E-Paper | Falstaff Magazin Österreich 07/2019
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okt–nov <strong>2019</strong><br />
GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN<br />
WELTSPITZE<br />
DIE 12 BESTEN<br />
CHARDONNAYS<br />
ABSURDE KÜCHE<br />
WO ESSEN ZUM<br />
SPEKTAKEL WIRD<br />
BERLIN<br />
HOTSPOTS<br />
FÜR FOODIES<br />
SPANIEN/ITALIEN € 12,80; BELGIEN/LUXEMBURG/FRANKREICH € 10,90<br />
Nicht ohne, die Bohne!<br />
ALLES, WAS SIE ÜBER KAFFEE WISSEN SOLLTEN<br />
<strong>07</strong><br />
DEUTSCHLAND-AUSGABE <strong>07</strong>/<strong>2019</strong><br />
€ 9,50 WWW.FALSTAFF.COM<br />
ZKZ 19784<br />
4 191943 009505<br />
<strong>07</strong><br />
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KAFFEEGENUSS UND<br />
KAMINFEUERWEINE<br />
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LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER!<br />
Geht es Ihnen auch so, dass Sie vor dem ersten<br />
Kaffee des Tages kaum ansprechbar sind? Gerade<br />
jetzt, da es morgens immer länger dunkel bleibt,<br />
gewinnt der Tag erst mit gütiger Mithilfe von Kenia-,<br />
Honduras- oder Papua-Neuguinea-Bohnen an Fahrt –<br />
und an Würze. Grund genug, Deutschlands beliebtestem<br />
Wachmacher einen Themenschwerpunkt zu widmen.<br />
Und die Kaffeebohnen im Angebot der Röstereien werden<br />
immer besser. Nicht von ungefähr hat die Redaktion<br />
die Parole ausgegeben: Nicht rasten, rösten!<br />
Während Herbststimmung Einzug hält, kommen die<br />
Sommerweine ins Winterquartier – sofern noch welche<br />
übrig geblieben sind. Jetzt beginnt die Zeit für etwas<br />
Gehaltvolles, sei es ein kraftvoller Chardonnay aus einer<br />
der Top-Regionen dieses Planeten, sei es ein Rotwein aus<br />
dem Douro-Tal oder sogar ein Gläschen Port. Zu all diesen<br />
Weinen finden Sie in diesem Heft ausgiebige Berichte<br />
mit den besten Empfehlungen der Redaktion. Und als<br />
Vorgriff auf die Festtage, bei denen man sich auch mal<br />
etwas Exquisites gönnen darf, haben wir in unserer<br />
Reihe »World Champions« die Wein-Legende Château<br />
Margaux porträtiert.<br />
Während die Tage kürzer werden, schweifen die<br />
Gedanken auch manchmal zurück zum letzten Sommer,<br />
zu seinen Farben und Gerüchen. Wie können wir uns<br />
noch etwas vom Sommer in den Herbst hinüberretten?<br />
Dieser Aufgabe haben sich drei Spitzenköche aus den<br />
drei <strong>Falstaff</strong>-Ländern Deutschland, <strong>Österreich</strong> und<br />
Schweiz gestellt. Da alle diese Gerichte recht unkompliziert<br />
in der Zubereitung sind, hoffen wir, dass Sie sich<br />
zu einem genussreichen Wochenende in der Küche<br />
inspirieren lassen. Vielleicht noch mit einem letzten<br />
Gläschen Sommerwein in der Hand.<br />
WOLFGANG M. ROSAM<br />
Chefredakteur und Herausgeber<br />
wolfgang.rosam@falstaff.com<br />
@RosamWolfgang<br />
DR. ULRICH SAUTTER<br />
Chefredakteur Wein<br />
ulrich.sautter@falstaff.com<br />
Viel Spaß und Genuss mit dem neuen <strong>Falstaff</strong> wünschen<br />
Foto: Ian Ehm, Manfred Klimek<br />
PHILIPP ELSBROCK<br />
Chefredakteur Gourmet<br />
philipp.elsbrock@falstaff.com<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
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ZKZ 19784<br />
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<strong>07</strong><br />
<strong>07</strong><br />
OKTOBER<br />
92<br />
Er ist und bleibt das beliebteste<br />
Getränk der Deutschen. Grund genug,<br />
den Tag des Kaffees am 1. Oktober<br />
gebührend zu feiern.<br />
/ okt–nov <strong>2019</strong><br />
WELTSPITZE<br />
DIE 12 BESTEN<br />
CHARDONNAYS<br />
GENIESSEN WEIN ESSEN REISEN<br />
ABSURDE KÜCHE<br />
WO ESSEN ZUM<br />
SPEKTAKEL WIRD<br />
BERLIN<br />
HOTSPOTS<br />
FÜR FOODIES<br />
COVER<br />
FOTO: GETTY IMAGES<br />
SPANIEN/ITALIEN € 12,80; BELGIEN/LUXEMBURG/FRANKREICH € 10,90<br />
Nicht ohne, die Bohne!<br />
ALLES, WAS SIE ÜBER KAFFEE WISSEN SOLLTEN<br />
12<br />
Chardonnay ist die<br />
beliebteste weiße<br />
Qualitätsrebsorte der Welt.<br />
COVER: KAFFEE<br />
94 DER WACHMACHER<br />
Die Kulturgeschichte des Kaffees und die wichtigsten<br />
Anbaugebiete<br />
102 ABGEKAPSELT<br />
Kaffee aus der Kapsel – ein Für und Wider<br />
104 DAS GROSSE KAFFEE-ABC<br />
<strong>Falstaff</strong> beantwortet viele Fragen rund um das<br />
beliebte Heißgetränk<br />
108 RÖSTEN, NICHT RASTEN!<br />
Das Geheimnis der richtigen Röstung<br />
112 DARF ES EIN BISSCHEN MEHR SEIN?<br />
So gesund ist Kaffee<br />
116 BOHNEN-POWER<br />
Die neuesten Kaffeetrends<br />
122 KAFFEEKLATSCH<br />
Wissenswertes aus der Welt des Kaffees<br />
124 WIE TOT IST DER FILTERKAFFEE?<br />
Was ist dran am Abgesang?<br />
128 ALLES FÜR DIE SCHAUMPARTY<br />
Der perfekte Milchschaum<br />
130 ESPRESSO ITALIANO: UN AMORE PER SEMPRE<br />
Essay von Tobias Müller<br />
DEUTSCHLAND-AUSGABE <strong>07</strong>/<strong>2019</strong><br />
€ 9,50 WWW.FALSTAFF.COM<br />
Fotos: Getty Images, Gordo Monton, David Weimann, Alain Benoît<br />
48<br />
Noch nie war Deutschlands<br />
Winzernachwuchs so gut wie heute.<br />
WEIN & MEHR<br />
10 WEIN-NOTIZEN<br />
Wein-Chefredakteur Ulrich Sautter präsentiert<br />
seine Neuigkeiten aus der Welt des Weins<br />
5 HERAUSGEBERBRIEF<br />
238 IMPRESSUM<br />
274 TISCHGESPRÄCH<br />
58<br />
Der Premier Grand<br />
Cru Classé aus der<br />
Appellation Margaux<br />
im Bordeaux genießt<br />
höchstes Ansehen<br />
in aller Welt.<br />
6 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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2<br />
NOVEMBER<br />
144<br />
Ceviche vom<br />
Thunfisch mit<br />
Algensalat und<br />
Avocado.<br />
12 CHARDONNAY-TRÄUME AUS<br />
ALLER WELT<br />
Die zwölf besten Sortenvertreter der<br />
beliebten weißen Rebsorte<br />
26 SERIE: AM STROME<br />
Weinkultur am Duero<br />
38 DIE KULINARISCHE WELT<br />
EINES BESSERMACHERS<br />
Hans Kilger im Porträt<br />
48 JUNGE GIPFELSTÜRMER<br />
Deutschlands Winzernachwuchs<br />
58 SERIE: WORLD CHAMPIONS<br />
Château Margaux im Porträt<br />
64 »DAS GLAS MUSS<br />
FUNKTIONAL SEIN«<br />
Georg Riedel im Interview<br />
68 WARUM WHISKY NICHT GLEICH<br />
WHISKEY IST<br />
<strong>Falstaff</strong> klärt auf<br />
76 LEBENSWASSER VON DER<br />
GRÜNEN INSEL<br />
Der Boom der irischen Whiskeyszene<br />
GOURMET<br />
90 GOURMET-NOTIZEN<br />
Gourmet-Chefredakteur Philipp<br />
Elsbrock stellt kulinarische News vor<br />
132 SERIE: CORTIS<br />
KÜCHENZETTEL<br />
Das originale Aphrodisiakum<br />
134 AUF DEN LAIB GESCHNEIDERT<br />
Auf der Suche nach dem<br />
besten Bergkäse<br />
140 URLAUB FOREVER!<br />
Kulinarische Erinnerungen für<br />
zu Hause<br />
144 SOMMER OHNE ENDE<br />
Drei Top-Rezepte für den<br />
Ausklang des Sommers<br />
152 GANZ GROSSES KINO<br />
Erlebnisgastronomie auf Spitzenniveau<br />
kennt keine Grenzen<br />
162 SAFTIGER BESTSELLER AUS<br />
FLEISCH & BLUT<br />
Die besten Steak-Ketten<br />
168 SERIE: RESTAURANT-<br />
MILLIONÄRE<br />
Nobuyuki Matsuhisa<br />
172 WELTREISE AN EINEM TAG<br />
Stadtporträt Berlin<br />
185 SIXPACK<br />
Sechs Restaurants im Test<br />
190 INTERNATIONAL HOTSPOT<br />
»bu:r«, Mailand<br />
EXTRA: LIVING<br />
197 INTRO<br />
198 EDITOR’S NOTEBOOK<br />
Angelika Rosam präsentiert die<br />
Highlights aus dem Design-Kosmos<br />
200 DESIGNERS TO WATCH<br />
Schwedisches Interior<br />
202 STATEMENT COFFEETABLES<br />
Hingucker Couchtisch<br />
206 DAS SPIEL VON HOLZ UND STAHL<br />
Einrichtungsexperte Martin Wetscher<br />
über moderne Designerküchen<br />
210 PLATTEN-SPIELE<br />
Ausdrucksstarke Teller<br />
212 WASSER MARSCH!<br />
Farbenfrohe Tumbler-Gläser<br />
REISE<br />
214 TRAVEL-NOTIZEN<br />
Online-Chefredakteur Bernhard<br />
Degen präsentiert seine Reise-Highlights<br />
216 DIE SCAMPIBUCHT<br />
Eine Reise an die Kvarner-Bucht<br />
DIE NÄCHSTE FALSTAFF-AUSGABE ERSCHEINT AM 27. 11. <strong>2019</strong><br />
172<br />
Berlin bleibt dank<br />
internationaler<br />
Einflüsse die<br />
deutsche Foodie-<br />
Hauptstadt.<br />
168<br />
Er ist einer der<br />
berühmtesten<br />
Japaner der<br />
Welt: Starkoch<br />
Nobuyuki<br />
Matsuhisa.<br />
226 LONG WEEKEND<br />
NEAPEL<br />
104<br />
Tipps für ein perfektes<br />
Solor apicias persperfe rum que<br />
voluptatis Wochenende dol uptam harum<br />
JOURNAL<br />
192 DELI-GENUSS-<br />
PARTNER<br />
236 MIT BESTER<br />
EMPFEHLUNG<br />
240 VINOTHEKEN<br />
270 EVENTS<br />
TASTING<br />
242 SHORTLIST<br />
244 LAGREIN TROPHY<br />
248 GIORGIO PRIMA<br />
250 DOURO-WEINE<br />
262 GROSSE GEWÄCHSE<br />
268 PENFOLDS<br />
Fotos: Konrad Limbeck, Nobu Restaurant Group, Getty Images<br />
8 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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BRING EXCEPTIONAL<br />
TO THE EVERYDAY<br />
92<br />
Punkte<br />
TASTING<br />
<strong>2019</strong><br />
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Wein-Chefredakteur<br />
ULRICH SAUTTER<br />
WEIN<br />
CHRISTMANN &<br />
KAUFFMANN<br />
Mathieu Kauffmann (im<br />
Bild rechts), <strong>Falstaff</strong>-<br />
»Winzer des Jahres« <strong>2019</strong><br />
und Ende August überraschend bei<br />
von Buhl ausgeschieden, hat gemeinsam<br />
mit Steffen Christmann und<br />
dessen Tochter Sophie ein Sektgut<br />
gegründet. VDP-Präsident Christmann<br />
konnte erst vor Kurzem zwölf<br />
Hek tar Weinberge von einem anderen<br />
Gimmeldinger Weingut pachten.<br />
Diese Rebflächen sollen komplett<br />
auf biodynamische Bewirtschaftung<br />
umgestellt werden und der Sektproduktion<br />
dienen. Christmann &<br />
Kauffmanns erster »Early Release«-<br />
Sekt ist für das Jahr 2021 angekündigt.<br />
Kauffmann wird allerdings erst<br />
ab Frühjahr 2020 operativ tätig<br />
werden. Dem Vernehmen nach sondiert<br />
er derzeit noch ein weiteres<br />
Engagement mit einem namhaften<br />
Partner. weingut-christmann.de<br />
ALOIS + MANFRED =<br />
WERMUT »ALFRED«<br />
Zwei Veteranen aus <strong>Österreich</strong>s Gourmetszene<br />
machen gemeinsame Sache: Der<br />
Winzer Manfred Tement und Alois Gölles,<br />
bekannt für Essige und Brände, produzieren<br />
gemeinsam den Wermut »Alfred«. Tement<br />
liefert die Grundweine, Gölles Ansätze,<br />
Auszüge und Weinbrände. goelles.at<br />
CHIANTI DARF JETZT<br />
SÜSSER SCHMECKEN<br />
Das Consorzio Vino Chianti hat eine Veränderung<br />
im Produktionsdisziplinar bekannt<br />
gegeben: Mit Beginn des Jahrgangs <strong>2019</strong><br />
darf Chianti DOCG bis zu neun Gramm<br />
Restzucker enthalten – also gleich viel wie<br />
ein trockener Riesling. Ob das dem Sangiovese<br />
steht? consorziovinochianti.it<br />
REIFEKELLER BEI<br />
SPANIER UND GILLOT<br />
Carolin Spanier-Gillot und H. O. Spanier nehmen<br />
in diesen Tagen einen unterirdischen<br />
Reifekeller zur Lagerung von Late-Release-<br />
Weinen in Betrieb. Beim Bau kamen weder<br />
Stahl noch chemischer Beton zum Einsatz –<br />
das Raumklima soll einem Naturkeller<br />
ähneln. kuehlingandbattenfeld.com<br />
10 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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NOTIZEN<br />
»Eine meiner ersten<br />
Amtshandlungen wird sein,<br />
mit der U21 nach Israel<br />
zu reisen.«<br />
FRITZ KELLER Winzer und neuer DFB-Präsident<br />
KELLER FOR PRESIDENT<br />
Als Winzer und Gastronom hat Fritz Keller aus<br />
Oberbergen alles erreicht, was man erreichen<br />
kann. Und auch als Präsident des SC Freiburg<br />
steht der 62-Jährige in hohem Ansehen. Jetzt<br />
wurde er ohne Gegenstimme zum Präsidenten<br />
des skandalgeschüttelten Deutschen Fußballbunds<br />
gewählt. Ein Winzer an der Spitze eines<br />
Fußballverbands – das ist weltweit Premiere.<br />
LENNY KRAVITZ GESTALTET<br />
FÜR DOM PÉRIGNON<br />
Lenny Kravitz, weltbekannter Musiker und<br />
Fotokünstler, hat für den Dom Pérignon<br />
2008 und den Rosé 2008 ein Etikett entworfen,<br />
das die beiden Champagner in eine<br />
Limited Edition verwandelt. Die Flaschen<br />
dürften zu einem begehrten Objekt für<br />
Liebhaber und Sammler werden, erhältlich<br />
sind sie ab November. clos19.com<br />
Fotos: Ian Ehm, www.medienagenten.de, Shutterstock, Patrick Seeger/dpa/picturedesk.com, Thomas Alexander Photography, Moet Hennessy, beigestellt<br />
TAITTINGER<br />
GLAUBT AN UK<br />
Vor zwei Jahren legte<br />
Familie Taittinger 20 Hektar<br />
Reben in Kent in Südostengland<br />
an. Nun hat<br />
sie weitere 8,5 Hektar<br />
bepflanzt. »In UK wird<br />
man auch nach dem Brexit<br />
Champagner trinken,<br />
und unsere englischen<br />
Schaumweine werden<br />
ebenso ihren Markt finden«,<br />
so Vitalie Taittinger<br />
im Gespräch mit <strong>Falstaff</strong>.<br />
domaineevremond.com<br />
SCHWEFELFREI IM SUPERMARKT<br />
Wein ohne Schwefelzusatz scheint auf dem Weg in die Mitte des<br />
Weinmarkts zu sein, zumindest in Frankreich. Die Supermarktkette<br />
Carrefour jedenfalls bringt nun zu ihren herbstlichen Aktionswochen<br />
»Foires aux Vins« einen 2018er Bio-Bordeaux ohne Schwefelzusatz in<br />
die Regale. Da ungeschwefelter Wein empfindlich auf Lagerungsbedingungen<br />
reagiert, muss Carrefour wohl davon überzeugt sein, dass<br />
die Bestände nach den Aktionswochen aus den Regalen geräumt sein<br />
werden. Der Preis liegt bei erstaunlich niedrigen € 5,50 pro Flasche.<br />
SÄUERUNG FÜR <strong>2019</strong>ER<br />
MOST UND WEIN GESTATTET<br />
Das zweite Jahr in Folge haben die Aufsichtsbehörden<br />
der Weinbau-Bundesländer<br />
das Ansäuern von Most und Wein<br />
gestattet. Das Säuern mit Weinsäure verhindert<br />
nach heißen Sommern, dass die<br />
Weine plump schmecken oder gar mikrobiologische<br />
Probleme auftreten.<br />
DEUTSCHE REBFLÄCHE IST<br />
WEITER IM WACHSEN BEGRIFFEN<br />
Im Jahr <strong>2019</strong> ist Deutschlands Rebfläche<br />
um 305 Hektar gewachsen. Der<br />
Löwenanteil entfällt auf Rheinhessen<br />
(143 Hektar). Um jeweils fünf Hektar<br />
wuchs der Weinbau in Niedersachsen,<br />
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Schleswig-Holstein. ble.de<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
11<br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
CHARDONNAY-<br />
TR ÄUME<br />
Foto: Gordon Monton<br />
12 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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Chardonnay ist die beliebteste weiße Qualitätsrebsorte der Welt und wird rund<br />
um den Globus kultiviert. Wer aber macht die ausdrucksstärksten Weine?<br />
Unsere Weinexperten haben die besten zwölf Sortenvertreter ausgemacht:<br />
Dieses delikate Dutzend sollte man einmal im Leben getrunken haben.<br />
TEXT PETER MOSER<br />
MITARBEIT BENJAMIN HERZOG, OTHMAR KIEM, ULRICH SAUTTER UND DOMINIK VOMBACH<br />
AUS ALLER WELT<br />
Foto: Gordon Monton<br />
In Argentinien reifen die<br />
besten Chardonnays<br />
mitunter auf 1500 Metern<br />
Seehöhe. Prädikat frisch<br />
und delikat.<br />
okt-nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
13<br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
ITALIEN<br />
CHARDONNAY LÖWENGANG ALOIS LAGEDER, SÜDTIROL<br />
Im Jahr 1984 füllte Alois Lageder seinen<br />
ersten Chardonnay Löwengang ab –<br />
und war damit ein Pionier. Chardonnay<br />
reinsortig ausgebaut, noch dazu im Barrique,<br />
das gab es damals außerhalb Frankreichs<br />
kaum. Anfang der 1980er-Jahre war<br />
es um das Image des Südtiroler Weins nicht<br />
zum Besten bestellt. Gut die Hälfte der<br />
Weinberge war mit Vernatsch-Reben bepflanzt,<br />
aus denen Weine wie Kalterersee<br />
oder St. Magdalener gewonnen werden.<br />
Nach dem frühen Tod seines Vaters übernahm<br />
der junge Alois Lageder den Betrieb.<br />
Anfang der 1980er-Jahre lernte er Robert<br />
Mondavi, den Qualitätspionier aus dem kalifornischen<br />
Napa Valley, kennen – eine Begegnung,<br />
die nachhaltigen Eindruck hinterließ.<br />
Warum, so überlegte Alois Lageder,<br />
nicht auch in Südtirol Weine von internationalem<br />
Format erzeugen? Dass das mit<br />
dem heimischen Vernatsch nicht möglich<br />
war, wurde ihm rasch klar. Es war die Zeit,<br />
in der Chardonnay und Cabernet das Maß<br />
aller Dinge waren. Sein Vater hatte 1934<br />
den Ansitz Löwengang Margreid südlich<br />
von Bozen erworben. Die kalkhaltigen Böden<br />
erschienen ideal für Weißweine, und<br />
Mitte der 1970er-Jahre wurde ein Weinberg<br />
mit Chardonnay bepflanzt. Diese Trauben<br />
bildeten die Grundlage für den neuen Spitzenweißwein.<br />
Nach einigen Proben erschien<br />
mit dem Jahrgang 1984 der erste Chardonnay<br />
Löwengang, heute ein großer Klassiker<br />
am Weißweinhimmel.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2016, 2015, 2010, 2009, 2004<br />
Bezug: wagners-weinshop.com, € 44,–<br />
Der Löwengang<br />
von Winzerlegende<br />
Alois Lageder aus<br />
Südtirol ist Italiens<br />
Chardonnay-<br />
Legende<br />
schlechthin.<br />
Fotos: Gianni Bodini, Gregor Khuen Belasi, Shutterstock, beigestellt<br />
14 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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FRANKREICH | BURGUND<br />
CHEVALIER-MONTRACHET GRAND CRU<br />
DOMAINE D’AUVENAY (LEROY)<br />
Lalou Bize-Leroy ist die unumstrittene<br />
Doyenne des Burgund. Ihrer Familie<br />
gehören 50 Prozent der legendären<br />
Domaine de la Romanée-Conti, wo ihre<br />
Tochter heute eine der beiden Geschäftsführerinnen<br />
ist. Bize-Leroy leitet das Haus Leroy<br />
(Domaine und Handelshaus) und hat sich<br />
über die Jahre noch eine winzige biodynamisch<br />
geführte Domaine namens d’Auvenay<br />
aufgebaut. Das Anwesen etwas außerhalb<br />
von Saint-Romain war früher ein Jagdhaus,<br />
hier wohnte Bize-Leroy gemeinsam mit ihrem<br />
Gatten Marcel. Unter dem Etikett werden nur<br />
handverlesene Village-, Premier-Cru- und<br />
Grand-Cru-Weine erzeugt, in die diese weitgereiste<br />
Winzerin all ihr Wissen und ihre Passion<br />
steckt. Seit 1990 ist sie – abgesehen von<br />
einem japanischen Investor – Alleinbesitzerin<br />
von d’Auvenay und hat durch Ankäufe von<br />
kleinen, aber feinsten Weingärten ihre Fläche<br />
auf insgesamt fast vier Hektar, darunter fünf<br />
Grands Crus, erweitert. Ihr Juwel sind die<br />
0,163 Hektar im Grand Cru Chevalier-<br />
Montrachet, die sie bereits 1992 von Jean-<br />
Michael Chatron erwerben konnte. Die<br />
Mengen, die von diesem Wein erzeugt<br />
werden, sind mikroskopisch, seine Preise<br />
astronomisch. Und wenn auch nur<br />
die wenigsten Weinfreunde je eine Flasche<br />
zu Gesicht bekommen werden, es<br />
ändert nichts: Dieses ultrarare Chardonnay-Elixier<br />
ist nicht zu toppen.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2016, 2015, 2010, 2008, 2002, 1999<br />
Bezug: hedonism.co.uk, € 7340,– (2011)<br />
Lalou Bize-Leroy ist eine<br />
Verfechterin der Biodynamie<br />
der ersten Stunde.<br />
Fotos: Gianni Bodini, Gregor Khuen Belasi, Shutterstock, beigestellt<br />
FRANKREICH | CHABLIS<br />
CHABLIS CLOS GRAND CRU, DOMAINE FRANÇOIS RAVENEAU<br />
Die Grands Crus von Chablis erheben sich direkt im Norden<br />
der Chardonnay-Metropole.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2017, 2014, 2012, 2010, 2008, 20<strong>07</strong><br />
Bezug: fohringer.at, € 903,50 (2016)<br />
Mit einer Gesamtfläche von<br />
28,39 Hektar ist der Grand Cru<br />
Les Clos der größte der insgesamt<br />
sieben Grands Crus in Chablis, die ein<br />
geschlossenes Band auf den Hängen im Norden<br />
der Stadt bilden. Das Terroir ist sehr<br />
kalkreich und besteht aus einem Unterboden<br />
aus Kalkstein und Marmor. Die Lage Les<br />
Clos bildet den historischen Ausgangspunkt<br />
dieser Appellationen, hier haben die Zisterziensermönche<br />
vor Jahrhunderten mit dem<br />
Weinbau in Chablis begonnen. Von hier kommen<br />
bis heute die ausdrucksstärksten Weine,<br />
und der Clos von Raveneau zählt zu den<br />
begehrtesten Weißweinen Frankreichs. Jean-<br />
Marie Raveneau verfügt über keine zehn<br />
Hektar, wovon rund 1,9 Hektar als Grands<br />
Crus klassifiziert sind. Am Les Clos sind es<br />
0,54 Hektar, im Blanchot 0,6 Hektar und<br />
vom Valmur Grand Cru stattliche 0,75 Hektar.<br />
Kein Wunder, dass das Weingut über keine<br />
Homepage, ja nicht mal über eine E-Mail-<br />
Adresse verfügt; die Weine werden mehr oder<br />
weniger unter der Hand verkauft und sind oft<br />
nur über Auktionen verfügbar. Seit 2010 hat<br />
Tochter Isabelle gemeinsam mit ihrem Cousin<br />
Maxime Schritt für Schritt die Verantwortung<br />
für dieses Weinjuwel übernommen.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
15<br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
Hoch hinaus muss man für den Chardonnay<br />
White Stones von Catena Zapata, der weit<br />
jenseits der 1000-Meter-Zone wächst.<br />
ARGENTINIEN<br />
CHARDONNAY WHITE STONES & BONES<br />
BODEGA CATENA ZAPATA, ARGENTINIEN<br />
Seit über hundert Jahren hat die Familie<br />
Catena Zapata, heute geführt von Dr.<br />
Laura Catena, im argentinischen Weinbau<br />
eine führende Rolle inne. Wenn die<br />
Rede auf Wein aus Argentinien kommt, dann<br />
denkt der Weinliebhaber an stoffige Rotweine,<br />
allen voran an Malbec. Unter besonderen<br />
Bedingungen wachsen hier aber<br />
auch herausragende Weißweine.<br />
So wie im Adrianna Vineyard,<br />
dem Kronjuwel der Catena-Zapata-<br />
Rebberge. Dieser Grand Cru liegt in der Region<br />
Tupungato, genauer gesagt in Gualtallary,<br />
das momentan als die angesagte Herkunft<br />
für argentinische Spitzenweine gilt. Hier<br />
oben auf fast 1500 Meter Seehöhe sind<br />
die Temperaturen deutlich kühler, und so<br />
wundert es wenig, dass die Weine hier<br />
zwar komplex und dicht, aber auch<br />
frisch und delikat ausfallen.<br />
Der komplexe White Stones Chardonnay<br />
kommt aus einem Terroir,<br />
das aus einem 2,5 Hektar großen<br />
steinigen, ehemaligen Flussbett<br />
gebildet wird, während der lebendige<br />
White Bones Chardonnay auf<br />
Böden mit Kalksteinbrocken auf 2,2<br />
Hektar wächst. Diese hocheleganten<br />
Weine werden von vielen Kritikern<br />
als die besten Chardonnays Argentiniens<br />
bezeichnet. Am besten beide<br />
probieren und sich an den unterschiedlichen<br />
Nuancen erfreuen.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2016, 2015 2013, 2011, 2010, 2009<br />
Bezug: hawesko.de, € 59,90<br />
catenawines.com<br />
USA<br />
CHARDONNAY THE JUDGE<br />
KONGSGAARD WINE<br />
Maggie und John Kongsgaard, die<br />
beide in fünfter Generation aus<br />
dem Napa Valley stammen,<br />
pflanzten ihren kleinen, felsigen The Judge<br />
Vineyard im Osten des Ortes Napa in den<br />
frühen 1990er-Jahren. Seine ersten Weine<br />
präsentierte das Familienweingut mit dem<br />
Jahrgang 1996. Die Weine entstehen in einem<br />
kleinen unterirdischen Keller, der in<br />
Atlas Peak direkt ins Vulkangestein gegraben<br />
wurde, ihre Art zu vinifizieren entspricht<br />
der Methode der möglichst geringsten<br />
Intervention. John Kongsgaard<br />
ist ein großer Bewunderer der besten<br />
Weißweine aus dem Burgund, dort hat er<br />
auch die eine oder andere Idee in der<br />
Weinbereitung entlehnt, wie zum Beispiel<br />
die bis in das zweite Reifejahr ausgedehnte<br />
Lagerung des Chardonnays auf der<br />
Hefe. The Judge ist heute längst zur Legende<br />
geworden. Die Produktion dieses<br />
Meisterwerks liegt bei jährlich rund<br />
3000 Flaschen. Um ihn für rund 200 Dollar<br />
zu beziehen, muss man es auf die Mailingliste<br />
schaffen.<br />
Empfohlene Jahrgänge: 2017, 2016, 2015,<br />
2013, 2009, 20<strong>07</strong>, 2004, 2003<br />
Bezug: Auktion<br />
kongsgaardwine.com<br />
John Kongsgaard hat im<br />
Cabernet-Sauvignon-<br />
Paradies Napa Valley ein<br />
Chardonnay-Monument<br />
errichtet.<br />
Fotos: Clay McLachlan, beigestellt<br />
16 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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AUSTRALIEN<br />
GIACONDA ESTATE VINEYARD CHARDONNAY<br />
Fotos: Clay McLachlan, beigestellt<br />
R<br />
ick Kinzbrunner, ein Maschinenbau-Ingenieur,<br />
kaufte einst 1982<br />
Land am Hangfuß der Victorian<br />
Alps bei Beechworth. Dort legte er auf<br />
einem nach Süden ausgerichteten Abhang,<br />
also auf der von der Sonne abgewandten<br />
Seite, seinen Chardonnay-<br />
Rebgarten an.<br />
Auf rund 400 Metern Seehöhe stehen die<br />
Reben auf einem mageren Lehmboden mit<br />
Granitverwitterungsmaterial auf Schotter<br />
und Kalkuntergrund. Auf ganzen vier Hektar<br />
entstehen im Giaconda Estate Vineyard<br />
jährlich maximal 2500 Kisten. Die von<br />
Hand geernteten Trauben werden in französischen<br />
Barriques vergoren und gereift,<br />
wobei nur 30 Prozent der Fässer neu sind.<br />
In einem unterirdischen Granitfelsenkeller<br />
reift der Wein für 20 Monate heran. Das<br />
Ergebnis ist eine australische Wein-Ikone,<br />
die bereits seit der Premiere 1986 eine<br />
unglaubliche Serie von Spitzenjahrgängen<br />
erbracht hat.<br />
Nur in den Jahren 2003 und 2009 wurde<br />
der Giaconda Estate Vineyard Chardonnay<br />
nicht erzeugt. Seit dem Jahr 2013 wird der<br />
Wein ausschließlich mit Drehverschluss<br />
angeboten.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2013, 2010, 2008, 2004, 1997<br />
Bezug: weinamlimit.de,<br />
aktueller Jahrgang 2017, € 109,–<br />
giaconda.com.au<br />
Rick Kinzbrunner hat für<br />
seine Chardonnay-Fässer<br />
einen eigenen Keller in den<br />
harten Granit geschlagen.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
17<br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
ÖSTERREICH<br />
CHARDONNAY RIED PÖSSNITZBERG<br />
ALTE REBEN G STK ERWIN SABATHI,<br />
LEUTSCHACH, SÜDSTEIERMARK<br />
Im Jahr 2016 wählte <strong>Falstaff</strong> Erwin Sabathi<br />
zum »Winzer des Jahres«. Einer der<br />
Gründe dafür war sein Händchen für die<br />
Rebsorte Chardonnay. Der Pössnitzberg in der<br />
Südsteiermark liegt aus erdgeschichtlicher<br />
Sicht im südweststeirischen Meeresteilbecken.<br />
Hier entstanden vor etwa 16 Millionen Jahren<br />
teilweise bis zu mehrere 1000 Meter mächtige<br />
marine Ablagerungen. Merkmale dieser kargen<br />
und stark kalkhaltigen Böden, genannt<br />
Opok, sind der humose Oberboden und das<br />
feste Sedimentgestein. Warme Aufwinde aus<br />
den slowenischen Tälern treffen hier auf kühle<br />
Luftströme der westlich gelegenen Koralpe.<br />
Die großen Temperaturunterschiede bewirken<br />
eine würzige und vielfältige Aromenausbildung.<br />
Die penibel selektionierten Trauben<br />
kommen von einer nach Süden ausgerichteten<br />
Kessellage mit bis zu 75 Prozent Hangneigung,<br />
werden von Hand gelesen, mit Naturhefen<br />
spontan vergoren und 18 Monate in kleinen<br />
Eichenholzfässern ausgebaut. Der Chardonnay<br />
Alte Reben vom Pössnitzberg ist als<br />
Große STK Ried klassifiziert, fein mineralisch,<br />
am Gaumen enorm salzig mit straffer Struktur<br />
und weist eine hohe Langlebigkeit auf.<br />
Wer zu diesem Wein noch eine potenzielle<br />
Steile Hügel mit Rebzeilen in Falllinie sind<br />
das Markenzeichen der südsteirischen<br />
Toplagen wie der Ried Pössnitzberg.<br />
Steigerung sucht, sucht nach dem grandiosen<br />
Chardonnay Ried Pössnitzberger Kapelle,<br />
dem rarsten Wein in Sabathis Angebot. Die<br />
Suche lohnt sich: Noch »mehr« Chardonnay<br />
hat die Alpenrepublik aktuell nicht zu bieten.<br />
Empfohlene Jahrgänge; 2011, 2013, 2015,<br />
2016 und 2017 (Kapelle 2015, 2017)<br />
Bezug: sabathi.com, € 53,40<br />
DEUTSCHLAND<br />
CHARDONNAY MINERAL TROCKEN, FRIEDRICH BECKER,<br />
SCHWEIGEN, PFALZ<br />
Die Trauben für den<br />
Chardonnay ernten Fritz<br />
Becker sen. und jun. bei<br />
Schweigen auf deutscher<br />
sowie Elsässer Seite<br />
des Bergs.<br />
In Deutschland erhielt der Chardonnay<br />
erst 1991 seine Sortenzulassung – dementsprechend<br />
stehen heute viele Reben<br />
in den Weinbergen, die Anfang der 1990er-<br />
Jahre gepflanzt wurden. Allerdings gibt es<br />
hier und da auch ältere Bestände, denn vor<br />
allem entlang der deutsch-französischen<br />
Landesgrenze hatten findige Winzer auch<br />
schon vor 1991 Chardonnay-Reben im<br />
kleinen Grenzverkehr ins Land gebracht<br />
und die ausgepflanzten Anlagen dann als<br />
Weißburgunder oder Auxerrois deklariert.<br />
Seit die Chardonnay-Bestände ein gewisses<br />
Alter erreicht haben, also etwa seit Beginn<br />
der 2010er-Jahre, hat deutscher Chardonnay<br />
qualitativ einen enormen Aufschwung<br />
genommen. Wie im Burgund, sind es vor<br />
allem Kalkböden, in denen die Sorte einen<br />
kraftvoll-mineralischen Ausdruck erhält.<br />
Die Suche nach »Kühle« und Stoffigkeit<br />
motiviert vor allem die junge Winzergeneration<br />
zu einem Chardonnay-Stil, der nachgerade<br />
bissig ausfällt und den Weinen ein<br />
großes Reifevermögen garantiert.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2017, 2016, 2015, 2013, 2010<br />
Bezug: friedrichbecker.de, € 42,–<br />
Fotos: Weingut Erwin Sabathi, beigestellt<br />
18 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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Exklusives Anbaugebiet Holsthum bei Bitburg im Naturpark Südeifel<br />
So gut kann<br />
Bier schmecken.<br />
Andreas Dick,<br />
Hopfenbauer für Bitburger<br />
Kennen Sie das Geheimnis des Bitburger Siegelhopfens?<br />
Heimischer Hopfen aus Holsthum bei Bitburg!<br />
Bei Bitburger verpflichten wir uns seit über 200<br />
Jahren zu bester Qualität. Das Einlösen dieses<br />
Qualitätsversprechens macht unser Bier<br />
unverwechselbar und seinen Geschmack<br />
einzigartig. Deshalb kaufen wir<br />
ausschließlich Rohhopfen aus der<br />
Hallertau in Bayern, eines der<br />
größten zusammenhägenden<br />
Hopfenanbaugebiete der Welt<br />
und aus Holsthum bei Bitburg<br />
im Naturpark Südeifel. Diese<br />
Siegelhopfen wählen wir nach<br />
unseren Qualitätsanforderungen aus<br />
und unterziehen sie einer anspruchsvollen<br />
Güteprüfung vor Ort. Denn für unsere<br />
Bitburger Hopfenrezeptur verwenden wir<br />
nur die für uns besten Hopfensorten. Ganz<br />
besonders stolz sind wir auf den Bitburger<br />
Siegelhopfen, der nur wenige Kilometer<br />
von der Brauerei entfernt von der<br />
Hopfenbauerfamilie Dick mit großer<br />
Sorgfalt und jahrzehntelanger<br />
Erfahrung angepflanzt wird<br />
und ausschließlich von uns<br />
für unsere Biere verwendet<br />
wird. Die besondere Komposition<br />
aus Hallertauer und<br />
Bitburger Siegelhopfen, unserer<br />
Naturhefe und unserem Tiefenwasser<br />
verleiht Bitburger seinen feinherben<br />
Charakter und seinen einzigartigen<br />
Geschmack. Und deshalb: Bitte ein Bit.<br />
Erfahren Sie, was den Bitburger Geschmack so einzigartig macht: www.bitburger.de<br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
Hoch türmen sich die Berge<br />
über den Weingärten im Kanton<br />
Graubünden in der Ostschweiz.<br />
SCHWEIZ<br />
GANTENBEIN CHARDONNAY<br />
FLÄSCH, GRAUBÜNDEN<br />
Martha und Daniel Gantenbein<br />
produzieren in ihrem Bündner<br />
Weingut nur drei Weine, darunter<br />
einen mineralischen Chardonnay von<br />
Weltformat, der regelmäßig unter den besten<br />
Weinen der Schweiz zu finden ist. Die<br />
ersten Chardonnay-Stöcke pflanzten sie<br />
im Jahr 1988. Damals nur 15 Are, weil<br />
die Rebsorte in Graubünden zu diesem<br />
Zeitpunkt nur mit Sonderzulassung<br />
gepflanzt werden durfte.<br />
Mittlerweile umfasst die Chardonnayfläche,<br />
verteilt auf mehrere Parzellen,<br />
knapp 1,6 Hektar. Die Bedingungen könnten<br />
kaum besser sein, denn die Rebberge<br />
liegen in etwa auf demselben Breitengrad<br />
wie die besten Lagen des Burgund und<br />
zeichnen sich durch einen hohen Kalkanteil<br />
im Boden aus. Für Daniel Gantenbein<br />
ist besonders der Lesezeitpunkt des Chardonnay<br />
wichtig, denn bei den klimatischen<br />
Bedingungen im Bünderland können<br />
zwei Tage durchaus ein Volumenprozent<br />
Alkohol mehr ausmachen.<br />
Vergoren wird im Holzfass, wobei der<br />
Neuholzanteil bei maximal 50 Prozent<br />
liegt, anschließend reift der Wein bis zur<br />
Ernte im nächsten Jahr auf der Hefe. Die<br />
knapp 7000 produzierten Flaschen sind<br />
regelmäßig ausverkauft.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2015, 2012, 2010, 2009, 2008<br />
Bezug: weinamlimit.de,<br />
aktueller Jahrgang 2017, € 109,–<br />
Fotos: Ralpf Feiner, beigestellt<br />
20 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
Andrea und Chris Mullineux ist mit dem Leeu<br />
Passant Chardonnay Stellenbosch ein echter<br />
Coup gelungen.<br />
SÜDAFRIKA<br />
LEEU PASSANT STELLENBOSCH CHARDONNAY<br />
Mullineux & Leeu ist eine Kooperation<br />
zwischen dem bekannten<br />
und hochdekorierten Winzerpaar<br />
An drea und Chris Mullineux aus dem<br />
Swartland und Analjit Singh, einem indischen<br />
Milliardär. Die Trauben für diesen<br />
Wein kommen von ausgewählten, kühlen<br />
Parzellen vom Helderberg Mountain, genauer<br />
gesagt aus der hoch gelegenen<br />
Elandskloof-Appellation, wo die Reben auf<br />
tiefen Lehmböden wachsen. Dieser Wein<br />
wurde <strong>2019</strong> bereits im Platter’s Guide, dem<br />
wichtigsten Weinführer Südafrikas, zum<br />
»Chardonnay of the Year« gewählt. Das<br />
minimalistische Winemaking verzichtet auf<br />
Reinzuchthefen, Enzyme, Tannine und<br />
übermäßigen Einsatz von neuem Holz,<br />
beim Chardonnay Stellenbosch sind es<br />
ganze 30 Prozent. Der Wein ist geprägt von<br />
balancierter Intensität, toller Struktur, Frische<br />
und aromatischer Komplexität. Ein<br />
zugegebenerweise noch junges Projekt,<br />
aber eines, das sich mit Sicherheit zu verfolgen<br />
lohnt. Schon jetzt i st klar: Hier<br />
wurde der südafrikanische Chardonnay<br />
auf ein neues, zuvor noch nie erreichtes<br />
Niveau gehoben.<br />
Empfohlene Jahrgänge: 2016, 2015<br />
Bezug: weinamlimit.de,<br />
aktueller Jahrgang 2016, € 64,–<br />
mlfwines.com<br />
CHILE<br />
CHARDONNAY LAS PIZARRAS<br />
ACONCAGUA COSTA<br />
ERRÁZURIZ, CHILE<br />
Errázuriz erzeugt seinen<br />
Chardonnay in der neuen<br />
Don-Maximiano-Kellerei.<br />
Seit Jahren erforschen Eduardo Chadwick<br />
und Francisco Baettig die kühleren,<br />
küstennahen Terroirs von<br />
Aconcagua, die von Schieferböden geprägt<br />
sind. Mit dem Weinberg Las Pizarras wurde<br />
ein idealer Standort für weiße sowie rote<br />
Burgundersorten gefunden, und beginnend<br />
mit dem Jahrgang 2014 werden dort Trauben<br />
gewonnen, die im besten Chardonnay<br />
Chiles resultieren. Der Wein wird ganztraubengepresst<br />
und spontan in kleinen französischen<br />
Eichenfässern vergoren, der weitere<br />
Ausbau erfolgt sehr behutsam, um den speziellen<br />
Terroireindruck nicht durch zu viele<br />
Holznuancen zu verschleiern. In der Regel<br />
werden für den Las Pizarras nicht mehr als<br />
20 Prozent neues Holz verwendet. So entsteht<br />
ein sehr straffer Stil, der nicht durch<br />
tropische Fruchtaromen oder cremige Buttrigkeit<br />
auffällt, sondern ein extrem präziser,<br />
salzig-mineralischer Wein mit einer animie<br />
renden Säurestruktur und nussig-floralen<br />
Anklängen ist. Im Laufe der letzten fünf<br />
Jahre wurde die Produktion mehr als verdoppelt,<br />
vom aktuellen Jahrgang 2018<br />
waren es immerhin schon etwas mehr als<br />
6500 Flaschen. Gut so, denn nach diesem<br />
kometenhaften Aufstieg und dank 98 Parker-Punkten<br />
für 2017 ist Las Pizarras weltweit<br />
gesucht.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2018, 2017, 2016, 2015, 2014<br />
Bezug: schlumberger.de (auf Anfrage)<br />
moevenpick-wein.com, CHF 75,– (ca. € 68,–)<br />
(2017), errazuriz.com<br />
Fotos: Tasha Seccombe Photography,, Jorge Guy Wenborne Hyghe, beigestellt<br />
22 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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wein / TOP-CHARDONNAY<br />
NEUSEELAND<br />
KUMEU RIVER MATÉ’S VINEYARD CHARDONNAY<br />
Seit dem Jahr 1944 erzeugt die Familie<br />
Brajkovich unweit von Auckland<br />
auf der neuseeländischen Nordinsel<br />
feine Burgunder in Weiß und Rot. Mit<br />
seinen feinen Chardonnays hat sich das<br />
Weingut Kumeu River längst einen Platz<br />
im internationalen Weinolymp erarbeitet.<br />
Winemaker Michael Brajkovich kennt die<br />
Szene wie kaum ein Zweiter, er war Neuseelands<br />
erster Master of Wine. Gleich<br />
vier verschiedene Sortenvertreter haben<br />
die Brajkovichs im Sortiment: Estate,<br />
Coddington (seit 2006), Hunting Hill (seit<br />
1985) und Maté’s Vineyard (seit 1993).<br />
Letzterer trägt den Namen des Familienpatriarchs,<br />
des verstorbenen Vaters von<br />
Michael, und gilt neben dem Sauvignon<br />
Blanc von Cloudy Bay als eine der wenigen<br />
neuseeländischen Weinikonen der<br />
allerersten Stunde. Maté’s Vineyard bringt<br />
geringe Erntemengen, die zu 30 Prozent in<br />
neuem Holz ausgebaut werden. Unter<br />
Insidern wird dieser Wein als der Corton-<br />
Charlemagne der Neuen Welt gehandelt.<br />
Empfohlene Jahrgänge:<br />
2017, 2014, 2011, 2008, 2006<br />
Bezug: gute-weine.de, € 44,–<br />
kumeuriver.co.nz<br />
Die Familie Brajkovich<br />
vom Weingut Kumeu<br />
River macht die besten<br />
Chardonnays<br />
Neuseelands.<br />
Fotos: John and Melody Anderson, beigestellt<br />
24 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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ANZEIGE<br />
WARUM<br />
AUSGERECHNET<br />
RIESLING?<br />
Guter Sekt wird im Weinberg geboren. Schon die<br />
allererste Entscheidung ist somit eine der<br />
wichtigsten für die Qualität, die im Glas prickelt.<br />
Mit der Auswahl der richtigen Rebsorte sollte man<br />
es sich also nicht zu leicht machen.<br />
Letzteres gelingt mit dem Riesling<br />
allerdings ausgezeichnet. Zugegeben,<br />
er ist ein echter Klassiker<br />
mit Charakter, edel und weltberühmt.<br />
Aber vielleicht ist das<br />
genau der Grund, weshalb sich der<br />
König der weißen Rebsorten so<br />
eigensinnig und anspruchsvoll gibt.<br />
Gewächs mit viel Geduld, Sorgfalt,<br />
hoher Handwerkskunst und stetiger<br />
Kontrolle bis ins letzte Detail, dann<br />
fällt einem die Entscheidung leicht.<br />
Für unsere Vertragswinzer und ehrgeizigen<br />
Kellermeister ist Riesling<br />
der ideale Wein.<br />
Denn um gut zu gedeihen, nimmt<br />
er sich gerne Zeit. Am liebsten in<br />
exklusiver Lage, so wie man sie im<br />
Rheingau, in Rheinhessen und der<br />
Pfalz findet. Hier ist das Klima<br />
ideal. Denn warme Tage und kühle<br />
Nächte hat der Riesling besonders<br />
gern.<br />
Auch beim Boden zeigt er sich<br />
wählerisch. Erst wenn dieser tiefgründig,<br />
mineralstoffreich und<br />
durchlässig beschaffen ist und<br />
Wärme speichern kann, entfalten<br />
die Riesling-Reben ihre volle Klasse.<br />
Begegnet man diesem hochwertigen<br />
Eine Herausforderung, der sie sich<br />
mit aller Leidenschaft widmen. Denn<br />
wenn man den Riesling so behandelt<br />
und pflegt, wie er es verdient, wird<br />
man am Ende fürstlich belohnt.<br />
Mit seiner niveauvollen Eleganz, der<br />
kontinuierlich hohen Qualität und der<br />
für ihn so typischen fein-fruchtigen<br />
Aromafülle, mit der sich grandiose,<br />
rebsortenreine Cuvées kreieren lassen.<br />
Garant für ein Produkt, das einen<br />
großen Namen verdient.<br />
Denn schließlich ist ein Sekt immer<br />
so gut wie sein Wein.<br />
Fürst VON METTERNICH. FÜRSTLICH GENIESSEN.<br />
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wein / FLUSSWEINE DUERO<br />
Spektakulär: Das portugiesische<br />
Douro-Tal zählt seit 2001 zum<br />
UNESCO-Weltkulturerbe.<br />
Alle Teile<br />
der Serie unter<br />
falstaff.com/am-strome<br />
Fotos: beigestellt<br />
26 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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SERIE<br />
EUROPAS WEIN-FLÜSSE<br />
IM PORTRÄT<br />
TEIL 1: DONAU<br />
TEIL 2: RHEIN<br />
TEIL 3: RHÔNE<br />
TEIL 4: MOSEL<br />
TEIL 5: DUERO<br />
IBERIENS<br />
LEBENSADER<br />
Fotos: beigestellt<br />
Ein Fluss, zwei Länder: Der Duero fließt auf fast 900 Kilometern von Altkastilien bis nach<br />
Portugal. Er ist nicht nur Lebensspender, sondern auch Grenzfluss – und an seinen Ufern<br />
liegen einige der bekanntesten und besten Weinregionen der Iberischen Halbinsel.<br />
TEXT BENJAMIN HERZOG, PETER MOSER, DOMINIK VOMBACH<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
27<br />
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wein / FLUSSWEINE DUERO<br />
Hier, in der malerischen spanischen Sierra de Urbión,<br />
liegt das Quellgebiet des Duero, der später zum<br />
Douro wird.<br />
Spanische Strände besitzen Weltruf,<br />
spanische Berge hingegen weniger.<br />
Dabei umfasst die spanische Bergwelt<br />
nicht weniger als 38 Gipfel<br />
mit über 3000 Metern. Der höchste<br />
mit dem Namen Pico del Teide liegt übrigens<br />
auf den Kanarischen Inseln und ist<br />
3718 Meter hoch. Für unsere Geschichte<br />
über den Duero ist aber ein ganz anderer<br />
Berg von Bedeutung: der 2228 Meter hohe<br />
Pico Urbión, der gemeinsam mit seinen<br />
schroffen Nachbargipfeln die Sierra de<br />
Urbión bildet – das Quellgebiet des Duero.<br />
Die Sierra ist eine Wasserscheide: Auf der<br />
einen Seite streben die Bäche zum Ebro,<br />
dem wichtigsten Strom im Rioja, auf der<br />
anderen in den Duero. Dort, unten in der<br />
Talsohle, in Duruelo de la Sierra, einem der<br />
letzten Dörfchen unter den Gipfeln, verbinden<br />
sich die kleinen Bäche zum Quellfluss,<br />
der bald in die Laguna Negra mündet.<br />
Die erste Stadt, die der Duero passiert, ist<br />
Soria, die auf über 1060 Metern liegt. Vom<br />
Pico Urbión aus hat der drittlängste Fluss<br />
der Iberischen Halbinsel nun rund 70 seiner<br />
knapp 897 Kilometer hinter sich. Zunächst<br />
fließt er durch Kastilien und León, bevor er<br />
auf über hundert Kilometern die Grenze<br />
zwischen Spanien und Portugal bildet, wo er<br />
Douro genannt wird. An seinem Lauf liegen<br />
einige der bedeutendsten Weinregionen Spaniens<br />
wie Ribera del Duero, Rueda und<br />
Toro, aber auch weniger bekannte wie<br />
Arlanza, Arribes, Cigales, Tierra de León<br />
und die Tierra del Vino de Zamora.<br />
LAND DER EXTREME<br />
Bis heute ist der Duero im Vergleich zu anderen<br />
europäischen Flüssen ein natürlicher<br />
Fluss geblieben. Zwar wird er an einigen<br />
Stellen zur Energiegewinnung gestaut, doch<br />
sein Lauf ist nicht zu einem Kanal geworden<br />
wie beispielsweise der Rhein. Nachdem er<br />
die Laguna Negra verlässt, frisst er sich seinen<br />
kurvenreichen Weg durch die Meseta,<br />
das Hochplateau Zentralspaniens, das 570<br />
bis 870 Meter über dem Meer liegt. Hier, in<br />
dieser Region, herrscht kontinentales Klima,<br />
das sich durch extreme Temperaturunterschiede<br />
auszeichnet, sprich im Winter eiskalt<br />
und im Sommer ultraheiß ist. Die ersten<br />
Rebflächen entlang des Duero finden sich<br />
schon in der Umgebung von Soria, ab San<br />
Esteban de Gormaz wird es aber richtig interessant,<br />
denn hier beginnt die DO (Denominación<br />
de Origen) Ribera del Duero, die sich<br />
entlang des Flusses auf etwa 115 Kilometern<br />
Fotos: Shutterstock, beigestellt Karte: Stefanie Hilgarth<br />
28 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Shutterstock, beigestellt Karte: Stefanie Hilgarth<br />
Länge bis kurz vor Valladolid erstreckt.<br />
Das Zentrum des Ge biets liegt rund um die<br />
Kleinstadt Peñafiel. Ribera del Duero, das<br />
Land der Extreme, ist ein altes Weinbaugebiet,<br />
dessen Geschichte bis ins 17. Jahrhundert<br />
zurückreicht. Damals versorgten<br />
die Winzer vor allem die Stadt Valladolid,<br />
die damals Hauptstadt des Landes war. Bis<br />
