Militaer_Aktuell_1_2020_NEUer
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weLtgeschehen<br />
<strong>Aktuell</strong>e Konflikte,<br />
Krisen und<br />
Analysen — S. 8<br />
tRuppenbesuch<br />
Militär <strong>Aktuell</strong> beim<br />
Pionierbataillon 2<br />
in Salzburg — S. 20<br />
militär<br />
maDe in austRia<br />
Eska liefert<br />
Qualitäts-Handschuhe<br />
für Streitkräfte — S. 46<br />
DAS NEUE<br />
ÖSTERREICHISCHE<br />
MILITÄRMAGAZIN<br />
AUSGABE 1|20<br />
EURO 3,80<br />
AKTUELL<br />
veRteiDigungsministeRin kLauDia tanneR:<br />
„Wir müssen das Bundesheer<br />
an die Herausforderungen des<br />
21. Jahrhunderts anpassen!“ — S. 32<br />
Von Black Hawk über Alouette III<br />
bis Hercules und Eurofighter:<br />
Österreichs Luftstreitkräfte<br />
im Militär <strong>Aktuell</strong>-Check.<br />
Wie steht es derzeit um die<br />
Einsatzbereitschaft? Welche<br />
Modernisierungen sind geplant?<br />
Welche Beschaffungen notwendig?<br />
schweRpunkt-thema<br />
Der große<br />
Luft-Report
E D I T O R I A L<br />
0 0 3<br />
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />
it oder ohne Eurofighter? Eine gute Frage,<br />
M<br />
die derzeit (wieder einmal) den Generalstab<br />
des Bundesheeres beschäftigt. Nach<br />
der Zuspitzung des Konflikts zwischen<br />
Österreich und dem Eurofighter-Hersteller<br />
Airbus hat Verteidigungsministerin<br />
Klaudia Tanner vor wenigen Wochen die Prüfung neuer<br />
Varianten für die Luftraumüberwachung angeregt, wie sie<br />
auch im Interview mit Militär <strong>Aktuell</strong> (nachzulesen ab Seite<br />
32) bestätigt: „Derzeit arbeiten die Experten des Hauses an<br />
den Varianten für die kosteneffizienteste Lösung der aktiven<br />
Luftraumüberwachung. Dabei sind alle Optionen offen“,<br />
so Tanner, die eine Entscheidung über die zukünftige Ausgestaltung<br />
und damit auch über die Zukunft des Eurofighters<br />
jedenfalls noch vor dem Sommer treffen möchte.<br />
Wie diese aussehen wird? Das ist aktuell selbst für unseren<br />
Experten Georg Mader, der sich seit Jahrzehnten eingehend<br />
mit der nationalen und internationalen Militärluftfahrt beschäftigt,<br />
schwer zu prognostizieren. Viel spricht aus seiner<br />
Sicht für eine (vergleichsweise kostengünstige) Aufwertung<br />
und einen Weiterbetrieb der Eurofighter-Flotte. Denkbar ist<br />
aber auch der Umstieg auf ein anderes System wie den französischen<br />
Rafale oder den schwedischen Gripen. Den vereinzelt<br />
geäußerten politischen Vorschlägen des kompletten Verzichts<br />
auf Überschalljets zugunsten von leistungsfähigen Unterschallmaschinen<br />
hat Ministerin Tanner bereits eine Absage<br />
erteilt. „In Europa gibt es kein Land, das bei der aktiven<br />
Luftraumüberwachung auf Überschall-Flieger verzichtet“, so<br />
die Ministerin. Aber: Soll der Eurofighter (oder ein alternativ<br />
zu beschaffender Jet) in Zukunft die Luftraumüberwachung<br />
komplett übernehmen? Oder wird er dabei – so wie jetzt von<br />
der Saab-105Ö, die mit Ende des Jahres allerdings altersbedingt<br />
aus dem Flugbetrieb ausscheidet – von einem anderen<br />
System unterstützt? Welche Vorteile bietet eine derartige<br />
Zwei-Flotten-Lösung? Wie steht es darüber hinaus um die<br />
anderen Flächenflugzeuge des Bundesheeres, von der PC-6<br />
bis zur C-130 Hercules? Welche Modernisierungen und<br />
Nachbeschaffungen sind in den kommenden Jahren notwendig?<br />
Und was ist bei den Hubschraubern geplant? Fragen<br />
über Fragen, die Georg Mader in den Mittelpunkt unseres<br />
8-seitigen „Luft-Schwerpunkts“ gerückt hat und ab Seite 38<br />
gewohnt informativ beantwortet.<br />
Was Sie in dieser Ausgabe außerdem erwartet? Wir haben<br />
mit IFK-Experte Walter Posch über die jüngsten Entwicklungen<br />
im Nahen Osten gesprochen (Interview ab Seite 14), dem<br />
Pionierbataillon 2 in der Salzburger Schwarzenberg-Kaserne<br />
einen Besuch abgestattet und beim Lehrgang „Taktischer &<br />
Strategischer Patientenlufttransport“ am Fliegerhorst Vogler<br />
vorbeigeschaut. Brigadier Walter Feichtinger beleuchtet auf<br />
Seite 50 die sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen<br />
Nebenwirkungen des Coronavirus für die politische Führung<br />
in China, und Viktor Kladow, Direktor der russischen Staatsgesellschaft<br />
Rostec, informiert über Gegenwart und Zukunft<br />
der russischen Rüstungsexporte (Seite 37).<br />
COV E R FOTO : TO M W E B E R / M I L P I C T U R E S .CO M FOTO S : C H R I ST I A N H U B E R<br />
Handschuhmachen wie früher<br />
In vierter Generation fertigt man bei der Firma<br />
Eska in Thalheim nicht nur feines und robustes<br />
Lederzeug für den alltäglichen Gebrauch, sondern<br />
auch erstklassige Militärhandschuhe für<br />
Streitkräfte weltweit. Bei unserem Firmenbesuch<br />
(ab Seite 46) wurde klar: Senior-Chef Paul<br />
Loos treibt auch mit 78 Jahren die Produktentwicklung<br />
voran und beherrscht nach wie vor<br />
das alte Handwerk der Handschuhmacherei<br />
(im Bild mit Chefredakteur Jürgen Zacharias).<br />
Mann hinter der Linse<br />
Fast 20 Jahre lang war Christian Huber europaweit<br />
als Consultant tätig, seine Leidenschaft gehörte<br />
aber schon damals der Fotografie. In den 2010er-<br />
Jahren hat der Oberösterreicher sein Hobby<br />
schließlich zum Beruf gemacht und sich auf exklusive<br />
Porträts, Imagefotografie und Unternehmens-<br />
Reportagen spezialisert. Für die vorliegende Ausgabe<br />
hat er unsere Besuche bei der Firma Eska<br />
und am Fliegerhorst Vogler begleitet. Infos unter<br />
www.christianhuberfotografie.at<br />
iMpressuM<br />
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M i L i t ä r a k t u e L L
0 0 4 I N H A L T<br />
INHALT<br />
020<br />
Überprüfen,<br />
Reportage: Zu Besuch<br />
beim Lehrgang „Taktischer<br />
& Strategischer<br />
Patientenlufttransport“<br />
am Fliegerhorst Vogler<br />
in Hörsching.<br />
029<br />
ausstatten und vorbereiten: Das<br />
Pionierbataillon 2 checkt den Bundesheer-Roll-out<br />
der neuen Gefechtsfahrzeuge Hägglunds BvS10AUT.<br />
„Ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir mehr Geld<br />
bekommen werden!“<br />
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner<br />
im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong><br />
032<br />
003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />
006 MOMENTUM<br />
Gipfelstürmer! Soldaten des<br />
Jägerbataillons 24 im Gebirge.<br />
008 WELTGESCHEHEN<br />
<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen<br />
aus aller Welt.<br />
010 DIE NEUE GEFAHR<br />
Künstliche Intelligenz und<br />
autonome Systeme erobern<br />
immer mehr Lebensbereiche,<br />
viele technische Entwicklungen<br />
stammen vom Militär.<br />
014 INTERVIEW<br />
IFK-Experte Walter Posch: „Die<br />
Nahost-Probleme werden auch<br />
bei uns immer spürbarer.“<br />
018 NEUES AUS DEM HEER<br />
<strong>Aktuell</strong>e Kurzmeldungen aus<br />
dem Bundesheer.<br />
020 LOKALAUGENSCHEIN<br />
Militär <strong>Aktuell</strong>-Truppenbesuch<br />
beim Pionierbataillon 2 in der<br />
Schwarzenberg-Kaserne.<br />
029 HELFEN WILL GELERNT SEIN<br />
Lehrgang: In Hörsching werden<br />
beim Lehrgang „Taktischer &<br />
strategischer Patientenlufttransport“<br />
Aeromedical Evacuation<br />
Crew Member ausgebildet.<br />
032 INTERVIEW<br />
Verteidigungsministerin Klaudia<br />
Tanner über Gegenwart und<br />
Zukunft des Bundesheeres.<br />
036 RÜSTUNGSNEWS<br />
Neuheiten aus der Welt der<br />
Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />
038 SCHWERPUNKTTHEMA<br />
Die rot-weiß-roten Luftstreitkräfte<br />
auf dem Militär <strong>Aktuell</strong>-Prüfstand.<br />
046 UNTERNEHMENS-PORTRÄT<br />
Eska reüssiert mit Qualität und<br />
Innovationsgeist am Weltmarkt.<br />
050 SCHLUSSPUNKT<br />
Kommentar: IFK-Leiter<br />
Brigadier Walter Feichtinger<br />
analysiert die sicherheitspolitsischen<br />
Auswirkungen<br />
des Coronavirus.<br />
051 INFOGRAFIK<br />
Die Leistungsmerkmale des<br />
neuen M-346FA von Leonardo.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / H E L M U T ST E G E R , C H R I ST I A N H U B E R , B U N D E S H E E R / P U S C H<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Zu Dienen und<br />
zu Schützen<br />
Der AW169 ermöglicht es die strengen und hohen Sicherheitsanforderungen des 21.<br />
Jahrhunderts zu erfüllen.<br />
Der AW169 zählt zu der neuesten Generation zweimotoriger Hubschrauber mit<br />
klassenführender Leistung und vielfältigen Kompetenzen in den anspruchsvollsten<br />
Einsatzbedingungen.<br />
Ein leistungsstarker, allwettertauglicher Hubschrauber mit modernster Ausrüstung<br />
und neu ester Standards für Leistung und Sicherheit. In entsprechender<br />
Militärversion kann der AW169 dank seiner Mehrzweckfähigkeiten eine<br />
Vielzahl von Missionen erfolgreich ausführen. Dazu zählen Truppentransport;<br />
Logistikunterstützung; Überwachung und Aufklärung; Spezialstreitkräfte; Command<br />
und Control; Medizinische Evakuierung und Evakuierung von Unfallopfer; Training;<br />
Such- und Rettungseinsätze.<br />
Inspiriert von der Vision, der Neugier und der Kreativität des großen Künstlers –<br />
Leonardo entwickelt die Technologie der Zukunft.<br />
leonardocompany.com<br />
Helicopters | Aeronautics | Electronics, Defence & Security Systems | Space
0 0 6 P A N O R A M A<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
M O M E N T U M<br />
Gebirgsausbildung<br />
Soldaten der 2. Kompanie des Jägerbataillons<br />
24 aus St. Johann in Tirol<br />
bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel<br />
des Tristkogels. Aufgenommen wurde<br />
das Bild – nach einer Nacht im Biwak<br />
in den Kitzbüheler Alpen – Anfang<br />
Jänner im Rahmen der spezialisierten<br />
Truppengebirgsausbildung.<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / F LO R I A N B R U C K N E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
EUROPÄISCHE ATOMDEBATTE<br />
Soll Europa oder nicht? Nachdem der französische Präsident<br />
Emmanuel Macron in einer Rede an der Pariser L’École de<br />
Guerre den Aufbau einer eigenen europäischen nuklearen Abschreckung<br />
vorgeschlagen hat, hat sich NATO-Generalsekretär<br />
Jens Stoltenberg auf der Münchner Sicherheitskonferenz<br />
dagegen ausgesprochen. „Wir haben schon eine<br />
nukleare Verteidigung in Europa – die der<br />
Nato“, sagte Stoltenberg. Bereits im Jänner<br />
hatte der Nato-Chef den Ausbau der<br />
Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten<br />
der Nato angekündigt.<br />
Grund dafür: Seit dem Aus des INF-<br />
Vertrags stationiert Russland atomwaffenfähige<br />
SSC-8-Raketen in Europa.<br />
SPANNUNGEN ZWISCHEN<br />
TÜRKEI UND ZYPERN<br />
Seit der Entdeckung von Gasvorkommen vor der Küste Zyperns<br />
gibt es heftigen Streit zwischen der Republik Zypern und der<br />
Türkei – beide Länder beanspruchen das Seegebiet gleichermaßen<br />
für sich. Die Regierung in Nikosia hat bereits Verträge<br />
mit internationalen Energiekonzernen über die Ausbeutung<br />
der Gasvorkommen abgeschlossen, die Türkei wiederum<br />
entsandte Bohr- und Forschungsschiffe in die Region, um ihrem<br />
Anspruch Geltung zu verschaffen. Nun scheint sich Zypern<br />
inmitten der Spannungen für eine mögliche Konfrontation<br />
zu rüsten: Die zypriotische Armee hat kürzlich Verträge<br />
in Millionenhöhe mit Raketenhersteller MBDA über die<br />
Lieferung von Mistral-Boden-Luft-Raketen und Exocet-<br />
Schiffsabwehrraketen geschlossen.<br />
„Die Europäer agieren etwas seltsam,<br />
wenn sie die Nato einspannen, um<br />
Europa vor einer möglichen<br />
Aggression Russlands<br />
zu bewahren, und<br />
gleichzeitig von<br />
russischer Energie<br />
abhängig sind.“<br />
US-Handelsminister Wilbur<br />
Ross geißelte kürzlich in einem<br />
Interview mit der Presse das Pipeline-Projekt<br />
Nord Stream 2, das Gas<br />
von Russland nach Europa bringen soll.<br />
Nord Stream 2 erhöhe die Abhängigkeit Europas von russischem<br />
Erdgas, so Ross. Die USA wollen das Projekt deshalb verhindern<br />
und haben Sanktionen gegen Firmen verhängt, die an der<br />
Pipeline mitbauen. Eine Finanzspritze von einer Milliarde Euro<br />
soll nun darüber hinaus die energiepolitische Unabhängigkeit<br />
ost- und mitteleuropäischer Länder fördern.<br />
Das globale Waffengeschäft ist laut einem kürzlich erschienenen<br />
Factsheet des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI fest<br />
in der Hand US-amerikanischer Unternehmen. Demnach entfallen<br />
rund 59 Prozent aller globalen Investitionen in Waffen und militärische<br />
Dienstleistungen auf Firmen aus den Vereinigten Staaten,<br />
gleich 43 der 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren<br />
Sitz zwischen Washington und Los Angeles. Weit abgeschlagen<br />
landen die russische und britische Rüstungsindustrie (mit einem<br />
Weltmarktanteil von 8,6 beziehungsweise 8,4 Prozent) auf den<br />
Plätzen. Unternehmen aus Frankreich, Italien, Deutschland, Japan,<br />
Israel und dem restlichen Europa spielen im Umsatz-Ranking überhaupt<br />
nur untergeordnete Rollen. Mit BAE Systems, Airbus, Leonardo<br />
und Thales haben es allerdings zumindest vier europäische<br />
Konzerne in die Top-10 der umsatzstärksten Unternehmen der<br />
Branche geschafft. Vorneweg führen mit Lockheed Martin (siehe<br />
Grafik unten), Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und General<br />
Dynamics fünf US-Unternehmen das Ranking an.<br />
DIE 10<br />
GRÖSSTEN<br />
PLAYER<br />
WELTWEIT<br />
43,1 Mrd. Euro<br />
26,6 Mrd. Euro<br />
23,9 Mrd. Euro<br />
21,4 Mrd. Euro<br />
20,1 Mrd. Euro<br />
19,3 Mrd. Euro<br />
10,6 Mrd. Euro<br />
9,0 Mrd. Euro<br />
8,8 Mrd. Euro<br />
8,6 Mrd. Euro<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
W E LT G E S C H E H E N<br />
DIE USA UND DANN LANGE NICHTS<br />
USA<br />
RUSSLAND<br />
GROSSBRITANNIEN<br />
FRANKREICH<br />
REST-EUROPA<br />
ITALIEN<br />
JAPAN<br />
ISRAEL<br />
DEUTSCHLAND<br />
INDIEN<br />
SÜDKOREA<br />
SCHWEDEN<br />
TÜRKEI<br />
SONSTIGE<br />
8,6%<br />
8,4%<br />
5,5%<br />
3,7%<br />
2,8%<br />
2,4%<br />
2,1%<br />
2,0%<br />
1,4%<br />
1,2%<br />
0,8%<br />
0,7%<br />
1,4%<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , P I C T U R E D E S K , 1 2 3 R F<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />
DIE BÜCHSE<br />
DER PANDORA?<br />
Künstliche Intelligenz (KI) hält allmählich Einzug in all unsere<br />
Lebensbereiche. Dies bringt ungeahnte Herausforderungen und<br />
Chancen mit sich. Streitkräfte bleiben davon nicht unberührt.<br />
Eine Analyse von IFK-Experte Oberst Anton Dengg.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I F K - A N A LY S E<br />
FOTO : 1 2 3 R F<br />
I<br />
nvestitionen in die KI-<br />
Forschung steigen stetig.<br />
Dennoch existiert<br />
immer noch keine einheitliche<br />
Definition<br />
von Künstlicher Intelligenz<br />
(englischer Begriff: Artificial Intelligence<br />
– AI). Die Idee ist, Maschinen<br />
zu entwerfen, die dem menschlichen<br />
Denken ebenbürtig oder sogar<br />
überlegen sind, um so den Menschen<br />
zu unterstützen. In der wissenschaftlichen<br />
Welt versteht man unter KI –<br />
einem Teilgebiet der Informatik –,<br />
dass aus einer Vielzahl vernetzter<br />
Datenmengen Muster erkannt werden.<br />
Dadurch sollen Zusammenhänge<br />
und neue selbstständige, intelligente<br />
Lösungen für Abläufe geschaffen<br />
werden – Schlagwort selbstlernende<br />
Systeme. Der Mensch ist mittlerweile<br />
nicht mehr in der Lage, die<br />
Fülle an komplexen Datensätzen in<br />
einer adäquaten Zeit zu verarbeiten.<br />
Computer mit hoher Rechenleistung<br />
aber können das und immer bessere<br />
und fortschrittlichere Computer<br />
erledigen in Kürze, wofür heutige<br />
PCs Wochen, Monate, Jahre oder<br />
gar Jahrzehnte brauchen. Sie schaffen<br />
damit auch die Voraussetzung für<br />
immer leistungsfähigere und komplexere<br />
KI und fortgeschrittene Robotertechnologie.<br />
Der weltweite Kampf um die Vorherrschaft<br />
bei Technologie ist längst<br />
in vollem Gange. Aus gutem Grund,<br />
denn: Ein Forschungsvorsprung bedeutet<br />
einen Wettbewerbsvorteil,<br />
sowohl in wirtschaftlicher als<br />
auch in machtpolitischer Hinsicht.<br />
Große Staaten und die<br />
Europäische Union konkurrieren<br />
auf diesem Technologiefeld.<br />
Das Center for<br />
Data Innovation (CDI)<br />
führte dazu eine KI-<br />
Vergleichsstudie<br />
mit dem Titel<br />
„Who is Winning<br />
the AI<br />
Race“ durch.<br />
In der<br />
Analyse<br />
werden unterschiedliche Kategorien<br />
von Forschungsanstrengungen der<br />
USA, Chinas und der EU hinsichtlich<br />
Stärken und Schwächen im Bereich<br />
der KI verglichen. Führend sind laut<br />
Studie die USA, gefolgt von China.<br />
Das Ergebnis kommt nicht überraschend,<br />
beweist das Reich der Mitte<br />
seinen Vorsprung in diesem Bereich<br />
doch immer wieder. So wird im Land<br />
beispielsweise seit Längerem mit Hilfe<br />
von KI-Gesichtserkennnung das<br />
Aufspüren von Drogenmissbrauchstätern<br />
im großen Maßstab getestet,<br />
118 Millionen Menschen beteiligen<br />
sich daran. In Zukunft soll KI auch<br />
dabei helfen, gesundheitliche Anomalien<br />
festzustellen und damit Forschern<br />
im Fall von Epidemien wie<br />
aktuell beim Coronavirus frühzeitig<br />
Möglichkeiten zum Gegensteuern<br />
geben. Mit KI sind neben vielen Vorteilen<br />
aber auch einige Gefahren verbunden<br />
– die wohl größte sind laut<br />
Meinung vieler Experten Fake News,<br />
also bewusst falsche oder verfälschte<br />
Informationen. KI könnte zur Meinungssteuerung<br />
eingesetzt werden,<br />
so die Befürchtung. Die Anzahl von<br />
mit KI gefälschten Webseiten zum<br />
Zwecke von Desinformation steigt<br />
schon jetzt besorgniserregend.<br />
Propaganda wird damit zur Waffe.<br />
Apropos Waffen: Die Drohnenentwicklung<br />
der vergangenen Jahre<br />
zeigt, dass die KI-Forschung und<br />
-Entwicklung längst auch bei Sicherheitskräften<br />
und in der Rüstungsindustrie<br />
ihren Einzug gehalten hat<br />
und die Bedeutung weiter zunimmt.<br />
In den USA wird zur Überwachung<br />
der Grenze zu Mexiko aktuell eine<br />
sogenannte „smart wall“ getestet.<br />
