Platz<br />
gefunden hat.<br />
Abenteuerspielplatz für die Kinder<br />
Vera und Nadja wollen mir das Gelände<br />
zeigen, das zu dieser Jahreszeit noch<br />
Bei dem Wort „Kommune“<br />
springt sofort mein Kopfkino<br />
an. Ich denke an die Idee,<br />
jeden Besitz teilen zu müssen. Ich<br />
denke an nackte, zottelige Hippies<br />
und 68er-Parolen. Und vor allem<br />
denke ich an die Kommune 1 in<br />
West-Berlin, in der „freie Liebe“ ganz<br />
großgeschrieben wurde. Ob es in der<br />
Kommune in Schüren auch so zugeht,<br />
frage ich mich, als ich das Grundstück<br />
der einzigen Kommune im Sauerland<br />
betrete.<br />
im Winterschlaf steckt. Hündin Rala<br />
und Nadjas kleiner Sohn Anuk begleiten<br />
uns. Für den Zweijährigen ist das<br />
Gelände mit der Streuobstwiese, den<br />
Bienenvölkern und dem kleinen Bach<br />
ein Abenteuerspielplatz. Nadja bereut es<br />
nicht, dass sie im letzten Sommer mit<br />
ihrem Freund Fabian und den beiden<br />
Söhnen Jakub und Anuk ins Sauerland<br />
gekommen ist. Damals haben sie in<br />
Dortmund gelebt und genau so eine<br />
Gemeinschaft gesucht. „Wir wollten<br />
54 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
“Jeder bringt neues Wissen in<br />
die Gemeinschaft.“ Vera<br />
so nachhaltig und sozial-ökologisch wie möglich leben. In<br />
einer Großstadt ist das nicht möglich, aber hier können wir<br />
unseren eigenen Garten anlegen und so eine große Gemeinschaft<br />
ist toll für eine Familie. Hier achtet immer jemand auf<br />
die Kinder“, erzählt mir die 26-Jährige.<br />
Doch in der Kommune und vor allem auf dem Gelände gibt<br />
es auch immer viel Arbeit. Der Garten muss weiter angelegt<br />
werden. Die Scheune, in der die Schreinerei untergebracht<br />
ist, braucht bald vermutlich ein neues Dach und außerdem<br />
soll in Kürze auch eine Großküche und ein neuer Gemeinschaftsraum<br />
entstehen. Während andere verzweifeln würden,<br />
zeigt sich hier die besondere Stärke einer Kommune. Hier<br />
hat jeder Bewohner andere Talente und Fähigkeiten. Jeder<br />
kann sich einbringen und von den anderen lernen. „Hier gibt<br />
es ein Netzwerk, in dem man viel lernen und ausprobieren<br />
kann. Jeder bringt neues Wissen in die Gemeinschaft. Man<br />
lernt z. B. nähen oder wie man Wände verputzt“, erzählt<br />
mir Vera wenig später bei einem heißen Kaffee im Gemeinschaftsraum.<br />
„Wir übernehmen für jeden die Verantwortung“<br />
Hier haben sich auch die anderen Mitbewohner zusammengefunden.<br />
Sie alle wissen bereits, dass ich einen Artikel<br />
über die Kommune und ihre Bewohner schreiben möchte.<br />
Über meine Anfrage wurde im wöchentlichen Plenum<br />
gesprochen. Hier entscheidet nicht der Einzelne. Niemand<br />
hat mehr oder weniger zu verantworten. Aber was gerecht<br />
klingt, ist wohl die größte Herausforderung für die Gemeinschaft.<br />
„Jede Entscheidung ist ein Aushandlungsprozess. Man<br />
muss immer mit 14 anderen Personen arbeiten. Das erfordert<br />
kommunikative Fähigkeiten und ist eine permanente Arbeit“,<br />
erzählt mir der 36-jährige Tobias, der aus der Schweiz ins<br />
Sauerland gekommen ist und zu den Gründungsmitgliedern<br />
gehört. „Man muss seinen Ort in der Gruppe finden. Aber<br />
man muss auch lernen, eine Balance zu finden, zwischen<br />
Gemeinschaft und Individualität“, ergänzt Vera. Deswegen<br />
ist es für die Kommune wichtig, dass jeder seine eigene kleine<br />
Wohnung hat, in die er sich zurückziehen kann. Trotzdem<br />
finden die Abendessen fast immer zusammen im Gemeinschaftsraum<br />
statt.<br />
Solidarisches Zusammenleben<br />
Aber warum entscheidet man sich überhaupt für das Leben<br />
in einer Kommune? Tobias schätzt, neben dem ökologischen<br />
Faktor, vor allem die solidarische Komponente: „Hier<br />
herrscht eine Solidarität, die es sonst eigentlich nicht mehr<br />
gibt. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer<br />
und hier ist ‚Teilen‘ der Grundstein. Wir können aus einem<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 55
großen Pool schöpfen, da jeder etwas mitbringt. Hier gibt es<br />
alles, aber nicht jeder muss alles besitzen.“ Anders als in anderen<br />
Kommunen ist aber auf „Gut Möglich“ niemand dazu<br />
verpflichtet, sein finanzielles Vermögen abzugeben. Jeder gibt<br />
das, wozu er bereit ist und das nächste Ziel der Gemeinschaft<br />
ist eine Genossenschaftsgründung, um den gemeinsamen<br />
Wohnraum zu sichern und in Selbstverantwortung leben zu<br />
können. Aktuell ist die Gemeinschaft immer noch auf der<br />
Suche nach neuen Mitbewohnern. Bis zu 20 Erwachsene<br />
könnten insgesamt auf „Gut Möglich“ leben und die Gruppe<br />
bietet jeden ersten Samstag im Monat die Möglichkeit, die<br />
Kommune kennenzulernen. Wer sich dann für einen Umzug<br />
entscheidet, der darf zunächst Probewohnen. Dann entscheiden<br />
das Plenum und der Bewerber.<br />
Zum Schluss bin ich aber neugierig. Gibt es überhaupt ein<br />
Vorurteil, das zutrifft? „Keine Sorge, wir haben uns alle<br />
gerade wieder angezogen“, antwortet Tobias, aber sein verschmitztes<br />
Lächeln verrät, dass das nicht ganz ernst gemeint<br />
war. ■<br />
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56 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Die Hüterin der Mescheder Archivalien<br />
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Meschede kann auf eine gut 1000-jährige<br />
Geschichte zurückblicken. Sehr altes und<br />
neueres Schriftgut aus dieser langen Zeitspanne<br />
wird im Stadtarchiv aufbewahrt. Bei der Archivarin<br />
Ursula Jung sind die alten Schätze in besten<br />
Händen.<br />
Wer bei der Vorstellung an eine Stadtarchi varin auch<br />
gleich an eine Geheimniskrämerin denkt, irrt gewaltig.<br />
Der Mescheder Archivarin ist sehr daran gelegen,<br />
dass jeder Zugang zur Geschichte der Stadt bekommt.<br />
Deshalb hält sie die Pforten des Stadtarchivs in<br />
Grevenstein für alle Interessierten offen und hat auch<br />
uns Woll-Mitarbeiterinnen herzlich empfangen.<br />
Ein Archiv ist ein Ort (wörtlich: Aktenschrank), an<br />
dem wichtige Dokumente (die Archivalien, in der Regel<br />
Unikate) aufbewahrt werden. Das Mescheder Stadtarchiv<br />
ist das Dokumentationszentrum der Geschichte der<br />
Stadt Meschede. Es kann von jedem Einwohner genutzt<br />
werden.<br />
Neben der Sicherung der Archivalien für die Zukunft<br />
leistet das Stadtarchiv aktiv Beiträge zur historischen<br />
Bildungsarbeit. Insgesamt finden wir dort mehr als 8.000<br />
Akten und 5.000 Bilder aus den Bereichen Mescheder<br />
Geschichte, Politik, Religion, Kultur und Alltag. Auch<br />
die Verwahrung von Rechtstiteln in Verbindung mit den<br />
Unterlagen ist ein wichtiger Aufgabenbereich.<br />
Das Findbuch<br />
Wie man sich dort zurechtfinden soll? Die Stadtarchivarin<br />
Ursula Jung berät mit Geduld, Expertise und<br />
großem Verständnis nicht nur Experten, sondern auch<br />
interes sierte Laien - vom Schüler bis zum Senioren: „Wir<br />
schauen zuerst in die sogenannten Findbücher. Dort<br />
sind alle Archivalien verzeichnet. Entweder in gedruckter<br />
Form oder digital. Sogar von zuhause aus kann man sie<br />
unter https://www.meschede.de/rathaus-service/bildung-wissenschaft/stadtarchiv<br />
aufrufen. Alte Urkunden oder andere<br />
historische Dokumente sind von unermesslichem ideellem<br />
Wert. Die ältesten Urkunden sind auf Pergament<br />
(Kuh- oder Schafsleder) geschrieben. Ein respektvoller<br />
und sehr behutsamer Umgang gebietet sich von selbst.<br />
Vieles kann man heute natürlich digital ansehen und<br />
damit die wertvollen Dokumente schonen.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 57
Wie wird man ArchivarIn?<br />
Braut- und Festmode<br />
Ursula Jung arbeitet seit über 20 Jahren als Stadtarchivarin. Die gebürtige<br />
Meschederin hat in Bonn Geschichte studiert und fühlt sich wohl in ihrer<br />
Heimatstadt. Während ihrer Studienzeit standen neben historischem Fachwissen<br />
auch das Wissen über Archive und deren Systematik und Strukturen<br />
auf dem Lehrplan. Heute kann man sich entweder in einem Studium<br />
an der Fachhochschule Potsdam zum Bachelor im Fach „Archiv“ oder<br />
zum Master im Fach „Archivwissenschaften“ ausbilden lassen. Alternativ<br />
stehen verwaltungsinterne Ausbildungen von den Ausbildungsarchiven des<br />
Bundes und der Länder zur Verfügung.<br />
Die Geschichte ist in uns.<br />
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an allen Vogelschießtagen für euch da<br />
„Unser Beruf ist mehr als das Sammeln und Sortieren von Akten<br />
und Dokumenten. Wir sammeln alle städtischen Dokumente, die im<br />
Rathaus nicht mehr gebraucht werden. Irgendwann kommt dann die<br />
schwierige Entschei dung: Brauchen wir das noch oder kann es ganz<br />
entsorgt werden?“ Diese Entscheidung ist nicht nur mit viel Verantwortung,<br />
sondern auch mit einem gewissen Fingerspitzengefühl<br />
verbunden: Könnte dieses Dokument in der Zukunft noch einmal<br />
wichtig oder von Bedeutung sein? „Rechtssicherheit und Traditionsbewusstsein“<br />
sind die Kriterien, nach denen hier entschieden wird:<br />
Eine Bauurkunde oder die Erklärung einer städtischen Verpflichtung<br />
muss eigentlich immer aufgehoben werden, nur so kann Rechtssicherheit<br />
gewahrt werden. Daneben gibt es allerdings auch viele Dokumente,<br />
die Traditionen, Brauchtum oder ganz private Angelegenheiten<br />
enthalten, und da kann sich ja schon mal die Perspektive ändern. Was<br />
gestern vielleicht noch extrem wichtig war, ist heute in Vergessenheit<br />
geraten. „Was ist wichtig für die Zu kunft?“, betont Ursula Jung, „das<br />
ist die Kernfrage, „wobei Zukunft kann nicht von einem Punkt Null<br />
aus entworfen werden kann, von dem aus man nach vorne durchstartet<br />
– die abgelegte Geschichte im Rücken. Geschichte liegt nicht im<br />
Rücken, sie liegt in uns, als „Humus“ alles Folgenden“.<br />
Dasselbe gilt auch für die „Bewertung“ der Archiv- Schätze: „Für den<br />
Privatmenschen ist das Aufspüren seiner Ahnen gewiss oft wertvoller<br />
als jede alte Urkunde“, weiß die Archivarin, während der Fachmann<br />
über einem Jahrhunderte alten Notenblatt in Entzücken ausbrechen<br />
kann.“<br />
Detektivarbeit<br />
„Unser ältestes Buch datiert aus dem Jahr 1600, ein Erdkundebuch,<br />
das wir sorgsam hüten“. Momentan beschäftigt sich die Archivarin mit<br />
einem nicht datierten Kirchenmusikbuch. Wer hat es wann geschrieben<br />
und was bedeuten die vielen kaum noch lesbaren Randno tizen?<br />
58 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
„Geschichte liegt nicht im<br />
Rücken, sie liegt in uns, man<br />
könnte sagen als „Humus“<br />
alles Folgenden“<br />
Verschiedene Spezialisten werden zu Rate gezogen, das Ergebnis ist<br />
noch offen. „Das kann schon süchtig machen“, schmunzelt Frau Jung,<br />
„es ist die reinste Detektivarbeit“. Was sie aber ganz besonders an ihrer<br />
Arbeit liebt, ist der immer wieder geforderte Perspektiven wechsel, den<br />
die Geschichte uns konstant abfordert.<br />
Zusammen wachsen<br />
Fern von Routine.<br />
Nah am Kunden.<br />
Weit mehr<br />
Möglichkeiten.<br />
Karriere mit der LVM<br />
Ursula Jung fühlt sich Meschede sehr verbunden. Sie hat ehrenamtlich<br />
beim „Projekt Förderband“ der Pfarrei St. Walburga in der Hausaufgabenbetreuung<br />
für zumeist ältere Schüler mitgearbeitet und ist langjähriges<br />
Mitglied der Frauengeschichtswerkstatt Meschede.<br />
Wir haben bei unserem Besuch im Stadtarchiv vieles ge lernt, vieles<br />
entdeckt und vieles erfahren. Es waren spannende Stunden bei der<br />
Stadtarchivarin in Grevenstein. ■<br />
Wir suchen Ihr Engagement als<br />
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größten Versicherungen Deutschlands. Wir suchen<br />
Mitarbeiter, die sich und das Team nach vorne bringen<br />
wollen. Denn wir bei der LVM wollen nicht nur<br />
zusammen arbeiten, wir wollen zusammen weiter<br />
wachsen. Wir freuen uns auf Sie!<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 59
Biathlon im<br />
Sauerland<br />
Deutschlands Hoffnung für<br />
Olympia 2030 kommt aus<br />
Olsberg<br />
Britta Melgert<br />
S. Droste<br />
W<br />
er hier bei uns darüber nachdenkt, seinen<br />
Kindern eine Sportart zu ermöglichen, der<br />
kommt bestimmt schnell auf Fußball, Schwimmen<br />
oder Tanzen. Aber Wintersport? Das ist doch eher<br />
etwas für den Urlaub oder die Wochenendgestaltung.<br />
Nein, das muss nicht so sein! Zwei Olsberger Jungs trainieren<br />
Biathlon beim SC Winterberg; den Sport, den die<br />
meisten nur vom Zuschauen kennen.<br />
Die Zwillinge Felix und Simon Körner (10) kamen mit<br />
fünf Jahren zum SC Winterberg. „Im Kindergarten wurde<br />
uns damals Biathlon vorgestellt, und man hat uns zu einer<br />
Schnupperstunde in die Nordic-Ski-Arena eingeladen“,<br />
erinnert sich Simon. „Das hat uns dort gleich richtig viel<br />
Spaß gemacht.“ Seitdem trainieren die beiden ganzjährig<br />
mindestens zwei Mal pro Woche. Kondition ist wichtig -<br />
und natürlich Konzentration.<br />
60 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Femke Weyer - Mädelspower<br />
Simon Körner vor dem<br />
ersten Schießen<br />
Siegerehrung in allen Altersklassen<br />
Schießen im Liegen mit dem Luftgewehr<br />
Felix Körner und Femke Weyer<br />
Knallharte Konkurrenten und<br />
beste Freunde<br />
„In den Monaten ohne Schnee fahren<br />
wir auf Inlinern oder Rollskiern“,<br />
erklärt Felix. „Leider gibt’s ja nicht so<br />
oft Schnee.“ Und Kunstschnee? „Der<br />
ist leider aufgrund der Kosten ohne<br />
Landeszuschüsse kaum bezahlbar“,<br />
bedauert man im Verein. Markus<br />
Körner, der Vater der Zwillinge,<br />
ergänzt: „Die Familien müssen sich<br />
schon sehr engagieren; ohne geht‘s<br />
nicht.“ Wen wundert es also, dass<br />
man unter den kleinen Nachwuchssportlern<br />
oft Geschwisterkinder<br />
findet, wie beispielsweise auch die<br />
Winterberger Femke und Sönke<br />
Weyer; inzwischen beste Freunde<br />
der Körner-Kids. Sönke lacht: „So<br />
knallhart wir uns im Wettkampf<br />
auch bekämpfen, so gerne toben wir<br />
danach auch miteinander im Schnee<br />
herum“.<br />
Mit Armbrust und Luftgewehr<br />
auf die fünf Scheiben<br />
„Ja, auch bei den Kleinen geht es<br />
schon um Siege, Medaillen, Podestplätze<br />
und gelbe Trikots“, berichtet<br />
Markus Körner. Gestaffelt nach<br />
Altersklassen tritt man beim Zwei-<br />
Länder-Cup gegen die Konkurrenz<br />
aus Hessen an, so auch heute bei<br />
unserem Besuch. Die Kleinsten<br />
sind vier, die Ältesten 15 Jahre alt.<br />
