CONNECT Magazin 19-03
Am 27. September wurde die dritte CONNECT-Ausgabe des Jahres veröffentlicht. Das neueste Magazin der Chinesischen Handelskammer in Deutschland (CHKD) beschäftigt sich mit dem Thema Nachhaltigkeit im Kontext der chinesisch-deutschen Wirtschaftszusammenarbeit. Während China sein Wachstum der letzten Jahrzehnte mit großen Umweltschäden bezahlt hat, findet nun ein Umdenken in Richtung nachhaltiger Entwicklung statt, die Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft in Einklang bringen soll. Am Beispiel des Müllverwerters EEW Energy from Waste aus Helmstedt, der 2016 von Beijing Enterprises übernommen wurde, zeigt sich, wie Unternehmen aus China und Deutschland diese neuen Ausrichtung nutzen. Im Interview berichtet der CEO von EEW, Bernard M. Kemper wie die Unternehmen durch den Bau moderner Müllverbrennungsanlagen Chinas grüne Pläne vorantreiben und nebenbei eine Erfolgsgeschichte chinesisch-deutscher Kooperation schreiben. In der Titelstrecke „Nachhaltiges China“ berichtet außerdem WU Gang, Vorsitzender des weltweit zweitgrößten Herstellers von Windkraftanlagen über die Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Vensys und gibt Einblicke in die Strategie seines Unternehmens für die Energieversorgung der Zukunft. Die neue CONNECT-Ausgabe erscheint zu einem Zeitpunkt, der aus dem Jahr 2019 ein ganz besonderes für China macht: Die VR China feiert am 1. Oktober den 70. Jahrestag seit ihrer Gründung. Anlässlich des Jahrestages finden die Leserinnen und Leser in der Mitte des Heftes eine Sonderveröffentlichung, u.a. mit einem Interview mit Herrn WU Ken, dem neuen Botschafter der VR China in Deutschland. Wie gewohnt bietet das Heft außerdem topaktuelle Informationen rund um die chinesisch-deutsche Wirtschaftszusammenarbeit, neue Infos aus dem CHKD-Beraternetzwerk, alle Infos rund um den CHKD Jahresempfang 2019 in Berlin u.v.m.
Am 27. September wurde die dritte CONNECT-Ausgabe des Jahres veröffentlicht. Das neueste Magazin der Chinesischen Handelskammer in Deutschland (CHKD) beschäftigt sich mit dem Thema Nachhaltigkeit im Kontext der chinesisch-deutschen Wirtschaftszusammenarbeit.
Während China sein Wachstum der letzten Jahrzehnte mit großen Umweltschäden bezahlt hat, findet nun ein Umdenken in Richtung nachhaltiger Entwicklung statt, die Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft in Einklang bringen soll. Am Beispiel des Müllverwerters EEW Energy from Waste aus Helmstedt, der 2016 von Beijing Enterprises übernommen wurde, zeigt sich, wie Unternehmen aus China und Deutschland diese neuen Ausrichtung nutzen. Im Interview berichtet der CEO von EEW, Bernard M. Kemper wie die Unternehmen durch den Bau moderner Müllverbrennungsanlagen Chinas grüne Pläne vorantreiben und nebenbei eine Erfolgsgeschichte chinesisch-deutscher Kooperation schreiben. In der Titelstrecke „Nachhaltiges China“ berichtet außerdem WU Gang, Vorsitzender des weltweit zweitgrößten Herstellers von Windkraftanlagen über die Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Vensys und gibt Einblicke in die Strategie seines Unternehmens für die Energieversorgung der Zukunft.
Die neue CONNECT-Ausgabe erscheint zu einem Zeitpunkt, der aus dem Jahr 2019 ein ganz besonderes für China macht: Die VR China feiert am 1. Oktober den 70. Jahrestag seit ihrer Gründung. Anlässlich des Jahrestages finden die Leserinnen und Leser in der Mitte des Heftes eine Sonderveröffentlichung, u.a. mit einem Interview mit Herrn WU Ken, dem neuen Botschafter der VR China in Deutschland.
Wie gewohnt bietet das Heft außerdem topaktuelle Informationen rund um die chinesisch-deutsche Wirtschaftszusammenarbeit, neue Infos aus dem CHKD-Beraternetzwerk, alle Infos rund um den CHKD Jahresempfang 2019 in Berlin u.v.m.