Dabei handelt es sich um Grenzüberwachung<br />
mittels in Kriegsgebieten<br />
weiterentwickelten Drohnen vermengt<br />
mit Gesichtserkennung. Ziel<br />
ist eine wesentlich kostengünstigere,<br />
raschere und effizientere Grenzüberwachung<br />
als durch den Bau einer<br />
realen Mauer. Forscher arbeiten aber<br />
auch daran, Drohnen in Schwärmen<br />
zum Einsatz zu bringen und damit<br />
deren Einsatzmöglichkeiten zu multiplizieren.<br />
Dabei spielen zahlreiche bis<br />
zu handtellergroße Kleinstdrohnen –<br />
entlassen aus einem Behältnis (egal<br />
ob unterwasser-, boden- oder luftgestützt)<br />
– zusammen, stimmen ihre<br />
Zielwahl untereinander selbstständig<br />
ab und verfolgen diese dann auch.<br />
Die Beispiele zeigen: KI ist drauf und<br />
dran, Streitkräfte und das Gefechtsfeld<br />
zu transformieren. Daraus ergeben<br />
sich direkte oder indirekte militärische<br />
Implikationen. Anwendungsgebiete<br />
von KI liegen bei Militärs vor<br />
allem in der Führungs-, Mobilitäts-,<br />
Wirkungs- und der Durchhaltefähigkeit.<br />
Bilderkennung mithilfe von KI<br />
und deren automatische Umsetzung<br />
unterstützt beispielsweise entscheidend<br />
die Führung im Gefecht. Eine<br />
wesentliche Kostenersparnis bringt<br />
KI bei intelligentem Nachschubwesen,<br />
wenn Material und Ausrüstung<br />
völlig autonom zum Einsatzort gebracht<br />
werden. Die Waffenwirkung<br />
wird mittels KI durch die selbstständige<br />
Zielwahl und die dazugehörige<br />
Präzision erhöht und des Weiteren<br />
haben intelligente Systeme gegenüber<br />
Militärpersonen den Vorteil, dass sie<br />
jederzeit und rund um die Uhr einzusetzen<br />
sind. Einschränkungen wie<br />
beispielsweise Müdigkeit spielen keine<br />
Rolle mehr.<br />
Der als Transhumanismus – eine<br />
Verschmelzung von Mensch und<br />
Maschine – bekannte Forschungszweig<br />
erzeugt weitere, über die schon<br />
geschilderten Beipiele hinausgehende,<br />
spektakuläre Visionen. Elon<br />
Musk, Gründer von Tesla, Space X<br />
und Neuralink schwärmte in einer<br />
Präsentation an einer US-Akademie<br />
sogar von ins Gehirn implantierten<br />
elektronischen Chips. Musk sieht in<br />
Zukunft wesentliche Vorteile in einer<br />
Verbindung von Mensch und Computer,<br />
wenngleich er darin auch Gefahren<br />
erkennt. Würde dies Realität,<br />
hätte es enorme Auswirkungen auf<br />
Streitkräfte und Konfliktbilder. Aber<br />
auch so wird KI in der Streitkräfte -<br />
entwicklung große Veränderungen<br />
herbeiführen. Kein Staat kann es sich<br />
in Zukunft mehr erlauben, seine Verteidigungsmaßnahmen<br />
ohne KI-Systeme<br />
zu planen und entsprechende<br />
Ausrüstung zu beschaffen. Dabei<br />
stellt sich die Frage: Selbst entwickeln<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 2 w e l t & s t r A t e g i e<br />
DIGITALISIERUNG DES<br />
KRIEGES In einem Strategiepapier<br />
präsentierte und visualisierte<br />
die US-Armee kürzlich<br />
ihre Vision für künstliche Intelligenz<br />
in der Kriegsführung.<br />
oder zukaufen? Ersteres ist kostenund<br />
ressourcenintensiv, Letzteres<br />
birgt stets die Gefahr potenzieller<br />
„Hintertüren“, die für Attacken oder<br />
Spionagezwecke (Schlagwort Rubikon-Affäre)<br />
genützt werden können.<br />
Dazu kommt: Das Problem bei<br />
selbstlernenden KI-Systemen ist, dass<br />
Lösungsschritte aufgrund ihrer Komplexität<br />
kaum mehr nachvollziehbar<br />
sind. Dies erschwert zunehmend eine<br />
Überprüfung auf eingespeiste und<br />
unerwünschte „Fremdfunktionen<br />
und -Aktivitäten“. Bei alledem gilt es<br />
stets zu verhindern, dass nichtstaatliche<br />
Akteure mit negativen Motiven<br />
wie beispielsweise Terroristen KI-<br />
Systeme in die Hände bekommen.<br />
Aufgrund bedenklicher menschenrechtlicher<br />
Entwicklungen, die KI mit<br />
sich bringen kann – Beispiel Transhumanismus<br />
oder Waffensysteme,<br />
die ihr Ziel selbständig suchen und<br />
bekämpfen – müssen zudem gesellschaftspolitische<br />
Diskussionen geführt<br />
werden. Darüber hinaus gilt es,<br />
international verbindliche rechtliche<br />
Regelungen zu schaffen und dabei<br />
auch die ethische Komponente mit<br />
zu berücksichtigen.<br />
„Künstliche Intelligenz stärkt die USA und China“<br />
BRIGADIER WALTER<br />
FEICHTINGER ist seit<br />
2002 Leiter des Instituts<br />
für Friedenssicherung und<br />
Konfliktmanagement (IFK)<br />
an der Landesverteidigungsakademie.<br />
der chinesische experte Kai-Fu lee, der<br />
die entwicklung von künstlicher intelligenz<br />
(Ki) maßgeblich vorangetrieben<br />
hat, vergleicht diese mit der revolutionären<br />
erfindung der elektrizität. Allerdings<br />
mit dem Zusatz, dass Ki massive produktivitätszuwächse<br />
bringen, große Verwerfungen<br />
auf den Arbeitsmärkten und<br />
tiefgreifende sozialpsychologische<br />
Auswirkungen auf die menschen haben<br />
wird.<br />
damit bestätigt er Befürchtungen, die<br />
vielerorts um sich greifen und für Verunsicherung<br />
sorgen. denn niemand kann<br />
wirklich sagen, ob dadurch jobs zur<br />
mangelware werden, ob Computer den<br />
menschen beherrschen oder waffensysteme<br />
über leben und tod entscheiden<br />
können. es wird auch keine eindeutigen<br />
Antworten geben, denn der einsatz -<br />
bereich von Ki ist universell – vom<br />
handy über den haushalt, den Arbeitsplatz,<br />
den Kommunikationsbereich<br />
und moderne Kriegführung bis zur<br />
Altenbetreuung.<br />
geostrategisch betrachtet wird aber<br />
klar, dass auf absehbare Zeit nur China<br />
und die Vereinigten staaten das gesamte<br />
Feld beherrschen und dominieren<br />
werden. sie verfügen über die besten<br />
experten, unglaubliche investitionsmöglichkeiten<br />
und datenmengen. die<br />
regierungen sind sich der tragweite<br />
bewusst und treiben die Forschungsprogramme<br />
voran. europa hinkt hier weit<br />
hinterher, kann seine expertise nicht<br />
bündeln und wird immer unselbstständiger.<br />
das gezerre um den einsatz von<br />
huawei-technologie im 5g-Netz veranschaulicht<br />
treffend die Konkurrenz<br />
zwischen washington und peking<br />
einerseits und europas Abhängigkeit<br />
andererseits.<br />
möchte europa – und damit ist die europäische<br />
Union gemeint – in Zukunft<br />
nicht in totale Abhängigkeit geraten,<br />
wäre es höchst an der Zeit, Ki den<br />
nötigen stellenwert einzuräumen und<br />
europäische systeme mit Nachdruck<br />
zu forcieren.<br />
Foto s : U. s . A r m y p h oto, N A d j A m e i st e r<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
VERBUND.<br />
FLY<br />
Airbus ist ein weltweit führendes<br />
Unternehmen im Bereich Luft- und Raumfahrt<br />
sowie den dazugehörigen Dienstleistungen.<br />
Der Umsatz betrug €70 Mrd. im<br />
Jahr 2019, die Anzahl der Mitarbeiter rund<br />
135.000. Airbus bietet die umfangreichste<br />
Verkehrsflugzeugpalette. Das Unternehmen<br />
ist europäischer Marktführer bei Tank-,<br />
Kampf-, Transport- und Missionsflugzeugen<br />
und eines der größten Raumfahrtunternehmen<br />
der Welt. Die zivilen und<br />
militärischen Hubschrauber von Airbus<br />
zeichnen sich durch hohe Effizienz aus und<br />
sind weltweit gefragt.<br />
Together. We make it fly.<br />
airbus.com
0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />
„ICH SEHE DIE ZUKUNFT SEHR<br />
PESSIMISTISCH“<br />
Walter Posch vom Institut für Friedenssicherung<br />
und Konfliktmanagement (IFK) gilt als<br />
einer der renommiertesten Nahostexperten<br />
im deutschsprachigen Raum. Wir haben mit<br />
ihm über den „Bösewicht“ Iran, die Kosten-<br />
Nutzen-Rechnung einer Eskalation des<br />
Nahostkonflikts und den längst noch nicht<br />
besiegten Islamischen Staat gesprochen.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
H<br />
err Posch, die Tötung<br />
des iranischen<br />
Generals Soleimani<br />
am 3. Jänner stellte<br />
eine neuerliche Eskalation<br />
im Konflikt<br />
zwischen den USA und dem Iran dar.<br />
Mit welchen mittel- bis langfristigen<br />
Folgen ist zu rechnen?<br />
Was oft übersehen wird: Neben Kassem<br />
Soleimani wurde bei diesem Angriff<br />
auch Abu Mahdi al-Muhandis von den<br />
irakischen Volksverteidigungsmilizen<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
getötet. Beide waren für den Kampf gegen den Islamischen<br />
Staat und für die militärische Präsenz des Iran<br />
in der Region von entscheidender Bedeutung. Soleimanis<br />
Tötung dürfte trotzdem vor allem eine Prestigefrage<br />
gewesen sein, er war nie der allmächtige Strippenzieher,<br />
als der er in westlichen Medien häufig dargestellt<br />
wird. Bei Mahdi al-Muhandis ist das anders:<br />
Er galt zwar als anti-amerikanisch, aber auch als sehr<br />
besonnen, stand über den politischen Parteien und<br />
genoss das Vertrauen aller Seiten. Die Volksmobilisierungseinheiten<br />
im Irak unter Kontrolle zu bringen,<br />
wird ohne ihn deutlich schwieriger oder sogar<br />
unmöglich.<br />
Ist die Tötung Mahdi al-Muhandis aus US-Sicht<br />
damit nicht kontraproduktiv?<br />
Das hängt davon ab, was man will. Wenn es ein Versuch<br />
war, die Iraner aus der Region zu treiben und die<br />
Volksmobilisierungseinheiten zu vernichten, dann<br />
dürfte der Plan gescheitert sein. Möglicherweise<br />
war seine Tötung aber auch eine Abrechnung unter<br />
Geheimdiensten, oder sie war ein reiner Willensakt<br />
von Präsident Trump.<br />
Als Reaktion auf die Tötung Soleimanis unternahm<br />
der Iran einen Raketenangriff auf US-Luftwaffenstützpunkte<br />
…<br />
… schon davor gab es allerdings im Dezember einen<br />
Raketenangriff einer unbekannten Gruppe auf einen<br />
US-Militärstützpunkt im Nordirak, bei dem ein<br />
Amerikaner getötet wurde.<br />
Das war aber vor der Tötung Soleimanis.<br />
Das stimmt, ist aber für das Gesamtverständnis entscheidend,<br />
denn anschließend haben die Amerikaner<br />
einen Gegenschlag gegen die Kataib Hisbollah mit<br />
zumindest 25, wahrscheinlich eher 40 Toten, geführt.<br />
Die Verhältnismäßigkeit war dabei überhaupt nicht<br />
gegeben. Folge davon war, dass die Defensive, in der<br />
die schiitischen Milizen nach der Protestbewegung im<br />
Irak waren, zum Erliegen gekommen ist und viele sich<br />
wieder verstärkt anti-amerikanisch positioniert haben,<br />
was mit dem Sturm auf die amerikanische Botschaft in<br />
Bagdad in der Silvesternacht augenscheinlich wurde.<br />
Danach kam das Attentat auf Soleimani und dann<br />
die iranischen Angriffe auf die amerikanischen<br />
Luftstützpunkte.<br />
FOTO : P I C T U R E D E S K<br />
Diese seien überraschend zielgenau gewesen,<br />
heißt es.<br />
Heißt es, ja. Das mag stimmen oder auch nicht – wir<br />
kennen diesbezüglich nur das westliche Medienbild.<br />
Viel wichtiger ist, wie Militärs und Geheimdienste die<br />
Angriffe einschätzen und welche Schlussfolgerungen<br />
sie daraus ziehen. Wirklich entscheidend für die weitere<br />
Entwicklung des Konflikts ist aber eine andere Frage.<br />
Nämlich?
0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Schwächung des Gegenübers ist. Diese<br />
müsste allerdings so stark ausfallen,<br />
dass der andere nie mehr zurückschlagen<br />
kann und selbst wenn das beispielsweise<br />
Israel gelingen sollte, würde<br />
man sich im Nachgang einer noch<br />
feindlicheren schiitischen Nachbarschaft<br />
im Libanon gegenübersehen,<br />
was Jerusalem ganz sicher vermeiden<br />
will.<br />
AKTION UND REAKTION Infolge des Drohnenangriffs auf den iranischen General Kassem<br />
Soleimani (Bild rechts) und den irakischen Milizenführer Abu Mahdi al-Muhandis griff der Iran –<br />
angeblich überraschend zielgenau – US-amerikanische Luftwaffenstütztpunkte im Irak an.<br />
Wenn mit keiner Eskalation zwischen<br />
Israel und dem Iran zu rechnen<br />
ist: Dient die scharfe Rhetorik<br />
zwischen den beiden Ländern dann<br />
vor allem dazu, die jeweilige Glaubwürdigkeit<br />
aufrechtzuerhalten?<br />
Die Israelis haben den Iranern ihre<br />
roten Linien bereits klar aufgezeigt<br />
und die Iraner haben diese auch ausgereizt,<br />
indem sie nach dem Libanon<br />
im Norden auch im Osten Israels in<br />
Syrien eine Art Front aufgebaut haben.<br />
Israel hat mit mehreren Angriffen<br />
klar aufgezeigt, dass sie dort jederzeit<br />
potenzielle Abschussvorrichtungen<br />
von Raketen oder andere Einrichtungen<br />
ausschalten können. Das Resultat<br />
ist eine Art „ konfliktuelle Stabilisierung“<br />
mit klar definierten Spielregeln.<br />
Ob die Amerikaner nun wie vermutet<br />
tatsächlich die extremistische, exiliranische<br />
Gruppe Volksmudschahedin unterstützen.<br />
Sollte das der Fall sein, ist in<br />
nächster Zeit mit Aktionen in Albanien<br />
und in anderen Ländern zu rechnen,<br />
wo sich viele Mitglieder der militanten<br />
iranischen Oppositionsbewegung<br />
aufhalten.<br />
Welche Rolle spielen bei alledem<br />
die Angriffe auf die Erdölanlagen<br />
Abqaiq und Churais in Saudi-Arabien<br />
im September 2019?<br />
Diese werden dem Iran zugeschreiben,<br />
aber dabei hat sich das Narrativ der<br />
Amerikaner ähnlich wie zuvor schon<br />
bei den Angriffen auf die Öltanker in<br />
drei Tagen vier Mal geändert. Fakt ist,<br />
dass bis jetzt nicht zweifelsfrei festgestellt<br />
werden konnte, ob die Iraner<br />
tatsächlich dahinterstecken.<br />
Es besteht also die Möglichkeit,<br />
dass jemand dem Iran die Schuld in<br />
die Schuhe schieben möchte?<br />
Lassen Sie es mich so sagen: Viele Staaten<br />
haben das Zurückrollen des iranischen<br />
Einflusses in der Region zum Ziel<br />
– und zwar um jeden Preis. Nur selbst<br />
wollen sie dabei nicht Ziel der Iraner<br />
werden.<br />
Sie meinen die Israelis?<br />
Wie die Iraner sind auch die Israelis<br />
sehr kalkulierend, aber sie sind keine<br />
verantwortungslosen Hasardeure.<br />
Ich habe den Eindruck, dass weder<br />
der Iran noch Israel eine direkte oder<br />
indirekte Konfrontation etwa über<br />
den Libanon wollen. Alleine schon<br />
aus dem Grund, weil das unglaublich<br />
teuer werden würde.<br />
Man will sich einen Konflikt nicht<br />
leisten?<br />
Ein Konflikt würde auch politisch<br />
keiner der beiden Seiten nützen. Der<br />
Aufwand wäre nur dann gerechtfertigt,<br />
wenn das Resultat eine eindeutige<br />
Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen<br />
nun für die Zukunft der<br />
gesamten Region?<br />
Eine gute Frage, die aber niemand beantworten<br />
kann. Da gibt es derart viele<br />
offene Fragen und Probleme, was mich<br />
die Zukunft sehr pessimistisch sehen<br />
lässt. Nehmen wir zum Beispiel den<br />
Iran, wo sich das Regime in den vergangenen<br />
Jahren durch Inkompetenz,<br />
durch Arroganz und nicht gehaltene<br />
Reformversprechen delegitimiert hat.<br />
Diese Entwicklung wurde durch den<br />
Austritt der USA aus dem Nuklearabkommen<br />
noch verstärkt, dazu kommen<br />
Massenarmut und Massenauswanderung<br />
der Gebildeten. Damit wurde<br />
jede Möglichkeit einer Reform oder<br />
Deeskalation vernichtet und mit dem<br />
Abschuss des Passagierflugzeuges<br />
haben die Revolutionsgarden zudem<br />
einmal mehr gezeigt, wie inkompetent<br />
und brutal sie sind.<br />
Droht damit im Iran mittel- bis langfristig<br />
ein Umsturz?<br />
Der Staat stirbt ab, was oft als Umsturz<br />
missverstanden wird, aber das Regime<br />
FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S , P R I VAT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
überlebt. Die Frage wird sein, ob die<br />
USA in Teheran einen Regimewechsel<br />
anstreben oder einen Staatszusammenbruch.<br />
Die Erfahrungen aus dem Irak<br />
sollten ihnen zeigen, dass Sanktionen<br />
und Interventionen einen Staat zum<br />
Verschwinden bringen, aber das Regime<br />
stärken. Im Iran wird wohl trotzdem<br />
Ähnliches passieren. Im Endeffekt<br />
bleibt damit für Millionen Menschen<br />
im Iran – und dasselbe gilt für Millionen<br />
Menschen in der gesamten Region<br />
– als Ausweg nur die Flucht nach<br />
Europa.<br />
Das heißt, wir sollten uns auf eine<br />
neue Flüchtlingswelle einstellen?<br />
Natürlich. Wir haben auf die Probleme<br />
in der Region immer noch keine Antwort,<br />
lassen uns immer noch von<br />
Ängsten und Furcht treiben. Außerdem<br />
müssen wir uns endlich eingestehen,<br />
dass die Probleme in der Region aufgrund<br />
der demografischen Entwicklung<br />
in den vergangenen Jahren auch<br />
bei uns in Westeuropa immer mehr<br />
spürbar werden – und das zum Teil<br />
auch längst sind.<br />
Es bräuchte also dringend Lösungen<br />
vor Ort, um potenzielle zukünftige<br />
Probleme möglichst vermeiden oder<br />
eindämmen zu können?<br />
Unbedingt, ja. Aber wie sollen die aussehen,<br />
wenn wir momentan nicht einmal<br />
die grundlegendsten Fragen beantworten<br />
können? Wie wollen wir mit<br />
Assad weiter verfahren? Was machen<br />
wir mit den Kurden in Nordsyrien?<br />
Was tun wir mit den vielen Flüchtlingen<br />
in der Region, die teils über beträchtliche<br />
klandestine nachrichtendienstliche<br />
und militärische Fähigkeiten<br />
verfügen? Und, ganz entscheidend:<br />
Wollen wir den Islamischen Staat militärisch<br />
weiter bekämpfen und, wenn ja,<br />
wie? Die Reorganisationsfähigkeiten<br />
des IS werden gemeinhin gewaltig unterschätzt,<br />
weil nur auf seine konventionellen<br />
Fähigkeiten geachtet wird,<br />
aber beispielsweise kulturelle Aspekte<br />
völlig außer Acht lässt.<br />
GESPRÄCHS-<br />
PARTNER Walter<br />
Posch studierte<br />
Islamwissenschaft,<br />
Turkologie und<br />
Iranistik in Wien,<br />
Istanbul und Bamberg.<br />
Er arbeitet<br />
am Institut für<br />
Friedenssicherung<br />
und Konfliktmanagement<br />
der Landes -<br />
verteidi gungs akademie<br />
in Wien.<br />
Braucht es für einen erfolgreichen<br />
Kampf gegen den IS die Unterstützung<br />
des Iran?<br />
In der Tat könnte eine stille Partnerschaft<br />
mit dem Iran dahingehend viel<br />
bewirken, so wie es die USA beginnend<br />
mit 2015 gemacht haben. Das würde<br />
zugleich auch den Iran stabilisieren<br />
und alleine schon deshalb für mehr<br />
Stabilität in der Region sorgen. Aber<br />
dazu wird es nach den jüngsten Entwicklungen<br />
wohl nicht kommen.