Und während die Jüngeren mit der<br />
Armbrust auf die fünf Scheiben<br />
zielen, zeigen die Älteren ihr Können<br />
mit einem Luftgewehr. Sicherheit ist<br />
wichtig!<br />
Verteilt auf das ganze Jahr sind circa<br />
zehn Wettkämpfe an verschiedenen<br />
Standorten angesetzt. Und auch hier<br />
sind die Eltern wieder gefragt, denn<br />
die Pisten sollen ja gut präpariert<br />
sein, die Technik muss laufen, das<br />
Catering will organisiert werden und<br />
vieles mehr. „Nicht zu vergessen die<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 61
Voller Einsatz am Bremberg<br />
Spaß, ja, den haben die Kinder sichtlich. Diszipliniert<br />
reihen sie sich am Start ein, legen auf die Sekunde genau<br />
los, machen Tempo auf der Strecke, geben alles bei den<br />
steilen Aufstiegen am Bremberg und nutzen den Schwung<br />
der Abfahrten, um den Puls bis zum Schießen möglichst<br />
auf Normalwerte zu bekommen. Kurz vor dem Ziel<br />
werden dann die allerletzten Kräfte mobilisiert, und so<br />
erlebt der Zuschauer auch schon mal einen theatralisch<br />
anmutenden Zusammenbruch direkt nach der Ziellinie<br />
oder ein emotionales Erschöpfungs-Tränchen. Da stehen<br />
sie den Profis in nichts nach.<br />
Streckentempo: Sönke Weyer<br />
Fahrerei bei Auswärtsrennen“, sagt Mutter Nadine<br />
Körner. „Dafür geht so manche Stunde drauf. Aber wir<br />
machen es ja gerne, wenn die Kinder ihren Spaß haben.“<br />
Nun beginnt das Warten auf die Ergebnisse, und heute<br />
haben unsere Olsberger Jungs das Glück auf ihrer Seite.<br />
In ihrer Altersklasse belegen sie Platz 1 und 2, und auch<br />
Femke und Sönke stehen in ihren Gruppen oben auf dem<br />
Treppchen. Stolz präsentieren alle ihre Medaillen und<br />
posieren für die Siegerfotos. Wer will damit schon bis<br />
Olympia 2030 warten, woll? ■<br />
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62 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Woher das Wort<br />
»Ostern« stammt<br />
Christel Zidi<br />
Das Osterfest ist das höchste christliche<br />
Fest. An diesen Tagen wird in<br />
besonderer Weise der Auferstehung<br />
Jesu Christi gedacht. Das Osterfest heißt auf<br />
lateinisch „pascha“, das vom hebräischen<br />
Wort „pessach“ abstammt. Das althochdeutsche<br />
Wort für Ostern - Ôstarûn, ōstara<br />
- geht wohl auf die Bedeutung Morgenröte<br />
hinaus. Ostara war die germanische <strong>Frühling</strong>sgöttin.<br />
Der biblische Bezug findet<br />
sich im Buch Maleachi: „Euch aber, die ihr<br />
meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die<br />
Sonne der Gerechtigkeit“ und in der Ki r -<br />
chenord nung des Heiligen Hyppolytos (vermutlich<br />
170-235): “Niemand soll in dieser<br />
Nacht schlafen, sondern wach bleiben bis zur<br />
Morgenröte”. ■<br />
In vielen europäischen<br />
Sprache klingt das Wort ähnlich:<br />
Albanisch: pashkët<br />
Dänisch: påske<br />
Esperanto: Pasko<br />
Französisch: Pâques<br />
Griechisch: πάσχα<br />
Isländisch: páskar<br />
Italienisch: Pasqua<br />
Katalanisch: Pasqua<br />
Niederländisch: Pasen<br />
Norwegisch: påske<br />
Plattdeutsch: Paasken[2]/Paasch(en)[3]<br />
Portugiesisch: Páscoa<br />
Rätoromanisch: Pasca/<br />
Pasqua<br />
Rumänisch: paști<br />
Russisch: Пасха<br />
Schwedisch: påsk<br />
Spanisch: Pascua<br />
Türkisch: Paskaly<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 63
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Erobert die<br />
Elektromobilität<br />
das Sauerland?<br />
Großer Elektromobilitätstag am<br />
28. März in Arnsberg<br />
Dirk Bannenberg<br />
Jürgen Eckert & Privat<br />
Elektroautos im Sauerland: Kann das in der Praxis funktionieren? Fortschritt bedeutet stets Veränderung<br />
– und Veränderungen werfen viele Fragen auf. Dass sich unsere Gesellschaft derzeit in puncto Mobilität in<br />
einem Umbruch befindet, mag kaum jemand bestreiten. Doch welche Vorteile bietet voll- und teilelektrisches<br />
Fahren schon heute? Wie hoch sind die realen Reichweiten moderner Elektro- und Hybridfahrzeuge? Wie ist es um<br />
die Lade-Infrastruktur im Sauerland bestellt? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhält man auf dem<br />
großen Elektromobilitätstag am 28. März 2020 von 10:00 bis 16:00 Uhr im BMW und MINI Autohaus Kaltenbach<br />
in Arnsberg.<br />
Jeder Sauerländer stellt ganz individuelle Anforderungen<br />
an sein Fahrzeug. Ob zur Arbeit oder zum Einkaufen –<br />
hier haben elektrifizierte Fahrzeuge ganz klar ihre Stärken.<br />
Der BMW i3 mit 125 kW Leistung zum Beispiel, der<br />
bereits im Jahr 2013 als erstes rein elektrische Auto seine<br />
Premiere feierte, ist mittlerweile technisch sehr weit ausgereift.<br />
Die offizielle Reichweite mit einer Batterieladung<br />
liegt bei 359 Kilometer, wobei der Hersteller freiwillig<br />
eine “praxisnahe Gesamtreichweite” von 285 bis 310 km<br />
angibt.<br />
Elektrofahrzeuge für Privat<br />
Wenn man jetzt mal ehrlich zu sich ist, kommen Fahrten<br />
von mehr als 200 km pro Tag für private Zwecke oder<br />
zum Pendeln eher selten vor. Somit ist die Reichweite von<br />
Elektroautos auch im Sauerland mehr als ausreichend.<br />
Was tagsüber verbraucht wird, wird nachts wieder aufgeladen,<br />
idealerweise mit selbst erzeugtem, klimafreundlichem<br />
Strom. So funktioniert umweltfreundliches Fahren<br />
auch in der Praxis.<br />
Und wenn man einmal weiter wegfahren möchte, etwa<br />
zum Einkaufen oder zum Konzert nach Köln oder Dortmund,<br />
kann man das Fahrzeug an vielen öffentlichen<br />
Stellen mit Schnell-Ladesäulen in drei Stunden zu 80%<br />
aufladen. Ist der Einkauf oder das Konzert beendet, steht<br />
dann wieder nahezu die volle Kapazität zur Verfügung.<br />
Plug-In Hybrid für Dienstwagen<br />
Wer als Geschäftsreisender regelmäßig längere Strecken<br />
zurücklegen muss, greift auf ein sogenanntes Plug-In Hybridfahrzeug<br />
zurück. Die Kombination aus Elektro- und<br />
Verbrennungsmotor vereint die Vorteile des elektrischen<br />
Fahrens auf der Kurzstrecke (z.B. zum Büro oder zu Kundenterminen<br />
in der Nähe) mit den “klassischen” Reichweiten<br />
und der Tank-Infrastruktur von Benzinmotoren<br />
für weitere Strecken.<br />
64 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Förderung<br />
Derzeit gibt es viele staatliche Programme, die das Thema<br />
Elektromobilität fördern. Es wurden laut Statista*<br />
vom 01. bis zum 31. Januar 2020 in Deutschland zwar<br />
lediglich 7.492 elektrische Fahrzeuge zugelassen, im<br />
selben Zeitraum jedoch allein in NRW 46.606 Anträge<br />
für Elektrofahrzeug-Umweltboni registriert. Die Zulassungszahlen<br />
werden also in diesem Jahr dramatisch steigen.<br />
Auch indirekt wird elektrisches Fahren gefördert. Wer etwa<br />
einen Dienstwagen privat nutzt, muss normalerweise 1 %<br />
des Listenpreises monatlich versteuern. Die gute Nachricht:<br />
Für alternative Antriebe gelten unter bestimmten Voraussetzungen<br />
geringere Besteuerungssätze: 0,5 % bei Plug-In<br />
Hybriden und nur 0,25 % bei vollelektrischen Autos.<br />
Das macht sich in der Gehaltsabrechnung richtig positiv<br />
bemerkbar.<br />
BMW, BMWi, MINI:<br />
elektrische Modelloffensive<br />
Das Jahr 2020 wird spannend, denn es werden viele neue<br />
Modelle mit alternativen Antrieben auf den Markt kommen.<br />
So wird auf dem Elektromobilitätstag am 28. März<br />
beim Autohaus Kaltenbach in Arnsberg die Premiere vom<br />
neuen MINI Cooper SE gefeiert – der erste vollelektrische<br />
MINI. Weitere Modelle mit alternativen Antrieben sind<br />
die 3er Baureihe, der X3 und X5 sowie der 2er Active<br />
Tourer. Weiterhin sind die Pioniere der Elektromobilität,<br />
die ständig weiter entwickelten Modelle i3 und i8, erfolgreich<br />
im Programm des Münchner Premiumherstellers.<br />
Auswahl und Beratung<br />
in Arnsberg<br />
Wer jetzt neugierig auf das Thema geworden ist, sollte das<br />
Autohaus Kaltenbach in Arnsberg besuchen. Das kompetente<br />
Team rund um Geschäftsleiter Thomas Porwol steht<br />
für alle Fragen zur Elektromobilität zur Verfügung. Die<br />
Kaltenbach-Gruppe zählt mit 21 Standorten und rund<br />
700 Mitarbeitern zu den führenden Automobilgruppen in<br />
Deutschland. Im Sauerland sind die Betriebe neben Arnsberg<br />
auch in Lennestadt, Olpe, Werdohl, Lüdenscheid und<br />
Meinerzhagen beheimatet.<br />
Sie, liebe <strong>WOLL</strong> Leserinnen und Leser, sind eingeladen,<br />
sich am 28. März von 10:00 bis 16:00 Uhr bei Kaltenbach<br />
in Arnsberg umfassend über das Thema Elektromobilität<br />
zu informieren. Und auch zu den regulären Öffnungszeiten<br />
stehen regelmäßig einige Elektrofahrzeuge im Showroom<br />
des sympathischen Händlers zum anschauen und anfassen<br />
bereit. So kann die Elektromobilität das Sauerland erobern.<br />
Ein Besuch lohnt sich! ■<br />
*https://de.statista.com/themen/608/elektromobilitaet/#dossierSummary__chapter8<br />
Geschäftsleiter Thomas Porwol (li.) und Serviceleiter Sebastian Kanisius<br />
mit dem neuen vollelektrischen MINI Cooper SE<br />
Autohaus Kaltenbach GmbH<br />
BMW & MINI Vertragshändler<br />
Niedereimerfeld 16<br />
59823 Arnsberg<br />
Telefon: 02932 626-6<br />
www.kaltenbach-gruppe.de<br />
info.arnsberg@kaltenbach-gruppe.de<br />
Elektrisches Fahren und ein Premium-Innenraum schließen sich nicht aus<br />
Premiere vom neuen vollelektrischen MINI Cooper SE am 28. März<br />
2020 im Autohaus Kaltenbach in <strong>WOLL</strong> Arnsberg. <strong>Frühling</strong> Foto: BMW 2020 Group - 65
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Tanken 4.0 fürs<br />
Sauerland<br />
Eine Kooperation zum Aufbau<br />
von Ladeinfrastruktur<br />
Britta Melgert<br />
Philipp Nolte<br />
B<br />
ei der Wahl des nächsten Autos denken Käufer immer häufiger auch über die Anschaffung eines Elektroautos<br />
nach. Technische Verbesserungen, steigende Reichweiten, Kaufprämien und viele weitere Vergünstigungen<br />
lassen die Entscheidung immer häufiger zugunsten der zu einem verantwortungsvollen Lebensstil passenden<br />
Wagens ausfallen. Doch mit dem Kauf allein ist es nicht getan – eine eigene Ladesäule/Wallbox wird erforderlich.<br />
Da gibt es einiges zu bedenken. Drei sauerländische Unternehmen haben sich zusammengetan, um diese Anschaffung<br />
von der Beratung über die elektrische Installation bis hin zu erforderlichen Erd- und Gestaltungsarbeiten alles aus<br />
einer Hand anzubieten.<br />
PRO-EL aus Freienohl schult akademisch bereits seit<br />
Jahren bundesweit Handwerker, Industrie und Energieversorger<br />
zum Thema E-Mobilität. Mit dieser Kompetenz<br />
ist PRO-EL erster Ansprechpartner, wenn es um<br />
das beratungs intensive Thema Ladeinfrastruktur geht.<br />
„Die Empfehlung für das passende Modell, die Prüfung<br />
der baulichen und infrastrukturellen Möglichkeiten und<br />
nicht zuletzt auch die Beantragung von Fördermitteln<br />
sollte man dem Profi überlassen“, sagt Geschäftsführer<br />
Thomas Pöttgen.<br />
Beachtliche Förderung in NRW<br />
„Jeder Bauherr, egal ob bei Neubauten oder bei<br />
Veränderungen an Bestandsimmobilien, sollte vor<br />
geplan ten Maßnahmen unbedingt mit uns sprechen,<br />
unabhängig davon, ob auch sofort die Anschaffung eines<br />
Elektroautos geplant ist“, rät Pöttgen. Das Land NRW<br />
fördert aktuell den Kauf und die Baumaßnahmen mit 50<br />
Prozent der anfallenden Kosten, maximal 5.000 Euro pro<br />
Ladepunkt. „Da lohnt sich das Nachdenken über einen<br />
entsprechenden Anschluss vor wirklich jeder geplanten<br />
Maßnahme“, rät Pöttgen.<br />
Ein ebenfalls wichtiges Thema: Firmen-Fuhrparks. Ob<br />
Umstellung der Firmenwagen-Flotte oder die Überlassung<br />
von Ladestrom für die Mitarbeiter – überall locken<br />
Kosten- und Steuervorteile. Des Weiteren können für den<br />
Tourismus im Sauerland durch den Aufbau von Ladeinfrastruktur<br />
Anreize geschaffen werden.<br />
Hand-in-Hand zum Vorteil des Kunden<br />
Die Koordination von verschiedenen Handwerkern ist<br />
66 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
www.e-mobilitaet-wissen.de<br />
oft eine echte Herausforderung bei komplexen Projekten.<br />
„Genau hier setzt unsere Idee zur Kooperation an“, verrät<br />
Pöttgen, und stellt die Arnsberger Traditionsunternehmen<br />
Elektro Jörg Schmidt und Hilgenhaus Grünbau vor.<br />
„Bei unserer bisherigen Zusammenarbeit wurde deutlich,<br />
dass sowohl Know-how als auch die Verlässlichkeit dieser<br />
beiden Handwerksbetriebe ideal mit unseren hohen<br />
Ansprüchen harmonieren. Was liegt also näher, als einen<br />
gemeinsamen Weg einzuschlagen? Ein Hand-in-Hand-<br />
Konzept zum Vorteil des Kunden.“<br />
erforderlichen Erd- und Gestaltungsarbeiten rund um die<br />
neue Ladesäule in hoher Qualität auszuführen.“<br />
Alle drei Spezialisten sind sich einig: Durch die Erfahrung<br />
aus der bisherigen Zusammenarbeit kann der komplette<br />
Arbeitsprozess effizienter und damit schneller koordiniert<br />
werden. „Unsere Zusammenarbeit zum Aufbau von<br />
Ladeinfrastruktur ist einzigartig in der Region“, sind sich<br />
alle drei Beteiligten einig.<br />
Eine Kooperation mit Know-How<br />
„Wir haben uns als eines von wenigen Elektrounternehmen<br />
qualifiziert, Ladesäulen zu installieren und zu<br />
warten. Dieses Fachwissen hat nicht jedes Elektrounternehmen“,<br />
erzählt Jan Schmidt, Geschäftsführer von<br />
Elektro Jörg Schmidt aus Arnsberg. Als Spezialist sind wir<br />
der richtige Ansprechpartner für alles rund ums Thema<br />
Ladesäulen- Installation.“ Timo Hilgenhaus, Bereichsleiter<br />
des etablierten Arnsberger Garten- und Landschaftsbauunternehmens<br />
und dritter Partner im Bunde, erinnert<br />
sich: „Als „grünes“ Unternehmen setzen wir selbst<br />
bereits seit Jahren auf aktuelle Technik und bauen dies<br />
kontinuierlich aus. Insofern ist es uns ein Anliegen, die<br />
Timo Hilgenhaus<br />
Thomas Pöttgen<br />
Jan Schmidt<br />
Wir als qualifizierte und zertifizierte Unternehmen sind<br />
ein Garant für eine erfolgreiche und zuverlässige Umsetzung<br />
von Ladeinfrastrukturmaßnahmen für den öffentlichen,<br />
gewerblichen und privaten Bauherrn. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 67
Fotokreis-Motiv zum Thema Augen<br />
Eversberger Fotokreis<br />
Fotografie in der Gruppe mit geschultem Blick und Gespür fürs Motiv<br />
Britta Melgert<br />
Jürgen Adams<br />
E<br />
in gutes Foto betrachtet man gern.<br />
Es kann faszinieren, Stimmungen vermitteln und<br />
Geschichten erzählen. Viele Aufnahmen fristen<br />
heutzutage ihr Dasein auf Gerätespeichern oder SD-Karten.<br />
Wer sie anderen zeigen will, reicht sein Smartphone<br />