in die 1980-Jahre kannte man die Weine aus<br />
der Region im Ausland kaum. Vega Sicilia,<br />
dessen Unico das große Qualitätspotenzial<br />
der Gegend schon vor dieser Zeit verdeutlichte,<br />
ist bis heute eine der Ikonen der<br />
Weinwelt. Genauso wie der Tinto Pesquera<br />
der Familie Fernández, die ebenfalls zu den<br />
Pionieren der Region zählt. Den wichtigsten<br />
Impuls für die Region gab sicherlich Alejandro<br />
Fernández in den 70er-Jahren. Aus der<br />
Rebsorte Tinta del País, wie die Rebsorte<br />
Tempranillo in der Region genannt wird,<br />
begann er damals, Rotweine von Weltformat<br />
zu keltern. Projekte wie Pingus von<br />
Peter Sisseck und Aalto folgten in seinen<br />
Fuß stapfen.<br />
Weiter westlich passiert der Duero das<br />
pittoreske Städtchen Tordesillas am nördlichsten<br />
Zipfel der Weinbauregion Rueda.<br />
Letztere, bekannt für ihre trockenen Weißweine<br />
aus der einheimischen, mit Sauvignon<br />
Blanc vergleichbaren Rebsorte Verdejo,<br />
wurde nach der gleichnamigen Stadt im<br />
Zentrum der Region benannt. Im Mittelalter<br />
blühte hier der Rebbau, bis die Reblaus<br />
ihn dahinraffte. Nach der Reblauskatastrophe<br />
wurde die ertragreiche, aus dem Sherrygebiet<br />
bekannte Palomino-Traube angepflanzt,<br />
passend zu den lange in der Region<br />
vorherrschenden Likörweinen, die heute<br />
eine Seltenheit darstellen. Verdejo, die omnipräsente<br />
aromatische weiße Rebsorte der<br />
Region, fristete lange Zeit erstaunlicherweise<br />
ein Schattendasein, bis sie in den 1970ern<br />
von den Bodegas Marqués de Riscal wachgeküsst<br />
wurde. Diese erkannten das Potenzial<br />
der Region für trockene Weißweine und<br />
lösten eine wahre Welle aus. 1980 wurde<br />
die Region zur DO, und heute sind es vor<br />
allem Winzer wie der umtriebige Telmo<br />
Rodríguez, die das Bild des Verdejo im Ausland<br />
perfekt verkörpern.<br />
REVOLUTIONÄRE<br />
Das kleine Städtchen Toro liegt auf einem<br />
Plateau über dem Fluss auf etwa 700<br />
Metern über dem Meer. Auch hier wird es<br />
im Winter bitterkalt und im Sommer heiß.<br />
Regen ist eine Seltenheit. Das Städtchen ist<br />
Namensgeber einer weiteren revolutionären<br />
spanischen Rotweinregion, die der Duero<br />
auf seinem Weg in Richtung portugiesische<br />
Grenze passiert. Die Region erstreckt sich<br />
im Osten von Zamora und besitzt seit 1987<br />
den DO-Status. Wie Rueda war auch Toro<br />
schon im Mittelalter eine wichtige<br />
<<br />
Ribera del Duero steht für große spanische Rotweine.<br />
Eine wichtige Triebkraft der Region sind die Bodegas Aalto.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
29<br />
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wein / FLUSSWEINE DUERO<br />
Wie steil und beeindruckend die Rebterrassen im portugiesischen Douro-Tal sind, lässt sich am besten vom<br />
Fluss selbst aus entdecken. Vor uns die Quinta da Boavista.<br />
> Weinmetropole, vermutlich auch wegen bis zur Mündung in Porto noch 213 Kilometer<br />
von Portwein Porto DOC sind gesetzliche<br />
der speziellen Bedingungen, die hier herrschen.<br />
Toro liegt 600 bis 2800 Meter über<br />
dem Meer und verfügt über besonders trockene,<br />
felsige Böden, auf denen hauptsächlich<br />
die Rebsorte Tempranillo – hier Tinta de<br />
Toro genannt – angebaut wird. Aufgrund<br />
des spezifischen heißen Klimas in der Region<br />
bilden die Trauben auf natürlichem Weg bis<br />
zu 16 Volumenprozent Alkohol. Die Region<br />
machte vor allem auf sich aufmerksam, weil<br />
einige bekannte und große Namen aus Ribera<br />
del Duero, Rioja und Bordeaux hier eigene<br />
Ableger gründeten. Vega Sicilias Pintia,<br />
Mauros San Roman und Michel Rollands<br />
Campo Elisio sowie Jacques Lurtons El<br />
Albar seien hier erwähnt.<br />
VOM DUERO ZUM DOURO<br />
Wenn der Duero den gemeinsamen Naturpark<br />
an der Grenze zu Portugal durchmessen<br />
hat und zum Douro wird, dann liegen<br />
vor ihm. Er erreicht hier das Weinbauge-<br />
biet, das seinen Namen trägt und Herkunftsort<br />
der kraftvollen Portweine und einer<br />
wachsenden Zahl exzellenter Stillweine ist.<br />
Lange verbanden Weinkenner das portugiesische<br />
Douro-Tal ausschließlich mit den<br />
kraftvollen, feurigen Portweinen. In jüngerer<br />
Zeit haben aber auch die klassischen Rotweine<br />
und die stoffigen Weißweine ein ausgezeichnetes<br />
Renommee erreicht und sind<br />
international geschätzte Speisenbegleiter.<br />
Das spezielle Klima, die steilen, oft terrassierten<br />
Hänge mit ihren von Granit und<br />
Schiefer geprägten Böden und eine große<br />
Vielfalt an Sorten bilden die Basis für ein<br />
Angebot an trockenen Spitzenweinen, das<br />
noch nie so groß war wie heute. Eine<br />
erstaunlich große Zahl von qualitativ bedeutenden<br />
Winzern erzeugt hier Weine, die sich<br />
vom Rest Portugals deutlich unterscheiden.<br />
Sowohl für die Herstellung von Stillweinen<br />
unter der Douro DOC sowie zur Produktion<br />
Ursprungsbezeichnungen eingeführt worden,<br />
die dafür vorgesehene Region ist geografisch<br />
deckungsgleich.<br />
Das Anbaugebiet Douro DOC ist in drei<br />
Subregionen unterteilt. Wenn man sich von<br />
der Hafenstadt Douro flussaufwärts<br />
bewegt, beginnt dort das westlichste<br />
Anbaugebiet namens Baixo Corgo. Hier ist<br />
das Klima am relativ kühlsten, weil der Einfluss<br />
des Meeres noch zur Geltung kommt.<br />
Daran schließt rund um den Ort Pinhão<br />
das Cima-Corgo-Gebiet an, das das eigentliche<br />
Zentrum bildet. Die Weingärten sind<br />
durch die Bergketten bereits von maritimen<br />
Witterungseinflüssen geschützt, rund zwei<br />
Drittel des Douro-DOC-Weins werden hier<br />
gewonnen. Weiter hinauf in Richtung<br />
Osten, der spanischen Grenze zu, liegt das<br />
heiße und karge Douro-Superior-Gebiet.<br />
Hier ist das Wetter extrem, eisige Winter<br />
und glühend heiße Sommer wechseln sich<br />
ab. Der Weinbau gestaltet sich von jeher ><br />
Gehören zur innovativen Winzergruppierung<br />
Douro Boys: die Brüder Roquette und ihre<br />
malerisch gelegene Quinta do Crasto.<br />
Fotos: Fernando Ricardo, beigestellt<br />
30 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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wein / FLUSSWEINE DUERO<br />
Im Jahr 2009 wurde das<br />
neue Gebäude der Quinta<br />
do Vallado errichtet.<br />
Bis heute gilt der<br />
Bau, direkt in den<br />
Rebbergen gelegen,<br />
als State of the Art.<br />
><br />
schwierig, aber die Zahl jener, die das<br />
Potenzial der Region erkannt haben,<br />
wächst, wie immer neue Auspflanzungen<br />
beweisen. Von den Rebsorten haben sich<br />
für die Rotweinerzeugung Touriga Nacional,<br />
Tinta Roriz (Aragonez), Touriga Franca,<br />
Tinta Barroca, Tinto Cão, Sousão, Bastardo,<br />
Mourisco Tinto, Castelão, Rufete,<br />
Tinta Amarela (Trincadeira) und Tinta<br />
Francisca als günstig erwiesen; für die Produktion<br />
von Weißwein verwendet man Viosinho,<br />
Malvasia Fina, Gouveio, Rabigato,<br />
Côdega, Donzelinho Branco, Esgana Cão<br />
und Folgazão.<br />
Die meisten Weingärten sind kleine, alte<br />
Parzellen, in denen die Sorten im gemischten<br />
Satz nebeneinanderstehen. Allerdings<br />
sieht man in jüngerer Zeit speziell bei den<br />
trockenen Weinen immer öfter Exemplare,<br />
die reinsortig ausgebaut sind. Andererseits<br />
entsteht erst durch das Zusammenspiel der<br />
unterschiedlichen Rebsorten die besondere<br />
Komplexität, die die Douro-Weine auszeichnet.<br />
Der Douro-Wein kommt aus der<br />
ersten, im Jahr 1754 designierten und regulierten<br />
Weinregion. Das Douro-Weinbaugebiet<br />
gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.<br />
Dies unterstreicht die Anerkennung<br />
einer langen Wein bautradition und einer<br />
Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit.<br />
Dank großer Investitionen in den 90er-<br />
Jahren, die von der Weltbank finanziert und<br />
von der EU subventioniert wurden, konnten<br />
sich zahlreiche private Weingüter neu<br />
etablieren, um ihren eigenen Wein herzustellen,<br />
anstatt die Trauben an Genossenschaften<br />
oder große Weinhändler zu verkaufen.<br />
Eine neue Generation gut ausgebildeter<br />
Winzer und Önologen machte<br />
schließlich gemeinsam das Douro-Wunder<br />
möglich. Taktgeber war dabei Dirk van der<br />
Niepoort, Spross des bekannten Portwein-<br />
Shippers, der die Bedeutung der Stillweine<br />
früh erkannte und mit den Douro Boys eine<br />
Gruppe von Gleichgesinnten um sich scharte.<br />
Seit fünfzehn Jahren sind nun die Jungs<br />
von der Quinta do Crasto, Quinta do Vale<br />
Meão, Niepoort Vinhos, Quinta do Vallado<br />
und Cristiano van Zeller mit Quinta Vale<br />
Dona Maria, Van Zellers & Co. und Lemos<br />
& van Zeller dabei – die Speerspitzen dieser<br />
innovativen Entwicklung.<br />
In ihrem Sog hat sich das Bild des Douro-<br />
Tals gewandelt. Heute gibt es neben den<br />
Weinen auch ein wachsendes weintouristisches<br />
Angebot mit großartigen Hotels (»Six<br />
Senses«, »Vallado«, »Vintage House«) und<br />
einer facettenreichen Gastronomie (»DOC<br />
Restaurant«, »Castas & Pratos«, »Sus<br />
Douro«, »Quinta da Pacheca«).<br />
><br />
Porto: das Tor zum<br />
Douro. Von hier<br />
aus lässt sich der<br />
wichtigste<br />
Weinstrom Iberiens<br />
perfekt mit dem<br />
Boot erkunden.<br />
Fotos: Shutterstock, beigestellt<br />
32<br />
falstaff<br />
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wein / DUERO<br />
TASTING<br />
INFO<br />
WEITERE BEWERTUNGEN<br />
UND BESCHREIBUNGEN<br />
FINDEN SIE SIE AB<br />
AB SEITE 250. 148.<br />
BEST OF DUERO<br />
100<br />
96<br />
95<br />
2012 PINGUS<br />
Dominio de Pingus<br />
Ribera del Duero, Spanien<br />
Florale Nuancen, kandierte Veilchen<br />
und Hibiskus, süße Anklänge von<br />
orientalischen Gewürzen, feine<br />
Edelholzwürze, schwarze Beeren,<br />
Nuancen von Blaubeeren, dunkle<br />
Mineralität. Komplex, stoffig,<br />
extraktsüße Textur, reife Tannine,<br />
getragen von frischer Säurestruktur,<br />
salzige Nuancen im Abgang, überzeugende<br />
Länge, kühle, reife Frucht<br />
im Finish, sicheres Reifepotenzial.<br />
unger-weine.de, € 1011,50<br />
2016 VINHA DO UJO<br />
Quinta da Boavista<br />
Douro, Portugal<br />
Dunkles Rubingranat, tiefer Farbkern,<br />
violette Reflexe, dezente<br />
Randaufhellung. Feinwürzige Edelholznote,<br />
zart nach Unterholz, dunkle<br />
Waldbeeren, kandierte Orangenzesten,<br />
tabakige Nuancen, zart nach<br />
Cassis im Hintergrund. Stoffig,<br />
extraktsüß, elegante Textur, feste<br />
Tannine, zartes Nougat, feine Schiefermineralität,<br />
sehr gute Länge,<br />
sicheres Reifepotenzial, hat Klasse.<br />
quintadaboavista.eu, € 130,–<br />
2016 TOURIGO NACIONAL<br />
Quinta do Crasto, Douro, Portugal<br />
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe,<br />
dezente Randaufhellung. Mit frischer<br />
Kräuterwürze unterlegte<br />
schwarze Beerenfrucht, feine Schieferwürze,<br />
zart nach Lakritze, Cassis<br />
im Hintergrund, facettenreiches<br />
Bukett. Saftig, elegant, sehr gute<br />
Frische, feine Tannine, extraktsüßer<br />
Nachhall, bereits antrinkbar, sehr<br />
gutes Reifepotenzial. Glänzt mit<br />
seinem ausgezeichneten Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis.<br />
gawein.at, € 39,90<br />
99<br />
96<br />
95<br />
2009 VEGA SICILIA ÚNICO<br />
GRAN RESERVA<br />
Vega Sicilia<br />
Ribera del Duero, Spanien<br />
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe,<br />
dezenter Ockerrand. Zart tabakig<br />
unterlegte dunkle Waldbeeren, aber<br />
auch rote Frucht, angenehme Edelholznoten,<br />
Tabak und Veloursleder,<br />
zart nach Nougat, braucht einige Luft.<br />
Saftig und extraktsüß, Nuancen von<br />
Kirschen, seidige Tannine, mineralisch-salzig<br />
im Abgang, sehr harmonisch,<br />
majestätischer Stil mit großem<br />
Potenzial. cielo-del-vino.de, € 325,–<br />
2016 AALTO PS<br />
Aalto Bodegas y Viñedos<br />
Ribera del Duero, Spanien<br />
Tiefdunkles Rubingranat,<br />
violette Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />
Würziges Bukett mit<br />
Noten von Zimt, Gewürznelke<br />
und zitrischen Anklängen.<br />
Orangenschale, Sauerkirsche<br />
und getrocknete Pflaume, am<br />
Gaumen dicht und kraftvoll,<br />
reifes Tannin, äußerst langer,<br />
würzig-saftiger Abgang. Ein<br />
Wein von großem Format.<br />
vinos.de, € 84,90<br />
2016 QUINTA DA MANOELLA VV<br />
Wine & Soul, Douro, Portugal<br />
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe,<br />
dezente Randaufhellung. Tabakig<br />
unterlegte frische schwarze Beerenfrucht,<br />
angenehme Kräuterwürze,<br />
dunkle Herzkirschen im Hintergrund.<br />
Saftig, elegant, reife Kirschen,<br />
feine, seidige Tannine, frisch<br />
strukturiert, bleibt haften, mineralisch<br />
und mit gutem Reifepotenzial<br />
versehen, ein exzellenter, gut balancierter<br />
Speisenbegleiter mit salzigem<br />
Nachhall.<br />
gute-weine.de, € 69,95<br />
97<br />
96<br />
94<br />
2017 VINHA DO RIO RESERVA<br />
Quinta do Vale Dona Maria<br />
Douro, Portugal<br />
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe,<br />
breitere Randaufhellung. Mit<br />
einem Hauch von Schokolade unterlegte<br />
dunkle Waldbeerfrucht, ein<br />
Hauch von reifen Herzkirschen,<br />
dunkle Schiefernote, mineralischer<br />
Touch, tabakige Nuancen. Kraftvoll,<br />
komplex, feine Extraktsüße, reife<br />
Tannine, frisch und finessenreich,<br />
sehr lange anhaftend, süßer<br />
Abgang, straff und engmaschig.<br />
gawein.at, € 105,40<br />
2013 PAGO VALDEBELLÓN<br />
(CABERNET SAUVIGNON)<br />
Abadía Retuerta<br />
Sardon del Duero, Spanien<br />
Dunkles Rubingranat, farbtiefer<br />
Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />
Blättrig-tabakig, Nuancen<br />
von Cassis, Brombeeren, mit<br />
Gewürzen, mit schwarzen Kirschen<br />
unterlegt, feine Edelholznoten, zart<br />
schokoladige Noten. Saftig, elegant<br />
extraktsüßer Kern, präsente, reife<br />
Tannine, zart nach Feigen im Nachhall,<br />
bleibt haften, sehr gute Länge.<br />
kateandkon.com, € 79,–<br />
2014 PINTIA<br />
Vega Sicilia<br />
Toro, Spanien<br />
Dunkles Rubingranat mit violetten<br />
Reflexen, dezente Randaufhellung.<br />
Intensive, reife Beerenfrucht in der<br />
Nase, zeigt Nuancen von Waldbeeren,<br />
Brombeere und dazu eine feine<br />
Prise gut eingebundener Röstnoten.<br />
Am Gaumen geschmeidig, extraktreich,<br />
wirkt äußerst kraftvoll und<br />
besitzt dennoch eine enorme Frische<br />
und Mineralität. Perfekter Mix<br />
aus Eleganz und Kraft.<br />
vinos.de, gute-weine.de, ca. € 50,–<br />
Fotos: Claudia Schindlmaißer<br />
34 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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J ahrgangstiefe<br />
lay_<strong>Falstaff</strong>_AlpinaWein_1019.indd 1 16.09.<strong>2019</strong> 14:27:39<br />
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KRUG X PEPPER<br />
Bei Krug wurden auch dieses Jahr wieder ausgefallene Food-Pairings zu Krug Grande Cuvée<br />
und Krug Rosé kreiert. Die Krug-Ambassade-Küchenchefs wurden dabei eingeladen, Rezepte<br />
rund um das Thema »Pepper« zu kreieren – mit spannenden Ergebnissen.<br />
PROMOTION<br />
Mit einer einzigen Zutat Großartiges<br />
schaffen: Das ist die<br />
Philosophie von Krug. Denn<br />
schließlich stellt jede Rebfläche<br />
für sich genommen nur eine einzige<br />
Zutat dar, aus der am Ende mit Handwerks-<br />
kunst und Leidenschaft der Champagner im<br />
Hause Krug entsteht. Ganz nach dieser Philosophie<br />
werden einzelne Zutaten, Lebensmittel<br />
oder Gewürze mit den Champagnern<br />
des Hauses kombiniert, um erneut ein<br />
Kunstwerk für sich zu schaffen.<br />
Die Idee von Krug ist es, jedes Jahr ein<br />
anderes Lebensmittel, eine Zutat oder ein<br />
Gewürz als Pairing-Partner für den Champagner<br />
auszuwählen. Nach Kartoffel, Ei, Pilz<br />
und Fisch setzt das Champagnerhaus auch<br />
in diesem Jahr seine Leidenschaft für raffi-<br />
Fotos: beigestellt<br />
36<br />
falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
document2451469<strong>07</strong>839692630.indd 36 01.10.19 12:38
KRUG CHAMPAGNE<br />
Auch der deutsche Spitzenkoch und<br />
Krug-Ambassadeur Hendrik Otto hat das<br />
Thema »Pepper« kulinarisch interpretiert.<br />
Fotos: beigestellt<br />
nierte Geschmackskompositionen fort: Denn<br />
<strong>2019</strong> dreht sich bei Krug alles um »Pepper«.<br />
In diesem Fall bedeutet das die gesamte variationsreiche<br />
Palette von Chilischoten über<br />
Pfeffer bis hin zur Paprika.<br />
DIE PAPRIKA – EINE ZUTAT,<br />
DIE ÜBERRASCHT<br />
13 Küchenchefs und Krug-Ambassadeure<br />
aus aller Welt haben sich daher gemeinsam<br />
mit Eric Lebel, dem Kellermeister von Krug,<br />
auf eine Reise nach Oaxaca in Mexiko begeben,<br />
sozusagen zum Geburtsort der Paprika.<br />
Unzählige Formen und Variationen der<br />
Pa prika wurden bei dieser kulinarischen<br />
Expedition erkundet. Und da es von dem<br />
beliebten Gemüse heutzutage über 50.000<br />
Sorten gibt, bietet das auch ausreichend<br />
Inspiration, um auf verschiedenste Weise<br />
in der Küche interpretiert zu werden. Eine<br />
Herausforderung, der sich die Küchenchefs<br />
mit ungezügelter Kreativität gestellt haben.<br />
ROCK PEPPER SCISSORS<br />
Entstanden ist daraus das überaus lesenswerte<br />
Buch »Rock Pepper Scissors«. Zahlreiche<br />
kulinarische Kombinationen – von<br />
feinen Gourmetgerichten bis hin zu überraschend<br />
simplen, aber geschmacklich großartig<br />
komponierten Speisen – der 13<br />
Küchenchefs wurden darin zusammengefasst<br />
– natürlich alles in perfekter Harmonie<br />
zu einem Glas Krug Grande Cuvée oder<br />
Krug Rosé. So hat beispielsweise der deutsche<br />
Spitzenkoch Hendrik Otto sein Signature<br />
Dish, den »Schwäbischen Zwiebelrostbraten«,<br />
neu interpretiert, indem er klassische<br />
Zutaten mit mexikanischen Jalapeñound<br />
Habanero-Chilis kombiniert hat. Für<br />
ihn ist Kochen eine Sprache, die Menschen<br />
verbindet und unvergessliche Momente<br />
schafft – eben ganz so wie die Champagner<br />
aus dem Haus Krug.<br />
Das traditionsreiche Champagnerhaus<br />
unterstreicht damit erneut sein Bekenntnis<br />
zur Individualität – und würdigt auch die<br />
unscheinbare Schote und die vielen Freuden,<br />
die sie in Kombination mit Krug<br />
Champagner bereithält.<br />
Die Krug Grande Cuvée 167. Edition<br />
inklusive eines »Rock Pepper Scissors«-Buchs<br />
ist ab sofort zum Preis von € 175,– auf<br />
clos19.com erhältlich.<br />
INFO<br />
Weitere Informationen unter<br />
krug.com<br />
massvoll-geniessen.de<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff 37<br />
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wein / HANS KILGER<br />
Seit<br />
einigen Jahren<br />
brodelt die Gerüchteküche<br />
im steirischen Weinland. Denn da<br />
gibt es plötzlich einen rätselhaften<br />
Münchner Investor, der alles kauft, was<br />
nicht niet- und nagelfest ist – egal ob<br />
Weinberg, Wirtshaus, Buschenschank,<br />
Fleischhauerei oder Karpfenteich. Hinter all<br />
diesen Aktivitäten steht Hans Kilger, dessen<br />
Plan es ist, als Erzeuger hochqualitativer<br />
landwirtschaftlicher Produkte so nachhaltig<br />
und als Gastronom so autonom<br />
wie möglich zu sein.<br />
TEXT PETER MOSER<br />
DIE KULINARISCHE<br />
WELT EINES<br />
BESSERM A<br />
Fotos: Steve Haider, shutterstock<br />
38 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Hans Kilger ist stets<br />
auf der Suche nach<br />
bester Qualität. Bei<br />
eigenen Produkten<br />
gibt es daher keine<br />
Kompromisse.<br />
Fotos: Steve Haider, shutterstock<br />
ACHERS<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
39<br />
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Es ist ein herrlich warmer Sonntagnachmittag<br />
auf der Terrasse<br />
des »Jaglhof« in Sernau hoch<br />
über dem südsteirischen Gamlitz.<br />
Hans Kilger, der aus Bayern<br />
stammende Endfünfziger mit wachem Blick<br />
und einem Dialekt, der ihn ohne Weiteres als<br />
Synchron sprecher von Kicker-Kaiser Franz<br />
Beckenbauer durchgehen lässt, genießt das<br />
Bilderbuch-Panorama des Hauses, das er<br />
Anfang 2018 seinem kulinarischen Imperium<br />
einverleibt hat. »Dort gegenüber liegt der<br />
berühmte Kranachberg. Wir haben dort<br />
13 Hektar Weingarten in einem Stück kaufen<br />
können.« Noch vor wenigen Jahren hätte es<br />
sich der Vielbeschäftigte nicht ansatzweise<br />
träumen lassen, einmal einen südsteirischen<br />
Grand Cru sein Eigen zu nennen. Wie also<br />
kommt ein Mann, der als Wirtschaftsprüfer<br />
und Steuerberater zu einem erfolgreichen<br />
Player in der Münchener Immobilieninvestorenbranche<br />
geworden ist, zu Landwirtschaft<br />
und Gastronomie, lautet die Einserfrage?<br />
Beginnend mit der Finanzkrise 20<strong>07</strong> und der<br />
folgenden Probleme am Immobilienmarkt<br />
reifte in Kilger die Strategie, zukünftig langfristige<br />
Investitionen im Bereich der Landwirtschaft<br />
zu setzen. Kilger kaufte große Weiwein<br />
/ HANS KILGER<br />
Am »Jaglhof« in Sernau<br />
hoch über Gamlitz in der<br />
Südsteiermark lässt es<br />
sich prächtig genießen.<br />
Der Reisekoffer auf seinen Weinetiketten ist ein Symbol für<br />
die rege Reisetätigkeit des rastlosen Qualitätssuchers.<br />
Immer öfter aber nimmt er sich Zeit für die Steiermark.<br />
Hans Kilger mit<br />
seinen Partnerwinzern<br />
Christian<br />
Reiterer (r.) aus der<br />
West steiermark<br />
und Uwe Schiefer<br />
(l.) aus dem<br />
Südburgenland.<br />
Fotos: Steve Haider, KarinBergmann.at, www.gimpel.at, beigestellt<br />
40 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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deflächen im rumänischen Siebenbürgen,<br />
und schon bald bevölkerte die größte Bisonherde<br />
Europas gemeinsam mit Büffeln, Yaks,<br />
Himalaya-Tahrs und Watussirindern die ausgedehnten<br />
Ländereien, wo sie fast wie in freier<br />
Wildbahn in artgerechter Haltung leben.<br />
Der zuständige Verwalter dieser Viehzucht<br />
der anderen Art ist ein gebürtiger Weststeirer,<br />
und als Kilger diesen in seiner Heimat<br />
besuchte, war der Deutsche schlagartig von<br />
der Region fasziniert. Bald nannte er ein kleines<br />
Häuschen unweit von Eibiswald sein<br />
Eigen, zu dem auch einige hundert Reben<br />
gehörten. Es wurde ein Winzer gesucht, um<br />
die Trauben zu Wein zu verarbeiten, und der<br />
wurde in Christian Reiterer in Wies gefunden.<br />
Hans Kilger hatte aber nicht das Zeug<br />
zum Hobbywinzer. »Wenn, dann ordentlich«,<br />
lautet seine Maxime, und so begann er<br />
Zug um Zug, seine Rebflächen in der Weststeiermark,<br />
aber auch Südsteiermark zu<br />
erweitern. Die Kooperation mit Reiterer<br />
wurde vertieft und eine neue Kellerei für die<br />
Domaines Kilger errichtet. Das Viehzucht-<br />
Konzept wurde nach <strong>Österreich</strong> übertragen<br />
und Landgüter für Rotwild, aber auch exotische<br />
Tiere wie Wasserbüffel und Co. in der<br />
Steiermark und Kärnten erworben. Die Ver<br />
Die Kilger-Rosé-Weine<br />
haben ihren Ursprung in<br />
der Weststeiermark, sie<br />
werden aus der Rebsorte<br />
Blauer Wildbacher gemacht<br />
und sind doch keine Schilcher.<br />
arbeitung des erzeugten Fleischs wird heute<br />
zur Gänze in der Steiermark erledigt, auch<br />
die rumänischen Bisons landen im Kühltransport<br />
in der Weststeiermark. »Zu einem<br />
tollen Fleisch gehört aber auch ein guter Rotwein!«,<br />
befand Hans Kilger nun denn – und<br />
fand in Uwe Schiefer den idealen Partner für<br />
ein Joint Venture. »Er hat das Wissen und ich<br />
das Kapital, und die Lagen im Südburgenland<br />
bringen einzigartige Blaufränkisch-Qua<br />
litäten hervor.« Seither wurden neue Weinberge<br />
am Eisenberg erworben, ein neuer Keller<br />
gebaut, und Uwe Schiefer erzeugt neben<br />
seiner eigenen Linie auch die Rotweine für<br />
Schiefer & Domaines Kilger.<br />
Das steirische Sortiment umfasst heute im<br />
frischen, klassischen Weißweinbereich, der<br />
von Christian Reiterer betreut wird, die Sorten<br />
Muskateller, Welschriesling, Weißburgunder,<br />
Sauvignon Blanc, Morillon, die weiße<br />
Cuvée Globetrotter und je einen Frizzante<br />
aus Muskateller und Sauvignon Blanc.<br />
Das Herzstück der Weißweinproduktion<br />
liegt auf der Ried Kranachberg im südsteirischen<br />
Gamlitz, wo die Domaines Kilger eine<br />
geschlossene Fläche von 13 Hektar in einer<br />
optimalen, nach Südwesten geöffneten Kessellage<br />
auf teils kristallinen und teils schottrigen<br />
Böden bewirtschaftet. Die Ried Kranachberg<br />
ist für die Sorte Sauvignon Blanc<br />
wie geschaffen, es wird aber auch etwas<br />
Morillon kultiviert. Je nach Jahrgang werden<br />
vom Sauvignon Blanc auch exklusive<br />
Reserve-Weine in limitierter Menge erzeugt.<br />
Der stoffige Weißburgunder »S« stammt<br />
von rund 35 Jahre alten Reben vom Eisenberg<br />
und eignet sich ideal für eine längere<br />
Flaschenreifung. Uwe Schiefer setzt hier<br />
<<br />
Fotos: Steve Haider, KarinBergmann.at, www.gimpel.at, beigestellt<br />
Hans Kilger besitzt unter anderem 650 Bisons, denen in Siebenbürgen Tausende<br />
Hektar Weidefläche zur Verfügung stehen. Auch Mufflons werden gezüchtet.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
41<br />
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wein / HANS KILGER<br />
auf Spontangärung und baut den Wein<br />
ein Jahr in kleinen Fässern aus.<br />
Die Rosé-Weine haben ihren Ursprung in<br />
der Weststeiermark, sie sind auf Basis der<br />
dort heimischen Rebsorte Blauer Wildbacher<br />
entwickelt worden. Den Begriff »Schilcher«<br />
wollen Hans Kilger und Christian Reiterer<br />
für diese Rosé-Weine aus gutem Grund nicht<br />
verwenden, denn sie zeigen mit ihrer Art der<br />
Vinifikation ganz andere Seiten der autochthonen<br />
Rebsorte auf als die eines robusten,<br />
stark säuregeprägten Jausenbegleiters. Die<br />
Trauben werden mit sehr niedrigem Ertrag<br />
geerntet, nach der Gärung lagert der Wein<br />
gut zehn Monate auf der Feinhefe und wird<br />
vor dem Abfüllen nur sehr grob filtriert. Diese<br />
anspruchsvolle, langsame Vinifizierung<br />
führt dazu, dass der Rosé eine verführerischelegante<br />
Aromatik aufweist, sich am Gaumen<br />
engmaschig und mit perfekt eingebundener<br />
Säure zeigt und eine nahezu cremige<br />
Textur im Abgang besitzt. Der Rosé wird<br />
klassisch, als Reserve aber auch prickelnd in<br />
vier Varianten als Frizzante, Brut, Brut Reserve<br />
und Dosage Zéro angeboten, bei den Sek-<br />
<<br />
Die »Krawall Bar« am<br />
Naschmarkt ist Kilgers<br />
erstes Standbein in<br />
der Hauptstadt Wien,<br />
bei »Hasewend’s<br />
Kirchenwirt« in<br />
Eibiswald in der<br />
Weststeiermark ist<br />
deutlich weniger<br />
Trubel zu spüren.<br />
ten werden die Grundweine vom steirischen<br />
Schaumwein-Guru Hannes Harkamp für die<br />
Domaine Kilger fertig veredelt.<br />
Den Einstieg in die Rotweinwelt der<br />
Domaine Kilger, die in Kooperation mit dem<br />
bekannten Rotweinzampano Schiefer im<br />
Südburgenland entwickelt wird, bildet ein<br />
feinwürziger, reinsortiger Blaufränkisch, für<br />
den Trauben aus unterschiedlichen geologischen<br />
Herkünften vereint werden. Darüber<br />
thront der hochkomplexe Lagen-Blaufränkisch<br />
von der Ried Königsberg, der sich<br />
unweit vom Sitz des Weinguts Schiefer &<br />
Domaines Kilger bei Welgersdorf befindet.<br />
Die Cuvée Private Reserve besteht aus Blaufränkisch<br />
und etwa 20 Prozent Merlot, die<br />
Trauben selektioniert Schiefer aus alten Rebständen<br />
vom Eisenberg. Merlot und Blaufränkisch<br />
aus der Ried Reihburg, unterstützt<br />
von Blaufränkisch aus den Rieden Hummergraben<br />
und Fasching, lassen einen komplexen<br />
Rotwein entstehen, der über Subtilität und<br />
erstaunliche Leichtfüßigkeit verfügt. Freunde<br />
des hochprozentigen Genusses werden im<br />
Edelbrandsortiment der Domaines Kilger<br />
fündig, das sich von Aprikose bis zu zigarrentauglichem<br />
Zwetschgenbrand erstreckt.<br />
Das Fleisch der zahlreichen Rassen, die<br />
von Hans Kilger in <strong>Österreich</strong> und Siebenbürgen<br />
gezüchtet werden, veredeln die<br />
Metzgermeister in der Weststeiermark<br />
zu einer großen Vielfalt an innovativen<br />
Produkten. Dank der handwerklichen<br />
Perfektion der hauseigenen<br />
Fleischer und der außergewöhnlichen<br />
Güte der Grundprodukte entstehen<br />
Spezialitäten, die weit über<br />
das gewohnte Geschmackserlebnis<br />
hinausgehen. Konsumieren kann<br />
man die Weine und die Fleischspezialitäten<br />
natürlich in allen Standorten der<br />
wachsenden Kilger-Genusswelt, wobei der<br />
»Jaglhof« an erster Stelle zu nennen ist. Hier<br />
kommt so gut wie alles aus eigener Produktion,<br />
der Fisch, das Fleisch, ja selbst Gemüse<br />
und Kräuter stammen aus Eigenanbau. So<br />
kann man in der atemberaubenden südsteirischen<br />
Kulisse entspannte Kulinarik auf<br />
höchstem Niveau erleben. Die gesamte Palette<br />
der Kilgerschen Genusswelt kann man<br />
aber auch an weiteren Standorten erleben.<br />
Der »Genussraum« in Fötschach, der<br />
»Genusshof« in Kitzeck und der »Loarmoar«<br />
in Gamlitz sind die südsteirischen Standorte<br />
mit Buschenschank und Ab-Hof-Verkauf,<br />
in der Weststeiermark »Hasewend’s<br />
Kirchenwirt« in Eibiswald, dazu der Bauernladen<br />
in Gasselsdorf im Sulmtal und die<br />
Jausenhütt’n in Schwanberg. Ab-Hof-Verkauf<br />
gibt es auch am Weingut der Domaines<br />
Kilger in Wies (Samstag 10–12 Uhr) sowie<br />
am Weingut Schiefer & Domaines Kilger<br />
im burgenländischen Welgersdorf. In Wien<br />
steht die »Krawall Bar & Vinothek« als<br />
Anlaufstelle am Naschmarkt zur Verfügung,<br />
in München laden das Restaurant<br />
»Weinhäusl« am Wiener Platz und ein<br />
Genussladen unweit des Viktualienmarkts<br />
im Gärtnerplatzviertel zum Kennenlernen<br />
der Kilgerschen Spezialitäten ein. Hans Kilger<br />
setzt auf Nachhaltigkeit und höchste<br />
Produktqualität. Den Kunden schmeckt das<br />
ganz offensichtlich. Und weil Hans Kilger<br />
auch selbst bei der Realwirtschaft auf den<br />
Geschmack gekommen ist, darf man sich in<br />
Zukunft ganz gewiss auf weitere neue<br />
Köstlichkeiten freuen. Alles getreu dem<br />
Grundsatz: »Besserwisser gibt es reichlich,<br />
Erfolg haben aber nur jene, die es besser<br />
machen.«<br />
<<br />
Fotos: Steve Haider, Apresvino.at, beigestellt<br />
42 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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wein / DOMAINES KILGER<br />
BEST OF<br />
DOMAINES KILGER<br />
95<br />
94<br />
93<br />
CUVÉE PRIVATE RESERVE 2017<br />
Domaines Kilger<br />
Dunkles Rubingranat, violette<br />
Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />
Feinwürzig unterlegtes saftiges<br />
Brombeerkonfit, ein Hauch von<br />
Edelholzwürze, reife Herzkirschen,<br />
kandierte Orangenzesten, facettenreiches<br />
Bukett. Komplex, engmaschig,<br />
mineralische Textur,<br />
reifes, tragendes Tannin, gute<br />
Frische und Länge, wird in eini -<br />
gen Jahren der Flaschenreife<br />
noch zulegen.<br />
domaines-kilger.com, € 48,–<br />
WEISSER SCHIEFER »S« 2015<br />
Schiefer & Domaines Kilger<br />
Mittleres Gelbgrün, Silberreflexe.<br />
Feine kandierte Orangenzesten,<br />
ein Hauch von Wiesenkräutern,<br />
zarte Fruchtsüße, ein Hauch von<br />
Tropenfrucht, einladendes, fast burgundisch<br />
wirkendes Bukett. Saftig,<br />
kraftvoll, cremiger Körper, angenehmer<br />
Säurekern, extraktsüß und gut<br />
anhaftend, ein Hauch von Röstaromen,<br />
salziger Nachhall, große<br />
Länge, sicheres weiteres Entwicklungspotenzial.<br />
weinfurore.de, € 31,90<br />
ROSÉ RESERVE 2015<br />
Domaines Kilger<br />
Mittleres Orangerosé, Silberreflexe.<br />
Feine dunkle Mineralität,<br />
rotes Beerenkonfit, zart nach Herzkirschen,<br />
zartes Karamell, ein<br />
Hauch von Holz, etwas Nougat.<br />
Saftiger Körper, elegante Textur,<br />
cremiger Touch, zart nach Orangen,<br />
mineralischer Touch, ein ausdrucksvoller<br />
Wildbacher Rosé-<br />
Wein jenseits aller Klischees, ausgewogen<br />
und gut entwickelt, verfügt<br />
über Reifepotenzial.<br />
domaines-kilger.com, € 20,–<br />
95<br />
94<br />
92<br />
BLAUFRÄNKISCH RIED<br />
KÖNIGSBERG 2017<br />
Schiefer & Domaines Kilger<br />
Dunkles Rubingranat, violette<br />
Reflexe, zarte Randaufhellung.<br />
Feinwürzig unterlegte reife<br />
schwarze Herzkirschen, dunkle<br />
Beerenfrucht, zart nach Nougat<br />
und Tabak, kandierte Orangenzesten.<br />
Saftig, frisch strukturiert, rotbeeriges<br />
Konfit, feine Tannine,<br />
angenehme Mineralität, salziger<br />
Nachhall, ein balancierter Speisenbegleiter<br />
mit Reifepotenzial.<br />
domaines-kilger.com, € 30,–<br />
WEISSBURGUNDER S 2017<br />
Domaines Kilger<br />
Südburgenland<br />
Helles Grüngelb, Silberreflexe. Zart<br />
rauchig, feine Kräuterwürze, gelbe<br />
Tropenfrucht, zarte florale Nuancen,<br />
dezente Apfelfrucht, mineralischer<br />
Anklang. Stoffig, saftig, sehr elegant,<br />
feine Säurestruktur, zarte<br />
Extraktsüße, seidige Textur, zarter<br />
Holztouch, bleibt haften, wird von<br />
einigen Jahren noch sehr profitieren,<br />
salzig, seine Muskeln sind perfekt<br />
eingewoben.<br />
domaines-kilger.com, € 28,–<br />
KILGER ROSÉ BRUT RESERVE<br />
SEKT G.U. STEIERMARK 2015<br />
Domaines Kilger<br />
Leuchtendes Kupfergold, zartes<br />
Mousseux. Nuancen von Erdbeerkonfitüre,<br />
zarter Honigtouch, ein<br />
Hauch von roten Kirschen und<br />
etwas Aprikosenmarmelade. Stoffig,<br />
gut eingebundene Kohlensäure,<br />
feine Fruchtnuancen, bleibt gut<br />
haften, Herzkirschen im Rückgeschmack,<br />
individuelle Stilistik,<br />
bleibt gut haften, ein vielseitiger<br />
Speisenbegleiter.<br />
domaines-kilger.com, € 34,90<br />
95<br />
93<br />
92<br />
SAUVIGNON BLANC RIED<br />
KRANACHBERG GAMLITZ<br />
RESERVE 2016<br />
Domaines Kilger<br />
Helles Gelbgrün, Silberreflexe. Feiner<br />
Duft nach Birnen und gelben Paprikaschoten,<br />
etwas Cassis, feinwürzig,<br />
attraktives Bukett. Komplex, saftig,<br />
feine Textur, eingebundene Säure,<br />
extraktsüß nach Pfirsich, mineralisch<br />
im Nachhall, vielseitiger Speisenbegleiter,<br />
weißer Pfeffer, salziger Nachhall,<br />
verfügt über sehr große Länge<br />
und gutes weiteres Reifepotenzial.<br />
domaines-kilger.com, € 43,–<br />
SAUVIGNON BLANC RIED<br />
KRANACHBERG GAMLITZ 2017<br />
Domaines Kilger<br />
Helles Gelbgrün, Silberreflexe.<br />
Zarter floraler Touch unterlegt<br />
reife Stachelbeerfrucht, etwas<br />
nach Physalis, mineralischer<br />
Touch, zart nach Grapefruitzesten.<br />
Saftig, weiße Steinobstanklänge,<br />
balancierte Säurestruktur, weiße<br />
Tropenfrucht, Wiesenkräuter<br />
im Nachhall, lang anhaltend,<br />
verfügt über Länge und gutes<br />
Potenzial.<br />
domaines-kilger.com, € 29,–<br />
KILGER ROSÉ BRUT RESERVE<br />
ZERO DOSAGE 2015<br />
Domaines Kilger<br />
Mittleres Kupfergold, Orangere -<br />
flexe, zartes Mousseux. Etwas<br />
rotes Beerenkonfit unterlegt mit<br />
Kräutern und frischen Nussaromen,<br />
ein Hauch von Datteln. Stoffig,<br />
elegant, zarte gelbe Fruchtnuancen,<br />
rote Kirschen, frische Struktur,<br />
mineralisch-salzig, etwas Nougat,<br />
Zitrus klingt an, guter Speisenbegleiter,<br />
ist sehr vielseitig einsetzbar.<br />
domaines-kilger.com, € 34,90<br />
Fotos: beigestellt<br />
44 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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NIEDERÖSTERREICH.<br />
GROSSE KUNST. OHNE ALLÜREN.<br />
Niederösterreich – eine geschützte<br />
Ursprungsbezeichnung der EU für<br />
österreichischen Qualitätswein. Hier<br />
entstehen Weine, die vielfach ausge<br />
zeichnet und dennoch am Boden<br />
geblieben sind. Kunstwerke aus Natur,<br />
Tradition und Vision, komplex und<br />
leichtfüßig zugleich. österreichwein.at<br />
<strong>Falstaff</strong><br />
000_000_INSERAT_MUSTERa3.indd<br />
NÖ BMF.indd 1<br />
3<br />
13.08.19<br />
23.09.19<br />
13:14<br />
18:16
Eine gelungene Kombination<br />
aus Tradition und Innovation:<br />
Die Australier entwickeln ihren<br />
Shiraz laufend weiter.<br />
EINE AUSTRALISCHE<br />
LEGENDE<br />
Vom erschwinglichen Roten für jeden Tag bis hin zum prächtigen, reifefähigen Klassiker:<br />
Der australische Weinbau wäre ohne den Shiraz undenkbar.<br />
PROMOTION<br />
D<br />
ie meistgepflanzte Rebsorte des<br />
Landes ist eindeutig der Shiraz,<br />
der hier auch zu den beliebtesten<br />
Vertretern seiner Zunft gehört.<br />
Doch die Aussies ruhen sich nicht auf ihren<br />
Lorbeeren aus. Sie sind innovativ und ungewöhnlich<br />
und perfektionieren alte Konzepte,<br />
um ihren Shiraz weiterzuentwickeln.<br />
Vor zweihundert Jahren hat sich Shiraz<br />
auf den Weg nach Australien gemacht: John<br />
MacArthur wird allgemein zugeschrieben,<br />
dass er 1817 die ersten Stecklinge aus Europa<br />
importiert hat. Im 19. Jahrhundert wurde<br />
Shiraz meist mit anderen Rebsorten verwendet<br />
– oft zusammen mit Grenache, Cabernet<br />
Sauvignon oder Mourvèdre, und zwar<br />
hauptsächlich für alkoholverstärkte Weine.<br />
Der Winzerpionier Max Schubert forderte<br />
in den 1950er-Jahren diese Gepflogenheiten<br />
heraus. Er machte sich daran, einen überwiegend<br />
aus Shiraz bestehenden hochwertigen<br />
Wein zu kreieren, der nicht alkoholverstärkt<br />
war. Sein Vermächtnis lebt bis heute weiter:<br />
Sein Penfolds Grange hat sich zu einem der<br />
Fotos: Andre Castelluci/Wine Australia<br />
46<br />
falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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WINE AUSTRALIA<br />
Ein älterer Shiraz-Rebstock,<br />
von denen es in Australien noch<br />
etliche gibt. Manche Weingärten<br />
sind schon über 150 Jahre alt.<br />
Die aromatischsten Stile stammen aus<br />
Regionen mit kühlen Nächten sowie<br />
starken Temperaturunterschieden<br />
zwischen Tag und Nacht.<br />
Fotos: Andre Castelluci/Wine Australia<br />
berühmtesten Weine der Welt entwickelt.<br />
Australien ist die Heimat einiger der ältesten<br />
Shiraz-Reben der Welt, mit Weingärten<br />
aus den Jahren 1843 (Langmeil), 1847 (Turkey<br />
Flat) und 1860 (Tahbilk). Diese wurzelechten<br />
Reben aus der Zeit vor der Reblaus<br />
produzieren winzige Mengen intensiv konzentrierter<br />
Trauben.<br />
SO VIELFÄLTIG WIE DAS LAND,<br />
DAS IHN GEMACHT HAT<br />
Australische Shiraz gibt es in vielen Spielarten<br />
– von köstlichen zugänglichen Tropfen wie<br />
»The Love Grass Shiraz« von d’Arenberg bis<br />
hin zu einzigartigen Sammlerweinen wie<br />
Henschkes »Hill of Grace«.<br />
Warmes Klima produziert dabei eher vollmundige<br />
Weine mit intensivem Geschmack,<br />
während kühlere Klimazonen eher einen mittelgewichtigen<br />
und würzigen Stil hervorbringen.<br />
Einige der elegantesten und aromatischsten<br />
Stile stammen aus Regionen mit kühlen<br />
Nächten und großen Unterschieden zwischen<br />
den Temperaturen am Tag und in der Nacht.<br />
Diese frischen, kühlen Stilistiken weisen oftmals<br />
weniger Eicheneinsatz auf und werden<br />
zudem manchmal als Syrah bezeichnet. Diese<br />
Weine sind in Regionen wie Great Southern<br />
in Westaustralien, den Adelaide Hills in Südaustralien,<br />
dem Yarra Valley, den Grampians<br />
in Victoria sowie Orange in New South<br />
Wales und Canberra zu finden.<br />
MEISTERHAFT EXPERIMENTELL<br />
Australiens Klima und Landschaft sind einzigartig<br />
und haben eine äußerst eigenständige<br />
Weinszene gefördert. Nicht an starre Traditionen<br />
gebunden und von Natur aus neu-<br />
gierig, tüfteln australische Winzer ständig<br />
daran, die Qualität und das Trinkerlebnis<br />
noch weiter voranzubringen.<br />
Die Techniken in Weingarten und Keller<br />
haben sich weiterentwickelt und tragen dazu<br />
bei, die Frische, Frucht und Duftnoten des<br />
Shiraz voll zur Geltung zu bringen. Dichtere<br />
Rebenabstände, Handlese, früheres Ernten,<br />
sorgfältiges Sortieren der Tauben, zurückhaltende<br />
Verwendung von Eiche sowie der<br />
Umstieg auf altes französisches Holz und<br />
Vergärung in kleineren offenen Behältern<br />
sind einige der Praktiken, die das »Gesicht«<br />
des Shiraz verändern. Traditionen zu respektieren,<br />
aber offen für neue Ideen zu sein<br />
und nachhaltig zu wirtschaften, wird ein<br />
Vermächtnis für viele kommende Generationen<br />
sein.<br />
Von kräftigen Roten bis hin zu legendären,<br />
eleganten und feinen Weinen – das alles<br />
bietet australischer Shiraz. Er ist in Australien<br />
länger zu Hause als viele andere Rebsorten,<br />
und seinen Status als beliebtester Rotwein<br />
des Landes wird er sicher behalten.<br />
Jetzt ist es an der Zeit, sich ein Glas zu nehmen,<br />
um die australische Legende selbst<br />
kennenzulernen.<br />
INFO<br />
Mehr Informationen unter australianwine.com<br />
oder unter @wineaustralia auf Instagram.<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff 47<br />
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wein / NEWCOMER<br />
JUNGE<br />
GIPFELSTÜR M<br />
Noch nie war Deutschlands Winzernachwuchs so gut wie heute – das bestätigte<br />
sich auch bei den Proben zum <strong>Falstaff</strong> Weinguide Deutschland. Für den Titel<br />
»Newcomer des Jahres«, der anlässlich der Wein Trophy 2020 verliehen werden<br />
wird, nominieren wir vier Winzer aus drei Betrieben.<br />
Fotos: David Weimann<br />
48 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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MER<br />
Fotos: David Weimann<br />
Nicht Mosel, sondern Mittelrhein,<br />
und nicht Rheinland-Pfalz, sondern<br />
Nordrhein-Westfalen: Steilhang am<br />
Drachenfels bei Königswinter<br />
(Weingut Pieper).<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
49<br />
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wein / NEWCOMER<br />
Yvonne Libelli, 33, und ihr<br />
Bruder Martin Lucas, 30,<br />
nennen einen Schatz an<br />
Forster Spitzenlagen<br />
ihr Eigen.<br />
JUNGER SCHWUNG IM<br />
RIESLING-MEKKA<br />
Wer glaubt, dass die Mittelhaardt keine Überraschungen mehr zu bieten habe,<br />
übersieht dynamische Familienbetriebe wie den Margarethenhof in Forst.<br />
TEXT ULRICH SAUTTER<br />
Forst in der Mittelhaardt ist ein Sehnsuchtsort<br />
aller Rieslingkenner: Nur<br />
in wenigen anderen Weinbaugemeinden<br />
Deutschlands ballen sich die Spitzenlagen<br />
auf so engem Raum. Kein Wunder,<br />
dass die meisten Weinberge hier in der<br />
Hand großer Weingüter mit internationalem<br />
Ruhm sind. Doch auch eine Handvoll<br />
kleinerer Familienbetriebe nennt ein Stück<br />
vom Glück ihr Eigen. Unter ihnen der Margarethenhof<br />
von Familie Lucas mit Besitz<br />
in den Lagen Pechstein, Jesuitengarten,<br />
Freundstück und Ungeheuer. Und diesen<br />
Margarethenhof haben gerade Yvonne<br />
Libelli, 33, und ihr Bruder Martin Lucas,<br />
30, übernommen.<br />
»Mein Vater ist 61 und hat gesagt, er<br />
möchte jetzt kürzertreten«, berichtet<br />
Yvonne Libelli. »Er wollte es anders<br />
machen als unser Opa, der ziemlich lang<br />
nicht losgelassen hat. Mein Vater war schon<br />
fast 50, als mein Opa das Weingut an meine<br />
Eltern verpachtet hat.«<br />
Solche Umwege bleiben der jungen Generation,<br />
der fünften auf dem Margarethenhof,<br />
nun erspart. Gut ausgebildet sind die<br />
Geschwister beide: Martin Lucas hat bei<br />
Bassermann-Jordan, Münzberg und Egon<br />
Schmitt gearbeitet und in Bad Kreuznach<br />
den Weinbautechniker erworben. Yvonne<br />