0 1 8 H E E R & M E H R<br />
AUF NUMMER SI<br />
Von 20. bis 24. Jänner <strong>2020</strong> sicherte das Bundesheer anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos verstärkt den<br />
österreichischen Luftraum. Dazu wurde ein Flugbeschränkungsgebiet über Teilen Vorarlbergs und Tirols errichtet,<br />
mehr als 1.000 Soldaten waren mit zehn Hubschraubern und zehn Flächenflugzeugen im Einsatz. Dieses Bild zeigt<br />
eine Rotte Pilatus PC-7 auf einem Flug in den Einsatzraum über den Bergen Tirols.<br />
ÜBUNG „FLINTLOCK <strong>2020</strong>“<br />
Wie schon in den vergangenen Jahren nahmen im<br />
Februar rund 20 Soldaten des Jagdkommandos an<br />
der multinationalen Übungsserie „Flintlock“ in Afrika<br />
teil. Während das Schwergewicht der Übung dieses<br />
Jahr in Mauretanien über die Bühne ging, trainierten<br />
die Österreicher im Senegal gemeinsam mit Soldaten<br />
aus dem Gastgeberland, aus Burkina Faso, Marokko,<br />
Nigeria, Kamerun sowie den USA, Großbritannien und<br />
den Niederlanden. Ziel der von der US-Armee initiierten<br />
Übungsserie ist es, afrikanische Soldaten für den<br />
Krieg gegen den Terror und den Einsatz in internationalen<br />
Missionen von UNO und Afrikanischer Union auszubilden<br />
und damit zu mehr Sicherheit und Stabilität in<br />
den einzelnen Ländern und Nordafrika beizutragen.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / P U S C H , B U N D E S H E E R / L A M P E R S B E R G E R ,<br />
B U N D E S H E E R / A B C - A BW E H R Z E N T R U M , B U N D E S H E E R / M Ü H LT H A L E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />
CHER<br />
MILITÄRAKADEMIE:<br />
FÜHRUNGSAUSBILDUNG<br />
Anfang Februar trainierten die Fähnriche der Militäraka -<br />
demie die Führung eines Zuges im Gefecht. Während der<br />
1. Jahrgang am Truppenübungsplatz Allentsteig trainierte,<br />
war der 2. Jahrgang in den Gutensteiner Alpen (Führungsausbildung<br />
4, siehe Bilder) unterwegs. Insgesamt umfasst<br />
die Führungsausbildung fünf Teile.<br />
ABC-ABWEHR IM TV: GEGEN<br />
UNSICHTBARE GEGNER<br />
Das ORF-Landesstudio Niederösterreich<br />
bereitet derzeit eine Ausgabe der Sendung<br />
„Österreich Bild“ mit dem Titel „Gegen unsichtbare<br />
Gegner – das ABC-Abwehrzentrum“ vor.<br />
Dafür wurde in den vergangenen Wochen<br />
unter anderem in der Dabsch-Kaserne in Korneuburg,<br />
am ABC-Katastrophenhilfeübungsplatz<br />
Tritolwerk sowie im Forschungszentrum<br />
„Seibersorf Laboratories“ gedreht. Geplanter<br />
Sendetermin ist der 5. April um 18:25 auf ORF2.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 0 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
BAUEN&<br />
ZERSTÖREN<br />
Die Salzburger Pioniere sind Spezialisten<br />
im Errichten von Brücken, Wegen, Straßen und im<br />
Feldlagerbau. Als Pionierbataillon der Gebirgsbrigade<br />
verstehen sie sich zudem auf Pionierunterstützung im alpinen<br />
Gelände. Ein Besuch in der Schwarzenberg-Kaserne in Salzburg.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
enn man mit<br />
W<br />
Oberstleutnant<br />
Klaus Rosenkranz<br />
über<br />
das Areal der<br />
Schwarzenberg-Kaserne<br />
marschiert, erlebt man<br />
einen ruhigen und zufriedenen Kommandanten,<br />
dem anzusehen ist, wie<br />
stolz er auf seine Salzburger Pioniere<br />
ist. „Die Spezialisierung und das Aufga-<br />
benspektrum sind vielseitig“, sagt er<br />
und verweist auf den umfangreichen<br />
Fuhrpark seines Verbandes. Von Hub -<br />
ladern über Grader bis hin zu mobilen<br />
Kränen, Baggern, Schwerlasttransportern<br />
sowie Arbeits- und Transportbooten<br />
verfügt das Pionierbataillon 2 über<br />
Dutzende unterschiedliche Bau- und<br />
Spezialfahrzeuge. „Dazu kommt das<br />
unglaubliche Know-how und die große<br />
Erfahrung unserer Soldatinnen und<br />
Soldaten“, sagt Rosenkranz, der seit<br />
2001 in verschiedenen Funktionen<br />
im Verband ist und im vergangenen<br />
Sommer die Nachfolge von Oberst des<br />
Generalstabsdienstes Thomas Bauer<br />
als Kommandant antrat. Im Sold des<br />
Bataillons stehen Elektriker ebenso wie<br />
Tischler, Maurer, Mechaniker, Zimmerer,<br />
Klimatechniker, Metallfacharbeiter<br />
und viele andere gut ausgebildete<br />
Spezialisten.<br />
FOTO S : A R C H I V P I B 2 ,<br />
B U N D E S H E E R / M A R T I N H O E R L<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
SALZBURGER PIONIERE<br />
VIELE FACETTEN Es gibt kaum etwas, das<br />
die Salzurger Pioniere nicht können: Die Errichtung<br />
von Behelfsbrücken gehört ebenso<br />
zum Repertoire des Bataillons wie die Beseitigung<br />
von Sturm- und Unwetterschäden,<br />
die Errichtung von Gebirgsstraßen und<br />
Sperren (etwa durch Sprengungen) oder<br />
der Feldlagerbau. Dazu zählen behelfsmäßig<br />
errichtete Notunterkünfte ebenso wie<br />
große Camps mit eigener Energie- und<br />
Sanitärversorgung für lange Einsätze.<br />
Das Pionierbataillon<br />
2 ist eines<br />
von drei<br />
Pionierbataillonen<br />
des Bundesheeres<br />
und<br />
in der Schwarzenberg-Kaserne<br />
in Wals/Siezenheim<br />
stationiert.<br />
Die Wurzeln des<br />
nunmehr zur 6. Gebirgsbrigade gehörenden<br />
Verbandes gehen zurück<br />
bis ins Jahr 1956: Damals wurde in<br />
Melk die 1. Kompanie des Pionierbataillons<br />
8 aufgestellt und noch<br />
im selben Jahr nach Salzburg verlegt.<br />
Im Jahr 1963 wurde es in Pionierbataillon<br />
3 umbenannt, 1994<br />
folgte schließlich die Umbenennung<br />
in Pionierbataillon 2. <strong>Aktuell</strong><br />
gliedert sich der Verband in das<br />
Kommando und die Stabskompanie,<br />
das Kommando Feldlagersysteme,<br />
eine Pionierkampfunterstützungskompanie,<br />
eine Pionierkompanie<br />
(gebirgsbeweglich), eine Pionierbaukompanie<br />
sowie eine technische<br />
Pionierkompanie mit rund<br />
230 Kadersoldaten und – je nach<br />
Zuteilung – zwischen 180 und<br />
280 Grundwehrdienern. Zu den<br />
Aufgaben des Bataillons gehört<br />
vor allem die Unterstützung der<br />
Kampftruppe durch pioniertechnische<br />
Maßnahmen. Dazu zählen<br />
beispielsweise der Straßen-,<br />
Wege- und Brückenbau, Sprengen,<br />
Feldlager- und Seilbahnbau,<br />
Kampfmittelabwehr und<br />
-beseitigung und die Hilfe bei<br />
Elementar ereignissen.<br />
Das originäre Aufgabenfeld der Pioniere<br />
ist die Kampfunterstützung der<br />
Truppe. Sie sorgen also dafür, dass die<br />
Kampfverbände im Einsatz beweglich<br />
bleiben und gut versorgt werden können,<br />
etwa durch die Errichtung von<br />
Straßen, Wegen und Brücken. Aufgabe<br />
der Pioniere ist es aber auch, die Bewegungen<br />
des Gegners durch das Errichten<br />
von Sperren einzuschränken, beispielsweise<br />
durch das Verlegen von<br />
Minenfeldern und Panzergräben oder<br />
die Zerstörung strategisch wichtiger<br />
Infrastruktur wie Bahnlinien. Zudem<br />
errichten die Pioniere bei Bedarf Stellungen<br />
und bauen diese aus, sie<br />
kommen bei der Kampfmittelabwehr<br />
und im Katastrophenschutz<br />
zum Einsatz. Im Unterschied<br />
zu den beiden anderen Pionierbataillonen<br />
des Bundesheeres sind die<br />
Salzburger Pioniere – als Teil der 6.<br />
Salzburg<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 2 H e e r & M e H r<br />
Gebirgsbrigade – auf Unterstützungsleistungen<br />
im Gebirge spezialisiert. Dafür<br />
steht besonderes Gerät zur Verfügung:<br />
Einzigartig im Bundesheer sind<br />
beispielsweise die zwei Materialseilbahnen,<br />
die vor allem der Versorgung der<br />
im Gebirge eingesetzten Truppe dienen<br />
und mit denen Lasten von bis zu fünf<br />
Tonnen über Distanzen von rund zwei<br />
Kilometer transportiert werden können,<br />
wie Oberstleutnant Rosenkranz<br />
erklärt. Daneben besitzt das Bataillon<br />
auch verschiedene, im unwegsamen<br />
und steilen Gelände bewegliche Pioniermaschinen<br />
und Transportfahrzeuge.<br />
Dazu zählen etwa Schreitbagger<br />
und die ab 2016 eingeführten Polaris-<br />
Quads.<br />
Das zweite große Alleinstellungsmerkmal<br />
der Salzburger Pioniere innerhalb<br />
der rot-weiß-roten Streitkräfte ist der<br />
Feldlagerbau. „Dabei können wir von<br />
der Notunterkunft für kurze Zeit bis<br />
zum großen Camp mit eigener Energie-<br />
und Sanitärversorgung für lange<br />
Einsätze praktisch alles abdecken“, sagt<br />
Oberstleutnant Rosenkranz, der sich<br />
im Gespräch mit Militär <strong>Aktuell</strong> gegen<br />
den Ausdruck „Improvisation“ verwahrt.<br />
„Wir improvisieren niemals, das<br />
würde bedeuten, dass wir Kompromisse<br />
eingehen“, sagt er. „Abhängig von<br />
Situation, Ort, Wetter und Zeit sowie<br />
den zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />
setzen wir aber immer die beste<br />
leistbare Alternative um – ohne Kompromisse!“<br />
HÄGGLUNDS ROLL-OUT Bei Oberstleutnant Klaus Rosenkranz (im Gespräch mit Chefredakteur<br />
Jürgen Zacharias) und seinen Soldaten dreht sich derzeit viel um das neue Gefechtsfahrzeug.<br />
„Wir machen den Hägglunds Pionier-fit“<br />
STABSWACHTMEISTER<br />
FRANJO LJUBIC,<br />
Zugskommandant-Stellvertreter in<br />
der Kampfunterstützungskompanie<br />
des Pionierbataillons 2.<br />
Herr Stabswachtmeister, das Pionierbataillon<br />
2 verantwortet den Roll-out der<br />
Universalgeländefahrzeuge BvS10AUT.<br />
Acht der insgesamt 32 Hägglunds sollen<br />
beim Pionierbataillon verbleiben<br />
und werden nun für Einsätze adaptiert.<br />
das ist richtig. die österreichische Variante<br />
des BvS10 weist zur standardversion<br />
bereits einige Unterschiede etwa im bereich<br />
des ballistischen schutzes und der<br />
bewaffnung auf. Auch ein rundum-Kamerasystem<br />
wurde montiert, zur Zusatzausrüstung<br />
gehören etwa AbC-schutz,<br />
schneepflug, seilwinden, ein skiträger<br />
und brandunterdrückungsanlagen. wir<br />
gehen nun noch einen schritt weiter und<br />
adaptieren das Fahrzeug speziell für den<br />
einsatz bei uns im Pionierbataillon.<br />
Sie machen den Hägglunds also<br />
gewissermaßen „Pionier-fit”?<br />
das könnte man so sagen, ja. da wir<br />
neben der Mannschaft auch immer viel<br />
Gerät und Material transportieren müssen,<br />
haben wir einen Personenträger mit<br />
drei der insgesamt sechs sitze aus der<br />
hinteren Kabine durch Halterungen für<br />
Aluboxen ersetzt. Außerdem haben wir<br />
Vorrichtungen für zwei Minensuchgeräte<br />
und einen zusätzlichen 20-liter-wassercontainer<br />
eingebaut und auf der innenseite<br />
der Hecktür einen Griff montiert,<br />
um diese leichter schließen zu können.<br />
durch den Ausbau der drei sitze muss<br />
das in unseren Fahrzeugen ein soldat<br />
alleine machen, in den anderen Fahrzeugen<br />
helfen zwei soldaten zusammen.<br />
Welche weiteren Adaptionen und<br />
Umbauten sind geplant?<br />
da gibt es noch einige wie beispielsweise<br />
einen außen an der hinteren Kabine<br />
montierten Aufsatz zur Mitführung eines<br />
erdbohrers, den wir für sprengungen<br />
benötigen, oder einen speziellen Pivot -<br />
zapfen, damit die lafette auf der zweiten<br />
Kabine mit unserem Maschinengewehr<br />
kompatibel wird. Momentan nehmen wir<br />
alle Änderungen an einem Prototyp vor.<br />
sobald diese zertifiziert und abgenommen<br />
sind, können wir sie auch in die<br />
anderen Fahrzeuge übernehmen.<br />
Foto s : w i l d b i l d/ H e r b e r t r o H r e r<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Held under the prestigious patronage of<br />
His Majesty King Hamad bin Isa Al Khalifa<br />
supported by the Royal Bahraini Air Force and Air Defense<br />
and Ministry of Transportation and Telecommunications<br />
Official Conference of<br />
3 rd Supported by<br />
MANAMA<br />
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EINZIGARTIGES EQUIPMENT Die Materialseilbahnen des Pionierbataillons 2 dienen zur Versorgung der Truppe im Gebirge. Abseits von Wegen<br />
und Straßen können damit Wasser, Betriebsmittel, Munition, schwere Waffen und Verpflegung rasch bergauf und bergab gebracht werden.<br />
Die Container mit den Elementen<br />
für den Feldlagerbau – Unterkunftsund<br />
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Blitzschutz-, Erste-Hilfe- sowie<br />
Brandschutzgeräte und vieles mehr –<br />
lagern in einer kürzlich errichteten<br />
Halle in unmittelbarer Nähe des<br />
Gleisanschlusses im nördlichen Teil<br />
der Schwarzenberg-Kaserne. Dazu gehört<br />
auch das Feldlagersystem COL-<br />
PRO („Collective Protection“), das<br />
vom Pionierbataillon 2 für Einsätze<br />
des Bundesheeres im In- und Ausland<br />
bereitgehalten und betrieben wird.<br />
Die Manipulation erfolgt mittels<br />
Krananlage und eines 55 Tonnen-<br />
Staplers. „Zweck der Halle ist es, dass<br />
die Container im Sommer nicht dem<br />
direkten Sonnenlicht ausgesetzt sind“,<br />
sagt Rosenkranz. „Dann entwickelt<br />
sich im Inneren der Container starke<br />
Hitze, nachts kühlen sie wieder ab.<br />
Das belastet das Material und durch<br />
die Temperaturschwankungen kann<br />
Feuchtigkeit entstehen.“ Momentan<br />
ist die für bis zu 270 Container ausgelegte<br />
Lagerfläche nur zu rund einem<br />
Drittel gefüllt. „Der Rest steht draußen,<br />
weil wir noch mitten in der<br />
Nachbearbeitung der Großübung<br />
EURAD 2019 im vergangenen Spätherbst<br />
sind.“ Dabei stellten die Salzburger<br />
Pioniere sämtliche benötigten<br />
Feldlagerkomponenten, nun gilt es<br />
diese penibel zu reinigen, zu überprüfen<br />
und bis zu ihrer nächsten Verwendung<br />
einzulagern. „Der Aufwand<br />
dafür ist gewaltig“, sagt Rosenkranz,<br />
„und wird uns bis zur Kalenderwoche<br />
26 beschäftigen.“<br />
Als wir vor die Halle treten, röhrt in<br />
unmittelbarer Nähe der 285 PS starke<br />
5,9 Liter-Sechszylinder-Motor eines<br />
Hägglunds BvS10AUT auf. „Wir verantworten<br />
den gesamten Roll-out für<br />
das Bundesheer“, erklärt Rosenkranz,<br />
dessen Bataillon mit acht Stück des<br />
Geländefahrzeugs verstärkt werden<br />
soll. Insgesamt wurden 32 Fahrzeuge<br />
des Typs mit einem Volumen von<br />
rund 85 Millionen Euro beschafft. In<br />
den Hallen des Pionierbataillons 2<br />
werden die Fahrzeuge nun überprüft,<br />
Zubehörsätze gebildet und viele weitere<br />
Vorarbeiten für die Einführung<br />
getroffen. Teilweise werden die Fahrzeuge<br />
sogar umgebaut, wie Stabswachtmeister<br />
Franjo Ljubic, Zugskommandant-Stellvertreter<br />
in der<br />
Kampfunterstützungskompanie des<br />
Pionierbataillons 2 (siehe Interview<br />
auf der Vorderseite), erklärt. „Wir<br />
adaptieren das Fahrzeug speziell<br />
für den Einsatz bei uns im Pionierbataillon.“<br />
Einige Meter weiter – auf der gegenüberliegenden<br />
Seite des Gleisanschlusses<br />
und damit am Ende unseres<br />
Rundgangs durch die Schwarzenberg-<br />
Kaserne – befindet sich ein kleines,<br />
aber feines Übungsgelände. Dort lässt<br />
sich der Auf- und Abbau der Pionierbrücke<br />
2000 und des Infanteriestegs<br />
trainieren, mithilfe einer auf einem<br />
Erdhügel errichteten Seilbahnstütze<br />
aber auch der Betrieb der Materialseilbahn.<br />
In unmittelbarer Nähe ist<br />
eine Anfang 2019 neu zugelaufene<br />
Liebherr-Planierraupe des Straßenbauzugs<br />
des Pionierbataillons gerade<br />
damit beschäftigt, ein Gelände für einen<br />
für das Heereslogistikzentrum<br />
Salzburg geplanten Hallenneubau einzuebnen.<br />
Mit lautem Getöse fährt der<br />
19-Tonnen-Koloss vor und zurück,<br />
der Stahlschild der Baumaschine wird<br />
digital zentimetergenau ausgerichtet.<br />
Oberstleutnant Rosenkranz lächelt.<br />
Wie eingangs bereits erwähnt,<br />
verfügen die Salzburger Pioniere<br />
in Teil bereichen über modernstes<br />
Gerät zur Auftragserfüllung.<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / W I L L I ST R E B<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
UNSERHEER<br />
EINE INFORMATION DES BMLV<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
Das Bundesheer hat im<br />
„War for talents“ gute Karten<br />
Employer Branding: Das Bundesheer hat sich in den vergangenen<br />
Jahren mit zahlreichen Maßnahmen als Arbeitgeber noch attraktiver<br />
gemacht. Beim Jägerbataillon 18 wurden die Bemühungen nun sogar<br />
mit dem Gütesiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ honoriert.<br />
Foto: Bundesheer<br />
Wie lassen sich Familie und Beruf<br />
besser unter einen Hut bringen?<br />
Eine gute Frage, auf die man beim<br />
Jägerbataillon 18 im steirischen<br />
St. Michael gleich mehrere<br />
gute Antworten<br />
gefunden hat.<br />
Fachkräftemangel, der digitale Wandel<br />
und gut Ausgebildete, die sich<br />
die Jobs aussuchen können: Unternehmen<br />
und staatliche Organisationen<br />
müssen heute mehr denn je<br />
mit einer attraktiven Arbeitgebermarke<br />
punkten, um potenzielle Arbeitskräfte<br />
von sich zu überzeugen<br />
und die besten Köpfe an Bord holen<br />
zu können.<br />
Natürlich macht diese Entwicklung<br />
auch vor dem Bundesheer nicht<br />
UNSERHEER
halt: Im Wettstreit um qualifizierte<br />
und geeignete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
haben die rot-weißroten<br />
Streitkräfte daher in den vergangenen<br />
Jahren zahlreiche attraktive<br />
Angebote geschnürt und ihr Employer<br />
Branding deutlich geschärft.<br />
Freiwillige Sozialleistungen<br />
Zahlreiche Studien zeigen, dass<br />
bei der Auswahl eines Arbeitgebers<br />
nicht nur Gehalt und Karrierechancen<br />
ausschlaggebend sind, sondern<br />
auch viele Details und zusätzliche<br />
Angebote wie freiwillige Sozialleistungen<br />
oder die Frage der Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie eine<br />
wichtige Rolle spielen. Das Bundesheer<br />
kann dabei in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen mit vielfältigen<br />
Vorteilen punkten: So bietet das<br />
Heer in Zeiten eines immer volatiler<br />
werdenden Arbeitsmarktes beispielsweise<br />
sichere Arbeitsplätze,<br />
gute Aufstiegschancen und gleiche<br />
Bezahlung für Männer und Frauen.<br />
Der Umgang mit Mitarbeitern und<br />
Mitarbeiterinnen ist respektvoll und<br />
wertschätzend, die Arbeitsatmosphäre<br />
ist angenehm und die<br />
Führungskräfte sind kompetent.<br />
Darüber hinaus gibt es seit zehn<br />
Jahren an 14 Standorten in jeweils<br />
vier bedarfsorientierten Wochen<br />
während der Sommerferien das<br />
Angebot einer temporären Kinderbetreuung<br />
direkt in den Kasernen.<br />
Ganzjährig werden an zehn Standorten<br />
Freizeitbörsen betrieben. Dort<br />
werden Sportgeräte, Videos, Lesestoff<br />
und verschiedenste Betreuungsprodukte<br />
zur Freizeitgestaltung<br />
in der Kaserne, aber auch Angebote<br />