herum. Ein schneller Blick darauf, ein Wischen … und<br />
weiter geht’s. Fast Food für Bilder-Kunst. Ganz anders<br />
gehen Fotografen, die in ihren Aufnahmen mehr sehen<br />
als kurze Schnappschuss-Unterhaltung, damit um. In<br />
Eversberg haben sich einige von ihnen in einem Fotokreis<br />
organisiert, um ihrer Leidenschaft einen neuen Rahmen<br />
zu geben.<br />
„Ich fotografiere bereits, seit ich meine erste Kamera zur<br />
Kommunion geschenkt bekommen habe“ erzählt Walter Göddecke.<br />
Seit unser Fotokreis im Jahre 2013 gegründet wurde, bin<br />
ich begeistert dabei.“ Gut zehn Leute sind sie meist, wenn sie<br />
sich monatlich im Markes Haus treffen. Jürgen Bechtloff hatte<br />
die Gruppe seinerzeit gegründet und peu-á-peu immer mehr<br />
Gleichgesinnte angelockt<br />
„Hier wird jeder, der sich für Fotografie begeistert, herzlich<br />
aufgenommen“, verspricht er. „Bei uns wird gefachsimpelt, gezeigt,<br />
bestaunt, bewertet, Hilfestellung gegeben. Dabei sind wir<br />
aber recht locker, denn wir wissen ja, dass jeder von uns auch<br />
andere Dinge im Alltag zu erledigen hat. Daher gilt bei uns das<br />
Motto „Wer kommt, der kommt“. Es soll ja ein Hobby bleiben.“<br />
68 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Die Mitglieder des Eversberger Fotokreises<br />
Themen von A wie Augen bis Z wie Zäune<br />
„Es geht nicht darum, die Fotos der anderen zu kritisieren“ erklärt Jürgen<br />
Adams. „Im Gegenteil. Wir wollen aktiv voneinander lernen und dadurch<br />
immer besser werden!“ Der Kreis hat sich vorgenommen, in jedem Monat<br />
Fotos zu einem vorgegebenen Thema miteinander zu vergleichen. „Die frei<br />
auslegbaren Themen reichen dabei von „Augen“ bis hin zu „Zäunen“. „Jeder<br />
von uns bringt zu den Treffen passende Aufnahmen mit“, erzählt Jürgen<br />
Bechtloff, „und dann schauen die anderen aus deren Blickwinkel darüber<br />
und küren an Ende die jeweils besten Exemplare“. Stephan Nüse ergänzt:<br />
„Wir wenden dabei ein strenges, auch in der Malerei übliches Bewertungsschema<br />
an, um nicht von Emotionen gelenkt zu werden“. Peter Schlünder<br />
weiß: „Der Blick wird dadurch enorm geschult. Durch die Betrachtung mit<br />
dem Beamer wird jede Einzelheit sichtbar, und das hilft uns auch künftig<br />
schon direkt beim Erstellen der Fotografie.“<br />
Unterwegs mit dem „Erzähl-Auge“<br />
„Die neben den ganzen Techniken wichtigste Frage für den Fotografen ist<br />
aber auch immer: Was will ich mit dem Foto aussagen, und kommt meine<br />
Idee beim Betrachter an?“ gibt Walter Göddecke zu bedenken. „Aber mit der<br />
Zeit und ausreichend Übung bekommt man automatisch ein „Erzähl-Auge“.<br />
Und so sind sie unterwegs auf der Suche nach guten, individuellen Motiven,<br />
nach dem idealen Winkel und dem optimalen Moment - manchmal allein<br />
und hin und wieder auch gemeinsam. „Wir waren beispielsweise im Mescheder<br />
Telekom-Bunker, haben Bilder an der geöffneten Henne aufgenommen<br />
und sind durch die Eversberger Altstadt gestreift, um die besten Motive zu<br />
entdecken“, berichtet Bechtloff.<br />
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„Der Fotokreis macht Sinn“<br />
Jürgen Adams ergänzt „Auf Facebook oder Instagram<br />
findet man unsere Aufnahmen eher nicht, dafür im<br />
Sauerländer Jahrbuch oder bei unseren jährlichen Ausstellungen“.<br />
Und er resümiert: „Die gemeinsame Arbeit<br />
inspiriert und fordert zugleich. Durch die Tipps der<br />
Kollegen macht der Fotokreis wirklich Sinn, wenngleich<br />
natürlich auch die Freude am Miteinander keine unbedeutende<br />
Rolle spielt.“ ■<br />
Bei der Betrachtung von Fotomotiven<br />
“Mit der Zeit und ausreichend<br />
Übung bekommt man ein<br />
„Erzähl-Auge“.<br />
Walter Göddecke<br />
Fotokreis-Motiv zum Thema Augen<br />
70 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020<br />
Fotokreis-Motiv zum Thema Zäune
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rhU 0:71 - 0:31 nov 0202.20.2<br />
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Helmeringhausen: kreativ, innovativ, positiv<br />
Das kleine Dorf ist viel mehr als das<br />
„schönste Fleckchen am Ende der Welt“<br />
Mario Polzer<br />
Es<br />
ist eine kleine, nicht geplante Begebenheit am Rande der Recherche zu<br />
diesem Ortsporträt, die deutlich macht, was das Besondere an Helmeringhausen<br />
ist. Ich spreche mit Wolfgang Vosshans, genannt Vossi. Darüber,<br />
warum er hierhin gezogen ist und seitdem täglich zwei Stunden Fahrzeit<br />
zur Arbeit und zurück auf sich nimmt. Währenddessen richtet seine<br />
Lebensgefährtin Anke Rühl unter dem Carport ein paar Tische<br />
und Bänke her. „Heute Abend treffen wir uns zum Reibekuchen<br />
essen. Ganz spontan. 14 Leute. Jeder bringt etwas mit.“ In<br />
Helmeringhausen sind Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft<br />
lebendig – über Generationen hinweg. „Hier passen<br />
alle auf alle auf“, hat mir Nadine Overhageböck kurz<br />
zuvor erzählt. Sie ist Mutter von zwei Kindern, ebenfalls<br />
zugezogen und wie ihr Mann Sebastian an verschiedenen<br />
Stellen im Dorf ehrenamtlich aktiv.<br />
Sebastian und Nadine Overhageböck sind wegen der guten Dorfgemeinschaft<br />
nach Helmeringhausen gezogen. Sie engagieren sich an vielen Stellen<br />
im Ort. Auch ihre Kinder fühlen sich hier wohl.
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SUCHEN<br />
DICH!<br />
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DICH!<br />
Viele alte Obstbäume prägen das Ortsbild. Jedes Jahr im Herbst<br />
pressen die Helmeringhäuser ihre Äpfel zu Saft. Ein zweiter<br />
Spitzname ist deshalb das „Saftkaff“.<br />
Helmeringhausen ist mit rund 250 Einwohnern eines der kleinsten<br />
Dörfer Olsbergs. Seinen liebevollen Spitznamen hat es wohl seiner<br />
Lage zu verdanken: Das Sackgassendorf wird das „schönste Fleckchen<br />
am Ende der Welt“ genannt. Mit dem Auto ist es nur über die<br />
Bigger Straße zu erreichen, nur über denselben Weg geht es zurück.<br />
Geschmunzelt haben die Olsberger und ihre Nachbarn vor knapp<br />
zehn Jahren, als die Umgehungsstraße eröffnet wurde. Da bekam das<br />
kleine Helmeringhausen eine eigene Abfahrt samt Hinweisschildern.<br />
„Zusammen mit dem Ende 2019 eröffneten neuen Teilstück der Autobahn<br />
46 ist das heute ein Segen für uns“, sagt Ortsvorsteher Winfried<br />
Henke. „Jetzt sind wir in drei Minuten auf der Autobahn. Das<br />
Ruhrgebiet ist damit nur noch eine drei viertel Stunde entfernt.“<br />
Seine Lage macht Helmeringhausen als Wohnort attraktiv für Pendler.<br />
Unter anderem für Wolfgang Vosshans, auch wenn er nicht ins<br />
Ruhrgebiet, sondern nach Rheda-Wiedenbrück zur Arbeit fährt. Der<br />
56-Jährige zog vor vier Jahren der Liebe wegen aus Ostwestfalen ins<br />
Sauerland. In Helmeringhausen hat er Platz für sein Hobby. Er besitzt<br />
vier Hunde und hilft mit seinem Verein „Vossis Hundefreunde“ anderen<br />
Hundehaltern, ihre Vierbeiner besser zu verstehen. „Mensch und<br />
Tier müssen lernen, richtig miteinander zu kommunizieren“, sagt er.<br />
Oberhalb des Hauses, das er mit seiner Lebensgefährtin bewohnt,<br />
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Irrtum ausgeschlossen, wir sind in Helmeringhausen. Seit der Aktion<br />
„KreatHelma 2.0“ ziert dieser Schriftzug im Hollywood-Stil die Ortsmitte.<br />
Wolfgang Vosshans ist der Liebe wegen nach Helmeringhausen<br />
gezogen und pendelt zur Arbeit. Sein Hobby ist das<br />
Training mit Hunden auf dem eigenen Hundeplatz.<br />
hat er einen Hundeplatz mit Parcours angelegt. „In einer<br />
Stadt fände ich nicht genug Platz dafür. Und falls doch,<br />
könnte ich ihn dort nicht bezahlen.“<br />
Mit Häusern, die lange leer stehen, hat Helmeringhausen<br />
kein Problem. Die Vorteile des Ortes, vor allem die<br />
intakte Dorfgemeinschaft, haben sich herumgesprochen.<br />
Auch die Familie Overhageböck entschied sich deshalb<br />
vor sechs Jahren, hier ein Haus zu bauen. Nadine (37)<br />
und Sebastian, genannt Oggi (38), leben mit ihren Kindern<br />
Joke und Pepe, sieben und vier Jahre alt, in Helmeringhausen.<br />
„Allein in unserer Straße gibt es neun Kinder.<br />
Da findet sich immer jemand zum Spielen“, freuen sie<br />
sich. Auch Kinder- und Jugendgruppen gibt es. Nadine<br />
Overhageböck leitet die Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen<br />
– eine von vier Gruppen, die von der örtlichen<br />
Kolpingfamilie getragen werden. Außerdem gibt es die<br />
sogenannte teiloffene Tür. Das sind offene Angebote für<br />
Jugendliche, die wie die Gruppen von Ehrenamtlichen<br />
begleitet werden. „In unserem Dorfgemeinschaftshaus,<br />
dem Hubertushaus, steht dafür ein Jugendraum zur<br />
Verfügung“, sagt Ortsvorsteher Winfried Henke. Erst<br />
kürzlich wurde dieser renoviert und dabei auch ein Großbild-Fernseher<br />
angeschafft.<br />
Wie Nadine, engagiert sich auch ihr Mann Oggi ehrenamtlich<br />
für die Dorfgemeinschaft. „Mann für alles“ sei er,<br />
sagt er lachend. Wer handwerklich begabt ist, findet im<br />
Dorf immer Aufgaben – von der kleinen Reparatur bis<br />
zum Bau von zwei Strandkörben für den Dorfplatz. Dort<br />
gibt es auch eine öffentliche Boule-Bahn und neuerdings<br />
eine Ladestation für E-Bikes. Auch beruflich bleibt Oggi<br />
in Helmeringhausen: Mitte vergangenen Jahres hat er<br />
sich selbstständig gemacht. Mit seinem Bruder und vier<br />
Mitarbeitern hat er sich auf Altbau-Renovierungen und<br />
Küchenbau spezialisiert. „Vom Standard bis zur individuellen<br />
Maßküche bieten wir die gesamte Palette“, sagt<br />
er. Das geht bestens mit dem Firmensitz in Helmeringhausen.<br />
Demnächst kommen ein Lager und ein Studio<br />
im benachbarten Bigge dazu. In einem historischen Haus,<br />
das die Brüder selbst herrichten werden.<br />
Im Werkraum im Keller des Hubertushauses trifft man<br />
nicht selten Bernd Imöhl. Der Schreiner in Rente ist<br />
auch einer derjenigen, die viele Stunden ehrenamtlicher<br />
Arbeit in das Dorf investieren. Im Werkraum gibt es eine<br />
Werkbank, eine Kreissäge und viele weitere Werkzeuge.<br />
Bernd Imöhl nutzt diese Ausstattung, um den Kindern<br />
und Jugendlichen die Arbeit mit Holz nahe zu bringen.<br />
Sein neuestes Projekt: eine Kugelbahn für den Vosspfad.<br />
Diesen gut zwei Kilometer langen Walderlebnispfad<br />
mit über 20 Stationen betreibt die Dorfgemeinschaft<br />
seit 2006 selbst, pflegt und erweitert ihn immer wieder.<br />
An einem Steilstück zwischen der Baumgitarre und<br />
der Hütte für die Rast im Wald hat Bernd Imöhl eine<br />
40 Meter lange Kugelbahn gebaut, mit Looping und<br />
Zick-Zack-Passagen. Die Kinder aus dem Dorf finden<br />
das jetzt schon spannend. Sobald sich die neue Attraktion<br />
herumgesprochen hat, werden ab dem Frühjahr auch<br />
viele Besucher von außerhalb kommen. Start und Ziel der<br />
74 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Im „schönsten Fleckchen<br />
am Ende der Welt“ ist es<br />
tatsächlich idyllisch. Die Ruhe<br />
hat Helmeringhausen der Tatsache<br />
zu verdanken, dass es<br />
ein Sackgassendorf ist.<br />
Pia hat die Kugelbahn schon getestet<br />
– und ist begeistert.<br />
Wer dem Vosspfad folgt, geht eine<br />
Weile am Vossbach entlang, der dem<br />
Walderlebnispfad seinen Namen gab.<br />
Runde ist übrigens der Parkplatz an der Vogelstange.<br />
Anfang Januar hat die Stadt Olsberg das Engagement<br />
für den Bau der Kugelbahn mit ihrem Ehrenamtspreis<br />
honoriert. Ebenso die Aktion „KreatHelma 2.0“ vom<br />
Mai 2019. Die Kolpingsfamilie hatte sich damit an der<br />
72-Stunden-Aktion des BDKJ beteiligt. Rund 120 Dorfbewohner<br />
und Mitwirkende von außerhalb waren drei<br />
Tage lang aktiv. „Über den gesamten Aktionszeitraum<br />
waren mehrere hundert Besucher im Ort“, freut sich<br />
Katharina Alkan, die Vorsitzende der Kolpingsfamilie.<br />
An 26 Workshops nahmen Menschen zwischen zwei und<br />
70 Jahren teil. Unter anderem gestalteten sie Blumenkästen<br />
aus Holzpaletten, formten Leuchtschalen und<br />
Skulpturen aus Beton, sprayten Graffitis auf Holz oder<br />
nähten beim Upcycling neue Dinge aus altem Jeansstoff.<br />
Ergebnisse sind auch die selbstgebauten Strandkörbe auf<br />
dem Dorfplatz, der Schriftzug „Helmeringhausen“ im<br />
Hollywood-Stil in der Ortsmitte und eine Sitzgruppe<br />
aus Bänken und Tisch, auf dem ein Mensch-ärgere-dichnicht-Spielfeld<br />
aufgemalt ist. „Jeder hat etwas für sich<br />
persönlich und alle gemeinsam etwas für unser Dorf<br />
geschaffen“, bilanziert Katharina Alkan.<br />
Bleibt bei so viel Positivem ein Wunsch offen? Ja. „Wir<br />
sind das einzige Olsberger Dorf, das keine Breitband-<br />
Anbindung hat“, sagt Ortsvorsteher Winfried Henke.<br />
Darüber sei er mit der Stadt „positiv im Gespräch“, um<br />
eine Lösung zu finden. „Breitband würde Helmeringhausen<br />
noch attraktiver machen für Menschen, die für<br />
ihre Arbeit schnelles Internet benötigen.“ Freiberufler<br />
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Die Altherren-Fußballer von TuRa Freienohl sind<br />
sportlich erfolgreich und sehr gesellig.<br />
Die Borkumkapelle sorgt schon auf dem Schiff für Stimmung.<br />
N<br />
icht nur eine lange Liste an sportlichen Erfolgen weisen die Alten Herren von TuRa Freienohl auf. Die Fußballer<br />
drücken auch dem gesellschaftlichen Leben der Freiheit einen maßgeblichen Stempel auf. Sport und<br />
Musik gehören hier zusammen. „In erster Linie sind die Alten Herren aber Teil der Fußballabteilung. Wer<br />
Mitglied werden möchte, sollte schon kicken wollen“, sagt Jorge da Silva, 2. Vorsitzender des Gesamtvereins und Alte<br />
Herren-Leiter.<br />
Das sagt da Silva aus gutem Grund.<br />
Gibt es doch reichlich Nachfragen aus<br />
geselliger und musikalischer Richtung;<br />
es sind einige, die der Gemeinschaft<br />
beiwohnen wollen. Die Freienohler Alten<br />
Herren besitzen schließlich mit der<br />
Borkum-Kapelle eine eigene musikalische<br />
Gruppe. Der Name spricht für die<br />
enge Bindung der Sauerländer Fußballer<br />
zu der westlichsten der ostfriesischen<br />
Inseln. Seit über 40 Jahren geht es gen<br />
Norden, um dort am Inselpokal teilzunehmen.<br />
„Ohne das Turnier würden<br />
wir nicht nach Borkum fahren“, sagt<br />
Armin Geißler aus dem Freienohler<br />
Vorstand. Die Kapelle ist aber die Attraktion.<br />
Geißler schwärmt „Schon auf<br />
dem Schiff geht es los. Die Kapelle wird<br />
auch vom Kapitän angekündigt.“ Wenn<br />
es sich ergibt, spielen die Fußballer an<br />
Bord zum Kindertanz auf. Am Tag der<br />
Ankunft, genau um 15 Uhr, hat das<br />