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20<strong>19</strong> / Ausgabe <strong>03</strong><br />
<strong>CONNECT</strong><br />
Das <strong>Magazin</strong> der Chinesischen Handelskammer in Deutschland<br />
www.chk-de.org<br />
EINKLANG 4.0<br />
CHINA VEREINT WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT<br />
DER ZUKUNFT MIT NACHHALTIGEM UMWELTSCHUTZ.<br />
Nachhaltiges China<br />
Interview mit Bernard M. Kemper,<br />
EEW Energy from Waste<br />
70 Jahre VR China<br />
Jubiläums-Interview mit<br />
Botschafter WU Ken<br />
CHKD Jahresempfang 20<strong>19</strong><br />
Exklusives Gala-Dinner<br />
in Berlin
Editorial 1<br />
China und Deutschland –<br />
nachhaltig verbunden<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Nachhaltigkeit. Dieser Begriff ist aus offiziellen Verlautbarungen von Unternehmen, Institutionen<br />
und Ländern nicht mehr wegzudenken. Unternehmen wollen nachhaltiger wirtschaften und kündigen<br />
große Pläne an. Die Robert Bosch GmbH beispielsweise möchte schon bis zum Jahr 2020 alle ihre über<br />
400 weltweiten Standorte klimaneutral betreiben. China, die zweitgrößte Volkwirtschaft der Welt, die<br />
ihre rasante wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten mit großen Umweltschäden<br />
bezahlt hat, ist nicht weniger ambitioniert. Als Unterzeichner des Pariser Klimaabkommens möchte<br />
die Volksrepublik ebenfalls bis nächstes Jahr seine CO 2<br />
-Emissionen je BIP-Einheit um 18 Prozent<br />
sowie die Energieintensität um 15 Prozent gegenüber dem 2015er-Niveau senken.<br />
Um diese Ziele zu erreichen investiert China hohe Summen. Egal ob Mülltrennung, Erneuerbare<br />
Energien, Smart City, intelligente Strom-Infrastruktur oder E-Mobilität. All diese Themen stehen ganz<br />
weit oben auf der politischen Agenda. Doch ein Land allein kann die großen Herausforderungen, vor<br />
die der Klimawandel die Menschheit stellt, nicht bewältigen. Klimaschutz ist eine internationale<br />
Aufgabe für Regierungen, Unternehmen und Gesellschaften aller Länder.<br />
Dass die enge Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland hierbei eine besondere Rolle einnimmt,<br />
zeigt das vorliegende Heft. Kooperationen zwischen Unternehmen beider Länder treiben nachhaltiges<br />
Wachstum voran und schaffen neue Geschäftschancen. Eine der erfolgreichsten Kooperationen<br />
in diesem Bereich begann im Jahr 2016 mit der Übernahme des Helmstedter Abfallverwerters EEW<br />
Energy from Waste durch das Pekinger Unternehmen Beijing Enterprises. Seit dem Einstieg von Beijing<br />
Enterprises entwickeln sich die Geschäfte gut, die hohe Nachfrage nach Müllverbrennungsanlagen<br />
in China und die deutsche Technologie, gepaart mit jahrelanger Erfahrung, ergänzen sich gut.<br />
Eine weitere erfolgreiche Kooperation, mit der wir uns in diesem Heft beschäftigen, besteht zwischen<br />
Goldwind, dem größten chinesischen Hersteller von Windenergieanlagen, und dem deutschen Unternehmen<br />
Vensys. Durch die Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich Forschung und Entwicklung, ist<br />
Goldwind mittlerweile zum zweitgrößten Hersteller der Welt geworden, ohne Vensys seine führende<br />
Marktposition in Europa streitig zu machen. Dabei hat Goldwind die Zukunft im Blick und setzt auf<br />
intelligente Stromversorgungssysteme.<br />
Neben diesen Titelthemen erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe mehr über chinesische Unternehmen,<br />
die in Deutschland tätig sind und auf Nachhaltigkeit setzen sowie zu zahlreichen weiteren verwandten<br />
Themen. Außerdem informieren wir Sie wie gewohnt über aktuelle Entwicklungen und Trends der<br />