zur Freizeitgestaltung mit der<br />
Familie bereitgestellt. Referenten<br />
für Soziale Betreuung in den Bundesländern<br />
beraten und unterstützen<br />
zudem bei Problemen in allen<br />
sozialrechtlichen Belangen.<br />
Passgenaue Wohnangebote<br />
Das breite Angebot umfasst darüber<br />
hinaus auch mehrere Formen<br />
der Wohnversorgung etwa in Form<br />
von Gästezimmern zur kurzfristigen<br />
dienstlichen Unterbringung, die<br />
aber auch zu Erholungszwecken<br />
genutzt werden können. Für Einzelpersonen<br />
werden Einbettzimmer als<br />
zeitgemäße, mittelfristige Wohnversorgung<br />
in Kasernen bereitgestellt.<br />
Insbesondere für jüngeres Kaderpersonal<br />
und ihre Familien werden<br />
Naturalwohnungen angeboten, da<br />
es vor allem für junge Menschen<br />
und Familien immer schwieriger<br />
wird, sozialadäquaten Wohnraum zu<br />
leistbaren Preisen zu bekommen.<br />
Familienfreundlicher Arbeitgeber<br />
Beim Jägerbataillon 18 geht man<br />
sogar noch einen Schritt weiter.<br />
Der in der Garnison St. Michael in<br />
der Obersteiermark beheimatete<br />
Verband hat von März bis Dezember<br />
2019 im Rahmen eines durch<br />
das Verteidigungsministerum initiierten<br />
Pilotprojekts das Audit „berufundfamilie“<br />
erfolgreich durchlaufen.<br />
Die Verleihung des Zertifikats,<br />
das den Verband als besonders familienfreundlichen<br />
Arbeitgeber auszeichnet,<br />
erfolgte am 28. Jänner<br />
dieses Jahres in der Aula der<br />
UNSERHEER<br />
Umfangreicher Maßnahmenkatalog Schon<br />
jetzt wird an vielen Standorten Ferienbetreuung für<br />
die Kinder von Soldatinnen und Soldaten angeboten.<br />
In Zukunft soll das Angebot weiter ausgeweitet<br />
werden, der Dienstplan soll zudem besser auf die<br />
Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
abgestimmt werden.<br />
Fotos: Bundesheer
Wissenschaften in Wien. Durch die<br />
Projektteilnehmer, die sich aus Bediensteten<br />
aller Dienstgrade (vom<br />
Gefreiten bis zum Oberst) des Jägerbataillons<br />
18 zusammensetzen,<br />
wurden im Rahmen verschiedener<br />
Workshops Handlungsfelder entwickelt,<br />
die innerhalb der nächsten<br />
drei Jahre umgesetzt werden. Dabei<br />
geht es etwa darum, den Leitsatz<br />
„Mission first – family always“<br />
(siehe auch Interview mit Bataillonskommandant<br />
Oberst Karl-Heinz<br />
Tatschl auf der nächsten Seite) in<br />
das Leitbild des Verbandes zu integrieren<br />
und an alle Kommandanten<br />
zu kommunizieren. Ziel ist es, die<br />
soziale Kompetenz, die Vorbildwirkung<br />
und das Bewusstsein für<br />
Familienfreundlichkeit der Führungskräfte<br />
zu stärken, sodass grundsätzlich<br />
auf das soziale Umfeld<br />
aller Bediensteten Rücksicht<br />
genommen wird. Dazu soll beispielsweise<br />
ab heuer in der Landwehr-<br />
Kaserne in St. Michael jährlich ein<br />
Familientag mit Rahmenprogramm<br />
stattfinden, an dem Familienangehörige<br />
den Arbeitsplatz besichtigen<br />
können. In der Region soll zudem<br />
die Möglichkeit von Rabatten für<br />
Bedienstete (beispielsweise in<br />
Geschäften oder Freizeiteinrichtungen)<br />
geprüft und während der Dienstzeit<br />
die Möglichkeit von Vorsorgeuntersuchungen<br />
geschaffen werden.<br />
könnten zudem schon bald Impfungen<br />
für Familienmitglieder der Soldaten<br />
und Soldatinnen angeboten<br />
werden und last, but not least, ist<br />
es auch ein Ziel, das Essensangebot<br />
in Abstimmung mit der Zentralküche<br />
des Bundesheeres gesünder<br />
und nahrhafter zu gestalten.<br />
Motivierter und leistungsfähiger<br />
Ziel all dieser Maßnahmen um mehr<br />
Familienfreundlichkeit ist es, das<br />
„bestehende Angebot zu optimieren<br />
und bedarfsgerecht neue Angebote<br />
zu entwickeln“, wie Oberst Tatschl<br />
im Gespräch mit „Unser Heer“<br />
betont. Damit sollen mehr Arbeitskräfte<br />
gewonnen werden. Es geht<br />
aber auch darum, die Wohlfühl -<br />
atmosphäre im Unternehmen<br />
Bundesheer weiter zu verbessern,<br />
um diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
auch möglichst lange<br />
halten zu können. Dadurch lassen<br />
sich mittel- bis langfristig Kosten<br />
sparen, müssen doch nicht immer<br />
aufwendig neue Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen gesucht und eingeschult<br />
werden. Und die Vorteile sind<br />
auch in den tagtäglichen Routinen<br />
spürbar: Zufriedene Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen sind schließlich<br />
nicht nur motivierter, sie leisten<br />
auch mehr.<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
Zahlreiche Verbesserungen geplant<br />
Ein weiteres großes Ziel ist es, die<br />
Kinderbetreuung in den Ferienzeiten<br />
(aktuell vier Wochen in den Sommermonaten)<br />
um ein zusätzliches<br />
Angebot für eine Woche (beispielsweise<br />
im Rahmen eines Kinderskikurses<br />
in den Semesterferien) zu<br />
erweitern. Der Dienstplan soll besser<br />
auf die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf abgestimmt werden<br />
und vier kostenlose Vorträge im<br />
Jahr sollen sich in Zukunft um relevante<br />
Themen zu „Familie & Beruf“<br />
drehen. Am Standort in St. Michael<br />
Offizielle Bestätigung Seit Ende 2019 gilt das Jägerbataillon 18 offiziell als besonders<br />
familienfreundlicher Arbeitgeber. Das Zertifikat wurde im Jänner <strong>2020</strong> verliehen.<br />
UNSERHEER
Unser Motto: „Mission<br />
first – family always!“<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
Oberst Karl-Heinz Tatschl ist Kommandant des Jägerbataillons 18<br />
und steht damit dem ersten ÖBH-Verband vor, der den Zertifizierungsprozess<br />
„berufundfamilie“ erfolgreich durchlaufen hat und mit dem<br />
Gütesiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnet wurde.<br />
Herr Oberst, das Bundesheer bemüht<br />
sich seit Jahren intensiv um<br />
eine bessere Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie für seine Soldaten<br />
und Soldatinnen. Wie wichtig<br />
ist dahingehend die Auszeichnung<br />
des Jägerbataillons 18 mit dem<br />
staatlichen Gütesiegel „Familienfreundlicher<br />
Arbeitgeber“?<br />
Wir sind sehr stolz, die Ersten im BMLV<br />
zu sein, die diesen Zertifizierungsprozess<br />
positiv durchlaufen haben. Dies<br />
ist vor allem mit dem Hintergrund zu<br />
sehen, dass es auch in einem Einsatzverband<br />
– wie wir einer sind – möglich<br />
ist, dem vorwiegend jungen Berufspersonal<br />
eine entsprechende Unterstützung<br />
zu ermöglichen. Der Begriff<br />
„Familie“ wurde von uns dabei bewusst<br />
weiter gesteckt und umfasst<br />
auch das Umfeld unserer Soldatinnen<br />
und Soldaten. Die gültigen Erlässe und<br />
Gesetzesgrundlagen ermöglichen es,<br />
eine breite Palette an Möglichkeiten<br />
umzusetzen – sie müssen nur genutzt<br />
werden. Im Audit wurde immer der<br />
jeweilige Auftrag vorangestellt, um<br />
dadurch die tragbaren Angebote für die<br />
familienfreundliche Unterstützung definieren<br />
zu können. Unter dem Motto<br />
„Mission first – family always“ wurde<br />
stets versucht, Synergien zu finden.<br />
Welcher Aufwand war für das<br />
Gütesiegel notwendig?<br />
Von März bis Dezember 2019 durchliefen<br />
wir verschiedene Workshops,<br />
die durch eine Auditorin begleitet<br />
wurden. Die dabei entwickelten<br />
Handlungsfelder wurden in einer<br />
Zielvereinbarung niedergeschrieben<br />
und bringen die Projekte einer familienfreundlichen<br />
Personalpolitik für die<br />
nächsten drei Jahre zum Ausdruck.<br />
Im Oktober wurden der Auditprozess<br />
sowie die Maßnahmen durch einen<br />
externen Begutachter des TÜV SÜD<br />
geprüft und bewertet.<br />
Die Gütesiegelverleihung erfolgte<br />
dann im Jänner <strong>2020</strong>. Macht sich<br />
der Erfolg im Alltag bemerkbar?<br />
Der wohl sichtbarste Erfolg ist, dass<br />
„In dieser<br />
Initiative geht<br />
es um ein<br />
wertvolles Gut –<br />
nämlich unsere<br />
Soldatinnen<br />
und Soldaten.“<br />
Oberst<br />
Karl-Heinz Tatschl<br />
die über die Jahre etablierten Angebote<br />
auch für das eigene Personal in<br />
einem weitgehend zivilen Vergleichsfeld<br />
sichtbar und vergleichbar<br />
gemacht wurden. Das stärkt die<br />
Akzeptanz der gesetzten Maßnahmen.<br />
Nun gilt es, das bestehende Angebot<br />
zu optimieren und bedarfsgerecht<br />
neue Ideen zu verwirklichen.<br />
Werden in den kommenden Jahren<br />
andere Dienststellen dem Vorbild<br />
des Jägerbataillons 18 folgen?<br />
Ich bin mir sicher, dass sich Mitstreiter<br />
finden werden, denn in dieser<br />
Initiative geht es um ein wertvolles<br />
Gut – nämlich unsere Soldatinnen<br />
und Soldaten.<br />
Foto: Bundesheer<br />
Impressum: Amtliche Publikation der Republik Österreich / Bundesministerium für Landesverteidigung. Medieninhaber, Herausgeber und<br />
Hersteller: Republik Österreich / Bundesministerin für Landesverteidigung, BMLV, Roßauer Lände 1, 1090 Wien. Erscheinungsjahr: <strong>2020</strong>.<br />
Druck: Heeresdruckzentrum 18-101010100.<br />
UNSERHEER
R E P O R T A G E P A T I E N T E N L U F T T R A N S P O R T<br />
FLUG<br />
RETTUNG<br />
Der „fliegende Sanitätsdienst“ des Bundesheeres garantiert die<br />
Versorgungssicherheit österreichischer Soldaten im Auslandseinsatz.<br />
Die notwendigen Kompetenzen für das fliegende Personal vermittelt<br />
der Lehrgang „Taktischer & Strategischer Patientenlufttransport”.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Fotos: CHRISTIAN HUBER<br />
m Ernstfall muss jeder<br />
I<br />
Handgriff sitzen. Es geht<br />
dann zwar nicht um Sekunden,<br />
aber doch um wertvolle<br />
Zeit, gilt es doch verletzte,<br />
verwundete oder erkrankte<br />
österreichische Soldaten von<br />
Auslandseinsätzen des Bundesheeres<br />
möglichst rasch und sicher einer umfassenden<br />
medizinischen Versorgung<br />
in der Heimat zuzuführen. Kein Wunder<br />
also, dass die Kommandantin des<br />
fünfköpfigen Ausbildungsteams die<br />
anderen Soldaten nun energisch zum<br />
Handeln auffordert. „Stanchion please!“,<br />
ruft sie. „Stanchion please!“<br />
(Anm.: Stange).<br />
Wir befinden uns an Bord einer C-130<br />
Hercules des Bundesheeres am Fliegerhorst<br />
Vogler und im Laderaum absolvieren<br />
fünf Soldaten aus Österreich<br />
und den Niederlanden gerade einen<br />
praktischen Teil des vierwöchigen Intensivlehrganges<br />
„Taktischer & Strategischer<br />
Patientenlufttransport“. Auf<br />
Basis fiktiver Patienteninformationen<br />
und in Abstimmung mit dem Loadmaster<br />
der Transportmaschine haben<br />
sie einen Ladeplan für einen potenziellen<br />
Patientenlufttransport erstellt. Nun<br />
gilt es diesen in die Tat umzusetzen.<br />
Aber: leichter gesagt als getan. Die ganz<br />
vorne im Laderaum der C-130 verstauten<br />
Stanchions sind für Ungeübte nur<br />
schwer aus ihrer Halterung zu lösen.<br />
Erst nach einigem Hin und Her gelingt<br />
es einem jungen Wachtmeister, eine<br />
der Stützen freizubekommen. Er hebt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 0 H E E R & M E H R<br />
sie hoch, dreht sie vorsichtig in die Horizontale.<br />
Langsam bewegt er sich<br />
dann damit zwischen den im Laderaum<br />
auf einer Passagiertransportpalette<br />
montierten Sitzreihen hindurch in<br />
Richtung Heck. „Stanchion is coming<br />
through!“, informiert er die anderen<br />
Soldaten. Die Bordsprache ist ebenso<br />
wie die Unterrichtssprache Englisch,<br />
jeder Handgriff wird lautstark kommentiert.<br />
Im nächsten Schritt muss der<br />
Unteroffizier die Stütze im Laderaum<br />
der Hercules verankern. Dazu führt er<br />
ein Ende der Stanchion oben in eine<br />
Aussparung der als „Hog trough“<br />
(Anm.: Sautrog) bezeichneten Montageleiste<br />
der Transportmaschine, fixiert<br />
anschließend das zweite Ende am Ladeboden.<br />
Eine niederländische Soldatin<br />
hilft ihm dabei. Sie trägt das runde<br />
Emblem des Centrum voor Mens en<br />
Luchtvaart (Zentrum für Mensch und<br />
Luftfahrt) der Koninklijke Luchtmacht<br />
in Soesterberg.<br />
GEMEINSAM HAND ANLEGEN Die Soldaten<br />
arbeiten im Laderaum der Hercules eng zusammen.<br />
Jeder Handgriff muss im Ernstfall sitzen.<br />
VOM PLAN ZUR PRAXIS Nach der Besprechung wird<br />
der Ladeplan in die Tat umgesetzt. Die Soldaten montieren<br />
unter dem prüfenden Blick eines Ausbildners zuerst Stützen<br />
und Gurte, anschließend hängen sie die Tragen ein.<br />
„Das sieht schon ganz gut aus“, sagt<br />
Lehrgangsleiter Oberst Hans Schalk<br />
von der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule<br />
in Langenlebarn. Gemeinsam<br />
mit Ausbildner Offiziersstellvertreter<br />
Martin Harrer von der<br />
Luftunterstützungsbrigade in Hörsching<br />
beobachtet er die Soldaten im<br />
Laderaum. „Ein Patiententransport für<br />
unsere Soldaten ist aus Krisen- oder<br />
gar Kriegsgebieten abgestützt auf zivile<br />
Leistungsträger im Extremfall nicht<br />
möglich“, erklärt Schalk. „Das Bundesheer<br />
muss daher selbst in der Lage<br />
sein, sogenannte Aeromedical Evacuations<br />
mit der C-130 oder bei Bedarf<br />
auch mit Hubschraubern oder zivilen<br />
Maschinen sicherzustellen.“ Die Ausbildung<br />
hier in Hörsching qualifiziert<br />
Ärzte und Sanitätspersonal dafür; bildet<br />
sie zu sogenannten Aeromedical<br />
Evacuation Crew Member (AECM)<br />
aus. Der Lehrgangsplan umfasst die<br />
medizinischen und pflegerischen<br />
Grundlagen für einen Patientenlufttransport<br />
ebenso wie flugbetriebliche<br />
Inhalte, psychologische Aspekte und<br />
das Verhalten bei fliegerischen Notlagen.<br />
Zudem lernen die Teilnehmer<br />
während der vier Wochen den Umgang<br />
mit der Notausrüstung und dem<br />
Sauerstoffsystem der Hercules sowie<br />
die Organisation und Administration<br />
von Aeromedical Evacuations. Auf<br />
dem Programm stehen neben einem<br />
Einweisungsflug auch vier Trainingsund<br />
Langstreckenflüge ins In- und<br />
Ausland, bei denen mithilfe von Patientendarstellern<br />
medizinische Notfälle<br />
praxisnah simuliert werden. „Die<br />
Kursteilnehmer sollten nach positivem<br />
Kursabschluss in der Lage sein, Patienten<br />
nach den gültigen internationalen<br />
Bestimmungen zu klassifizieren, deren<br />
Transportfähigkeit zu beurteilen und<br />
Prioritäten für den Lufttransport festzulegen“,<br />
erklärt Harrer. „Sie müssen<br />
Patienten zudem medizinisch und<br />
pflegerisch für Lufttransporte vorbereiten<br />
und medizinische Notfälle in<br />
der Luft behandeln können.“<br />
Damit aber nicht genug: Ergänzend<br />
zum Lehrgang in Hörsching gehören<br />
zur Ausbildung der Aeromedical Eva-<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
R E P O R T A G E P A T I E N T E N L U F T T R A N S P O R T<br />
cuation Crew Member auch noch eine<br />
flugphysiologische Basisausbildung<br />
inklusive Unterdruckkammerfahrt, ein<br />
Flight Safety- und Security-Training,<br />
eine Gefahrstoff-Schulung sowie<br />
„Überlebenstrainings Land und See“.<br />
„Unter dem Strich ist das ein durchaus<br />
forderndes Programm, das – abhängig<br />
von den angebotenen Kursen und den<br />
verfügbaren Ausbildungsplätzen – bis<br />
zu zwei Jahre dauern kann“, sagt<br />
Schalk. <strong>Aktuell</strong> wird der Lehrgang in<br />
Hörsching in Kooperation mit der niederländischen<br />
Armee – die neben sieben<br />
der insgesamt 14 Lehrgangsteilnehmer<br />
auch zwei Ausbildner stellt<br />
und in ihrer Luftflotte ebenfalls C-130<br />
betreibt – einmal alle zwei Jahre angeboten.<br />
„Die Nachfrage ist sehr groß“,<br />
sagt der Bundesheer-Oberst. Das liegt<br />
auch und vor allem an den optimalen<br />
Bedingungen: Geübt und trainiert<br />
wird nämlich nicht nur in den drei im<br />
Flugbetrieb befindlichen Hercules,<br />
sondern auch im Rumpf einer 2015 aus<br />
britischen Beständen angekauften und<br />
nun in einem Hangar in Hörsching geparkten<br />
vierten Maschine.<br />
Einige Meter weiter im Hangar befindet<br />
sich ein weiteres Alleinstellungsmerkmal<br />
des rot-weiß-roten Patientenlufttransports,<br />
ein auf einer Luftfrachtpalette<br />
fixierter schall- und vibrationsgedämmter<br />
20-Fuß-Spezialcontainer<br />
aus Aluminium. Dieses vom<br />
Bundesheer gemeinsam mit einer<br />
TOP-AUSBILDUNG Lehrgangsleiter Oberst Hans Schalk und Offiziersstellvertreter Martin Harrer sind mit der Qualität<br />
des Ausbildungsangebots zufrieden. „Das Interesse am Kurs ist auch aus dem Ausland sehr groß.“<br />
oberösterreichischen Firma entwickelte<br />
Patientenlufttransportmodul (ME-<br />
DEVAC-Modul) mit eigener Notstromund<br />
Sauerstoffversorgung garantiert<br />
optimale Transportbedingungen für<br />
Patienten. „Etwas Vergleichbares gibt<br />
es in keiner anderen Armee“, erzählt<br />
Offiziersstellvertreter Harrer. „Darin<br />
können – abhängig von der gewählten<br />
Konfiguration mit Intensive Care<br />
Units und Non Intensive Care Units –<br />
zwei Intensivpatienten oder bis zu<br />
neun leicht verletzte Patienten transportiert<br />
und betreut werden.“ Die<br />
Ausstattung zur notfallmedizinischen<br />
Versorgung ist umfangreich: Dazu<br />
gehört ein Monitoring-System zur<br />
Überwachung der Atmung und Herzfrequenz<br />
ebenso wie ein Beatmungsund<br />
Absaugesystem, Möglichkeiten<br />
zur Infusionsbehandlung, ein Defibrillator<br />
sowie Geräte zur Erhaltung der<br />
Körperwärme.<br />
Für die Soldaten in der Hercules<br />
ist der weiße Container mit dem<br />
markanten roten Kreuz auf der Seite<br />
vorerst Zukunftsmusik. Nachdem sie<br />
die Stanchions in Position gebracht<br />
haben, sind sie nun damit beschäftigt,<br />
Gurte für die Krankentragen an<br />
Haken an der Decke des Laderaums<br />
zu befestigen. Ohne Container können<br />
in der Hercules bei der sogenannten<br />
Stretcher-Variante bis zu<br />
74 liegende Patienten transportiert<br />
werden. „Beim Bundesheer haben<br />
wir allerdings in der Regel eine Maximalbelegung<br />
von 18 Personen vorgesehen“,<br />
sagt Oberst Schalk und unterbricht<br />
einen der Soldaten in seiner<br />
Tätigkeit. Einer der Gurte ist verdreht.<br />
„Eine Kleinigkeit“, sagt der<br />
Offizier. „Aber beim Thema Sicherheit<br />
muss jeder Handgriff sitzen.“<br />
Im Ernstfall, aber auch schon jetzt<br />
während der Ausbildung.<br />
ALLEINSTELLUNGS-<br />
MERKMAL Das Patientenlufttransportmodul<br />
besteht<br />
aus einem auf einer Luftfrachtpalette<br />
montierten<br />
schall- und vibrationsgedämmten<br />
Spezialcontainer.<br />
„Etwas Vergleichbares gibt<br />
es in keiner anderen Armee“,<br />
sagt Offiziersstellvertreter<br />
Martin Harrer.