Platzkonzert vor der Gaststätte „Lord<br />
Nelson“ Tradition. Bereits Ende der<br />
76 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Mannschaftsfoto<br />
1980er Jahre haben Stefan Pieper mit<br />
dem Akkordeon und Trommler Roland<br />
Spiekermann hier für Stimmung gesorgt.<br />
Aus dem Duo entwickelte sich<br />
eine Kapelle, die zeitweise 13 Mitglieder<br />
zählte. Bei den Turnierspielen<br />
erfolgt der Einmarsch mit musikalischer<br />
Begleitung. Kein Wunder, dass<br />
es Jahre gab, in denen TuRa Freienohl<br />
ein Dauerabo auf den Finaleinzug des<br />
Inselpokals besaß. Wenn Ende August<br />
auf der Nordseeinsel die Hochphase<br />
des Tourismus vorbei ist, ist der Inselpokal<br />
nicht nur für die Freienohler ein<br />
Highlight. Im Laufe der Jahre wurden<br />
hier schon viele Bekanntschaften geschlossen.<br />
Himmelfahrt geht es auf<br />
Vatertagswanderung<br />
Auch in Freienohl spielen die Altherren-Fußballer<br />
eine bedeutende Rolle für<br />
den örtlichen Zusammenhalt. Zugezogene<br />
werden hier schnell integriert.<br />
„Bei uns kann jeder zum Training<br />
kommen, egal ob er kicken kann oder<br />
nicht“, betont da Silva. Nur wenn es<br />
um die Wurst geht und ein Pflichtspiel<br />
ansteht, wird auf dem Platz die<br />
möglichst leistungsstärkste Mannschaft<br />
aufgeboten. So gelang 2019 beispielsweise<br />
in Voßwinkel der Gewinn des<br />
Alte Herren-Kreispokals gegen starke<br />
Konkurrenz. Weil das Finale ausgerechnet<br />
am Vatertag stattfand, an dem<br />
normalerweise eine große Wanderung<br />
der Alten Herren stattfindet, wurde aus<br />
der Not eine Tugend gemacht. Statt zu<br />
wandern, ging es auf Bustour in das<br />
Dorf der Füchse. Dort waren rund 100<br />
Fans aus Freienohl, die ihr Team anfeuerten<br />
und schließlich zum Sieg führten.<br />
In der aktuellen Spielzeit folgte für die<br />
Titelverteidiger das Aus gegen Sundern.<br />
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„Unsere Hymne ist das<br />
Borkumlied.” Achim Geißler<br />
Beim Witwenständchen wird den Frauen der verstorbenen Fußballer eine Aufwartung gemacht.<br />
„Dann können wir wenigstens unseren Vatertagsgang wieder<br />
machen“, nehmen es die Freienohler sportlich. Am Himmelfahrtstag<br />
wird dann auch das eigene Gesangbuch ausgepackt.<br />
„Unsere Hymne ist das Borkumlied. Wenn es sich ergibt,<br />
wird bei uns gesungen“, erzählt Geißler.<br />
Vier Mal im Jahr treffen sich die ehemaligen Alte Herren-<br />
Kicker im Restaurant Luckai und stimmen dort gern das<br />
eine und andere Liedchen an. Für die Witwen verstorbener<br />
Mitglieder gibt es regelmäßig ein Weihnachtsständchen. Die<br />
Witwen werden auch auf die geselligen Veranstaltungen des<br />
Vereins eingeladen. Der Zusammenhalt wird in Freienohl<br />
halt großgeschrieben. Wenn Arbeiten rund um die Sportanlage<br />
anstehen, sind die Altherren ebenfalls im Einsatz. Ein<br />
Stamm an Helfern sorgt dafür, dass an den Plätzen im Ohl<br />
alles picobello ist. Der eigene Festausschuss ist verantwortlich<br />
dafür, dass die kleinen und großen Events, zum Beispiel<br />
die 50-Jahr-Feier im Jahre 2016, standesgemäß begangen<br />
werden.<br />
Eine entscheidende Rolle spielen sie auch im Karneval und<br />
Schützenwesen. Die Liste von Karnevalsprinzen, Schützenkönigen<br />
und Senatoren ist lang. Die Aktivitäten gehen dabei<br />
über Freienohl hinaus. Viele dieser Ehrentitel wurden auch<br />
im benachbarten Olpe errungen, wo einige Aktive wohnen.<br />
Als erfolgreiche Mannschaft mit geselligem Charakter besitzt<br />
die Altherren-Gruppe in der Fußballabteilung von TuRa<br />
Freienohl halt eine besondere Attraktivität. ■<br />
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78 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
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F<br />
rage nicht, was deine Stadt für dich tun<br />
kann – frage, was du für deine Stadt tun<br />
kannst. J. F. Kennedy möge mir verzeihen,<br />
aber er hat diesen Satz auch schon von seinem<br />
Schulleiter abgekupfert und verändert.<br />
Es gibt unzählig viele Dinge, die Bürger für ihre Stadt<br />
tun können: An den Lokalwahlen teilnehmen, sich<br />
in das Stadtleben einbringen, städtische Veranstaltungen<br />
besuchen, sich mit der Stadt identifizieren. Das<br />
muss jetzt nicht immer der Aufkleber am Auto sein,<br />
auch die Öko-Einkaufstasche mit Stadtnamen oder<br />
entsprechendem Logo ist nicht jedermanns Sache. Ich<br />
denke da eher an eine sehr persönliche, individuelle<br />
und emotional-tragfähige Identifikation: Wir kön n-<br />
ten doch unsere Töchter und Söhne nach berühmten<br />
Mescheder Persönlichkeiten benennen. Vorbilder gibt<br />
es genug: Fangen wir mit den Jungen an: Da stehen<br />
August, Robert und Ludwig zur Verfügung. Alle drei<br />
Vornamen führte der in Meschede geborene August<br />
Macke.<br />
Wer es etwas exotischer möchte, könnte an Harduin<br />
Gefallen finden? So hieß der erste Abt der Mescheder<br />
Benediktiner Abtei mit Vornamen.<br />
Für die Damen drängen sich geradezu zwei Namen<br />
auf: Walburga (das hl. gehört nicht zum Namen).<br />
Hübsch, weil wirklich ausgefallen, finde ich auch<br />
Emhildis. Wem das aber zu viel Stadtverbundenheit<br />
ausdrückt, der kann doch auf die heute so begehrten<br />
Doppelnamen zurückgreifen: August-Liam, Harduin-Aaron,<br />
Mia-Walburga oder Emily-Emhildis.<br />
Klingt doch alles super, oder? ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 79
- Anzeige -<br />
KFZ-Sachverständiger<br />
in Freienohl:<br />
Unfallgeschädigte<br />
suchen bei Horst<br />
Wippermann Hilfe<br />
und Beratung<br />
Nicola Collas<br />
S. Droste & Privat<br />
Leben lang habe ich mit Autos zu<br />
tun gehabt. Ich habe eine Lehre zum<br />
„Mein<br />
KFZ-Mechaniker und später meinen<br />
Meister gemacht. Ich hatte ein eigenes Autohaus und<br />
war aktiv im Motorsport. Solche Erfahrungen sind<br />
schon Voraussetzungen, um KFZ-Sachverständiger<br />
zu werden“, erzählt Horst Wippermann, der seit 13<br />
Jahren ein Büro in Freienohl hat. Der KFZ-Sachverständige<br />
bietet Leistungen in den Bereichen Haftpflichtschäden,<br />
Rennkaskoschäden, Young-und Oldtimer,<br />
Beweissicherung, Rechnungsprüfungen und Gerichtsgutachten.<br />
„Bei Haftpflichtschäden haben wir in einem Umkreis bis<br />
zu 200 Kilometer zu tun. Wenn Ihnen einer ins Auto<br />
fährt, steht Ihnen ab einer Schadenssumme von ca. 1000<br />
Euro (Bagatellschadengrenze) ein eigener Gutachter zu.<br />
Gutachten dienen der Beweissicherung und der Feststellung<br />
der entstandenen Schäden und der Schadenshöhe“,<br />
sagt Horst Wippermann. Das ist wichtig, wenn es zu einer<br />
Auseinandersetzung mit der gegnerischen Versicherung<br />
kommen sollte. Nach einem Unfall entstehen neben der<br />
Reparatur weiter Kosten. „Ein Unfallwagen ist nicht mehr<br />
so viel wert. Ein Gutachten belegt die Wertminderung.<br />
Außerdem haben Sie während der Reparatur Anspruch<br />
auf einen Ersatzwagen oder auf Nutzungsausfallentschädigung.<br />
Durch ein Gutachten werden auch die voraussichtliche<br />
Reparaturdauer oder die Wiederbeschaffungsdauer<br />
ermittelt“, erzählt der KFZ-Sachverständige. Die Kosten<br />
für ein Gutachten werden anhand der entstandenen<br />
Schadensumme ermittelt. Es gibt vom HUK-Verband<br />
80 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Vorgaben, die in einer Tabelle nachzulesen sind. Aber<br />
es gilt: Je heftiger der Schaden, desto höher sind in der<br />
Regel die Kosten. Zwischen 400 und 600 Gutachten im<br />
Jahr erstellen die drei Mitarbeiter des KFZ-Sachverständigenbüros<br />
Wippermann. Darunter sind auch immer mehr<br />
Gutachten für E-Bikes.<br />
Eine weitere Leistung sind Wertgutachten<br />
für Young- und Oldtimer, die<br />
„man als Liebhaber solcher Autos<br />
immer machen lassen sollte.“<br />
(u.a. Classic Car Analytics).<br />
Einmal kennt der Besitzer so<br />
den Marktwert des Autos, den<br />
die Versicherung im Kaskofall<br />
ansetzt. Und der Wiederbeschaffungswert,<br />
der im Schadensfall<br />
angesetzt wird, wird ermittelt. Im<br />
Bereich Young- und Oldtimer hat<br />
Horst Wippermann ein ganz besonderes<br />
Gutachten erstellt: „Ein Kunde<br />
in Süddeutschland hat sich einen Benetton<br />
Formel 1-B197 angeschafft, den schon Gerhard Berger<br />
gefahren hat. Das ist mein Highlight in Sachen Oldtimer-Bewertung“,<br />
freut sich der 65-Jährige. Noch so ein<br />
Highlight erlebte Horst Wippermann im vergangenen<br />
Jahr zum Jubiläum 20 Jahre Porsche Carrera-Cup. Sämtliche<br />
Siegerautos wurden verkauft und Horst Wippermann<br />
durfte sie bewerten: „Das ist schon etwas Besonderes,<br />
wenn man so einen Auftrag bekommt.“<br />
Besonders stolz ist das Wippermann-Team auch auf die<br />
Zusammenarbeit mit den Rennsportabteilungen<br />
von AMG, Audi, BMW, Bentley,<br />
McLaren, Lamborghini, Ferrari und<br />
Porsche.<br />
Außerdem ist der der Freienohler<br />
EU-zertifizierter Sachverständiger.<br />
Er kann EU-weit<br />
von Gerichten, die helfen die<br />
Schuldfrage zu klären, eingesetzt<br />
werden. Voraussetzung ist,<br />
dass er regelmäßig Fortbildungen<br />
besucht.<br />
„Es ist das Beste, was mir passieren<br />
konnte, dass ich mich vor 13 Jahren als<br />
KFZ-Sachverständiger selbstständig gemacht<br />
habe“, sagt Horst Wippermann.<br />
Eine kostenlose Beratung - sei es persönlich oder telefonisch-<br />
ist jederzeit möglich. ■<br />
Kfz-Sachverständigenbüro<br />
Wippermann GmbH<br />
Hauptstr. 23<br />
D-59872 Meschede<br />
Tel.: 0 29 03 / 76 53<br />
Mobil: 0171 / 545 59 92<br />
E-Mail: info@kfz-sv-wippermann.de<br />
Web: www.kfz-sv-wippermann.de<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 81
Bestwig atmet auf<br />
Was hat sich verändert nach der<br />
Öffnung des Teilstücks der A46?<br />
Britta Melgert<br />
B7 – freie Fahrt<br />
E<br />
nde November 2019 wurde<br />
feierlich das neue Teilstück<br />
der A46 für den Verkehr<br />
freigegeben. Lange hatte man darauf<br />
gewartet; hegte Hoffnung auf eine Reduzierung<br />
der Belästigungen in den<br />
Ortschaften an der B7, aber sorgte<br />
sich auch vor einem Nachteil für<br />
Bestwigs Geschäfte. Ein guter Grund<br />
für <strong>WOLL</strong>, jetzt mal nachzufragen.<br />
Oscar Santos, Pressesprecher vom Landesbetrieb<br />
Straßenbau NRW erinnert:<br />
„Im Durchschnitt hatten wir auf dem<br />
gesamten Streckenabschnitt der B7 von<br />
der Anschlussstelle Bestwig bis zum<br />
Abzweig nach Olsberg eine Verkehrsbelastung<br />
von rund 17.500 Kraftfahrzeugen,<br />
davon 1.300 LKW am Tag.<br />
Laut der Prognoseberechnungen sollte<br />
sich die Verkehrsbelastung nach der<br />
Freigabe der A46 auf 9.800 KFZ am<br />
Tag reduzieren. Genauere Zahlen erhalten<br />
wir jedoch erst mit der nächsten<br />
Straßenverkehrszählung, die noch in<br />
diesem Jahr durchgeführt wird“.<br />
Lärm und Dreck für die Anwohner<br />
Diese Zählung abwarten brauchen<br />
Marion und Ralf Hömberg aus Alfert<br />
nicht, um die Veränderungen deutlich<br />
zu spüren. Sie wohnen direkt an der<br />
alten B7 und waren Kummer gewöhnt.<br />
„Für uns ist das jetzt ein ganz neues<br />
Lebensgefühl“, sagt Marion Hömberg.<br />
„Gut, wir wissen natürlich, dass wir an<br />
einer Durchgangsstraße wohnen, und<br />
wir akzeptieren auch, dass die touristischen<br />
Nachbarorte die Menschen herlocken<br />
müssen. Da finden Wintersportereignisse<br />
oder Schlagerpartys statt,<br />
oder es genügt einfach nur ein sonniges<br />
Wochenende, um hunderte von Motorradfahrer<br />
fürs Sauerland zu begeistern.<br />
Trotzdem war es hier zuletzt nur schwer<br />
auszuhalten. Ständiger Lärm, Fahrzeug<br />
an Fahrzeug, man kam ja kaum vom<br />
Grundstück auf die andere Straßenseite.<br />
Und heute? Trotz Freitagnachmittag<br />
fließt der Verkehr moderat“.<br />
Ralf Hömberg ergänzt: „Es geht ja<br />
nicht allein um den Lärm, sondern<br />
auch um Dreck. Man glaubt kaum,<br />
wieviel Müll hier aus den Autos geworfen<br />
wird und bei uns ums Haus<br />
herum landet – Urlauber auf der Heimfahrt<br />
oder Pendler, die unterwegs mal<br />
eben schnell noch ihre Brötchentüte<br />
oder Fast Food-Verpackung entsorgen<br />
wollen. Da merken wir jetzt schon<br />
eine deutliche Entlastung“. Marion<br />
Marion und Ralf Hömberg<br />
an der fast leeren Straße<br />
82 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Derya Eroglu vom Möbel Markt Bestwig (MMB)<br />
Marianne Eickhoff bei ihrem Wochenendeinkauf<br />
Hömberg lächelt und freut sich schon<br />
auf den Sommer. „Jetzt werden wir<br />
wohl endlich mal wieder unseren Garten<br />
in Ruhe genießen können.“<br />
Schnellerer Weg zur Arbeit und<br />
Zufriedenheit in den Geschäften<br />
Und wie sieht es in den Läden aus?<br />
„Wir hatten von Anfang an keine<br />
großen Sorgen vor einem Rückgang<br />
unserer Umsätze“, verrät Derya Eroglu,<br />
Geschäftsführerin vom Möbel Markt<br />
Bestwig. „Diesbezüglich blieb alles<br />
beim Alten. Allerdings ist für uns und<br />
unsere Mitarbeiter die Fahrt zur Arbeit<br />
viel kürzer und entspannter“. Auch in<br />
anderen Geschäften, wie beispielsweise<br />
im Geschenkelädchen, im Drogeriemarkt<br />
oder sogar in Imbissen ist man<br />
positiv gestimmt. Einsatzeinbruch?<br />
Kaum oder gar nicht zu spüren! „Unsere<br />
Kundschaft wohnt in Bestwig“, das<br />
hört man aus allen Munden, aber auch<br />
„Für uns Einwohner ist es halt viel<br />
besser geworden“.<br />
Kunden entdecken Bestwig<br />
wieder neu<br />
So sieht man das auch als Kunde.<br />
Marianne Eickhoff aus Nuttlar hat<br />
den sonnigen Freitagnachmittag genutzt,<br />
um ihren Wochenendeinkauf in<br />
Bestwig zu erledigen. „Ich fuhr früher<br />
dafür eher nach Olsberg“ erzählt sie,<br />
„aber jetzt kann man getrost auch hierherkommen.<br />
Die alte B7 ist wirklich<br />
wieder gut nutzbar. Und selbst das<br />
Einfädeln in den Straßenverkehr, wobei<br />
man früher oft auf die Freundlichkeit<br />
der anderen Verkehrsteilnehmer angewiesen<br />
war, wurde inzwischen zum<br />
Kinderspiel“. Wen man auch fragt – die<br />
Veränderungen bedeuten eine absolute<br />
Steigerung der Lebensqualität. Bestwig<br />
atmet auf! ■<br />
DIE ADRESSE FÜR GUTES SEHEN UND<br />
GUTES AUSSEHEN IN OLSBERG<br />
• 3D Erlebnisrefraktion<br />
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mit DNeye Technologie<br />
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alle Brillengläser<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 83
„Letztendlich geht es doch nur darum,<br />