Libelli – verheiratet mit Nicola Libelli, dem<br />
Kellermeister bei Bürklin-Wolf – war bei<br />
Stefanie Weegmüller, bei Philipp Wittmann,<br />
im Weingut Manincor in Südtirol sowie auf<br />
Weingütern in Kalifornien und Neuseeland<br />
tätig. Und sie hat ein Geisenheimer Önologendiplom<br />
in der Tasche.<br />
»Wir ergänzen uns gut«, summiert Yvonne<br />
Libelli. »Mein Bruder ist vorrangig im Weinberg,<br />
er bewirtschaftet unsere 17 Hektar<br />
praktisch alleine, das ist schon eine<br />
Hausnummer. Ich bin im Verkauf,<br />
und im Keller treffen wir uns.«<br />
Auf einer Wellenlänge seien<br />
sie, sagt Libelli weiter. Ihr<br />
Ziel: mehr auf die Lage zu<br />
gehen als früher. »Früher<br />
war der Pechstein immer<br />
Kabinett und der Jesuitengarten<br />
Spätlese – aber das<br />
wird dem Unterschied der<br />
Lagen nicht gerecht.« Die<br />
Eltern hätten die Weine auch immer gerne<br />
etwas süßer gehabt, fügt die frisch gebackene<br />
Weingutsbesitzerin hinzu.<br />
Die neuen Weine, die das <strong>Falstaff</strong>-Team<br />
für den Weinguide 2020 verkosten konnte,<br />
bestechen mit einem sehr klaren Lagenausdruck,<br />
mit Komplexität und abgeklärter<br />
Balance. »Viele unserer Weinberge wurden<br />
etwa 2004/2005 neu angelegt«, erklärt<br />
Libelli, »da merkt man jetzt von Jahr zu<br />
Jahr mehr Tiefe in den Weinen«, und fügt<br />
an: »Und mein Bruder und ich gewinnen<br />
zugleich an Selbstsicherheit.«<br />
Keine Frage, die Geschwister werden die<br />
Familientradition zu neuen Höhen tragen.<br />
Noch bis 1970 lieferte Familie<br />
Lucas ihre Trauben an die<br />
Genossenschaft, 1976 errichtete<br />
sie den Aussiedlerhof<br />
am Ortsrand von Forst<br />
östlich der Bundesstraße.<br />
Etwas mehr als 40 Jahre<br />
später ist die Zeit reif für<br />
den nächsten Schritt – man<br />
darf sehr gespannt sein, wie<br />
es hier weitergeht.<br />
Fotos: Melanie Hubach Photographie, David Weimann<br />
50 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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UNERSCHROCKEN AM<br />
DRACHENFELS<br />
Weinbau in Nordrhein-Westfalen? Gibt es wirklich. Felix Pieper keltert am<br />
nördlichsten Punkt des Mittelrheins Weine mit Distinktion und Schliff.<br />
TEXT ULRICH SAUTTER<br />
Fotos: Melanie Hubach Photographie, David Weimann<br />
Ich mag es, Dinge von Anfang bis Ende<br />
zu begleiten, durch alle Arbeitsschritte<br />
hindurch«, erzählt Felix Pieper über<br />
sich selbst. Daher habe er nach dem Abitur<br />
zunächst überlegt, Architektur zu studieren.<br />
Doch er entschied sich anders – und steht<br />
jetzt dem nördlichsten Weingut am Rhein<br />
vor: Neun Hektar Reben bewirtschaftet der<br />
36-Jährige in Königswinter bei Bonn, auf<br />
dem Gebiet des Bundeslands Nordrhein-<br />
Westfalen. »Früher«, erinnert sich Felix Piepers<br />
Vater Adolf Wilhelm, genannt Bobbi –<br />
»Bobbi mit i« –, »hat man uns als Eskimo-<br />
Winzer bezeichnet. Aber das war auch vor<br />
Beginn der Erderwärmung schon falsch, das<br />
Kölner Becken ist einfach ziemlich warm.<br />
Und unser Gewann Domkaule in der mittleren<br />
Terrasse war bereits im preußischen<br />
Lagenverzeichnis von 1904 eine der besten<br />
Lagen am Rhein.«<br />
Bei den Verkostungen zum <strong>Falstaff</strong> Weinguide<br />
punktete Felix Pieper dann unter anderem<br />
auch mit dem trockenen Riesling aus<br />
dieser Lage, einem kräuterwürzigen Wein<br />
von ausgezeichneter Balance. Noch stärker<br />
sah die <strong>Falstaff</strong>-Jury indes Piepers Spätburgunder:<br />
einen kompletten, eleganten Roten<br />
mit reifem Gerbstoff und einer feinen Aromatik<br />
mit floralen und beerigen Akzenten.<br />
»Nach dem Abitur habe ich ein Praktikum<br />
bei Marc Adeneuer an der Ahr gemacht, und<br />
aus dem Praktikum wurden dann sieben<br />
Monate, weil ich unbedingt auch noch die<br />
Lese miterleben wollte.« Die Begeisterung für<br />
die Burgunder war damit geweckt und hat<br />
sich bis zum heutigen Tag erhalten.<br />
Nach dem Studium in Geisenheim stieg<br />
Pieper schließlich zu Hause ein, das war<br />
20<strong>07</strong>. »Ich musste natürlich erst Erfahrung<br />
sammeln, wenn man frisch aus Geisenheim<br />
kommt, hat man den Kopf voller Ideen, das<br />
ist auch nicht immer das Gelbe vom Ei.<br />
Anfangs ist man auch ängstlich, das Bauchgefühl<br />
muss man erst entwickeln, und man<br />
muss lernen, dass man ohnehin nicht alles zu<br />
100 Prozent steuern kann.«<br />
Pieper ist kein Newcomer ganz am<br />
Beginns eines Berufswegs – er ist einer, der<br />
bereits mit beiden Beinen auf festem Grund<br />
steht. Das zeigt sich auch darin, dass er sich<br />
über den eigenen Betrieb hinaus engagiert:<br />
als Vizepräsident im Weinbauverband Mittelrhein<br />
und als Vorstand eines Gremiums, das<br />
die Schaffung einer geschützten Ursprungsbezeichnung<br />
»Mittelrhein« anstrebt. »Die<br />
g.U. in Brüssel zu bekommen ist schwierig«,<br />
weiß Pieper. »Aber wenn sie erst mal installiert<br />
ist, geht viel Entscheidungskraft in die<br />
lokalen Gremien über.« Auch in diesem<br />
Punkt, daran besteht kein Zweifel, wird Pieper<br />
wieder seiner Leidenschaft<br />
nachgehen können:<br />
einen Vorgang<br />
vom Beginn bis<br />
zum Ende zu<br />
verfolgen.<br />
Felix Pieper, 36, setzt die Steilhänge<br />
bei Königswinter und Rhöndorf auf<br />
Deutschlands Wein-Landkarte.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
51<br />
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wein / NEWCOMER<br />
Im namhaften Esslinger<br />
Familienbetrieb hebt Maximilian<br />
Kusterer, 28, die Burgundersorten<br />
auf ein neues Niveau.<br />
EHRGEIZIG UND<br />
SELBSTKRITISCH<br />
Maximilian Kusterer wollte am liebsten Handball-Profi werden,<br />
doch dafür war er zu klein. Heute zeigt er Talent und Größe als Winzer<br />
und Spätburgunder-Spezialist im schwäbischen Esslingen.<br />
TEXT RAINER SCHÄFER<br />
Maximilian Kusterer zählt zu den<br />
Winzersöhnen, die zunächst wenig<br />
Interesse daran zeigten, in den<br />
elterlichen Betrieb einzusteigen. Gerade mit<br />
16 oder 17 Jahren, wenn er in den steilen<br />
Esslinger Terrassen-Weinbergen »schuften<br />
musste, war das kein Traumjob für mich«.<br />
Nach dem Abitur reizte ihn ein Sportstudium,<br />
um anschließend »vielleicht ins<br />
Management einzusteigen«. Auch eine<br />
Zukunft als Physiotherapeut konnte er<br />
sich vorstellen, aber »ein Leben lang in<br />
einem kleinen Zimmer Leute einzurenken«,<br />
das konnte es auch nicht sein. Am liebsten<br />
wäre er Profi-Handballer geworden, und<br />
obwohl er nicht gerade groß gewachsen ist,<br />
schaffte er es immerhin bis in die Landesliga<br />
mit seiner »Schnelligkeit und Flexibilität«.<br />
Aber für Profi-Sport sei er letztendlich<br />
»zu klein gewesen«, sagt der 28-Jährige<br />
rückblickend.<br />
Als seine Eltern Monika und Hans Kusterer<br />
2010 einen Neubau mitten in den Weinbergen<br />
der Esslinger Neckarhalde angingen,<br />
spürte er, dass »es zu Hause vorangeht«.<br />
Seinem Vater zuliebe begann er ein Praktikum<br />
»überm Berg« im Weingut Karl Haidle<br />
im Remstal, wo er schnell merkte, dass<br />
»Weinbau doch Spaß machen kann«. Beim<br />
Studium in Geisenheim, das er im Winter<br />
2011 begann, gehörte er zur schon sagenumwobenen<br />
Gruppe mit dem ausgeprägten<br />
Burgund-Gen um Friedrich Keller, Tobias<br />
Knewitz und Julian Huber. Im Dutzend verkosteten<br />
sie an langen Abenden Pinot Noir<br />
und Chardonnay, dabei zeichneten sie auch<br />
Baupläne für eigene spätere Entwürfe. »Da<br />
wurde die Leidenschaft für Spätburgunder<br />
entfacht«, sagt Kusterer, der anschließend<br />
bewusst alle Praktika bei Pinot-Noir-Spezialisten<br />
absolvierte, bei Friedrich Becker in<br />
Schweigen, Newton Johnson in Südafrika<br />
und bei Paul Fürst in Bürgstadt.<br />
Im Frühjahr 2016 kehrte Maximilian<br />
Kusterer wieder nach Hause zurück, um<br />
auch die Verantwortung im Keller zu übernehmen.<br />
Aber schon davor nahm er Einfluss<br />
auf die Weine, »ich wollte unseren<br />
Spätburgunder verändern«, sagt er, er sollte<br />
»mehr Saftigkeit und Trinkigkeit« bekommen.<br />
Er führte die Kaltmazeration ein, verlängerte<br />
die Maischestandzeiten, vor allem<br />
wollte er »weg von zu viel Holz«, und auch<br />
die Säure durfte nicht fehlen. Diese Stilistik<br />
ist auch beim Grauburgunder Gern zu<br />
beobachten, gerade der behutsame Holzeinsatz<br />
ist ihm wichtig, es störe ihn, wenn Weine<br />
aus dem Barrique »süß und vanillig<br />
schmecken«. Er wolle »Feinheit«, sagt Kusterer,<br />
es gehe um Details und Nuancen, da<br />
spiele auch der neue Gravitationskeller eine<br />
große Rolle, in dem die Schwerkraft den<br />
Pumpen die Arbeit abnimmt.<br />
Maximilian Kusterer hat während seiner<br />
Lehrzeit genau zugehört und zugeschaut,<br />
wenn es um feine Pinot Noirs ging, er ist<br />
dabei, seine eigene Handschrift zu entwickeln,<br />
die sich beim Spätburgunder Rosenholz<br />
aus 2016 zeigt, der säureagil und raffiniert<br />
auftritt. Der Esslinger hat noch einiges<br />
vor, er sei ziemlich ehrgeizig und zielstrebig,<br />
»aber auch sein größter Kritiker«. Er sei<br />
nicht »allzu laut«, sagt Kusterer, »aber ich<br />
weiß genau, was ich will«. Trubel meidet er,<br />
in seiner Freizeit brauche er »keinen Ballermann«,<br />
lieber ziehe er die Wanderschuhe<br />
an. Als Nächstes will er sich verstärkt dem<br />
Chardonnay widmen, den er weiter verbessern<br />
will. Und im nächsten Jahr soll er das<br />
Weingut von seinen Eltern übernehmen –<br />
mit noch nicht mal 30 Jahren.<br />
<<br />
Fotos: Maximilian Kusterer<br />
52 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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wein / NEWCOMER<br />
BEST OF<br />
NEWCOMER-KANDIDATEN<br />
95<br />
93<br />
92<br />
2017 FORST PECHSTEIN<br />
RIESLING TROCKEN<br />
Margarethenhof<br />
Forst (Pfalz)<br />
Im Duft rauchig, Noten von Gestein,<br />
aber auch Frucht: reife Pflaume.<br />
Getragener Gaumen, sehr feine<br />
Phenolik, straff im Extrakt, aber<br />
auch viskos grundiert, intensive<br />
Mineralität, salzig, wird den Erwartungen<br />
an die Lage vollauf gerecht,<br />
endet sehr trocken und mineralisch.<br />
margarethenhof-forst.de<br />
€ 15,–<br />
2018 »KERNSTÜCK« WEISS-<br />
BURGUNDER TROCKEN<br />
Margarethenhof Forst<br />
(Pfalz)<br />
Frühlingswiese, Klee, Kamille,<br />
Basilikum, duftig und nuanciert.<br />
Im Mund frisch und kompakt, mit<br />
einer gewissen Geschmeidigkeit<br />
(und darin ein Jahrgangstyp),<br />
dennoch aber auch mit saftiger<br />
Bündelung. Ein schöner Ausdruck<br />
der Sorte, sehr kulinarisch.<br />
margarethenhof-forst.de<br />
€ 6,80<br />
2018 »VOM BUNTEN MERGEL«<br />
RIESLING TROCKEN<br />
Weingut Kusterer<br />
Esslingen (Württemberg)<br />
In der einladenden Nase zeigen sich<br />
Noten von saftiger Williams-Christ-<br />
Birne und Weinbergpfirsich. Am<br />
Gaumen ist der Wein saftig und<br />
würzig, die reife Säure hält sich<br />
vornehm zurück und wirkt dennoch<br />
animierend. Schlanker Bau, aber<br />
auch cremig. Fein abgerundet, aber<br />
auch mineralisch grundiert.<br />
weingut-kusterer.de, € 9,80<br />
94<br />
93<br />
92<br />
2017 FORST JESUITENGARTEN<br />
RIESLING TROCKEN<br />
Margarethenhof<br />
Forst (Pfalz)<br />
Gesteinsmehl im Duft, im Mund<br />
mit sehr stillem Druck, würzig,<br />
sehr hintergründig, kräuterwürzig,<br />
trotz der insgesamt verschlossenen<br />
Anlage, reife Säure, integrierter<br />
Alkohol, intensive Mineralität,<br />
tolle Substanz für ein sehr<br />
langes Leben.<br />
margarethenhof-forst.de<br />
€ 16,–<br />
2018 »GERN«<br />
GRAUBURGUNDER TROCKEN<br />
Weingut Kusterer<br />
Esslingen (Württemberg)<br />
Die Nase lässt einen an Burgund<br />
denken, feine Birne, Pfirsich,<br />
Rauch und Kräuter. Am Gaumen<br />
sehr gefühlvoll proportioniert, elegant,<br />
aber auch kernige Noten,<br />
Dichte und Feinheit, phenolische<br />
Fülle, konzentriert und doch<br />
leicht, elegantes Säurespiel.<br />
weingut-kusterer.de<br />
€ 23,–<br />
2018 KÖNIGSWINTER<br />
DRACHENFELS GEWÜRZ-<br />
TRAMINER TROCKEN<br />
Weingut Pieper<br />
Königswinter (Mittelrhein)<br />
Brotig, Rose, Lavendel, seifig, ein<br />
Bilderbuch-Gewürztraminer. Im<br />
Mund mit guter Balance, feine<br />
Süße, die Frucht unterstützende<br />
Süße, gar nicht sättigend, mit<br />
mineralischem Schliff und<br />
kulinarischer Ader. Zur Pastete.<br />
weingut-pieper.de<br />
€ 10,50<br />
94<br />
93<br />
92<br />
2016 »ROSENHOLZ«<br />
SPÄTBURGUNDER TROCKEN<br />
Weingut Kusterer<br />
Esslingen (Württemberg)<br />
Eine überströmende, burgunderhafte<br />
Nase, karamellisierte Rote<br />
Bete, Kirsche und erdige Noten.<br />
Ausgewogen und cremig am<br />
Gaumen, die Tannine sind reif und<br />
feinkörnig, die Säure präsent und<br />
ausgewogen, komplex, tief und auf<br />
den Punkt, delikate und würzige<br />
Frucht, finessenreich.<br />
weingut-kusterer.de<br />
€ 30,–<br />
2016 »P« RHÖNDORF DRACHEN-<br />
FELS SPÄTBURGUNDER<br />
TROCKEN<br />
Weingut Pieper<br />
Königswinter (Mittelrhein)<br />
Deutlicher Holzeinsatz, etwas<br />
Veilchen, rote Beeren, im Mund<br />
dezent extrahiert, reifes Tannin<br />
mittlere Korngröße, etwas Schokolade,<br />
gut integrierter Alkohol, etwas<br />
Ahr-Ähnlichkeit, Nougat, ein sehr<br />
kompletter Spätburgunder, mit<br />
bester Perspektive.<br />
weingut-pieper.de<br />
€ 29,50<br />
2018 KÖNIGSWINTER DRACHEN-<br />
FELS RIESLING SPÄTLESE<br />
Weingut Pieper<br />
Königswinter (Mittelrhein)<br />
Eine schöne, klare Spätlesefrucht<br />
erfüllt den Duft, Blutorange, etwas<br />
Melisse, dazu mineralische Töne:<br />
Funkenschlag, pfeffrig. Weicher<br />
Ansatz, getragene Fülle am Gaumen,<br />
reife Säure, aber intensive<br />
Salzigkeit, dezent bleibende Süße,<br />
raffinierter, kein bisschen lauter,<br />
mineralischer Wein.<br />
weingut-pieper.de<br />
€ 10,50<br />
Fotos: beigestellt<br />
54 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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WEIN- UND<br />
GENUSSREISEN<br />
Zusammen mit <strong>Falstaff</strong> hat nicko cruises genussreiche Flusskreuzfahrten konzipiert:<br />
Auf Mosel, Main und Rhein entdecken die Gäste neben herrlichen Landschaften auch<br />
das Beste aus edlen Reben und weitere kulinarische Gaumenfreuden.<br />
Burg Katz in der<br />
Nähe der Loreley.<br />
56 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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NICKO CRUISES<br />
Feine Lebensart am Fluss: Weinanbaugebiete<br />
zählen in aller Welt zu<br />
den landschaftlich besonders reizvollen<br />
Regionen. Flusstäler rechts<br />
und links, gesäumt von rebenbewachsenen<br />
Hügeln, verströmen eine idyllische Stimmung.<br />
Eine Weinregion mit dem Schiff zu<br />
erkunden, ist immer ein besonderes Reiseerlebnis.<br />
Umso mehr, wenn die Kreuzfahrt<br />
mit vielzähligen Genuss-Elementen gespickt<br />
ist. Denn wo man den Wein liebt, ist die<br />
Kuli narik nicht weit. Die Wein- und<br />
Genussreisen in Kooperation mit <strong>Falstaff</strong><br />
kombinieren die besondere Reiseform der<br />
Flusskreuzfahrt mit all ihren touristischen<br />
Höhepunkten mit exklusiven kulinarischen<br />
Erlebnissen in der jeweiligen Region: viel<br />
erleben und dabei exzellent genießen.<br />
Der Neubau<br />
»nickoSPIRIT« auf dem<br />
romantischen Rhein.<br />
Fotos: © Van Volxem, beigestellt<br />
RÖMER, MOSEL UND RHEINGAU:<br />
11 TAGE FRANKFURT–TRIER–<br />
KOBLENZ–FRANKFURT<br />
Die Reise beginnt und endet im hessischen<br />
Frankfurt am Main. Zum Auftakt der Reise<br />
gibt ein <strong>Falstaff</strong>-Experte bei einer Winzersektverkostung<br />
Einblicke in die Welt der<br />
edlen Perlen. Über Nacht bringt das<br />
»schwimmende Hotel«, der Schiffsneubau<br />
»nickoSPIRIT« mit Fünf-Sterne-Niveau,<br />
seine Gäste nach Bingen. Nach einem morgendlichen<br />
Themenrundgang mit »Vater<br />
Rhein« macht sich das Schiff auf zur<br />
berühmten Loreley. Der Ausflug zur Hängeseilbrücke<br />
Geierlay bringt eine Menge<br />
Adrenalin mit sich: Auf 360 Metern geht<br />
es über das Tal – 100 Meter über der Erde.<br />
Gemächlicher geht es am Nachmittag im<br />
historischen Treis-Karden bei einer Stiftsherrenführung<br />
mit Besichtigung und Verkostung<br />
einer Brennerei zu. Entlang der<br />
Mosel ist der nächste Halt das weinträchtige<br />
Bernkastel, wo für eine Weinprobe beim<br />
Weingut Geheimrat J. Wegeler, einem <strong>Falstaff</strong>-prämierten<br />
Winzer, eingekehrt wird.<br />
Die Römerstadt Trier ist berühmt für ihre<br />
imposante Porta Nigra und neuerdings<br />
auch für die aufstrebende Weinmanufaktur<br />
Van Volxem im Trierer Umland. Gäste der<br />
Wein- und Genussreisen dürfen sich auf<br />
eine Kombination aus Stadtführung und<br />
anschließendem Besuch inklusive Weinprobe<br />
beim Starwinzer freuen.<br />
Am nächsten Tag steht ein Ausflug in die<br />
schöne Hauptstadt Luxemburgs auf dem<br />
Programm. Danach geht es weiter flussabwärts<br />
nach Koblenz mit seinem berühmten<br />
Wahrzeichen, dem Deutschen Eck, an<br />
dem die Mosel in den Rhein mündet. Von<br />
der Festung Ehrenbreitstein bietet sich den<br />
Gästen ein wunderbarer Panoramablick auf<br />
die Stadt. Sowohl der Besuch von Schloss<br />
Sayn mit seinem zauberhaften Garten der<br />
Schmetterlinge als auch der abendliche<br />
Fackelspaziergang durch Andernach sorgen<br />
für romantische Stimmung.<br />
Naturliebhaber kommen beim Besuch des<br />
Geysirs in Andernach auf ihre Kosten, der<br />
mit einer Auswurfshöhe zwischen 50 und<br />
60 Metern der höchste Kaltwassergeysir der<br />
Welt ist. Im Weingut Georg Breuer in Rüdesheim<br />
werden erlesene, von <strong>Falstaff</strong> ausgezeichnete<br />
Gaumenfreuden produziert: Theresa<br />
Breuer, die Winzerin des Jahres 2016,<br />
lädt zur Verkostung ihrer Weinschätze. Das<br />
ehemalige Zisterzienserkloster in Eberbach<br />
ist nicht nur wohlbekannt als Drehort für<br />
den Film »Der Name der Rose«, sondern<br />
Das Weingut Van Volxem<br />
in Wiltingen.<br />
auch für seinen Weinkeller. Zum Abschluss<br />
der Reise kommt ein <strong>Falstaff</strong>-Redakteur an<br />
Bord und präsentiert bei einem weinseligen<br />
Abend die besten Weine des Rheingaus.<br />
FLUSSGENUSS AUF DEM<br />
NEUBAU »NICKOSPIRIT«<br />
Mit seinem innovativen Design vereint der<br />
Flusskreuzer mit Fünf-Sterne-Niveau alles,<br />
was der moderne Kreuzfahrer begehrt. An<br />
Bord gibt es drei Restaurants mit flexibler<br />
Tischwahl und flexiblen Essenszeiten. Ein<br />
reichhaltiges Frühstückbuffet bereitet einen<br />
guten Start in den Tag. Am Mittag und<br />
Abend werden mehrgängige kulinarische<br />
Köstlichkeiten serviert. Die lichtdurchfluteten,<br />
geräumigen Außenkabinen verfügen im<br />
Mittel- und Oberdeck über absenkbare<br />
Panoramafronten, die sich in eine Balkonbrüstung<br />
verwandeln lassen. Der Salon und<br />
das Sonnendeck laden zu herrlichem<br />
»Flusskino« ein. Im großzügigen Wellnessund<br />
Fitness-Bereich mit Sauna und Whirlpool<br />
kommen auch Entspannung und<br />
Wohlfühlen nicht zu kurz.<br />
INFO<br />
Weitere Informationen zu den Wein- und<br />
Genussreisen in Kooperation mit <strong>Falstaff</strong> unter<br />
T: +49 711 24898044, in jedem guten<br />
Reisebüro oder unter<br />
nicko-cruises.info/falstaff<br />
PROMOTION<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
57<br />
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wein / WORLD CHAMPIONS<br />
CHÂTEAU<br />
MARGAUX<br />
Der samtige Premier Grand Cru Classé aus der Appellation<br />
Margaux in der Region Médoc im Bordeaux genießt seit vielen<br />
Jahrhunderten höchstes Ansehen in aller Welt.<br />
TEXT PETER MOSER<br />
Die lange Geschichte von Château<br />
Margaux ist gekennzeichnet<br />
vom Streben nach Qualität<br />
und von erstaunlichem Innovationsgeist.<br />
Als La Mothe de<br />
Margaux, was übersetzt Hügel von Margaux<br />
bedeutet, im 12. Jahrhundert erstmals in den<br />
Urkunden auftaucht, ist von Rebstöcken im<br />
Médoc noch keine Rede. In der Zeit bis 1453<br />
herrschen die Engländer in Aquitanien, und<br />
der Wein der Region Bordeaux hält als »Claret«<br />
Einzug auf den Tafeln der wohlhabenden<br />
Briten. Auf Margaux sollte es noch bis<br />
1572 dauern, bis unter Pierre de Lestonnac<br />
die Getreidefelder in Weinberge verwandelt<br />
wurden. Ende des 17. Jahrhunderts verfügte<br />
Château Margaux über eine Fläche von<br />
265 Hektar, rund ein Drittel dieses Landes<br />
war mit Reben bedeckt – und so ist es bis<br />
heute. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden<br />
die weißen und roten Trauben erstmals separat<br />
vinifiziert, damals keine Selbstverständlichkeit,<br />
zumal auch in den Weingärten Rot<br />
und Weiß gemischt gepflanzt wurden. Dank<br />
vieler Schritte gewann der Wein von Château<br />
Margaux zusehends an Reputation, der Wein<br />
wurde regelmäßig in London gehandelt,<br />
1771 tauchte Margaux erstmals im Auktionskatalog<br />
von Christie’s auf. Bald galt<br />
Margaux als einer der gesuchtesten Weine<br />
aus dem Bordeaux, auch Thomas Jefferson<br />
bestellte ihn 1784 für seinen Keller. Mitte des<br />
18. Jahrhunderts hatte der damalige Eigentümer<br />
Joseph de Fumel bereits erkannt, dass<br />
die schottrigen Böden die wertvollsten Trauben<br />
bringen, doch bald darauf setzte die<br />
Französische Revolution dem ersten Goldenen<br />
Zeitalter im Bordeaux ein grausames<br />
Ende. Élie du Barry, der Seigneur von Margaux,<br />
erfuhr den jakobinischen Terror durch<br />
das Schafott am eigenen Hals.<br />
SCHLOSS FÜR DEN EDLEN TROPFEN<br />
Bertrand Douat – ein Baske, der es in Spanien<br />
zu einem Vermögen und dem Titel Marqués<br />
de la Colonilla gebracht hatte – erwarb<br />
am Beginn des 19. Jahrhundert das Anwesen.<br />
Er lebte in Paris und hatte für Wein wenig<br />
übrig, ihm ging es lediglich darum, damit seinen<br />
sozialen Status zu festigen. Doch es war<br />
La Colonilla, der den Prachtbau des heutigen<br />
Schlosses errichten ließ, zu dem 1810 der<br />
Grundstein gelegt wurde. Der Bordelaiser<br />
Stararchitekt Louis Combes entschied sich<br />
für einen neopalladianischen Stil – ><br />
Fotos: Deepix<br />
58 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Deepix<br />
Schlossherrin Corinne<br />
Mentzelopoulos mit ihrer<br />
Tochter Alexandra vor<br />
dem Château Margaux.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
59<br />
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wein / WORLD CHAMPIONS<br />
Perfektes Ambiente für einen perfekten Wein:<br />
Die neue Kellerei sorgt für einen weiteren<br />
Qualitätsschritt, der unübersehbar ist.<br />
><br />
Andrea Palladio war einer der bedeutendsten<br />
Architekten der Renaissance –, aber<br />
er plante auch die Wirtschaftsgebäude und<br />
Weinkellerei zu beiden Seiten des aristokratischen<br />
Hauptbaus, wie wir sie heute kennen.<br />
1830 erwarb Alexandre Aguado das Château<br />
und war damit der erste Bankier, der im<br />
Médoc investierte. Er verstarb 1842, noch<br />
bevor die Bankiers Isaac und Émile Péreire<br />
Château Palmer gleich gegenüber erwarben;<br />
Baron Nathaniel de Rothschild kaufte im<br />
Jahr 1853 Mouton, und Baron James de<br />
Rothschild sicherte sich Lafite anno 1868.<br />
Im Klassement von 1855 wird Château Margaux<br />
gleich hinter Lafite als einer der vier<br />
Premiers Grands Crus de Médoc eingestuft.<br />
1879 übernahm Graf Pillet-Will das Château<br />
in einer sehr schwierigen Phase. Oidium und<br />
Reblaus bedrohten die Weinberge in ihrer<br />
Existenz, doch der neue Besitzer konnte auf<br />
ein tolles Team in Weingarten und Keller setzen.<br />
Ab 1896 wurde der Betrieb vom fähigen<br />
Pierre Moreau gemanagt, und dieser setzte<br />
Marcellus Grangerou als Kellermeister ein,<br />
dessen Sohn Marcel diese Funktion bei<br />
Château Margaux ebenso einnahm wie sein<br />
Enkel Jean. Es war auch Pierre Moreau, der<br />
1908 den Pavillon Rouge du Château Margaux<br />
als Zweitwein ersann und 1924 die<br />
ausschließliche Abfüllung des Weins direkt<br />
Seit dem Klassement aus<br />
dem Jahr 1855 gehört<br />
Château Margaux zum<br />
exklusiven Kreis der Premiers<br />
Grands Crus Classés, den<br />
besten Weinen Bordeaux’.<br />
Corinne Mentzelopoulos mit ihrem<br />
Vater André, der Château Margaux<br />
1977 erwerben konnte.<br />
auf dem Weingut einführte – eine Vorgangsweise,<br />
die erst ab dem Jahrgang 1972 in ganz<br />
Bordeaux zur Verpflichtung wurde. 1950<br />
übernahm die Bordelaiser Weinhandelsfamilie<br />
Ginestet das Château, doch die Rezession,<br />
ausgelöst durch die Ölkrise und die nahezu<br />
unverkäuflichen Jahrgänge Anfang der Siebzigerjahre,<br />
zwang die Ginestets dazu, sich<br />
schweren Herzens wieder von Château Margaux<br />
zu trennen, um ihren Verpflichtungen<br />
gegenüber ihren Kunden nachkommen zu<br />
können. Nach zwei Jahren Suche war 1977<br />
in der Person von André Mentzelopoulos<br />
der neue Herr von Château Margaux gefunden.<br />
Vielleicht waren es ja die vier stattlichen<br />
Säulen im ionischen Stil, die das Portal des<br />
Schlosses schmücken, die den griechischen,<br />
1915 in Patras geborenen Unternehmer zum<br />
Kauf bewogen, und bereits im Jahrgang<br />
1978 zeigte ihm der Rebberg, dass er eine<br />
richtige Entscheidung getroffen hatte. Eine<br />
neue Ära hatte begonnen.<br />
FRISCHER WIND AUF MARGAUX<br />
Nach dem Ableben von André Mentzelopoulos<br />
folgte im Jahr 1980 seine Tochter Corinne<br />
auf den Platz an der Spitze des Weinguts<br />
nach. Der Sprung ins kalte Wasser des Weinbusiness<br />
wurde ihr durch ein exzellentes<br />
60 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Nachlesen<br />
Alle Teile aus der Serie<br />
»World Champions« unter<br />
falstaff.com/champ<br />
Fotos: Château Margaux, Mathieu Anglada, Marco Grundt, Gilles de Beauchêne<br />
Team erleichtert: Der Betrieb wurde in ihren<br />
ersten Jahren noch vom sehr erfahrenen Philippe<br />
Barré geleitet, dieser wurde vom legendären<br />
Önologen Émile Peynaud unterstützt.<br />
Im Jahr 1983 begann ein sehr talentierter<br />
junger Weinfachmann namens Paul Pontallier<br />
seine Karriere auf Château Margaux, das<br />
er in den folgenden Jahrzehnten in seiner<br />
Qualitätsentwicklung entscheidend prägen<br />
sollte. Er übernahm 1990 die Geschäftsführung<br />
von Philippe Barré und konnte an der<br />
Seite von Eigentümerin Corinne Mentzelopoulos<br />
in seiner Schaffenszeit nachhaltige<br />
Verbesserungen in der Produktion und Weinqualität<br />
umsetzen. Der überaus beliebte<br />
Weinfachmann, der als einer der maßgebenden<br />
Gestalter im Bordelais galt, erlag 2016<br />
mit 58 Jahren einer schweren Krebserkrankung.<br />
Während seiner Zeit auf Château Margaux<br />
hat er nicht nur die Arbeit seiner hoch<br />
angesehenen Vorgänger erfolgreich fortgeführt,<br />
er hat sein Wissen auch an zahlreiche<br />
junge Wein-Talente weitergegeben. So konnte<br />
der heutige Managing Director Philippe Bascaules,<br />
der 1990 zum Team stieß, ebenso von<br />
der Expertise Pontalliers profitieren wie<br />
Sébastien Vergne, der seit 2016 als Estate<br />
Director auf Château Margaux arbeitet. Seit<br />
2012 wird Corinne Mentzelopoulos von<br />
ihrer Tochter Alexandra unterstützt, die ><br />
Die neue<br />
Vinothek (o.)<br />
kann künftig<br />
bis zu 200.000<br />
Flaschen<br />
aufnehmen.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
61<br />
document553466052297333897.indd 61 01.10.19 13:19
wein / WORLD CHAMPIONS<br />
><br />
Ideale Kombination<br />
aus Funktionalität<br />
und Architektur: der<br />
neue Chais von Sir<br />
Norman Foster.<br />
><br />
von London aus das Team als Deputy<br />
Managing Director leitet. In den letzten Jahren<br />
wurden auf Château Margaux umfangreiche<br />
Renovierungsarbeiten durchgeführt,<br />
die im Neubau eines Kellerteils mit Traubenübernahme<br />
durch das Büro des Star-Architekten<br />
Sir Norman Foster mündeten, der mit<br />
sehr viel Fingerspitzengefühl an das Projekt<br />
heranging. Der neue Keller wurde anlässlich<br />
der Vinexpo 2015 mit einem Gala-Abend<br />
festlich aus der Taufe gehoben. Neu eingerichtet<br />
wurde auch eine sehenswerte unterirdische<br />
Vinothek von 70 Metern Länge, die<br />
rund 200.000 Flaschen aufnimmt – der älteste<br />
aktuell gelagerte Wein stammt aus dem<br />
Jahr 1848.<br />
DIE GENUSS-TRILOGIE IN ROT-WEISS<br />
Der Pavillon Blanc du Château Margaux<br />
blickt auf eine lange Tradition zurück.<br />
Bereits im 19. Jahrhundert, als man mit<br />
der Praxis brach, weiße und rote Trauben<br />
gemeinsam zu verarbeiten, wurde auf Margaux<br />
ein Weißwein abgefüllt, der als Château<br />
Margaux Vin de Sauvignon angeboten wurde.<br />
Seit dem Jahr 1920 trägt er seinen heutigen<br />
Namen. Rund elf Hektar mit Sauvignon<br />
Blanc stehen zur Verfügung. In den letzten<br />
Jahren wurde, beginnend mit 2009, stark an<br />
der Qualitätsschraube gedreht, heute wird<br />
nur noch ein Drittel der Erntemenge für den<br />
Pavillon Blanc verwendet, der Rest ausselek-<br />
Château Margaux ist eines der wenigen<br />
Weingüter im Médoc, das sich noch eine<br />
eigene Küferei im Haus leistet.<br />
tioniert. Mit dem neuen Chais konnte ein<br />
neuerlicher Qualitätsschritt gemacht werden.<br />
Von diesem 100-Prozent-Sauvignon-Blanc-<br />
Wein werden nur rund 1000 Kisten angeboten,<br />
ein erheblicher Teil des Weißweins wird<br />
auf Magnums gefüllt. Der Pavillon Rouge<br />
du Château Margaux wurde erstmals 1908<br />
gefüllt, dank rigoroser Verbesserungen ist die<br />
Qualität heute auf einem Niveau, das sich<br />
mit den meisten Grands Vins im Médoc<br />
locker messen kann. Neben dem Pavillon<br />
Rouge wird auch noch der rote Drittwein<br />
namens Margaux du Château Margaux<br />
erzeugt. Der Grand Vin wird aus den besten<br />
Cabernet-Sauvignon-Trauben komponiert,<br />
die das Weingut zu bieten hat, dazu gesellen<br />
sich ein kleinerer Anteil von Merlot, Cabernet<br />
Franc und ein paar Tropfen Petit Verdot<br />
– das Verhältnis hängt vom jeweiligen Jahres-<br />
verlauf ab. Eine Besonderheit dieses Weins<br />
sind seine zwar präsenten, aber nach einer<br />
gewissen Reifedauer immer seidenweich<br />
wirkenden Tannine, die als margaux-typisch<br />
gelten. Bei allem Charme und der Eleganz,<br />
die diese Weine auszeichnen, stecken im Margaux<br />
große Komplexität und Substanz. Der<br />
Wein verfügt über eine erwiesene Fähigkeit,<br />
sehr lange zu reifen: ein weiteres untrügliches<br />
Zeichen für die Exzellenz seines Terroirs.<br />
Manche Autoren haben den Stil von Chateau<br />
Margaux als »feminin« bezeichnet, ein aus<br />
heutiger Sicht irreführender Begriff. Wenn<br />
man heute einen großen, reifen Jahrgang von<br />
Château Margaux wie den 1990er im Glas<br />
hat, dann versteht man intuitiv, warum diesem<br />
Wein von Weinkennern eine derartige<br />
Verehrung zuteil wird. Die Liste der herausragenden<br />
Jahrgänge ist sehr lang, bei Legenden<br />
wie 1900, 1928 oder 1953 braucht es<br />
auch das entsprechende Flaschenglück.<br />
Zu den großen Weinen, die heute ihre volle<br />
Trinkreife zeigen, zählen 1982, 1983, 1990<br />
und 1996. Weine wie 2000, 2005, 2009 und<br />
2010 haben noch viel Zeit vor sich, die man<br />
ihnen auch gönnen sollte. Die tolle Serie der<br />
letzten Jahre mit einem 2015 als Superstar<br />
wird noch Jahrzehnte ruhen, bevor auch<br />
diese Kreszenzen ihr volles Potenzial entfalten<br />
und sicherstellen, dass auch neue<br />
Generationen von Bordeaux-Liebhabern<br />
dieses Ausnahmegewächs zu schätzen wissen<br />
werden. <<br />
Fotos: Mathieu Anglada, Artiste Associé, Francois Poincet/Vigneron<br />
62 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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BEST OF<br />
CHÂTEAU MARGAUX<br />
100<br />
2015 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Dunkles Rubingranat, violette<br />
Reflexe, dezente Randaufhellung.<br />
Zart tabakig-gewürzig unterlegte<br />
feine Herzkirschenfrucht, zart nach<br />
Nougat und kandierten Orangenzesten,<br />
facettenreiches und einladendes<br />
Bukett. Saftig, extraktsüß,<br />
reife Kirschen, seidige Süße, große<br />
Finesse, einfach unglaublich delikat<br />
und lange anhaltend. Präsentiert<br />
in der Ausnahmeausstattung mit<br />
Siebdrucketikett als »Hommage<br />
à Paul Pontallier«.<br />
(verkostet <strong>2019</strong>)<br />
millesima.de, € 1950,–<br />
100<br />
2009 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe.<br />
In der Nase einladende rote Beerenfrucht,<br />
frische Herzkirschen, mit<br />
zarten Röstaromen unterlegt, ein<br />
Hauch von Johannisbeeren, zart<br />
tabakige Anklänge. Saftig, feine<br />
extraktsüße Kirschenfrucht, feinste,<br />
seidige Tannine, salzige Mineralik,<br />
zart nach Nougat im Abgang, dunkle<br />
Beerenfrucht im Rückgeschmack,<br />
bleibt sehr gut haften, wirkt diesmal<br />
sehr frisch und dadurch ein wenig<br />
schlanker als bei früheren Proben.<br />
(2013)<br />
millesima.de, € 1264,–<br />
100<br />
2000 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Kräftiges Rubingranat, zarte<br />
Randaufhellung. Perfekte Nase,<br />
exotische Anklänge, feine Röstaromen,<br />
saftige dunkle Beerenfrucht,<br />
Herzkirschen, zart nach Mandarinenzesten.<br />
Intensiv, feinwürzig, seidige<br />
Tannine, toller Schokoladetouch,<br />
herrliche Länge, mineralisch, Nachhall<br />
von schwarzen Kirschen, vermittelt<br />
eine geniale Leichtfüßigkeit<br />
und Finesse, wirkt fast etwas verspielt,<br />
große Länge, sicheres<br />
Potenzial. Margaux-Trinkvergnügen<br />
pur. (2010)<br />
millesima.de, € 1630,–<br />
100<br />
1990 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe,<br />
zarter Wasserrand. Sehr einladendes<br />
Bukett nach schwarzen Kirschen, ein<br />
Hauch von Karamell und feinen<br />
Röstaromen, dazu feines Cassis und<br />
kandierte Veilchen, ein magischer<br />
Duft. Saftig und finessenreich strukturiert,<br />
geprägt von einnehmender Extraktsüße,<br />
festen und perfekt eingebundenen<br />
Tanninen, überzeugende<br />
Länge mit schokoladigen Nuancen,<br />
ein großer Rotwein mit enormem Zukunftspotenzial<br />
für weitere Deka den.<br />
(<strong>2019</strong>) millesima.de, ca. € 2260,–<br />
(€ 13.550/Kiste mit 6 Flaschen)<br />
100<br />
1982 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Kräftiges Karmingranat, dezente<br />
Ockerreflexe, breite Randaufhellung.<br />
Facettenreiches Bukett,<br />
Nuancen von frischen dunklen<br />
Beeren, schwarze Kirschen, ein<br />
Hauch von Nougat. Saftig, reife<br />
Kirschen, feine Extraktsüße, gut<br />
eingebundene Tannine, schoko -<br />
ladiger Touch, im Abgang dann<br />
doch etwas schlanker, Brombeere<br />
und frische, präsente Tannine,<br />
salzige Mineralität im Abgang,<br />
schokoladiger Rückgeschmack.<br />
(<strong>2019</strong>)<br />
Fachhandel, Auktion ab € 750,–<br />
100<br />
1900 CHÂTEAU MARGAUX<br />
Mittleres Ziegelrot, Ockerreflexe,<br />
breiter Wasserrand. Sauberes Reifebukett,<br />
zart nach Pflaumen, Kräuter,<br />
tabakige Nuancen, Waldboden, erdige<br />
Würze, Anklänge von Pilzen, dazu<br />
zartes Milchkaramell, sehr zarte rote<br />
Fruchtnuancen. Saftig, Anklänge von<br />
roter Kirsche, seidige Textur, lebendiger<br />
Säurebogen, zart nussig, mineralisch-salzig<br />
im Abgang, feine Würze<br />
im Nachhall, ungemein jugendlicher<br />
Gesamteindruck, dezenter Umami-<br />
Touch im Finale, noch fruchtsüß und<br />
sehr lange anhaftend. (2018)<br />
vintageandcie.com, € 15.000,–<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
63<br />
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wein / INTERVIEW<br />
Wie in Stein gemeißelt:<br />
Georg Riedel, Herr über ein<br />
Glas-Imperium mit über<br />
1000 Angestellten.<br />
»DAS GLAS MUSS<br />
FUNKTIONAL SEIN«<br />
G<br />
eorg Riedel steht einem Unternehmen<br />
vor, das weltweit in<br />
125 Ländern präsent ist und<br />
im vergangenen Jahr einen<br />
Jahresumsatz von 258 Millionen<br />
Euro erzielte. Zählt man die Marken<br />
Nachtmann und Spiegelau mit, gibt Riedel<br />
mehr als tausend Menschen Arbeit. Dutzende<br />
nationale und internationale Auszeichnungen<br />
säumen den Weg des Tiroler Unternehmers,<br />
von »Decanter Man of the Year«<br />
(1996) über den Ehrenpreis der Republik<br />
<strong>Österreich</strong> (2006) bis zum »Distinguished<br />
Service Award« des amerikanischen <strong>Magazin</strong>s<br />
»Wine Spectator« (<strong>2019</strong>). Im Besprechungszimmer<br />
der Glasmanufaktur in Kufstein<br />
nimmt sich Riedel, der am 16. Dezember<br />
einen runden Geburtstag feiert, Zeit für<br />
Georg Riedel ist der<br />
bedeutendste Glasmacher<br />
auf dem Planeten Wein. Im<br />
<strong>Falstaff</strong>-Interview nennt er<br />
eine einfache Formel fürs<br />
Auffinden der richtigen<br />
Glasgröße – und verrät,<br />
welche Weine er selbst am<br />
häufigsten dekantiert.<br />
INTERVIEW ULRICH SAUTTER<br />
eines seiner raren Interviews, rückt noch die<br />
elegant gebundene Krawatte zurecht und<br />
schenkt sich ein Glas Wasser ein.<br />
FALSTAFF Herr Riedel, kaum jemand weiß<br />
so viel über Weingläser wie Sie. Wie können<br />
wir uns den Gläserschrank bei Georg Riedel<br />
zu Hause vorstellen?<br />
GEORG RIEDEL Da sind nur Prototypen<br />
drin! Also Glasformen in der Erprobung.<br />
Ich trinke niemals Wein, ohne zugleich an<br />
einer Glasform zu arbeiten. Nie zufrieden<br />
zu sein, das ist eines dieser Themen, die<br />
mich auszeichnen.<br />
Wie viele Formen haben Sie im Lauf Ihres<br />
Lebens getestet, haben Sie da eine annähernde<br />
Zahl im Kopf?<br />
Fotos: Riedel Glas, Manfred Klimek<br />
64 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Riedel Glas, Manfred Klimek<br />
Nein. Schauen Sie, die Zahl ist auch gar<br />
nicht wichtig, denn alle Glasformen sind<br />
heute Claus-Riedel-inspiriert. Sie kommen<br />
alle aus der Idee, den Wein zwar nicht zu<br />
verbessern – das können wir nicht –, aber<br />
ihn so auf den Gaumen zu lenken, dass die<br />
Emotion gesteigert wird. Die kleinsten Variationen<br />
führen da zu den unglaublichsten<br />
Ergebnissen. Und die Faszination ist, dass<br />
dieser Effekt nicht individuell ist, sondern<br />
dass alle dieselbe Emotion haben.<br />
Form follows function also.<br />
Ja, genau – für uns muss ein Glas nicht<br />
hübsch sein, zumindest nicht in erster Linie,<br />
sondern es muss funktional sein. Wenn Sie<br />
als Winzer in der Neuen Welt sind, nicht im<br />
Burgund, im Bordeaux oder in der Toskana,<br />
wo Sie auf die Rebsorten verpflichtet<br />
sind, sondern wenn Sie in die Welt hinausgehen<br />
und Geld in die Hand nehmen, dann<br />
untersuchen Sie erst den Boden und entscheiden<br />
dann die Rebsorte. Und dann gibt<br />
es ein Resultat, das viele Konsumenten<br />
insofern ignorieren, als sie alles aus einem<br />
Glas trinken. Und da fängt mein 40-jähriger<br />
Kampf an, den Konsumenten dazu zu<br />
bewegen, nachzudenken, wie sein Return<br />
of Investment beim Wein aussieht.<br />
Sie sprechen vermutlich von Genusswert<br />
als Return of Investment.<br />
Jeder Wein kommt mit einem Preis, mal<br />
größer, mal kleiner. Und wenn man ihn<br />
trinkt, hat man eine Erwartungshaltung, die<br />
wird entweder getroffen oder überboten –<br />
oder man ist enttäuscht. Das Interessante<br />
ist aber, wenn der Wein untrinkbar ist:<br />
Haben Sie dann schon mal jemanden sagen<br />
hören, das Glas sei schuld?<br />
Nein, ganz bestimmt nicht.<br />
Sie würden immer dem Wein die Schuld<br />
geben. Dabei ist das Glas zentral für den<br />
Weingenuss. Wir haben zum Beispiel Säure,<br />
Mineralität und Bitterkomponenten in<br />
einem Wein. Und Frucht. Diese Komponenten<br />
sind balanciert, wenn keine die anderen<br />
dominiert. Das ist die Kunst des Glasmachers:<br />
das, was der Winzer mithilfe des<br />
Rebgartens in die Flasche gefüllt hat, so<br />
zu optimieren, dass Harmonie entsteht.<br />
»Ich dekantiere fast alle<br />
meine Rotweine, auch süßen<br />
Weißwein. Der kleine<br />
Schimmer Schwefel geht<br />
wunderbar weg.«<br />
GEORG RIEDEL Riedel Glas, Kufstein<br />
Die zehnte und elfte Generation ihrer Familie:<br />
Georg Riedel und Sohn Maximilian.<br />
Neulich habe ich eine historische Studie<br />
gelesen, in der stand, dass das durchschnittliche<br />
Weinglas im Lauf der letzten Jahrhunderte<br />
stetig größer geworden sei.<br />
Ich kenne dieses Argument, in England gibt<br />
es sogar Bestrebungen, in der Gastronomie<br />
die Größe der Weingläser zu begrenzen. So<br />
ein Unsinn! Wir machen doch große Gläser<br />
nicht, um eine größere Menge einzufüllen,<br />
die ideale Menge ist immer 100 Milliliter,<br />
unabhängig von der Größe des Glases. Der<br />
Rest ist Resonanzkörper, man bekommt<br />
eine andere Duftentfaltung.<br />
Wie erkenne ich als Laie zu Hause, wie groß<br />
der Kelch sein sollte, den ich auswähle?<br />
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Grünen<br />
Veltliner oder einen Sauvignon ohne Holzkontakt,<br />
der hat zwei Komponenten: Hefe<br />
und Saft. Solch ein Zwei-Komponenten-<br />
Wein benötigt kein großes Glas. Die dritte<br />
Komponente kommt aus dem Fass: die oxidative<br />
Wirkung des Ausbaus plus Toasting.<br />
Und da hört es noch nicht auf. Die malolaktische<br />
Gärung macht den Wein cremig.<br />
Für drei Komponenten brauchen Sie schon<br />
ein etwas größeres Glas. Dann kommt noch<br />
die vierte Komponente, das ist bei Rotwein<br />
der Extrakt aus der Beerenschale. Dafür<br />
nehmen Sie noch mal einen größeren Kelch.<br />
Ein Orange Wine wäre dann nach dieser<br />
Gliederung ein Drei-Komponenten-Wein,<br />
aber ohne Fass und mit Schale?<br />
Bei Orange bin ich kein Fachmann. Sicher,<br />
Georgien … Wenn die Nachfrage da ist,<br />
dann wird es irgendwann auch mal ein<br />
Riedel-Glas »Orange« geben.<br />
Stichwort Karaffen.<br />
Karaffen verwendet man traditionell, um<br />
Sediment zu trennen. Aber wir trinken heute<br />
oft Weine, die sehr reduktiv ausgebaut<br />
sind, die haben einen enormen Gehalt an<br />
schlafender Kohlensäure. Und Kohlensäure<br />
schmeckt sauer. Beim Dekantieren tauschen<br />
Sie Kohlensäure gegen Sauerstoff aus.<br />
Dadurch wird der Wein runder, auch im<br />
Duft anders. Aber nicht jeder Wein profitiert<br />
davon. Und es hängt auch von der persönlichen<br />
Vorliebe ab. Wenn jemand sagt,<br />
ich liebe das Nervige des Cabernets, dann<br />
wird er keinen Cabernet dekantieren.<br />
Dekantieren Sie selbst häufiger Weißoder<br />
Rotweine?<br />
Ich dekantiere fast alle meine Rotweine,<br />
und ich dekantiere süßen Weißwein. Da<br />
versuche ich, den kleinen Schimmer vom<br />
Schwefel wegzunehmen, der geht in einer<br />
Karaffe wunderbar weg.<br />
Beim Thema Süßwein schließt sich die<br />
Frage an: Gibt es eigentlich auch Riedel-<br />
Karaffen für halbe Flaschen?<br />
In der Tat, und zwar ganz neue! Mein Sohn<br />
Max hat eine ganze Serie davon gemacht.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
65<br />
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ALDI SÜD<br />
BUNTER GENUSS<br />
Das herbstliche Weinsortiment von ALDI SÜD präsentiert sich betont kräftig –<br />
ideal also für die kühlere Jahreszeit.<br />
PROMOTION<br />
W<br />
as für ein Sommer! Viel<br />
Sonne, laue Nächte und<br />
ein Gefühl wie ziemlich<br />
weit im Süden. Nun tut<br />
die Frische des Herbstes gut: die Kühle bei<br />
Tagesanbruch, das milde Licht und die Färbung<br />
des Laubs. Viele Früchte sind bereits<br />