chinesisch-deutschen Wirtschaftszusammenarbeit.<br />
Foto: ssguy/shutterstock<br />
Und schließlich darf ein Ereignis nicht fehlen, das aus dem Jahr 20<strong>19</strong> ein ganz besonderes für China<br />
macht: Die VR China feiert am 1. Oktober den 70. Jahrestag seit ihrer Gründung. Anlässlich dieses<br />
Jubiläums finden Sie in der Mitte des Heftes eine Sonderveröffentlichung, u.a. mit einem Interview mit<br />
Herrn WU Ken, dem neuen Botschafter der VR China in Deutschland.<br />
Wir wünschen Ihnen eine nachhaltig spannende Lektüre!<br />
Die <strong>CONNECT</strong>-Redaktion<br />
www.chk-de.org
2 Inhalt<br />
08<br />
08<br />
Titelstory<br />
Nachhaltiges China<br />
04<br />
Kurzmeldungen<br />
Alles rund um Ansiedlungen, Kooperationen<br />
und Investitionen<br />
12<br />
Interview<br />
04 12<br />
…<br />
… mit Bernhard M. Kemper,<br />
EEW Energy from Waste<br />
www.chk-de.org
3<br />
Kurzmeldungen<br />
Services<br />
04 Bosch/MegaRobot<br />
04 BAIC/Daimler<br />
05 BMW/Tencent<br />
06 Huawei Nachhaltigkeitsbericht 2018<br />
06 Unternehmensticker<br />
07 China-Kompetenz-Zentrum Herne<br />
34 Zahlen – Daten – Fakten<br />
36 Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
38 CHKD Akademie<br />
40 CHKD Jahresempfang 20<strong>19</strong><br />
41 BayChi-Summit 20<strong>19</strong><br />
41 Veranstaltungskalender<br />
Titelstory<br />
Community<br />
30<br />
Community<br />
30<br />
Turn-WM in Stuttgart<br />
08 Nachhaltiges China<br />
12 Interview Bernhard M. Kemper,<br />
EEW Energy from Waste<br />
16 Frischer Wind aus China<br />
16 Interview WU Gang, Goldwind<br />
18 Nachhaltige Verpackung<br />
(Greatview Aseptic Packaging)<br />
<strong>19</strong> Grüner Strom<br />
(State Grid Corp. of China)<br />
28 Umweltpolitik – strategische<br />
Zusammenarbeit zwischen China<br />
und Deutschland<br />
30 Umweltschutz beginnt<br />
in der Produktion<br />
32 Smart City – Green City<br />
Sonderveröffentlichung zum<br />
70. Jahrestag der VR China<br />
20 „China im Wandel“ von Gudrun Seitz<br />
22 Jubiläums-Interview WU Ken,<br />
Botschafter der Volksrepublik China<br />
26 „Rückblick in die Vergangenheit“<br />
von Prof. DING Yongjian<br />
42 Gesundheit-Q&As –<br />
Experten der TK stehen<br />
Rede und Antwort<br />
43 Sporttipp:<br />
Turn-WM Stuttgart 20<strong>19</strong><br />
44 Reisetipp:<br />
Charmantes Weimar<br />
45 Gesellschaft:<br />
Fridays for Future<br />
46 Ein Tag im Leben von WU Yanyan, BMW<br />
48 Gastkommentar<br />
Rubriken<br />
01 Editorial<br />
38 Impressum<br />
Weitere Informationen<br />
www.chk-de.org<br />
WeChat-Kanal<br />
www.chk-de.org
4 Kurzmeldungen<br />
Bosch investiert in<br />
chinesischen<br />
Roboterhersteller<br />
MegaRobo<br />
Die Robert Bosch Venture Capital GmbH<br />
(RBVC), die konzerneigene Venture-<br />
Capital-Gesellschaft der Bosch-Gruppe,<br />
führt die Wachstumsfinanzierung in dem in der<br />
chinesischen Hauptstadt Peking ansässigen<br />
High-Tech-Roboterhersteller MegaRobo an.<br />
Mit über 100 Vollzeitmitarbeitern entwickelt<br />
Bosch/MegaRobo modernste Technologien für<br />
Machine-Vision und künstliche Intelligenz. Auf<br />
diesen basieren seine modularen, bezahlbaren<br />
Lösungen für Laborautomatisierung, intelligenten<br />
Einzelhandel und die Industrie. „Die<br />
Technologien von MegaRobo machen die Produktionsautomatisierung<br />
effizienter. Bosch nutzt<br />
Roboter des Herstellers bereits für Spezialanwendungen<br />
in der End-of-Line-Produktion von<br />
Hausgeräten“, erläutert Dr. Ingo Ramesohl,<br />
Geschäftsführer von RBVC. „Auch darüber hinaus<br />
besteht großes Kooperationspotenzial für Mega-<br />