da zu sein, wenn jemand Hilfe braucht.“<br />
Nicole Gerke, Mobile Retterin<br />
Sabina Butz<br />
Jürgen Eckert<br />
Eines vorweg: Die „Mobilen Retter“ verstehen sich als Ergänzung zu<br />
bestehenden Rettungsdiensten und First Respondern, nicht als deren<br />
Ersatz. Seit 2014 setzt sich in Deutschland die gemeinnützige Initiative<br />
Mobile Retter für die Verbreitung des Smartphone-basierten Ersthelfer<br />
Systems ein. In die ländlichen Strukturen des HSK fügt sich das System<br />
besonders gut ein. Bereits über 590 aktive Mobile Retter sind seit dem Start<br />
im Oktober 2019 dabei.<br />
Ein Lächeln als<br />
Anerkennung wird<br />
gern angenommen.<br />
So oder ähnlich könnte es passieren:<br />
Auf einer Landstraße mitten<br />
in einem Wald erleidet jemand<br />
einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Sein<br />
Begleiter alarmiert den zuständigen<br />
Rettungsdienst. Der benötigt voraussichtlich<br />
neun Minuten bis zum<br />
Eintreffen. Parallel zur Alarmierung<br />
des Rettungsdienstes wird automatisch<br />
eine Anfrage bei den Mobilen Rettern<br />
über die Mobile Retter-App getätigt,<br />
ob sich zufällig jemand in der näheren<br />
Umgebung befindet. Per App gelingt<br />
es, schnell zwei Ersthelfer, sogenannte<br />
Mobile Retter, zu dem Notfall zu<br />
schicken. Sie treffen fünf Minuten<br />
vor dem Rettungsdienst ein, leiten<br />
die notwendigen Erstmaßnahmen ein<br />
und übergeben den erstversorgten Patienten<br />
direkt an den Rettungsdienst.<br />
Eine mobile Retterin berichtet<br />
„Das Prinzip ist ganz einfach“, erläutert<br />
Nicole Gerke, „Die Mobilen<br />
Retter sind Freiwillige, die sich zufällig<br />
in der Nähe eines Patienten mit<br />
Herz-Kreislauf-Stillstand befinden,<br />
über eine App geortet werden und<br />
vor dem regulären Rettungsdienst mit<br />
Wiederbelebungsmaßnahmen (Mund-<br />
Zu-Mund-Beatmung und Herzdruckmassage)<br />
beginnen können.“<br />
Die gelernte Verwaltungsangestellte,<br />
Jahrgang 1995, die sich derzeit in<br />
der Weiterbildung zur Verwaltungsfachwirtin<br />
befindet, koordiniert in<br />
Teamarbeit mit Frank Wegener die<br />
Mobilen Retter im HSK. Im Zentrum<br />
für Feuerschutz und Rettungswesen,<br />
Meschede, Steinwiese 3, erklärt sie,<br />
was es mit den Mobilen Rettern in der<br />
Praxis auf sich hat.<br />
Ehrenamtlich, qualifiziert und<br />
besonders geschult<br />
Auf Grund der großen Flächenbereiche<br />
mit dörflichen Strukturen benötigen<br />
die Rettungsdienste im HSK,<br />
wie im Bundesdurchschnitt, circa<br />
zwölf Minuten bis zum Eintreffen<br />
beim Patienten, die Mobilen Retter<br />
4,24 Minuten. „Wir reanimieren und<br />
84 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
übergeben den Patienten an den Rettungsdienst,<br />
sobald der eintrifft. Diese<br />
wenigen Minuten können entscheidend<br />
sein, um die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
des Patienten positiv<br />
zu beeinflussen. Wir sind gut darauf<br />
vorbereitet: Mobiler Retter kann nur<br />
werden, wer mindestens 18 Jahre alt<br />
ist und eine entsprechende Qualifikation<br />
oder Erfahrung im Umgang<br />
mit Notfallsituationen hat: Ärzte,<br />
Feuerwehrleute, Rettungsdienstler,<br />
Pfleger und andere Berufsgruppen<br />
im Gesundheitsbereich werden zum<br />
Mobilen Retter geschult. Alle zwei<br />
Jahre müssen sie diese Schulung<br />
auffrischen.“<br />
Vier ehrenamtliche<br />
Verpflichtungen<br />
Frank Wegener fügt hinzu: „Wir haben<br />
einen Frauenanteil von circa<br />
25 %, aber kaum jemand, weder<br />
Mann noch Frau, dürfte auf insgesamt<br />
vier ehrenamtliche Tätigkeiten<br />
kommen wie Nicole Gerke. Sie ist<br />
Mobile Retterin, First Responder<br />
(Notfallhelferin), Mitglied der Freiwilligen<br />
Feuerwehr und Sanitäterin. Alles<br />
rein ehrenamtlich.“ Nicole Gerke<br />
wiegelt ab: „Das ist alles gut machbar,<br />
als Mobile Retterin hatte ich in vier<br />
Monaten nur einen Einsatz, aber auch<br />
mit wenigen Einsätzen können Leben<br />
gerettet werden. Letztendlich geht es<br />
doch nur darum, da zu sein, wenn jemand<br />
Hilfe braucht.“ Lachend fügt sie<br />
hinzu: „Das Wissen, anderen geholfen<br />
zu haben, dient doch auch der eigenen<br />
Wertschätzung.“<br />
Mobile Retter tragen<br />
keine Uniform<br />
„Natürlich gibt es auch kleinere<br />
Probleme, die nicht verschwiegen<br />
werden sollen“, fügt sie hinzu: „Wir<br />
sind als Mobile Retter nicht sofort<br />
zu erkennen, wir haben keine Uniform,<br />
keine Warnwesten, sondern<br />
unsere normale Straßenkleidung, wir<br />
kommen in unseren privaten PKWs<br />
angefahren. Die Leute können oftmals<br />
mit dem Begriff „Mobile Retter“ noch<br />
gar nichts anfangen. Je bekannter<br />
wir werden, umso einfacher wird es<br />
werden. Die Angehörigenbetreuung<br />
wird oft ebenfalls von den Mobilen<br />
Rettern geleistet.<br />
Die Menschen sind einfach dankbar,<br />
wenn sie nach der Abfahrt des Rettungswagens<br />
nicht allein da stehen.“<br />
Frank Wegener ergänzt: „Leider ist es<br />
datenschutzrechtlich schwierig, den<br />
medizinischen Ausgang eines Patienten<br />
zu erfahren. Zukünftig wollen wir<br />
auch mehr für unsere eigene Vernetzung,<br />
also den Austausch der Mobilen<br />
Retter untereinander tun.“<br />
„Wir kümmern uns natürlich auch<br />
um die Nachsorge der Mobilen Retter<br />
nach einem Einsatz“, meldet sich<br />
noch einmal Nicole Gerke. „Wir<br />
haben Zugang zur Psychosozialen<br />
Unterstützung für Kolleg/Innen, die<br />
durch einen Einsatz belastet sind. Was<br />
wir uns natürlich wünschen ist, von<br />
der Bevölkerung wahrgenommen zu<br />
werden. Ein lobendes Wort oder auch<br />
einfach nur ein Lächeln als Anerkennung<br />
für unseren gern geleisteten Beitrag,<br />
nehmen wir herzlich gern an.“<br />
Weitere Informationen zu den Mobilen<br />
Rettern unter:<br />
www.mobile-retter.org ■<br />
In die ländlichen<br />
Strukturen des HSK<br />
fügt sich das System<br />
besonders gut ein.<br />
Die Fakten:<br />
Wenn es gelingt, eine flächendeckende medizinische Erstversorgung in lebensbedrohlichen Situationen zu<br />
gewährleisten, könnten mehr als 10.000 Menschenleben in Deutschland gerettet werden, hat der Deutsche Rat für<br />
Wiederbelebung (GRC) errechnet.<br />
In Deutschland erleiden jährlich mehr als 50.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses.<br />
Nur 10 % der Betroffenen überleben, da adäquate medizinische Hilfe in vielen Gebieten nicht rechtzeitig<br />
eintreffen kann. Nach einem Kreislaufstillstand zählt jede Sekunde: Die Chancen einer erfolgreichen Wiederbelebung<br />
sinken statistisch gesehen um 10 % pro Minute, nach 5 Minuten liegen die Chancen bei 50%, nach 10<br />
Minuten bei nahezu Null.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 85
- Anzeige -<br />
Vier Schutzengel<br />
im Herzen des Sauerlandes<br />
Schneller als die Provinzial ist eigentlich nur die Feuerwehr<br />
Inga Bremenkamp<br />
Jürgen Eckert<br />
„K<br />
urz nach der Feuerwehr sind wir auch da.<br />
So habe ich vor 30 Jahren angefangen und<br />
so ist das auch heute noch. Wir gehen den<br />
Leuten gerne und schnell zur Hand und profitieren dabei<br />
natürlich auch von unserem Sitz Mitten im Sauerland“,<br />
sagt Christa Tillmann-Susewind, die die Geschäftsstelle der<br />
Provinzial in Eversberg leitet.<br />
„Es kommt nicht selten vor, dass unsere<br />
Kunden zuerst bei uns anrufen und fragen,<br />
was sie tun sollen, wenn das Wasser läuft.“<br />
Jürgen Mues<br />
Provinzial allgemein:<br />
Die Schutzengelteams im Ruhrtal sind Ansprechpartner für:<br />
• Vorsorgekonzepte und Ruhestandsplanungen<br />
• Gewerbliche Risikoanalysen und Absicherungskonzepte,<br />
auch für land- und forstwirtschaftliche Kunden<br />
• Rundum-Schutz für Privatkunden und -haushalte<br />
• Persönlicher Schadenservice vor Ort in Verbindung<br />
mit Handwerker-Netzwerk<br />
• Umfassende Vollmachten zur direkten Schadenabwicklung<br />
• Hochqualifiziertes, kompetentes Team vor Ort<br />
Provinzial mit tiefen sauerländer Wurzeln<br />
Die Provinzial im Sauerland hat tiefe Wurzeln. Die<br />
Geschäftsstellen in Olsberg, Bestwig und Eversberg<br />
wurden schon in den 70er Jahren eröffnet und werden<br />
bis heute von Ur-Sauerländern geführt. „Wir sind<br />
alle selbst stark verwurzelt. Wir engagieren uns schon<br />
seit Jahrzehnten in den Vereinen, sind alle im Sauerland<br />
geboren und kennen unsere Kunden.“ erklärt<br />
Patrick Potthoff, der gemeinsam mit Jürgen Mues die<br />
Geschäftsstelle in Olsberg leitet. „Es kommt nicht<br />
selten vor, dass unsere Kunden zuerst bei uns anrufen<br />
und fragen, was sie tun sollen, wenn das Wasser läuft“,<br />
ergänzt Jürgen Mues. Eine Reaktion, die das große<br />
Vertrauen der Kunden in ihre Provinzial zeigt.<br />
Über 100 Jahre Berufserfahrung<br />
Wie viel Kompetenz in den Teams der einzelnen<br />
Geschäftsstellen der Provinzial steckt, zeigt ein<br />
Blick auf die Zahlen: Sowohl die Teams in Bestwig,<br />
Eversberg und Olsberg greifen in ihrer täglichen<br />
Arbeit auf jeweils gut 100 Jahre Berufserfahrung<br />
zurück. „Wir sind alle stark aufgestellt und sehr stolz<br />
auf unsere Mit arbeiter. Wir beraten unsere Kunden<br />
nicht nur in unseren Räumlichkeiten, sondern gerne<br />
auch direkt vor Ort oder bei ihnen zu Hause. Dabei<br />
ist der Blick von uns als Fachleute immer wieder<br />
wertvoll“, stellt Christa Tillmann-Susewind fest, die<br />
ihre Kunden genau wie ihre Kollegen bodenständig<br />
und bedarfsgerecht berät. „Es ist immer gut, mal einen<br />
Versicherungskaufmann im Haus zu haben“, ergänzt<br />
Andreas Grosch.
Der Blick der Fachleute<br />
„Wir haben einfach ein gutes Auge auf das, was versichert<br />
sein sollte. Ich hatte mal einen Fall, bei dem ich zu einem<br />
Kunden auf den Hof gefahren bin und plötzlich drei<br />
Pferde um die Ecke schauten. Als ich fragte, wo diese denn<br />
versichert seien, zuckte der Kunde nur mit den Schultern.<br />
Am Ende war er sehr froh, dass ich ihn darauf aufmerksam<br />
gemacht und seine Pferde bedarfsgerecht versichert<br />
habe“, führt der Versicherungskaufmann aus Bestwig fort.<br />
Grundsätzlich gibt es nichts, was nicht schon passiert wäre,<br />
die Fachleute der Provinzial haben für fast alles eine Lösung<br />
parat.<br />
... wenn Schutzengel Schutzengel brauchen<br />
Immer da, immer nah – das trifft auf die Schutzengel der<br />
Provinzial und manchmal leider auch auf die Schäden<br />
selbst zu: „Wir hörten es plötzlich ganz leise tropfen und<br />
hatten den Übeltäter schnell gefunden. Wir hatten einen<br />
Rohrbruch - in unseren eigenen vier Bürowänden in<br />
Olsberg. Da sind das eigene Knowhow und unser Handwerkernetzwerk<br />
natürlich Gold wert. Den Schaden hatten<br />
wir schnell behoben und konnten uns gleich mal selbst von<br />
unserer Qualität als Versicherung überzeugen“, berichtet<br />
Patrick Potthoff und schmunzelt. Ausnahmsweise wäre<br />
die Provinzial in diesem speziellen Fall ganz sicher sogar<br />
schnel ler gewesen als die Feuerwehr – sofern diese denn<br />
nötig gewesen wäre. ■<br />
Meschede<br />
Eversberg<br />
Bestwig<br />
Olsberg<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 87
Geschäftsstelle Meschede-Eversberg<br />
Geschäftsstellenleiterin: Christa Tillmann-Susewind<br />
Alter: 52<br />
Familienstand: verheiratet, 2 Kinder<br />
In der Branche seit: 01.08.1984<br />
Qualifikation: Versicherungskauffrau<br />
Anzahl Mitarbeiter: 4<br />
Standort: Eversberg, Neuer Weg 10<br />
Gründungsjahr: 1990<br />
Telefon: 0291 - 1261<br />
Geschäftsstelle Bestwig<br />
Geschäftsstellenleiter: Andreas Grosch<br />
Alter: 52<br />
Familienstand: verheiratet, 3 Kinder<br />
In der Branche seit: 01.08.1995<br />
Qualifikation: Fachberater Landwirtschaft<br />
Anzahl Mitarbeiter: 2<br />
Standort: Bestwig, Bundesstraße 173<br />
Gründungsjahr: 1989<br />
Telefon: 02904 - 3365<br />
Geschäftsstelle Olsberg<br />
Geschäftsstellenleiter: Jürgen Mues<br />
Alter: 55<br />
Familienstand: verheiratet, 1 Kind<br />
In der Branche seit: 01.04.1989<br />
Qualifikation:<br />
Fachberater Land- und Forstwirtschaft<br />
Fachberater Gewerbe<br />
Anzahl Mitarbeiter: 3<br />
Standort: Olsberg, Josef-Rüther-Straße 7<br />
Gründungsjahr: 1975<br />
Telefon: 02962 - 2233<br />
Patrick Potthoff<br />
38<br />
verheiratet, 3 Kinder<br />
01.08.2001<br />
Fachberater Gewerbe<br />
Spezialist betr. Altersvorsorge<br />
(DVA)<br />
Staatl. gepr. Betriebswirt<br />
88 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Wandern mit Robert in<br />
der Caller Schweiz<br />
Robert Hinkel<br />
1Start der 13-Kilometer-Runde ist an der Mescheder<br />
Klausenkapelle, die es schon seit dem 12. Jahrhundert<br />
gibt. Abkürzungs- und Verlängerungs-Möglichkeiten<br />
erwähne ich zwischendurch.<br />
2Von der Birkenallee hat man gleich eine schöne<br />
Aussicht auf Schloss Laer im Ruhrtal und auf den<br />
Arnsberger Wald rechts dahinter.<br />
3Wir biegen links ab und haben wiederum eine tolle<br />
Aussicht – dieses Mal auf Meschede und Enste.<br />
Man kann sogar die Abtei Königsmünster sehen.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 89
4In Berghausen treffen wir auf den Ruhrhöhenweg<br />
XR. Nach einem Abstieg durch ein Waldstück<br />
gehen wir ab den Windhäusern links ein Stückchen<br />
an der Straße entlang. Keine Sorge, es gibt einen<br />
Streifen am Rand, man muss nicht direkt auf der Straße<br />
laufen. Nach 500 Metern Straße bleiben wir auf dem XR,<br />
der aber rechts zwischen Feld und Wald abbiegt. Dem<br />
Waldrand folgen wir 800 Meter, bevor wir auf den Caller<br />
Rundweg C1 treffen und rechts bergab gehen. Okay, links<br />
über den C1 geht auch, wäre eine Abkürzung von 500<br />
Metern.<br />
5Am Caller Ortsrand treffen wir wieder auf den<br />
Ruhrhöhenweg XR, dem wir bis zu den Mühlenwiesen<br />
folgen. Ein Liegesessel am Mühlenteich<br />
lädt zum Verweilen und zum Verzehr von mitgebrachter<br />
Marschverpflegung ein.<br />
6Denjenigen, die jetzt nach sieben Kilometern<br />
genug gewandert sind, empfehle ich die Buslinie<br />
C4. Die fährt von der Caller Kirche zum Bahnhof<br />
Meschede. Für die anderen macht jetzt die Caller Schweiz<br />
ihrem Namen alle Ehre. Die Mühlenwiesen liegen am<br />
tiefsten Punkt der Strecke auf circa 250 Meter üNN.<br />
Und jetzt geht es über den XR auf den Ransenberg (376<br />
Meter‘). Da sind ein paar steile Passagen drin.<br />
7Wir passieren eine weitere Kapelle -<br />
oder setzen uns dort auf die Bank.<br />
8Danach geht es nämlich rauf zum höchsten Punkt<br />