eingebracht, die meisten Felder abgeerntet –<br />
die Weinlese ist in vielen Anbaugebieten<br />
aber noch in vollem Gange. Zuerst werden<br />
die Trauben für die frischen Weißweine<br />
gelesen, später die Rotweinsorten und zum<br />
Schluss jene für die edlen Süßweine.<br />
Trauben für Champagner sind eher zeitig<br />
dran – meist startet die Ernte Anfang oder<br />
Mitte September. Schließlich sollen die<br />
Grundweine viel Frische und eher wenig<br />
Alkohol haben, da Champagner seine<br />
herausragende Komplexität unter anderem<br />
durch eine zweite Gärung in der Flasche<br />
bekommt. Diese sorgt nicht nur für die fein<br />
perlende Kohlensäure, sondern auch für<br />
etwas zusätzliche Kraft, denn bei der Flaschengärung<br />
verzehren die Hefen den zugesetzten<br />
Zucker, wobei Kohlensäure und<br />
Alkohol entstehen.<br />
Wie geschmeidig und edel Champagner<br />
sein kann, zeigt der Premier Cru Millésime<br />
»Veuve Monsigny« aus dem Jahr 2013. Er<br />
duftet nach weißen Blüten, etwas Toast<br />
und Rauch, am Gaumen ist er cremig. Perfekt<br />
als Aperitif, eignet er sich auch als<br />
Essensbegleiter. Ideal ist dieser Jahrgangschampagner<br />
zu einem Fisch mit einer<br />
Weißwein-Butter-Sauce. Zu so einem<br />
Gericht passt auch der 2018er Riesling<br />
Rheingau QbA von Topwinzer Johannes<br />
Leitz sehr gut. Im Duft dominieren gelbe<br />
Früchte mit Apfelnoten, am Gaumen ist<br />
der Riesling ausgewogen und saftig –<br />
typisch für die Riesling-Gegend Rheingau.<br />
Während auf der Nordhalbkugel gerade<br />
die <strong>2019</strong>er-Ernte verarbeitet wird, sind die<br />
Winzer aus der südlichen Hemisphäre<br />
bereits viel weiter. Die Weinernte findet<br />
dort im Februar und März statt – dann ist<br />
südlich des Äquators Herbst. Kein Wunder<br />
also, dass der Sauvignon Blanc Marlborough<br />
»Kiwi Trail« aus Neuseeland bereits<br />
ein <strong>2019</strong>er ist. Er duftet nach hellen Früchten<br />
und verfügt über eine saftige Struktur –<br />
ein Wein, der Spaß macht.<br />
Jetzt im Herbst schmecken aber nicht<br />
nur die frischen, spritzigen Weine. Mit<br />
Fotos: beigestellt<br />
66<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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zunehmender Kälte freuen wir uns auf satte,<br />
volle Rotweine – zu einem geschmorten<br />
Stück Fleisch, nach einem langen Waldspaziergang,<br />
bei dem wir mit etwas Glück ein<br />
paar Pilze gefunden haben. Dazu ein Finca<br />
Sobreno Crianza Toro DO aus dem Jahr<br />
2016, der nach Amarenakirsche und Kräutern<br />
duftet. Am Gaumen ist der spanische<br />
Wein dicht und kraftvoll – jetzt darf gern<br />
ein Feuer im Kamin knistern. Zu dieser<br />
Gelegenheit passt auch der 2018er Cabernet<br />
Sauvignon Pays d’Oc IGP von »Baron<br />
Philippe de Rothschild«. Der Wein aus<br />
Südfrankreich stammt aus exzellentem<br />
Haus – Rothschild ist ein legendäres Gut<br />
im Bordeaux-Gebiet. Der Wein duftet nach<br />
roten Beeren und feinen Röstaromen, am<br />
Gaumen zeigt er seine kräftige Struktur<br />
und gute Spannung.<br />
Wenn die Herbsttage kürzer und kühler<br />
werden, dürfen die Weine an Kraft zulegen.<br />
Der Primitivo Puglia IGT »Doppio Tratto«<br />
aus dem Jahr 2018 duftet nach Nougat<br />
und Pflaume. Seine besondere Art der Herstellung<br />
– ein Teil der Traubenschalen wird<br />
zweimal vergoren – sorgt bei dem süditalienischen<br />
Wein für die besonders geschmeidige,<br />
leichte Süße. Ebenfalls in einem ganz<br />
speziellen Verfahren wurde der 2016er<br />
Amarone della Valpolicella DOCG Classico<br />
hergestellt: Ein Teil der Trauben wird<br />
vor der Kelterung getrocknet. So entsteht<br />
eine besonders hohe Konzentration. Das<br />
Ergebnis ist ein Duft nach praller Kirschfrucht,<br />
eine satte Dichte am Gaumen und<br />
ein pfeffriger Abgang – ein Wein wie<br />
gemacht für den Herbst.<br />
EXKLUSIV IN IHRER ALDI-SÜD-FILIALE<br />
Amarone della Valpolicella DOCG Classico, 2016<br />
90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Kirschfrucht, am Gaumen mit festem, körnigem Gerbstoff<br />
und einer süßen Frucht, gute Dichte, fleischig, hat durchaus<br />
Feinheit, aber auch Länge. Pfeffrige Aromen im Abgang.<br />
Champagner Premier Cru Millésime »Veuve<br />
Monsigny«, 2013<br />
90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
In der Nase weiße Blüten, etwas Toast und Rauch,<br />
Melisse. Am Gaumen sehr geschmeidig, cremig, Apfel<br />
und reife Zitrusfrucht, vollmundig, auch ein guter<br />
Essensbegleiter, gute Länge.<br />
Finca Sobreno Crianza Toro DO, 2016<br />
90 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Amarenakirsche, Schwarzwälder Kirschtorte, Nougat,<br />
Kräuter, ein Hauch Reife darin, am Gaumen stoffig, gute<br />
Dichte. Wirkt in natürlicher Balance, idealer Speisenbegleiter<br />
zum Grillfleisch oder zu lange Geschmortem.<br />
Riesling Rheingau QbA mit VDP-Siegel »Weingut<br />
Johannes Leitz«, 2018<br />
88 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Gelbe Frucht in der Nase, auch Apfelnoten, saftigfrisches<br />
Bukett, am Gaumen ausgewogen, frisch und<br />
saftig, animierend.<br />
Cabernet Sauvignon Pays d’Oc IGP »Baron Philippe de<br />
Rothschild«, 2018<br />
87 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Rotbeerige, würzige Nase, auch Röstaromen, Himbeere,<br />
Brombeere, am Gaumen mit kräftiger Struktur und kräftigem<br />
Tannin, leicht grünliche Noten, gute Spannung.<br />
Primitivo Puglia IGT »Doppio Tratto«, 2018<br />
86 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Etwas aufgesetzt wirkendes Holz, reife Beeren, Nougat<br />
und Pflaume, geschmeidiger Gaumen, leichte Süße,<br />
fruchtgetragen. Eine zurückhaltend gewählte Menge<br />
mürben, leicht körnigen Tannins, ausreichende Säurebegleitung.<br />
Runder, fülliger Wein, der die Liebhaber<br />
dieses Stils nicht enttäuschen wird.<br />
Fotos: beigestellt<br />
INFO<br />
Weitere Infos zum exklusiven Weinsortiment<br />
von ALDI SÜD gibt es online auf<br />
aldi-sued.de<br />
Sauvignon Blanc Marlborough, Neuseeland<br />
»Kiwi Trail«, <strong>2019</strong><br />
88 von 100 <strong>Falstaff</strong>-Punkten*<br />
Etwas Eisbonbon, Grasschnitt, hefig, kraftvoller Körper<br />
bei mittelgewichtigem Extrakt, eher milde Säure, aromatischer<br />
Abklang. Recht typisch für die Herkunft.<br />
*Testergebnisse zu den Weinen auf falstaff.de<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff 67<br />
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spirits / WHISK(E)YSTILE<br />
WARUM<br />
WHISKY<br />
NICHT<br />
GLEICH<br />
WHISK EY<br />
IST<br />
!<br />
Foto: Shutterstock<br />
68<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Whisky, das bedeutet<br />
»Wasser des Lebens«, Uisce beatha<br />
auf Gälisch. Da mag es nicht<br />
verwundern, dass »Lebenswasser«<br />
die verschiedensten Formen<br />
annehmen kann. Wir klären auf.<br />
Foto: Shutterstock<br />
TEXT JULIANE EVA REICHERT<br />
W<br />
hisky, »ein zu weites Feld«,<br />
würde Effi Briests Vater es<br />
wohl nennen, dem es oftmals<br />
und schnell zu heikel<br />
wurde: »Es ist so schwer,<br />
was man tun und lassen<br />
soll. Das ist auch ein weites Feld.« Ein geflügelter<br />
Ausdruck, wenn es denn einmal etwas komplexer<br />
wird. Oder die Angst besteht, einen Zusammenhang<br />
nicht hinreichend darlegen zu können.<br />
Völlig angemessen wäre diese Angst im Hinblick<br />
auf einen Einführungstext über Whisky. Und Whiskey,<br />
denn da geht’s ja schon los. Wir sprechen also<br />
über den schottischen Whisky ohne E und den amerikanischen<br />
Bourbon, den Whiskey. Nun, und den irischen,<br />
den schreibt man in der Regel auch mit einem<br />
E. Den kanadischen hingegen nicht. Ach ja, und<br />
natürlich gibt es auch unter den Amerikanern Ausnahmen,<br />
und die nennen sich dann allen Widrigkeiten<br />
zum Trotze auch Whisky. Und wie die meisten Kniffe<br />
in verschiedenen Schreibweisen ist auch dieser historisch<br />
bedingt.<br />
Denn bis sich die Iren Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
von den Schotten abzugrenzen versuchten, wurde<br />
Whisky allerorts Whisky geschrieben. Die Iren packten<br />
das Abgrenzungs-E vors Ypsilon, die Amerikaner adaptierten<br />
es – und schon ist die Verwirrung komplett.<br />
Doch die verschiedenen Schreibweisen sind nicht<br />
ganz so wirr und in Eitelkeiten bedingt, wie man<br />
zunächst meinen möchte. Sie geben außerdem Hinweise<br />
auf die Produktionsweise und letztlich auch auf<br />
den Geschmack.<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff<br />
69<br />
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spirits / WHISK(E)YSTILE<br />
SCOTCH<br />
SINGLE MALT:<br />
RAUCH IM GLAS<br />
Wir beginnen, wo alles begann, nämlich bei den Schotten. In kaum einer anderen<br />
Region wird auf so wenig Raum eine so große aromatische Vielfalt an Whiskys<br />
produziert. Die wichtigsten Regionen sind die Lowlands im südlichen Teil, wo<br />
der Whisky leicht und mild im Aroma ist; dann sind da die Highlands, der wohl<br />
eindrücklichste Teil des Landes, wenn es darum geht, Klischeebilder von sattem<br />
Grün und steinig-hügeliger Weite zu erzeugen; und je näher es dann in Richtung<br />
Küste geht, desto mineralischer wird es. Die Speyside-Region zeichnet<br />
sich wiederum durch ihre filigranen Noten im Whisky ab – was sie diametral<br />
von den Islay-Whiskys unterscheiden lässt.<br />
Die Insel Islay ist das Mekka all derer, denen der Sinn nach Phenol,<br />
Benzin, Seil, Salz und Rauch im Glas steht. Das Besondere hier: Die<br />
gemälzte Gerste lagert zur Trocknung über Torffeuer, also getrocknetem<br />
Morast, der den Whisky rauchig, bisweilen sogar speckig oder<br />
medizinisch schmecken lässt. »Laphroaig« ist einer der bekanntesten<br />
Vertreter dieser Insel geworden. Sein Rauchanteil beträgt 40 ppm,<br />
das bedeutet »parts per million« und gibt den Torfgehalt eines<br />
schottischen Single Malts an. Die kleinste schottische Whiskyregion<br />
ist schließlich Campbeltown, die mit gerade einmal drei<br />
Brennereien nicht gerade im Fokus des schottischen Single<br />
Malts steht. Sie, ähnlich wie kleinere Insel-Destillerien wie<br />
etwa Jura oder die Isle of Skye, zeichnet sich vor allem<br />
durch salzige, leicht rauchige Whiskys aus. Davon, dass sie<br />
ein fantastisches Reiseziel ist, einmal ganz abgesehen.<br />
Ihnen gemein ist der Ruf der Scotch Single Malt<br />
Whiskys: gemälzter und destillierter Gerstensaft, der in<br />
genau einer schottischen Destillerie gelagert und<br />
abgefüllt wurde.<br />
Wer eher mit dem<br />
Mais liebäugelt, der<br />
sollte den Corn Whiskey<br />
probieren, denn der muss zu<br />
mindestens 80 Prozent aus<br />
Mais bestehen. Das macht ihn<br />
in der Regel zu einer ausgesprochen<br />
süßlichen, milden Angelegenheit,<br />
gerade wenn man Produkte<br />
wie den »Platte Valley Corn<br />
Whiskey« ansieht, der zu ganzen<br />
hundert Prozent aus Mais-Maische<br />
besteht. Oftmals wird Corn Whiskey<br />
gar nicht gelagert, weil hier die Richtlinien<br />
anders sind. Wenn er allerdings<br />
reift, dann nicht so wie im Falle von<br />
Bourbon oder Rye, nämlich in frischen<br />
ausgekohlten Fässern, sondern in gebrauchten.<br />
Das macht den Whiskey noch einmal<br />
milder und hat mit einem schottischen Single<br />
Malt so gut wie nichts mehr zu tun.<br />
CORN<br />
WHISKEY:<br />
ALLES ANDERS<br />
Foto: Shutterstock, beigestellt<br />
70<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Foto: Shutterstock, beigestellt<br />
SINGLE<br />
GRAIN:<br />
HAUPTSACHE GETREIDE<br />
Die Iren wären ordentlich sauer, würde der Eindruck entstehen, aller Single Malt<br />
käme aus Schottland – dem ist keineswegs so. Single Malt bedeutet lediglich,<br />
dass der Whisky aus einer Destillerie stammt und durchweg aus gemälzter Gerste<br />
hergestellt wird.<br />
Eine dezidiert irische Art der Whiskey-Produktion ist aber das Single-Pot-Still-<br />
Verfahren, bei dem unter anderem auch Grain-Whiskey, also ungemälztes<br />
Getreide, zum Einsatz kommt. Der Begriff »Grain« ist etwas irreführend, da<br />
schließlich alle Whisk(e)ys aus Getreide hergestellt werden, im Falle von<br />
Grain-Whiskey geschieht das aber aufgrund von gemälztem und ungemälztem<br />
Getreide, darunter Gerste, aber auch Mais oder Weizen. Glücklicherweise<br />
genießt das destillierte und fassgelagerte »Getreide« mittlerweile<br />
aber einen deutlich besseren Ruf als einst, und so kredenzt man heute<br />
auch in Schottland den Grain-Whisky aus einem Nosing-Glas und<br />
freut sich über die jungen, würzigen und mitunter kupfernen Noten.<br />
In beinahe jedem Blend befindet sich übrigens Grain-Whisky – und<br />
das ist nichts Schlechtes.<br />
Denn durch seine Herstellung in kontinuierlichen Brennblasen,<br />
den sogenannten Coffey Stills, in denen in kürzerer Zeit eine<br />
größere Menge produziert wird, sorgt er dafür, dass so mancher<br />
Whisky erschwinglich bleibt und dass auch so mancher<br />
Student sich dann und wann eine solide Flasche Whisky leisten<br />
kann. Ein junges Exemplar dieser Gattung ist der »Nikka<br />
Coffey Grain« aus Japan. Sein Namensgeber war nicht<br />
etwa ein irischer Kaffeeliebhaber, sondern Aeneas Coffey,<br />
erster Patentträger und Designer besagter Brennblasen.<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff<br />
71<br />
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spirits / WHISK(E)YSTILE<br />
BLENDED<br />
WHISKY:<br />
VIELE MÖGLICHKEITEN<br />
Der Blend ist günstiger und logistisch flexibler herstellbar als<br />
andere Whiskyarten, da er weder von einer Destillerie noch aus<br />
einem bestimmten Rohstoff bestehen muss. Ein Blended Malt Scotch<br />
Whisky ist hierbei ein Blend aus schottischen Whiskys, ein Blended<br />
Scotch Whisky ein Mix aus schottischen Malt und Grain Whiskys und<br />
ein Blended Whisky, ja, der kommt irgendwoher.<br />
Er ist also deutlich weniger an Form oder an Inhalte gebunden und<br />
kann somit optimal über Jahre eine solide Qualität halten. Denn anders<br />
als ein Sammler einzelner Jahresabfüllungen von Single Malts – bei denen<br />
der Master Blender mit sehr begrenzten Mitteln auf Wetter, Tide, solide Wasser-,<br />
Getreide- und Fassqualität bauen muss –, kann der Master Blender beim<br />
Blend an unzähligen Scharnieren drehen, sei es ein neuer Single Malt, ein anderes<br />
Alter oder eine neue Lagerzeit. Völlig zu Unrecht hat der Blend in den letzten<br />
Jahren einen so schlechten Ruf neben den Single Malts bekommen. Denn erst einmal<br />
wird jeder Whisky – abgesehen von einer Einzelfassabfüllung – mit anderen<br />
Fässern vermählt. Und außerdem muss Master Blender erst einmal gelernt sein:<br />
Meisterblender-Legende Richard Paterson hatte sein erstes Glas mit acht Jahren, und<br />
zwar aus den Händen seines Vaters, selbst Blender, aber das nur am Rande.<br />
Eine erwähnenswerte Marke unter den Blends ist »Chivas Regal«. Wurde damit früher<br />
der königliche Hof von Königin Victoria beliefert, ist dieser Blend einer der wenigen, die<br />
durchweg in vier verschiedenen Altersangaben auf dem Markt war, und zwar als zweitgrößtes<br />
Unternehmen schottischen Whiskys. Und wer meint, dass er in Glasgow gewesen sei, ohne<br />
mehrere Dutzend betrunkener schottischer Mittelschüler nebst leerer »Chivas«-Flaschen passiert<br />
zu haben, war woanders.<br />
Fotos: Shutterstock, Jean-Daniel Sudres/hemis.fr/laif, LUKE SHARRETT/NYT/Redux/laif, beigestellt<br />
72<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Shutterstock, Jean-Daniel Sudres/hemis.fr/laif, LUKE SHARRETT/NYT/Redux/laif, beigestellt<br />
RYE<br />
WHISKY:<br />
DER FÄNGER<br />
MIT ROGGEN<br />
Wer sich auf eine Partie Rye Whiskey – ein<br />
Whiskey, der aus mindestens 51 Prozent<br />
Roggen bestehen muss – einlassen möchte,<br />
versuche es beispielsweise mit »Bulleit«<br />
Rye. Dieser besteht nämlich zu sage und<br />
schreibe 95 Prozent aus Roggen. Mit<br />
ihm bleiben keine Fragen mehr offen,<br />
was denn der Unterschied zwischen<br />
einem Bourbon- und einem Roggen-<br />
Destillat sei. Das kann man sich<br />
allerdings bereits sehr konkret<br />
vorstellen, wenn man zuerst eine<br />
Scheibe Mais- und dann ein<br />
Roggenbrot isst. Auch<br />
Jack Daniel’s<br />
gibt es als<br />
Rye.<br />
SINGLE<br />
BARREL:<br />
SAMMLER, AUFGEFASST!<br />
Worin sich die verschiedenen Getreideschnäpse eindeutig gleichen,<br />
das ist die Bezeichnung Single Barrel: die Einzelfassabfüllung.<br />
Sowohl in den USA, in Schottland, Irland als auch in Japan<br />
legen Sammler immer wieder Wert auf Whisk(e)y, der nur aus<br />
einem Fass kommt. Weil der Master Blender hier kaum mehr eingreifen<br />
kann, unterscheiden sich diese Whisk(e)ys sehr voneinander.<br />
Man kann sagen, dass diese Whisk(e)ys fast noch<br />
mehr Naturprodukt sind als die anderen. Wer eine Einzelfassabfüllung<br />
ersteht, bekommt auf seine Flasche in<br />
der Regel die Nummer des Fasses notiert. Das<br />
macht sie zu einem sehr begehrten und<br />
besonderen Geschenk.<br />
BOURBON:<br />
NOT MACHT<br />
ERFINDERISCH<br />
Whiskey trinkt man aus Nosing-Gläsern, die lange und andächtig<br />
geschwenkt werden vor dem ersten Schluck? Das sind<br />
Glaubenskriege. Serien wie »Mad Men« mögen uns gelehrt haben,<br />
dass es sich bei Bourbon – dem amerikanischen Whiskey aus mindestens<br />
51 Prozent Mais – um ein Getränk handelt, das in Tumblern und auf<br />
Eis geschwenkt werden sollte. Die Ästhetik bleibt eine Frage des persönlichen<br />
Befindens sowie der Tradition; ein Faktum hingegen ist, dass unsere<br />
Zunge auf Zimmertemperatur Aromen am besten wahrnimmt. Die anderen<br />
Getreide im amerikanischen Whiskey sind, neben Mais, in der Regel Weizen<br />
oder Roggen: Gelagert wird der New Make, wie man die frisch destillierte Spirituose<br />
nennt, oft gerade einmal zwei Jahre im ausgekohlten Eichenfass. Er ist<br />
dann ein Straight Bourbon. In Schottland sind es mindestens drei Jahre. Unter<br />
zehn Jahren schreibt man das in der Regel aber nicht auf die Flasche, sondern<br />
nutzt den Single Malt für einen Blend.<br />
Wie jeder, der einmal jung war, weiß, sind es vor allem Jim Beam und<br />
Jack Daniel’s, die sich früh international breit aufstellten. Die amerikanische<br />
Whiskey-Geschichte ist gesäumt von Verboten und Bürgerkriegen,<br />
von Schwarzbrennerei und Steuergesetzen, die heute mit der Kultur von<br />
Speakeasy-Bars glorifiziert werden. Gesagt sei allerdings, dass die Vielfalt<br />
dessen, was der Whiskey aus vornehmlich Kentucky und Tennessee<br />
heute vorzuweisen hat, auf eine bewegende Geschichte des frühen<br />
19. Jahrhunderts zurückgeht, als die Schotten das historische Bourbon<br />
County besiedelten. Zwingend probieren sollte man den »Bulleit Bourbon«.<br />
Er ist ein Liebling unter Bartendern und zeigt, wie es möglich ist,<br />
dass Whisky und Whiskey zwei komplett unterschiedliche Spirituosen<br />
sind. Verwandt und doch so fern.<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff<br />
73<br />
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spirits / WHISK(E)YSTILE<br />
Verkosten wie ein Profi:<br />
Whisky-Ikone Jim McEwan<br />
ist seit über 50 Jahren<br />
im Geschäft.<br />
SO WIRD WHISK(E)Y<br />
VERKOSTET<br />
Auch Genießen will gelernt sein. Eine kleine Anleitung für den<br />
perfekten Schluck Whisk(e)y und wie er sein Aroma am besten entfaltet.<br />
B<br />
ei »Mad Men« mag es anders aussehen, aber entgegen der gängigen Annahme, in den<br />
Whisk(e)y gehören Eiswürfel, empfiehlt es sich, ihn bei Zimmertemperatur, also zwischen<br />
18 und 22 Grad, zu trinken. Weil man so schlichtweg am meisten schmeckt.<br />
Außerdem verwässert er sonst. Allerdings verhält es sich bei der Sache mit dem Wasser ein<br />
klein wenig komplexer, da Wasser und Whisk(e)y nicht per se auf Kriegsfuß stehen.<br />
Bevor der Getreidebrand ins Fass gefüllt wird, besitzt er in der Regel zwischen 60 und<br />
75 Volumenprozent Alkohol. Nach der Fassreifung wird der Whisk(e)y meist auf<br />
Trinkstärke verdünnt, oft sind das 43 oder 46 Volumenprozent. Passiert dies<br />
nicht, spricht man von einem Cask Strength, einer Fassstärke. Wer eine solche<br />
Abfüllung in die Finger bekommt, darf sich daher offiziell frei fühlen, mit<br />
bestenfalls einer Pipette nachzuregulieren. Denn so sehr Alkohol<br />
Geschmacksträger ist, so sehr bleibt er auch ein Nervengift, und es ist<br />
durchaus erstrebenswert, für sich selbst das richtige Verhältnis zu<br />
finden. Ist dieses erst einmal herausgefunden, wird das tulpenförmige<br />
Nosing-Glas, das vorzugsweise verwendet wird,<br />
ge schwenkt, berochen und verkostet. Ob mit Stiel oder ohne<br />
ist dabei ganz unerheblich. Prinzipiell ist beim Verkosten<br />
nichts verboten, solange sicher gestellt ist, dass der<br />
Whisk(e)y mit allen Sinnen wahrgenommen wird.<br />
Manche schwören sogar darauf, ein paar Tropfen<br />
auf der Hand zu verteilen, um die Aromen besser<br />
wahrzunehmen. Aber das kommt vermutlich<br />
auf Anlass und Umgebung an.<br />
Fotos: Shutterstock, Roddy Mackay<br />
74<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Natürlich köstlich genießen<br />
Das macht COMTÉ so einzigartig: Die herrliche Natur des französischen Jura-Massivs, einer urgesunden<br />
Landschaft im Osten Frankreichs, in der die rot-weißen Montbéliard-Kühe zu Hause sind, die natürliche<br />
Zubereitung aus frischer Rohmilch und zum Reifen die Ruhe, die nur die Natur schenken kann. Mindestens<br />
vier Monate, aber auch zwölf und mehr Monate, ruht jeder Laib im Reifekeller, wo er regelmäßig gewendet<br />
und mit Salzwasser eingerieben wird. Was auf den kräuter-verwöhnten Wiesen im Jura-Massiv beginnt,<br />
kommt so als naturreines, würzig-mildes Geschmackserlebnis auf den Tisch.<br />
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spirits / WHISKEY IRLAND<br />
» IRLAND«<br />
LEBENS<br />
WASSER -<br />
VON DER GRÜNEN INSEL<br />
Auch unter Whiskeykennern gelten irische Vertreter oft als eher<br />
einfache, leichte Versionen des Lebenswassers. Tatsächlich erlebt die irische<br />
Whiskeyszene gerade einen enormen Boom, sowohl an Menge als auch an<br />
Vielfalt. Bei näherem Blick entdeckt man Whiskey mit Innovation und Tiefgang.<br />
TEXT ERHARD RUTHNER<br />
Foto: Patrick Bolger<br />
76<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Foto: Patrick Bolger<br />
Sláinte! Der gälische<br />
Ausdruck für Prost bedeutet<br />
wörtlich übersetzt: »Auf gute<br />
Gesundheit!«<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff<br />
77<br />
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spirits / WHISKEY IRLAND<br />
Als er 1886 Irland bereiste, zählte<br />
Alfred Barnard 28 Brennereien.<br />
Heute sind 24 in Betrieb und viele<br />
weitere in Planung oder im Bau.<br />
Gerne wird die Legende<br />
erzählt, dass der heilige<br />
Patrick, Schutzpatron der<br />
Insel, die Destillation in<br />
Irland eingeführt hat.<br />
Bis ins späte 19. Jahrhundert galt das<br />
Schwarzbrennen von Whiskey als<br />
Volkssport. In der Hochzeit soll es über<br />
8000 illegale Brennereien gegeben haben.<br />
Irland ist neben seinem Nachbarn<br />
Schottland wohl das bekannteste<br />
Land, wenn es um die Produktion<br />
von Whiskey geht. Dennoch: Bis<br />
vor ein paar Jahren waren Besucher<br />
der Insel wohl meist enttäuscht,<br />
denn sie trafen auf der ganzen Insel<br />
nur drei Whiskeybrennereien an, die das irische<br />
Lebenswasser in die ganze Welt schickten.<br />
Bushmills, die in Nordirland gelegen ist<br />
und daher dem Königreich Großbritannien<br />
angehört, die Midleton-Brennerei ganz im<br />
Süden und Cooley’s Distillery in der Mitte<br />
des Landes teilten sich den Whiskeymarkt<br />
untereinander auf. Um diesen Umstand verstehen<br />
zu können, muss man kurz die<br />
Geschichte des irischen Whiskeys beleuchten.<br />
Wie bei seinem schottischen Pendant, lässt<br />
sich kein genauer Zeitpunkt der Erfindung<br />
des Getränks ausmachen. Dass keltische<br />
Druiden schon berauschende Getränke aus<br />
Getreide herstellten, ist nur mündlich überliefert.<br />
Gerne wird die Legende erzählt, dass<br />
der heilige Patrick, Schutzpatron der Insel,<br />
die Destillation eingeführt hat. Historisch<br />
gesehen kam diese Technik allerdings erst<br />
rund sechshundert Jahre nach dem Wirken<br />
des Missionars nach Nordeuropa. Der erste<br />
schriftliche Hinweis führt auf die Nachbarinsel.<br />
1494 wurde dort der Verkauf einer<br />
gewissen Menge Gerstenmalz zum Zwecke<br />
der Herstellung von »aqua vitae« (Lebenswasser)<br />
festgehalten. Der Käufer, ein<br />
Mönch namens John Cor, stammte aus<br />
Irland, und so zeugt die Urkunde auch<br />
davon, dass hier die Destillation von<br />
Getreide bekannt war. 1608 vergab König<br />
James I. ein Brennrecht für Antrim County<br />
an den Adeligen Sir Thomas Phillips. Die<br />
Bushmills Distillery, die in dieser Grafschaft<br />
steht, bezieht sich heute noch auf dieses<br />
Datum. Mit der zum Teil brutalen Unterdrückung<br />
irischer Freiheitsbestrebungen ab<br />
1649 und einer hohen Besteuerung wanderte<br />
die Produktion eher in, na sagen wir private<br />
Hände. 1823 wurde das Steuerwesen<br />
in Bezug auf Whiskey modernisiert, was<br />
auch den irischen Brennern zugutekam.<br />
Von nun an konnte man eine königliche<br />
Lizenz erwerben und dann legal Whiskey<br />
produzieren. Dass Schwarzbrennen bis<br />
dahin quasi ein Volkssport gewesen sein<br />
Fotos: mauritius images/Alamy/Aclosund Historic/Abus Archive Images, Mary Evans/picturedesk.com, Jean Luc LUYSSEN/REA/laif, Shutterstock, Shane O‘Neill Photography<br />
78<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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In steinernen Lagerhäusern ruhen<br />
die wertvollen Whiskeyfässer, bis die<br />
Irish Whiskeys von Master Blendern<br />
zusammengestellt und abgefüllt werden.<br />
Fotos: mauritius images/Alamy/Aclosund Historic/Abus Archive Images, Mary Evans/picturedesk.com, Jean Luc LUYSSEN/REA/laif, Shutterstock, Shane O‘Neill Photography<br />
musste, dokumentiert Alfred Barnard in seinem<br />
1886 verfassten Standardwerk über<br />
die Brennereien des Vereinigten Königreichs.<br />
Die Zahl der illegalen Brennereien in<br />
Irland hatte sich von 8192 im Jahr 1834<br />
auf 829 im Jahr 1884 reduziert. Barnard<br />
zählte 28 legale Brennereien in Irland, von<br />
denen heute noch einige dem Namen nach<br />
bekannt sein dürften: Jameson, Powers,<br />
Locke’s und Bushmills.<br />
Leider verpassten die Iren ab dem Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts einige Trends, was zu<br />
mehreren Krisen führte. 1831 ließ sich<br />
Aeneas Coffey, ein irischer Steuerbeamter,<br />
seinen Apparat zur kontinuierlichen<br />
Destillation (Patent Still) schützen. Während<br />
die schottischen Whiskyerzeuger die<br />
Chance erkannten und ihren schweren<br />
Malts leichte Whiskys (vgl. Blended Scotch)<br />
hinzufügten und damit einen Boom auslösten,<br />
versäumten die Iren den Trend weitgehend.<br />
Dazu kam, dass Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
wegen schwerer Hungersnöte und<br />
einer riesigen Auswanderungswelle der irische<br />
Markt praktisch zum Erliegen kam.<br />
Zur Zeit der Prohibition (1920–1933), ><br />
Von den rund 6,98 Millionen Flaschen<br />
Whiskey, die jährlich weltweit verkauft<br />
werden, stammen rund 40 Prozent vom<br />
Marktführer Jameson.<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff 79<br />
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spirits / WHISKEY IRLAND<br />
Die Brennerei Roe & Co im Herzen des<br />
Distillery- Districts von Dublin eröffnete im<br />
Juni dieses Jahres ihre Türen. Die moderne<br />
Brennerei steht exemplarisch für die<br />
Wiedergeburt des irischen Whiskeys.<br />
><br />
als Alkohol in den USA zwar verboten<br />
war, die Nachfrage aber trotzdem stetig<br />
stieg, machten die irischen Brenner einen<br />
entscheidenden strategischen Fehler, indem<br />
sie darauf verzichteten, Whiskey in die USA<br />
zu schicken. Damit nicht genug, denn skrupellose<br />
Geschäftemacher in den USA machten<br />
sich den bis dato sehr guten Ruf des irischen<br />
Whiskeys zunutze und schrieben auf<br />
die Labels des schlimmsten Fusels oftmals<br />
»Irish Whiskey«. Damit ruinierten sie den<br />
Ruf des echten Irish Whiskeys nachhaltig.<br />
Dazu kam, dass Irland nach den Osteraufständen<br />
1916 einen Unabhängigkeitskrieg<br />
mit England führte, der 1921 endete. Allerdings<br />
belegten die Briten irische Waren mit<br />
Embargos, und so fielen sämtliche Überseemärkte<br />
unter englischer Kontrolle für irischen<br />
Whiskey weg.<br />
Weltwirtschaftskrise und der Zweite<br />
Weltkrieg, in dem Irland zwar neutral, aber<br />
trotzdem von den allgemeinen Umständen<br />
betroffen war, trugen nicht dazu, die irische<br />
Whiskeywirtschaft zu beleben. Auch nach<br />
dem Krieg schafften es die meisten nicht,<br />
international zu punkten, sondern konzentrierten<br />
sich auf den viel zu kleinen heimischen<br />
Markt. Die Folge war, dass in den<br />
1950er-Jahren immer mehr Brennereien<br />
aufgeben mussten. Die verbleibenden –<br />
Jameson, Powers und Cork Distillers –<br />
schlossen sich 1966 zur Irish Distillers<br />
Group zusammen. 1975 wurde in Midleton<br />
(Cork County) eine moderne Brennerei<br />
gebaut und alle anderen Standorte, auch die<br />
seit 1780 in Dublin befindliche Bow Street<br />
Distillery (Jameson), geschlossen. Damit<br />
gab es auf der Insel nur noch zwei Whiskeybrennereien.<br />
Beide sind in Besitz großer<br />
Konzerne. 1987 gründete der Ire John Teeling<br />
die Cooley Distillery und kaufte alte<br />
Markenrechte wie etwa Locke’s und Kilbeggan.<br />
Damit begann der irische Whiskey,<br />
langsam aus seinem Dornröschenschlaf zu<br />
erwachen. Im Fahrwasser des allgemeinen<br />
Whiskeybooms der letzten Jahre gelang es<br />
auch langsam, wieder Leben in die irische<br />
Whiskeylandschaft zu bringen. 2012 wurde<br />
die Dingle Distillery gegründet, 2014<br />
erfolgte die Grundsteinlegung für die Wiedererrichtung<br />
der Tullamore Dew Distillery<br />
an historischem Ort. Auch die Familie Teeling<br />
ist nach dem Verkauf ihrer Cooley Distillery<br />
an Beam Suntory wieder aktiv und<br />
hat in Dublin eine kleine Brennerei aufgemacht.<br />
Weitere Investoren folgten diesen<br />
Beispielen, und so finden wir heute wieder<br />
eine blühende Destillerielandschaft vor. Mit<br />
24 aktiven Brennereien ist das Niveau, das<br />
Fotos: Diageo, Christopher Heaney, Krinitz / laif / picturedesk.com, beigestellt Illustration: Stefanie Hilgarth<br />
80<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
document4128518892343167459.indd 80 01.10.19 12:49
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spirits / WHISKEY IRLAND<br />
><br />
Barnard Ende des 19. Jahrhunderts<br />
beschrieb, fast wieder erreicht. Da auch<br />
zahlreiche weitere Projekte in Planung sind,<br />
wird es wohl bald übertroffen werden.<br />
Natürlich braucht es dann einige Zeit, bis<br />
die Neuen am Markt mit gut gereiften<br />
Abfüllungen aufwarten können, allerdings<br />
lohnt es sich schon jetzt, die irische Whiskeyszene<br />
zu beobachten.<br />
Umso mehr freut es Kenner und Liebhaber<br />
des irischen Stils, immer neue Abfüllungen<br />
zu finden. Diageo hat mit »Roe & Co«<br />
einen tiefgehenden Blend vorgestellt,<br />
Marktführer Jameson hat mit dem kräftigeren<br />
»Black Barrel« und der »The Whiskey<br />
Makers Series« aufhorchen lassen. Die private<br />
Destillerie Glendalough punktet mit<br />
Single Malts, die in ungewöhnlichen Fässern<br />
wie etwa japanischer Mizunara-Eiche<br />
oder Porter-Bier-Fässern gelagert worden<br />
sind. Auch Tullamore hat das Fassfinishing<br />
für sich entdeckt, zum Beispiel mit Cider<br />
Casks. Weitere Privatinitiativen wie The<br />
Irishman und Teeling komplettieren die<br />
Innovationsbestrebungen der irischen Whiskeyszene.<br />
Aber auch die Traditionalisten<br />
kommen weiterhin auf ihre Kosten: Single<br />
Pot Still Whiskeys wie Redbreast und<br />
Green Spot, getorfter Single Malt von Connemara,<br />
ungetorfter von Locke’s oder einfach<br />
schöner Blended Irish Whiskey von<br />
Paddy, Power’s, Kilbeggan oder Bushmills<br />
machen nicht nur am St. Patrick’s Day Lust<br />
auf den einen oder anderen Dram.<br />
><br />
Die 262-jährige Geschichte<br />
der Kilbeggan Distillery<br />
umfasst auch eine<br />
50-jährige Schließung<br />
der Brennerei ab 1957.<br />
Erst seit 20<strong>07</strong> wird in zwei<br />
Brennblasen wieder vor<br />
Ort Whiskey produziert.<br />
82 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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spirits / WHISKEY IRLAND<br />
»IRISCHER WHISKEY<br />
ERLEBT DERZEIT EINEN<br />
BOOM WIE NIE ZUVOR«<br />
Interview mit Alex Baring und Cyril Camus<br />
INTERVIEW BENJAMIN HERZOG<br />
Der irische Whiskey erwacht aus seinem<br />
Dornröschenschlaf. Viele neue<br />
Destillerien begannen in den letzten<br />
Jahren mit der Whiskeyproduktion. Dazu<br />
gehört auch Lambay Whiskey – ein Joint<br />
Venture des Cognac-Hauses Camus und der<br />
irischen Baring-Familie. <strong>Falstaff</strong> hat mit den<br />
beiden Initiatoren, Alex Baring und Cyril<br />
Camus, gesprochen.<br />
FALSTAFF Irischer Whiskey wird gerade<br />
neu entdeckt. Was ist es für ein Gefühl, Teil<br />
dieser Erfolgsgeschichte zu sein?<br />
ALEX BARING Der irische Whiskey-Sektor<br />
erlebt derzeit einen Boom wie nie zuvor in<br />
seiner Geschichte. Die Exporte steigen stark,<br />
und die Anzahl der Whiskeybrennereien in<br />
Dublin und im ganzen Land ist förmlich<br />
explodiert. Das hat vor allem zu einer großen<br />
Innovationskraft geführt, in einem<br />
Me tier, das ja eigentlich von Traditionen<br />
geprägt ist. Die Marken denken heute über<br />
den Tellerrand hinaus und arbeiten oft mit<br />
anderen zusammen; das ist sicher ein Teil<br />
des heutigen Erfolgs.<br />
CYRIL CAMUS Irischer Whiskey ist heute<br />
praktisch in jeder Mixology-Bar vertreten<br />
– entweder in klassischen Cocktails oder in<br />
neuen, innovativen Geschmacksrichtungen.<br />
Unser »Lambay Irish Whiskey« passt gut in<br />
diesen Trend. Gerade das Finish im Cognac-<br />
Fass macht ihn einzigartig.<br />
Lambay Whiskey ist eine Kollaboration zwischen<br />
dem familiengeführten Cognac-Haus<br />
Camus und dem Revelstoke Trust der Familie<br />
Baring. Wie kam diese Zusammenarbeit<br />
zustande?<br />
ALEX BARING Wir trafen uns bereits vor<br />
einigen Jahren zum ersten Mal. Damals entstand<br />
die Idee, einen innovativen irischen<br />
Whiskey zu kreieren. Die Heimat von Lambay<br />
Whiskey ist die gleichnamige Insel, die<br />
»Wir sehen uns als<br />
Botschafter des irischen<br />
Whiskeys und in zweiter Linie<br />
als Brand.«<br />
ALEX BARING<br />
seit 1904 von meiner Familie intensiv<br />
gepflegt und geschützt wird.<br />
CYRIL CAMUS Unsere Erfahrung im<br />
Umgang mit seltenen und exklusivsten Crus<br />
und perfekt ausgewogenen Spirituosen ist<br />
ideal für dieses unverwechselbare und unberührte<br />
Land. Wir freuen uns darauf, zum<br />
Schutz und zur Erhaltung des einzigartigen<br />
Lambay-Gebiets beizutragen.<br />
Warum ist die Insel Lambay derart gut<br />
geeignet für den Whiskey-Ausbau, und was<br />
macht sie speziell?<br />
ALEX BARING Lambay Island ist ein Juwel.<br />
Die Insel liegt nur knapp fünf Kilometer östlich<br />
der irischen Küste. Das historische Lambay<br />
Castle wurde im 16. Jahrhundert erbaut<br />
und zwischen 1910 und 1911 im Arts-and-<br />
Crafts-Stil vom weltberühmten anglo-irischen<br />
Architekten Edwin Lutyens renoviert.<br />
Der Rest der Insel ist heute ein<br />
Naturschutzgebiet, das man vom Schloss<br />
aus überblickt. Lambay Island liegt an der<br />
Spitze des Golfstroms. Die Insel verfügt<br />
über ein einzigartiges Mikroklima und<br />
reichhaltige Meeresluft – ideale Voraussetzungen<br />
für die Fassreifung von Whiskey.<br />
Ihre Whiskeys werden in Cognac-Fässern<br />
gereift. Was ist deren Vorteil gegenüber<br />
gebräuchlichen Gebinden wie Bourbonoder<br />
Sherry-Fässern?<br />
CYRIL CAMUS Die Reifezyklen unterscheiden<br />
sich von Batch zu Batch. Grundsätzlich<br />
reifen wir unseren Whiskey zunächst<br />
in Bourbon-Fässern auf dem Festland. Die<br />
Cognac-Fässer auf der Insel werden nur<br />
beim Finish von gut sechs Monaten verwendet.<br />
Das Cognac-Fass bringt einen eleganten<br />
Goldton in den Whiskey, aber auch<br />
fruchtige Noten, begleitet von Gewürzen<br />
wie Vanille.<br />
Warum sollte ein Bourbon- oder Scotch-<br />
Trinker auch irischen Whiskey mal probiert<br />
haben, und warum gerade Lambay?<br />
ALEX BARING Irischer Whiskey ist<br />
bekannt für seine Zugänglichkeit, seinen<br />
weichen Geschmack, seine Qualität und<br />
seine Vielseitigkeit. Wir sehen uns als Botschafter<br />
des irischen Whiskeys und in zweiter<br />
Linie als Brand. Wir probieren auch<br />
viele andere Marken und spüren die feinen<br />
Unterschiede raus. Während früher ein irischer<br />
Whiskey vor allem dreimal destilliert<br />
sein musste, um auf einer Barkarte zu landen,<br />
spielt der Geschmack heute eine viel<br />
wichtigere Rolle. Wir sollten uns auf diesen<br />
alleine konzentrieren.<br />
Foto: Lambay Whiskey<br />
84 falstaff okt-nov <strong>2019</strong><br />
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95<br />
92<br />
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MIDLETON<br />
Very Rare 2017<br />
40 Vol.-%<br />
Herrlich komplexes, mundwässerndes<br />
Bukett mit Noten von Fudge,<br />
Kokos, gedörrten Früchten sowie<br />
Zedernholz. Am Gaumen extrem<br />
rund und leichtfüßig mit Noten von<br />
eingelegten Rosinen sowie süßen<br />
Gewürzen. Gute Länge.<br />
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€ 129,90 (0,7 l)<br />
BLENDED WHISKEY<br />
TULLAMORE D.E.W.<br />
Carib bean Rum Cask Finish<br />
43 Vol.-%<br />
Eher floral zu Beginn mit Mandelblüte<br />
und Jasmin, dann kommen<br />
Heu und grüne Haselnuss dazu.<br />
Ein süßlicher Anflug von Banane<br />
kommt am Gaumen dazu, der<br />
sich in den Abgang zieht. Etwas<br />
kräftiger Holzton im Abgang.<br />
whiskyworld.de<br />
€ 18,95 (0,7 l)<br />
SINGLE MALT<br />
LAMBAY WHISKEY<br />
40 Vol.-%<br />
Die süßlichen und rauchigen<br />
Noten lassen an eine gegrillte,<br />
karamellisierte Ananas denken.<br />
Am Gaumen ein eher würziger<br />
Stil mit schwarzem Pfeffer und<br />
hellem Tabak. Im Nachklang<br />
erneut leichte Exotik.<br />
vranken-pommery-shop.de<br />
€ 49,99 (0,7 l)<br />
93<br />
92<br />
91<br />
BLENDED WHISKEY<br />
JAMESON, Black Barrel<br />
40 Vol.-%<br />
Eine Heuwiese erscheint vor dem<br />
geistigen Auge, dazu kommen<br />
Noten von Getreidesilage und Knäckebrot.<br />
Am Gaumen typische<br />
Süße mit leichtem Roggentouch,<br />
ehe das Finish tabakig übernimmt.<br />
weisshaus.de<br />
€ 27,90 (0,7 l)<br />
BLENDED WHISKEY<br />
ROE & CO<br />
45 Vol.-%<br />
In der Nase finden sich kräftige<br />
Kakaotöne, Anklänge von Sherry-Fässern<br />
und grüner Haselnuss.<br />
Am Gaumen vollmundig<br />
mit kräftigem Holzeinsatz, der<br />
zum Finish hin bleibt.<br />
whiskyworld.de<br />
€ 27,95 (0,7 l)<br />
SINGLE POT STILL<br />
GREEN SPOT<br />
40 Vol.-%<br />
Eher dezente Aromatik mit Noten<br />
von Vanillefudge, Kokosraspeln<br />
sowie fruchtigen Apfelnoten.<br />
Am Gaumen überaus rund und<br />
weich, fast ölig mit mittellangem<br />
Nachhall auf Gewürznelke.<br />
masterofmalt.com<br />
€ 42,50 (0,7 l)<br />
93<br />
91<br />
91<br />
SINGLE POT STILL<br />
MIDLETON<br />
Barry Crockett Legacy<br />
46 Vol.-%<br />
Eigenständiges Aroma mit Noten<br />
von Vanille, geröstetem Eichenholz,<br />
Zitronenblüte und frisch geschnittenem<br />
Gras. Am Gaumen überaus<br />
voll mit süßen Gewürzen, Agrumen,<br />
pfeffrigen Eindrücken im<br />
langen Finale.<br />
whisky.de<br />
€ 158,50 (0,7 l)<br />
SINGLE POT STILL<br />
REDBREAST<br />
Aged 12 Years<br />
40 Vol.-%<br />
Geröstete Stout-Gerstennoten<br />
verbinden sich mit malziger<br />
Süße und getrockneten Früchten.<br />
Am Gaumen vollmundig,<br />
fast rustikal, mit leichter Süße<br />
und röstiger Würzigkeit im<br />
Nachhall.<br />
whiskyworld.de<br />
€ 43,95 (0,7 l)<br />
SINGLE MALT<br />
CONNEMARA<br />
Aged 12 Years<br />
40 Vol.-%<br />
Der eher dezente Rauch erinnert<br />
an BBQ-Smoke. Eine feine Note<br />
nach Heidekraut und Malz wird<br />
von getrockneter Ananas unterstützt.<br />
Das Mundgefühl ist weich,<br />
im mittleren Abgang ist erneut<br />
etwas Rauch.<br />
whisky.de<br />
€ 52,90 (0,7 l)<br />
Fotos: Claudia Schindlmaißer<br />
86 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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000_000_INSERAT_MUSTERa3.indd 3 23.09.19 09:10
MEHR ALS<br />
»BRAUNER KORN«<br />
Wussten Sie, dass es mehr deutsche als schottische Whisky-<br />
Brenner gibt? Vom Biogetreide bis zur Reifung im Spätburgunder-<br />
Fass – die Szene ist experimentierfreudiger denn je.<br />
88<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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WHISKY<br />
KARLSRUHE<br />
ENTDECKE DAS<br />
UNGEWÖHNLICHE<br />
Cù Bòcan sind experimentelle<br />
Highland Single Malt Whiskys, die<br />
aus leicht torfhaltiger schottischer<br />
Gerste hergestellt werden. Sie erhalten<br />
ihr ungewöhnliches Aroma<br />
durch die Reifung in einer Vielzahl<br />
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Fotos: beigestellt, © AMG, Fotograf Andreas Stedtler, Shutterstock<br />
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AUS DER UCKERMARK<br />
»Ich möchte diesen Landstrich auf<br />
die Agenda von Whisky-Fans bringen«,<br />
so Brennmeister Thomas<br />
Blätterlein über die Uckermark.<br />
Mit Mammoth bringt er ab Oktober<br />
<strong>2019</strong> einen konsequent regionalen<br />
Whisky in zwei Qualitäten heraus.<br />
Für die vier Jahre gereifte Single<br />
Grain Classic Edition rekultiviert<br />
Blätterlein sogar die einst in der<br />
Uckermark heimische Getreidesor -<br />
te Ostpreußischer Eppweizen. Nur<br />
700 Flaschen gibt es von der Single<br />
Malt First Edition, die fast fünf Jahre<br />
im historischen Gewölbekeller<br />
der Grumsiner Brennerei reifte. Weitere<br />
Editionen aus alten regionalen<br />
Sorten lagern schon in den Fässern<br />
– Liebhaber seltener Tropfen dürfen<br />
gespannt sein. Informationen und<br />
Bestellungen: info@grumsiner.de<br />
GRUMSINER BRENNEREI GMBH<br />
Wirtschaftshof 3<br />
16278 Angermünde<br />
grumsiner.de<br />
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Die Basis für Carls Single Malt Whisky<br />
bilden auf umliegenden Feldern<br />
des Harzvorlandes eigens dafür angebaute<br />
ökologische Gerste und spezielle<br />
Malzrezepturen. Die Maische<br />
reift kontrolliert, und das edle Destillat<br />
wird in einem Small-Batch-Verfahren<br />
gewonnen. Durch die traditionelle,<br />
mehrjährige Eichenfasslagerung<br />
erhält der Carls Single Malt<br />
Whisky der Fallstein Destillerie seine<br />
hell glänzende Bernsteinfarbe. Sei-<br />
nem Ursprung treu präsentiert er<br />
sich mit nachhaltig aromatischen<br />
Noten nach Getreide und Frucht und<br />
einer milden Schärfe mit einem<br />
Hauch von Honig, Schokolade, Vanille<br />
und Karamell. Am Gaumen entfaltet<br />
er eine milde Würze und behält<br />
die Frucht-, Vanille und Karamellaromen.<br />
Carls Whisky ist international<br />
prämiert und erhielt einen »Kulinarischen<br />
Stern des Bundeslands«.<br />
FALLSTEIN DESTILLERIE<br />