Robo und Bosch.“<br />
Die Lösungen von MegaRobo basieren auf eigenentwickelter<br />
Bewegungssteuerungstechnologie<br />
mit knapp 100 Patenten. Seine auf<br />
diesen Kerntechnologien aufbauenden kollaborativen<br />
Roboter sind kostengünstig und auf<br />
verschiedenste neue Branchen ausgerichtet.<br />
Die sicheren, benutzer- und integrationsfreundlichen<br />
Maschinen werden bereits in der<br />
Laborautomatisierung, im intelligenten Einzelhandel<br />
und in der verarbeitenden Industrie<br />
eingesetzt.<br />
Daniel Huang,<br />
CEO, MegaRobo<br />
MegaRobo Roboter<br />
Die Gründer von MegaRobo verfügen gemeinsam<br />
über jahrzehntelange Erfahrung in der<br />
Bewegungssteuerung und Industrieautomatisierung.<br />
An führenden Forschungseinrichtungen<br />
in aller Welt promovierte Experten leiten die<br />
Forschungs- und Entwicklungsabteilung des<br />
Unternehmens. Neben RBVC sind auch Gobi<br />
Partners, Joy Capital und FutureCap an der<br />
Finanzierungsrunde beteiligt.<br />
Foto: Bosch<br />
Quelle: Bosch<br />
Langjähriger Partner<br />
BAIC wird neuer<br />
Investor bei Daimler<br />
Die Daimler AG heißt ihren chinesischen<br />
Kooperationspartner Beijing Automotive<br />
Group Co. Ltd. (BAIC Group) als neuen<br />
Investor willkommen. „Wir begrüßen es sehr,<br />
dass unser langjähriger Partner BAIC nun auch<br />
ein langfristig orientierter Investor von Daimler<br />
ist. Dieser Schritt festigt unsere erfolgreiche<br />
Partnerschaft und ist ein Vertrauenssignal in<br />
die Strategie und das Zukunftspotential unseres<br />
Unternehmens. Der chinesische Markt ist<br />
und bleibt eine entscheidende Säule unseres<br />
Erfolgs – nicht nur für den Absatz, sondern<br />
auch für unsere Entwicklung und Produktion“,<br />
sagte Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands<br />
der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars.<br />
BAIC hat sich über Investment Global Co. Ltd.,<br />
eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, mit<br />
rund fünf Prozent an der Daimler AG beteiligt.<br />
Daimler und BAIC verbindet eine langjährige<br />
strategische Partnerschaft, die seit dem Jahr<br />
20<strong>03</strong> besteht. Beide Unternehmen arbeiten<br />
seitdem in Produktion, Forschung und Entwicklung<br />
sowie im Vertrieb von Pkw, Vans und Lkw<br />
zusammen. Im Jahr 2013 beteiligte sich Daimler<br />
an BAIC Motor, einem börsennotierten Tochterunternehmen<br />
von BAIC, und hält derzeit 9,55<br />
Prozent der Anteile. Seit dem Jahr 2018 ist<br />
Daimler darüber hinaus mit einem Anteil von<br />
3,01 Prozent an BAIC BluePark New Energy<br />
Technology Co. Ltd. beteiligt, einem Hersteller<br />
von Elektrofahrzeugen für China.<br />
Quelle: Daimler<br />
Foto: Walter Ericsy/shutterstock<br />
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5<br />
Bekanntgabe der BMW-Tencent-Kooperation auf China Innovation Day im Juli 20<strong>19</strong>.<br />
BMW und Tencent arbeiten zusammen beim Aufbau einer Plattform für<br />
automatisierte Fahrtechnologien und -produkte<br />
Die BMW China Automotive Trading<br />
Ltd. und Tencent haben am <strong>19</strong>. Juli<br />
in Peking eine Vereinbarung über die<br />
Zusammenarbeit beim Aufbau der<br />
BMW Group China High Performance D³ Plattform<br />
unterzeichnet. Mit Hilfe dieser Plattform<br />
wird die BMW Group automatisierte Fahrtechnologien<br />
und -Produkte entwickeln, die<br />
den komplexen lokalen Verkehrsverhältnissen<br />
sowie den lokalen Kundenanforderungen in<br />
China gerecht werden.<br />
Alejandro Vukotich, Leiter Bereich Vollautomatisiertes<br />
Fahren, sagte im Rahmen des China<br />