der Strecke, immerhin 400 Meter üNN am Langenberg.<br />
Von hier aus hat man beim Blick zurück<br />
eine schöne Aussicht auf Calle, den Ransenberg und das<br />
Ruhrtal dahinter.<br />
90 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
9Man durchquert noch einmal<br />
Berghausen:<br />
könnte man rechts abbiegen und ein<br />
Stück am Hennesee-Ufer entlang gehen, dann<br />
10Hier<br />
über den Langelohweg zurück, das wären gut<br />
14,5 Kilo meter. Und die ganz Sportlichen könnten sich<br />
noch ins Schiff setzen und den Höhenweg gehen, den ich<br />
in der letzten Juni-Ausgabe beschrieben habe, das wären<br />
zusammen knapp 26 Kilometer. Die 13-Kilometer-Tour<br />
biegt am Rand von Berghausen noch mal rechts ab, auf<br />
einen geschotterten Landwirtschaftsweg, mitten übers<br />
Feld. Dort hat man noch mal eine schöne Aussicht über<br />
die Berge rund um den See.<br />
einem Reiterhof biegen wir links ab und<br />
haben anschließend eine schöne Aussicht auf<br />
11Hinter<br />
Meschede und das ganze Ruhrtal rauf Richtung<br />
Bestwig und Nuttlar:<br />
waren die 13 Kilometer. Ein schöner<br />
Mix aus historischen Gebäuden, idyllischen<br />
12Das<br />
Waldwegen und kilometerweiten Aussichten. ■<br />
Weitere Geschichten von mir gibt es in meinem Blog<br />
www.sauerland-wandern-und-wetter.blogspot.com<br />
Link zum Streckenverlauf<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 91
Elf Freunde – und eine Wildsau<br />
100 Jahre Fußball-Begeisterung in Remblinghausen<br />
Britta Melgert<br />
S. Droste, Britta Melgert & FC Remblinghausen<br />
Denken wir doch mal an die Zeit vor 100 Jahren! 1920 – der Erste Weltkrieg<br />
war vorüber, so langsam atmete man wieder auf im Sauer land.<br />
Die letzten Kriegsgefangenen kamen zurück in die Heimat. So auch<br />
Anton Hesse, der auf seinem langen Heimweg aus England neben wenigen Habseligkeiten<br />
eine braune Lederkugel mitbrachte. Er hatte dort auf der Insel Fußball<br />
spielen gelernt, und darauf wollte er künftig auch daheim nicht mehr verzichten.<br />
Ihm war klar: Er würde die sportlichsten Kerle seines Heimatortes Remblinghausen<br />
zusammentrommeln und einen Fußballverein gründen.<br />
„Die 1920er Jahre waren die große Zeit der Vereinsgründungen“,<br />
weiß Ernst Halberstadt als 1. Vorsitzender des<br />
heutigen FC 1920 Remblinghausen zu berichten. „Die<br />
Menschen lechzten damals nach etwas Neuem, nach<br />
Unterhaltung, nach Spaß. Neben den Schützenvereinen,<br />
die in fast allen Orten des Sauerlandes entstanden, wurde<br />
in etlichen Dörfern fortan auch Fußball gespielt. Und<br />
natürlich fanden sich auch hier bei uns in Remblinghausen<br />
genügend Männer, um sich auf sportlicher Ebene<br />
mit den Herren der Nachbarorte zu messen. Unter dem<br />
Namen DJK, später Turn- und Sportverein Remblinghausen,<br />
wurden fortan Meisterschaftsspiele auf Kreisebene<br />
ausgetragen.“<br />
Ein Blick in die Annalen<br />
„Fußball entwickelte sich schnell weg vom Freizeitvergnügen<br />
in Richtung Sport. Auch die Elf aus Remblinghausen<br />
Elisabeth Schulte<br />
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92 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Die allererste Mannschaft mit Trainer<br />
Vereinsgründung im Mai 1920<br />
wurde von Jahr zu Jahr besser, bis der Zweite Weltkrieg<br />
das Vereinsleben auf Eis legte“, kann Halberstadt aufgrund<br />
alter Vereins-Unterlagen erzählen. Der älteste,<br />
heute noch lebende Spieler hat erst bei den Meisterschaftsspielen<br />
ab 1945 zum Erfolg der Mannschaft<br />
beigetragen.<br />
Durch den Gewinn der Weltmeisterschaft<br />
1954 war ganz Deutschland im Fußball-<br />
Rausch. Auch für das Team aus Remblinghausen<br />
konnten immer wieder<br />
heimische Jungs motiviert werden, sich<br />
als kleiner Fritz Walter oder Franz Beckenbauer<br />
zu versuchen. „Bis hinein in<br />
die 1970er Jahre waren Schuljahrgänge<br />
mit über 30 Kindern der Normalfall,<br />
und von den Jungs gingen eigentlich alle<br />
noch vor der Ersten Heiligen Kommunion<br />
zum FC“, erinnert sich Ernst Halberstadt.<br />
„Unsere Nachwuchsarbeit war immer hervorragend,<br />
kann sich auch heute noch sehen lassen. Was früher<br />
die Bolzplätze im Dorf für die heranwachsende Jugend<br />
waren, ersetzt inzwischen unser schönes Kleinspielfeld,<br />
das jedem jungen und alten Sportler frei zugänglich ist.“<br />
Ein besonderer Deal machte den Verein berühmt<br />
Und so kam es in all den Jahrzehnten immer wieder<br />
zu erfolgreichen Mannschaften, die oft nur aus Remblinghauser<br />
Jungs bestanden. Immer mit dabei: Die<br />
große Schar der Fans, die nicht nur bei Heimspielen als<br />
Zwölfter Mann fungierten. „Der FC war und ist hier im<br />
Ort immer ein ergiebiges Gesprächsthema“, lacht Halberstadt,<br />
und dann kommt die alte Geschichte von der<br />
Wildsau wieder auf den Tisch. Sie ist aber auch zu schön,<br />
um in Vergessenheit zu geraten.<br />
„Es war 1950“, so Halberstadt, „irgendwann<br />
kamen Gerüchte auf, dass der<br />
Erstligist Preußen Münster sich die Ehre<br />
geben wollte, den kleinen, sauerländischen<br />
Kreisligisten auf ein Freundschaftsspiel<br />
zu besuchen. Da stand ganz<br />
Remblinghausen Kopf.“ Die Münsteraner<br />
hatten jedoch eine Bedingung<br />
gestellt: Sie verlangten für ihr Kommen<br />
kein Geld, kein Bier, kein Trallala, sondern<br />
eine frisch geschossene Wildsau. „Natürlich<br />
konnten wir das einrichten“, schmunzelt Halberstadt,<br />
„aber durch diesen ungewöhnlichen Deal hatten wir unseren<br />
Spitznamen weg. Weit über die Mescheder Grenzen<br />
hinweg sind wir seitdem als die Wildsau-Elf bekannt.<br />
Einmalig in Deutschland!“<br />
Ernst Halberstadt<br />
Landesliga und DFB-Pokal<br />
Auch der KICKER berichtete 1986 in dicken Überschriften<br />
über die Wildsäue, die als Außenseiter im DFB-Pokal<br />
angetreten sind und dann doch die erste Hauptrunde<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 93
erreicht haben. DFB-Pokal? Ja richtig, inzwischen hatte<br />
sich der FC Remblinghausen fleißig nach oben gespielt.<br />
„Wer erinnert sich nicht an die großen Jahre unter Trainer<br />
Uli Nieswand? 1978 schafften wir mit ihm unseren ersten<br />
Aufstieg in die Landesliga. Was haben wir da gefeiert“, erinnert<br />
sich Ernst Halberstadt, der selbst als Mittelstürmer<br />
für den FC aktiv war. Goldene Jahre!<br />
Jetzt wird investiert und gefeiert<br />
Aktuelle A-Mannschaft Herren<br />
Und heute? Zwei Senioren-Mannschaften gehen für<br />
Remblinghausen ins Rennen. Und seit Jahren gibt es auch<br />
ein erfolgreiches Damen-Team, dazu sechs Jugendmannschaften<br />
und natürlich die Alten Herren. Zusätzlich ist<br />
man stolz auf die Tennis-Abteilung. Der kleine Verein von<br />
einst hat sich gemausert!<br />
Hundert Jahre Vereinsgeschichte werden in Kürze voll –<br />
da will man Zeichen setzen. Ein neuer Kunstrasenplatz<br />
soll den Ascheplatz ablösen. Trotz wesentlicher Zuschüsse<br />
der Stadt sind erhebliche Summen vom Verein aufzubringen.<br />
Remblinghausen sammelt und spendet, aber auch<br />
Gelder von Sympathisanten aus anderen Orten werden<br />
gern angenommen. Und man will groß feiern. Ein Hoch<br />
auf alle Aktive und Ehemalige - aber auch auf Anton<br />
Hesse, der mit seiner Begeisterung und seinem braunen<br />
Lederball ein neues Lebensgefühl nach Remblinghausen<br />
brachte. ■<br />
Aktuelles Damen Team<br />
„Unsere Nachwuchsarbeit war immer<br />
hervorragend, kann sich auch heute<br />
noch sehen lassen.“ Ernst Halberstadt<br />
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94 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
„Einmal<br />
Borusse -<br />
immer<br />
Borusse“<br />
Wolfgang „Stopper“ Paul<br />
wurde im Januar 80<br />
Markus Weber<br />
S. Droste<br />
W<br />
ie nähert man sich einer<br />
lebenden Legende? Es ist<br />
ganz einfach, wenn die<br />
Legende gerade den Papiermüll entsorgt<br />
und einen vor dem Eigenheim<br />
in Bigge-Olsberg trocken begrüßt:<br />
„So helfe ich im Haushalt!“<br />
Kaum zu glauben, dass der<br />
legendäre, frühere BVB-Kapitän im<br />
Januar bereits seinen 80. Geburtstag<br />
gefeiert hat.<br />
Die Hausarbeit ist erledigt, deshalb<br />
dürfen wir schon kurze Zeit später, einen<br />
Blick in den Keller von Wolfgang<br />
Paul werfen, „unser Privat-Museum“<br />
wie ihn Pauls Frau Almuth nennt.<br />
Der alte Lederball, der da von der<br />
Decke baumelt, trägt tatsächlich die<br />
Aufschrift „World-Cup 25, England<br />
1966“, daneben ein altes Plakat:<br />
„Die Fußballweltmeister 1974 mit<br />
Maier, Vogts, Beckenbauer, Müller,<br />
Overath, Netzer Heynckes (etc) …<br />
gegen die Prominentenauswahl BVB<br />
09 mit Tilkowski, Paul, Held, Libuda,<br />
Kurrat, verstärkt durch Pele, Eusebio,<br />
Rivera …! Da ist sie zurück, die<br />
Ehrfurcht vor der Legende.<br />
Wolfgang Paul, den sein Trainer beim<br />
BVB vom „Halbstürmer“ (früher<br />
die Position zwischen Außen- und<br />
Mittelstürmer) zum Vorstopper<br />
umfunktioniert hatte, hält 1966 als<br />
Kapitän des BVB den Europapokal<br />
der Pokalsieger in den Händen, nach<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 95
einem sensationellen 2:1-Coup beim<br />
FC Liverpool. Der größte Erfolg.<br />
Zu Recht vielfach bejubelt und<br />
beschrieben.<br />
Autokorso auf der Autobahn 1966<br />
Keiner hatte mit dem Sieg in England<br />
gerechnet, die Helden des BVB<br />
konnten froh sein, dass ihr Zeugwart<br />
eine Kiste Sekt aufgetrieben hatte, die<br />
dann am Strand von Troon* geleert<br />
wurde. Am nächsten Tag allerdings,<br />
bei der Rückkehr nach Dortmund,<br />
warteten 300.000 Zuschauer auf die<br />
Europapokalsieger. „Da dämmerte<br />
uns, dass wir etwas Großes geleistet<br />
hatten“, schaut Wolfgang Paul zurück,<br />
„irgendjemand hatte dann einige<br />
offene Autos („Glas Cabrio“, d. R.)<br />
organisiert, und wir sind vom Westhofener<br />
Kreuz bis zum Borsigplatz<br />
gefahren, ganz langsam, die Straßen<br />
voll mit Zuschauern, der andere<br />
Autoverkehr wartete …(!)“<br />
Sein persönlich bestes Spiel? Vielleicht<br />
das Halbfinale im Europapokal gegen<br />
West Ham United. „Danach hat der<br />
Vorstand von West Ham beim BVB<br />
angefragt, ob sie wohl mit mir einmal<br />
verhandeln dürften - allerdings habe<br />
ich davon erst Jahre später von einem<br />
Ex-Vorstandsmitglied erfahren“, erzählt<br />
Wolfgang Paul und schmunzelt.<br />
Auf die Frage, ob er denn dieses oder<br />
ein anderes Angebot gern angenommen<br />
hätte, kommt die Antwort fast<br />
noch schneller als aus der Pistole<br />
geschossen: „Nie im Leben! Einmal<br />
Borusse, immer Borusse!“<br />
Verletzungen - und wie man in<br />
den 50er/60er Jahren damit<br />
umging<br />
Der alte Lederball von 1966.<br />
Ein Blick ins „Privat-Museum“.<br />
Allerdings - hart war es schon<br />
manchmal, das Leben als Fußballprofi.<br />
„Nach Kopfballduellen mit<br />
Lothar Emmerich sind wir beide<br />
zweimal direkt vom Training ins<br />
Krankenhaus gefahren - beide mit<br />
der gleichen Platzwunde.“ Fuß- und<br />
Knieverletzun gen gab es, ebenso wie<br />
heute - mit allerdings wesentlichen<br />
Unterschieden, was die Heilung<br />
anging: “Für eine Meniskusoperation<br />
lag ich 21 Tage lang in Hellersen.“<br />
Arthroskopie war eben noch ein<br />
Fremdwort. Die sogenannte „REHA“<br />
bestand dann zunächst aus Schonung,<br />
später täglich einmal schwimmen<br />
gehen…<br />
Auch eine andere Anekdote zeigt,<br />
wie ausbaufähig das Wissen über<br />
die Bedürfnisse eines Leistungssportlers<br />
vor circa 60 Jahren noch war:<br />
„Trinken war verpönt, egal ob beim<br />
Training oder Spiel. Wasser wurde<br />
ohnehin sehr selten getrunken. So<br />
sind wir dann – häufiger als eigen-<br />
96 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
Aktiv relaxen !<br />
tlich nötig - unter dem Vorwand, auf die Toilette zu müssen, in die<br />
Waschräume verschwunden, um wenigstens den ein oder anderen<br />
Schluck Wasser zu ergattern.“ Einfach unglaublich.<br />
WALDSAUNA<br />
SOLEBAD<br />
FREIZEITBAD<br />
Fußballmeister – Uhrmachermeister - Ehrenmann<br />
Nachdem die Karriere des BVB-Käptn´s verletzungsbedingt leider<br />
früh endete, war der Fußballer Paul froh, sich neben dem Sport ein<br />
berufliches Standbein aufgebaut zu haben. In der Uhrmacherwerkstatt<br />
seines Onkels in Schwerte hatte er gelernt und gearbeitet. Und zwar<br />
nach den beiden täglichen Trainingseinheiten beim BVB. „Wenn ich<br />
abends von Dortmund nach Schwerte kam, lagen da die noch unerledigten<br />
Reparaturen des Tages. Bis zum nächsten Morgen musste alles<br />
fertig sein, da der Kunde dies erwartete. Also wurde auch schon mal bis<br />
tief in die Nacht gearbeitet …“.<br />
Später wurde Wolfgang Paul auch hier (Uhrmacher-) Meister seines<br />
Fachs. Sein eigenes Uhrengeschäft inklusive Werkstatt, das er in Bigge-Olsberg<br />
von seinem Vater übernommen hatte, wurde erst vor zwei<br />
Jahren geschlossen. Beim Hinausgehen kommen wir kurz auf den<br />
nächsten Tag zu sprechen. Champions League, Paris St. Germain ist in<br />
Dortmund zu Gast. Wolfgang Paul ist natürlich im Stadion, zusammen<br />
mit seiner charmanten Frau Almuth. Paris St. Germain? Da ist doch<br />
jetzt Thomas Tuchel Trainer, der im Mai 2017, nur einem Monat nach<br />
einem Attentat auf den BVB-Mannschaftsbus, bei der Borussia rausgeworfen<br />
wurde. Hochkochende Emotionen, wochenlanges mediales<br />
Getöse waren die Begleiterscheinungen. Wolfgang Paul sagt nur wenige<br />
Worte in seiner für ihn typischen, ruhigen Art: „Thomas Tuchel ist ein<br />
fachlich herausragender Trainer. Wenn es - aus welchen Gründen auch<br />
immer - aber mensch lich nicht mehr passt, muss man sich eben trennen.<br />
So ist das im Leben.“<br />
Eine sachliche Bestandsaufnahme, die durch Ihre Aufrichtigkeit,<br />
Geradlinigkeit, Fairness, und vor allem auch durch ihre Unaufgeregtheit<br />
besticht. Menschliche Attri bute, die man in der Glitzer-, Geld- und<br />
Show-Welt des Fußballs der Gegenwart leider mit der Lupe suchen<br />
muss. Nicht nur ein toller Fußballer, sondern auch ein toller Mensch,<br />
dieser Wolfgang Paul. ■<br />
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Der Zauber einer Kampfkunst<br />
Wenn der Großmeister spricht, hören die Schüler<br />
aufmerksam und gebannt zu<br />
Inga Bremenkamp<br />
„K<br />
arate ist kein Sport. Karate ist<br />
eine Kampfkunst. Es geht darum,<br />
durch Bescheidenheit und Ruhe im<br />
Mittelpunkt zu stehen. Hier geht es nicht um den<br />