Östernstraße 1, 38836 Rohrsheim<br />
T: +49 39426 864800<br />
fallstein-destillerie.com<br />
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Eine Villa aus dem Jahr<br />
1914 direkt am Heiligen<br />
See in Potsdam – darin<br />
könnte man vieles machen, auch<br />
einfach nur: wohnen. Zum Glück<br />
für alle, die gern essen, hatte<br />
Eigentümer Günther Jauch andere<br />
Pläne mit der »Villa Kellermann«;<br />
er ließ sie umbauen<br />
zu einem Restaurant<br />
und gewann Spitzenkoch<br />
Tim Raue für<br />
die Küchenleitung.<br />
Jauch selbst brachte<br />
ein Warhol-Porträt<br />
von Friedrich<br />
dem Großen mit,<br />
das im Salon »Alter<br />
Fritz« hängt. In eleganter<br />
Umgebung kann man<br />
nun bodenständig essen, etwa<br />
Königsberger Klopse, die auch<br />
schon Barack Obama serviert<br />
bekam, oder Bienenstich und Aprikoseneis.<br />
Preußische New Cuisine,<br />
sozusagen. villakellermann.de<br />
ESSEN WIE EIN WELTMEISTER<br />
Musik, Mode, Mahlzeit – das sind kurz<br />
umrissen die großen Leidenschaften von<br />
Lewis Hamilton abseits des Formel-1-<br />
Zirkus. Letztere hat nun dazu geführt, dass<br />
der Weltmeister als Partner einer Burger-<br />
Kette fungiert, die ausschließlich vegetarische<br />
und vegane Köstlichkeiten auf der<br />
Speisekarte hat. Das erste Restaurant der<br />
Fast-Food-Kette »Neat Burger« wurde am<br />
2. September in London eröffnet, der<br />
34-jährige Brite fungiert als Partner und<br />
Investor. Und das aus Überzeugung: Seit<br />
2017 ist Hamilton strikter Veganer, was<br />
angesichts seiner ständigen Reisen nicht<br />
immer leicht umsetzbar ist. »Manchmal<br />
habe ich nur Zimmerservice im Hotel und<br />
weiß oft nicht, was ich essen soll – da wird<br />
viel improvisiert. Aber diese Art der Ernährung<br />
– das ist etwas, was ich machen wollte.«<br />
Auch auf die Zutaten legt er heute weit<br />
mehr Wert als früher: Bei »Neat Burger«<br />
setzt man auf Produkte aus nachhaltigem<br />
Anbau.<br />
90 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
document6131043667741156188.indd 90 01.10.19 13:21
NOTIZEN<br />
SALZIGE BIENEN<br />
Herbstzeit ist Honigzeit – und diesen sollten<br />
Sie sich nicht entgehen lassen:<br />
Cremehonig und Fleur de sel de Guérande<br />
gehen eine einmalige Verbindung ein, daraus<br />
entsteht eine köstlich salzige Textur,<br />
die perfekt zu gereiftem Käse passt. Das<br />
Rezept hat die Familie Mary, die in Anjou<br />
im südlichen Loiretal Honig erzeugt,<br />
exklusiv ersonnen – bisher ohne Konkurrenz<br />
in der Genusswelt. Man schmeckt<br />
das Meer im Salz, das sich mit der Sanftheit<br />
des Honigs vereint. Ein ungewöhnlicher<br />
Genuss für experimentierfreudige<br />
Kenner und passionierte Honigliebhaber.<br />
famillemary.fr<br />
ADVENT MIT JULIA KOMP<br />
Julia Komp, Deutschlands jüngste Sterneköchin,<br />
hatte sich eine Auszeit genommen<br />
und war auf Weltreise gegangen.<br />
Mit vielen Inspirationen ist sie jetzt<br />
zurück und kocht wieder: In »Lindgens<br />
Lokschuppen« in Köln bringt sie an vier<br />
Terminen angesagtes Trendfood auf den<br />
Teller – ein echtes Advents-Pop-up.<br />
juliakomp.de/pop-up-restaurant<br />
KLEINE STARS<br />
AUF DEM TELLER<br />
Fotos: Nils Hasenau, Getty Images/Marco Canoniero, Melanie Bauer, beigestellt<br />
TRÈS CHIC!<br />
Sie sind winzig, verfeinern aber jedes<br />
Gericht: Microgreens, also Keimlinge<br />
aus Basilikum, Spinat, Melone, Erbsen<br />
und vielen weiteren Sorten sind<br />
gesund und sorgen für den nötigen<br />
Crunch im Essen. Dominik Ehm (l.)<br />
hat mit Blattgold NRW ein Microgreens-Start-up<br />
gegründet.<br />
blattgoldnrw.de<br />
Van Gogh, Toulouse-Lautrec oder Baudelaire waren schon von<br />
der »grünen« Fee begeistert – immerhin reden wir hier vom ersten<br />
Absinth, der in Frankreich nach der Wiederzulassung in traditioneller<br />
Weise produziert wurde. Und zwar nach einem Originalrezept<br />
aus dem 19. Jahrhundert. Dieses stellte Marie-Claude<br />
Delahaye, die weltweit führende Expertin für die Geschichte des<br />
Absinths und Gründerin des »Musée de l’Absinthe« in Auverssur-Oise,<br />
zur Verfügung (»La Fée Absinthe Parisienne« ist auch<br />
der einzige Absinth, der von dem Museum anerkannt wird). Zu<br />
den Zutaten: Alle sind zu 100 Prozent natürlich, selbst die tolle<br />
Farbe stammt nicht aus der Tube, sondern von Kräutern. Das<br />
Aroma verdankt er dem hohen Anteil an Wermutkraut und der<br />
sorgfältigen Komposition aus Anis, Fenchel, Koriander, Duftnessel<br />
und weiteren Kräutern. lafeeabsinthe.com<br />
PFALZ: ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT<br />
Der Zwei-Sterne-Koch Tristan Brandt<br />
hat ein neues Kochbuch veröffentlicht, in<br />
dem er sich speziell der Pfälzer Küche<br />
widmet. »Reben, Rebhuhn, Rebellion«<br />
heißt das Werk, in dem historische<br />
Rezepte neu interpretiert werden. Wenn<br />
er keine Bücher schreibt, kocht Brandt<br />
im Restaurant »Opus V« des Kaufhauses<br />
Engelhorn in Mannheim.<br />
engelhorn.restaurant<br />
STERNEKÜCHE FÜR ZU HAUSE<br />
Insgesamt 80 Michelin-Sterne haben seine<br />
Schüler inzwischen erkocht, nun will<br />
der Starkoch Harald Wohlfahrt sein Wissen<br />
mit der Allgemeinheit teilen – via<br />
Internet. Insgesamt 25 Video-Folgen<br />
umfasst das Paket, mit dem man sich<br />
Sterne-Knowhow nach Hause holen<br />
kann. Preis: 89,– Euro.<br />
meisterklasse.de<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
91<br />
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cover / KAFFEE<br />
KAFFEE<br />
Dampfend, duftend, kühl oder klein:<br />
Der Aufguss aus den braunen Bohnen<br />
gehört zu unseren beliebtesten Getränken<br />
überhaupt – nur Wasser trinken wir<br />
mehr. Am 1. Oktober feiern wir den<br />
Tag des Kaffees, dazu servieren wir<br />
Ihnen auf 40 Seiten die geballte Ladung<br />
rund um den Muntermacher.<br />
INHALT<br />
DER WACHMACHER 94<br />
ABGEKAPSELT 102<br />
DAS GROSSE KAFFEE-ABC 104<br />
RÖSTEN, NICHT RASTEN 108<br />
KAFFEE-WISSENSCHAFT 112<br />
BOHNEN-POWER 116<br />
ZAHLEN & FAKTEN 122<br />
WIE TOT IST FILTERKAFFEE? 124<br />
ALLES FÜR DIE SCHAUMPARTY 128<br />
ESSAY: ESPRESSO ITALIANO 130<br />
Foto: StockFood / Zouev, Tanya<br />
92 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Foto: StockFood / Zouev, Tanya<br />
Wissenswertes<br />
und Rezepte unter:<br />
falstaff.com/best-of-kaffee<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
93<br />
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cover / KAFFEE-KULTUR<br />
Kaffee gehört zu unserer Zivilisation wie elektrisches Licht und die<br />
Menschenrechte. Historisch gesehen trinken wir ihn aber noch gar nicht so<br />
lange. Eine kurze Kulturgeschichte der braunen Bohne und alles, was man<br />
über die wichtigsten Anbaugebiete wissen muss.<br />
TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />
DER WACH<br />
Foto: Getty Images<br />
94 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Foto: Getty Images<br />
Im Hochland von Costa Rica<br />
wachsen Kaffeesträucher,<br />
deren Bohnen später<br />
zu exquisiten Kaffees<br />
veredelt werden.<br />
MACHERokt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
95<br />
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cover / KAFFEE-KULTUR<br />
Wenn Sie diesen Text<br />
lesen, dann haben Sie<br />
sicher schon mindestens<br />
eine Tasse Kaffee<br />
intus. Wenn nicht,<br />
wäre jetzt die Zeit dafür: Stellen Sie den<br />
Wasserkocher an, messen Sie einen Löffel<br />
ab und gießen Sie das Wasser kurz nach<br />
dem Kochen über das fein gemahlene Kaffeepulver<br />
im Porzellanfilter. Tief einatmen,<br />
wie das duftet! Willkommen am Coffee<br />
Table, nun sind Sie bereit für die Lektüre.<br />
Kaffee gehört zu unserem Leben wie elektrisches<br />
Licht und die Menschenrechte. Er<br />
hilft uns, morgens in die Gänge zu kommen,<br />
vertreibt das Mittagstief und begleitet ein<br />
Stück Kuchen am Nachmittag genauso, wie<br />
er ein mehrgängiges Menü am Abend<br />
abrundet. Wir lieben Kaffee! Die Deutschen<br />
kommen laut einer aktuellen repräsentativen<br />
Umfrage auf einen Konsum von 164<br />
Litern im Jahr (mehr als Bier!) und werden<br />
nur noch von den Norwegern übertroffen,<br />
<strong>Österreich</strong>er und Schweizer folgen knapp<br />
dahinter. Auf weit mehr als 1000 Tassen<br />
kommt jedes der drei Länder – nur Wasser<br />
trinken wir mehr.<br />
Doch wie wurde das Getränk eigentlich<br />
Teil unserer Kultur? Wer entdeckte die<br />
Kombination aus köstlichem Geschmack<br />
und aufputschender Wirkung, für die wir<br />
Kaffee so lieben? Und was muss man wissen,<br />
um mitreden zu können über die neuesten<br />
Trends und aktuellsten Entwicklungen<br />
in der Welt der braunen Bohnen? Auf den<br />
folgenden Seiten unserer Titelgeschichte<br />
nehmen wir Sie mit in die Welt des Kaffees<br />
und erklären nach einem kurzen historischen<br />
Exkurs, was im Jahr <strong>2019</strong> wichtig ist.<br />
MUNTERE ZIEGEN<br />
Es ist ein langer Weg von der vollreifen,<br />
roten Frucht am Strauch bis zur gerösteten<br />
Bohne. Der Legende nach waren es Ziegen,<br />
die zuerst in den Genuss von Kaffee kamen.<br />
Irgendwo in Äthiopien beobachtete ein Hirte,<br />
wie seine Tiere die Früchte einer Kaffeepflanze<br />
fraßen und kurze Zeit später deutlich<br />
munterer und aufgeweckter als die<br />
abstinenten Ziegen umhersprangen. Einer<br />
anderen Quelle zufolge geht die Entdeckung<br />
des Wachmachers auf den Propheten<br />
Mohammed zurück. Und noch eine andere<br />
Geschichte besagt, dass Vögel die Kaffeekirschen<br />
vom Strauch pickten und daraufhin<br />
vorerst auf Schlaf verzichteten. Einig sind<br />
sich die meisten Forscher darin: Vor ungefähr<br />
1200 Jahren tranken Menschen zum<br />
ersten Mal heißen Kaffee – irgendwie hatten<br />
sie herausgefunden, dass die Frucht<br />
über Feuer geröstet fantastische Düfte entwickelt<br />
und man einen Aufguss daraus<br />
machen kann.<br />
Unstrittig ist auch, dass die Kaffeepflanze<br />
aus Afrika stammt. Aus welchem Land<br />
genau, darüber herrscht Unklarheit, sehr<br />
wahrscheinlich aber Äthiopien oder Jemen.<br />
Vermutlich waren es Sklavenhändler, die<br />
den Kaffee in die arabischen Länder brachten,<br />
von wo aus er seinen Siegeszug antrat –<br />
der Name »Mokka« stammt von<br />
<<br />
Fotos: StockFood/People Pictures, Illustration: Stefanie Hilgarth<br />
96 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: StockFood/People Pictures, Illustration: Stefanie Hilgarth<br />
In Ländern wie Äthiopien<br />
pflücken Erntehelfer die<br />
reifen Kaffeekirschen<br />
feb–mär überwiegend <strong>2019</strong> per falstaff Hand.<br />
97<br />
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cover / KAFFEE-KULTUR<br />
Historische Kaffeehäuser wie dieses in Istanbul<br />
zeugen von der jahrhundertealten Geschichte, die<br />
Kaffee in verschiedensten Kulturen geschrieben hat.<br />
<<br />
Al-Mukha, einer<br />
Hafenstadt im<br />
Jemen, die zentral<br />
für den Handel<br />
mit den Bohnen<br />
war. Auch im Wort<br />
»Kaffee« zeigt sich<br />
der Einfluss des<br />
historischen Arabien:<br />
Es geht zurück<br />
auf das arabische<br />
»qahwa«. Von der Türkei aus –<br />
1554 wurde das erste Kaffeehaus in Istanbul<br />
eröffnet – schwappte die schwarze Welle<br />
nach Europa.<br />
AROMENBOMBE KAFFEEBOHNE<br />
500 Jahre später hat sich Kaffee zu einem<br />
Lifestyleprodukt von ungeahnten Ausmaßen<br />
entwickelt – selbst Kinderwagen kommen<br />
heute kaum noch ohne Kaffeebecherhalter<br />
aus. In den Third-Wave-Coffeebars<br />
stehen wuchtige, blank polierte Maschinen<br />
aus Edelstahl, an denen kundige Baristas<br />
agieren und cremige Spezialitäten zaubern.<br />
Ein paar Handgriffe, dann rinnt aus den<br />
Kolossen ein erstaunlich dünner Strahl in<br />
die Tasse, der von einer festen Crema (siehe<br />
Kaffee-ABC) gekrönt wird.<br />
Experten erschmecken Aromen von<br />
Melone, Nougat und Schokolade. »Fruchtbombe<br />
von Brombeere, Blaubeere und öliger<br />
Abgang«, lautet eine Beschreibung eines<br />
sortenreinen Espressos. »Weißer Pfirsich,<br />
Akazienhonig, Roiboos« eine andere. Hunderte<br />
Aromen, mehr als Wein, lösen sich<br />
aus den kleinen Bohnen. Dass es so viele<br />
sind, kann man sich vorstellen, wenn man<br />
in einer modernen Kaffeebar schon einmal<br />
einen fruchtigen Espresso getrunken hat.<br />
ARABICA VS.<br />
ROBUSTA<br />
Wer sich ein wenig näher mit<br />
Kaffee beschäftigt, stößt<br />
schnell auf das Begriffspaar Robusta<br />
und Arabica. Für eine Eselsbrücke<br />
kann man sich grob vom Wortlaut<br />
leiten lassen: Wie der Name<br />
schon andeutet, steht Robusta-<br />
Kaffee überwiegend für handfeste<br />
Aromen. Sein Körper ist voller und<br />
die Crema sieht schöner aus. Die teuersten<br />
und erlesensten Kaffees, die<br />
man bekommen kann, sind fast immer<br />
Arabica-Sorten. Sie wachsen auf bis zu 2000<br />
Metern Höhe und sind anspruchsvoller, was<br />
Böden und Klima angeht. Aufgrund der Höhenlage<br />
reifen diese Arabica-Pflanzen langsamer,<br />
was die Aromenvielfalt begünstigt.<br />
Viele Kaffeetrinker vertragen Arabica-Kaffees<br />
besser als Robusta-Sorten, die meist<br />
eine höhere Bitterkeit aufweisen. In vielen Espressomischungen<br />
kommt neben einem<br />
überwiegenden Anteil Arabica auch ein kleiner<br />
Teil Robusta zum Einsatz, um die Vorteile<br />
beider Sorten zu kombinieren. Weltweit liegt<br />
der Anteil von Robusta bei 35 bis 40 Prozent,<br />
die größten Produzenten sind Vietnam und<br />
und Indonesien. Wichtige Arabica-Länder<br />
sind neben Brasilien insbesondere Kolumbien<br />
und Äthiopien. Interessant für Koffein-<br />
Junkies: Robusta-Sorten haben üblicherweise<br />
die doppelte Menge Koffein wie Arabica.<br />
Seitdem – ausgehend von den skandinavischen<br />
Ländern – die Speciality-Coffee-<br />
Bewegung entstanden ist, hat sich die Röstung<br />
verändert: Nicht mehr dunkel und fast<br />
schon verbrannt trinken Kaffee-Aficionados<br />
ihren Espresso, sondern möglichst hell,<br />
damit Frucht und Aromenvielfalt noch<br />
schmeckbar sind.<br />
Botanisch möglich ist der Anbau in einem<br />
schmalen Streifen rund um den Äquator,<br />
dem Kaffeegürtel. Kaffeepflanzen gedeihen<br />
am besten in einem Wechselklima aus<br />
Feuchte und Trockenheit, ohne große Temperaturausschläge<br />
und mit genügend Niederschlag.<br />
Das qualifiziert einige Länder für<br />
den Anbau, die besten Qualitäten stammen<br />
heutzutage aus Lateinamerika sowie aus<br />
einigen afrikanischen Ländern – ein Qualitätsmerkmal<br />
ist (wie auch oft beim Wein),<br />
dass die Pflanzen in etwas größerer Höhe<br />
wachsen. Kaffeenerds schwören auf Äthiopien<br />
und Kenia. Vor allem in den kleinbäuerlichen<br />
Betrieben ist die Qualität der Plantagen<br />
oft exzellent, jeder Strauch wird hier<br />
per Hand geerntet.<br />
Wenn von diesen Kaffees die Rede ist,<br />
dann gehören sie fast immer zur Art der<br />
Arabica-Pflanzen. Ihr gegenüber steht Kaffee<br />
aus der Robusta-Familie, die botanisch zu<br />
einer anderen Gattung gehört (für genauere<br />
Erklärung s. Kasten links). Lieferanten für<br />
Robusta sind etwa Vietnam und Brasilien.<br />
Brasilien als größter Kaffeeproduzent der<br />
Welt ist generell für Massenware bekannt,<br />
die überwiegend maschinell geerntet wird.<br />
Man muss schon genauer hinschauen, um<br />
dort exzellente Kaffees zu finden. Der italienische<br />
Röster Illy macht sich die Mühe<br />
Je nach Verhältnis von Arabica- und Robusta-Sorten<br />
sieht der fertig gebrühte Kaffee heller oder dunkler<br />
aus. Auch die Aromen unterscheiden sich erheblich.<br />
Fotos: Getty Images, Shutterstock, John Jairo Bonilla/EPA/picturedesk.com<br />
98 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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schon seit knapp 20 Jahren – mit dem Ernesto<br />
Illy Award werden exzellente Erzeuger<br />
gefördert und für ihre Kaffeequalität ausgezeichnet.<br />
Für Kolumbien gibt es vergleichbare<br />
Programme von Illy: Dort, wo die Guerilla-Bewegung<br />
FARC gerade wieder erstarkt<br />
und der Anbau von Kokapflanzen nach wie<br />
vor ein lukratives Geschäft ist, hat es Kaffee<br />
schwer. Deshalb erhalten Bauern eine Extraprämie,<br />
wenn sie in ihren Kooperativen Kaffee<br />
anbauen.<br />
Es ist paradox: Obwohl die Kaffeequalität<br />
noch nie so gut war wie heute und Genießer<br />
Höchstpreise zahlen, sind die Bauern in der<br />
Krise (s. Box unten). Kaffeeröster reagieren<br />
darauf mit einer Transparenzoffensive: Im<br />
Programm »The Pledge« haben sich bedeutende<br />
Röster dazu verpflichtet, ihren Kunden<br />
den Einkaufspreis der Bohnen zu kommunizieren.<br />
Auch der Umweltaspekt ist in<br />
den vergangenen Jahren immer mehr in den<br />
Vordergrund gerückt, etwa beim sensiblen<br />
Thema Kapselkaffee. »Was die Lavazza<br />
Group angeht, so ist Nachhaltigkeit<br />
<<br />
DAS LEID DER BAUERN<br />
Der Preis für Rohkaffee liegt<br />
am Boden. Viele Farmer<br />
können von ihrer Arbeit nicht<br />
mehr leben und lassen ihre<br />
Plantagen zurück.<br />
Fotos: Getty Images, Shutterstock, John Jairo Bonilla/EPA/picturedesk.com<br />
Vor ungefähr einem Jahr stürzte der<br />
Kaffeepreis endgültig ab: Für ein<br />
Pfund Rohkaffee zahlten die<br />
Händler an der New Yorker Börse am<br />
18. September 2018 gerade einmal 95<br />
Cent – so wenig wie seit dem Jahr 2005<br />
nicht mehr. 2015 lag der Preis noch bei<br />
2,20 Dollar, der vorläufige Tiefpunkt war<br />
in diesem Jahr mit 86 Cent erreicht.<br />
Während das Milliardengeschäft Kaffee<br />
für einige Beteiligte hohe Gewinne<br />
abwirft, geht es für viele Bauern am unteren<br />
Ende der Wertschöpfungskette längst<br />
ums Überleben. Experten wie der Hamburger<br />
Kaffeeröster Andreas Felsen von<br />
»Quijote Kaffee« schätzen, dass die<br />
Kooperativen mindestens 1,50 Dollar pro<br />
Pfund Rohkaffee verdienen müssen, um<br />
kostendeckend zu arbeiten. Weil die Preise<br />
schon lange weit unter dieser Marke liegen,<br />
wächst das Leid der Bauern stetig.<br />
Leben können sie von ihrer Arbeit nicht<br />
mehr, und die Reserven sind aufgebraucht.<br />
Felsen sagt: »Zuerst sparen sie an ihren<br />
Feldern. Dann nehmen sie ihre Kinder aus<br />
der Schule. Sie sparen an der Ernährung.<br />
Und schließlich verlassen sie ihr Land.«<br />
Tatsächlich ist ein großer Teil der Migrationsbewegung<br />
lateinamerikanischer Länder<br />
auf die Krise der Kaffeepreise zurückzuführen.<br />
Denn insbesondere die Länder<br />
Süd- und Mittelamerikas, in denen verhältnismäßig<br />
hohe Löhne gezahlt werden,<br />
Kaffeefarmer im Herzen Kolumbiens: Die Bauern können von ihrer Arbeit oft nicht mehr<br />
leben, seit der Weltmarktpreis für Kaffee ins Bodenlose gestürzt ist.<br />
sind vom Preisverfall betroffen. Parallel<br />
zum Absturz des Kaffeepreises stieg die<br />
Zahl der Migranten, die sich etwa von<br />
Guatemala aus auf den Weg in die USA<br />
machten. Viele brachliegende Kaffeeplantagen<br />
im Land zeugen von der Krise, das<br />
Thema beschäftigt mittlerweile selbst die<br />
US-Regierung.<br />
Der Preisverfall hat mehrere Gründe,<br />
lässt sich aber auf einen einfachen Nenner<br />
bringen: Überproduktion. Brasilien als<br />
größter Produzent unter den Kaffeeanbauländern<br />
verdoppelte die Jahresproduktion<br />
in den vergangenen 25 Jahren. Hier ernten<br />
die Farmer überwiegend mit Maschinen,<br />
was einen der wichtigsten Faktoren, nämlich<br />
die Löhne, niedrig hält. Vietnam, früher<br />
ein marginaler Kaffeeproduzent, ist<br />
mittlerweile auch aufgrund von kurzsichtiger<br />
Entwicklungshilfe zu einem der<br />
dominierenden Spieler im Markt herangewachsen<br />
– hier wird ein Bruchteil der Löhne<br />
gezahlt, die in Südamerika üblich sind.<br />
Kaffeegenießer, die für ihren Cappuccino<br />
drei Euro und mehr ausgeben, wissen<br />
oft nichts von der Krise der Bauern. Was<br />
sie dagegen tun können? Relativ wenig,<br />
meint Andreas Felsen. Er sieht die Branche<br />
am Zug, die über fairen Handel Mindestpreise<br />
garantieren solle. »Am besten fragen<br />
Sie Ihren Röster, wie viel Geld direkt<br />
bei den Bauern landet.« Wer den Fairtrade-Ansatz<br />
als Röster ernst nehme, könne<br />
diesen Anteil transparent belegen.<br />
Guter Kaffee kostet Geld, dessen sollte<br />
man sich bewusst sein.<br />
okt-nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
99<br />
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cover / KAFFEE-KULTUR<br />
DIE BELIEBTESTEN<br />
KAFFEEBARS UND<br />
RÖSTEREIEN<br />
»Schamong Kaffee«: Im Stadtteil Ehrenfeld<br />
befindet sich Kölns älteste Kaffeerösterei.<br />
Kaffeespezialitäten frisch vom Röster: In Dresden<br />
liegen die »Phoenix Coffee Roasters« weit vorne.<br />
Sieger in der Region Baden: »Herzog Kaffee«,<br />
geleitet vom Kaffee-Enthusiasten Sven Herzog.<br />
Im Online-Voting auf falstaff.de wählte<br />
die <strong>Falstaff</strong>-Community diese Kaffeebars<br />
und Röstereien aus Städten und Metropolregionen<br />
zu den Gewinnern.<br />
Baden: Herzog Kaffee<br />
Kaffee-Enthusiast Sven Herzog arbeitete<br />
lange in der Gastronomie, bevor er seine<br />
eigene Rösterei gründete.<br />
Etzenroter Straße 2, 76337 Waldbronn<br />
T: +49 7243 9468067, herzogkaffee.de<br />
Bayern: Dinzler<br />
Mit 200 Mitarbeitern ein richtig großer<br />
Röster, was der Qualität keinen Abbruch tut.<br />
Wendling 15, 83737 Irschenberg<br />
T: +49 8025 992250, dinzler.de<br />
Berlin: Sagers Kaffee<br />
Alexander Sager führt die Top-Rösterei in<br />
der Hauptstadt.<br />
Lotte-Lenya-Bogen 555, 10623 Berlin<br />
T: +49 30 318<strong>07</strong>3<strong>07</strong>, sagers-kaffee.de<br />
Dresden/Leipzig: Phoenix Coffee Roasters<br />
Enorm ambitionierter Röster mit erlesenen<br />
Kaffees aus aller Welt.<br />
Bautzner Straße 75, 01099 Dresden<br />
T: +49 351 6568699<br />
phoenix-coffeeroasters.de<br />
Düsseldorf: Die Kaffee<br />
Olga Sabristova ist für ihre Kaffees mittlerweile<br />
weit über Düsseldorf hinaus bekannt.<br />
Schwerinstraße 23, 40477 Düsseldorf<br />
T: +49 211 97711420, die-kaffee.de<br />
Frankfurt: Mokkateeria<br />
Köstliche Kuchen und guten Kaffee: Das<br />
gibt's im Laden von Ömür Kar.<br />
Heidestraße 149, 60385 Frankfurt<br />
T: +49 69 9<strong>07</strong>59091, mokkateeria.de<br />
Köln: Schamong Kaffee<br />
Traditionsreicher Röster im Herzen von<br />
Köln-Ehrenfeld.<br />
Venloer Straße 535, 50825 Köln<br />
T: +49 221 544938, kaffeeroester.de<br />
Hamburg: Balz und Balz<br />
Die Geschwister Kathrin und Christoph<br />
bieten hervorragende Röstungen an.<br />
Lehmweg 6, 20251 Hamburg<br />
T: +49 40 60438833, balzundbalz.de<br />
Stuttgart: Harry’s Kaffeerösterei<br />
Spitzenkaffees, fair gehandelt – dafür steht<br />
Harry Rahm mit seinem Geschäft.<br />
Eberhardstraße 10, 70173 Stuttgart<br />
T: +49 711 51887100, harrys-kaffee.de<br />
><br />
Mehrweg-Becher wie dieser des<br />
Berliner Start-ups Kaffeeform<br />
kommen immer mehr in Mode.<br />
unein ge schränkter Bestandteil der<br />
Geschäfts strategie«, sagt etwa Susanne<br />
Wege, Deutschland-Geschäftsführerin des<br />
italienischen Kaffeemultis Lavazza. Die Italiener<br />
haben unter dem Label Eco Caps neue<br />
Kapseln entwickelt, die kompostierbar sind.<br />
»Die neuen Lavazza Eco Caps ersetzen in<br />
Deutschland das gesamte Kapselsortiment<br />
für den privaten Gebrauch und zwar ohne<br />
jede Preisdifferenz«, sagt Wege.<br />
Auch für den in Verruf geratenen Pappbecher<br />
des Coffee-to-go gibt es längst eine<br />
umweltfreundliche Alternative, nämlich in<br />
Form eines Mehrwegbechers. Das Berliner<br />
Start-up Kaffeeform hat einen Becher entworfen,<br />
der zur Hälfte aus Kaffeesatz<br />
besteht. Kaffee aus Kaffee trinken –<br />
so geht’s.<br />
Und was die Zubereitungsmethoden<br />
angeht, so ist deren Zahl im Laufe der<br />
Zeit zwar enorm angewachsen, doch die<br />
ursprünglichste, aus Äthiopien stammende<br />
Art des Trinkens wird noch immer praktiziert:<br />
Geröstete Bohnen werden mit einem<br />
Mörser zerkleinert und in eine Tonkanne,<br />
der Jabana, mit heißem Wasser überbrüht,<br />
bevor das Getränk in kleine Tassen wandert.<br />
Gerade diese Aufbereitung<br />
als Mokka ist<br />
wieder im Kommen: So<br />
hat Lavazza gerade eine<br />
modernisierte Version<br />
der Kultkanne Carmencita<br />
auf den Markt<br />
gebracht, mit der man<br />
seinen Kaffee direkt auf<br />
der Herdplatte aufbrühen<br />
kann. Filterkaffee<br />
bleibt ohnehin en vogue.<br />
Lavazza<br />
Und letztlich ist es ja<br />
Carmencita<br />
auch egal, ob als Espresso,<br />
Mokka, Café au lait oder Filterkaffee –<br />
sobald der Duft der frisch gerösteten Bohnen<br />
durchs Zimmer zieht, werden Kaffeegenießer<br />
hellwach.<br />
<<br />
Fotos: Christopher Conin, beigestellt<br />
100 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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ÜBERNACHTEN<br />
IM WELT-<br />
KULTURERBE<br />
Erstes und einziges Hotel im Weltkulturerbe – AMERON Hamburg Hotel Speicherstadt<br />
AM SANDTORKAI 4, 20457 HAMBURG, AMERONHOTELS.COM<br />
000_000_INSERAT_MUSTERa3.indd 3 13.05.19 20:<strong>07</strong>
cover / KAPSELKAFFEE<br />
ABGEKAPSELT<br />
Die praktischste Erfindung der Neuzeit oder doch nur ein Geniestreich<br />
der Werbeindustrie? Wenn es um Kaffee aus der Kapsel geht, scheiden<br />
sich die Geister. Soll man umsteigen oder nicht?<br />
TEXT GERALD REITMAYR<br />
PRO<br />
KONTRA<br />
Es ist heute kaum noch vorstellbar,<br />
welchen Qualen der kaffeeliebende Teil<br />
der Menschheit ausgesetzt war, bevor<br />
es Kapselsysteme gab. Bei jeder privaten Einladung<br />
der bange Blick in die Tasse, in Hotels<br />
ein Frühstück ohne den geliebten Kaffeegeschmack<br />
von zu Hause, lange Büro-Meetings,<br />
in denen der Kaffee nur unwesentlich anders<br />
als Spülwasser schmeckte. Nur in Italien,<br />
da gab es an der ersten Tankstelle nach der<br />
Grenze bereits einen Espresso, auf den man<br />
sich die letzten 364 Tage hingefreut hatte.<br />
Heute hat jedes anständige Hotel 40 Euro in<br />
eine Kapselmaschine im Zimmer investiert,<br />
da beginnt der Aufenthalt gleich ganz anders.<br />
Und darum geht’s ja auch: sich darauf verlassen<br />
zu können, dass der Espresso oder Lungo<br />
gut schmeckt. Die Maschinen sind so einfach<br />
zu bedienen, dass die höchste intellektuelle<br />
Anforderung das Auffinden des Einschaltknopfs<br />
darstellt. Das Ergebnis: ein Kaffee, der<br />
optisch, geschmacklich und olfaktorisch die<br />
Erwartungen erfüllt. Und bei allem Verständnis<br />
für das Streben nach Perfektion: Dieses<br />
Ergebnis ist bereits so gut, dass man sich<br />
fragt, warum man einen höheren Aufwand<br />
betreiben sollte. Ohne Kapsel- und Portionssysteme<br />
wäre die Menschheit noch immer im<br />
kaffeetechnischen Mittelalter! Dafür muss<br />
man den Erfindern danken: Sie haben ein<br />
Bewusstsein für besseren Kaffee geschaffen,<br />
für Sortenvielfalt und Qualität.<br />
Das muss man sich einmal ausmalen: Weltweit<br />
werden etwa 12.300 Tassen Kapselkaffee<br />
getrunken – pro Minute. Diese<br />
Zahl haben keine Umweltschützer ausgerechnet,<br />
das sind offizielle Herstellerangaben. Was danach<br />
mit der Kapsel passiert, wissen wir: Wertvolles<br />
Aluminium, mit hohem Energieaufwand hergestellt,<br />
landet nach einem Espresso-Shot auf dem<br />
Müll. Will man dabei mithelfen, diese Schrottberge<br />
weiter aufzutürmen? Wer Kapselkaffee trinkt,<br />
blendet das gern aus. Allerdings muss man fairerweise<br />
sagen: Wer sich eine Siebträgermaschine<br />
um 2000 Euro und mehr gönnt, muss auch die<br />
Stromrechnung dazu bezahlen. Die kleinen Kapselmaschinen<br />
brauchen viel weniger Energie. Und<br />
zumindest in der Schweiz finden sich vielerorts<br />
Rückgabestellen, um leere Alukapseln wiederzuverwerten.<br />
Über die Umweltaspekte lässt sich also<br />
streiten, aber haben Sie schon einmal nachgerechnet?<br />
Wahrscheinlich nicht. Denn Kapselsysteme<br />
laufen nach der Devise »billige Erstanschaffung,<br />
dafür mächtige laufende Kosten«. Der Kilopreis<br />
liegt teils bei mehr als 80 Euro – hübsch kaschiert<br />
durch kleine Designerverpackungen à la Apple.<br />
Die Kunden heben dabei maximal eine Augenbraue.<br />
Es klingt ja auch toll, sich eine »Limited<br />
Edition Grand Cru« zu bestellen, die deutlich besser<br />
schmeckt als der Standard. Die Wahrheit ist:<br />
Der Mensch strebt nach Erfüllung, indem er Fertigkeiten<br />
beherrscht und meistert. Dazu leistet die<br />
trottelsichere Kapselmaschine garantiert keinen<br />
Beitrag – die Siebträgermaschine schon eher.<br />
Fotos: Shutterstock<br />
102 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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DAS GROSSE<br />
KAFFEEcover<br />
/ KAFFEE-ABC<br />
ABC<br />
Wie viele Sekunden braucht es für einen perfekten Espresso? Wo wurde der<br />
Irish Coffee geboren? Und was zum Teufel hat guter Kaffee mit Katzen<br />
zu tun? Wir liefern die Erklärung für viele Fragen.<br />
TEXT GERALD REITMAYR<br />
Fotos: beigestellt Shutterstock, Stockfood<br />
104 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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»A«<br />
WIE ARABICA<br />
Arabica ist im Vergleich zu Robusta<br />
die edlere und auch teurere Bohne.<br />
Sie ergibt Kaffee mit stärkerer Säurebetonung<br />
und weniger Bitterstoffen.<br />
»B«<br />
WIE BARISTA<br />
Eigentlich in Italien für einen Mitarbeiter<br />
an der Bar-Theke gebräuchlich, wird<br />
darunter mittlerweile in allen Sprachräumen<br />
ein Kaffee-Virtuose mit dem Wissen<br />
über die beste Zubereitung verstanden.<br />
»F«<br />
WIE FILTERKAFFEE<br />
Jahrelang verpönt, ist Filterkaffee<br />
durch Third-Wave-Coffee zu neuer<br />
Blüte gekommen. Jedoch wird er<br />
heutzutage nicht mehr mit der Plastik-Filtermaschine<br />
zubereitet, sondern<br />
bevorzugt manuell aufgegossen.<br />
»C«<br />
WIE CREMA<br />
Angetrieben von den enormen Werbebudgets<br />
der Kapselsysteme, wurde die Kaffee-Crema der Bevölkerung als<br />
das Erkennungsmerkmal guten Espressos bekannt. Wer italienische<br />
Espressi mag, sollte auf eine perfekte Crema Wert legen, auf der<br />
der Zucker langsam einsinkt. Gerade durch die Beimischung von<br />
Robusta und dunkler Röstung entsteht eine wunderschöne dunkelbraune,<br />
dicke Crema. Verfechter von Third-Wave-Coffee hingegen<br />
bevorzugen oft Kaffees und Röstungen, die nur eine dünne Crema<br />
erzeugen, was die Bedeutung der Crema etwas relativiert.<br />
Fotos: beigestellt Shutterstock, Stockfood<br />
Fotos: Julia Stix, Lukas Ilgner, beigestellt<br />
»D«<br />
WIE DRUCK<br />
Für die perfekte Espressozubereitung sollte die Pumpe einen<br />
Druck von 15 Bar schaffen. Dies ist die Voraussetzung, um die<br />
9 bis 10 Bar Druck – gemessen am Kaffeepuck – während des<br />
Bezugs zu gewährleisten. Selbst günstige Maschinen werben<br />
bereits mit 15 Bar Pumpendruck. Top-Maschinen variieren den<br />
Druck während des Espressobezugs – eine Spielwiese für Kaffee-<br />
Nerds und absolute Spezialisten.<br />
»E«<br />
WIE ESPRESSO<br />
Espresso in Zahlen nach klassischer Definition:<br />
7 Gramm Kaffee mit 90 Grad heißem<br />
Wasser und 9 Bar Wasserdruck am Puck<br />
sollen zu 25 Milliliter in der Tasse führen.<br />
Das Spektakel darf rund 25 Sekunden dauern.<br />
Darüber: Überextraktion, darunter:<br />
Unterextraktion.<br />
»G«<br />
WIE GRUPPE<br />
Besonders bei Siebträgermaschinen<br />
(jene, bei<br />
denen man Kaffeepulver<br />
in einen Handgriff<br />
füllt, der dann mit einer<br />
Drehung in der Halterung<br />
fixiert wird) ist die<br />
Brühgruppe oft ein prominentes<br />
Designmerkmal<br />
– vor allem, wenn es sich um die chromglänzende E61 handelt,<br />
die 1961 von Faema auf den Markt gebracht wurde und bis heute<br />
Qualitätsstandards setzt.<br />
»H«<br />
WIE HANDHEBEL<br />
Achille Gaggia erfand 1932 die erste<br />
Handhebelmaschine, mit der erstmals<br />
bis zu 10 Bar Druck möglich wurden.<br />
Das war die Geburtsstunde des Espresso.<br />
Jedoch schwankte die Qualität je<br />
nach Handkraft und Talent des Baristas.<br />
Handhebelmaschinen sind auch<br />
heute noch erhältlich. James Bond<br />
beweist in »Leben und sterben lassen«,<br />
wie schlecht das Ergebnis ist, wenn<br />
man die Maschine nicht bedienen kann.<br />
»I«<br />
WIE IRISH COFFEE<br />
Der Irish Coffee wurde<br />
in einem Restaurant in<br />
der Nähe des heutigen<br />
Shannon International<br />
Airport erfunden, als<br />
der Restaurant-Chef<br />
Joe Sheridan durchfrorenen<br />
Reisenden Kaffee<br />
mit einem Schuss<br />
irischen Whiskey<br />
servierte. ><br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
105<br />
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cover / KAFFEE-ABC<br />
»J«<br />
WIE JAMAICA BLUE MOUNTAIN<br />
Hochpreisiger Kaffee, der aufgrund seiner<br />
Milde berühmt ist. Es geht aber noch<br />
teurer: Kopi Luwak, eine Bohne, die<br />
von Schleichkatzen vorverdaut wird.<br />
»M«<br />
WIE MAHLGRAD<br />
Damit der Espresso in die Tasse ölt (wobei<br />
sich der Strahl Richtung Tasse verjüngen<br />
soll), muss man zumindest drei Variablen<br />
unter einen Hut bekommen: Mahlgrad,<br />
Kaffeemenge und Druck am Tamper.<br />
Vo raussetzung ist, dass die Mühle feinste<br />
Einstellungen ermöglicht.<br />
»Q«<br />
WIE QUIRL<br />
Milchschäumen mit der Dampflanze<br />
benötigt viel Übung. Zugleich bringen<br />
Milch-Quirler einen erstaunlich tollen<br />
Milchschaum zustande.<br />
»K«<br />
WIE KAPSELSYSTEME<br />
Die Alukapseln begründeten den legendären<br />
Siegeszug der What-else?-Marke, die qualitativen<br />
Kaffee für viele erreichbar machte. Eine<br />
Alternative sind Pad-Systeme, wo der gemahlene<br />
Kaffee in einem Polster aus Filterpapier<br />
vorportioniert ist. Das E.S.E.-System ist der<br />
Qualitätsstandard, an dem sich portionierter<br />
Kaffee messen muss.<br />
»L«<br />
WIE LATTE ART<br />
Schwer zu meistern, faszinierend zu betrachten:<br />
Bei perfekter Aufschäumung von Milch<br />
mit Wasserdampf entsteht Mikroschaum mit<br />
der Konsistenz von leicht geschlagener Sahne.<br />
Daraus lassen sich mit Schnabelkannen<br />
Kunstwerke in die Tasse gießen.<br />
»N«<br />
WIE NAKED SHOT<br />
Der Ritterschlag für den werdenden<br />
Barista: Beim Naked Shot ist das Sieb<br />
direkt sichtbar. Mahlgrad, Tamping<br />
und Kaffeemenge müssen absolut perfekt<br />
sein, um einen Shot voll feinster<br />
Crema entstehen zu lassen. Beim kleinsten<br />
Fehler jedoch spritzt der Kaffee den<br />
Barista von oben bis unten voll.<br />
»Ö«<br />
WIE ÖLE<br />
Während des Röstvorgangs bilden sich<br />
auch wasserlösliche Öle, die als Träger der<br />
typischen Aroma- und Geschmacksstoffe<br />
fungieren. Aluminiumkapseln sollen diese<br />
bestmöglich schützen und erhalten.<br />
»P«<br />
WIE PUCK<br />
Durch Variieren des Wasserdrucks am Puck<br />
während des Kaffeebezugs sowie durch<br />
absolute Präzision der Wassertemperatur<br />
und Einstellung auf die verwendete Kaffeesorte<br />
lassen sich im High-End-Bereich faszinierende<br />
Ergebnisse erzielen.<br />
»R«<br />
WIE ROTATIONSPUMPE<br />
Woran liegt es, dass die Kaffeemaschinen in<br />
italienischen Bars nur leise schnurren, während<br />
die Siebträgermaschine zu Hause rattert<br />
und nagelt, als wäre etwas kaputt?<br />
Schuld ist die Wasserpumpe. Zu Hause<br />
kommt oft eine Vibrationspumpe zum Einsatz,<br />
im Kaffeehaus eine Rotationspumpe.<br />
Abgesehen von der Geräuschkulisse wird<br />
die Vibrationspumpe ihrem Zweck jedoch<br />
hervorragend gerecht.<br />
»S«<br />
WIE SÄURE<br />
Espressomaschinen können unterschiedliche<br />
Bauformen haben – Bialetti, Vollautomaten<br />
oder Kapselmaschinen. Die Geräte-<br />
Variante für hohe Qualitätsansprüche wird<br />
als Siebträgermaschine bezeichnet. Der<br />
gemahlene Kaffee wird dabei in einen<br />
Handgriff, den Siebträger, gefüllt.<br />
Fotos: Shutterstock, Stockfood<br />
106 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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»T«<br />
WIE TAMPER<br />
Nachdem das Kaffeepulver in den Siebträger<br />
gefüllt wurde, muss es zu einem Puck<br />
gepresst werden. Eine Wissenschaft für sich:<br />
Wie fest ist fest genug? Daher gibt es Tamper<br />
mit eingebauter Feder, die bei Erreichen<br />
der definierten Last nachgeben. Empfehlung!<br />
»U«<br />
WIE UNTEREXTRAHIERT<br />
Dem perfekten Espresso gehen meist viele<br />
Fehlversuche voraus. Unterextrahierten Kaffee<br />
erkennt man an der zu hohen Fließgeschwindigkeit.<br />
Die Tasse ist in kürzester<br />
Zeit voll, die Crema kaum vorhanden und<br />
hell. Bei definierter Pulvermenge und perfektem<br />
Tamping liegt das an einem zu groben<br />
Mahlgrad, der mit Feingefühl angepasst<br />
werden sollte. Die Grenze zwischen zu grob<br />
und zu fein liegt oft innerhalb einer einzigen<br />
Drehung des Rädchens an der Mühle.<br />
»V«<br />
WIE VOLLAUTOMAT<br />
Reine Espresso-Trinker werden mit einem<br />
Vollautomaten nur selten ihr Kaffee-Glück<br />
finden. Dennoch seien die Vorteile erwähnt:<br />
verglichen mit Portionssystemen geringere<br />
Kosten pro Tasse bei gleichzeitig größter<br />
Auswahl an Bohnen und Kaffeegetränken<br />
auf Knopfdruck.<br />
»W«<br />
WIE WAAGE<br />
Eine Waage dient zur Beurteilung der<br />
korrekten Pulvermenge wie auch der<br />
Espressomenge in der Tasse. Daher<br />
gehört sie bei Barista-Champions zur<br />
Grundausstattung.<br />
»X«<br />
WIE X ARTEN<br />
Es gibt X verschiedene Sorten, Zubereitungen<br />
und zusätzliche Ingredienzen – und<br />
passenderweise auch X verschiedene<br />
Geschmäcker.<br />
»Y«<br />
WIE YIRGACHEFFE<br />
Ein milder, sehr aromatischer Kaffee<br />
aus Äthiopien, der Urheimat des Kaffees.<br />
»Z«<br />
WIE ZWEIKREISER<br />
Wer sich eine Siebträgermaschine<br />
zulegen<br />
möchte, steht vor<br />
einer wichtigen Entscheidung:<br />
Soll es<br />
eine Ein- oder Zweikreismaschine<br />
werden?<br />
Nachdem der<br />
Kaffeebezug und der<br />
Wasserdampf zum<br />
Milchschäumen<br />
unterschiedliche<br />
Temperaturen benötigen,<br />
sind für Freunde<br />
des Milchschaums<br />
Zweikreismaschinen<br />
zu empfehlen.<br />
Ansonsten muss die<br />
Maschine nach dem<br />
Milchschäumen für<br />
den nächsten Espresso<br />
erst abkühlen.<br />
Fotos: Shutterstock, Stockfood<br />
Der perfekte Espresso Unterextrahierter Espresso Überextrahierter Espresso <<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
1<strong>07</strong><br />
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cover / RÖSTUNGEN<br />
RÖSTEN,<br />
NICHT<br />
RASTEN<br />
Oliver Goetz, einer der Inhaber der Edel-Rösterei Alt Wien<br />
Kaffee, über das Geheimnis der richtigen Röstung und welche<br />
Unterschiede es dabei gibt.<br />
TEXT HERBERT HACKER<br />
108<br />
falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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D<br />
das Wiener Kaffeeunternehmen<br />
und Rösterei Alt Wien<br />
Kaffee wurde im Jahr 2000<br />
gegründet, Christian Schrödl<br />
übernahm damals die Rösterei<br />
Alt Wien und übersiedelte damit in die<br />
Schleifmühlgasse im vierten Wiener Bezirk.<br />
Später kam Oliver Goetz hinzu, er ist der<br />
Rohkaffee-Einkäufer und gilt in der Branche<br />
als einer der kundigsten Experten in<br />
Sachen Kaffee und Röstung. Wenn er einmal<br />
zu erzählen beginnt, dann sollte man<br />
sich Zeit nehmen, denn das Thema Kaffee,<br />
sagt er, »ist ein weites Feld«.<br />
Wir beschränken uns auf den Bereich der<br />
Röstung und wollen wissen, welche Unterschiede<br />
es dabei gibt und welche Art der<br />
Röstung für welche Bohnen geeignet ist.<br />
Zunächst ist alles eine Frage der Qualität<br />
des Kaffees. Die besten Bohnen kommen<br />
aus kleinen Lagen, sind rar und deshalb<br />
teuer. »Das ist inzwischen wie beim Wein«,<br />
sagt Goetz und erwähnt, dass in Dubai erst<br />
kürzlich der teuerste Kaffee der Welt verkauft<br />
worden sei: ein Panama Geisha um<br />
stolze 10.000 Dollar das Kilo.<br />
Unterschiedliche Qualitäten werden<br />
unterschiedlich geröstet. Goetz: »Wir haben<br />
kleine Lagen-Bohnen, etwa aus Thailand,<br />
die sind als Filterkaffee eher trocken und<br />
daher für Espresso geeignet, während unser<br />
Kaffee aus Kamerun oder Ruanda eher<br />
fruchtig und süß und damit besonders gut<br />
als Filterkaffee geeignet ist.«<br />
ART DER RÖSTUNG<br />
Kaffee rösterei Alt Wien:<br />
Kaffee bohnen in<br />
Lagenqualität<br />
wie beim Wein.<br />
Fotos: Anna Zemann/ALT WIEN KAFFEE, Shutterstock<br />
Und was bedeutet das für die Art und Dauer<br />
der Röstung? Fruchtige, hochwertige Filterkaffees<br />
werden »heller«, also kürzer<br />
geröstet. »Wir rösten minimal acht bis<br />
maximal 20 Minuten«, sagt Goetz, »bei<br />
kürzeren Röstungen brauchen wir am<br />
Anfang mehr Hitze, dann fällt die Temperatur<br />
rasch ab.« Eine lange Röstung ist wiederum<br />
für alle espressoartigen Kaffees<br />
geeignet. Die lange Röstung, also bis zu<br />
20 Minuten, hat zum Ziel, möglichst viel<br />
Fruchtsäure abzubauen.<br />
Was passiert bei der Röstung eigentlich<br />
genau? Eine Kaffeebohne besteht aus rund<br />
300.000 bis 400.000 Zellen. Beim Rösten<br />
kommt es zu komplexen chemischen Re aktionen.<br />
Dabei werden Zuckerstoffe und<br />
Aminosäuren neu zusammengesetzt – man<br />
K<br />
affee ist eines der<br />
aromatischsten<br />
Lebensmittel überhaupt und<br />
weist bedeutend mehr<br />
Aromastoffe auf als Wein.<br />
schätzt, dass in jeder einzelnen Zelle während<br />
der Röstung bis zu 1000 Aromen<br />
(bzw. chemische Verbindungen) neu gebildet<br />
werden. Kaffee ist damit eines der aromatischsten<br />
Lebensmittel und weist bedeutend<br />
mehr Aromastoffe auf als Wein.<br />
Der wichtigste chemische Prozess beim<br />
Rösten ist die sogenannte Maillard-Reaktion.<br />
Hierbei werden Aminosäuren und reduzierende<br />
Zucker in Melanoidine umgewandelt.<br />
Das sind stickstoffhaltige organische<br />
Verbindungen. Dieser Prozess ist in der<br />
Hauptsache für die Bräunung der Kaffeebohnen<br />
und die Bildung der Aromen<br />
<<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
109<br />
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cover / RÖSTUNGEN<br />
Oliver Goetz und<br />
Christian Schrödl:<br />
»Das Rösten von<br />
Kaffee ist ein<br />
komplexes<br />
Unterfangen.«<br />
><br />
zuständig. Die Maillard-Reaktion kennt<br />
man übrigens auch vom Steakgrillen und<br />
Brotbacken.<br />
HELL ODER DUNKEL GERÖSTET<br />
Ein wichtiger Faktor beim Vorgang des<br />
Kaffeeröstens ist natürlich auch die Röstmaschine.<br />
»Wir haben eine 35-Kilo-<br />
Loring«, sagt Goetz, »die einzige in <strong>Österreich</strong>,<br />
ein Konvektionsröster mit Heißluft.<br />
Da wird Heißluft durch die Bohnen<br />
geschossen, im Unterschied zur klassischen<br />
Trommelröstung, da kommt die Hitze von<br />
unten und ist eher punktuell.« Zusammenfassend<br />
meint Goetz, dass fruchtiger Filterkaffee<br />
eher kürzer und heller geröstet<br />
wird, während für den klassischen Kaffee<br />
eine längere Röstung notwendig ist, um<br />
die Fruchtsäure zu reduzieren. Goetz:<br />
»Wir unterscheiden zwei große Kaffeegruppen:<br />
zum einen die normalen, klassischen,<br />
trockenen, schokoladigen und<br />
unkomplizierten Kaffees, die 90 Prozent<br />
unserer Kunden vorziehen, und zum anderen<br />
moderne, fruchtige, blumige, säurereiche<br />