Innovation Day 20<strong>19</strong>, auf dem die Zusammenarbeit<br />
bekanntgemacht wurde: „Unser oberstes<br />
Ziel besteht darin, das Auto durch mehr<br />
Automatisierung sicherer zu machen als den<br />
menschlichen Fahrer. Sicherheit steht bei uns<br />
an erster Stelle. Daher müssen wir eine Menge<br />
Daten für Simulation, Erprobung und Validierung<br />
verarbeiten. Die Einführung der D³-Plattform<br />
– der Data-Driven Development Plattform<br />
– in China ist für uns der nächste große<br />
Schritt auf diesem Weg.“<br />
Group China High Performance D³ Plattform<br />
ermöglicht es uns, autonome Fahrlösungen<br />
zu entwickeln, die besser auf die spezifischen<br />
Fahrszenarien in China zugeschnitten sind.“<br />
BMW-Fahrzeug auf dem China Innovation Day<br />
„Tencent unterstützt Automobilunternehmen<br />
bei der digitalen Transformation“, ergänzte<br />
Herr Dowson Tong, Vorsitzender von Tencent<br />
Cloud & Smart Industry. „Die Zusammenarbeit<br />
zwischen Tencent und der BMW Group wurde<br />
etwa im Laufe des letzten Jahres vertieft.<br />
Dies zeigt, dass BMW die technische Leistungsfähigkeit<br />
von Tencent in den Bereichen<br />
Cloud-Computing, Big Data, Sicherheit und<br />
KI erkannt hat. Wir hoffen, dass wir durch die<br />
kontinuierliche Vertiefung der Zusammenarbeit<br />
zwischen den beiden Unternehmen ein<br />
neues Modell und neue Maßstäbe für die Zusammenarbeit<br />
zwischen chinesischen Technologieunternehmen<br />
und internationalen Automobilunternehmen<br />
etablieren können. Wir<br />
freuen uns auch darauf, die Ansiedlung internationaler<br />
erstklassiger Automobilunternehmen<br />
in China stärker zu unterstützen.“<br />
Die BMW Group China High Performance D³<br />
Plattform soll bis Ende dieses Jahres aufgebaut<br />
und betriebsbereit sein. Tencent wird IT-Architektur,<br />
Tools und Plattformen für die gesamte<br />
Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet<br />
des automatisierten Fahrens bereitstellen.<br />
Beide Partner werden die chinesischen Datenschutzgesetze<br />
und -vorschriften strikt einhalten,<br />
Datensicherheitsrisiken vermeiden und die<br />
Datenkonformität mit Hilfe der Expertise von<br />
Tencent im Bereich Sicherheit gewährleisten.<br />
Quelle: BMW<br />
Fotos: BMW Group<br />
„China nimmt bei der Entwicklung des automatisierten<br />
Fahrens eine Spitzenposition ein,<br />
und wir möchten in diesem Bereich eine Vorreiterrolle<br />
spielen“, so Jochen Goller, Leiter der<br />
BMW Group Region China. „Die Zusammenarbeit<br />
zwischen der BMW Group und Tencent<br />
wird für die branchenübergreifende Zusammenarbeit<br />
neue Maßstäbe setzen. Die BMW<br />
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6 Kurzmeldungen<br />
Foto: seamind224/shutterstock<br />
Huawei<br />
Nachhaltigkeitsbericht 2018<br />
Digitale Inklusion: Gleichberechtigten<br />
Zugang für alle schaffen<br />
Im Juli hat das Technologieunternehmen<br />
Huawei seinen Nachhaltigkeitsbericht 2018<br />
veröffentlicht. Es ist der elfte Nachhaltigkeitsbericht<br />
in Folge. Huawei erläutert darin seine<br />
vier Säulen für nachhaltige Entwicklung: digitale<br />
Inklusion, Sicherheit und Vertrauen sowie<br />
Umweltschutz und ein gesundes, ausgewogenes<br />
Ökosystem.<br />
Im vergangenen Jahr hat Huawei daran gearbeitet,<br />
die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige<br />
Entwicklung (SDGs) zu erreichen, mit<br />
seinen Industriepartnern ein nachhaltiges und<br />
integrativeres Ökosystem aufzubauen und eigene<br />
Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen.<br />
Anlässlich der Vorstellung des Berichts sagte<br />