Pokal. Nicht um den Wettkampf. Hier geht es darum,<br />
seine Mitte zu finden und anderen dabei zu<br />
helfen“, erklärt Bruder Marcus, der in Meschede<br />
als Karate-Großmeister seit über 15 Jahren Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene die Kampf kunst<br />
lehrt.<br />
Das Ziel, Kämpfe zu vermeiden<br />
„Fast alle spielen Fußball. Auf dem Schotter kann man sich<br />
aber mächtig wehtun. Beim Karate ist das anders. Da verletzt<br />
man sich nicht ganz so schnell. Deshalb mache ich das. Und: Es<br />
macht Spaß, richtig viel Spaß“, sagt der 6-jährige Jonah, einer der<br />
Weißgurte unter den Karateschülern von Bruder Marcus. In der<br />
Kampfkunst geht es laut dem Großmeister immer darum, den<br />
Kampf zu vermeiden. Karate sei eine reine Selbstverteidigung und<br />
stets eine Reaktion auf ein Verhalten eines anderen Menschen.<br />
„Ich wollte Karate machen, damit ich mich selbst verteidigen<br />
98 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
und schützen kann“, erklärt Noah, der Zwillingsbruder von<br />
Jonah, der sich seit seinem Start in den Kursen von Bruder<br />
Marcus sicherer und stärker fühlt.<br />
Na wo will die Fliege denn hin?<br />
„Ich selbst habe sehr früh mit der Kampfkunst angefangen<br />
und hatte selbst einen Meister aus Japan. Ich weiß, wie<br />
man Kinder trainiert und was wichtig ist. In den ersten<br />
Probestunden beobachte ich die Neulinge zunächst und<br />
schaue, was der- oder diejenige braucht“, berichtet der<br />
Großmeister des Benediktiner Klosters in Meschede, der<br />
seine Mönchskutte zweimal pro Woche gegen den Karateanzug<br />
teilt, um seine jüngsten Schüler zu unterrichten.<br />
„Joschua ist mit dem blauen Gürtel aktuell der Weiteste<br />
unserer Kindergruppe. Als er hier anfing, war er ein richtiger<br />
Träumer. Wenn er eine Fliege gesehen hat, ist er mehr<br />
oder weniger hinterhergeflogen und hat geschaut, wo die<br />
Fliege denn wohl hin will. Ich habe Joschua lange gelassen<br />
und ihm seinen Raum gegeben. Eines Tages hat’s dann<br />
‚Klick‘ gemacht und er ist abgegangen wie eine Rakete. Er<br />
ist jetzt richtig gut“, lobt Bruder Marcus seinen Schützling,<br />
der während unseres Interviews ganz spontan den ersten<br />
Teil des Trainings angeleitet und durchgeführt hat.<br />
Liebe, Ehre, Respekt und Ehrlichkeit<br />
„Mir ist wichtig, dass hier jeder jedem hilft. Dass die Kinder<br />
lernen, Verantwortung zu übernehmen und früh selbst zu<br />
unterrichten“, sagt Bruder Marcus, der seine Schule auf vier<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 99
Säulen aufbaut: Liebe, Ehre,<br />
Respekt und Ehrlichkeit.<br />
Dass diese Säulen nicht<br />
nur ein theoretisches<br />
Konstrukt sind, sondern<br />
in der Karateschule<br />
aktiv gelebt<br />
werden, wird direkt<br />
am Eingang der neuen<br />
Räumlichkeiten direkt<br />
neben dem Klosterladen<br />
und der Kirche<br />
deutlich. „Sensei, Konnichiwa“,<br />
erklingt aus jedem<br />
Mund der jungen Schüler,<br />
die ihrem Großmeister vor der<br />
Umkleidekabine begegnen und sich<br />
vor ihm verbeugen. „Die Worte bedeuten so<br />
etwas wie ‚Guten Tag, Lehrmeister‘ und zeigen, gekoppelt<br />
mit der Verbeugung, ihren Respekt. Respekt und Höflichkeiten<br />
sind wie die Disziplin in der Kampfkunst etwas<br />
sehr Bedeutsames“, erklärt der 42-Jährige, der mit der<br />
Kampfkunst vor 33 Jahren begonnen hat und seine Schüler<br />
auf ihrem Weg ab und zu absichtlich auf eine harte Probe<br />
stellt.<br />
Durch Niederlagen wachsen<br />
„Jeder Schüler möchte Schritt für Schritt einen höheren<br />
Rang, sprich einen speziell eingefärbten Gürtel, erreichen.<br />
Zweimal im Jahr stehen Prüfungen an, die ich als<br />
Großmeister selbst abnehmen darf. Mir ist wichtig, dass<br />
meine Schüler auch lernen, mit vermeintlichen Niederlagen<br />
umzugehen. Ich lasse jeden eigentlich durch mindestens<br />
eine Prüfung fallen,<br />
um ihnen zu zeigen, dass das<br />
nichts Schlimmes ist. Mir<br />
ist wichtig, dass sie lernen,<br />
dass sie auch in Momenten<br />
des Versagens nicht<br />
alleingelassen werden<br />
und optimistisch in die<br />
Zukunft blicken, indem<br />
sie sich sagen, dass sie die<br />
Prüfung dann halt beim<br />
nächsten Mal meistern<br />
werden“, berich tet der<br />
Karatelehrer, der weiß, dass die<br />
Kampfkunst in vielen Lebenslagen<br />
helfen kann. „Ich selbst war als<br />
Kind schwer asthmakrank. Die spezielle<br />
Atmung der Karatekunst hat mir geholfen, nach<br />
zwei, drei Jahren ohne Sauerstoffmaske auszukommen und<br />
mich über das Training immer weiter aufzubauen. Das hat<br />
mich natürlich so begeistert, dass ich nie wieder aufhören<br />
mochte“, berichtet Bruder Marcus, der mich gemeinsam<br />
mit seinen Schülern, ihrem auffällig höflichen Verhalten<br />
und ihrer Liebe zur Kampfkunst verblüfft und ein Stück<br />
weit verzaubert hat. ‚Sayonara‘ – auf Wiedersehen. ■<br />
„Mir ist wichtig, dass die Schüler lernen, dass<br />
sie auch in Momenten des Versagens nicht<br />
alleingelassen werden und optimistisch<br />
in die Zukunft blicken.“<br />
Karatelehrer Bruder Marcus<br />
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100 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
<strong>Frühling</strong>sanfang ist<br />
der 21. März …<br />
Christel Zidi<br />
Das haben wir früher in der Schule gelernt. Seit<br />
1983 gab es dem 21. März als <strong>Frühling</strong>sbeginn<br />
nur noch alle vier Jahre. Und seit 2012 ist der<br />
20. März offiziell der Beginn. Aber warum ist das so?<br />
Nun, der <strong>Frühling</strong>sanfang richtet sich nach der Sonne.<br />
Wenn diese genau senkrecht über dem Äquator steht, also<br />
beide Häften der Erde gleichmäßig beschienen werden, ist<br />
das der Beginn des <strong>Frühling</strong>s bzw. des Herbstes.<br />
Das Jahr hat genau 365 Tage, 5 Stunden und 49 Minuten.<br />
Alle vier Jahre kommen so 23 Stunden und 16<br />
Minuten hinzu, die wir mit einem Schalttag ausgleichen,<br />
mit einem ganzen Schalttag wohlgemerkt, also 24 Stunden.<br />
So wandert der <strong>Frühling</strong>sanfang jedes Jahr um eine<br />
3/4 Stunde zurück. Würde das nicht ausgeglichen, würde<br />
nach vielen Jahrhunderten schon im Dezember der <strong>Frühling</strong><br />
beginnen.<br />
Das muss ausglichen werden: In den Jahren 1700, 1800<br />
und 1900 wurde der Schalttag ausgelassen. Ebenso wird<br />
es wieder 2100 sein. Völlig ausgeglichen ist die Verschiebung<br />
dadurch allerdings noch nicht. Und so wird bis zum<br />
Jahr 2100 der <strong>Frühling</strong> wohl am 19. März beginnen.<br />
Aber nicht nur das Datum des <strong>Frühling</strong>sanfangs verschiebt<br />
sich langfristig, auch die anderen Jahreszeiten<br />
ziehen mit. Der Sommer wird ab 2020 immer öfter schon<br />
am 20. Juni beginnen, der Herbst am 22. September und<br />
der Winter zukünftig am 21. Dezember anfangen. ■<br />
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Über 40 Jahre alt und kein bisschen (Kultur)-müde:<br />
der Werkkreis Kultur Meschede<br />
Schon seit 1979 ist der älteste noch existierende Kleinkunstveranstalter des<br />
Sauerlandes im Rahmen der Kulturförderung unterwegs. Zeit für <strong>WOLL</strong>,<br />
sich den „Werkkreis Kultur Meschede“ einmal genauer anzusehen.<br />
Markus Weber<br />
Gregor Lange<br />
Josef Lödige, 1. Vorsitzender des<br />
Werkreises Kultur Meschede, ist<br />
neu im Sauerland. Na ja, „neu“ nur<br />
nach strengem, hiesigem Maßstab.<br />
Er wohnt nämlich seit fast einem<br />
Vierteljahrhundert unweit des<br />
Hennesee-Staudamms. Neu ist aber<br />
sein Ehrenamt als 1. Vorsitzender des<br />
„WKM“, dessen Vereinszweck laut<br />
Satzung „die kulturelle Arbeit auf dem<br />
Gebiet von Kindertheater, Kinderliteratur,<br />
Rock, Folk, Weltmusik, Blues,<br />
Jazz, Liedermacher, Matineen, Literatur,<br />
alternatives Theater etc.“ ist.<br />
Wert legt der WKM darauf, dass<br />
„hand- und selbstgemachte Musik“<br />
dargeboten wird, also eher nicht elektronisch<br />
erzeugte oder von berühmten<br />
Vorbildern „gecoverte“ Musik.<br />
Beispiele für erfolgreiche<br />
WKM-Veranstaltungen<br />
Josef Lödige berichtet: „Im November<br />
2019 haben wir das in Meschede<br />
altbekannte Festival „Colours of<br />
Rock“ zu Gast gehabt.“ Die Veranstaltung,<br />
die Meschede bereits in den<br />
90er Jahren mit regionalen Newcomer-Bands<br />
„gerockt“ hat, wurde<br />
anlässlich des 40-jährigen WKM-<br />
Jubiläums mit vier ehemaligen Gruppen<br />
(„Lucky Strike“, „Fragile“, „Black<br />
Forrest Cherry Cake“, „!NCEST“) auf<br />
die Bühne gebracht - ein voller Erfolg.<br />
Nur zwei Tage später waren die<br />
„Afrika Mamas“ in der Evangelischen<br />
Christuskirche zu Gast, Sängerinnen<br />
aus Südafrika, der Volksgruppe der<br />
102 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
der ein Busenfreund von Superstar<br />
Johnny Halliday war, unwiderstehlich<br />
dargeboten… Was für ein Kontrastprogramm!<br />
Zulus zugehörig. Die alleinerziehenden<br />
Mütter mit insgesamt elf Kindern<br />
thematisieren in ihren Gesängen<br />
ihre sozialen Erfahrungen aus der<br />
von Männern dominierten Welt, sie<br />
setzen sich für Gleichberechtigung ein<br />
- und dies vehement. „Tolle Solostimmen,<br />
unbändige Lebensfreude,<br />
es wird geklatscht, gepfiffen, mit der<br />
Zunge geschnalzt“, so stand es schon<br />
im Programmheft.<br />
Etwas intimer ging es dann in der<br />
Rockkneipe „Tröte“ zu, in der man<br />
„Manu Lanvin & the Devil Blues“<br />
begrüßen durfte, alter Deltablues mit<br />
frischem Classic-Rock-Elementen<br />
vom „charmanten Rauhbein“ Lanvin,<br />
Wer nun auf den Geschmack gekommen<br />
ist: Der Werkkreis Kultur holt<br />
im Frühjahr 2020 einen vielfach preisgekrönten<br />
Star der Liedermacherszene<br />
nach Meschede. Jemanden, der<br />
seit Jahrzehnten auch als Schauspieler,<br />
Autor und Komponist erfolgreich ist.<br />
Und der für sein politisches Engagement<br />
2018 eine Gastprofessur für<br />
Sozialwissenschaften an der Uni Koblenz<br />
erhalten hat. Die Rede ist von<br />
Konstantin Wecker. Am 14.05.2020<br />
wird er sein neues Programm „Solo zu<br />
zweit“ zusammen mit Jo Barnikel in<br />
der Stadthalle Meschede präsentieren.<br />
„Natürlich“, so Josef Lödige, „birgt<br />
eine so große Veranstaltung immer<br />
auch ein gewisses Risiko. Auf den<br />
Punkt gebracht, stellt sich die Frage:<br />
Kriegen wir die Stadthalle voll oder<br />
nicht…? Wir sind daher froh, Unterstützung<br />
von Seiten der Sparkasse<br />
„Mitten im Sauerland“ und vor<br />
allem auch vom Kulturamt der Stadt<br />
Meschede zu erfahren. Mit dem Kulturamt<br />
verbindet uns ja eine langjährige,<br />
fruchtbare Zusammenarbeit, die<br />
wir vielleicht in Zukunft sogar noch<br />
ausweiten können!“<br />
Denn: Der Verein mit seinen aktuell<br />
acht Vorstandsmitgliedern stellt pro<br />
Jahr circa sechs, teilweise große (und<br />
großartige) Veranstaltungen auf die<br />
Beine. „Wir sind hierbei für alles,<br />
was mit den Events zusammenhängt,<br />
zuständig“, betont Lödige, „Wir<br />
stellen den Kontakt zum Künstler<br />
her, mieten die Stadthalle (oder eine<br />
andere Location), kümmern uns um<br />
das Sicherheits- und Thekenpersonal,<br />
das Catering…“<br />
· Sonderladungsträger und Transportgestelle<br />
für die Automobil- oder<br />
Automobilzulieferindustrie<br />
· Folienrollengestelle für die Folienherstellung<br />
oder Folienweiterverarbeitung<br />
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Blocklager-System für flexible<br />
Blocklagerung<br />
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Fenster- oder Automobilscheiben<br />
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Motorrädern oder für den Versand für<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 103<br />
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Auf Nachwuchssuche<br />
40 Jahre besteht der Werkkreis<br />
nun. Und nach dem Willen der<br />
Macher soll es auch noch viele Jahre<br />
weiter gehen mit der ehrenamtlich<br />
organi sierten Kultur in Meschede.<br />
Aller dings sind einige der Mitglieder<br />
- auch im Vorstand - inzwischen<br />
längst im Rentenalter angekommen.<br />
Daher werden Josef Lödige und seine<br />
Vorstandskollegen Christiane Arens,<br />
Jürgen Alliger und Josef Grewe in diesem<br />
Jahr aktiv auf Nachwuchssuche<br />
gehen.<br />
Hierbei geht es nicht darum, Jugendliche<br />
in ihrer ohnehin knapp bemessenen<br />
Freizeit zu regelmäßigen<br />
Terminen zu verpflichten. Vielmehr<br />
sollen die Jugendlichen etwas Eigenes<br />
machen, selbst ihre Ideen in Projekte<br />
einbringen - sei es im Bereich des<br />
Jugendtheaters, auf der Kleinkunstoder<br />
der Musikbühne.<br />
„Erste Kontakte zu den Schulen<br />
sind geknüpft. Eine Schülerin aus<br />
Meschede macht bereits bei der<br />
Bochumer Initiative „Theater total“<br />
mit, bei der 30 Jugendliche aus ganz<br />
Nordrhein-Westfalen ein Theaterstück<br />
einüben. Shakespeares Komödie<br />
„Sommernachtstraum“ ist das Thema<br />
in diesem Jahr. Am 5. Mai wird<br />
„Theater total“ auf seiner NRW-<br />
Rund reise in Meschede Halt machen<br />
und das Stück aufführen.<br />
„Generell sind wir offen für alle,<br />
die unter unserem Label Kunst und<br />
Kultur in Meschede leben möchten.<br />
Und wir werden dies auch bei den<br />
kommenden Veranstaltungen aktiv<br />
kommunizieren“, so Josef Lödige<br />
abschließend.<br />
Bleibt zu hoffen, dass sich noch mehr<br />
Leute für das tolle Kulturangebot der<br />
Stadt Meschede und des Werkreises<br />
Kultur Meschede begeistern, um auch<br />
zukünftig derart außergewöhnliche<br />
Darbietungen genießen zu können! ■<br />
<strong>WOLL</strong> verlost 2 x 2 Karten für das<br />
Konstantin-Wecker-Konzert<br />
Am 14.05.2020, 20.00 Uhr, tritt Konstantin Wecker<br />
erstmals in der Stadthalle Meschede - gemeinsam mit<br />
Jo Barnikel - im „Solo zu zweit“ auf.<br />
„Poesie und Musik können vielleicht die Welt nicht verändern, aber sie können denen Mut machen,<br />
die sie verändern wollen.” Dies ist und bleibt der Wunsch des Liedermachers Konstantin Wecker.<br />
Wer Karten für einen tollen Abend mit Konstantin Wecker und Jo Barnikel gewinnen,<br />
schickt uns bitte eine Mail an gewinnspiel@axo.media.<br />
Es gelten die Bedingungen zur Teilnahme an Gewinnspielen der axo.media west GmbH unter<br />
https://www.axo.media/teilnahmebedingungen/. Der Rechtsweg sowie eine Barauszahlung von<br />
Sach- oder Ticketgewinnen ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 30.04.2020.
