ruhrtriennale_2020_programmbuch
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Im letzten Jahr wurde ihre poetische und formstrenge Choreografie
B acchae – Prelude to a Purge bei der Ruhrtriennale gefeiert: Marlene
Monteiro Freitas ist von mythologischen Motiven inspiriert und spielt geschickt
mit Referenzen der Hoch- und der Popkultur, sie bewegt sich in
einem Spannungsfeld zwischen dem Schönen und Schrecklichen.
Für Mal – Embriaguez Divina arbeitet sie erstmalig mit einem gemischten
Ensemble aus Tänzer*innen und Schauspieler*innen. Die Gruppe formiert
sich auf einer Tribüne zum Chor, um gemeinsam den Spielarten des Bösen
auf den Grund zu gehen. Mehrfach verweist der Titel auf die Ambivalenz
des Bösen. Das portugiesische „mal“ lässt sich nicht eindeutig übersetzen:
Es meint Unbehagen, Leid, Qual, Mangel, Horror oder schlicht das
Schlechte; „embriaguez divina” markiert das Böse als göttlichen Wahn und
setzt ihm zugleich die entgrenzende Ekstase als Ausflucht entgegen.
Für Georges Bataille muss Kunst immer böse sein, als Gegenkraft zur
kontrollierenden Vernunft, während der Abgrund des Bösen eine Bedingung
für Kunst sei. Kulturhistorisch zeigt sich das Böse als handlungsbestimmende
Kraft – und das Theater wird immer wieder zu ihrem Schauplatz.
Last year her poetic and strictly formal choreography Bacchae – Prelude to
a Purge was enthusiastically received at the Ruhrtriennale. Marlene Monteiro
Freitas is inspired by mythological tropes, skillfully referencing both high
and pop culture, and is polarized between beauty and the horrendous.
For Mal – Embriaguez Divina she will work with a mixed ensemble of
dancers and actors for the first time. The group turns on a tribune into a
chorus in order to explore varieties of evil. The title makes multiple references
to the ambiguity of evil. The Portuguese word “mal” has no single, direct
translation: it can mean unease, sorrow, torment, a lack of something, horror
or simply bad; “embriaguez divina” characterises evil as a state of divine
delusion, and contrasts it equally with the escapism of boundless ecstasy.
For Georges Bataille art is always evil – the opposite force to a reason
that keeps everything under control: The abysm of evil as a prerequisite of
art. Evil turns out to be a decisive force in cultural history – with the theatre
repeatedly being the site where it is revealed.
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