0 3 2 H E E R & M E H R<br />
WIR WERDEN DAS<br />
BUNDES<br />
HEER<br />
IN DER MITTE DER<br />
GESELLSCHAFT<br />
VERANKERN!<br />
F<br />
rau Minister, ihr Vorgänger<br />
Thomas Starlinger<br />
hat der Öffentlichkeit<br />
monatelang<br />
sehr drastisch vor Augen<br />
geführt, dass das<br />
Bundesheer in einem katastrophalen<br />
Zustand ist. Nach gut zwei Monaten<br />
im Amt: Wie katastrophal ist der<br />
Zustand tatsächlich?<br />
Ich darf am Anfang versichern, dass das<br />
Österreichische Bundesheer einsatzbereit<br />
ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten<br />
beweisen dies im täglichen Einsatz<br />
im In- und Ausland. Momentan beschäftigt<br />
uns die Frage, ob wir auch für<br />
die aktuellen und künftigen sicherheitspolitischen<br />
Herausforderungen richtig<br />
aufgestellt sind. Schließlich ist die Zeit<br />
des Kalten Krieges längst vorbei. Daher<br />
habe ich dem Generalstab den Auftrag<br />
erteilt, die Aufgaben des Bundesheeres<br />
nach den einsatzwahrscheinlichsten<br />
Anlassfällen zu reihen. Das Ergebnis<br />
wird als Priorisierung für die künftige<br />
Streitkräfteentwicklung angewandt.<br />
Die Einsatzfähigkeit des Heeres, die<br />
Starlinger in manchen Bereichen nur<br />
mehr sehr eingeschränkt sah, ist aus<br />
ihrer Sicht also immer noch gegeben?<br />
Unsere Soldaten erfüllen alle an sie gestellten<br />
Aufgaben. Das zeigt unsere Einsatzbereitschaft.<br />
Natürlich gibt es einen<br />
Investitionsbedarf. Hier möchte ich gezielt<br />
in jene Waffengattungen investieren,<br />
die für die einsatzwahrscheinlichsten<br />
Aufgaben bereitstehen. Ich spreche<br />
hier von Themen wie Cyberangriffe,<br />
Blackout oder Terroranschläge, die mit<br />
militärischen Mitteln geführt werden.<br />
Das sind die Herausforderungen des<br />
21. Jahrhunderts, im Gegensatz zum<br />
Kalten Krieg. Daher ist es wichtig, unser<br />
Bundesheer zukunftsfit zu machen.<br />
Es ist aber wohl trotzdem unbestritten,<br />
dass es dem Heer in sehr vielen<br />
Bereichen an wichtiger Ausrüstung<br />
und Infrastruktur mangelt, oder?<br />
Ich stehe als erste Verteidigungsministerin<br />
der Republik Österreich für Veränderung<br />
und Weiterentwicklung. Über<br />
Defizite zu reden ist zu wenig. Wir haben<br />
im Bundesheer Waffengattungen,<br />
die im Ausland hohe Anerkennung finden.<br />
Aber es gibt auch Waffensysteme,<br />
bei denen die Situation schwieriger ist.<br />
Mir ist wichtig, dass wir jene Truppen<br />
zuerst zukunftsfit machen, die wir in<br />
der derzeitigen sicherheitspolitischen<br />
Lage am wahrscheinlichsten brauchen.<br />
Wo sehen Sie dabei aktuell den dringendsten<br />
Handlungsbedarf? Wo gilt<br />
es den Hebel primär anzusetzen?<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / DA N I E L T R I P P O LT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
Sie ist die erste<br />
Frau an der Spitze<br />
des Bundesheeres:<br />
Wir haben mit<br />
Verteidigungsministerin<br />
Klaudia Tanner<br />
über ihre ersten Tage<br />
im Amt, die Causa<br />
Eurofighter und ihre<br />
Zukunftspläne für das<br />
Heer gesprochen.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Jedes Waffensystem – auch die modernsten<br />
– brauchen gut ausgebildete<br />
Soldatinnen und Soldaten, um eingesetzt<br />
zu werden. Daher stelle ich unsere<br />
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in<br />
den Fokus. Wir brauchen mehr junge,<br />
taugliche Österreicher und Österreicherinnen<br />
in unserem Bundesheer. Daher<br />
müssen wir das Bundesheer wieder<br />
in die Mitte der Gesellschaft rücken.<br />
Ein attraktiver und sinnstiftender<br />
Grundwehrdienst und ein modernes<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 4 H E E R & M E H R<br />
Dienstrecht sind wichtig, damit wir<br />
unser Bundesheer einsatzbereit halten<br />
können. Hier sehe ich großes Potential.<br />
Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von<br />
Maßnahmen, die aktuell zur Entscheidung<br />
heranstehen, wie etwa die Sicherstellung<br />
der aktiven Luftraumüberwachung,<br />
die Beschaffung neuer Hubschrauber<br />
sowie Investitionen in die<br />
Truppe und den Ausbau von Sicherheitsinseln.<br />
Sie haben die Luftstreitkräfte angesprochen:<br />
Die Saab-105Ö fliegt<br />
nur noch bis zum Jahresende, das<br />
Nutzungsende der Alouette III rückt<br />
immer näher und auch in anderen<br />
Bereichen stehen dringend<br />
notwendige Investitionen an.<br />
Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm<br />
zur aktiven Luftraumüberwachung<br />
bekannt. Wir werden<br />
dazu die kosteneffizienteste Variante<br />
suchen und implementieren. Mir ist dabei<br />
Transparenz besonders wichtig. Daher<br />
arbeite ich eng mit den Wehrsprechern<br />
der Parlamentsparteien zusammen,<br />
um eine gemeinsame demokratische<br />
Entscheidung zu treffen. Die Zeit<br />
einsamer Lösungen hinter verschlossenen<br />
Türen ist vorbei. Mit dem Ankauf<br />
von weiteren drei S-70 Black Hawk<br />
haben wir die Hubschrauberflotte<br />
gestärkt. Die Entscheidung zur Alouette<br />
III steht kurz bevor. Damit ist der<br />
Betrieb dieser, auch für den Katastrophenhilfseinsatz<br />
wichtigen, Elemente<br />
sichergestellt.<br />
Wie geht es mit dem Eurofighter<br />
weiter?<br />
Als Verteidigungsministerin ist für mich<br />
die Sicherstellung der aktiven Luftraumüberwachung<br />
wesentlich. Die Aufbereitung<br />
aller Daten für eine Entscheidung<br />
zur kosteneffektivsten Lösung überlasse<br />
ich den Experten. Momentan zweifle<br />
ich jedoch, dass der Airbus-Konzern als<br />
ein seriöser Ansprechpartner gesehen<br />
werden kann. Die Strafzahlungen in<br />
den USA und anderen europäischen<br />
Ländern lassen das Unternehmen in<br />
keinem guten Licht stehen. Die Entscheidung,<br />
wie die aktive Luftraumüberwachung<br />
aussehen wird, werde<br />
ich bis Sommer treffen.<br />
ZUKUNFTSPLÄNE Verteidigungsministerin<br />
Klaudia<br />
Tanner verschafft sich aktuell<br />
im Rahmen vieler Vor-Ort-<br />
Termine einen Überblick<br />
über die Stärken und<br />
Schwächen der rot-weißroten<br />
Streitkräfte. Die Aufgaben<br />
des Bundesheeres<br />
will sie nach den „einsatzwarhscheinlichsten<br />
Anlassfällen“ reihen und<br />
anschließend jene Truppen<br />
zuerst stärken, die „in der<br />
derzeitigen sicherheitspolitischen<br />
Lage am<br />
wahrscheinlichsten<br />
gebraucht werden“.<br />
Ist ein Ausstieg aus dem System Eurofighter<br />
und ein Wechsel auf einen<br />
anderen Flugzeugtyp immer noch<br />
eine Option?<br />
Derzeit arbeiten die Experten des<br />
Hauses an den Varianten für die kosteneffizienteste<br />
Lösung der aktiven<br />
Luftraumüberwachung. Dabei sind alle<br />
Optionen offen. Wichtig ist, dass wir<br />
mit dem Geld der Steuerzahlerinnen<br />
und Steuerzahler sorgfältig umgehen<br />
und die beste Lösung für Österreich<br />
finden.<br />
Eine finale Entscheidung, wie es mit<br />
der Luftraumüberwachung weitergeht,<br />
soll noch vor dem Sommer<br />
fallen. Wie zuversichtlich sind Sie,<br />
dass diese tatsächlich getroffen und<br />
dann auch zügig umgesetzt wird?<br />
Wir werden die aktive Luftraumüberwachung<br />
auch künftig sicherstellen<br />
können. Ich gehe davon aus, dass alle<br />
erforderlichen Maßnahmen nach der<br />
Entscheidung zügig umgesetzt werden<br />
können.<br />
Wie zuversichtlich sind Sie, dass es<br />
eine Aufstockung des Heeresbudgets<br />
geben wird?<br />
Das Budget verhandle ich gerade mit<br />
dem Finanzminister. Und ich bin zuversichtlich,<br />
dass wir mehr Geld für<br />
das Bundesheer erhalten werden. Aber<br />
es ist noch zu früh, um über Summen<br />
zu sprechen. Wichtig ist mir, dass wir<br />
dieses Geld in jene Bereiche investieren,<br />
die wir künftig zur Auftragserfüllung<br />
benötigen.<br />
Inwieweit fließen in die aktuellen<br />
Planungen die immer umfangreicher<br />
werdenden Aufgabengebiete ein?<br />
Der jüngste Hackerangriff auf das<br />
Außenministerium, der Großeinsatz<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / DA N I E L T R I P P O LT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
rund um die Flüchtlingskrise 2015<br />
oder eine mögliche Reaktion im<br />
Falle einer weiteren Ausbreitung<br />
des Coronavirus zeigen schließlich,<br />
dass sich das Bundesheer auf immer<br />
mehr Einsatzwahrscheinlichkeiten<br />
vorbereiten muss.<br />
Sie sagen es: wir müssen das Bundesheer<br />
an die neuen Herausforderungen<br />
des 21. Jahrhunderts anpassen. Das<br />
steht auch im Regierungsprogramm.<br />
Abgesehen davon leisten unsere Soldaten<br />
und Soldatinnen schon jetzt mit<br />
sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen<br />
und Hilfseinsätzen bei Katastrophenfällen<br />
Dienste, wie sie wahrscheinlich<br />
in Zukunft noch häufiger<br />
auftreten werden. <strong>Aktuell</strong> steht das<br />
Bundesheer, allem voran die ABC-<br />
Abwehrtruppe und die Sanitätstruppe,<br />
jederzeit für Coronavirus-Einsätze<br />
bereit. Das zeigt, dass wir bereits jetzt<br />
reagieren können. Hier sind wir auf<br />
dem richtigen Weg. Jetzt gilt es, diese<br />
Kräfte für die einsatzwahrscheinlichsten<br />
Szenarien zu stärken. Das ist die<br />
von mir festgelegte Priorität bei der<br />
künftigen Streitkräfteentwicklung.<br />
Abschließend: Welche konkreten<br />
Maßnahmen und Umsetzungen wollen<br />
Sie am Ende ihres ersten Amtsjahrs<br />
unbedingt realisiert wissen?<br />
Wir werden das Bundesheer wieder in<br />
der Mitte der Gesellschaft verankern.<br />
Der Dienst für Österreich soll wieder<br />
attraktiv sein. Ich sehe in der Teiltauglichkeit<br />
einen wichtigen ersten Schritt,<br />
den ich heuer realisieren werde. Die<br />
ersten Untersuchungen im Rahmen<br />
der Stellung nach dem neuen System<br />
sollen bereits ab dem 1. Jänner 2021<br />
erfolgen. Die Sicherstellung der aktiven<br />
Luftraumüberwachung gehört<br />
ebenfalls zu den Prioritäten für das<br />
Jahr <strong>2020</strong> wie auch die Entscheidung<br />
über die Nachfolge der Alouette III.<br />
Und wohin wollen Sie die Streitkräfte<br />
darüber hinaus entwickeln?<br />
Wie sehen Sie das Bundesheer im<br />
Jahr 2025?<br />
Ich werde mein großes Ziel im Auge<br />
behalten und erste Weichenstellungen<br />
einleiten. In ein paar Jahren werden<br />
wir das Bundesheer an die neuen Herausforderungen<br />
des 21. Jahrhunderts<br />
angepasst und auf die einsatzwahrscheinlichsten<br />
Szenarien vorbereitet<br />
haben. Der Dienst an der Gesellschaft<br />
und insbesondere der Grundwehrdienst<br />
wird attraktiver und sinnstiftender<br />
gestaltet sein. Dazu wird das<br />
Österreichische Bundesheer als<br />
attraktiver Arbeitgeber jungen<br />
Menschen eine Karriere bieten.