Kaffees, die eher eine Markt nische<br />
sind. Von dieser Unterscheidung hängt<br />
auch unsere Röstart ab: Bei den klassischen<br />
Kaffees liegt sie generell zwischen<br />
den Extremen, wo wir versuchen, die<br />
goldene Mitte zwischen einer etwas helleren<br />
Röstart, die eher säurelastige Kaffees<br />
produziert, und der süditalienischen, sehr<br />
dunklen Röstart, die eher bittere Endprodukte<br />
hervorbringt, zu finden.« Zu dunkel<br />
darf Kaffee aber nicht geröstet werden,<br />
denn sonst wird er ölig.<br />
<<br />
Fotos: Anna Zemann/ALT WIEN KAFFEE, Shutterstock<br />
110 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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S.PELLEGRINO<br />
Durch seine ausgewogene<br />
Mineralisierung unterstreicht<br />
S.Pellegrino die feinen Nuancen<br />
der Speisen, anstatt sie zu<br />
überlagern.<br />
PARTNER<br />
IN TASTE<br />
entscheidend, sondern auch wie: Am besten<br />
trinkt man das Wasser direkt nach dem<br />
ersten Schluck Kaffee. Wer die kräftigen<br />
Nuancen im Kaffee abmildern möchte,<br />
trinkt das Wasser abwechselnd dazu. So<br />
werden die feineren Aromen unterstützt.<br />
Vorab genossen, stimmt Mineralwasser<br />
den Gaumen auf den Kaffee ein. Tipp:<br />
S.Pellegrino passt besonders gut zu einem<br />
kräftigen Espresso.<br />
Gutes Essen, edler Wein, erlesener Kaffee<br />
und ein stimmiges Wasser – vier Elemente<br />
für ein gemeinsames Ziel: den besonderen<br />
Genussmoment. Mehr braucht es<br />
nicht. Und das gilt für das Sternerestaurant<br />
ebenso wie für den privaten Dinnerabend<br />
zu Hause.<br />
Fine Dining und S.Pellegrino – ein echtes Dream-Team.<br />
Denn das Mineralwasser ist der ideale Begleiter zu Speisen,<br />
Wein und Kaffee. Alles eine Frage des Geschmacks.<br />
Ob panasiatische Kreationen von<br />
Tim Raue, regional-internationale<br />
Gourmetküche im Stil<br />
von Tristan Brandt oder moderne<br />
französische Haute Cuisine à la Karlheinz<br />
Hauser – die Sternegastronomie ist<br />
ebenso aufregend wie abwechslungsreich.<br />
Und dennoch hat sie eine gemeinsame Basis:<br />
das leidenschaftliche Genießen – zwei<br />
Aspekte, die auch S.Pellegrino prägen. Seit<br />
Jahren begleitet es das genussvolle Miteinander<br />
in den besten Restaurants weltweit.<br />
MADE BY MINERALSTOFFE:<br />
WASSER HAT GESCHMACK<br />
das Wasser auf seinem Weg zur natürlichen<br />
Quelle unterirdisch fließt, löst es aus den<br />
Gesteinsschichten zum Beispiel Calcium,<br />
Magnesium und Natrium – und gewinnt<br />
so seinen Geschmack.<br />
Für das Pairing mit Speisen und Wein<br />
spielt das eine wichtige Rolle. Denn je stärker<br />
ein Mineralwasser mineralisiert ist,<br />
desto mehr überlagert es andere Aromen.<br />
Nicht so S.Pellegrino. Es unterstreicht mit<br />
seiner ausgewogenen Mineralisierung feine<br />
Nuancen, anstatt sie zu überlagern. Das gilt<br />
übrigens auch für Wein. Fruchtiger Rotund<br />
säurearmer Weißwein kommen mit<br />
S.Pellegrino besonders gut zur Geltung.<br />
Fotos: beigestellt<br />
Was das Fine Dining Water zum perfekten<br />
Partner für die Spitzenküche macht? Sein<br />
einzigartiger Geschmack – denn darauf<br />
kommt es schließlich an. Bei Speisen und<br />
Wein ist das keine Überraschung. Aber<br />
Mineralwasser? Auch hier wird dem Gaumen<br />
einiges geboten. Denn: Jedes Wasser<br />
hat seinen eigenen Geschmack. Der kann<br />
bitter, süß, salzig oder säuerlich sein. Verantwortlich<br />
dafür sind Mineralstoffe. Wenn<br />
PERFECT MATCH:<br />
DAS WASSER ZUM KAFFEE<br />
Nach einem Menü gibt es nichts Besseres<br />
als eine Tasse Kaffee. Auch hier darf ein<br />
Glas Mineralwasser nicht fehlen. Duft und<br />
Geschmack der enthaltenen Mineralstoffe,<br />
die Säure oder die Bitterkeit – all das<br />
beeinflusst den Kaffeegenuss. Und nicht<br />
nur, welches Wasser getrunken wird, ist<br />
INFO<br />
Weitere Infos zu S.Pellegrino unter<br />
sanpellegrino.com<br />
PROMOTION<br />
okt–nov <strong>2019</strong> falstaff<br />
111<br />
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cover / WISSENSCHAFT<br />
KAFFEE: DARF ES<br />
112 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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EIN BISSCHEN<br />
MEHR SEIN?<br />
Rund 162 Liter Kaffee trinkt hierzulande jeder pro Jahr. Also etwa drei bis vier<br />
Tassen am Tag. Bei manchen ist der Kaffeekonsum jedoch mit Restriktion<br />
verbunden, dabei wäre das gar nicht nötig, wie immer mehr Daten zeigen.<br />
TEXT MARLIES GRUBER<br />
ILLUSTRATION GINA MÜLLER<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
113<br />
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Koffein wird auch für den verstärkten<br />
Harndrang beim Kaffeetrinken verantcover<br />
/ WISSENSCHAFT<br />
Schon drei Tassen Kaffee getrun -<br />
ken und ein schlechtes Gewissen?<br />
Was heißt schon? Erst! Denn Forschungsergebnisse,<br />
die besagen,<br />
dass sich mehr als vier Tassen pro<br />
Tag positiv auf die Gesundheit auswirken,<br />
mehren sich. Das trifft sich gut, gilt Kaffee<br />
doch als Parade-Genussmittel und wird häufig<br />
aufgrund seiner aufputschenden Wirkung<br />
getrunken. Das dafür verantwortliche Koffein<br />
kommt jedoch nicht nur in Kaffee, sondern in<br />
über sechzig Pflanzenarten vor. Die prominentesten<br />
natürlichen Quellen sind Kaffee,<br />
Kakao, Teeblätter und Kolanüsse.<br />
Ihr Konsum weist eine jahrhundertelange<br />
Geschichte auf, und heute genießen geschätzte<br />
80 Prozent der Weltbevölkerung mindestens<br />
einmal pro Tag ein koffeinhaltiges<br />
Lebensmittel oder Getränk. Bei moderatem<br />
Konsum werden dem Koffein eine Reihe<br />
von positiven Eigenschaften zugeschrieben,<br />
da runter: Entspannung, Energie, bessere Konzentrationsfähigkeit<br />
und erhöhte Aufmerksamkeit.<br />
Ab hohen bis sehr hohen Dosen<br />
kann sich Koffein allerdings negativ auswirken<br />
und Nervosität, Angst, Aggressivität,<br />
Schlafstörungen oder Herzrasen auslösen.<br />
Wie viel Koffein ist also verträglich, und<br />
ab welcher Menge ist Vorsicht geboten? Das<br />
wurde bis vor wenigen Jahren viel diskutiert.<br />
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />
(EFSA) hat deswe gen 2015 eventuelle<br />
Risiken des Koffeins be wertet. Das Ergebnis:<br />
Pro Tag sind etwa 400 Milligramm Koffein<br />
unbedenklich, das entspricht rund fünf<br />
Tassen Kaffee. Schwangere und Stillende sollten<br />
sich auf 200 Milligramm Koffein pro Tag<br />
beschränken, etwa zwei Tassen. Für Kinder<br />
(3–10 Jahre) und Jugendliche (10–18 Jahre)<br />
definierte die EFSA 3 Milligramm Koffein<br />
pro Kilogramm Körpergewicht als täglich tolerierbare<br />
Obergrenze. In Summe kann man<br />
bei Einzeldosen von 50–200 Milligramm<br />
Koffein mit den günstigen Effekten rechnen<br />
und ab Einzeldosen von 400–800 Milligramm<br />
ist die Wahrscheinlichkeit für die ungünstigen<br />
höher. Zur Erinnerung: Auch Schwarz-,<br />
Grün-, Mate- und Eistee, Schokolade und<br />
klarerweise Energydrinks beinhalten Koffein.<br />
KEIN FLÜSSIGKEITSRÄUBER<br />
114 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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KAFFEE HÄLT NICHT NUR GENERELLE ENTZÜNDUNGS-<br />
MARKER IN SCHACH, SONDERN AUCH DIE LEBER BEI<br />
LAUNE. IM VERGLEICH ZU KAFFEE-ABSTINENTEN<br />
HABEN KAFFEETRINKER EIN UM 40 PROZENT<br />
GERINGERES RISIKO, AN LEBERKREBS ZU ERKRANKEN.<br />
wortlich gemacht. Der zeigt sich aber nur<br />
kurzfristig und dann, wenn man nur selten<br />
Koffeinhaltiges trinkt, sowie erst ab einer<br />
Menge von circa 300 Milligramm Koffein,<br />
also etwa vier Tassen. Trinkt man dagegen<br />
regelmäßig Kaffee oder Schwarztee, gewöhnt<br />
sich der Körper schnell an die Koffeinmengen<br />
und reagiert nicht mehr mit<br />
vermehrter Flüssigkeitsabgabe. Obwohl<br />
also klar ist, dass Kaffee dem Körper kein<br />
Wasser raubt, ist das Glas Wasser dazu<br />
eine schöne Tradition.<br />
BIOAKTIVE INHALTSSTOFFE<br />
Neben Koffein weist Kaffee weitere bioaktive<br />
Substanzen auf, dazu gehören Antioxidantien,<br />
phenolische Bestandteile wie<br />
Chlorogen-, Kaffee- oder Ferulasäure, und<br />
Diterpene wie Cafestol. Sie sind alle mit<br />
positiven gesundheitlichen Wirkungen<br />
verbunden. So wird zum Beispiel durch<br />
Cafestol die Menge an Glutathion gesteigert.<br />
Das ist ein Eiweiß, das im Körper<br />
antioxidativ wirkt und somit die Zellen<br />
vor Schädigungen schützt.<br />
Daten von rund 15.500 Frauen aus<br />
der Nurses Health Study und 7400 Männern<br />
aus der Health Professional Follow<br />
up Study zeigten, dass Kaffeetrinker geringere<br />
Konzentrationen an bestimmten<br />
Entzündungsmarkern aufweisen, wie etwa<br />
C-Peptid, CRP und Interleukin-6. Gleichzeitig<br />
waren bei Kaffeetrinkern deutlich<br />
höhere Spiegel von Adiponektin zu beobachten.<br />
Hohe Adiponektinspiegel sollen<br />
vor Diabetes schützen, und im Tierversuch<br />
zeigte sich zusätzlich ein schnellerer Fettabbau.<br />
Die Effekte auf diese Entzündungsparameter<br />
waren relativ unabhängig vom<br />
Koffeingehalt. Das heißt: Auch Decaf<br />
wirkte. Doch wie viel Kaffee braucht es<br />
dafür? Mehr als vier Tassen pro Tag!<br />
LEBERSCHUTZ MIT MEHR ALS<br />
VIER TASSEN AM TAG<br />
Dazu kommt: Kaffee hält nicht nur generelle<br />
Entzündungsmarker in Schach, sondern auch<br />
die Leber bei Laune. Im Vergleich zu Kaffee-<br />
Abstinenten haben Kaffeetrinker ein um<br />
40 Prozent geringeres Risiko, an Leberkrebs<br />
zu erkranken. Das ging aus einer Analyse<br />
mehrerer Beobachtungsstudien hervor. Und<br />
der Zusammenhang war dosisabhängig. Je<br />
mehr getrunken wird, desto geringer ist die<br />
Wahrscheinlichkeit für Leberkrebs.<br />
Auch die EPIC-Studie wies den Effekt<br />
von Kaffee aus. Die Studie ist mit rund<br />
520.000 Teilnehmern aus zehn europäischen<br />
Ländern eine der größten Kohortenstudien<br />
weltweit und untersucht den Zusammenhang<br />
von Ernährung und Krebs. Menschen, die<br />
mehr als vier Tassen pro Tag tranken (600<br />
Milliliter), hatten im Vergleich zu jenen, die<br />
nur auf zwei Tassen (300 Milliliter) kamen,<br />
ein um 75 Prozent niedrigeres Risiko, an Leberkrebs<br />
zu erkranken. Für den Zusammenhang<br />
zwischen Kaffeekonsum und Leberkrebs<br />
wurden in erster Linie drei Biomarker verantwortlich<br />
gemacht: ein an Entzündungsreaktionen<br />
beteiligter Botenstoff (Interleukin-6) sowie<br />
zwei Enzyme, die zeigen, ob Leberzellen<br />
geschädigt sind (Aspartat-Aminotransferase<br />
und Gamma-Glutamyltransferase).<br />
Neben den Mengen beeinflusst zudem<br />
die Zubereitung den Schutzfaktor. Filterkaffee<br />
ohne Milch wirkte bei Leberkranken<br />
am besten. Koffeinfreier Kaffee wiederum<br />
verliert durch die Extraktion circa<br />
30 Prozent der Polyphenole und scheint<br />
die Leber weniger zu schützen.<br />
Weitere Food-Facts<br />
aus der Welt der<br />
Wissenschaft:<br />
falstaff.com/science<br />
<<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
115<br />
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cover / KAFFEE-TRENDS<br />
KAFFEE-TRENDS<br />
BOHNEN-<br />
POWER<br />
Kaffee ist heute mehr denn je ein Kultgetränk in den überraschendsten<br />
Varianten und Kombinationen. Doch was verbirgt sich hinter Begriffen wie<br />
Pink Latte und Egg Coffee wirklich? Und ist Cold Brew nicht schon längst<br />
wieder kalter Kaffee? Plus: die künftige SCA-Präsidentin Christina Meinl<br />
über den neuesten Trend namens Under Counter.<br />
TEXT HERBERT HACKER<br />
Fotos: Shutterstock, StockFood/Aksakova, Valeria<br />
116 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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1 2<br />
COLD BREW<br />
COFFEE<br />
LEMONADE<br />
… ist ein besonders erfrischender Kaffeetrend.<br />
Dabei wird Zitronen- oder Orangensaft<br />
mit einem Cold Brew vermixt, also einem<br />
Kaffee, bei dem Kaffeepulver mit kaltem<br />
Wasser aufgegossen wird. Hinzu kommt noch<br />
Mandelmilch und Crushed Ice, fertig ist die<br />
Kaffeelimonade. Inzwischen produzieren verschiedenste<br />
Hersteller fertige Coffee Lemonades<br />
in unterschiedlichen Qualitäten.<br />
… ist eigentlich kein ganz neuer Trend, es wird ihn aber auch in Zukunft geben – und<br />
zwar mehr denn je. Denn die Mischung aus Kaffeepulver und kaltem Wasser hat sich<br />
durchgesetzt, die Nachfrage steigt. Durch die besondere Art der Zubereitung ist der<br />
Cold Brew auch weniger bitter und besonders magenfreundlich.<br />
Fotos: Shutterstock, StockFood/Aksakova, Valeria<br />
T<br />
rends beim Kaffee halten eine<br />
ganze Branche wach. Und zwar<br />
weltweit. Jedes Jahr werden<br />
neue Kombinationen, Techniken<br />
und Zubereitungsmethoden<br />
verkündet. Sie kommen aus allen Ecken<br />
der Welt. So gilt momentan Südkorea als ein<br />
Mekka der Kaffeetrends, Seoul wird weltweit<br />
als der derzeit wichtigste Hotspot für<br />
Coffeeshops und Coffee-Trends gehandelt.<br />
COFFTEA AUS CHINA<br />
Aber auch in China trinken Trendsetter seit<br />
einiger Zeit ein innovatives Kaffeegetränk:<br />
den sogenannten CoffTea. Die Inhaltsstoffe<br />
Filterkaffee, schwarzer Tee und Kondens-<br />
milch klingen im ersten Moment etwas<br />
abwegig, doch in China sind vor allem<br />
junge Leute verrückt danach.<br />
Der Kaffeemarkt ist einer der dynamischsten<br />
überhaupt, da er besonders bei<br />
jüngeren Konsumenten boomt. »Die wichtigsten<br />
Kaffeetrends ergeben sich aus den<br />
globalen Coffee-Trends und der neuen heranwachsenden<br />
Generation, die die nächste<br />
große Gruppe der Konsumenten und Businessowners<br />
sein wird, sagt Christina Meinl,<br />
bei Julius Meinl Kaffee zuständig für Innovationen<br />
und Digital Marketing.<br />
Auf den folgenden Seiten stellt <strong>Falstaff</strong><br />
einige der ausgefallensten und schrägsten<br />
Trends vor – es sind die Kaffeetrends von<br />
morgen.<br />
><br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
117<br />
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cover / KAFFEE-TRENDS<br />
3PINK LATTE<br />
… ist ein echter Hingucker, denn in<br />
dieser Farbe kennt man Kaffee nun<br />
wirklich nicht. Pink statt Schwarz<br />
oder Braun, das wirkt auf den ersten<br />
Blick ziemlich schräg. Der<br />
Grund dafür: Pink Latte wird aus<br />
dem Saft Roter Rüben gemacht,<br />
hinzu kommt etwas Ingwer, aufgekochte<br />
Mandel- oder Sojamilch und<br />
etwas Agavensirup. Das wäre dann<br />
die Soft-Variante ohne Kaffee. Wer<br />
will, kann das Ganze aber auch<br />
noch mit einem Espresso vermischen,<br />
um so einen echten pinkfarbenen<br />
Latte macchiato zu erhalten.<br />
118 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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4EGG COFFEE<br />
… kommt aus Vietnam, ein Kaffeetrend,<br />
der allein schon deshalb jede Menge<br />
Exotik versprüht. Im Grunde genommen<br />
wird dabei nur ein Espresso mit<br />
Kondensmilch, Eigelb und Zucker<br />
vermischt. In Europa ist dieser Trend<br />
noch relativ jung.<br />
COFFEE SMOOTHIE<br />
… ist ein echtes Power-Getränk. Im Prinzip geht es<br />
dabei um das Mixen von kaltem Espresso mit<br />
Milch, Eiswürfeln und einem Smoothie, etwa aus<br />
Bananen oder Orangen. Der Fantasie sind dabei<br />
keine Grenzen gesetzt. Zur Abrundung kann noch<br />
Kakaopulver, Zimt und Honig verwendet werden.<br />
5Ein vitaminreicher Muntermacher!<br />
6ESPRESSO TONIC<br />
… ist eines der neuen Kultgetränke unter<br />
Kaffee-Liebhabern. Zur Zubereitung geben<br />
Sie Eiswürfel in ein Glas und füllen es<br />
mit Tonic Water auf. Lassen Sie dabei<br />
genügend Raum für den Kaffee, den sie<br />
ganz langsam über die Eiswürfel in das<br />
Glas füllen.<br />
Fotos: mauritius images / Westend61 / Susan Brooks-Dammann, Getty Images, Stocksy<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
119<br />
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cover / KAFFEE-TRENDS<br />
7NITRO COFFEE<br />
… wurde im US-Bundesstaat Oregon<br />
eher zufällig erfunden. Dabei handelt<br />
es sich um einen mit Stickstoff angereicherten<br />
Cold Brew. Diese Kaffeespezialität<br />
sieht aus wie ein Guinness<br />
mit cremiger Schaumkrone. Der Nitro-<br />
Kaffee schmeckt süffiger und vollmundiger<br />
als ein normaler Cold Brew.<br />
9<br />
MATCHA<br />
…<br />
LATTE<br />
… kommt aus Japan und ist ein Kaffee-Mix,<br />
der optisch zunächst etwas seltsam aussieht.<br />
Die Zubereitung ist einfach: Matcha<br />
in eine kleine Schale oder Glas geben und<br />
mit heißem Wasser gut verrühren, sodass<br />
sich keine Klumpen bilden. Anschließend<br />
aufgeschäumte Milch hinzugeben.<br />
10<br />
MUSHROOM<br />
COFFEE<br />
ist ein Trend aus den<br />
USA, wo Superfood<br />
schon seit einer Weile<br />
boomt. Und Mushroom<br />
Coffee ist eine Art Superfood,<br />
weil dabei mit<br />
heißem Wasser aufgegossener<br />
Instantkaffee<br />
mit sogenannten Vitalpilzen<br />
vermischt wird.<br />
Genauer gesagt mit<br />
einem Pulver dieser<br />
Wunderpilze, die<br />
besonders gesund<br />
sein sollen.<br />
8<br />
COLD DRIP<br />
… ist eine Variante aus der Welt des Cold-Brew-Kaffees.<br />
Bei dieser Methode wird kaltes Wasser mehrere Stunden<br />
lang tropfenweise auf den gemahlenen Kaffee gegeben.<br />
So entsteht ein kräftiger, kalter Kaffee, der pur genossen<br />
oder als Zutat für Mixgetränke verwendet werden kann.<br />
Fotos: Shutterstock, Unsplash, StockFood / Neudert, Kati, Sebastian Freiler<br />
120<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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ÖSTERREICHS KAFFEE-BOTSCHAFTERIN<br />
Christina Meinl, künftige Präsidentin der globalen Specialty Coffee Association,<br />
über internationale Kaffee-Trends und besondere Innovationen bei Meinl-Kaffee.<br />
Christina Meinl hinter einer »Under<br />
Counter Coffee Bar« bei Meinl –<br />
der ersten in <strong>Österreich</strong>.<br />
Fotos: Shutterstock, Unsplash, StockFood / Neudert, Kati, Sebastian Freiler<br />
Christina Meinl<br />
wird im nächsten<br />
Jahr Präsidentin der<br />
globalen Specialty<br />
Coffee Association<br />
und reist in Sachen<br />
Kaffee um die Welt.<br />
Das ist für mich die Zukunft der Kaffeebar«,<br />
sagt Christina Meinl, » die Espresso-Maschine<br />
ist nicht mehr auf der<br />
Bar, sondern alles befindet sich unter der Bar.<br />
Der Vorteil ist, dass der Barista direkt mit dem<br />
Gast sprechen kann und sich nicht mehr hinter<br />
der großen Maschine verstecken muss.<br />
Der Gast sieht auch erstmals das Produkt des<br />
Baristas.«<br />
Christina Meinl weiß, wovon sie spricht. In<br />
fünfter Generation ist sie für das gleichnamige<br />
Unternehmen tätig und ebendort für Innovationen<br />
und Digital Marketing zuständig. Und<br />
sie wird im nächsten Jahr zur Präsidentin der<br />
globalen Specialty Coffee Association (SCA)<br />
ernannt, derzeit ist sie noch Vizepräsidentin.<br />
Im 16. Bezirk in Wien, bei Meinl in der Julius-Meinl-Gasse,<br />
kann man derzeit die erste<br />
»Under Counter Coffee Bar« <strong>Österreich</strong>s besichtigen.<br />
»Dort kann man auch die meisten<br />
alternativen Brühmethoden wie Cold Brew<br />
und Nitro Brew testen«, sagt Christina Meinl,<br />
die erst kürzlich in Seoul war – momentan der<br />
WAS IST DIE SCA?<br />
Die Specialty Coffee Association (SCA)<br />
ist ein Mitgliedsverband mit Tausenden<br />
von Kaffeeprofis – vom Kaffeebauern über<br />
Maschinenhersteller bis hin zu Röstern<br />
und Baristas – sowie Organisationen in<br />
weltweit über 100 Ländern. Ziel der SCA<br />
ist es, die Qualität des Kaffees zu verbessern.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, werden<br />
professionelle Netzwerke geschaffen,<br />
zudem wird der Wissensaustausch zwischen<br />
allen Beteiligten der Wertschöpfungskette<br />
gefördert.<br />
Gegründet wurde die SCA am 1. Januar<br />
2017, basierend auf einem Zusammenschluss<br />
der SCAE (Specialty Coffee Association<br />
of Europe) und der SCAA (Specialty<br />
Coffee Association of America). Heute<br />
zählt die SCA rund 10.000 Mitglieder,<br />
denen Christina Meinl ab 2020 als Präsidentin<br />
vorsteht.<br />
weltweite Hotspot für Coffeeshops<br />
und Coffee-Trends.<br />
Nachhaltigkeit, so Meinl, sei<br />
ein großes Schlagwort geworden.<br />
Wo kommt der Kaffee her, wann<br />
und wo und von wem wurde er gepflückt?<br />
All das wird immer wichtiger.<br />
Limited Editions von kleinen lokalen Farmern<br />
werden immer gefragter – mit Namen des<br />
Farmers und Rösters.<br />
Auch das Datum des Röstens und damit die<br />
Frische des Kaffees ist ein echtes Thema geworden,<br />
sagt Meinl, »local roaster« sind global<br />
das größte wachsende Segment.<br />
So wie beim Wein gibt es beim Kaffee inzwischen<br />
sogar schon spezielle Jahrgänge. Indian-Malabar-Kaffee<br />
soll in diesem Jahr durch<br />
den starken Monsunregen besonders gut geworden<br />
sein, sagt Meinl, »die Bohne schwillt<br />
durch die Feuchtigkeit auf und ist dadurch<br />
noch geschmacksintensiver«.<br />
Auch in Sachen Zero Waste (null Müll) tut<br />
sich in der Kaffee-Branche weltweit einiges.<br />
Auch bei Meinl. »Julius Meinl stellt ab Oktober<br />
alle To-go-Becher der Gruppe auf kompostierbare<br />
Becher um. Außerdem bringen<br />
wir kompostierbare Kapseln auf den Markt«,<br />
erklärt Meinl, »wir testen derzeit auch CO₂neutrales<br />
Packaging, und die ersten Tests sind<br />
sehr vielversprechend.«<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
121<br />
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cover / KAFFEE-WISSEN<br />
K AFFEE-<br />
KLATSCH<br />
Wie viel Kaffee trinken wir pro Jahr? Und schadet die Tasse zu viel<br />
unserer Gesundheit oder ganz im Gegenteil? Zahlen und Fakten aus<br />
der Welt des beliebten Heißgetränks.<br />
Fotos: Shuttertstock<br />
122 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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DIE LIEBLINGS-<br />
KAFFEES<br />
IN DEUTSCHLAND:<br />
1. FILTERKAFFEE<br />
2. VOLLAUTOMAT<br />
3. CAPPUCCINO<br />
Quelle: Tchibo-Kaffeereport <strong>2019</strong><br />
EINE TASSE KAFFEE<br />
MEHR PRO TAG<br />
SENKT DAS<br />
DIABETES-<br />
RISIKO<br />
Quelle: Auszug aus einer Studie von Frank Madeo, Professor für Molekulare<br />
Biowissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz, einem der<br />
renommiertesten Altersforscher der Welt, der u. a. die Gesundheitseffekte<br />
von Kaffee wissenschaftlich dokumentiert hat.<br />
FÜR DAS KAFFEE-REKORDJAHR <strong>2019</strong><br />
WIRD EIN WELTWEITER KONSUM VON RUND<br />
9,8 MILLIARDEN KG<br />
PROGNOSTIZIERT<br />
Quelle: Statista <strong>2019</strong><br />
Fotos: Shuttertstock<br />
€<br />
PRO KOPF<br />
GIBT JEDER DEUTSCHE<br />
JÄHRLICH ETWA<br />
50 EURO<br />
FÜR KAFFEE AUS<br />
Quelle: Tchibo-Kaffeereport <strong>2019</strong><br />
IM SCHNITT<br />
TRINKEN DEUTSCHE<br />
164 LITER<br />
KAFFEE<br />
PRO JAHR<br />
Quelle: Deutscher Kaffeeverband e.V. 2018<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
123<br />
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cover / FILTERKAFFEE<br />
WIE TOT IST DER<br />
FILTERKAFFEE?<br />
Für eine Weile stand der gute Kaffee wie bei Großmutter im Schatten der<br />
hippen Kaffee-Mischgetränke: Neben Café au lait, Latte macchiato und<br />
Espresso sah er ganz schön alt aus. Doch was ist dran am Abgesang?<br />
TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />
W<br />
as für Omas und<br />
Opas, spießig, zu bitter,<br />
langweilig – die<br />
Begründungen änderten<br />
sich, aber totgesagt<br />
war der Filterkaffee schon oft. Die neuen<br />
Stars waren glänzende Vollautomaten, bei<br />
denen ein Knopfdruck reicht, um den perfekt<br />
zubereiteten Kaffee in die Tasse zu bekommen.<br />
Die beliebten Kapseln mit ihrer einfachen<br />
Zubereitung erobern seit Langem<br />
immer mehr Marktanteile. Und wie sollte ein<br />
schnöder Filterkaffee mithalten mit cremig<br />
aufgeschäumter Milch, die sich mit extrem<br />
konzentriertem Espresso mischt? Tatsächlich<br />
verkauften die großen Hersteller immer mehr<br />
Espresso-Röstungen, während klassische Filterkaffee-Röstungen<br />
immer weniger getrunken<br />
wurden. Wird es also wirklich Zeit, die<br />
alte Kaffeemaschine einzumotten?<br />
Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn<br />
ein genauerer Blick zeigt: Bei keiner Kaffeespezialität<br />
unterscheiden sich die Trinkgewohnheiten<br />
so sehr wie beim Filterkaffee.<br />
Interessante Statistiken ermittelte der Kaffeeröster<br />
Tchibo in seinem regelmäßigen Kaffeereport.<br />
Auf die Frage, welchen Kaffee sie<br />
regelmäßig trinken, antworteten 2016 knapp<br />
30 Prozent der <strong>Österreich</strong>er mit der Antwort<br />
»Filterkaffee«. Bei den Schweizern sind es<br />
mit gerade einmal 14 Prozent deutlich weniger.<br />
Treue Liebhaber sind dagegen die Deutschen,<br />
von denen 66 Prozent angaben, Filterkaffee<br />
sei ihr regelmäßiges Kaffeegetränk.<br />
<strong>Österreich</strong>er trinken am häufigsten Cappuc-<br />
cino, Schweizer lieben Espresso und Latte<br />
macchiato.<br />
Insgesamt nehmen Filterkaffee-Röstungen<br />
bei den großen Herstellern aber immer noch<br />
den Löwenanteil ein. Kaffee aus dem Filter<br />
hat sich zurückgekämpft und verloren<br />
gewähntes Terrain zurückerobert, auch deshalb,<br />
weil er sich neu erfunden hat. Kaffee<br />
wird zunehmend als High-End-Produkt gesehen,<br />
als Statussymbol, mit dem man sich<br />
abgrenzen kann. Zu sehen ist das an der Aufrüstung,<br />
die zu Hause stattfindet: Wer etwas<br />
auf sich hält, hat zu Hause einen Vollautomaten<br />
oder gleich eine Siebträgermaschine.<br />
Damit einher geht aber auch die zusehende<br />
Premiumisierung von Kaffee als solchem.<br />
Hochwertige Blends mit genauer Kennzeichnung<br />
der Herkunft finden sich mittlerweile in<br />
jeder angesagten Coffeebar, sogar einzelne<br />
Aromen werden auf den Verpackungen ausgewiesen.<br />
Wer einen solchen Kaffee kauft,<br />
muss ihn fast zwingend pur trinken, um die<br />
Nuancen wirklich herauszuschmecken –<br />
Milch oder Zucker gelten in der Szene fast<br />
schon als Frevel. Weshalb ein Utensil aus<br />
Großmutters Zeiten ein Comeback gefeiert<br />
hat: die Kaffeemühle, mit der man von Hand<br />
mahlt.<br />
Denn je frischer die Bohnen sind, desto<br />
besser schmeckt der Kaffee später. Weshalb<br />
es für echte Kaffeegenießer unabdingbar ist,<br />
erst kurz vor dem Aufbrühen zu mahlen.<br />
Hochleistungsmühlen wie die C40 von<br />
Comandante oder die Santiago von Zassenhaus<br />
gelten als Standardzubehör, ebenso<br />
<<br />
Fotos: Stockfood/Glasshouse Images, Shutterstock<br />
124 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Stockfood/Glasshouse Images, Shutterstock<br />
Sieht etwas anders aus als<br />
das, was Oma und Opa früher<br />
tranken: Filterkaffee aus der<br />
Chemex-Kanne ist absolut<br />
angesagt.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
125<br />
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cover / FILTERKAFFEE<br />
STIMMT’S ODER STIMMT’S NICHT?<br />
Sieben Kaffeemythen im <strong>Falstaff</strong>-Check<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
K AFFEE ENTWÄSSERT<br />
Das Gerücht hält sich hartnäckig,<br />
stimmt aber nicht. Kaffee wirkt<br />
zwar harntreibend, was unter anderem<br />
am Koffein liegt, das die Nierentätigkeit<br />
anregt. Er entzieht dem<br />
Körper aber kein Wasser. Studien<br />
zufolge werden 84 Prozent der<br />
Flüssigkeit beim Kaffeetrinken wieder<br />
ausgeschieden, bei Wasser sind<br />
es 81 Prozent. Den Unterschied<br />
kann man vernachlässigen.<br />
MAN GEWÖHNT SICH<br />
AN K AFFEE<br />
Das stimmt. Der Körper entwickelt<br />
eine Toleranz und verträgt dementsprechend<br />
mehr Koffein, wenn man<br />
mehr Kaffee trinkt. Daran ist aber<br />
nichts schädlich.<br />
K AFFEE BEEINFLUSST<br />
DAS KREBSRISIKO<br />
Das ist richtig: Wer viel Kaffee trinkt,<br />
senkt das Risiko für verschiedene<br />
Krebsarten, wie englische Forscher<br />
herausgefunden haben, die rund<br />
200 Studien zu diesem Thema auswerteten.<br />
Vor allem für Leberkrebs<br />
soll das Risiko sinken, berichtete<br />
kürzlich das Deutsche Institut für<br />
Ernährungsforschung. Wahrscheinlich<br />
liegt das an den Antioxidantien<br />
im Kaffee, welche die Zellen schützen<br />
– ähnlich wie bei Olivenöl.<br />
K AFFEE HILFT BEIM<br />
ABNEHMEN<br />
Leider nein. Zwar regt das Koffein<br />
den Stoffwechsel an, doch das<br />
allein reicht nicht, wenn man<br />
Gewicht verlieren will. Wer abnehmen<br />
möchte, sollte aber auch seine<br />
Kaffeegewohnheiten umstellen:<br />
etwa von opulenten Milchkaffees<br />
auf schwarzen hochwertigen Filterkaffee<br />
ohne Milch und Zucker. Sie<br />
werden staunen, wie gut das<br />
schmecken kann.<br />
5<br />
6<br />
7<br />
WER NACHMITTAGS<br />
K AFFEE TRINKT,<br />
KANN ABENDS NICHT<br />
MEHR SCHLAFEN<br />
Stimmt überwiegend nicht. Zum<br />
einen hängt das damit zusammen,<br />
wie viel Kaffee man trinkt. Wer nur<br />
einmal im Monat eine Tasse starken<br />
Filterkaffee trinkt, könnte nachts<br />
wach liegen, das mag sein. Generell<br />
gilt aber: Schon nach vier Stunden<br />
ist die Hälfte des Koffeins abgebaut.<br />
Wenn Sie also nicht schon nach der<br />
Tagesschau schlafen gehen, können<br />
Sie ruhig auch am späten Nachmittag<br />
noch eine Tasse trinken. Bei<br />
Schwangeren gelten allerdings<br />
andere Regeln, hier braucht der<br />
Körper länger zum Abbau.<br />
DER BESTE ORT ZUR<br />
AUFBEWAHRUNG<br />
VON K AFFEE IST DER<br />
KÜHLSCHRANK<br />
Das ist Quatsch. Im Kühlschrank<br />
nehmen die Bohnen schnell andere<br />
Aromen auf, hier sollte er auf keinen<br />
Fall aufbewahrt werden. Kaffee<br />
lagert man in einer möglichst luftdicht<br />
verschlossenen Box und verbraucht<br />
ihn so schnell, dass man gar<br />
nicht von Lagerung sprechen muss.<br />
Frisch schmeckt er am besten.<br />
K AFFEE IST EIN<br />
KATERKILLER<br />
Stimmt zumindest ein bisschen.<br />
Wenn es am Abend zuvor ein<br />
wenig länger ging, hat man<br />
meist nicht so gut<br />
geschlafen. Die belebende<br />
Wirkung von<br />
Kaffee hilft in so<br />
einem Fall umso<br />
mehr, wieder in die<br />
Spur zu kommen.<br />
Und auch die Kopfschmerzen<br />
verschwinden<br />
manchmal<br />
schneller.<br />
So einfach, so gut: Für den perfekten Filterkaffee<br />
braucht man nicht zwingend eine Maschine.<br />
><br />
die Chemex-Kanne und der Hario-Filter.<br />
Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt,<br />
weiß, dass ein paar Sachen zu beachten<br />
sind. Als Faustregel nimmt man sechs<br />
Gramm Kaffeepulver (in der Konsistenz<br />
etwa so wie Tafelsalz) auf 100 Milliliter<br />
Wasser. Der eingelegte Papierfilter im Porzellanfilter<br />
wird mit heißem Wasser befeuchtet,<br />
um störende Geschmacksstoffe zu lösen.<br />
Anschließend gießt man Wasser, das eine<br />
Temperatur zwischen 92 und 96 Grad<br />
Celsius haben sollte, über das Kaffeepulver.<br />
Zunächst nicht zu viel, damit der Kaffee aufquillen<br />
kann – in Expertenkreisen heißt diese<br />
Phase »Blooming«. Ist diese Phase abgeschlossen,<br />
so gießt man in einem kontinuierlichen<br />
Strahl weiter heißes Wasser auf den<br />
Kaffee, wer mag, rührt währenddessen im<br />
Filter mit einem Löffel um. Eingießen in die<br />
Tasse und voilà: Fertig ist der perfekte Filterkaffee<br />
– den man übrigens nicht zu heiß trinken<br />
sollte, um die volle Aromenvielfalt zu<br />
erschmecken.<br />
Auch wenn auf der Verbrauchsmesse IFA<br />
zuletzt neue Maschinen vorgestellt<br />
wurden, die sich genau<br />
an diese Vorgaben halten und<br />
sogar die Blooming-Phase perfektionieren:<br />
Für den perfekten<br />
Filterkaffee von Hand braucht es<br />
neben der nötigen Zeit auch ein wenig<br />
Vorbereitung. Wer sich genauer mit<br />
dem Thema beschäftigen will, sollte<br />
überlegen, ein Kaffeeseminar zu besuchen.<br />
Weltweit bekannt dafür ist die<br />
Università del Caffè des italienischen<br />
Rösters Illy, die etwa in München und<br />
Wien Ableger hat.<br />
<<br />
Fotos: Klaus Titzer, Shutterstock<br />
126 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Stylischer<br />
Kaffee-Filter<br />
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cover / MILCHSCHÄUMER<br />
ALLES<br />
FÜR DIE<br />
SCHAUM-<br />
PARTY<br />
Ohne ihn läuft gar nichts,<br />
wenn es um gehobenen<br />
Kaffeegenuss geht:<br />
Milchschaum schmeichelt<br />
dem Gaumen und legt die<br />
Basis für köstlichen Café<br />
au lait, Latte macchiato<br />
und Co. Wir erklären, wie<br />
er perfekt gelingt und<br />
welche Werkzeuge man<br />
dafür braucht.<br />
TEXT GERALD REITMAYR<br />
Flat White, Caffè latte, Cappuccino,<br />
Macchiato: Milchschaum ist<br />
ein wesentlicher Bestandteil der<br />
beliebtesten Kaffeegetränke. In<br />
seiner idealen Konsistenz<br />
schmeckt er aufgrund des Milchzuckers<br />
leicht süßlich und weist bei seidig schimmernder<br />
Oberfläche eine sämige Konsistenz<br />
wie leicht geschlagene Sahne auf.<br />
Dafür muss Luft in die Milch geschlagen<br />
werden, und wir möchten Ihnen dazu eine<br />
Reihe an Methoden vorstellen. Grundvoraussetzung<br />
ist in jedem Fall eine geeignete<br />
Kanne. Wer mit Espresso und Milch kleine<br />
Kunstwerke in die Tasse gießen will (Latte<br />
Art), braucht zwingend einen Ausgießer mit<br />
Schnabel, ansonsten gehen auch die Modelle<br />
ohne. Zweite Zutat ist natürlich Milch.<br />
Am besten eignet sich Vollmilch mit einem<br />
Fettgehalt nahe den vier Prozent und einem<br />
Eiweißgehalt um 3,5 Prozent.<br />
Sollten Sie über ein hohes Zeit- und<br />
geringes finanzielles Budget verfügen, eignen<br />
sich batteriebetriebene Quirler wie der<br />
»Marcello« von GEFU oder ein per Hand<br />
betriebener zylindrischer Aufschäumer wie<br />
der »Coffee Time« von WMF. Mit dem<br />
Ergebnis können Sie einen hervorragenden<br />
Latte kreieren. Einschränkungen gibt es<br />
jedoch bei Latte Art sowie bei der Zahl<br />
gleichzeitig zu produzierender Portionen.<br />
Für diesen Einsatz bieten sich elektrische<br />
Aufschäumer-Kannen an. Die Bedienung<br />
beschränkt sich auf einen Knopfdruck und<br />
das Ergebnis ist erstaunlich feinporiger, fester<br />
Schaum. Zum Erstellen von Latte Art<br />
muss dieser noch kräftig geschwenkt werden,<br />
um die oben liegende Schaumschicht<br />
mit der darunter liegenden Milch zu vermischen.<br />
Im Gegensatz zu Schaumgeneratoren<br />
im Kaffeevollautomaten, ist die Reinigung<br />
dieser Geräte die reinste Freude. Kurz unter<br />
dem Wasser ausgespült, ist alles sofort bereit<br />
für den nächsten Einsatz.<br />
Wenn Sie die Welt des perfekten sämigen<br />
Mikroschaums betreten wollen, dann klappt<br />
das nur mit einer Kaffeemaschine, die starken<br />
Dampf erzeugt – etwa eine solide Siebträgermaschine<br />
italienischer Herkunft (Profiqualität<br />
bietet aber auch die australische<br />
Marke Gastroback). Ist das nötige Zubehör<br />
einmal vorhanden, kann’s losgehen. Beginnen<br />
Sie mit einer Edelstahlkanne, die etwa<br />
halb voll mit Vollmilch aus dem Kühlschrank<br />
befüllt ist. Den restlichen Platz<br />
benötigt der Schaum, um sich ausdehnen zu<br />
können. Die niedrige Starttemperatur ist deshalb<br />
relevant, weil Sie nur bis ca. 60 Grad<br />
Celsius Zeit haben, die gewünschte Schaumkonsistenz<br />
zu erreichen. Darüber verändert<br />
der Milchzucker seinen Geschmack. Außerdem<br />
kann einmal geschäumte Milch nicht<br />
ein weiteres Mal geschäumt werden.<br />
Die Auslässe der Dampflanze müssen in<br />
schrägem Winkel positioniert sein, ganz<br />
knapp unter der Milchoberfläche. Ein Millimeter<br />
zu tief, und es entsteht kein Schaum.<br />
Ein Millimeter zu hoch, und es blubbert und<br />
spritzt, große Blasen entstehen – Game over.<br />
Man braucht etwas Zeit, um zu lernen,<br />
Videos im Internet helfen dabei. Trösten Sie<br />
sich: Der Weg ist das Ziel! <<br />
Fotos: Shutterstock, beigestellt<br />
128 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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1. GEFU<br />
Aufschäumbecher »Claudio«<br />
Gesehen für: € 29,95<br />
Der aus Edelstahl gefertigte Aufschäumbecher<br />
verwandelt Milch, Sahne<br />
und Co in cremigen Schaum. Ideal<br />
für Cappuccino, Caffè latte oder heiße<br />
Schokolade. gefu.com<br />
5. NESPRESSO<br />
Aeroccino 3<br />
Gesehen für: € 70,–<br />
Der 17 cm hohe »Aeroccino« eignet<br />
sich sowohl für die Zubereitung von<br />
kalter als auch von warmer Milch. Die<br />
Keramikbeschichtung erleichtert die<br />
Reinigung. nespresso.com<br />
2. WMF<br />
Krug »Barista«<br />
Gesehen für: € 34,99<br />
Dank der unten geweiteten Form<br />
eignet sich der 12 cm hohe Krug aus<br />
Edelstahl perfekt für die Herstellung<br />
von Milchschaum mit der Dampfdüse.<br />
wmf.com<br />
6. SEGAFREDO<br />
Coffee System Milchaufschäumer<br />
Gesehen für: € 44,–<br />
100 bis 250 ml Milch passen in das<br />
Gerät von Segafredo, das in Sekundenschnelle<br />
köstlichen Milchschaum<br />
per Knopfdruck zubereitet.<br />
segafredosystem.com<br />
3. TCHIBO<br />
Cafissimo Induktions-Milchaufschäumer<br />
Gesehen für: € 59,95<br />
Per Knopfdruck verwöhnt dieses Gerät<br />
mit warmem sowie kaltem Milchschaum<br />
oder warmer Milch. Teilweise<br />
spülmaschinengeeignet.<br />
tchibo.de<br />
7. WMF<br />
Coffee Time Milchaufschäumer<br />
Gesehen für: € 34,99<br />
Ohne Strom und Batterien kommt der<br />
von Jan Christian Delf designte Milchschäumer<br />
aus. Durch Rotation gelangt<br />
Luft in die Milch und schäumt sie auf.<br />
wmf.com<br />
Fotos: Shutterstock, beigestellt<br />
4. GASTROBACK<br />
Design Espresso Maschine Advanced<br />
Gesehen für: € 399,99<br />
PS-Profi: Der integrierte Milch schäumer<br />
sorgt mit 1700 Watt Thermo-<br />
Block-Heizsystem für sofortigen<br />
Gebrauch und hohen Dampfdruck.<br />
gastroback.de<br />
8. GEFU<br />
Milchaufschäumer »Marcello«<br />
Gesehen für: € 19,95<br />
Hat den Dreh raus: Der Milchaufschäumer<br />
von GEFU sorgt mit<br />
maximaler Drehzahl für eine perfekte<br />
Konsistenz. Auch für Saucen geeignet.<br />
gefu.com<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
129<br />
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cover / ESSAY<br />
ESPRESSO ITALIANO:<br />
UN AMORE PER SEMPRE<br />
Berlusconi, Wirtschaftskrise, verpasste Fußball-WM – Italien hat es in den<br />
letzten Jahren nicht leicht gehabt. Vielleicht am schlimmsten ist aber, dass<br />
sich andere Länder plötzlich anmaßen, besseren Kaffee zu machen.<br />
Die teuersten Bohnen der Welt<br />
werden in Oslo oder Melbourne<br />
geröstet und in sogenannten<br />
Third-Wave-Cafés in<br />
Shanghai, Stockholm oder<br />
Tokio serviert. Barista-Weltmeister kommen<br />
aus Südkorea oder Polen, das Internet<br />
ist voll von Latte-Art-Bildern (wer wollte<br />
nicht schon immer einmal sein Porträt in<br />
Milchschaum statt in Öl sehen?), und das<br />
»Noma«, das berühmteste Restaurant der<br />
Welt, serviert keinen Espresso, sondern<br />
Filterkaffee.<br />
So wie bei jedem überhitzten Trend<br />
(Naturwein, Craft-Bier) ist auch beim<br />
Third-Wave-Kaffee jede Menge Untrinkbares<br />
dabei. Aber selbst manch Italiener räumt<br />
mittlerweile zerknirscht ein: Die richtig<br />
guten dieser modernen Kaffees sind eine<br />
andere Liga. Qualität, die es so bisher nicht<br />
gegeben hat. Sie mit klassischem italienischem<br />
Espresso zu vergleichen, ist ein wenig<br />
so, wie soliden Landwein neben großen<br />
Burgunder zu stellen.<br />
Heißt das, dass die Kaffeewelt bald<br />
untergeht? Dass das Mutterland des Kaffees<br />
nichts mehr zu melden hat? Aber nein.<br />
Italien mit seinen italienischen Espressobars<br />
wird noch sehr lange Koffein-Sehnsuchtsort<br />
bleiben. Die Italiener haben nämlich verstanden,<br />
was viele Third-Wave-Hipster nie<br />
kapieren werden: dass große Kaffeekultur<br />
nur sehr am Rande mit tollem Kaffee zu<br />
tun hat.<br />
Italiener gehen nicht ins Kaffeehaus, um<br />
Rhabarbernoten und Zitrusaromen in der<br />
Tasse zu erschnüffeln oder sich mit dem<br />
Barista über Fermentationstechniken auszutauschen.<br />
Sie trinken keinen Single Origin<br />
130 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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TOBIAS MÜLLER<br />
ist ein österreichischer<br />
Gourmet-Journalist. Er<br />
isst und trinkt gern<br />
rund um die Welt,<br />
derzeit besonders<br />
oft in Neapel.<br />
Illustration: Gina Mueller, Fotos: Shutterstock<br />
Natural Processed Geisha, der mehr kostet<br />
als ein ganzes Mittagsmenü inklusive Grappa.<br />
Sie kommen hierher, weil sie wissen wollen,<br />
ob Luigi auch das Spiel gesehen hat und<br />
wie es den Bambini von Enzo geht, weil sie<br />
nach dem Mittagessen noch nicht wieder ins<br />
Büro wollen, müde vom Sonntagsspaziergang<br />
sind oder auf der Straße Simone<br />
getroffen haben und endlich wieder plaudern<br />
wollen. So viel Zeit muss sein.<br />
Dass kaum wer sitzt, sondern fast alle<br />
stehen, hilft da enorm, ganz so, wie auf<br />
einer Party die Stimmung stets in der Küche<br />
am besten ist und nicht auf der Couch im<br />
Wohnzimmer. Keiner muss hier ein schlechtes<br />
Gewissen haben, nichts zu tun, wir bleiben<br />
ja ohnehin nur fünf Minuten – etwas,<br />
das man sich als gelernter Italiener problemlos<br />
ein, zwei Stunden einreden kann.<br />
Dass man sich hier so wohl und willkommen<br />
fühlt, liegt auch daran, dass die italienische<br />
Caffèbar für alle da ist. Der Third-<br />
Wave-Coffee-Laden ist ein Verwandter der<br />
Weinbar und des Feinkostgeschäfts, ein Ort<br />
für Spezialisten, die Geld haben und es ausgeben<br />
wollen – in diesem Fall meist halbjunge<br />
Männer, die sich wenige Jahre zuvor<br />
beim Computerspielhändler getroffen<br />
haben. Das italienische Caffè hingegen ist<br />
der Bruder des Würstelstands: Wirklich<br />
jeder kann es sich leisten, hier einzukehren –<br />
und wirklich jeder kehrt hier auch ein. Bankiers<br />
und Handwerker, alte Frauen, junge<br />
Männer, Einzelgänger, Pärchen und Familien<br />
– alle mischen sich hier, was dem Caffè<br />
im besten Fall ein wenig von der Atmosphäre<br />
eines geglückten Volksfests verleiht.<br />
In Wien und Paris mag das Café bourgeois<br />
und neuerdings sogar bobo sein – in<br />
DAS ITALIENISCHE<br />
CAFFÈ IST DER<br />
BRUDER DES<br />
WÜRSTELSTANDS:<br />
JEDER KANN ES<br />
SICH LEISTEN, HIER<br />
EINZUKEHREN.<br />
lich auch schlechte, aber nicht viele) ist nämlich<br />
dem Sushimeister in Japan verwandt:<br />
Beide verbringen Jahre, mitunter Jahrzehnte<br />
damit, ein paar Handgriffe zu perfektionieren.<br />
Kaffeemachen ist hier kein Studentenjob,<br />
sondern eine Lebensaufgabe, der kompromisslos<br />
nachgegangen wird. Lieber würde<br />
der Barista das Essen seiner Mutter<br />
beschimpfen als eine schmutzige Kaffeemaschine<br />
bedienen.<br />
Trotzdem, und das ist vielleicht das Allerbeste<br />
an der italienischen Espressobar, ist sie<br />
nie abgehoben, sondern ein herrlich normaler<br />
Ort. Third-Wave-Läden erzählen vom<br />
Besten, das gerade gut genug ist. Sie servieren<br />
Espresso in speziell geformten Tassen<br />
aus ganz speziellen Röstungen von Bohnen,<br />
von denen es weltweit nur zehn Kilo gibt.<br />
Starbucks, das Kaffeehaus für alle, die Angst<br />
haben, nichts Besonderes zu sein, quält<br />
Kunden mit ähnlich vielen Kombinationsmöglichkeiten<br />
wie die Euromillionen-Lotterie.<br />