Fern-<strong>WOLL</strong><br />
Köln, Miami, Toulouse oder Perth. Sauerland ist überall.<br />
Sonja Heller<br />
Leonhard Frye<br />
Im<br />
Fern-Woll geht es um die Sicht auf uns von außen. Auswärts<br />
lebende Sauerländer und Besucher, die von ganz woanders weg<br />
kommen: Was verbinden sie mit Worte, Orte, Land & Leute?<br />
Ich bin Leonard,<br />
gebürtiger<br />
Sauerländer aus<br />
Menden. Seit zwei<br />
Jahren lebe ich in<br />
Paris und studiere<br />
dort Politik und<br />
Volkswirtschaftslehre.<br />
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Team Kramer<br />
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für Energie- und Gebäudetechniker<br />
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Ausbildungsbeginn: 01. August<br />
Worte<br />
Mit Schmackes, so wird eigentlich<br />
alles hier gemacht und auch Stümecken,<br />
so darf mich aber nur meine Oma<br />
nennen.<br />
Orte<br />
Die Sorpe! Nirgendwo kann man<br />
sich im Sommer so gut abkühlen und<br />
campen.<br />
Land<br />
Wälder, Berge, Stauseen und Kneipen<br />
– das ist für mich das Sauerland.<br />
Leute<br />
Onkel Heinz, der spricht noch so<br />
richtig mit Sauerländer Akzent und<br />
kann auch platt. ■<br />
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<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 105
Zehn Jahre Fußball-Ferienfreizeit<br />
TuRa Freienohl<br />
60 Kinder und ihre Trainer erobern die Küppelkampfbahn<br />
Anke Kemper<br />
S. Droste<br />
Die letzte Sommerferienwoche steht bei vielen sportbegeisterten Kindern und deren Eltern fest auf dem<br />
Terminplan, denn die Fußball-Ferienfreizeit des TuRa ist das Highlight im Ferienangebot in Freienohl.<br />
Und wer einmal dabei war, kommt immer wieder. In diesem Jahr jährt sich dieses besondere Ereignis zum<br />
zehntn Mal. Und wieder erwartet die Kinder ein abwechslungsreiches Sport- und Freizeitprogramm mit einem<br />
eingespielten Betreuer- und Trainerteam - allen voran Tanja Koßmann, die ab diesem Jahr nach langjähriger Vorstandsarbeit<br />
als Trainerin dabei sein wird.<br />
Morgens 10 Uhr auf der Küppelkampfbahn im Ohl.<br />
Tanja Koßmann läutet eine Handglocke und begrüßt ihre<br />
„Mannschaft“. 60 Mädchen und Jungen im Alter von sechs<br />
bis dreizehn Jahren sitzen auf den Holzbänken und warten<br />
geduldig, bis die Anwesenheitsliste gecheckt ist, bevor<br />
es losgeht. An den mehrfarbigen T-Shirts erkennt man,<br />
in welche Gruppe und zu welchem Trainer sie eingeteilt<br />
wurden. „Die meisten, die heute als Trainer und Betreuer<br />
106 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
dabei sind, haben auch zunächst als Ferienkind am Camp<br />
teilgenommen“, beginnt Tanja Koßmann. „Im ersten Jahr<br />
waren es nur 35 Kinder, mittlerweile nehmen wir bis zu 60<br />
Kinder auf“, erklärt die engagierte 45-Jährige weiter. Schon<br />
bereits eineinhalb Tage nach Bekanntgabe ist das Fußballcamp<br />
ausgebucht. Diejenigen, die schon mal dabei waren,<br />
werden für die zukünftige Ferienfreizeit zuerst gefragt,<br />
dann erst rücken die Nächsten nach.<br />
Es geht um Kondition und Technik, aber auch die Taktik<br />
beim Fußballspiel wird geschult. Das Erlernte können<br />
die Kids bei Wettbewerben gegeneinander oder dem<br />
Abschlussspiel gegen die Eltern messen. Am Wichtigsten<br />
dabei ist der Spaß - den alle daran haben. Und auch Tanja<br />
Koßmann scheint diese Aufgabe nach wie vor Freude zu<br />
machen. „Ich habe ein dickes Fell und eine Familie, die dahintersteht“,<br />
erzählt sie weiter. Denn das Engagement für<br />
dieses Projekt ist sehr groß. An fünf Tagen in der Woche<br />
von zehn bis siebzehn Uhr Programm für die Kids, das<br />
heißt Planung und Organisation. Die ersten Vorbereitungen<br />
beginnen bereits im Januar, im April treffen sich dann<br />
die Trainergruppen und entscheiden über das diesjährige<br />
Thema.<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 107
Neben dem Fußballtraining verbringt die gesamte Gruppe<br />
einen Tag im Schwimmbad in Freienohl und einmal findet<br />
eine Fahrt mit dem Bus zum Ketteler Hof statt. Am letzten<br />
Tag der Ferienfreizeit gibt es für die Kinder eine Tombola.<br />
Das bedeutet, dass Sponsoren gesucht werden müssen, die<br />
das Projekt unterstützen. „Auch viele Eltern packen mit an,<br />
spenden Kuchen oder helfen mittags beim Essen verteilen“,<br />
fügt sie hinzu.<br />
Zehn Jahre Fußballferiencamp und Tanja Koßmann an<br />
vorderster Front dabei - zunächst als Jugendleiterin, im<br />
letzten Jahr als stellvertretende Jugendleiterin. Ab diesem<br />
Jahr ist sie nicht mehr im Vorstand tätig. „Da muss mal<br />
frischer Wind rein“, sagt sie und lacht. Dass sie trotzdem<br />
bei diesem Herzensprojekt als Organisatorin und Trainerin<br />
dabeibleibt, ist für sie ganz klar. Alles Ehrensache, woll? ■<br />
Trainerin Tanja Koßmann.<br />
· Tipps und Trends rund um den<br />
<strong>Frühling</strong> und das Osterfest<br />
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108 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
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Egal ob Pflasterstein, Waschbeton, Holz, Dachpfanne<br />
oder Fassade: All diese Materialien sind der Witterung<br />
ausgesetzt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich Algen,<br />
Flechten & Co. ansetzen und die ehemals schöne Fläche<br />
mit einem grünen oder schwarzen Schimmer versehen.<br />
Doch Hausbesitzer sind nicht machtlos, ganz im Gegenteil:<br />
Das Mescheder Unternehmen AGO hat es sich bereits<br />
seit 1999 zur Aufgabe gemacht, Produkte herzustellen, die<br />
Algen, Flechten und Grünbelag entfernen und die jeder<br />
Hausbesitzer bedenkenlos einsetzen kann.<br />
die Qualität. Darunter sind auch Kunden wie der Grugapark<br />
in Essen, die natürlich ein ganz besonderes Interesse<br />
an einwandfreie Gartenwege haben.<br />
AGO LAGERVERKAUF IN MESCHEDE UND NUTTLAR<br />
Vorher - Nachher Vergleich Nr. 1: Die Terrasse ist wieder völlig frei von Algen<br />
dank AGO Quart. Fotos: AGO<br />
AGO Quart ist ein ganz leichter Desinfektionswirkstoff, mit<br />
dem der Anwender langfristig reinigen kann (bei nur einmaligem<br />
Auftragen). 15-18 Monate lang wird die mit grünen<br />
Belägen (z.B. Algen) befallene Oberfläche leicht desinfiziert<br />
und dadurch die Mikroorganismen abgetötet. Die Oberfläche<br />
reinigt sich quasi über die Zeit von selbst; ein Abschrubben<br />
oder Abspülen mit Hochdruckgeräten/Dampfstrahlern<br />
ist nicht notwendig, denn das Produkt ist biolgisch abbaubar.<br />
Im Jahr 2016 hat AGO den Hauptsitz von Bestwig nach Meschede<br />
verlegt. Im Gewerbegebiet „Im Schwarzen Bruch“ wie auch<br />
in Nuttlar (auf dem Gelände von Schneider Korn) betreibt das<br />
Unternehmen jeweils einen eigenen Lagerverkauf. Hier erhält der<br />
Kunde die bewährten AGO-Produkte besonders günstig.<br />
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Anwendung auf allen festen Oberflächen möglich<br />
Wirksamkeit in über 16 Jahren von Privaten und<br />
öffentlichen Anwendern bestätigt.<br />
Terrassen und Wege können Hausbesitzer selbst reinigen.<br />
Bei Dächer und Fassaden geht das in der Regel nicht mehr<br />
so einfach. Speziell im Sauerland bietet AGO daher auch<br />
die Dach- und Fassadenreinigung als Dienstleistung an.<br />
AGO ist mit dem Internet groß geworden: Immerhin<br />
mehr als 130.000 Stammkunden hat das innovative Unternehmen<br />
bereits überzeugt – allein das spricht schon für<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 109<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2018 - 23
Männerpalaver auf Sauerländisch<br />
Wenn Männer über „Heimat“ reden<br />
Ellen Sonneborn<br />
S. Droste<br />
E<br />
ine ungewöhnliche Idee.<br />
Männer die sich zum Reden<br />
treffen. Sauerländer<br />
Männer. Wo doch dem Sauerländer<br />
im Allgemeinen, vor allem<br />
aber dem Sauerländer Mann als<br />
solcher, der Ruf voraneilt, schweigsam<br />
- ja sogar mundfaul zu sein.<br />
“Männerpalaver?“. Was bitte soll<br />
das sein? Eine Philosophenrunde?<br />
Eine Männerrunde am Lagerfeuer<br />
mit Friedenspfeife und Ritualen?<br />
Ein Männergesprächskreis? Ein Jour<br />
Fixe? Oder von allem etwas?<br />
Von allem etwas<br />
ist tatsächlich die Antwort, die das<br />
Männerpalaver in Gänze und am<br />
authentischsten umschreibt. Denn für<br />
die Teilnehmer des seit zwölf Jahren<br />
bestehenden Männergesprächskreises<br />
ist das Palaver, das jeden ersten Montag<br />
im Monat stattfindet, ein geschätztes<br />
Ritual, bei dem es sowohl anspruchsvoll<br />
als auch locker, humorvoll und<br />
emotional zugehen kann. „Es gibt keine<br />
Denk- oder Sprechverbote in unserer<br />
Runde“, erklärt Michael. Er kommt<br />
seit acht Jahren regelmäßig aus Erwitte<br />
zum Palaver. „Ich schätzte vor allem<br />
den wertschätzenden und respektvollen<br />
Umgang untereinander“, sagt er.<br />
Regeln und Respekt<br />
Neben dem gegenseitigen Respekt<br />
verfügt das Männerpalaver aber auch<br />
über fixe Regeln. Diese geben dem<br />
Gesprächskreis nicht nur einen sicheren<br />
Rahmen, sondern dienen auch der ungezwungenen<br />
und offenen Atmosphäre,<br />
die die Herrenrunde so sympathisch<br />
110 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
„<strong>WOLL</strong> ist Papier gewordene Heimat“<br />
Männerpalaver<br />
macht. Zuhören, auch mal gemeinsam<br />
schweigen können, vor allem aber jeden<br />
ausreden und das Gesprochene in der<br />
Runde zu belassen, also Verschwiegenheit,<br />
sind feste Grundsätze des Palavers.<br />
Themenvielfalt statt Stammtischparolen<br />
„Wir ekeln uns vor nix!“ ist die knappe<br />
Antwort, die ich von Hans-Jürgen<br />
auf meine Frage nach den Gesprächsthemen<br />
des Männerpalavers erhalte.<br />
„Nein, mal im Ernst“, erklärt er nachfolgend,<br />
„von ’Männer und der Herbst<br />
des Lebens’, bis hin zu ’Männer und<br />
Autos’ haben wir hier schon so einiges<br />
palavert. Meist sind es Themen, die uns<br />
bewegen.“ Im eigenen Interesse machen<br />
die Herren lediglich um die Politik und<br />
die daraus resultierenden Stammtischparolen<br />
einen möglichst großen Bogen.<br />
Männer und Heimat, <strong>WOLL</strong><br />
Für den <strong>WOLL</strong>-Besuch widmet sich<br />
das Mescheder Männerpalaver, wie<br />
sollte es anders sein, dem Thema<br />
“Männer und Heimat“. Mit einer<br />
Definition über Heimat eröffnet Lothar<br />
das Palaver. Nachdenkliches Zuhören.<br />
In Folge hat fast jeder der Anwesenden<br />
etwas beizutragen. „Glaube, Sitte,<br />
Heimat“ ist eine der ersten Anmerkungen,<br />
die fallen. Persönliche Geschichten<br />
über die Wahlheimat Sauerland<br />
und das Heimatgefühl im Sauerland<br />
finden Gehör. Begrifflichkeiten wie<br />
alte Heimat, zweite Heimat, geistige<br />
Heimat, Heimat Europa, Heimatvertriebe<br />
und Buiterlinge machen ebenfalls<br />
die Runde. Auch für Assoziationen,<br />
wissenschaft liche Erkenntnisse - wie<br />
neurobiologische Zusammenhänge zwischen<br />
Gerüchen und Heimatgefühlen<br />
- ist Zeit und Raum. Ein unterhaltsamer<br />
Abend unter Sauerländer Männern<br />
formt sich zu dem, was es ist und sein<br />
soll, einem Männerpalaver mit Niveau<br />
und Leichtigkeit, aus dessen Reihen<br />
auch die wunderbare Aussage stammt:<br />
<strong>WOLL</strong> ist Papier gewordene Heimat! ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020 - 111
Die Sauerländer Hanse<br />
<strong>WOLL</strong> Extraausgabe zu den Briloner Hansetagen<br />
Schon lange vor der heutigen Zeit,<br />
waren die Sauerländer Städte über<br />
die Hanse eng miteinander und<br />
mit der ganzen, damals bekannten<br />
europäischen Welt, verbunden.<br />
Die 40. Internationalen Hansetage<br />
vom 4. bis zum 7. Juni 2020 in<br />
Brilon bieten eine hervorragende<br />
Möglichkeit, um die „Sauerländer<br />
Hanse“ als frühen Inbegriff einer<br />
überkommunalen Zusammenarbeit<br />
darzustellen.<br />
Wir von <strong>WOLL</strong> werden dazu ein<br />
extradickes <strong>Magazin</strong> „Die Sauerländer<br />
Hanse“ herausgeben, welches ab Mitte<br />
Mai 2020 im Z eitschriftenhandel<br />
erhältlich sein wird.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.axo.media/hanse<br />
Deine Gedanken werden Zukunft<br />
112 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
März - <strong>Frühling</strong> – Zukunft<br />
Robert Dröge<br />
Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt...<br />
Generationen haben das Lied gesungen, gekannt.<br />
Heut ist das Bild nur noch Idylle pur,<br />
vom Bauern mit Pferden keine Spur.<br />
Der Traktor beherrscht die Arbeit im Feld,<br />
mit großen Maschinen wird es bestellt,<br />
der Bauer von früher ist Vergangenheit,<br />
Spezialisierung ist der Lauf der Zeit.<br />
Schweine-, Bullen- und Putenmast -<br />
was der Verbraucher will, dem Handel passt.<br />
Diskutiert wird über Klima, intakte Natur,<br />
mal ist die Wirtschaft, mal der Verbraucher stur,<br />
warum denn nur ich, was kann ich schon tun?<br />
Dabei wollen doch alle eine intakte Natur,<br />
saubere Quellen an Rhein und Ruhr,<br />
Jahreszeiten wie in vergangenen Jahren,<br />
muss dafür auch jeder persönlich sparen.<br />
Zusammen kann es uns ganz sicher gelingen,<br />
all das wieder auf „Vordermann“ zu bringen.<br />
Krempeln wir die Ärmel hoch, packen es an,<br />
nicht jammern und klagen bringt uns voran.<br />
Jeder Einzelne ist aufgerufen, gefragt,<br />
damit unsere Welt wieder Zukunft hat. ■<br />
Alter Bahnhof<br />
Sichtigvor am Radweg<br />
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· Getränke der Warsteiner Gruppe, Bier, Weizen<br />
· große Auswahl an alkoholfreien Getränken<br />
· Bowle, Spirituosen,Kaffee, Cappuccino u.v.m.<br />
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· Montags Ruhetag, Dienstag - Freitag ab 16 Uhr<br />
· Samstag ab 15 Uhr, Sonntag 11 - 19 Uhr<br />
· Schlusszeiten sind wetterabhängig oder<br />
nach Absprache<br />
Betreiber Thomas Schulte | Römerstraße 1<br />
59581 Sichtigvor | Tel.: <strong>WOLL</strong> 02925 <strong>Frühling</strong> 25122020 - 113<br />
Handy: 0171 4903247
Impressum<br />
Deine<br />
Gedanken werden Zukunft<br />
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Redaktionsanschrift:<br />
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<strong>WOLL</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
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<strong>2020.1</strong><br />
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Die nächste Ausgabe erscheint<br />
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114 - <strong>WOLL</strong> <strong>Frühling</strong> 2020
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