0 3 6<br />
S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
CHINA FLIEGT<br />
AUFAFRIKA<br />
Europäer haben im Kolonialzeitalter die Welt erobert. Nun ist China in der Offensive: Seit Jahren baut Peking seinen Einfluss vor<br />
allem in Afrika mit Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Rohstoffe und seiner Prämisse, sich nicht in innenpolitische<br />
Angelegenheiten einzumischen, sofern sie den eigenen Interessen nicht schaden, in hohem Tempo aus. Längst hat China damit<br />
sowohl die USA als auch Frankreich als wichtigste Handelspartner des Kontinents hinter sich gelassen und nun entdecken auch<br />
chinesische Rüstungsbetriebe den Kontinent zusehends für sich. Produkte von Staatsunternehmen wie Catic, Avic und Norinco<br />
sind inzwischen wesentlicher Bestandteil diverser „Sicherheitskooperationen“ mit afrikanischen Staaten, das Volumen der<br />
chinesischen Rüstungsexporte nach Afrika stieg laut aktuellen Zahlen des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI<br />
von 2013 bis 2018 um 55 Prozent. Dieser Anstieg ist beispielsweise auf den bewaffnungsfähigen Hongdu K-8 Karakorum (Bild)<br />
zurückzuführen, der mit 175 Stück in sieben afrikanischen Luftwaffen inzwischen der meistverbreitetste Jet-Trainer des<br />
Kontinents ist und für dessen Nachfolger L-15 Sambia sogar Erstexportkunde wurde.<br />
im fokus<br />
DER KONZERN<br />
IM ÜBERBLICK<br />
Gründung<br />
2015<br />
sitz<br />
Moskau<br />
umsatz<br />
8,8 Mrd. Euro (2018)<br />
Beschäftigte<br />
98.000<br />
PVO ALMAZ-ANTEY JSC<br />
Das 2015 zusammengefasste Konglomerat von rund 90 russischen<br />
Einzelherstellern bodengebundener Luftabwehr (inklusive<br />
Radars) PVO Almaz-Antey JSC ist die einzige russische<br />
Waffenschmiede unter den zehn umsatzstärksten Rüstungskonzernen<br />
der Welt. Bekannteste Produkte sind die –<br />
geläufig aktuell vor allem durch den kontroversen Verkauf<br />
ins NATO-Land Türkei – Luft- und Raketenabwehrkomplexe<br />
S-300PMU sowie S-400, das neue S-500 befindet sich bereits<br />
in Erprobung. Weiters zu erwähnen sind die Marschflugkörper<br />
3M14 der Kalibr-Klasse, 9K330 Tor, 96K6 Pantsir (Bild) und<br />
Viking sowie die neueste Exportversion M3 der auch aus dem<br />
Ukraine-Konflikt bekannten Buk-Familie. 2017 ist Almaz-<br />
Antej vor dem EU-Gerichtshof mit einer Klage gegen die<br />
2014 beschlossenen EU-Sanktionen gescheitert.<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R , H E R ST E L L E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />
„ANKARA HAT BEREITS EIN ANGEBOT FÜR SU-57E ERHALTEN“<br />
VIKTOR KLADOW<br />
ist Direktor der<br />
russischen Rüstungs-<br />
Staatsgesellschaft<br />
Rostec.<br />
Militär <strong>Aktuell</strong> sprach auf der Dubai Airshow mit dem<br />
Direktor für internationale Kooperationen des russischen<br />
staatlichen Rüstungskonzerns Rostec, Viktor<br />
Kladow, unter anderem über S-400, Su-57 und den Iran.<br />
Wie steht es aktuell um die russischen Rüstungsexporte?<br />
2018 lag Russland mit einem Marktanteil am globalen<br />
Geschäft von 21 Prozent hinter den USA mit 36 Prozent,<br />
aber deutlich vor Frankreich mit 6,8 Prozent. Von 2019<br />
haben wir noch keine finalen Zahlen, aber die zehn in<br />
den weltweiten Top 100 gelisteten russischen Konzerne<br />
verkauften Güter und Dienstleistungen im Gesamtwert<br />
von 32,9 Milliarden Euro. Das ist gleichauf mit 2018, fünf<br />
Unternehmen verzeichneten Zuwächse, fünf Einbußen.<br />
Die Türkei hat zuletzt Interesse am Su-57, dem russischen<br />
Stealth-Jäger der 5. Generation, angemeldet, da die Auslieferung<br />
des F-35 von den USA wegen Ankaras Ankauf russischer<br />
S-400 Luftwabwehr (Bild rechts) blockiert wird.<br />
Das stimmt und die Türkei hat auch bereits ein Angebot<br />
erhalten und denkt darüber nach. Formell ist Ankara immer<br />
noch Teil des F-35-Programms. Sollten sie die Entscheidung<br />
treffen, dort auszusteigen, ist unsere Industrie<br />
bereit, Su-35 oder Su-57E zu bauen und auch zu liefern.<br />
Vereinigten Arabischen Emirate mögliche Käufer. Teile<br />
könnten auch in diesen Ländern hergestellt werden – sofern<br />
die technischen Voraussetzungen eine Produktion zulassen.<br />
Die UdSSR hat sich militärisch und mit ihrer Rüstungsindustrie<br />
stark in Afrika engagiert. Täuscht der Eindruck oder richtet<br />
Russland nun seinen Fokus wieder verstärkt auf die Region?<br />
Der Eindruck täuscht nicht. Russland hat in den vergangenen<br />
Jahren Militär- und Sicherheitsabkommen mit vielen afrikanischen<br />
Ländern geschlossen. 2018 gingen 17 Prozent unserer<br />
Produkte nach Afrika, obwohl Ägypten zum Nahen Osten<br />
zählt, in den weitere 16 Prozent gehen. Dieser Anteil dürfte in<br />
Zukunft steigen, Kairo hat bereits 2017 einen Vertragsentwurf<br />
für neue Su-35 unterzeichnet.<br />
Was tut sich abseits von Kampfflugzeugen?<br />
Da russische Systeme immer öfter erfolgreich in regionalen<br />
Konflikten eingesetzt werden, können wir – den Sanktionen<br />
der USA und der EU zum Trotz – viele Wachstumsmärkte für<br />
uns nutzen. <strong>Aktuell</strong> gibt es großes Interesse am Luftabwehrsystem<br />
S-400 und dessen Radars, etwa von Saudi-Arabien und<br />
Katar. Potenzial sehen wir auch im Iran, der nach dem Nukleardeal<br />
von 2015 im Oktober wieder Zugang zum internationalen<br />
Rüstungsmarkt erhält. Der Bedarf Teherans umfasst Flugzeuge<br />
und Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, großkalibrige Artillerie,<br />
Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe und Raketensysteme.<br />
Der Su-57E ist die Exportversion des Su-57?<br />
Richtig. Dieser wurde vergangenen Sommer vorgestellt<br />
und neben der Türkei sind auch Indien, China und die
0 3 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
WAS GEHT NOCH IN DIE<br />
LUFT<br />
Analyse & Fotos: GEORG MADER<br />
Egal ob Saab-105Ö, Black Hawk, OH-58B Kiowa,<br />
C-130K Hercules oder Alouette III – bei den rot-weiß-roten<br />
Luftstreitkräften herrscht derzeit an praktisch allen Ecken<br />
und Enden dringender Aufholbedarf. Eine Übersicht.<br />
ie Saab-105Ö kann<br />
D<br />
nur noch bis Ende<br />
des Jahres, die Alouette<br />
III auch nur<br />
mehr bis 2023, die<br />
„Herkys“ brauchen<br />
immer öfter und längere Verschnaufpausen<br />
und auch sonst stellen sich<br />
rund um die rot-weiß-roten Luftstreitkräfte<br />
viele unbeantwortete Fragen und<br />
Problemfelder. Die meisten davon sind<br />
selbst verschuldet, auf immer wieder<br />
verschobene oder nicht und nur unzulänglich<br />
getroffene Entscheidungen zurückzuführen.<br />
Resultat davon ist ein<br />
gewaltiger „Investitionsrückstau Luft“,<br />
den es in den kommenden Jahren dringend<br />
aufzuarbeiten gilt. Allerdings:<br />
Anders als bisher stellt sich aufgrund<br />
der bereits vorgenommenen Einsparungen<br />
und der geringen vorhandenen<br />
Kapazitäten nun nicht mehr die Frage,<br />
ob es einzelne Systeme überhaupt noch<br />
braucht und sie nicht einfach aus der<br />
Flotte ausgeschieden werden können.<br />
Vielmehr geht es jetzt darum, wie<br />
anstehende Modernisierungen und<br />
Nachbeschaffungen am besten (und<br />
kosteneffizientesten) bewerkstelligt<br />
werden können.<br />
C-130K HERCULES<br />
Das Bundesheer betreibt in Hörsching<br />
drei C-130K, die 1967/68 an die RAF<br />
ausgeliefert wurden. Dank nahezu lückenloser<br />
Dauerpräsenz einer Maschine<br />
beim britischen Spezialisten Marshall of<br />
Cambridge können sie – erweitert um<br />
eine vierte ex-RAF-Maschine als Ersatzteilspender<br />
– noch bis mindestens 2025<br />
fliegen. Ein Problem sind die altersbedingt<br />
immer wieder auftretenden Störungen<br />
und Verzögerungen der viel<br />
geflogenen „Herkys“, so zuletzt im<br />
Dezember beim Hin- und Rückflug<br />
mit Minister Thomas Starlinger in den<br />
Kosovo. Der lange Ausfall 2019 war auf<br />
einen Unfall in den USA zurückzuführen,<br />
weltweit mussten bei allen C-130 die Propellerblätter<br />
getauscht werden. Folglich<br />
wurde die Versorgung der österreichischen<br />
Auslandskontingente über<br />
Wochen massiv beeinträchtigt, der benötigte<br />
Nachschub musste großteils per<br />
Lkw transportiert werden. Ein möglicher<br />
Ersatz wären – der notwendige politische<br />
Wille dafür vorausgesetzt – neue<br />
oder gebrauchte C-130J Juliet. Der Nachfolger<br />
der C-130K wird von den Briten<br />
zur Zeit ausgephast, zuletzt wurden Maschinen<br />
nach Bahrain und Bangladesh<br />
verkauft.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />
DA40 NG<br />
Am 19. September 2018 wurden die letzten beiden von insgesamt<br />
vier einmotorigen Diamond DA40 NG Schulungsflugzeugen an<br />
das Bundesheer übergeben. Das Flugzeug aus leichtem Verbundwerkstoff,<br />
angetrieben von einem hochmodernen 168 PS Jet-Fuel<br />
Motor von Austro Engine (Tochterfirma der Diamond Aircraft), ist<br />
eine außergewöhnliche Trainingsplattform für den Instrumentenflug<br />
(IFR). Das Cockpit ist mit G1000 NXi Avionik von Garmin ausgestattet,<br />
das jenen in großen Verkehrsflugzeugen sehr ähnlich ist. Die<br />
Ausstattung in diesem Bereich ist also „State of the art”, es besteht<br />
kein Modernisierungs- oder Nachrüstbedarf.<br />
„Österreichs Luftstreitkräfte sind in der Geriatrie gelandet“<br />
FOTO S : M A R S H A L L O F C A M B R I D G E , B U N D E S H E E R<br />
GEORG MADER ist einer<br />
der renommiertesten österreichischen<br />
Luftfahrtjournalisten,<br />
Korrespondent des britischen<br />
„Jane’s Defence“ und seit<br />
vielen Jahren Autor von<br />
Militär <strong>Aktuell</strong>.<br />
Die gute Nachricht vorweg: Obwohl mit<br />
dem strapazierten Begriff „Kosteneffizienz“<br />
versehen, findet sich im türkis-grünen Regierungsprogramm<br />
ein klares Bekenntnis zur<br />
Sicherstellung einer passiven und aktiven rotweiß-roten<br />
Luftraumüberwachung. Damit<br />
scheinen die in der Vergangenheit vielfach<br />
angedachten „Auslagerungsideen“ und<br />
möglichen „internationalen Kooperationen<br />
in der Luftraumüberwachung“ endlich passé.<br />
Diese waren souveränitäts- und neutralitätsbezogen<br />
sowieso stets Unsinn, hätten möglicherweise<br />
sogar dazu geführt, dass eine<br />
andere Macht für uns Neutrale (!) ihre eigenen<br />
militärischen Überflüge kontrolliert hätte. Ob<br />
sie da immer ganz genau hingesehen hätten?<br />
Wir brauchen uns trotzdem keinen Illusionen<br />
hingeben: Am Ende werden die längst überfälligen<br />
Entscheidungen über die künftige<br />
Gestaltung, Ausstattung oder weitere Ausdünnung<br />
unserer Luftstreitkräfte nicht von<br />
unseren Generälen getroffen, sondern von<br />
der Regierungsspitze, im Koalitionsausschuss<br />
und im Finanzministerium. Also von<br />
jenen Ebenen, für die Nulldefizit und Steuerentlastungen<br />
deutlich mehr Priorität zu genießen<br />
scheinen als moderne Abfangjäger,<br />
Jet-Trainer und Hubschrauber. Die Forderung<br />
von Expertenminister Thomas Starlinger<br />
nach Investitionen von 16 Milliarden Euro<br />
sind vor diesem Hintergrund nicht einmal<br />
mehr Schnee von gestern.<br />
Trotzdem gibt es einen Lichtblick: Sowohl<br />
jüngste grüne Wortmeldungen als auch persönliche<br />
Gespräche des Autors während der<br />
Koalitionsverhandlungen lassen nun deutlich<br />
mehr Realismus und Verständnis für die<br />
Beschaffung neuer Fluggeräte erkennen, als<br />
das früher der Fall war. Dass etwa Vizekanzler<br />
Werner Kogler in Diskussionen „den kleinen<br />
italienischen Fiat“, oder der grüne Wehrsprecher<br />
die „rasch umsetzbare Möglichkeit des<br />
Leasings von italienischen Advanced Jet Trainern“<br />
ansprechen, ist ein bemerkenswerter<br />
Wandel. „Wir verstehen, dass es einen Luftpolizeidienst<br />
im Friedensbetrieb geben<br />
muss – aber das kann und muss billiger als<br />
mit Hochleistungskampfflugzeugen gehen”,<br />
sagte mir ein grüner Verhandler. Der Ansatz<br />
stimmt, da fehlt eigentlich „nur” noch die<br />
„Denk-Schleife“ zur auch von Neo-Verteidigungsministerin<br />
Klaudia Tanner jüngst einmal<br />
mehr betonten umfassenden militärischen<br />
Landesverteidigung. Diese wurde<br />
in der Luft aber – im Vergleich mit ähnlich<br />
großen und wohlhabenden Staaten wie<br />
Österreich – ohnehin nie in konfliktrelevanter<br />
Anzahl und mit zeitgemäßer Bewaffnung<br />
erreicht. Augenscheinlich wird das etwa<br />
bei den mehr als 50 Jahre alten, anderswo<br />
höchstens noch von Museumsstaffeln betriebenen,<br />
Düsentrainern und Hubschraubern.<br />
Abschließend noch ein Hinweis an all jene,<br />
die glauben, es wäre damit getan, altes Gerät<br />
durch neues zu ersetzen: In Zeltweg wurde<br />
zwar im Zuge der Eurofighter-Beschaffung<br />
die Infrastruktur von „Besatzungszeit-Standard“<br />
auf zeitgemäßes Niveau gebracht.<br />
Anderswo stehen die Fluggeräte des Heeres<br />
aber nach wie vor in teils musealen Hangars.<br />
Dazu kommt eine Personalsituation, die<br />
selbst mit größtem Optimismus als unbefriedigend<br />
zu bezeichnen ist. Es fehlt auf praktisch<br />
allen Ebenen an Spezialisten und<br />
Fachkräften – nicht zuletzt bei den Piloten.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 0 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
EUROFIGHTER & SAAB-105Ö<br />
Soll der geplante und dringend notwendige<br />
Ersatz der altersschwachen<br />
Saab-105Ö so wie aktuell die „105er”<br />
einen Teil der Luftraumüberwachung<br />
übernehmen oder nicht? Eine gute<br />
Frage, deren Antwort wohl Dreh- und<br />
Angelpunkt der zukünftigen rot-weißroten<br />
aktiven Luftraumüberwachung<br />
ist und über die Eurofighter-Zukunft<br />
ebenso entscheidet wie über die<br />
Saab-Nachfolge<br />
Aber alles der Reihe nach, beginnen<br />
wir mit der Saab-105Ö: Auch wenn<br />
in Folge der Nach-Anfertigung der<br />
Rumpf/Leitwerksbolzen der Flugbetrieb<br />
Anfang Februar wieder aufgenommen<br />
werden konnte, ist die Einstellung<br />
des Betriebs mit Ende dieses<br />
Jahres fix. Dadurch ergeben sich gleich<br />
mehrere Probleme. Nummer eins: Zuletzt<br />
wurde von den „105ern” rund ein<br />
Viertel der aktiven Luftraumüberwachung<br />
getragen. Dieser Anteil könnte<br />
prinzipiell zwar von den Eurofightern<br />
mit ihren zurzeit 1.100 Flugstunden<br />
übernommen werden, allerdings ist<br />
das aktuell aufgrund von Personalengpässen<br />
und nur verfügbaren 16 bis 18<br />
Piloten nicht 1:1 möglich und sind die<br />
Flugstunden rund zehnmal teurer.<br />
Problem Nummer 2: Mit dem Ausscheiden<br />
der Saab-105Ö tut sich in der<br />
rot-weiß-roten Pilotenausbildung ein<br />
kostspieliges Fähigkeitenloch auf. Zu<br />
den Aufwänden für die ohnehin bereits<br />
ausgelagerte Jet-Pilotenausbildung (u.<br />
a. für Auslandsdienstreisen und -aufenthalte<br />
in Lecce und Laage) stellt sich<br />
dann auch die Problematik der „Proficiency“<br />
– also des Fähigkeitenerhalts.<br />
Wie soll der bereits zwei Jahre um viele<br />
Millionen Euro ausgebildete Jungpilot<br />
seine „Wings“ bis zur (angeblich ziemlich<br />
teuren) Eurofighter-Typenschulung<br />
viele weitere Monate gültig halten?<br />
Konsequenz davon ist wiederum ein<br />
erhöhter Kostenaufwand, der aber<br />
ohnehin kaum mehr zu vermeiden ist.<br />
Der Zulauf eines Nachfolgers bis Jahresende<br />
ist illusorisch, die Systemeinführung<br />
würde im Fall der Fälle ohnehin<br />
mehrere Jahre dauern. Immerhin: Eine<br />
Entscheidung über die Saab 105Ö-<br />
Nachfolge soll nun (nach vielen Verschiebungen<br />
in den vergangenen Jahren)<br />
Ende Juni fallen. Spätestens dann müsste<br />
es also auch eine Antwort auf die eingangs<br />
formulierte Frage geben.<br />
Um Verwerfungen wie im Nachgang des<br />
Eurofighter-Ankaufs zu vermeiden, wird<br />
bei der Saab-Nachfolge aktuell ein strikter<br />
Government-to-Government-Zugang<br />
ohne Mittelsmänner oder heimische<br />
Repräsentanten verfolgt. Laut Informationen<br />
aus der Gruppe Bereitstellung im<br />
Verteidigungsministerium, die für Beschaffungen<br />
zuständig ist, befindet man<br />
sich aktuell in Gesprächen mit Italien,<br />
Tschechien, Deutschland und Großbritannien.<br />
Obwohl diese Vorgangsweise<br />
prinzipiell zu begrüßen ist, hat sie mehrere<br />
Haken: So wissen Regierungsbeamte<br />
oft kaum über mögliche Produktionsslots<br />
und Subsystem-bedingte<br />
Preismargen der eigenen Hersteller bescheid.<br />
Bundesheer-Beschaffer beklagen<br />
zudem die fehlende Nähe zu Entwicklern<br />
und Ingenieuren. Technische Fragestellungen<br />
könnten daher nur schwer erörtert<br />
werden, was den Typenentscheid<br />
nicht vereinfache.<br />
Soll der Nachfolger so wie aktuell die<br />
Saab-Jets einen Teil der Luftraumüberwachung<br />
übernehmen, fallen die durchaus<br />
innovative tschechische L-39NG-Neuauflage<br />
des Albatros oder Leonardos M-345<br />
ebenso wie ältere Muster – etwa gebrauchte<br />
britische BAE-Hawk – von Vornherein<br />
durch den Rost. In diesem Falle<br />
bliebe mit dem M-346 wohl nur das stärkere<br />
der beiden in Frage kommenden<br />
italienischen Designs im Rennen. Dabei<br />
handelt es sich streng genommen zwar<br />
um einen Hochleistungstrainer und<br />
keinen Abfangjäger, allerdings ist eine<br />
Bewaffnung beispielsweise mit IRIS-T-<br />
Luft-Luft-Lenkwaffen möglich und die<br />
Performance – als einziger zweistrahliger<br />
Jet unter den Kandidaten – deutlich über<br />
den zuvor genannten Modellen. Eine<br />
Mehrheit im Heer scheint das italienische<br />
Muster auch deshalb zu favorisieren, weil<br />
es von der M-346 mit der M-346FA seit<br />
Kurzem eine „Fighter-Variante“ mit<br />
eigenem Griffo-Bordradar gibt.<br />
Alternativ zum M-346 könnten höhere<br />
Investitionen in den Eurofighter stehen.<br />
Zusätzlich zu den noch heuer notwendigen<br />
Investitionen für neue Mode-5/S-<br />
Transponder (rund 400.000 Euro pro<br />
Maschine) würde eine zeitgemäße<br />
Ausstattung mit Infrarot-Nachtsicht,<br />
elektronischem Selbstschutz samt Radarwarnempfänger<br />
und Radar-Allwetter-<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / Z I N N E R , G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />
Lenkwaffen mit maximal 200 Millionen Euro zu<br />
Buche schlagen. Eine Aufwertung des Eurofighter zur<br />
alleinigen Luftraumüberwachungsnutzung könnte<br />
auch L-39NG und Co wieder ins Spiel bringen, um die<br />
teure Ausbildung „heimzuholen”. Denkbar ist auch<br />
ein Systemwechsel vom Eurofighter auf einen anderen<br />
Jet wie den französischen Rafale oder schwedische<br />
Gripen. Gerüchten zufolge liegt den rot-weiß-roten<br />
Militärs seit 2017 eine „Information“ von Saab über<br />
15 plus drei Gripen-C/D MS20 mit Lieferung innerhalb<br />
von 18 Monaten zu Raten in Höhe der Eurofighter-<br />
Betriebskosten auf dem Tisch.<br />
Apropos Kosten: Die wirklich vergleichbaren operativen<br />
Aufwände (inklusive Tageswartung, Kerosin und<br />
Co, exklusive gesamte Systemkosten) liegen bei der<br />
Saab-105Ö bei rund 3.000 Euro pro Flugstunde. Der<br />
M-346FA wäre mit 4.000 bis 5.000 Euro geringfügig<br />
teurer, beim Gripen C/D liegen die Kosten pro Flugstunde<br />
zwischen 12.000 und 15.000 Euro und beim<br />
Eurofighter zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Die<br />
Ankaufkosten eines M-346FA dürften inklusive Supportanteil<br />
bei rund 30 Millionen Euro liegen, jene von<br />
M-345 und L-39NG um die 10 bis 12 Millionen Euro –<br />
für alle drei Varianten sind unseren Informationen<br />
zufolge Leasing-Beschaffungen möglich.<br />
PC-6<br />
TURBO PORTER<br />
Ebenso wie drei PC-7<br />
Turbo Trainer wurden<br />
2012 auch fünf Stück<br />
der PC-6 Turbo Porter an<br />
RUAG zurückverkauft.<br />
Allerdings handelte es<br />
sich dabei nicht um die<br />
ältesten Maschinen,<br />
sondern um jene, bei<br />
denen nach im Schnitt 5.800 Flugstunden die größeren<br />
Wartungsereignisse anstanden – die kurzfristige Einsparung<br />
stand im Vordergrund. Die übrigen acht Maschinen<br />
tun aktuell Dienst als Transport-/Verbindungsflugzeug,<br />
zum Absetzen von Fallschirmspringern, für Lastabwürfe,<br />
Luftbild- und Messflüge, als Löschflugzeug oder als<br />
Schleppflugzeug für Zielsäcke bei Übungen der Fliegerabwehr.<br />
Der frühere Airchief Generalmajor Karl Gruber<br />
bezeichnete die Maschinen aufgrund ihrer Ausstattung<br />
mit modernen Vexcel-Kameras (UltraCam Mk. 2 und Mk.<br />
3) scherzhaft als Drohnen. 2016 wurde auch eine interessante<br />
Funktion als Sprechfunk-Relaisstation in oder über<br />
Tälern angedacht, Upgrades bei Fluginstrumentierung<br />
und Navigation stehen demnächst an.