Einen Medium Chai Matcha Latte mit<br />
Sojamilch, bitte!<br />
Die italienische Espressobar macht da nicht<br />
mit. Sie sieht nicht besonders aus, und es gibt<br />
mehr oder weniger den gleichen Kaffee wie<br />
bei der nächsten Bar ums Eck. Espresso, er<br />
heißt hier schlicht Caffè, ist schwarz, heiß,<br />
bitter und cremig, nichts Besonderes und<br />
trotzdem richtig gut.<br />
Die italienische Espressobar beharrt hartnäckig<br />
darauf, dass nicht nur das Einzigartige,<br />
Spezielle, Teure schön und gut ist. Schön<br />
und gut, sagt sie, kann und muss auch das<br />
völlig Normale, das ganz Alltägliche sein.<br />
Das macht mit jedem Schluck Mut und<br />
Italien ist es ein klassenloser Ort geblieben.<br />
An der Bar drängen sich so viele verschiedene<br />
Menschen, dass einfach kein Platz bleibt<br />
für Neid und Standesdünkel. Vor dem Barista<br />
sind alle gleich. Ein Euro für einen<br />
Espresso (im Süden ist es noch weniger!),<br />
das ist schließlich kein Preis, sondern eine<br />
Lebenseinstellung: Kaffee ist nicht Luxus,<br />
sondern Menschenrecht.<br />
Das heißt nicht, dass der Kaffee an sich<br />
hier nicht ernst genommen wird – im<br />
Gegenteil. Es gibt wenige so stolze Menschen<br />
wie italienische Barista. Ihr Stolz ist<br />
allerdings grundverschieden von jenem<br />
ihrer schlechten Third-Wave-Kollegen (es<br />
gibt natürlich auch gute) mit Bart und<br />
Männerdutt, die sich mehr in der Tradition<br />
des Propheten sehen denn in der des<br />
Dienstleisters. Der Stolz des italienischen<br />
Barista ist der schöne, demütige Stolz, eine<br />
scheinbar schlichte Arbeit so gut wie nur<br />
irgendwie möglich zu machen.<br />
Hoffnung – und das Leben unendlich<br />
Der gute Barista in Italien (es gibt natür schöner als der beste Kaffee. <<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
131<br />
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KÜCHENZETTEL<br />
Gourmet-Autor<br />
SEVERIN CORTI<br />
DAS ORIGINALE<br />
APHRODISIAKUM<br />
Die Rote Bete gilt nicht zufällig als liebste Frucht der Aphrodite<br />
und hat durchaus das Zeug zum großen Auftritt.<br />
R<br />
ote Bete? Wäh! Mit viel<br />
zu viel Kümmel und Zucker<br />
in billigen Industrieessig<br />
gelegt, mit dem einzigen<br />
Ziel, den gemischten Salat<br />
zum Schnitzel in erschreckende Rottöne<br />
einzufärben: So war sie, die Rote Bete<br />
der Kindheit. Immer latent aggressiv am<br />
Gaumen, geschmacklich wenig überzeugend,<br />
aber stets das Potenzial in sich<br />
bergend, nach dem sonntäglichen Wirtshausausflug<br />
für gröbere Unruhe zu sorgen.<br />
»Hilfe, Mama, mein Pipi ist rot!« Von<br />
dem Schock scheinen sich viele ihr Leben<br />
lang nicht erholt zu haben.<br />
Anders ist nämlich kaum zu erklären,<br />
warum sich bei Spontanumfragen im Bekanntenkreis<br />
stets eine qualifizierte Mehrheit<br />
findet, die von Roter Bete auch heute<br />
noch nix wissen will.<br />
Dabei haben gerade kreative Köche sie<br />
in den vergangenen Jahren richtig ins Herz<br />
geschlossen – so sehr, dass manche das traditionelle<br />
Lagergemüse inzwischen sogar<br />
im Sommer auf die Karte setzen: in Salz<br />
gebacken zum Beispiel und mit Himbee -<br />
ren und Schwarzer Johannisbeere zu<br />
pochiertem Hummer kombiniert. Oder<br />
hauchdünn geschnitten und knapp mariniert<br />
als Unterlage für knusprig frittierten<br />
Fisch. Oder, auch nicht schlecht, als eisgekühlte<br />
Suppe nach Gazpacho-Manier. Wer<br />
solches probiert, wird die natursüße Knolle<br />
vielleicht in neuem Licht wahrnehmen.<br />
Und verstehen, warum ausgerechnet<br />
Rote Bete den alten Griechen als besonders<br />
begehrenswertes Gemüse galten: Der<br />
Legende nach war sie die Wurzel der überirdischen<br />
Schönheit Aphrodites. An ihrem<br />
Herzblut labte sich die Göttin der Liebe.<br />
In Rom glaubt man deshalb bis heute, dass<br />
Mann und Frau, die von derselben Roten<br />
Bete essen, sich prompt in einander verlieben.<br />
Mit solch poetischem Wissen im<br />
Hintergrund sollte sich das süßsaure Kümmelgemüse<br />
verdrängen lassen, das einem<br />
als Kind die Freude am Schnitzel-Salat<br />
rauben konnten.<br />
Aber Rote Bete lässt sich auch ganz ohne<br />
nobelküchenmäßigen Aufwand in große<br />
Köstlichkeiten verwandeln: Roh gerieben<br />
und mit einer scharf-säuerlichen Vinaigrette<br />
mit ordentlich Dijonsenf und Weinessig<br />
angemacht, ist sie ein wunderbarer Kontrapunkt<br />
zu kurz gebratenem Fleisch.<br />
Im Ofen gebacken, wie im Rezept rechts,<br />
wird ihre verblüffende Süße durch Röstaromen<br />
noch unterstrichen. Weil das fast<br />
ein bisschen viel werden kann, empfiehlt<br />
sich aber, dabei stets auch ein paar kleine,<br />
zart bittere Steckrüben mitzubacken –<br />
nicht nur, weil es toll aussieht, sondern<br />
auch, weil die beiden eng verwandten<br />
Rüben ihre sehr unterschiedlichen Charaktere<br />
in dem Fall so gegeneinander<br />
ausspielen können, dass am Ende beide<br />
davon profitieren. Etwas Besseres kann<br />
einem als Koch gar nicht passieren.<br />
SALAT AUS<br />
GEGRILLTER BETE<br />
MIT OLIVEN-<br />
TAPENADE UND<br />
MARINIERTEN<br />
SARDELLEN<br />
(für 2 Personen)<br />
ZUTATEN<br />
1 Bund junge Rote Bete<br />
1 Bund (300 g) junge weiße Halmrüben<br />
1 milde, rote Zwiebel (z. B. Tropea)<br />
3 EL schwarze Oliven<br />
1 ½ TL Kapern, abgetropft<br />
1 Knoblauchzehe, gerieben<br />
2 EL Olivenöl<br />
1 kleiner Bund Petersilie, gehackt<br />
Saft einer ½ Zitrone<br />
2 Handvoll Rucola<br />
10–12 in Essig marinierte Sardellenfilets<br />
(»Boquerones«)<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Die Bete waschen, das Grün abschneiden. Auf<br />
einem Backblech mit Olivenöl beträufeln, salzen.<br />
Den Grill des Backofens vorheizen und in der Mitte<br />
des Ofens etwa 40 Minuten grillen, bis die Bete gebräunt<br />
ist, dabei nach circa 20 Minuten wenden.<br />
– Währenddessen die Tapenade vorbereiten: Oliven<br />
entsteinen, mit Olivenöl, Zitronensaft, Knoblauch<br />
und Kapern in einem Mörser oder der Küchenmaschine<br />
zu einer groben Paste zerkleinern. Zum<br />
Schluss die Petersilie zugeben und gut verrühren.<br />
– Die Bete in mundgerechte Stücke schneiden und<br />
auf einer Servierplatte arrangieren. Den Rucola<br />
und die milde Zwiebel in feinen Scheiben darüber<br />
verteilen. Die Olivensalsa zugeben und die Sardellenfilets<br />
dekorativ darüber drapieren.<br />
Fotos: Betina Hastof<br />
132 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Gesammelte Rezepttipps<br />
von Severin Corti unter:<br />
falstaff.com/corti<br />
Fotos: Betina Hastof<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
Ca’ de Noci, Tre Dame 2018, Vino Frizzante<br />
Frisch, lebendig und prickelnd, punktet<br />
sensorisch mit Waldbeeren und mineralischen<br />
Noten. Das Tannin ist fein gestrickt und sorgt<br />
gemeinsam mit einer vitalen Säure für eine<br />
animierende Struktur. Federleicht und doch<br />
mit Tiefgang. Macht Spaß und hat Charakter.<br />
vinonudo.at, € 17,01<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
133<br />
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gourmet / BERGKÄSE<br />
AUF DEN<br />
LAIB<br />
GESCHNEIDERT<br />
Auf den Almen wachsen um ein Vielfaches mehr Gräser und Kräuter als im Tal. Diese alpine Vielfalt<br />
schmeckt man in der Milch und im Käse. <strong>Falstaff</strong> begibt sich auf die Suche nach dem besten Bergkäse.<br />
TEXT BERNHARD DEGEN<br />
134<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Das Mikroklima in den<br />
Reiferäumen ist entscheidend<br />
für beste Qualität. Die<br />
Temperatur muss das ganze<br />
Jahr möglichst konstant sein.<br />
Foto: Shutterstock<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
135<br />
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Bei der Arbeit am dampfenden Käsekessel<br />
finden sich drei Generation zusammen. Das<br />
Rühren, das Schneiden mit der Käseharfe,<br />
das Abschöpfen des Granulats mit dem<br />
Käsetuch, alles ist perfekt eingespielt und<br />
geht fast wortlos vonstatten. Es ist ein fast<br />
mystischer Prozess, wobei für jede Handlung<br />
exakt der richtige Zeitpunkt gefunden<br />
werden muss, damit die Qualität für einen<br />
Gruyère d’Alpage AOP stimmt. Béat vergourmet<br />
/ BERGKÄSE<br />
Die Senner achten auf Tierwohl<br />
und kennen jedes Tier beim<br />
Namen. Auf den Almen über<br />
dem mittelalterlichen Städtchen<br />
Gruyère liegt die Wiege der<br />
alpinen Käserkultur.<br />
Wenn die Kühe im<br />
Herbst von der Alm<br />
wieder ins Tal ziehen,<br />
ist das ein ganz<br />
besonderer Moment.<br />
Der Festakt des Almabtriebs ist ursprünglichstes<br />
Brauchtum, bei dem nur gefeiert<br />
wird, wenn Kühe und Senner den Sommer<br />
heil überstanden haben. Der Schweizer<br />
Käsemacher Béat Piller erzählt von der<br />
engen Beziehung zwischen Menschen und<br />
Kühen: Eines Tages war alles schon für den<br />
Auszug von der Alm vorbereitet, die Kühe<br />
sollten mit seiner Familie schon vorgehen,<br />
der Produzent von Gruyère d’Alpage AOP<br />
war noch mit der letzten Käseproduktion<br />
des Jahres beschäftigt und wollte so rasch<br />
wie möglich nachkommen. Einziges Problem:<br />
Die Kühe weigerten sich, ohne ihre<br />
wichtigste Bezugsperson loszugehen und<br />
ließen sich so lange nicht bewegen, bis der<br />
Senner selbst die Herde anführte.<br />
Geschichten wie diese sind es, die uns den<br />
einzigartigen Charakter von Bergkäse<br />
ansatzweise verstehen lassen. Auf den<br />
Almen der Schweiz und in <strong>Österreich</strong> haben<br />
die Kühe noch Namen, und die Beziehung<br />
von Mensch zu Tier ist so wie noch vor<br />
Hunderten Jahren. Auch der Käse wird<br />
noch so gemacht wie damals. Bei unserem<br />
Besuch auf der Alm der Familie Piller auf<br />
der Alp Vounetz hoch oben über dem Greyerzersee<br />
knistert bereits ein eindrucksvolles<br />
Feuer unter dem Kupferkessel, der bis oben<br />
hin mit Morgen- und Abendmilch gefüllt ist.<br />
In der uralten Almhütte verbringt die Familie<br />
die Sommermonate auf engstem Raum,<br />
Großeltern, Eltern und vier Kinder. »Die<br />
brauchen hier keinen Fernseher«, sagt Béat.<br />
»Die sind den ganzen Tag beschäftigt.« Tatsächlich<br />
helfen alle in der Almwirtschaft<br />
zusammen und jeder hat seine Aufgaben.<br />
Die Kinder sind von ihrem Sommersitz so<br />
fasziniert, dass sie sogar im Puppenspiel<br />
Rollen wie Hirte oder Senner vergeben.<br />
EIN MYSTISCHER PROZESS<br />
Fotos: Shutterstock, Bernhard Degen<br />
136 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Die Milch im mächtigen Kupferkessel wird mit Lab sowie Molke vom Vortag versetzt und am offenen Feuer erhitzt.<br />
Wenn sie aushärtet, schneidet der Senner die Masse mit der Käseharfe zu feinen Käsekörnern. Diese werden<br />
dann mit dem Käsetuch herausgehoben und in vorbereitete Formen gepresst und von der Molke getrennt.<br />
Fotos: Shutterstock, Bernhard Degen<br />
lässt sich dabei mehr auf sein Gefühl als auf<br />
moderne Technik. Jeder Tag ist anders, jede<br />
Milch verhält sich anders. Es kommt immer<br />
darauf an, wo die Kühe was gefressen<br />
haben und wie das Wetter war. Wir beginnen<br />
in der Region Gruyère, weil hier die<br />
Käseherstellung schon 1115 erstmals<br />
erwähnt wurde und man hier deshalb die<br />
Wiege der alpinen Käsekultur vermutet. Ab<br />
etwa 1500 wurde die Milch mit Lab versetzt,<br />
zu Hartkäse verarbeitet und konnte<br />
so konserviert werden. Dies war die Initialzündung<br />
für hochalpine Milchkuhhaltung,<br />
denn was hätte man sonst mit so viel Milch<br />
ohne geeignete Transportmöglichkeiten<br />
machen sollen? Beim Almabtrieb wurden<br />
damals nicht nur die Kühe ins Tal gebracht,<br />
sondern auch die gesammelten Käselaibe.<br />
Der positive Nebeneffekt der praktischen<br />
Notwendigkeit der Haltbarmachung war,<br />
dass sich durch die Reife der wunderbar<br />
würzige Geschmack entwickelte. In den<br />
Alpen im Berner Oberland und im Wallis<br />
haben die Bauern über mehrere Jahrzehnte<br />
Jahrgangskäse gelagert, die bei speziellen<br />
Anlässen wie Hochzeiten serviert wur-<br />
<<br />
Alm- bzw. Alpkäse<br />
wird noch in echter<br />
Handarbeit hergestellt.<br />
Das Entrahmen erfolgt<br />
durch händisches<br />
Abschöpfen, und es wird<br />
noch mit Holz befeuert.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
137<br />
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gourmet / BERGKÄSE<br />
Die Käsevielfalt ist enorm<br />
gewachsen. Die Aromatisierung<br />
mit alpinen Kräutern ist bei den<br />
Konsumenten sehr beliebt.<br />
»Auf einem<br />
Quadratmeter<br />
Talwiese<br />
wachsen zehn<br />
bis zwölf verschiedene<br />
Gräser und Kräuter,<br />
auf Almen sind es 150!«<br />
ROLF BEELER Käse-Experte<br />
AUF DIE HERKUNFT ACHTEN<br />
den. Welch<br />
enormes Reifepotenzial<br />
Alpkäse<br />
hat, zeigt die<br />
Tradition, dass bei<br />
Totenmahlen Jahrgangskäse<br />
aus dem<br />
Geburtsjahr des Verstorbenen serviert wird.<br />
Die durch die Haltbarmachung der Milch<br />
effizient gewordene Almwirtschaft verbreitete<br />
sich rasch im gesamten Alpenraum,<br />
nach Frankreich, Italien und <strong>Österreich</strong>.<br />
Bergkäse ist ein weit gefasster Begriff,<br />
wobei die Milch zwar aus Bergregionen<br />
stammen muss, es darf aber auch Talmilch<br />
von verschiedenen Betrieben verwendet<br />
werden. Bei Alp- bzw. Almkäse darf nur<br />
Milch von einer einzigen Alm verarbeitet<br />
werden. In <strong>Österreich</strong> und der Schweiz ist<br />
dafür echte Handarbeit, wie umseitig<br />
gezeigt, vorgeschrieben. Käsepapst Rolf<br />
Beeler macht den Unterschied deutlich:<br />
»Auf einem Quadratmeter Talwiese wachsen<br />
zehn bis zwölf Gräser und Kräuter, auf<br />
Almwiesen sind es 150!« Große Vielfalt<br />
gibt es vor allem im hochalpinen Bereich:<br />
Auf jeder Alm wächst anderes Futter, jeder<br />
Käser hat seine eigene Philosophie. Auch<br />
Käse-Legende Herbert Schmid unterstreicht<br />
die Vorzüge der Almwirtschaft: »Die Milch<br />
aus den Bergen ist noch mit allen Kräutern<br />
behaftet, Almkäse hat daher eine viel höhere<br />
Geschmacksvielfalt.«<br />
138 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
<<br />
HOCHWERTIGE<br />
ALM-/ALPKÄSE<br />
Käse Abt<br />
Am Wehr 9, 82369 Weilheim<br />
kaese-abt.de<br />
Peppikäse<br />
Weichselstraße 7, 12043 Berlin<br />
peppikaese.de<br />
Oberstdorfer Käse-Alp<br />
Am Marktplatz 5, 87561 Oberstdorf<br />
kaesealp.de<br />
Feinkost Käfer<br />
Prinzregentenstraße 73, 81675 München<br />
feinkost-kaefer.de<br />
Feiner Käse Hemmen<br />
Daimlerstraße 4, 49733 Haren<br />
feiner-kaese.de<br />
Kaeseleckerland<br />
Am Kälberanger 17, 38302 Wolfenbüttel<br />
kaeseleckerland.de<br />
Okäse<br />
nur online verfügbar<br />
okäse.de<br />
Fromagerie Hebebrand<br />
Tolkewitzer Str. 4, 01277 Dresden<br />
fromagerie-dresden.de<br />
Käsestube – Gutes aus Milch<br />
Schillerstraße 30-40, 60313 Frankfurt<br />
gutesausmilch.com<br />
La Käserie<br />
Lychenerstr. 6, 10437 Berlin<br />
lakaeserie.de<br />
Während die Schweiz mit weltbekannten<br />
Herkunftsmarken wie Gruyère, Vacherin,<br />
L’Etivaz, Sbrinz etc. in regionalen Verbänden<br />
arbeitet, hat sich in <strong>Österreich</strong> die<br />
Produktion in Einzelunternehmen, die ein<br />
größeres Sortiment an Käsearten anbieten<br />
können, durchgesetzt. Der Käse-Sektor ist<br />
in <strong>Österreich</strong> Vorreiter beim Herkunftsschutz<br />
und hat die meisten »g.U.«-Kennzeichnungen:<br />
Dazu gehören Tiroler, Vorarlberger<br />
und Gailtaler Alm- bzw. Alpkäse.<br />
Viele Senner liefern größeren Betrieben zu,<br />
andere wiederum suchen Spezialisten, die<br />
die Laibe im Streben nach höchster Qualität<br />
extra lange reifen lassen. Diese Käse-Raritäten<br />
findet man nicht beim Diskonter, sondern<br />
nur bei etablierten Käsehändlern (siehe<br />
Kasten). Findige Käsefreunde spüren aber<br />
auch in Supermärkten großartige Käsequalitäten<br />
auf. Wichtig ist dabei, dass man sich<br />
nicht durch zünftige Aufmachung irritieren<br />
lässt, die eine Herstellung auf der Alm suggeriert.<br />
Es lohnt sich immer, auf geschützten<br />
Ursprung (g. U. oder AOP) zu achten.<br />
Je hochwertiger der Käse, desto besser schmeckt<br />
das Fondue. Der Klassiker »moitié-moitié«<br />
besteht je zur Hälfte aus Gruyère und Vacherin.<br />
<<br />
Fotos: Bea Weinmann, Benjamin Schlachter/Bregenzerwald Tourismus, Ludwig Berchtold/KäseStrasse Bregenzerwald, Shutterstock<br />
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Johannes King, 2-Sterne-Koch und Unternehmer, Söl’ring Hof auf Sylt<br />
«Vertrauen hat vor allem mit<br />
Verlässlichkeit zu tun.»<br />
Für den Sylter 2-Sterne-Koch Johannes King ist eines klar: Bei der Kreation seiner Gerichte sind gute Zutaten<br />
das A und O. Deshalb verbinden uns auch dieselben Werte. Denn ebenso wie seine Gäste im Söl’ring Hof darauf<br />
vertrauen können, dass bei ihm nur Produkte von bester Qualität verarbeitet werden, können sich auch unsere<br />
Kundinnen und Kunden auf erstklassige Leistungen bei der Umsetzung unserer Investmentstrategie «Stabilität für<br />
Ihr Vermögen» in massgeschneiderte Anlagekonzepte verlassen. Immer orientiert an den individuellen Zielen und<br />
Wünschen unserer Kundinnen und Kunden – eben «eine Spur persönlicher».<br />
www.frankfurter-bankgesellschaft.com<br />
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gourmet / DEN SOMMER VERLÄNGERN<br />
PIMENT<br />
D’ESPELETTE<br />
Das besondere Gewürz ist so etwas wie<br />
der Shootingstar in den Küchen. Vom<br />
Starkoch bis zum Hobbykoch würzt man<br />
gerne mit der roten Frucht mit dem dezent-peppigen<br />
Aroma. Die fruchtige Chili–Sorte<br />
Gorria ist nur mit dem Gütesiegel<br />
A.O.P. (Appellation d’Origine Protégée)<br />
ein echter Piment d’Espelette.<br />
Denn nur dann ist die Herkunft aus dem<br />
Dorf und der Region Espelette im französischen<br />
Baskenland im Südwesten<br />
Frankreichs garantiert. Der Aufstieg vom<br />
Mitbringsel baskischer Seefahrer zum<br />
Liebling der Gourmets beschert eine<br />
Vielzahl an feinen Produkten und Möglichkeiten.<br />
In der Küche geben sie Fisch<br />
und Fleisch den besonderen Kick, bei<br />
Feinkost reicht das Spektrum von dunklen<br />
Schokoladen bis zu Entenlebern, die<br />
auch hier daheim sind. In Deutschland<br />
z. B. erhältlich bei schuhbeck.de.<br />
Fotos: beigestellt StockFood/Grilly, Bernard, StockFood/Löffler, Michael/FC<br />
140 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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URLAUB<br />
FOREVER!<br />
Sommerreisen verbindet man sehr oft mit unverwechselbaren Düften und<br />
Geschmackserlebnissen. Von solchen »kulinarischen Erinnerungen« und ihrem Potenzial<br />
als »Ferienglück-Konservierer« für die kalten Tage zuhause erzählen wir hier.<br />
TEXT ILSE FISCHER<br />
Fotos: beigestellt StockFood/Grilly, Bernard, StockFood/Löffler, Michael/FC<br />
Jeder von uns hat mindestens einen<br />
»Urlaubsgeschmack« auf der<br />
Zunge, duftende Erinnerungen in<br />
der Nase und bunte Bilder im<br />
Kopf. Und jeder erinnert sich an<br />
sonnendurchflutete Genussmomente auf<br />
fernen, südlichen Terrassen am Meer, an<br />
Seen oder in rosmarinduftenden Gärten.<br />
Manchmal ist es gar nicht schwer, diese<br />
wunderbaren kulinarischen Urlaubsbilder<br />
in der dunklen, kühleren Jahreszeit wiederauferstehen<br />
zu lassen und sie mit Familie<br />
und Freunden zu teilen – mit Zutaten und<br />
Rezepten, die man aus den Ferien mitgebracht<br />
hat, oder mit besonderen Lebensmitteln,<br />
die man hier bei uns auf den Märkten<br />
und in Feinkostläden findet.<br />
Bei sinkenden Temperaturen brauchen<br />
wir Gerichte und vor allem Gewürze, die<br />
uns wärmen und zumindest auf den Tellern<br />
den Sommer zurückgeben, auf den wir nun<br />
in unseren Gefilden ein paar Monate warten<br />
müssen. Tun Sie das zum Beispiel mit<br />
unseren Rezeptideen.<br />
Der vielleicht einfachste Tipp kam bislang<br />
noch nicht vor: die ganz persönlichen<br />
kulinarischen Entdeckungen, die unsere<br />
Sommertage in Stadt, Land, Meer überall<br />
auf der Welt so besonders gemacht haben<br />
und die – in einem kleinen, besonderen<br />
Heft notiert – lange ein kleines (kulinarisches)<br />
Glück versprechen. Unsere Ideen, die<br />
wir zusammengestellt haben, tun das hoffentlich<br />
auch.<br />
OLIVENÖL AUS KROATIEN<br />
Das Familienunternehmen der Brüder Sandi und Tedi Chiavalon im istrischen Vodnjan produziert<br />
eines der weltweit besten Olivenöle. Das liest man in der Olivenöl-Bibel »Flos Olei«, der Instanz<br />
in Sachen Öle – 2018 gab es für die Cuvée Ex Albis 95 von 100 möglichen Punkten. Und das<br />
schmeckt man. Eine perfekte Mischung aus den Sorten Buža, Bianchera, Leccino, Carbonazza,<br />
Moraiolo und Rosinjola wird kalt gepresst und in schöne Designflaschen gefüllt. Ex Albis betört<br />
die Nase mit einem intensiven und feinen Geruch nach Artischocken und getrocknetem Obst.<br />
Aber auch alle anderen Öle sind den Weg hierher wert. Wer es eilig hat, findet<br />
Chiavalon-Öle auch unter delicije.de.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
141<br />
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gourmet / DEN SOMMER VERLÄNGERN<br />
KALAMATA-OLIVEN AUS GRIECHENLAND<br />
Griechische Gerichte duften nach Urlaub und Oliven. Toll, dass das Angebot an Oliven<br />
aus dem Land der Götter bei uns so groß ist. In der Hauptstadt Messeniens, Kalamata,<br />
auf der Halbinsel Peleponnes gelegen, treffen die Olivenbäume auf das Meer. Die Meeresbrise<br />
und die Handarbeit, die der steinige Boden den Kleinbauern abverlangt, bringen<br />
Früchte hervor, die weltweit als Delikatessen bekannt sind, die aromatischen Kalamata-<br />
Oliven. Groß, würzig und mit feiner Zitrusnote sind sie die idealen Speiseoliven. Bio-Kalamata-Oliven<br />
kann man auch hierzulande bei Manufactum bestellen – mit Kern, per Hand<br />
und vollreif geerntet und in Gläser gepackt.<br />
manufactum.de<br />
SOBRASADA DE MALLORCA<br />
Für die Kultwurst von Mallorca gibt es sogar ein eigenes<br />
Fest, die Feria de la Sobrasada im Oktober. Die Wurst ist<br />
aus der Küche der Insel nicht wegzudenken, sie ist Nationalheiligtum,<br />
kulinarischer Fixstern und eine wichtige Konstante<br />
kulturell-kulinarischer Identität. Bestes Fleisch von den<br />
berühmten schwarzen Schweinen, Paprika und geheime<br />
Gewürzmischungen: Fertig ist der Star. Zu kaufen gibt es<br />
sie überall: Ein besonderes Erlebnis bietet das 1896 gegründete<br />
Colmado Santo Domingo in Palma, wo die glänzende<br />
Fleischware dicht an dicht von Wänden und Decke hängt,<br />
darunter die allerbeste Sobrasada, natürlich mit dem Gütesiegel<br />
»Sobrasada de Mallorca de Cerdo Negro«, das die<br />
perfekte Qualität garantiert.<br />
colmadosantodomingo.com<br />
SPIGOL<br />
Spigol ist ein echter Geheimtipp für alle, die Urlaubsgefühle<br />
in ihre Gerichte zaubern möchten. Der Rat, es zu probieren,<br />
stammt von einem sehr guten Bistro-Koch im Fischerdorf<br />
Cassis im Süden Frankreichs. Seit 1876 gibt es den »Küchenhelfer«<br />
in den gelben Säckchen, die bis heute unverändert<br />
aussehen. Schon für seine Urgroßmutter sei Spigol unerlässlich<br />
für die perfekte Fischsuppe gewesen, erzählt der<br />
Chef. Safran der Armen oder einzigartige Gewürzmischung:<br />
Entscheiden Sie selbst. Jedenfalls hat das Pulver auch bei<br />
uns das Potenzial zum Küchenliebling und zaubert garantiert<br />
feine Würze und sonnengelbe Farbe in Suppen, Pastaoder<br />
Reisgerichte. Und es ist ein köstliches Geschmackstopping<br />
für allerlei Gemüse. spigol.com<br />
Fotos: Shutterstock, StockFood/The Picture Pantry, StockFood/Cathcart, Helen, StockFood/Jalag/Bassler, Markus, beigestellt<br />
142 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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TRÜFFEL<br />
AUS ISTRIEN<br />
In den Hügeln und Wäldern Istriens<br />
sind Schätze versteckt, die vierbeinige<br />
Freunde suchen und die den Fans<br />
glänzende Augen machen: Trüffel.<br />
Überall gibt es sie im Angebot, frisch,<br />
eingelegt, als Paste oder Öl. Auf der<br />
Suche nach dem perfekten Trüffel-<br />
Partner wurden wir bei Natura Tartufi<br />
(demnächst: Pietro & Pietro) und<br />
Daniela Puh fündig. Die Natur steht<br />
nicht nur im Namen, sondern ist Bestandteil<br />
der Philosophie, und daher<br />
sind die frischen Trüffel und die daraus<br />
entwickelten Produkte, die von<br />
der Familie hergestellt werden, mit<br />
einem »Echtheitszertifikat« versehen.<br />
Nur die besten Rohstoffe werden<br />
sorgfältig verarbeitet, und auch die<br />
verschiedenen frischen Trüffel kommen<br />
im Eiltempo (24 Stunden) zu<br />
den Genießern auf die Teller. Das tut<br />
gut, das schmeckt und riecht man.<br />
naturatartufi.com<br />
Fotos: Shutterstock, StockFood/The Picture Pantry, StockFood/Cathcart, Helen, StockFood/Jalag/Bassler, Markus, beigestellt<br />
ZITRONEN AUS SIZILIEN<br />
Die Zitrone ist das Symbol Siziliens, das schon im Mittelalter zum<br />
Ruhm der Insel beigetragen hat. Mit dem schon damals gültigen<br />
Handelsprädikat »Zitrusfrüchte aus Sizilien« wurde höchster Genuss<br />
versprochen, und das gilt bis heute. Viermal im Jahr wird auf<br />
der Vulkan-Insel geerntet, und je nach Jahreszeit spricht man von<br />
Primofiore, Bianchetto, Verdello und Femminello. Die mehr oder weniger<br />
sauren Früchte bringen eine sonnengelbe Ladung Vitamin C auf<br />
unsere Teller. Im Land, wo die Zitronen blühen, ist die Frucht Hauptdarstellerin<br />
in vielen Gerichten, die auch bei uns an dunklen Tagen nach<br />
Sommer schmecken. Einer der besten Bio-Produzenten ist Francesco Bruschetto<br />
aus Taormina. Sein Zitronengarten ist immer einen Besuch wert. Er<br />
liefert auch direkt nach Deutschland. francescobruschetto1@hotmail.it<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
143<br />
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gourmet / REZEPTE<br />
<strong>Falstaff</strong> Rezept-Newsletter<br />
Rezeptideen kostenlos<br />
via E-Mail erhalten<br />
falstaff.com/rezept-newsletter<br />
144 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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SOMMER<br />
OHNE ENDE<br />
Wie alles Schöne, ist auch der Sommer Jahr für Jahr zu schnell vorbei. Doch<br />
kein Grund zur Traurigkeit: Drei Spitzenköche haben sich Gedanken gemacht,<br />
wie die warme Jahreszeit in die kulinarisch-köstliche Verlängerung gehen kann.<br />
FOTOS KONRAD LIMBECK<br />
KONZEPT & PRODUKTION URSULA MACHER<br />
FOODSTYLIST BENJAMIN WILKE<br />
VIELEN DANK AN SEITZ-KERAMIK.AT<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
145<br />
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gourmet / REZEPTE<br />
146 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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PASTA SANTANYI<br />
(FÜR 4 PERSONEN)<br />
ZUTATEN FÜR DAS SUGO<br />
1 frische Zwiebel<br />
2 Knoblauchzehen<br />
2 Karotten, geschält<br />
3 Stangen Junglauch<br />
Olivenöl<br />
400 g geschälte Tomaten (Pelati)<br />
2 reife Ochsenherztomaten<br />
250 g Sobrasada de Mallorca<br />
35 g Sardellen<br />
Basilikum<br />
Petersilie<br />
Meersalz, Pfeffer<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Zwiebel und Knoblauch klein schneiden, die Karotten<br />
fein reiben. Den Junglauch ebenfalls klein<br />
schneiden und alles gemeinsam in Olivenöl anschwitzen.<br />
Die Pelatitomaten mixen und dazugeben.<br />
Die Ochsenherztomaten grob schneiden und<br />
ebenfalls beifügen.<br />
– Die Tomatensauce nun ca. 15 Minuten auf kleiner<br />
Flamme köcheln lassen. Die Sobrasada schälen, in<br />
grobe Stücke schneiden und dazugeben. Die Sardellen<br />
fein schneiden und ebenfalls beigeben. Basilikumblätter<br />
und grob gehackte Petersilie beifügen<br />
und weitere 30 Minuten köcheln lassen. Mit Salz<br />
und Pfeffer abschmecken.<br />
ZUTATEN FÜR DIE PASTA<br />
400 g Casarecce<br />
Salz<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Die Casarecce in gut gesalzenem Wasser<br />
bissfest kochen und unter die Sauce mischen.<br />
1 Minuten ziehen lassen und anrichten.<br />
ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />
1 Büffelmozzarella<br />
Olivenöl<br />
Basilikum<br />
ANRICHTEN<br />
– Mit grob gerissenem Büffelmozzarella und<br />
Basilikum bestreuen und mit Olivenöl<br />
beträufeln.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2016 Gallinas y Focas<br />
4kilos, Mallorca, Spanien<br />
Mallorcas Starönologe Francesc Grimalt<br />
komponiert aus der heimischen Manto Negro und<br />
dem internationalen Syrah eine feinwürzige rote<br />
Cuvée mit einer seidigen Textur und<br />
guter Frische.<br />
silkes-weinkeller.de, € 21,90<br />
Rezept von Andreas Döllerer<br />
»Genießerrestaurant Döllerer«, Golling, <strong>Österreich</strong><br />
1979 war ein guter Jahrgang für österreichische<br />
Weine und für die Gastronomie: Andreas Döllerers<br />
Geburtsjahr. Seit 2004 kocht der kreative Star<br />
unter <strong>Österreich</strong>s Köchen im eigenen Betrieb und<br />
perfektioniert seine Alpine Cuisine, deren Ursprung<br />
und Inspiration aus den Salzburger Alpen kommen.<br />
Koch des Jahres, drei Hauben oder 99 <strong>Falstaff</strong>-<br />
Punkte sind nur drei Meilensteine auf seinem Weg.<br />
Foto: beigestellt<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
147<br />
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gourmet / REZEPTE<br />
CEVICHE VOM THUNFISCH<br />
MIT ALGENSALAT UND AVOCADO<br />
(FÜR 2 PERSONEN)<br />
ZUTATEN FÜR DAS CEVICHE<br />
3 Limetten<br />
30 g Ingwer<br />
1 Knoblauchzehe<br />
½ rote Chili<br />
1 Stange Bleichsellerie<br />
1 Zwiebel<br />
Salz, weißer Pfeffer<br />
1 reife Avocado<br />
½ Mango<br />
200 g Thunfisch (wahlweise auch Lachsfilet)<br />
⅓ Bund Koriander<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Limetten entsaften. Den Ingwer, die Knoblauchzehe,<br />
die rote Chili und den Sellerie fein schneiden.<br />
Die Zwiebel in feine Streifen schneiden. Die<br />
eine Hälfte zu den anderen Zutaten geben und<br />
den Rest für später bereitstellen. Das Gemüse<br />
mit Salz und Pfeffer abschmecken und ziehen<br />
lassen. Nach ca. 2 Stunden alles passieren.<br />
– Avocado schälen und in Streifen schneiden.<br />
Mango schälen und in feine Würfel schneiden.<br />
– Thunfisch in mundgerechte Stücke schneiden.<br />
Koriander mitsamt Stiel fein schneiden.<br />
Abschließend alles mit der Marinade<br />
vermengen und direkt anrichten.<br />
ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />
Wakame-Algensalat (fertig erhältlich)<br />
Sprossenmix<br />
ANRICHTEN<br />
– Zuerst den Avocado-Fächer kreisrund auf den<br />
Teller setzen. Danach das Thunfisch-Ceviche in<br />
den Kreis füllen. Als Topping den Wakame-Algensalat<br />
anrichten und mit den Sprossen, Mangowürfeln<br />
und Zwiebelstreifen garnieren.<br />
– Zum Schluss noch etwas von der Marinade über<br />
das Gericht gießen.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2018 Sancerre AOC<br />
Domaine Vacheron, Sancerre, Frankreich<br />
Intensive Feuersteinnuancen, Orangenblüten und<br />
Pfirsich, Mandarinenzesten. Lebendig und saftig,<br />
grüner Apfel, rassige Säurestruktur, feine Fruchtsüße<br />
im Abgang, Limette im Nachhall.<br />
gute-weine.de, € 22,–<br />
Rezept von Christian Eckhardt<br />
»Restaurant PURS«, Andernach, Deutschland<br />
Seine Ausbildung genoss Christian Eckhardt im<br />
»Hotel Bareiss« unter Claus-Peter Lumpp. Es<br />
folgten u. a. Aufenthalte im Drei-Sterne-Restaurant<br />
»Aqua« im »Ritz-Carlton« sowie in der »Villa Rothschild«.<br />
Hier war er von 2014 bis 2017 als Küchenchef<br />
tätig und erkochte zwei Michelin-Sterne. Im<br />
»PURS« wird großer Wert auf regionale und saisonale<br />
Zutaten gelegt. <strong>2019</strong> belohnte der Guide Michelin<br />
seine Bemühungen mit zwei Sternen.<br />
148 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Foto: beigestellt<br />
okt–nov jun 2018 <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
149<br />
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gourmet / REZEPTE<br />
150 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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DEKONSTRUIERTE WASSERMELONE<br />
MIT ZIEGENFRISCHKÄSE, JOGHURT<br />
UND PINIENKERNEN<br />
(FÜR 4 PERSONEN)<br />
ZUTATEN<br />
1 Wassermelone mittlerer Größe<br />
2 EL Bio-Blütenhonig<br />
Schwarzer Pfeffer<br />
Thymian, gezupft<br />
40 g griechisches Joghurt<br />
Abrieb einer halben Zitrone<br />
Pinienkerne, nach Belieben<br />
Salz, schwarzer Pfeffer<br />
ZUBEREITUNG<br />
– Für die dehydrierte Wassermelone die Hälfte<br />
der Wassermelone in zwei Finger breite Stücke<br />
schneiden und im Exkalibur Dörrgerät oder<br />
Ofen bei 50 °C trocknen, bis sie komplett entwässert<br />
ist. Anschließend mit ein wenig Wasser<br />
rehydrieren und in einer Pfanne erwärmen.<br />
– Für die komprimierte Wassermelone die<br />
andere Hälfte der Melone in 2 x 2 cm große<br />
Würfel schneiden, mit Honig bestreichen<br />
und mit schwarzem Pfeffer und Thymian<br />
bestreuen. Im Vakuumsack auf mittlerer Stufe<br />
vakuumieren – dadurch werden die gesamten<br />
Aromen in das Fruchtfleisch gepresst.<br />
– Das griechische Joghurt mit etwas Zitronenabrieb,<br />
Salz und Pfeffer aufschlagen.<br />
– Die Pinienkerne bei 160 °C im Ofen für ca.<br />
10 Minuten rösten.<br />
ZUTATEN FÜR DAS ANRICHTEN<br />
Studentenblumenblüten<br />
Zitronenverbeneblätter, gezupft<br />
80 g Bio-Ziegenfrischkäse<br />
kalt gepresstes Rapsöl<br />
ANRICHTEN<br />
– Die lauwarme, rehydrierte Wassermelone auf<br />
das Teller geben und mit zerbröseltem Ziegenkäse<br />
garnieren.<br />
– Die komprimierten Wassermelonen-Würfel<br />
darauf drapieren.<br />
– Blüten, Zitronenverbene und Joghurt gleichmäßig<br />
auf dem Gericht verteilen. Mit etwas Öl<br />
beträufeln und mit den Pinienkernen bestreuen.<br />
FALSTAFF-WEINEMPFEHLUNG<br />
2017 Assyrtiko Santorini<br />
Sigalas, Santorin, Griechenland<br />
Eine Art griechischer Riesling: feine Mineralik, ein<br />
Hauch von Tropenfrucht und Honig, zart nach<br />
getrockneten Aprikosen. Straff, frisch und zugleich<br />
kraftvoll, verfügt über große Finesse und Länge.<br />
wines-of-greece.de, € 21,95<br />
Rezept von Moritz Stiefel<br />
»Stiefels Hopfenkranz«, Luzern, Schweiz<br />
Den Kochberuf lernte Moritz Stiefel, 36, im »Kreuz« in<br />
Inwil, einige Stationen später folgte ein Engagement in der<br />
»Braui« bei Werner Tobler. Nach zwei Jahren als Souschef<br />
wechselte er ins Luzerner »Südpol«, 2011 machte er sich<br />
als Caterer selbstständig. Nach weiteren<br />
Zwischenstopps und diversen Pop-ups ist der rastlose<br />
Nomade mit »Stiefels Hopfenkranz« nun heimisch<br />
geworden: Vor drei Jahren eröffnete er sein<br />
Restaurant im der Stadt Luzern gehörenden Traditionshaus.<br />
Foto: beigestellt<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
151<br />
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152 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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EVENT-CUISINE / gourmet<br />
Albert Adrià kocht in der offenen<br />
Küche seines Restaurants<br />
»Enigma« (l.) Ausgefallenes<br />
wie Taube mit Birne (u.).<br />
GANZ<br />
GROSSES<br />
KINO<br />
Fotos: Pepo Segura, Moisés Torne Biayna<br />
Einmal muss man den Fisch für sein Essen selbst angeln,<br />
anderswo versprühen Düsen Meeresduft zwischen zwei<br />
Gängen und man wechselt bis zum Dessert mehrfach die<br />
Räume. Erlebnisgastronomie auf Spitzenniveau kennt<br />
scheinbar keine Grenzen. Sind die Köche verrückt geworden?<br />
TEXT HANS MAHR<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
153<br />
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gourmet / EVENT-CUISINE<br />
Gut essen allein genügt nicht<br />
mehr. Ein »Event« muss es sein,<br />
über das man zu Hause berichten<br />
kann. Spaß soll der Abend<br />
auch machen, am besten eine<br />
Art Küchentheater. Und überhaupt: Wenn<br />
man schon für einen Besuch so viel zahlt<br />
wie für eine Oper mit Anna Netrebko bei<br />
den Salzburger Festspielen, dann sollten alle<br />
Sinne daran teilhaben, nicht nur der<br />
Geschmack – das ist, kurz zusammengefasst,<br />
momentan angesagt in der Eventgastronomie.<br />
Doch was vordergründig bloß effekthascherisch<br />
wirkt, wurde indes wissenschaftlich<br />
belegt: Scheinbar nebensächliche Reize<br />
wie Musik oder visuelle Eindrücke beeinflussen<br />
unser Geschmacksempfinden. Ein<br />
Trend, gefeiert von internationalen Foodies,<br />
skeptisch beäugt von konservativen Feinschmeckern.<br />
Was ist dran am Hype?<br />
Anstoß und Vorbild war das wohl außergewöhnlichste<br />
Gourmetrestaurant der<br />
Welt, das »Ultraviolet« in Shanghai – dort,<br />
wo Paul Pairet mit seinem jahrelang ausgetüftelten<br />
Multivisionskonzept »Psychotaste«<br />
mit Che-Guevara-Bart und passender<br />
Mütze für ein Erlebnis der besonderen<br />
Art verantwortlich zeichnet. Wo dies genau<br />
stattfindet oder was serviert wird, ist ein<br />
akribisch gehütetes Geheimnis, das nicht<br />
einmal für zahlende Gäste (das Eintrittsgeld<br />
liegt bei 400 Euro) gelüftet wird.<br />
Denn selbst die Anreise wird durch einen<br />
irreführenden Treffpunkt und einen verschwiegenen<br />
Chauffeur verschlüsselt.<br />
Durchgesickert ist nur, dass es sich um eine<br />
Lagerhalle im Norden der Stadt, mitten im<br />
alten Gewerbeviertel, handelt. »Irgendwo<br />
in Shanghai« gelangt man also – angekündigt<br />
durch eine anonyme Klingel – in<br />
><br />
In einem<br />
dreistöckigen<br />
Stockholmer<br />
Stadthaus<br />
bekocht Björn<br />
Frantzén seine<br />
Gäste bei einer<br />
fünfstündigen<br />
Gourmet-Tour<br />
durch alle<br />
Etagen.<br />
Fotos: Martin Botvidsson, Scott Wright, beigestellt<br />
154 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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XXXXXXXXXX / xxx<br />
Tosende Wellen und Meeresrauschen – im »Ultraviolet« wird die Szenerie an den jeweiligen Gang angepasst.<br />
Fotos: Martin Botvidsson, Scott Wright, beigestellt<br />
Fotos: beigestellt<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
155<br />
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gourmet / EVENT-CUISINE<br />
><br />
Die Spitzenköche<br />
Ferran und Albert<br />
Adrià haben mit<br />
dem »Heart«<br />
einen Club<br />
eröffnet, in dem<br />
Essen und<br />
Performances<br />
kombiniert<br />
werden (l.).<br />
den Speisesaal mit einem einzigen langen,<br />
weißen Tisch. Rundherum werden Videos<br />
abgespielt, der Raum ist halbdunkel,<br />
die Namen der Gäste werden in grellem<br />
Licht auf den Tisch projiziert, und aus den<br />
Lautsprechern tönt Musik. Gesteuert wird<br />
die Inszenierung von einer Kommandozentrale<br />
aus, die es ermöglicht, jeden der 20<br />
Gänge als Gesamtkunstwerk wirken zu lassen.<br />
Bei »SurfSurfTurfTurf« etwa werden<br />
gegrillte Auster und Gänseleber serviert,<br />
während auf den Videowalls ein Lagerfeuer<br />
lodert, die Beach Boys »Surfin’ U.S.A.«<br />
intonieren und sich durch kleine Düsen<br />
Meeresduft im Raum ausbreitet. Wenn<br />
Wild auf den Tisch kommt, wird die Temperatur<br />
gedrosselt, die Wände verwandeln<br />
sich in einen Wald, und das Licht wird gedimmt.<br />
So eindrucksvoll die Inszenierungen<br />
auch sind, sollen sie dennoch nicht<br />
vom Eigentlichen, dem Geschmackserlebnis,<br />
ablenken, sondern es vielmehr unterstützen.<br />
Wenig verwunderlich, dass dieses<br />
nicht minder extravagant daherkommt:<br />
geschmolzene Gummibärchen, Espuma auf<br />
Schneebesen oder ein besonderes Kunststück<br />
des französischen Spitzenkochs, die<br />
»Coca-Cola-Duck«, bei der die ganze Ente<br />
in heißem Cola quasi frittiert und anschließend<br />
nur die feine Entenhaut abgezogen<br />
wird. »Zehn Jahre habe ich daran gearbeitet,<br />
bis ich diese Kombination geschafft<br />
habe«, sagt Paul Pairet.<br />
Und auch wenn die Food-Show bis ins<br />
kleinste Detail durchgeplant und -gestylt<br />
ist, wird mit humorvollen Servicekräften<br />
und dem Fehlen von jeglichem Dresscode<br />
auf eine entspannte Atmosphäre Wert<br />
gelegt. So wird dann beim Dessert doch<br />
noch ein Geheimnis gelüftet, wenn sich die<br />
Tür zur Küche öffnet und die Gäste mit<br />
Paul Pairet und seinem Team den letzten<br />
Fotos: Gunnar Knechtel/laif/picturedesk.com, KANIZAJ MARIJA-M., beigestellt<br />
156 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Gang gemeinsam anfertigen.<br />
Mit experimenteller Molekularküche hat<br />
sich Ferran Adrià als »Picasso der Köche«<br />
einen unverwechselbaren Namen gemacht.<br />
Doch nur wenige wissen, dass sein Bruder<br />
Albert nicht allein für die Patisserie verantwortlich<br />
war, sondern auch tatkräftig<br />
an Kreationen wie der flüssigen Olive oder<br />
dem luftigen Airbaguette mitwirkte. Mit<br />
der aufsehenerregenden Eröffnung seines<br />
»Enigma« (220 Euro fürs Menü ohne<br />
Getränke) hat sich Albert Adrià emanzipiert<br />
und bewiesen, dass er seinem<br />
berühmten Bruder in nichts nachsteht.<br />
Und wie der Name schon vermuten lässt,<br />
erwartet den Gast auch hier ein Abend<br />
voller Überraschungen. Ist die erste Hürde<br />
– ein Entree mittels Code – geschafft, findet<br />
man sich in einer gläsernen Wunderwelt<br />
voll Rauminstallationen im Norden<br />
Barcelonas wieder. Was folgt, gleicht einer<br />
rätselhaften Reise durch ein Bilderbuch<br />
voll kulinarischer Höhenflüge.<br />
Im ersten Raum gibt es verspielte Vorspeisen<br />
von Kaviar-Blinis bis Wasabi-Seetang,<br />
bevor man um die Ecke an einer<br />
Fischtheke untergebracht wird. Dort bereiten<br />
die Köche live Köstlichkeiten von Lobster,<br />
Krebs, Seegurke und Anchovis zu. Am<br />
Grill wird man mit Sardine, Kaninchen,<br />
Tintenfisch und Wagyu-Beef verwöhnt, bis<br />
»Junge Leute wollen<br />
was erleben – ich find’s<br />
erfrischend, wenn sich in der<br />
Gastroszene etwas tut.«<br />
HEINZ REITBAUER »Steirereck«, Wien<br />
man schließlich in Raum Nummer vier an<br />
einem richtigen Tisch Platz nimmt, an dem<br />
die Hauptspeisen (zehn kleine Tellerchen)<br />
gereicht werden – eine delikater und ausgefallener<br />
als die andere. Für den krönenden<br />
Abschluss gibt es wieder einen Ortswechsel<br />
zu kleinen Ständen, an denen das Dessert<br />
zur Selbstbedienung angerichtet wird.<br />
Und obwohl es in Summe rund 30 Gänge<br />
sind, durch die sich der Gast an einem<br />
Abend kosten kann, bleibt auch nach dem<br />
zweieinhalbstündigen Küchen-Parcours ein<br />
leichtes und – vom begleitenden Champagner,<br />
Wein und Sake – beschwingtes Gefühl<br />
zurück. »Die Gäste sollen sich einfach<br />
wohlfühlen, sehen, wie alles zubereitet<br />
wird, und die gesamte Genusswelt erleben«,<br />
sagt Albert Adrià, der fast vier Jahre an diesem<br />
Konzept gearbeitet hat.<br />
FÜNF STUNDEN PROGRAMM<br />
In Stockholm hat sich Björn Frantzén seinen<br />
Traum und vielleicht auch den seiner<br />
Gäste erfüllt. Vom kleinen, aber feinen<br />
Stadtlokal ist er vor zwei Jahren in ein dreistöckiges<br />
Stadthaus gezogen und werkt<br />
dort mittags und abends jeweils fünf Stunden<br />
lang. Fünf Stunden, in denen er sich<br />
voll und ganz dem Wohl von gerade mal<br />
23 Gästen widmet. Gemeinsam mit seinem<br />
Team unterhält, verköstigt und betreut er<br />
diejenigen, die per Mausklick am jeweils<br />
Ersten des Monats um Punkt 10 Uhr eine<br />