0 4 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
ALOUETTE III<br />
„Warum müssen uns Hubschrauber<br />
aus dem Ausland unterstützen? Haben<br />
wir selbst kein taugliches Gerät?“ Geschwaderkommandanten<br />
erinnern sich<br />
noch gut an den kritischen Unterton der<br />
vom damaligen Bundeskanzler Viktor<br />
Klima im Februar 1999 nach der Lawinenkatastrophe<br />
von Galtür gestellten<br />
und öffentlich vorgetragenen Fragen.<br />
Ihre Antwort lautete: „Nein”. Das Heer<br />
verfügte damals über keine großen<br />
Transporthubschrauber, in weiterer<br />
Folge wurde daher beschlossen, mit<br />
zwölf neuen Black Hawks diese Fähigkeitslücke<br />
zu schließen. Geworden sind<br />
es letztlich bekanntlich nur neun, von<br />
denen wiederum aktuell (siehe Infokasten<br />
Black Hawk auf der nächsten Doppelseite)<br />
nur vier flugfähig sind. Das hat<br />
natürlich immer wieder Engpässe zur<br />
Folge, die etwa rund um die massiven<br />
Schneefälle im Jänner 2019 augenscheinlich<br />
wurden, als insgesamt<br />
19 Bundesheer-Hubschrauber (neben<br />
den vier S-70 auch einige AB-212 aus<br />
Hörsching und Alouette III aus Aigen im<br />
Ennstal) im Dauereinsatz standen. Eine<br />
Katastrophe wie einst in Galtür wäre mit<br />
dieser Maschinen-Anzahl erneut nicht<br />
bewältigbar gewesen, dafür bräuchte<br />
man mindestens eine personell voll ausgestattete<br />
Staffel AB-212 (zwölf Maschinen)<br />
sowie zwei Staffeln (24 Stück)<br />
Black Hawk und zwölf bis 18 Mehrzweckhubschrauber<br />
wie die Alouette III.<br />
Das Problem: Österreich verfügt weder<br />
über ausreichend Black Hawks (auch<br />
wenn nun drei neue Maschinen beschafft<br />
werden) noch über neue Mehrzweckhubschrauber<br />
als Ersatz für die in<br />
die Jahrzehnte gekommene Alouette III-<br />
Flotte (1967), die bald ihren Dienst quittieren<br />
muss. Die Ersatzteilbevorratung<br />
der aktuell 19 Maschinen (darunter neben<br />
den Einsatzhelis in Aigen auch<br />
Schulungshubschrauber in Langenlebarn)<br />
reicht nur noch bis 2023, eine Ersatzbeschaffung<br />
wurde daher erstmals<br />
unter Verteidigungsminsiter Gerald<br />
Klug (2013 bis 2016) ins Auge gefasst.<br />
Unter Verteidigungsminister Mario<br />
Kunasek (2017 bis 2019) wurde der<br />
anschließend neuerlich verschobene<br />
geplante Zulauf dann mit einem Budget<br />
(politisch musste dafür das „Mascherl”<br />
eines Katastrohphenschutzpakets<br />
herhalten) hinterlegt und konkretisiert.<br />
Zur Disposition für den Ersatz der<br />
Alouette III standen damals zwölf<br />
leichte(re) bewaffnungsfähige Unterstützungs-Einsatzhubschrauber<br />
sowie<br />
sechs Schulungshubschrauber. Diese<br />
sollten bevorzugt vom selben Bieter<br />
und – zur Vermeidung einer zusätzlichen<br />
Logistikschiene – vom selben Typ<br />
beschafft werden. Laut aktuellen Informationen<br />
aus der Sektion Bereitstellung<br />
dürfte die im Regierungsprogramm<br />
explizit erwähnte Beschaffung weiter<br />
im Rahmen eines Katastrophenschutzpakets<br />
laufen. <strong>Aktuell</strong>e Überlegungen<br />
gehen nun aber dahin, ein Modell zu<br />
wählen, das in einigen Jahren auch die<br />
UH-58B Kiowa des Bundesheeres ersetzen<br />
könnte, um die Effizienz in Wartung<br />
und Betrieb zu verbessern.<br />
Kandidaten für die Nachfolge gibt es<br />
einige: Entgegen zwischenzeitlicher<br />
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AB-212<br />
Die beginnend mit 1980 zugelaufenen<br />
23 Zweiblattrotor-Maschinen<br />
wurden ab 2010 bis 2016 um rund<br />
70 Millionen Euro einem sogenannten<br />
Midlife-Update unterzogen. Jenes<br />
ermöglicht die Steigerung des<br />
Situationsbewusstseins (Situational<br />
Awareness) bei gleichzeitiger Reduzierung<br />
sowie Herabsetzung der<br />
Arbeitsbelastung der Piloten. Dazu<br />
wurden eine moderne 3-Display-Auslegung der Überwachungs- und Anzeigesysteme der Flugsteuerung, neue Navigationsanzeigen<br />
mit Kartendarstellung, ein Helmdisplay, aber auch Selbstschutzsensoren mit Täuschkörperwerfern eingerüstet. Flugaufträge<br />
sind dank nachtsichttauglichem Cockpit sowie Nachtsichtbrillen auch 24/7 möglich, es gibt folglich bei den „212er“ sogar eine<br />
„Nacht-Einsatzbereitschaft“ von allerdings nur zwei Maschinen. Diese geringe Zahl ist das Ergebnis einer dünnen Personaldecke<br />
bei Piloten und Werftpersonal. Statt der nötigen rund 50 Piloten für die AB-212 stehen aktuell nur rund 20 im Bundesheer-Sold. Die<br />
derzeit in Ausbildung befindlichen 20 Piloten (drei Jahre Ausbildungszeit) werden den Bedarf kaum decken können, da weiter mit<br />
einer massiven Abwanderung in die Privatwirtschaft zu rechnen ist. Inzwischen soll<br />
aufgrund der tristen Personalsituation die Hälfte der Maschinen – also eine ganze<br />
Überlegungen und dem 2017 angepassten<br />
Pflichtenheft scheinen aktuell anstelle<br />
kleinerer Plattformen wie AW109 Trekker<br />
oder Bell-429 wieder größere Muster<br />
mit einer Kapazität von sieben oder<br />
acht Passagieren favorisiert zu werden.<br />
Der Trend zur Größe ist aktuell auch<br />
bei anderen Armeen und Rettungsdiensten<br />
wie der Schweizer Rettungsflugwacht<br />
festzustellen. Der Stand der<br />
Technik ( zwei Piloten, Perfomance<br />
Based IFR-Navigation, …) macht eine<br />
Entscheidung für den Leonardo AW169<br />
oder den Airbus H145M mit neuem Fünfblatt-Rotor<br />
wahrscheinlich. Ähnlich wie<br />
bei der geplanten Saab 105Ö-Nachfolge<br />
gehen die Überlegungen dabei in<br />
Richtung eines Government-to-Government-Geschäfts.<br />
Laut Beschaffungsoffizieren<br />
wäre man aber auch für eine<br />
„klassische“ Ausschreibung gerüstet.<br />
Staffel – „stehen“, von der zweiten Staffel soll ein harter Kern von sechs Stück im<br />
Bestand gehalten werden. Allerdings: Sollen diese auch stets einsatzbereit sein,<br />
wären dafür nach der 3-Regel (Startbereit, Reservemaschinen, Werft) 18 Maschinen<br />
notwendig. <strong>Aktuell</strong> plant das Bundesheer den Betrieb seiner AB-212-Flotte<br />
bis 2030.<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R<br />
Zur Orientierung: Ungarn bezahlt aktuell<br />
für 20 (schwer) bewaffnete H-145M rund<br />
310 Millionen Euro. Das Bundesheer<br />
müsste demnach mit einem Preis von<br />
zehn bis 15 Millionen Euro pro Maschine<br />
rechnen. Ein Problem bleibt neben der<br />
(überschaubaren) Stückzahl der Faktor<br />
Zeit: Wie erwähnt ist ein Betrieb der<br />
Alouette-Flotte über 2023 hinaus nicht<br />
möglich. Für die Einführung und Fähigkeitsentwicklung<br />
eines neuen Musters<br />
bis hin zur Adaption aller Ausbildungsund<br />
Logistik-Notwendigkeiten veranschlagen<br />
Militärs aber durchschnittlich<br />
zehn Jahre.
0 4 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
PC-7 TURBO<br />
TRAINER<br />
Zwölf von einst 16 PC-7 Mk.1 (drei wurden<br />
2012 an RUAG „zurückverkauft“)<br />
werden in Zeltweg nach wie vor in der<br />
Piloten-Basisausbildung sowie (mit MG-<br />
Behältern ausgerüstet) gegen langsame<br />
Ziele bei Luftraumsicherungsoperationen<br />
eingesetzt. Nach 37 Einsatzjahren<br />
müssen nun allerdings einzelne Avionikkomponenten<br />
getauscht werden. Vom<br />
Bundesheer dürfte dabei eine kostengünstige<br />
Lösung präferiert werden, das<br />
vom Hersteller angebotene neue Glascockpit<br />
ist wohl zu teuer. Noch 2016<br />
ging man von einem Cockpit-Upgrade<br />
der PC-7 aus, das ARWT führte dafür bereits<br />
Vibrationsmessungen durch. Mittelfristig<br />
sollen die PC-7 (Planungsstand<br />
2017) durch „High Efficiency Trainer“<br />
ersetzt werden. Infrage kommende<br />
Kandidaten wären neue oder generalüberholte<br />
PC-7 und PC-9, neue PC-21,<br />
Beechcraft T-6II (eine solche Werksmaschine<br />
wurde mehrmals in Zeltweg gesichtet)<br />
oder leichte Jets wie Leonardo<br />
M345HET oder AERO L-39NG. Letztere<br />
werden mit Betriebskosten wie Turboprops<br />
beworben – und sind natürlich<br />
so wie die Zeltweger PC-7 mit MG- oder<br />
Raketenbehältern bewaffnungsfähig.<br />
OH-58B KIOWA<br />
Mit seiner M-134 Minigun 7,62 mm ist der OH-58B Kiowa aktuell der einzige –<br />
optional – offensiv bewaffnete Hubschrauber der rot-weiß-roten Luftstreitkräfte,<br />
mit 43 Jahren aber auch nicht mehr der Jüngste. Vor zehn Jahren wurde<br />
daher bereits ein budgetbedingtes Ausscheiden angedacht (und wieder verworfen),<br />
in der Zwischenzeit erhielten die zehn Maschinen (von ursprünglich<br />
zwölf) in Folge von Verlegungen zu Übungen von Norwegen bis Portugal<br />
„schicke” Winter- und Wüstenanstriche und sogar echte Rollenaufwertungen.<br />
So wurden die Kiowas zur Überwachung von Flugbeschränkungsgebieten<br />
(wie im Rahmen der Dädalus) und zur Abwehr von langsamen „Eindringlingen”<br />
mit einer binokularen Nachtsichtbrille mit Restlichtverstärker nachtkampftauglich<br />
gemacht. Zur Geländeüberwachung wurde zudem eine<br />
zeitgemäße und fernbedienbare Infrarotkamera (FLIR – in ihrer jüngsten<br />
Ausführung ein FLIR380HD) integriert, wie sie beispielsweise auch in der<br />
PC-6 Turbo Porter verbaut ist. Der HD-fähige Downlink ermöglicht eine Live-<br />
Übertragung der Aufklärungsergebnisse, die ebenfalls neue Senkrechtkamera<br />
Vexcel darüber hinaus verschiedene Prozessierstufen bis hin zu 3D-Ansichten<br />
wie jüngst beim Hochwassereinsatz in Osttirol und Kärnten. Angeblich stieg<br />
infolge der nun hochwertigeren Qualität der Luftaufklärung die entsprechende<br />
Nachfrage. Immer öfter genutzt wird der OH-58B auch in Zusammenhang mit<br />
vorgeschobenen Luftnahunterstützungs-Koordinatoren (JTAC), beispielsweise<br />
bei den Aufklärungs-Artilleriebataillonen.<br />
FLIEGERABWEHR<br />
Nach dem Motto „wer soll uns schon aus der Luft angreifen?“<br />
vielfach als überflüssig hinterfragt, wird im Bereich der Luftabwehr<br />
die steigende Notwendigkeit der Drohnenabwehr übersehen.<br />
Resultat davon: Auch in diesem Bereich herrscht dringender<br />
Nachholbedarf! Das Kurzstreckensystem Mistral wird heute<br />
schon lebensdauerverlängert, 2025 ist Nutzungsende. Und die<br />
ebenfalls in die Jahre gekommene 35-mm-Zwillingslfliegerabwehrkanone<br />
85 samt Skyguard-Feuerleitgerät kann mangels ausgephaster<br />
schwerer Lkw aktuell nur auf der Straße transportiert<br />
werden, aber nicht im Gelände, wo die Fliegerabwehr eigentlich<br />
positioniert werden sollte …<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R / M I L L E R ,<br />
F L I E G E R - U N D F L I E G E R A BW E H R - R U P P E N S C H U L E<br />
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A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />
S-70A42 BLACK HAWK<br />
<strong>Aktuell</strong> sind lediglich vier von insgesamt<br />
neun Black Hawks des Bundesheeres<br />
einsatzbereit, obwohl das System „nur“<br />
17 Jahre alt ist. Grund dafür: In den<br />
Sikorsky-Hubschrauben sind – im Unterschied<br />
beispielsweise zu den dreimal so<br />
alten Alouette III – zahlreiche Computersysteme<br />
verbaut, die im Schnitt alle zehn<br />
Jahre sogenannte „Obsoleszenzen“ notwendig<br />
machen. Das heißt, bestimmte<br />
Ersatzteile oder Komponenten werden<br />
nicht mehr erzeugt. Im Fall des Black<br />
Hawk müssen die zunehmend ausfallenden<br />
Rockwell-Collins-Farbdisplays getauscht<br />
und folgedessen umfangreiche<br />
Cockpit-Umbauten vorgenommen werden.<br />
Zwar hat die 1. Staffel in Langenlebarn<br />
mittlerweile den ersten von der US-<br />
Firma Ace Aeronautis in Huntsville (Alabama)<br />
mit einem Garmin-basierten Ace<br />
Deck-Cockpit ausgestatteten (bei der<br />
Gelegenheit wurden auch Conrad- und<br />
Tetis-Funk integriert) Black Hawk zurückerhalten,<br />
die Modernisierung dauert<br />
allerdings länger als gedacht. Das liegt<br />
einerseits an der späten Einleitung des<br />
Überarbeitungsvorhabens. Andererseits<br />
haben sich laut Aussagen zuständiger<br />
Offiziere Testflüge, Werksgüteprüfung<br />
und in weiterer Folge der Schiffstransport<br />
verzögert, weil die US Federal<br />
Aviation Administration (Bundesluftfahrtbehörde)<br />
seit Bekanntwerden der gravierenden<br />
Probleme der Passagiermaschine<br />
Boeing 737 MAX deutlich<br />
„pingeliger“ prüfe als früher.<br />
Ungeachtet dessen sollen die übrigen<br />
acht Bundesheer-Black Hawks (anfänglich<br />
mit Unterstützung von Ace-Personal)<br />
in den nächsten zwei bis drei Jahren in<br />
der Fliegerwerft 1 in Langenlebarn<br />
dieselben Einbauten wie der bereits<br />
modernisierte S-70 erhalten. Parallel<br />
dazu sollen in Huntsville von Ace<br />
Aeronautics drei sehr baureihengleiche<br />
UH-60 (Typnummer des US-Militärs,<br />
die auch für über die US-Regierung<br />
verkaufte S-70 verwendet wird) der<br />
jordanischen Luftwaffe rüstmäßig an die<br />
Austro-Helis angeglichen werden und<br />
spätestens ab 2022 die rot-weiß-rote<br />
Black Hawk-Flotte verstärken. Die für<br />
die Beschaffung notwendige US-Exportgenehmigung<br />
wurde bereits erteilt.
0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
ZWISCHEN<br />
TRADITION UND<br />
INNOVATION<br />
Wie sich ein oberösterreichischer Familienbetrieb im globalen<br />
Handschuhgeschäft behauptet und den österreichischen Kampfpanzer-<br />
Besatzungen bei der „Strong Europe Tank Challenge“ zum Weltmeistertitel<br />
verhalf – ein Besuch bei der Firma Eska in Thalheim bei Wels.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Bilder: CHRISTIAN HUBER<br />
HANDSCHUHMACHEN<br />
WIE FRÜHER Mit diesen<br />
Materialien, Stanzformen<br />
und Werkzeugen wurden<br />
früher Straßenhandschuhe<br />
aus Ziegenfell hergestellt.<br />
Bei Eska kommt das alte<br />
Wissen auch heute noch<br />
immer wieder zum Einsatz.<br />
W<br />
ie oft Paul<br />
Loos in seinem<br />
Leben schon<br />
Handschuhe<br />
übergezogen<br />
hat, weiß er<br />
nicht. „Zehntausende Male bestimmt“,<br />
sagt er und lächelt. „Vielleicht auch öfter.“<br />
Egal, der Seniorchef des in Thal-<br />
heim bei Wels beheimateten oberösterreichischen<br />
Familienbetriebs Eska hat<br />
jetzt keine Zeit für Rechenspiele. Der<br />
78-Jährige schlüpft mit seiner rechten<br />
Hand gerade in den speziell für die<br />
deutsche Bundeswehr entwickelten<br />
Scharfschützenhandschuh „Tarius“ und<br />
beginnt zu erklären. Nein, vielmehr zu<br />
schwärmen. Von der exakten Passform,<br />
der feinen Naht, den verwendeten Materialien<br />
(„die Hülle besteht aus einem<br />
Spezial-Gestrick mit IR-Remissionsschutz“),<br />
der Anziehhilfe aus Digitalleder<br />
und dem perforierten Schießfinger<br />
mit Bewegungsfalte und Straffvorrichtung,<br />
der für sicheres Gefühl am Abzug<br />
und damit einen perfekten Waffengebrauch<br />
sorgt. „Da ist uns echt was<br />
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A U S T R I A N S E C U R I T Y & D E F E N C E<br />
Tolles gelungen“, sagt er irgendwann und man<br />
merkt: Der „Tarius“ ist für ihn weit mehr als nur<br />
ein Handschuh, er ist eine Herzensangelegenheit.<br />
„Natürlich“, sagt der charismatische Oberösterreicher<br />
und lächelt schon wieder. „Wir stecken schließlich<br />
in die Entwicklung jedes Handschuhs sehr viel<br />
Herzblut. Die Ansprüche an Taktilität, Schutz und<br />
Funktionalität sind gerade im Militärbereich sehr<br />
hoch.“ Das beweist auch die ebenfalls für die Bundeswehr<br />
ausgearbeitete Handschuhlinie „IdZ“, wie der<br />
mit seinem Vater namensgleiche Juniorchef Paul<br />
Loos beim Besuch von Militär <strong>Aktuell</strong> verrät: „Wir<br />
haben mit der Entwicklung vor rund zehn Jahren als<br />
Teil des deutschen Infanterie-Modernisierungsprogramms<br />
,Infanterist der Zukunft‘ (Anm.: daher auch<br />
die Abkürzung IdZ) begonnen. Alleine die Produktentwicklung<br />
dauerte sechs Jahre und schloss auch<br />
zahlreiche Tests unter anderem im Gebirge in Afghanistan<br />
ein. Immer wieder nahmen wir Änderungen<br />
und Verbesserungen vor.“ Ein Aufwand, der<br />
sich nun bezahlt macht: Das Set ist schon jetzt<br />
in geringen Stückzahlen bei der Bundeswehr<br />
eingeführt, in den kommenden Jahren sollen alle<br />
deutschen Soldaten damit ausgestattet werden.<br />
BIS ZU 160 EINZELTEILE<br />
Moderne Handschuhe sind<br />
Hightech und setzen sich aus<br />
zahlreichen unterschiedlichen<br />
Materialien und Einzelteilen<br />
zusammen. Die hohe Funktionalität<br />
seiner Produkte<br />
demonstriert Juniorchef<br />
Paul Loos gleich selbst, gefertigt<br />
werden die Handschuhe bei<br />
Eska immer noch in Handarbeit.<br />
Ob Firmengründer Josef Eska 1912 geahnt hat, dass<br />
die von ihm im Sudetenland gegründete und heute<br />
von Paul Loos Junior in vierter Generation geführte<br />
Handschuhmacherei dereinst spezielle Scharfschützenhandschuhe<br />
herstellen wird und Produkte Tausende<br />
Kilometer entfernt am Hindukusch auf ihre<br />
Funktionalität und Einsatztauglichkeit geprüft werden?<br />
Wohl eher nicht, obwohl schon damals neben<br />
klassischen Lederhandschuhen auch Militärhandschuhe<br />
zum Angebot gehörten. Allerdings: So technisch<br />
ausgereift und durchdacht wie heute war die<br />
Ware damals freilich nicht. Die Militärhandschuhe<br />
unterschieden sich von der Straßenware bestenfalls<br />
farblich, abhängig vom Kundenwunsch wurden sie<br />
gefüttert oder ungefüttert ausgeliefert.
0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
Heute ist die Auswahl mit rund 1.500<br />
(!) unterschiedlichen Modellen eine<br />
ganz andere, der Fertigungsprozess<br />
viel aufwendiger: Ein Paar Handschuhe<br />
besteht aus bis zu 160 Einzelteilen.<br />
Anstelle von ausschließlich Rehleder<br />
wie damals kommen heute robuste<br />
Hightech-Materialien wie Nomex,<br />
Gore-Tex, Kevlar und hochmoderne<br />
Beschichtungsmaterialtechniken zum<br />
Einsatz. Sie wirken hydrophob (wasserabweisend)<br />
und antistatisch, machen<br />
die Handschuhe feuerresistent, wasserund<br />
winddicht, Schnittschutzfutter aus<br />
Kevlar sowie anatomisch vorgeformte<br />
Hartschalen-Knöchel- und Handballen-Protektoren<br />
erhöhen den Schutz.<br />
Neben Feuerwehr- und Arbeitsschutzhandschuhen<br />
finden sich im Angebot<br />
auch Wintersport-, Multifunktionsund<br />
Motorradhandschuhe, elegante<br />
Lederhandschuhe sowie Spezialhandschuhe<br />
für Polizei und Militär. Letztere<br />
machen rund die Hälfte der jährlich<br />
produzierten 400.000 bis 500.000 Eska-<br />
Handschuhpaare aus, die Herstellung<br />
erfolgt vornehmlich in Ungarn. In der<br />
Zentrale in Thalheim bei Wels mit<br />
ihren 30 Mitarbeitern sind die Produktentwicklung,<br />
eine Produktion für<br />
Kleinserien, die Logistik und das Warenlager<br />
angesiedelt. Sämtliche Materialien<br />
werden dort vor Verwendung<br />
penibel auf mögliche Fehler überprüft,<br />
Fehlgriffe könne man sich gerade im<br />
Behördenbereich keine erlauben, sagt<br />
Seniorchef Paul Loos bei einem Gang<br />
durch das Lager. Qualität gehe über<br />
alles. „Wir haben praktisch keine Produktrückläufe“,<br />
sagt er zwischen großen<br />
Rollen mit Futterware und Oberstoffen.<br />
„Bei den in den vergangenen Jahrzehnten<br />
an das Bundesheer gelieferten mehr<br />
als 150.000 Paar Einsatzhandschuhen<br />
gab es keine einzige Reklamation.“<br />
Apropos Bundesheer: Neben Einsatzhandschuhen<br />
lieferte und liefert Eska<br />
auch Piloten- und Alpinhandschuhe an<br />
die rot-weiß-roten Streitkräfte. 2017<br />
waren Produkte der Firma sogar Teil<br />
des vom Panzerbataillon 14 in der Welser<br />
Hessen-Kaserne gestellten erfolgreichen<br />
österreichischen Kontingents bei<br />
der „Strong Europe Tank Challenge“.<br />
Bei dieser von der US-Army jährlich<br />
ausgerichteten inoffiziellen Panzer-<br />
Weltmeisterschaft am deutschen<br />
IN SEINEM ELEMENT Seniorchef Paul Loos ist immer noch im Unternehmen aktiv und informiert in allen Details<br />
über die Entwicklung des Scharfschützenhandschuhs „Tarius“ für die deutsche Bundeswehr. In dem bis an die<br />
Decke gefüllten Warenlager in Thalheim bei Wels lagern neben jeder Menge fertig produzierter Handschuhe<br />
auch Hunderte Rollen mit hochwertigen Materialien wie Nomex und Gore-Tex auf ihre Verarbeitung.<br />
Übungsplatz Grafenwöhr messen sich<br />
Panzerbesatzungen mehrerer Länder in<br />
unterschiedlichen einsatznahen Szenarien<br />
wie etwa Angriffs- und Verteidigungsschießen,<br />
Aufklärung, Präzisionsfahrten<br />
oder Versorgung eines Verwundeten.<br />
„Wir haben für die österreichischen<br />
Soldaten genau auf den Bewerb<br />
abgestimmt Spezialhandschuhe<br />
mit hoher Taktilität und Atmungsaktivität<br />
mit exakten Größen und teils langer<br />
Fingerausführung entwickelt“, sagt<br />
Seniorchef Paul Loos sichtlich stolz.<br />
„Den Ladenschützenhandschuh haben<br />
wir an der rechten Handkante beispielsweise<br />
Memory-verstärkt, um das<br />
Aufschlagen der Munitionshalterung<br />
in rascher Folge ohne Leistungsverlust<br />
zu ermöglichen.“<br />
Neben Bundeswehr und Bundesheer<br />
sind Eska-Handschuhe auch bei anderen<br />
Streitkräften sehr beliebt: Kleinere<br />
Stückzahlen wurden an zahlreiche Armeen<br />
weltweit geliefert, in größerem<br />
Stil setzen vor allem die französischen<br />
(Paul Loos senior: „Dort geht Qualität<br />
über alles.“), slowenischen, deutschen<br />
und australischen Streitkräfte auf<br />
„Made in Austria“. Der Abschluss in<br />
„Down Under“ ist den hochwertigen<br />
Eska-Feuerwehr-Handschuhen zu verdanken,<br />
die dort bei den Florianijüngern<br />
seit Jahren stark nachgefragt werden,<br />
wie Juniorchef Paul Loos erklärt:<br />
„Irgendwann begann sich dann auch<br />
die Armee für unsere Produkte zu<br />
interessieren und ähnlich verhält es<br />
sich nun auch in China, wo unsere<br />
Feuerwehr-Handschuhe für uns<br />
ebenfalls eine Art Eintrittsticket in<br />
den dortigen Markt sind.“<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
P R O M O T I O N<br />
„EIN SYSTEM MIT VIELEN VORTEILEN“<br />
Wie fliegt sich die neue L-39NG des tschechischen Herstellers AERO Vodochody?<br />
Was zeichnet den modernen Jet-Trainer aus? Über welche Reichweite und welche<br />
Bewaffungsmöglichkeiten verfügt er? Ein Gespräch mit Testpilot David Jahoda.<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
H<br />
err Jahoda, Sie sind<br />
die L-39NG bereits<br />
viele Stunden geflogen.<br />
Welche Vorteile<br />
bietet das System?<br />
Die L-39NG als Nachfolger<br />
der legendären L-39 Albatros<br />
kombiniert ein modernes Flugzeugsystem<br />
mit großer Robustheit und hoher<br />
Lebensdauer. Zudem ist der Betrieb äußerst<br />
unkompliziert: Die Maschine kann<br />
unter verschiedenen klimatischen Bedingungen<br />
betrieben werden, auch auf<br />
unbefestigten Pisten und sogar Schnee<br />
starten sowie landen und sie ist darüber<br />
hinaus sehr einfach im Handling – das<br />
ist gerade bei der Ausbildung von noch<br />
unerfahrenen Flugschülern ein nicht zu<br />
unterschätzender Vorteil.<br />
DAVID JAHODA<br />
ist Testpilot bei AERO<br />
Vodochody und kennt<br />
die L-39NG damit<br />
besser als jeder<br />
andere.<br />
FOTO : A E R O VO D O C H O DY<br />
Was macht das Handling so einfach?<br />
Da gibt es einige Faktoren wie beispielsweise<br />
die neue einteilige Cockpithaube,<br />
das moderne Bildschirmcockpit und die<br />
umfangreichen Simulationsmöglichkeiten,<br />
die zusammen alle Trainingsphasen<br />
von der Basis- über die Fortgeschrittenen-Ausbildung<br />
bis hin zu leichtem<br />
Kampf-Training abbilden. Im Vergleich<br />
zum Vorgänger wurde die neue Generation<br />
zudem leichter und wendiger.<br />
Die Manövrierfähigkeit wurde für die<br />
Grundausbildung der Piloten optimiert,<br />
ermöglicht aber trotzdem auch ein fortgeschrittenes<br />
Training, um die Piloten<br />
optimal auf die Jäger der 4. und 5. Generation<br />
vorbereiten zu können.<br />
Wie verhält sich die L-39NG im Flug?<br />
Da der Gesamtwiderstand durch Änderungen<br />
an der Flugzeugzelle verringert<br />
wurde, konnte die Leistung erhöht und<br />
gleichzeitig das Gewicht reduziert<br />
werden. Zusammen mit dem neuen<br />
Querruder machen diese Änderungen<br />
das Flugzeug einfach und sicher zu<br />
fliegen. Als vollkunstflugfähiges Flugzeug<br />
sind damit sogar ungewöhnliche<br />
Manöver wie Drehungen, Strömungs -<br />
abrisse oder „Tail Slides“ möglich.<br />
Wie sieht es mit der Reichweite und<br />
der möglichen Bewaffnung aus?<br />
Sehr gut. Der niedrige Kraftstoffverbrauch<br />
des Williams International<br />
FJ44-4M-Motors ermöglicht ohne<br />
Zusatztanks eine Reichweite von 2.130<br />
Kilometern und in der Light Attack-<br />
Variante kann die L-39NG mit ihren<br />
fünf Außenlaststationen gelenkte und<br />
ungelenkte Waffen mit einem Gesamtgewicht<br />
von bis zu 1.640 Kilogramm<br />
tragen. Das ist mehr als ausreichend, um<br />
damit zahlreiche Kampfaufgaben bis hin<br />
zur Luftverteidigung und Luftunterstützung<br />
abdecken zu können.<br />
Ein weiterer Vorteil ist das On-Board-<br />
Trainingssystem, oder?<br />
Ja, damit wird die Simulation und<br />
Übung unterschiedlichster Szenarien<br />
sowohl in virtueller als auch realer Umgebung<br />
möglich. Über Datalink können<br />
auf Wunsch im engen Zusammenspiel<br />
mit der Boden-Leitzentrale oder in<br />
Teams mit anderen Piloten virtuelle<br />
Ziele dargestellt, Szenarien wie Flugverbotszonen<br />
eingespielt und die Überwachung<br />
dieser Zonen geübt werden. Damit<br />
lassen sich sogar Szenarien trainieren,<br />
die aufgrund von Einschränkungen<br />
des Luftraums oder anderer Gründe<br />
sonst nicht möglich wären. Das vervielfacht<br />
den Trainingswert der Plattform,<br />
zudem lassen sich dadurch wertvolle<br />
Ressourcen sparen.<br />
Apropos Ressourcen sparen: Die<br />
L-39NG hilft Luftstreitkräften also<br />
dabei, Betriebskosten zu sparen<br />
Die Betriebskosten sind in der Tat sehr<br />
niedrig. Dazu kommt, dass die L-39NG<br />
aufgrund ihrer auch zivil zertifizierten<br />
Instrumentenausrüstung alle Arten von<br />
Instrumentenflügen ermöglicht. Die<br />
L-39NG ist damit in der Lage, einen Teil<br />
des Flugtrainings abzudecken, das sonst<br />
mit teureren Flugzeugen oder Hubschraubern<br />
absolviert werden müsste.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />
coronavirus:<br />
ein schock mit folgen<br />
Das Coronavirus gefährdet nicht nur die Gesundheit von Millionen Menschen in China und auf der<br />
ganzen Welt, sondern könnte für die politische Führung in Peking auch ungeahnte gesellschaftliche<br />
Nebenwirkungen haben. Eine Analyse von Brigadier Walter Feichtinger, Leiter des Instituts<br />
für Friedensforschung und Konfliktmanagement an der Landesverteidigungsakademie, der in<br />
Zukunft an dieser Stelle immer aktuelle Konflikt- und Sicherheitsthemen eingehend beleuchten wird.<br />
mehr als 2.500 tote, geschlossene<br />
Fabriken, sinkende Aktienkurse,<br />
abgeriegelte Großstädte und<br />
millionen menschen unter Quarantäne:<br />
das coronavirus ist ein drastisches Beispiel<br />
dafür, welch unglaubliche Wirkungen einzelne<br />
ereignisse auf politik, Wirtschaft und<br />
Gesellschaft haben können und wie sie<br />
auch eine autoritäre regierung, die den<br />
gesamten medienbereich zu kontrollieren<br />
vermag, rasch in Bedrängnis bringen<br />
kann. Wer den Anspruch erhebt, die<br />
Bevölkerung zu schützen und deshalb<br />
individuelle rechte einschränkt, kommt<br />
zwangsläufig in die defensive, wenn<br />
genau das nicht passiert. es ist erwiesen,<br />
dass sich das Virus deshalb so stark verbreiten<br />
konnte, weil die ersten Warnungen<br />
amtlicherseits als „schädliche Gerüchte“<br />
eingestuft und unterdrückt wurden. schon<br />
2003 hatte peking beim ersten Auftreten<br />
von sArs mit dieser Vertuschungsstrategie<br />
reagiert. das untergräbt aber die<br />
Glaubwürdigkeit und Autorität jeder regierung<br />
und ruft misstrauen hervor – bei<br />
der eigenen Bevölkerung wie im Ausland.<br />
trotz aller folgenden, außergewöhnlichen<br />
kraftakte der regierung in peking wird<br />
wohl eine gewisse skepsis bleiben. manche<br />
meinen sogar, dass china gerade ein<br />
politisches erdbeben erlebe. extreme<br />
Folgen werden auch im ökonomischen<br />
Bereich erwartet. so könnte der schaden<br />
allein für china auf bis zu 300 milliarden<br />
euro ansteigen, in Österreich geht man<br />
von 1,1 miliarden euro aus. dabei ist es laut<br />
Who noch gar nicht möglich, den weiteren<br />
Verlauf der epidemie vorauszusagen.<br />
somit sind auch die tatsächlichen schäden<br />
und langzeitfolgen aktuell nur zum teil<br />
abschätzbar.<br />
Auf internationaler ebene war eine gewisse<br />
routine zu erkennen, da man ähnliche<br />
Virus- erfahrungen ja schon bei der Bekämpfung<br />
von sArs 2003 und ebola 2014<br />
„resilienz wird<br />
zukünftig vonnöten<br />
sein, denn schocks<br />
werden vermehrt<br />
auftreten.“<br />
sammeln konnte. diesmal traf es jedoch<br />
nicht uganda oder die demokratische republik<br />
kongo, sondern zum zweiten mal<br />
den politischen und wirtschaftlichen riesen<br />
china, der sich erstens nicht in die karten<br />
schauen lassen möchte und zweitens<br />
über einen internationalen Austausch von<br />
unvorstellbarem Ausmaß verfügt. somit<br />
stufte die Who das coronavirus als<br />
„public enemy number 1“ ein und rief<br />
eine „gesundheitliche notlage von<br />
internationaler tragweite“ aus.<br />
das coronavirus wird noch lange nachwirken,<br />
schon jetzt stellt sich aber die drängende<br />
Frage, ob es Ausnahmefall bleiben<br />
oder zum „normalfall“ werden könnte.<br />
Ähnlich der sogenannten „jahrhunderthochwasser“,<br />
die wir in Österreich und<br />
andernorts schon alle paar jahre erleben.<br />
Bereits evident ist, dass die Gefahr der<br />
Verbreitung von krankheiten infolge des<br />
zunehmenden internationalen reiseverkehrs<br />
enorm gestiegen ist und nur ein<br />
weltweites Warn- und kontrollsystem eine<br />
ungehinderte Ausbreitung verhindern<br />
kann. „message-control à la peking“ ist<br />
dabei doppelt gefährlich – denn es verhindert<br />
einerseits eine rasche, fokussierte<br />
Bekämpfung und andererseits riskiert damit<br />
jede regierung ihre Glaubwürdigkeit<br />
und den rückhalt in der Bevölkerung.<br />
damit sind wir beim letzten und wichtigsten<br />
punkt – der resilienz des politischen,<br />
wirtschaftlichen und sozialen systems. so<br />
fordert Österreichs Gesundheitsminister<br />
Anschober bereits eine pharmastrategie<br />
der eu, weil medikamentenversorgung<br />
auch eine sicherheitspolitische Frage sei.<br />
sogenannte schockereignisse erfordern<br />
nämlich entsprechende Vorkehrungen<br />
und größte entschlossenheit, Führungsfähigkeit<br />
und Flexibilität. entscheidend<br />
ist dabei auch der umgang mit und die<br />
nutzung von medien, um infos gezielt<br />
zu verbreiten und panik zu vermeiden. resilienz<br />
wird zukünftig vonnöten sein, denn<br />
schocks werden vermehrt auftreten, sei es<br />
infolge des klimawandels, von cyberattacken,<br />
eines Blackouts oder eines neuen<br />
Virus. die tatsächliche stärke eines politischen<br />
systems wird sich daran messen<br />
lassen, wie es damit umzugehen vermag.<br />
Foto s : A pA p i c t u r e d e s k , n A d j A m e i st e r<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
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