Reservierung für 300 Euro pro Person<br />
ergattert haben.<br />
Wer das Stadthaus durch die braune<br />
Eichentür betritt, erhält gleich zu Beginn<br />
><br />
Fotos: Gunnar Knechtel/laif/picturedesk.com, KANIZAJ MARIJA-M., beigestellt<br />
Frischer geht’s<br />
nicht: Im »Zauo« in<br />
Tokio kann der Gast<br />
seinen Fisch selbst<br />
aus dem Wasser<br />
angeln.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
157<br />
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gourmet / EVENT-CUISINE<br />
Ein Abend im Londoner<br />
»Kitchen Theory« dreht<br />
sich nicht nur ums Essen,<br />
sondern auch um seine<br />
Wechselwirkung mit<br />
anderen Sinnesreizen.<br />
den Adrià-Brüdern in Szene gesetzt, bevor<br />
die Akrobaten des Cirque du Soleil auftreten<br />
– ein Konzept, das durch Toni Mörwald<br />
in Wien und Altmeister Hans-Peter<br />
Wodarz in Berlin auch im deutschsprachigen<br />
Raum kein unbekanntes ist.<br />
FUTURISTISCH VERSUS KLASSISCH<br />
><br />
eine ausführliche Vorstellung der verwendeten<br />
Hauptdarsteller des Abends à la<br />
»Diese Jakobsmuschel hat unser Freund in<br />
Island aus 12 Meter Tiefe getaucht«, bevor<br />
er in den dritten Stock, ins sogenannte<br />
Wohnzimmer, geführt wird. Im bequemen<br />
Lehnstuhl sitzend, kann man sich an einem<br />
Glas Champagner und den ersten<br />
Horsd’œuvres erfreuen, die in einer offenen<br />
Raumküche zubereitet werden. Erst eine<br />
Stunde später geht es wieder einen Stock<br />
tiefer ins eigentliche Speisezimmer. Besonders<br />
hervorgehoben werden die Fischgänge:<br />
Bluefin Tuna mit Yuzu, eine bissfeste,<br />
»natur« angerichtete Languste aus Norwegen<br />
und die handgefischte Jakobsmuschel<br />
mit Daikon-Rettich. Aber so ausnehmend<br />
köstlich die Speisen auch sind, ein bitterer<br />
Nachgeschmack verbleibt dennoch: Bluefin<br />
Tuna ist fast ausgestorben. Schweine und<br />
Lämmer hingegen gibt’s genug auf der<br />
Welt, und daher braucht der Gast beim<br />
Pork mit Blumenkohl und gehobeltem<br />
Trüffel sowie beim Lamm mit Gemüse kein<br />
schlechtes Gewissen zu haben. Bis der Gast<br />
wieder zurück ins Wohnzimmer geführt<br />
wird, zu den Desserts vom Wagen und<br />
einer Zigarre auf der Terrasse, sind dreieinhalb<br />
Stunden vergangen.<br />
Eine vierstündige gastronomisch-multisensorische<br />
Erfahrung offenbart sich in der<br />
Londoner »Kitchen Theory«. Mit Unterstützung<br />
eines Physikprofessors aus Oxford<br />
wird mal blind, mal mit Kopfhörern verkostet.<br />
Es folgen wilde Projektionen und –<br />
nicht zu vergessen – gutes Essen.<br />
Im »Zauo« in Tokio wiederum kommt<br />
der frischeste Fisch auf den Tisch. Denn der<br />
Gast sitzt dabei wortwörtlich mit im Boot<br />
und holt mit der Angelrute sein Seafood<br />
selbst aus dem Pool. Fünf Minuten später<br />
gibt’s Sashimi, dünn aufgeschnitten.<br />
Streetfood auf acht verschiedenen<br />
Wägelchen wird im »Heart« auf Ibiza von<br />
Für die ganz große Erlebnisgastronomie<br />
muss man aber schon größere Wege auf<br />
sich nehmen. »Was der Paul in Shanghai<br />
hingestellt hat, ist wirklich einzigartig«,<br />
sagt Tim Raue, Deutschlands Top-Gastronom.<br />
»Ich hätte so was gern auch in Berlin<br />
gemacht, aber finanziell geht sich das nicht<br />
aus. Sechs Millionen Euro Investition haben<br />
wir kalkuliert – das kann man kaum refinanzieren!«<br />
Auch <strong>Österreich</strong>s Parade-Chef<br />
Heinz Reitbauer kann dem Spektakel beim<br />
Essen einiges abgewinnen. »Junge Leute<br />
wollen was erleben – ich find’s erfrischend,<br />
wenn sich in der Gastro-Szene etwas tut.<br />
Wichtig ist nur, dass vor lauter Kreativität<br />
ringsum nicht die Qualität vergessen wird –<br />
nur witzig allein ist zu wenig!«<br />
Schlussendlich besinnen sich Raue und<br />
Reitbauer zu Recht auf ihre Tugenden. Tim<br />
Raue: »Wir sind ein Essrestaurant, da gibt’s<br />
ein kulinarisches Erlebnis – hoffentlich für<br />
Generationen.« Reitbauer: »Wir sind ein<br />
klassisches Restaurant, wo der Gast und<br />
nicht die Inszenierung wichtig ist!«<br />
Die konservativen Gourmets unter uns<br />
freuen sich, wenn Raue unaufgeregt und<br />
ohne Stockwerkwechsel großartige fernöstliche<br />
Küche auf dem Teller und nicht auf<br />
der Videowand präsentiert. Wenn Heinz<br />
Reitbauer seinen Saibling im Bienenwachs<br />
garen lässt und nicht im Cola. Und wenn<br />
da wie dort niemand auf dem Brotwagen<br />
einen Handstand macht. Denn gute Küche<br />
zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass<br />
sie gut schmeckt. Auch ohne Firlefanz. <<br />
Fotos: John Blackwell, beigestellt<br />
158 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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MEINE WELT.<br />
MEIN LE CREUSET.<br />
Fine Dining. Colour your Life.<br />
Stilvoll à la haute cuisine! Gutes Essen, leckere Drinks und ein glamourös gedeckter Tisch sind die Grundlage<br />
für ein gelungenes Dinner-Event. Le Creuset hat nicht nur die Qualität, die verschiedenste Gerichte perfekt gelingen lässt:<br />
Der Name steht für den höchsten Anspruch an die Dinge, mit denen Sie sich umgeben. www.lecreuset.com<br />
000_000_INSERAT_MUSTERa3.indd 3 09.09.19 10:59
Woher kommt der Käse?<br />
Mit dem EU-Herkunftszeichen<br />
erkennen Sie Spezialitäten, deren<br />
Herkunft direkt mit einer Region<br />
verbunden ist, auf einen Blick.<br />
g. U. = geschützte<br />
Ursprungsbezeichnung<br />
Mit dem g.U.-Zeichen wird ein<br />
Lebensmittel ausgezeichnet, das<br />
nach einem anerkannten Verfahren<br />
vollständig in einem bestimmten<br />
Gebiet aus Zutaten aus<br />
diesem Gebiet hergestellt wurde.<br />
Und dessen Besonderheit mit<br />
seinem geografischen Ursprung<br />
zusammenhängt.<br />
Senner Sein<br />
Ein Leben zwischen Postkartenidylle<br />
und alpiner Härte<br />
Es ist eine eigene Welt: das<br />
Leben auf den Almen,<br />
abseits des städtischen<br />
Gewusels, hoch oben in<br />
den Alpen. Die Schönheit der Natur<br />
steht in starkem Kontrast zu<br />
ihrer Unerbittlichkeit. Als Gast,<br />
erst wandernd oder bergsteigend,<br />
dann auf einer Almhütte<br />
einkehrend, Speis und Trank genießend,<br />
erhält man nur einen<br />
oberflächlichen Eindruck von<br />
den alpinen Lebens- und Arbeitsbedingungen.<br />
Davon, was die Almwirtschaft<br />
für die Menschen bedeutet, die<br />
sie betreiben. Was Arbeit und<br />
Alpen überhaupt mit dem Leben<br />
machen. Die Almbauern verbringen<br />
dort oben die Sommermonate<br />
von Ende Mai bis Anfang<br />
September. Häufig mit Kindern<br />
und Eltern. Kümmern sich in der<br />
Zeit um zwei bis drei Dutzend<br />
Kühe. Melken morgens und<br />
abends, kein Hightech weit und<br />
breit. Dazu die Käseherstellung<br />
– Handwerk und Kunst in einem.<br />
Das braucht Wissen und Können,<br />
Kraft und Gefühl, Erfahrung und<br />
Hingabe.<br />
Viele Sennerinnen und Senner<br />
haben zusätzlich zu den Kühen<br />
auch Schweine und Hühner auf<br />
der Alm. Auch die müssen versorgt<br />
werden und brauchen, wie<br />
die Kühe, Futter und Wasser<br />
aber auch – wie die Kühe! – Zuwendung<br />
und Aufmerksamkeit.<br />
Auf einem Almbauernhof ist<br />
es selbstverständlich, dass alle<br />
Generationen mit anpacken. Gemeinsam<br />
wird von Sonnenaufbis<br />
Sonnenuntergang gewerkt.<br />
Sieben Tage die Woche. Im<br />
Schatten von Berggipfeln und<br />
in Einsamkeit. Weit abseits jeder<br />
Komfortzone. Oft gibt es auf<br />
den Almen keinen Handy-Empfang.<br />
Den Strom erzeugt manchmal<br />
ein Generator – also nur<br />
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tagsüber. Viele Almbauern bewirten<br />
nebenbei auch noch Wanderer<br />
mit Käse, Speck, Brot, Saft,<br />
Most – je nachdem, was räumlich<br />
und organisatorisch möglich ist.<br />
Vor gar nicht allzu langer Zeit<br />
galt diese Lebensweise als nichts<br />
Besonderes. Heute beeindruckt<br />
sie in vielerlei Hinsicht. Es ist, ein<br />
Leben, das von harter Arbeit und<br />
der Schönheit der Natur gezeichnet<br />
ist. Ein Leben, das das Menschsein<br />
auf der Alm und die damit<br />
verbundenen Notwendigkeiten<br />
in den Mittelpunkt stellt.<br />
Und das ist es letztendlich, was<br />
wir in den Produkten wie die<br />
geschützten Berg-, Alm und Alpkäse<br />
aus Tirol und Vorarlberg, die<br />
den Sommer über auf den Almen<br />
von den Sennerinnen und Sennern<br />
hergestellt werden, schmecken<br />
und genießen.<br />
Der Inhalt dieser Veröffentlichung gibt allein die Meinung des Autors wieder, der allein für den Inhalt verantwortlich ist.<br />
Die Europäische Kommission haftet nicht für die etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen.<br />
DIE EUROPÄISCHE UNION UNTERSTÜTZT<br />
KAMPAGNEN ZUR FÖRDERUNG DES ABSATZES<br />
LANDWIRTSCHAFTLICHER QUALITÄTSERZEUGNISSE.<br />
09:45<br />
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83197_AMA_<strong>Falstaff</strong>_Export_Advertorial_466x300_ICv2.indd 2 12.09.19 09:45
A<br />
gourmet / STEAK-KETTEN<br />
Fotos: beigestellt StockFood/The Picture Pantry<br />
162 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Auf den richtigen Cut<br />
kommt es an? Von<br />
wegen. Die Zuschnitte<br />
sind heute international,<br />
nicht aber die Konzepte<br />
der Steakrestaurants.<br />
SAFTIGER<br />
Fotos: beigestellt StockFood/The Picture Pantry<br />
BESTSELLER<br />
AUS FLEISCH & BLUT<br />
Von den USA bis nach Dänemark, von Deutschland bis Großbritannien –<br />
die Lust auf gegrilltes Rindfleisch ist ungebrochen und ließ innovative<br />
Steakrestaurants in den vergangenen Jahren zu internationalen Ketten<br />
anwachsen. Wir liefern Ihnen ein Best-of.<br />
TEXT MICHAEL PECH<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
163<br />
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gourmet / STEAK-KETTEN<br />
MASH (Deutschland, Dänemark)<br />
GRÖSSTER<br />
ABNEHMER<br />
VON WAGYU<br />
Der Name ist die Kurzform von Modern<br />
American Steak House, das Konzept hat<br />
seinen Ursprung in Dänemark. 2009<br />
eröffnete in Kopenhagen das erste Restaurant.<br />
Heute gibt es weitere sechs Filialen<br />
in Dänemark und zwei in Deutschland<br />
(Hamburg, Düsseldorf). In London<br />
musste man jüngst trotz großer Erfolge<br />
schließen, nach einem neuen Standort<br />
wird gerade gesucht. International ist die<br />
Kette inzwischen der größte Abnehmer<br />
von japanischem Wagyu. Im Prime Cut<br />
legt man pro 100 Gramm des feinsten<br />
marmorierten Fleisches 135 Euro auf den<br />
Tisch – ein Preis, der trotz der Höhe als<br />
günstig betrachtet werden darf. Heimatverbundenheit<br />
zeigt man mit dem dänischen<br />
Prime Beef, das im Dry-Aged-Verfahren<br />
bis zu 90 Tage lang reift. Ansonsten<br />
bedient man sich im MASH am besten<br />
an dem, was die Rinder dieser Welt<br />
herzugeben haben: Angus aus Uruguay,<br />
Nebraska Beef aus den USA und in<br />
Deutschland Rind aus Husum. Was alle<br />
Filialen eint, ist eine ausgeprägte Leidenschaft<br />
für gute Weine, wie ein Blick in die<br />
bestens sortierte und oft mehr als tausend<br />
Positionen schwere Weinkarte offenbart.<br />
mashsteak.dk, mashsteak.de<br />
Fotos: www.holstfoto.dk, beigestellt<br />
164<br />
falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Smith&Wollensky (USA, England, Taiwan)<br />
STEAKHOUSE-<br />
LEGENDE<br />
Ein amerikanischer Steak-Evergreen, dessen erste<br />
Filiale im Jahr 1977 in New York eröffnet wurde.<br />
Markenzeichen ist die Fassade in grünen und weißen<br />
Farben, die viele der heute sieben Standorte in<br />
ganz Amerika ziert. Zudem gibt es »Smith&Wollensky«<br />
auch in London sowie in Taipeh (Taiwan).<br />
Im Stammhaus in New York finden die<br />
berühmten Power-Lunches mit Warren Buffett<br />
statt. Der Tisch für sieben Personen kann nur<br />
ersteigert werden, der Rekord liegt bei mehr als<br />
vier Millionen Dollar. Im Vergleich dazu fallen die<br />
Preise im Lokal niedrig aus: Der Klassiker – das<br />
700 Gramm schwere Prime Rib – kostet 60 Euro,<br />
das Porterhouse für zwei Personen (1250 Gramm)<br />
53 Euro. Verwendet wird USDA-Prime, selbstverständlich<br />
handgeschlachtet und bis zu fünf<br />
Wochen lang bei zwei Grad gereift. Legendär sind<br />
hier auch die Seafood-Starter vom Shrimps- und<br />
Hummer-Cocktail bis hin zu den frischen Austern.<br />
smithandwollensky.com<br />
Ein Hochgenuss für<br />
Risotto-Liebhaber.<br />
Erlebe Reis!<br />
Fotos: www.holstfoto.dk, beigestellt<br />
Aus dem Piemont in Italien kommt ein Risotto-<br />
Reis, der Feinschmecker schwärmen lässt:<br />
der ORYZA Selection Risotto Carnaroli.<br />
Die großen, glatten Körner mit bissfestem Kern<br />
und außergewöhnlich feinem Geschmack verwandeln<br />
jedes Gericht in eine cremige Risotto-Kreation.<br />
Nicht umsonst gilt Risotto Carnaroli in Italien als<br />
der beste Risotto-Reis.<br />
Tolle Rezepte und mehr auf www.oryza.de<br />
ORYZA Selection –<br />
Das Beste aus jedem Land.<br />
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gourmet / STEAK-KETTEN<br />
Hawksmoor (Großbritannien)<br />
NACHHALTIGE<br />
FLEISCHESLUST<br />
Es ist ein patriotisches und nachhaltiges Versprechen,<br />
das hier in den unterschiedlichsten<br />
Cuts auf dem Grill brutzelt: In den »Hawksmoor«-Restaurants<br />
wird nämlich ausschließlich<br />
Fleisch von britischen Rindern serviert. Dazu<br />
arbeitet man mit zahlreichen kleinen Farmen im<br />
Königreich zusammen, um nicht nur Qualität<br />
zu garantieren, sondern auch ein artgerechtes<br />
Leben der Tiere. Geschlachtet wird stets von<br />
Hand, das Fleisch hat mindestens 35 Tage lang<br />
Zeit, um trocken zu reifen. 2006 eröffnete im<br />
Norden Londons das erste »Hawksmoor«.<br />
Inzwischen ist die Kette auf neun Betriebe angewachsen<br />
(sieben in London, je einer in Manchester<br />
und Edinburgh), noch für <strong>2019</strong> ist die<br />
Expansion nach New York anvisiert. Die einzelnen<br />
Standorte unterscheiden sich durch Kleinigkeiten:<br />
So ist etwa das »Hawksmoor Air Street«<br />
in der Nähe des Londoner Piccadilly Circus<br />
auch für sein hervorragendes Seafood bekannt.<br />
thehawksmoor.com<br />
Wolfgang’s (USA)<br />
AMERIKAS BESTES<br />
PORTERHOUSE<br />
Hinter dem für viele inzwischen besten Steakhouse<br />
der USA steht der gebürtige Bremer Wolfgang<br />
Zwiener. Seine Geschichte ist mindestens<br />
so aufregend wie sein Steak-Klassiker »Porterhouse<br />
for two or more«: 40 Jahre lang war<br />
Zwiener Kellner im weltbekannten Steaklokal<br />
von Peter Luger in New York. Dann, kurz vor<br />
seinem Ruhestand, wollte er es noch einmal<br />
wissen und machte sich 2004 mit seinem eigenen<br />
Restaurant selbstständig. Dem ersten Lokal<br />
in Manhattans Park Avenue folgten weitere<br />
acht Steakhouses in den USA und zehn in Asien.<br />
Die Philosophie des heute 80 Jahre jungen<br />
Steak-Gurus ist überall dieselbe: Verwendet<br />
wird ausschließlich US-Prime-Beef. Der erwähnte<br />
Porterhouse-Klassiker kommt wie die anderen<br />
Cuts bei glühenden 850 Grad auf den Grill.<br />
Die dafür pro Person »verheizten« 50 Euro sind<br />
es mehr als nur wert. Beim Nachtisch bekennt<br />
sich Zwiener schließlich doch noch zu seinen<br />
Wurzeln: Apfelstrudel mit Schlagsahne.<br />
wolfgangssteakhouse.net<br />
Fotos: Toby Keane Photography, Getty Images, Werner Krug, beigestellt<br />
166 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Toby Keane Photography, Getty Images, Werner Krug, beigestellt<br />
el Gaucho (<strong>Österreich</strong>, Deutschland)<br />
STEAK-GENUSS MADE IN AUSTRIA<br />
Bestes Steak als Familienangelegenheit: Wie eine steirische Gastro-Familie<br />
in <strong>Österreich</strong> den Steak-Boom auslöste und warum mehr Standorte<br />
auch mehr Qualität bedeuten können.<br />
Familienbande (v. l.): Michael Grossauer leitet das<br />
»el Gaucho« in Baden bei Wien, Robert ist der Chef<br />
im Grazer Ableger, Patron Franz Grossauer zieht die<br />
Fäden im Hintergrund.<br />
Baden bei Wien, Graz, Wien, München und<br />
noch einmal Wien: Die Geschwindigkeit, mit<br />
der die österreichische Steakhouse-Marke »el<br />
Gaucho« seit ihrem Start 2011 expandiert,<br />
ist atemberaubend. Hinter dem Erfolgskonzept<br />
steht die steirische Gastro-Familie Grossauer.<br />
Familienoberhaupt Franz Grossauer,<br />
einstiger »Schnitzelkönig« von Graz, hatte<br />
schon vor mehr als zehn Jahren den richtigen<br />
Riecher, als er die Karte in einem seiner Grazer<br />
Wirtshäuser um edle Steaks erweiterte<br />
und für die Zubereitung einen Grillmeister<br />
aus Argentinien einfliegen ließ.<br />
»Das Thema Steakhouse galt schon<br />
damals als weltweiter Trend. Die Idee war<br />
es aber, das Ganze auf eine neue Ebene zu<br />
heben. Wir wollten rund um das Fleisch<br />
mehr Restaurantcharakter aufbauen. Was<br />
auch bedeutet, dass Ofenkartoffel, Pommes<br />
und Kräuterbutter als Beilage nicht ausreichen<br />
werden«, erzählt Franz Grossauer. Mit<br />
genau dieser Idee eröffnete Sohn Michael<br />
Grossauer im Oktober 2011 das erste »el<br />
Gaucho« in Baden bei Wien. Bei diesem<br />
und auch allen anderen »el Gaucho«-Restaurants,<br />
die jeweils vor Ort von einem<br />
Mitglied der Familie Grossauer betrieben<br />
werden, stand ein Mann maßgeblich an der<br />
Seite des Patrons: Schwiegersohn Christof<br />
Widakovich, Koch und heute kulinarischer<br />
Mastermind des Grossauer-Imperiums.<br />
Bei ihm in Graz laufen die Fäden zusammen.<br />
»Das kulinarische Angebot an allen<br />
fünf Standorten ist gleich getaktet, alle<br />
zwei Monate wird die Karte geändert. Für<br />
gleichbleibende Qualität sorgen Powerworkshops,<br />
für die wir die Küchenchefs<br />
aller Standorte zusammenholen«, so Widakovich.<br />
Die »el Gaucho«-Restaurants etablierten<br />
sich so als Steak-Hochburgen, die<br />
einem Schlaraffenland gleichkommen:<br />
mehrgängige Menüs, kulinarische Überraschungen,<br />
feinste Side-Dishes von Trüffelgnocchi<br />
bis zu wildem Brokkoli und ein<br />
beachtlicher Weinkeller. Im Mittelpunkt<br />
steht natürlich immer das Fleisch in den<br />
unterschiedlichen Cuts, entweder argentinisches<br />
Prime Beef oder Murbodner Rind,<br />
mindestens 21 Tage trocken gereift. Auch<br />
wenn heute jeder Standort bis zu 80 Mitarbeiter<br />
zählt – der größte ist übrigens der<br />
am Wiener Rochusmarkt mit 300 Sitzplätzen<br />
– und pro Woche insgesamt mehr als<br />
zwei Tonnen Fleisch auf dem Grill landen,<br />
so sieht man sich selbst noch immer mehr<br />
als Familienbetrieb denn als Kette.<br />
Zukunftspläne? Michael Grossauer: »Wir<br />
vertiefen uns jetzt in die Qualität unserer<br />
Betriebe, neue Standorte werden vielleicht<br />
folgen, wenn die Kinder groß genug sind.«<br />
elgaucho.at<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
167<br />
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gourmet / PORTRÄT<br />
SERIE<br />
DIE RESTAURANT-<br />
MILLIONÄRE<br />
TEIL 1:<br />
NOBU MATSUHISA<br />
KING<br />
OF<br />
SUSHI<br />
Nobuyuki Matsuhisa gehört zu den berühmtesten Japanern der<br />
Welt. Der 70-jährige Starkoch machte die Restaurantketten<br />
»Nobu« und »Matsuhisa« binnen drei Jahrzehnten zu globalen<br />
Lifestylemarken. Auch die Prognose ist rosig: In den nächsten fünf<br />
Jahren soll der Umsatz auf eine Milliarde Dollar gesteigert werden.<br />
TEXT CORINNA VON BASSEWITZ<br />
Wie viele große Erfolgsgeschichten<br />
begann<br />
auch diese klein – und<br />
recht abenteuerlich.<br />
Nobuyuki Matsuhisa,<br />
bekannt als Nobu, arbeitete nach Schulabschluss<br />
mit 15 zunächst als Tellerwäscher in<br />
dem Tokioter Restaurant »Matsue Sushi«<br />
und ließ sich dort auch zum Sushi-Meister<br />
ausbilden. Sieben Jahre später begab er sich<br />
auf eine Weltreise, die seine Lehrmeisterin<br />
sein sollte. Sie startete in Peru, wo er Teilhaber<br />
eines Sushi-Lokals in der Hauptstadt<br />
Lima wurde. Dort legte er den Grundstein<br />
für seine einzigartige Küche: Aus Mangel<br />
an authentischen Zutaten fusionierte Nobu<br />
japanische Komponenten wie frischen Fisch<br />
mit peruanischen wie Olivenöl, Knoblauch,<br />
Chilischoten und Koriander, ein kulinarischer<br />
Geniestreich, der ihn einmal reich und<br />
berühmt machen sollte. Drei Jahre später<br />
war der Laden pleite, und Nobu begab sich<br />
auf einen glücklosen Ausflug nach Argentinien,<br />
wo es weder frischen Fisch noch ausreichend<br />
Sushi-Fans gab. Nach einem<br />
Abstecher in seine Heimat Japan erreichte<br />
Nobu schließlich Anchorage in Alaska,<br />
um dort mit seiner Frau ein japanisches<br />
Restaurant zu betreiben. Er borgte sich<br />
15.000 Dollar, die Geschäfte liefen drei<br />
Wochen lang gut. Dann brannte das Lokal<br />
bis auf die Grundmauern ab. »Das war verrückt.<br />
Ich habe überlegt, wie ich mich<br />
umbringen könnte.«<br />
Nobu war jetzt wieder auf Reisen, dieses<br />
Mal brach er in Richtung Kalifornien auf<br />
und – hatte Glück. Er bekam eine Stelle in<br />
einem japanischen Lokal in Los Angeles, in<br />
dem er seine Fusionsküche zehn Jahre lang<br />
perfektionieren konnte. 1987 investierte ein<br />
Freund 70.000 Dollar in Nobus Talent, und<br />
der damals 38-Jährige eröffnete in Beverly<br />
Hills schließlich sein zweites eigenes Restaurant.<br />
Das »Matsuhisa« war der Beginn<br />
eines einzigartigen Aufstiegs in den Olymp<br />
der Spitzengastronomie. Die ungewöhnlichen<br />
Speisen und das zen-artige Ambiente<br />
sprachen sich unter A-Prominenten herum,<br />
Zeitungen berichteten und jeder wollte im<br />
»Matsuhisa« die Klassiker Black Cod –<br />
einen in Sojasauce marinierten Kabeljau –<br />
und das Gelbflossen-Sashimi mit Jalapeños<br />
essen. So auch Hollywoodstar Robert de<br />
Niro. Er versuchte, Nobuyuki und sein<br />
Können nach New York zu locken. Es sollte<br />
allerdings vier Jahre dauern, bis die<br />
<<br />
Nobuyuki Matsuhisa<br />
steht für Erfolg.<br />
Gut 100.000 Gäste<br />
werden jährlich in<br />
den »Matsuhisa«-<br />
und »Nobu«-<br />
Restaurants<br />
bedient. Etwa mit<br />
White Fish Sashimi<br />
mit getrocknetem<br />
Miso.<br />
Fotos: beigestellt<br />
168 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: beigestellt<br />
Fotos: Nobu restaurant Group<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
169<br />
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gourmet / PORTRÄT<br />
»Nobu Next Door« in<br />
Tribeca war die erste<br />
Filiale der »Nobu«-<br />
Kette, die Nobu und<br />
Hollywood-Star<br />
Robert de Niro (l.)<br />
1995 eröffneten. In<br />
der Filiale, die 2017<br />
geschlossen wurde,<br />
wurden die Sushi-<br />
Cups erfunden.<br />
><br />
Fusion Starkoch/Star gelang. 1994 endlich<br />
wurden die ikonischen Speisen auch im<br />
neuen »Nobu New York« aufgetragen. Mit<br />
Erfolg. Die Prominenten standen Schlange,<br />
die Berichte überschlugen sich: Madonna<br />
muss 90 Minuten auf einen Tisch warten!<br />
Der Schoßhund einer prominenten Dame<br />
bekommt Pommery-Champagner serviert!<br />
Mega-Firmenboss lässt sich das Mittagessen<br />
von »Nobu« mit dem Privatjet einfliegen!<br />
»Ich hätte nie voraussagen können,<br />
wie weit ich kommen würde«, sagt Nobu.<br />
Dabei ging die Erfolgsstory noch weiter.<br />
Mit seinen Partnern, Oscar-Preisträger<br />
Robert de Niro und Filmproduzent Meir<br />
Teper, schuf der Starkoch innerhalb von<br />
drei Jahrzehnten aus einem ungewöhnlichen<br />
Gastronomiekonzept eine globale<br />
Lifestylemarke mit heute acht »Matsuhisa«-Restaurants<br />
in den USA und Europa<br />
und 47 »Nobu«-Restaurants auf fünf Kontinenten.<br />
Seit 2013 gibt es acht »Nobu«-<br />
Hotels der Luxusklasse in den In-Metropolen<br />
der Welt, acht weitere werden 2020 die<br />
ersten Gäste begrüßen. Und die erste<br />
»Nobu«-Residenz in Toronto, ein Luxus-<br />
Apartment mit vollem Service in 1A-Lage,<br />
ist in Planung.<br />
JAPAN TRIFFT WELT<br />
Wie schafft man es, eine Kette mit Standorten<br />
überall auf der Welt auf höchstem<br />
Level zu halten? Indem die Hotels auf Fünf-<br />
Sterne-Niveau mit dem Konzept »Tokio<br />
trifft auf die Metropolen der Welt« eine Art<br />
High-End Corporate Identity schafften.<br />
Besonderen Wert wird dabei auf die Hotel-<br />
Gastronomie gelegt. Jeder Gast wird mit<br />
Fotos: Erik Kabik, Henry Hargreaves, Lukas Vrtilek, Akira Saito<br />
170 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Erik Kabik, Henry Hargreaves, Lukas Vrtilek, Akira Saito<br />
Ultimative Gaumenfreude und<br />
Signature Dish: Black Cod, in<br />
Sojasauce marinierter schwarzer<br />
Kabeljau mit Miso.<br />
Präzision im ökonomischen Einsatz von Zutaten führt<br />
zu guten Umsätzen: Jedes Salatblatt wird gewogen,<br />
exakt 70 Gramm landen auf jedem Teller.<br />
»irasshaimase«, japanisch für »Willkommen«,<br />
begrüßt. In den Bars schenken Mixologen<br />
edle japanische Whiskys und »Nobu<br />
Sake« aus, einen eigens für Nobuyuki<br />
Matsuhisa gekelterten Hokusetsu-Daiginjo-<br />
Reiswein, den man auch im Internet bestellen<br />
kann. In den hauseigenen Restaurants<br />
gibt es dann Nobus feine Spezialitäten.<br />
Maßgeblich für den Erfolg waren und sind<br />
seine kreativen Interpretationen etablierter<br />
japanischer Gerichte wie Jakobsmuscheln<br />
mit Foie gras und Vanille Den Miso oder<br />
Hummer mit Quinoa verantwortlich. Der<br />
Sushi-Meister veränderte mit der Idee<br />
»Japan trifft Welt« nachhaltig die Einstellung<br />
zu japanischem Essen. Dazu kommt,<br />
dass seine facettenreichen Speisen in allen<br />
»Matsuhisa«- und »Nobu«-Filialen und den<br />
Hotelrestaurants auf demselben hohen<br />
Niveau zubereitet werden. Um die<br />
Köche zu schulen, fliegt der Meister<br />
zehn Monate im Jahr rund um<br />
den Globus. Ein weiterer Erfolgsfaktor:<br />
Seinen Teams gelingt es,<br />
die teils exotischen Zutaten in<br />
immer gleichbleibender, hoher<br />
Qualität zu beschaffen. Wie den<br />
Yellowtail (die Gelbflosse gilt in<br />
Japan als König der Fische), der<br />
aus australischen Gewässern<br />
stammt. »Nobu Fifty Seven« in<br />
New York allein verarbeitete 2018 Yellowtail<br />
im Wert von 1,5 Millionen Dollar. Präzision<br />
im ökonomischen Einsatz von Zutaten führt<br />
ebenso zu guten Umsätzen. Jedes Salatblatt<br />
wird gewogen, berichtet bloomberg.com,<br />
exakt 70 Gramm landen auf jedem Teller.<br />
»Mein Platz ist in der Küche«, sagt<br />
Nobu. Deshalb werde man ihn – das sind<br />
seine eigenen Worte – nie in einer TV-Show<br />
sehen, geschweige denn erleben, dass er<br />
jeden Monat ein neues Kochbuch präsentiert.<br />
Acht Stück hat er herausgegeben,<br />
that’s it! Es gibt keine Nobu-Tassen oder<br />
T-Shirts, nur auf matsuhisa.com kann man<br />
Geschirr, Sushimatten und Messer kaufen.<br />
Einmal wurde Nobu gefragt, ob er sich um<br />
Michelin-Sterne schere. Sie seien ihm egal,<br />
antwortete er. Ihm sei es wichtiger, dass die<br />
Gäste sich wohlfühlen, dass sie lachen, dass<br />
sie »kokoro«, das Herz, den<br />
Geist und die Seele der Häuser<br />
spüren. Den Verlust des Michelin-Sterns<br />
im Jahr 2014, der ihm<br />
fünf Monate nach der Eröffnung<br />
des »Nobu Berkeley Street« in<br />
London 2005 verliehen wurde,<br />
wird er wohl auch verschmerzt<br />
haben.<br />
»World Of Nobu«: Buch »Kochen«, sagt Nobu, »ist<br />
zur Erfolgsgeschichte<br />
Kümmern.« Nicht mehr, nicht<br />
(<strong>2019</strong>, Englisch).<br />
amazon.de um € 55,99. weniger. »Kokoro« eben. <<br />
THE WORLD<br />
OF NOBU<br />
5 KONTINENTE,<br />
55 RESTAURANTS,<br />
8 HOTELS<br />
USA<br />
l Dallas<br />
l New York Downtown<br />
l New York Fifty Seven<br />
l Honolulu<br />
l Houston<br />
l Lāna‘i<br />
l Las Vegas Ceasar’s Palace (plus Hotel)<br />
l Las Vegas Hard Rock<br />
l Los Angeles<br />
l Malibu (plus Hotel)<br />
l Miami (plus Hotel)<br />
l Newport Beach<br />
l Palo Alto (plus Hotel)<br />
l San Diego<br />
l Washington D.C.<br />
l Chicago<br />
Europa<br />
l Barcelona (plus Hotel)<br />
l Budapest<br />
l Ibiza (plus Hotel)<br />
l London Berkeley Street<br />
l London Old Park Lane<br />
l London Shoreditch (plus Hotel)<br />
l Marbella (plus Hotel)<br />
l Mailand<br />
l Monte Carlo<br />
l Montenegro<br />
l Moskau<br />
l Moskau Crocus City<br />
Mexiko/Karibik<br />
l Mexiko City<br />
l Mexiko City Polanco<br />
l Los Cabos (plus Hotel)<br />
l Bahamas<br />
Mittlerer Osten/Afrika<br />
l Kapstadt<br />
l Doha<br />
l Dubai<br />
l Riad (nur Hotel)<br />
Asien<br />
l Hongkong<br />
l Kuala Lumpur<br />
l Manila (plus Hotel)<br />
l Melbourne<br />
l Perth<br />
l Tokio<br />
Südamerika<br />
l São Paulo Jardins<br />
MATSUHISA-RESTAURANTS<br />
l Los Angeles<br />
l Aspen<br />
l Athen<br />
l Mykonos<br />
l Limassol<br />
l St. Moritz<br />
l Paris<br />
l München<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
171<br />
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gourmet / STADTPORTRÄT BERLIN<br />
WELTREISE<br />
AN EINEM<br />
Fotos: Getty Images<br />
172 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Fotos: Getty Images<br />
TAG<br />
Keine<br />
andere Stadt in Deutschland hält<br />
mit Berlin mit, wenn es ums Essen geht.<br />
Von szeniger Sterneküche bis Naturweinbar:<br />
Das Paradies für Foodies befindet sich hier –<br />
auch dank vieler internationaler Einflüsse.<br />
TEXT PHILIPP ELSBROCK<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
173<br />
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gourmet / STADTPORTRÄT BERLIN<br />
»Wir haben jetzt auch am<br />
Montag geöffnet«, sagt<br />
Vladi Gachyn und grinst,<br />
»der Montag ist der<br />
Sonntag Berlins.«<br />
VLADI GACHYN Pommesbuden-Besitzer<br />
Fritten de luxe: Kajo<br />
Hiesl (r.) und<br />
Vladislav Gachyn<br />
arbeiteten im Drei-<br />
Sterne-Restaurant<br />
»Aqua«, bevor sie<br />
sich im »Goldies«<br />
selbstständig machten.<br />
Deutschlands Regionen<br />
genussvoll entdecken<br />
falstaff.com/regional-genuss<br />
Kürzlich hatten Kajo und Vladi<br />
wieder Besuch vom Chef. Also,<br />
genau genommen ist es nicht<br />
mehr ihr Chef, aber sie nennen<br />
ihn immer noch so. Sven Elverfeld<br />
war in der Stadt. Einer von zehn Drei-<br />
Sterne-Köchen in Deutschland. Ideengeber<br />
und Visionär im »Aqua« in Wolfsburg. Kajo<br />
und Vladi arbeiteten unter ihm, bevor sie in<br />
Berlin ihr eigenes Ding machten. Jedenfalls,<br />
sagt Vladi, »der Chef war wieder begeistert«.<br />
Die Jungs, die mit vollem Namen Kajo<br />
Hiesl und Vladislav Gachyn heißen, haben<br />
an der Oranienstraße in Kreuzberg eine<br />
Pommesbude eröffnet. Aber nicht irgendeine,<br />
sondern eben eine mit Sternenglanz. Alle<br />
Saucen machen sie selbst, die passende Kartoffelsorte<br />
(Agria) stand erst nach etlichen<br />
Versuchen fest, frittiert werden die Stäbchen<br />
je nach Kundenwunsch in Rinderfett oder<br />
Pflanzenöl – doppelt, natürlich. Und man<br />
muss Elverfeld recht geben: Die Fritten<br />
schmecken fantastisch, herrlich knusprig,<br />
vollaromatisch. Dazu gibt es auf Wunsch<br />
Trüffel, Roastbeef oder Eisbein, und so kommen<br />
selbst verkaterte Partygäste in den<br />
Genuss von Gourmet-Knowhow. Der Laden<br />
läuft: »Wir haben jetzt auch am Montag<br />
geöffnet«, sagt Vladi Gachyn und grinst,<br />
»der Montag ist der Sonntag Berlins.«<br />
Ja, so ist das. Auch wenn man versucht,<br />
dem Klischee aus dem Weg zu gehen: Berlins<br />
Ruf als Partyhauptstadt ist unangefochten.<br />
Leben und feiern, dann auskatern und ausruhen<br />
– konventionell leben können andere. In<br />
der Hauptstadt läuft das Leben noch immer<br />
ein wenig anders als sonst in Deutschland.<br />
Hier ist möglich, was sich anderswo noch<br />
nicht durchgesetzt hat. Zu jeder Tages- und<br />
Nachtzeit frühstücken, zum Beispiel. Zu diesem<br />
Zweck hat das »Benedict« in Wilmersdorf<br />
täglich 24 Stunden geöffnet.<br />
Muss man anscheinend mal gemacht<br />
haben: In einer Umgebung, die absolut »instagrammable«<br />
ist, stehen an einem gewöhnlichen<br />
Dienstagvormittag etliche Gäste Schlange,<br />
Sprachfetzen von Spanisch bis Englisch<br />
wabern durch die Luft. Kulinarisch fühlt sich<br />
hier jeder zu Hause, neben den hervorragenden<br />
Eggs Benedict mit Feigen auf einer fingerdicken<br />
Scheibe Sauerteigbrot gibt’s hier auch<br />
Frittata, Pancakes oder ein Balkan-Omelette.<br />
Die Lokalkette »Benedict« stammt aus<br />
Israel und könnte auch in London stehen<br />
oder in New York. In Deutschland fällt<br />
einem dagegen kaum eine Stadt ein, in der<br />
das Konzept funktionieren würde. Hamburg?<br />
Vielleicht am Wochenende. München?<br />
Schon mal gar nicht. So was geht nur in Berlin.<br />
Auch wenn London die deutsche Hauptstadt<br />
als Foodie-Hotspot mittlerweile wieder<br />
abgelöst hat – Berlin bleibt dank der internationalen<br />
Einflüsse die spannendste deutsche<br />
Stadt. Nirgendwo öffnen so viele Gastronomien,<br />
nirgendwo pulsiert die kulinarische<br />
Szene so wie hier, und was heute hip ist,<br />
kann morgen schon wieder vergessen sein.<br />
Stehen bleiben darf man nicht, das ist klar.<br />
Bei so viel Hipstertum könnte man eine<br />
Rückkehr zur Klassik schon fast wieder als<br />
revolutionär feiern. So wie sich der »Pauly<br />
Saal« in Mitte unter der neuen Küchenleitung<br />
von Dirk Gieselmann tatsächlich wieder<br />
verstärkt der französischen Küche widmet,<br />
und zwar sehr gut (siehe auch Sixpack auf<br />
S. 186). Die Gäste, viele Amerikaner aus<br />
<<br />
Fotos: Jules Villbrandt, Jule Müller, Nimrod Saunders, beigestellt<br />
174 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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Die Nacht zum Morgen machen? Im »Benedict« in Wilmersdorf kann<br />
man zu jeder Uhrzeit frühstücken, nicht nur die namensgebenden Eggs<br />
Benedict, sondern die besten Frühstücke aus aller Welt. Dafür nehmen<br />
viele Besucher lange Wartezeiten in Kauf.<br />
Fotos: Jules Villbrandt, Jule Müller, Nimrod Saunders, beigestellt<br />
Der »Pauly Saal« in<br />
Mitte bleibt ein Treffpunkt<br />
für Künstler und Galeristen<br />
aus aller Welt. Mit Dirk<br />
Gieselmann (l.) hat ein<br />
weit gereister Koch die<br />
Küchenleitung übernommen.<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
falstaff<br />
175<br />
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gourmet / STADTPORTRÄT BERLIN<br />
Die sechste<br />
Etage im<br />
KaDeWe<br />
beeindruckt seit<br />
der Renovierung<br />
durch Rem<br />
Koolhaas noch<br />
mehr als zuvor.<br />
Das »Prism«<br />
unter Gal Ben<br />
Moshe ist ein<br />
Vertreter der<br />
derzeit so<br />
angesagten<br />
levantinischen<br />
Küche in Berlin.<br />
der Galeristenszene, lieben das. Einstige<br />
Pioniere wie die »Cordobar« (mittlerweile<br />
schlicht »Cordo«) sind längst arriviert – nicht<br />
falsch verstehen, unter dem Großtalent Yannic<br />
Stockhausen hat die Küche einen großen<br />
Sprung nach vorn gemacht. Noch nie war<br />
das Essen hier so gut wie bei ihm. Aber im<br />
Gegensatz zu früher ist spätestens um Mitternacht<br />
Schluss, auch den Nachbarn zuliebe.<br />
Der frühere »Cordobar«-Wirt Willi<br />
Schlögl ist weitergezogen und hat gemeinsam<br />
mit dem Ex-Nobelhart-&-Schmutzig-Sommelier<br />
Johannes Schellhorn eine eigene Weinbar<br />
eröffnet. In der »Freundschaft« stehen<br />
<<br />
Etwas versteckt<br />
im Schillerkiez<br />
gelegen, hat die<br />
Weinbar »Palsta«<br />
schon Fans bis in<br />
den Berliner<br />
Westen. Neben<br />
vielen Naturweinen<br />
bekommt man hier<br />
nordische Küche.<br />
Das »Golvet«<br />
bietet nicht nur<br />
fantastische<br />
Aussicht aus<br />
dem achten<br />
Stock, sondern<br />
auch auf dem<br />
Teller. Koch<br />
Björn Swanson<br />
ist in der Form<br />
seines Lebens.<br />
heute die spannenderen Weine auf der Karte,<br />
launig gegliedert in einem Buch, das neben<br />
einer Sektion »Burgenland« ein paar Seiten<br />
weiter auch noch die Rubrik »Burgenland<br />
intellektuell« führt, den Spaß gönnen sich die<br />
beiden <strong>Österreich</strong>er. Einziger Eintrag: Roland<br />
Velich und sein Weingut Moric.<br />
Noch im Status eines Geheimtipps ist<br />
dagegen »Palsta«, eine Weinbar mit nordischer<br />
Küche im angesagten Schillerkiez von<br />
Neukölln. In einer Wohngegend mit Blick<br />
aufs Tempelhofer Feld hat sich die Finnin Viivi<br />
Haussila-Seppo, 36, den Traum der eigenen<br />
Gastronomie erfüllt. Sie kam aus Helsinki<br />
nach Berlin, feierte erstmal ein Jahr durch<br />
und eröffnete dann ihre Weinbar. Haussila-<br />
Seppo bietet eine höchst individuelle, spannende<br />
Auswahl von 80 Naturweinen an. Ihr<br />
Küchenchef, der Däne Filip Sondergaard, liefert<br />
kleine Gerichte zum Teilen, vieles davon<br />
vegetarisch, manches fermentiert.<br />
Während also selbst in Neukölln langsam<br />
Gourmetkultur einzieht, hat sich auf der<br />
anderen Seite der Stadt ein bekannter Sehnsuchtsort<br />
für Feinschmecker neu herausgeputzt.<br />
Das KaDeWe in Charlottenburg ist<br />
Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt<br />
und hat seit der umfänglichen Renovierung<br />
durch Stararchitekt Rem Koolhaas nochmals<br />
an Renommee gewonnen. Insbesondere die<br />
sagenumwobene sechste Etage des Luxuskaufhauses<br />
wurde aufgerüstet: Die Feinkostetage<br />
ist nun in vier Quadranten aufgeteilt<br />
und nimmt Trends wie Superfood genauso<br />
auf (im Restaurant »Daluma«) wie Referenzen<br />
an die Stadt (mit dem »KaDeWe Späti«).<br />
Auch wenn die ganz großen Neueröffnungen<br />
in diesem Jahr ausblieben – es scheint,<br />
als schnaufe die Stadt einmal durch –, die<br />
Stadt bleibt das Foodie-Paradies in Deutschland.<br />
Zu neuen Höhenflügen hat auch die<br />
Küche des Nahen Ostens angesetzt. Vorreiter<br />
ist das »Prism«, in dem Gal Ben Moshe<br />
seine hochgelobte Modern Levantine Cuisine<br />
serviert. Aber auch das »Layla« des<br />
israelischen Spitzenkochs Meir Adoni<br />
boomt. Und nur, damit das nicht untergeht:<br />
Alte Bekannte wie der »Capital Club« am<br />
Gendarmenmarkt oder das »Ritz-Carlton«<br />
mit seinem Barchef Arnd Heissen sind nach<br />
wie vor einen Besuch wert. In bestechender<br />
Form ist auch Björn Swanson im »Golvet«,<br />
gerade zum Berliner Meisterkoch gekürt.<br />
Also, falls Sie überlegen: schon wieder Berlin?<br />
– Unbedingt, es lohnt sich. Immer.<br />
<<br />
Fotos: Stefan Wolf Lucks, Harry Schnitger, Ole Heinrich, Ben Fuchs, beigestellt<br />
176 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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eise / STADTPORTRÄT BERLIN<br />
TIPPS &<br />
ADRESSEN<br />
HOTELS<br />
THE RITZ-CARLTON, BERLIN***** (1)<br />
Für rund 40 Millionen Euro wurde das Hotel zuletzt<br />
umgebaut und lässt nun das Flair der 1920er<br />
aufleben. Sehr gute Bars, im Restaurant »POTS«<br />
gibt es Neue Deutsche Küche. DZ ab ca. 280 Euro.<br />
Potsdamer Platz 3, 1<strong>07</strong>85 Berlin<br />
T: +49 30 337777, ritzcarlton.com<br />
HOTEL DE ROME***** (2)<br />
Stilvolles Luxushotel in einem Gebäude des 19.<br />
Jahrhunderts, das einst eine Bank war. Ausgezeichnete<br />
Rooftop-Bar, die auch Gästen offen steht,<br />
die nicht im Hotel wohnen. DZ ab ca. 300 Euro.<br />
Behrenstraße 37, 10117 Berlin<br />
T: +49 30 4606090, roccofortehotels.com/de<br />
PROVOCATEUR HOTEL**** (3)<br />
Boheme-Hotel, das plüschig und dekadent eingerichtet<br />
ist. Dahinter stehen die Macher der<br />
Roomers-Gruppe, die auf individuelle Gestaltung<br />
Wert legen. DZ ab ca. 160 Euro.<br />
Brandenburgische Straße 21, 1<strong>07</strong><strong>07</strong> Berlin<br />
T: +49 30 22056060, provocateur-hotel.com<br />
HOTEL ORANIA.BERLIN (4)<br />
Elegant eingerichtetes Boutiquehotel, das aufgrund<br />
seiner Lage in Kreuzberg anfangs Kontroversen<br />
auslöste. Das dazugehörige Restaurant bietet<br />
verfeinerte Bodenständigkeit. DZ ab ca. 260 Euro.<br />
Oranienstraße 40, 10999 Berlin<br />
T: +49 30 69539680, orania.berlin<br />
LINNEN (5)<br />
Zentral wohnen in Prenzlauer Berg: Das geht in diesem<br />
kleinen Boutiquehotel, das auch Apartments<br />
in Mitte anbietet. Skandinavisch-modern mit viel<br />
Holz eingerichtet. DZ ab ca. 190 Euro.<br />
Eberswalder Straße 35, 10437 Berlin<br />
T: +49 30 47372440, linnenberlin.com<br />
RESTAURANTS<br />
CAPITAL GRILL (1)<br />
Im Restaurant des Capital Club unweit des Gendarmenmarkts<br />
stehen vor allem exzellent gebratene<br />
Steaks auf der Karte.<br />
Mohrenstraße 30, 10117 Berlin<br />
T: +49 30 2062976, berlincapitalclub.de<br />
PAULY SAAL (2)<br />
Dirk Gieselmann kocht feine französische Klassik in<br />
der früheren Turnhalle. Unbedingt im Anschluss an<br />
die exzellente Bar setzen!<br />
Auguststraße 11–13, 10117 Berlin<br />
T: +49 30 33006<strong>07</strong>0, paulysaal.com<br />
GOLVET (3)<br />
Björn Swanson, gerade zum »Berliner Meisterkoch«<br />
gekürt, kocht im achten Stock eine sternebewertete<br />
spannende Regionalküche.<br />
Potsdamer Straße 58, 1<strong>07</strong>85 Berlin<br />
T: +49 30 89064222, golvet.de<br />
SLATE (4)<br />
Lukas Bachl zählt zu einer Garde junger Köche, die<br />
Berlins Restaurantbild momentan entscheidend<br />
prägen. Saisonal inspirierte Gerichte.<br />
Elisabethkirchstraße 2, 10115 Berlin<br />
T: +49 30 22327518, slateberlin.com<br />
CORDO (5)<br />
Seitdem das »bar« aus dem Namen gestrichen<br />
wurde, hat die Küche der einstigen Weinbar ihren<br />
Anspruch massiv gesteigert. Von Küchenchef<br />
Yannic Stockhausen darf man noch viel erwarten.<br />
Große Hamburger Straße 32, 10115 Berlin<br />
T: +49 30 27581215, cordobar.net<br />
TULUS LOTREK (6)<br />
»Speiselokal« nennt sich das Restaurant unweit<br />
der Hasenheide ganz unprätentiös. Dabei hat sich<br />
Maximilian Strohe längst einen Stern erkocht, er<br />
steht für lässiges Fine Dining.<br />
Fichtestraße 24, 10967 Berlin<br />
T: +49 30 41956687, tuluslotrek.de<br />
BARRA (7)<br />
Neuer Hotspot im Schillerkiez. Der Hype ist aber<br />
angebracht, denn hier wird gezeigt, wie zeitgemäße<br />
gute Küche aussehen kann.<br />
Okerstraße 2, 12049 Berlin<br />
T: +49 30 8186<strong>07</strong>57, barraberlin.com<br />
PRISM (8)<br />
Die in Berlin momentan sehr angesagte Levante-<br />
Küche bekommt man hier in feinster Qualität. Gal<br />
Ben Moshe steht für ideenreichen Aromenreigen.<br />
Fritschestraße 48, 10627 Berlin<br />
T: +49 30 54710861, prismberlin.de<br />
BARS, CAFÉS &<br />
FEINKOST<br />
FREUNDSCHAFT (1)<br />
Willi Schlögl und Johannes Schellhorn betreiben in<br />
Mitte ihre großartige Weinbar, dazu gibt es asiatisch<br />
und österreichisch angehauchte Kleinigkeiten<br />
zu essen. Unbedingt probieren: den Beinschinken.<br />
Mittelstraße 1, 10117 Berlin<br />
T: +49 30 80492444<br />
PALSTA (2)<br />
Angesagte Naturweinbar direkt am Tempelhofer<br />
Feld. Neben individuellen Weinen bekommt man<br />
hier nordisch geprägte Küche zum Teilen.<br />
Oderstraße 52, 12049 Berlin<br />
T: +49 176 22330605<br />
KADEWE (3)<br />
Einkaufstempel, dessen legendäre sechste Feinkost-Etage<br />
ein Muss für Gourmets ist. Das gesamte<br />
Haus wurde nach Plänen von Rem Koolhaas aufwendig<br />
umgebaut, man kann hier leicht einen halben<br />
Tag und mehr verbringen.<br />
Tauentzienstraße 21–24, 1<strong>07</strong>89 Berlin<br />
T: +49 30 21210, kadewe.de<br />
BENEDICT (4)<br />
Wo, wenn nicht in Berlin, muss es die Möglichkeit<br />
geben, 24 Stunden am Tag zu frühstücken? Das<br />
»Benedict« hat dieses Ideal perfekt und höchst<br />
instagrammable umgesetzt. Wartezeit einplanen.<br />
Uhlandstraße 49, 1<strong>07</strong>19 Berlin<br />
T: +49 30 994040997, benedict-breakfast.de<br />
THELONIOUS BAR (5)<br />
Atm