LIANG Hua, Vorstandsvorsitzender von Huawei:<br />
„Huawei schafft für seine Kunden Mehrwert<br />
durch Innovation. Wir tun alles, was wir können,<br />
um die digitale Kluft zu überbrücken und den<br />
weltweiten Bedarf an Konnektivität zu decken.<br />
Wir wollen digitale Dienste erschwinglicher und<br />
für alle gleichermaßen zugänglich machen und<br />
unseren Beitrag zur sozialen und wirtschaftlichen<br />
Entwicklung leisten.“<br />
Liang erklärte, dass auch der Umweltschutz ein<br />
wichtiger Teil der Initiativen von Huawei für eine<br />
nachhaltige Entwicklung sei. „Auch für zukünftige<br />
Kommunikationsnetze ist das Thema Energieeffizienz<br />
zu einem wichtigen Faktor geworden.<br />
Wir müssen insgesamt weniger Energie<br />
verbrauchen, um mehr Daten zu übertragen und<br />
den Gesamtenergieverbrauch von Energiesystemen<br />
zu senken. Dabei können IK-Technologien<br />
helfen“, so Liang.<br />
Unternehmensticker<br />
CRRC ZELC übernimmt Lokomotivsparte<br />
von Vossloh<br />
Mit der CRRC Zhuzhou Locomotive gewinnt<br />
Vossloh einen strategischen und<br />
leistungsstarken Käufer. Verkaufsvertrag<br />
Ende August unterzeichnet.<br />
Quelle: Vossloh AG<br />
Estun-Gruppe und CLOOS gemeinsam<br />
auf Wachstumskurs bei Robotik<br />
Der chinesische Automatisierungs-Spezialist<br />
Estun übernimmt die hessische Carl<br />
Cloos Schweißtechnik GmbH.<br />
Quelle: Carl Cloos Schweißtechnik GmbH<br />
Post-Tochter StreetScooter und Chery<br />
unterzeichnen MoU<br />
Umfangreiche Vereinbarung unterzeichnet<br />
zur Lokalisierung der Produktion, Beschaffung<br />
und Entwicklung eines adaptierten<br />
elektrischen Nutzfahrzeugs (eLCV) für<br />
die letzte Meile, v.a. für den chinesischen<br />
Markt. Investition von bis zu 500 Millionen<br />
Euro erwartet.<br />
Quelle: Deutsche Post DHL Group<br />
Liang erläuterte zudem, dass Huawei im Rahmen<br />
seiner 5G-Forschung und Produktentwicklung<br />
viele Innovationen hervorgebracht hat. So<br />
hat es Huawei geschafft, den Stromverbrauch<br />
pro 5G-Standort auf 20 Prozent unter dem<br />
Branchendurchschnitt zu senken. Ermöglicht<br />
wird dies durch die neuen Huawei-Chipsätze,<br />
Systemsoftware, professionelle Dienstleistungen<br />
sowie fortschrittliche Hardware- und Wärmeableitungstechnologien.<br />
Diese innovativen Technologien<br />
machen Huaweis 5G energieeffizienter<br />
und tragen dazu bei, dass 5G eine „grüne Technologie“<br />
wird.<br />
Quelle: Huawei<br />
Der Nachhaltigkeitsbericht 2018 ist abrufbar unter:<br />
https://www.huawei.com/en/about-huawei/<br />
sustainability/sustainability-report/2018<br />
Siemens und SPIC unterzeichnen MoU<br />
Zusammen mit der State Power Investment<br />
Corporation Limited (SPIC) plant<br />
Siemens Entwicklung von Gasturbinen<br />
und Zusammenarbeit zur Wasserstoff-Nutzung.<br />
Quelle: Siemens China<br />
Airbus und AVIC unterzeichnen MoU<br />
Neue Vereinbarung zwischen Airbus und<br />
der AVIC Aircraft Corporation über die<br />
Montage des Airbus A320 in dem bestehenden<br />
Werk in Tianjin unterzeichnet.<br />
Quelle: Airbus<br />
Voith und CRRC planen strategische<br />
Allianz zur Elektromobilität<br />
Die Unternehmen beabsichtigen, auf<br />
dem Gebiet der elektrischen Antriebssysteme<br />
zusammenzuarbeiten, auch im<br />
Bereich Forschung und Entwicklung.<br />
Quelle: Voith<br />
www.chk-de.org
7<br />
Neues China-Kompetenz-Zentrum in Herne<br />
In Herne wird ein China-Kompetenz-Zentrum<br />
für das Mittlere Ruhrgebiet geschaffen. Möglich<br />
wird das Projekt durch eine Kooperation<br />
zwischen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
Herne mbH, der Hochschule Bochum und der<br />
Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet.<br />
(unternehmens-)kultureller China-Kompetenzen<br />
entwickelt werden. Entwickelt werden sollen<br />
auch praktische Lösungsstrategien, die auf<br />
eine ganzheitliche Unternehmensförderung im<br />
Mittleren Ruhrgebiet abzielen und endo- und<br />
exogene Wachstumspotenziale für Unternehmen<br />
mit Chinabezug fördern.<br />
Foto: sevenMaps7/shutterstock<br />
Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist die Analyse,<br />
Planung und Realisation nachhaltiger wirtschaftlicher<br />
Kooperations- und Innovationspotenziale<br />
zwischen der VR China und dem<br />
mittleren Ruhrgebiet, insbesondere der Stadt<br />
Herne. Dabei sollen vorausschauende und<br />
nachhaltige Entwicklungsprozesse angestoßen<br />
und standortsichernde Strategien und Maßnahmen<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
Um den gesamten Wirtschaftsraum Mittleres<br />
Ruhrgebiet zu stärken, sollen, ausgehend vom<br />
Standort Herne, die wirtschaftlichen Verflechtungen<br />
mit China schrittweise aufgebaut und<br />
auf ein tragfähiges Fundament mit vernetzter,<br />
mehrwertorientierter und lernprozessualer<br />
Dynamik gestellt werden. Konkret sollen sowohl<br />
die Attraktivität der Wirtschaftsregion für<br />
chinesische Unternehmen als auch die Bereitschaft<br />
zu einem Markteintritt in die VR China<br />
von Unternehmen aus Herne und der Region<br />
erhöht werden.<br />
Quelle: Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herne mbH<br />
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8 Titel<br />
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9<br />
Foto: M. Scheja/shutterstock<br />
Nachhaltiges China<br />
China entwickelt sich zum Vorreiter einer nachhaltigen<br />
Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Zusammenarbeit mit Abfallverwerter EEW Energy from<br />
Waste als Erfolgsgeschichte chinesisch-deutscher<br />
Kooperation.<br />
Noch nie in der Menschheitsgeschichte gab es einen solch umfassenden, schnellen<br />
Wirtschaftsaufschwung wie in China. Hunderte Millionen Menschen konnten<br />
damit aus der Armut geholt werden, eine umfassende Industrie entwickelte sich.<br />
Doch wie auch zuvor in den westlichen Ländern führte dies zu extremen Umweltschäden.<br />
Seit einigen Jahren steuert China radikal um. Die Politik sieht dabei jedoch nicht auf einzelne<br />
Punkte, sondern auf eine harmonische nachhaltige Entwicklung aller Bereiche. Ökologie,<br />
Ökonomie, Infrastruktur und soziale Fragen sollen darin in Einklang gebracht werden.<br />
www.chk-de.org
10 Titel<br />
China möchte bis zum Jahr 2020 Wohlstandsunterschiede<br />
ausgleichen, die Qualität<br />
der Umwelt und des Ökosystems<br />
insgesamt verbessern, aber sich auch der internationalen<br />
Zusammenarbeit noch mehr öffnen<br />
und lernen, die Früchte des Wirtschaftswachstums<br />
zu teilen, so der universelle Plan. 2015<br />
hat China in Paris das Klimaabkommen der<br />
Vereinten Nationen unterzeichnet und nimmt<br />
diese Verpflichtung ernst. Um die vereinbarten<br />
Ziele zu erreichen, will China seine CO 2<br />
-Emissionen<br />
je BIP-Einheit bis 2020 um 18 Prozent<br />
gegenüber dem 2015er-Niveau senken und die<br />
Energieintensität im gleichen Zeitraum um<br />
15 Prozent. Nachhaltige Entwicklung und Hightech<br />
ergänzen sich dabei.<br />
Beispiel Verkehr. Elektromobilität ist in China in<br />
erster Linie schienengebunden. Das weltweit<br />
größte Netz von Hochgeschwindigkeitslinien<br />
ersetzt den innerchinesischen Flugverkehr zu<br />
einem großen Teil. Der Anteil des Güterverkehrs<br />
auf der Schiene verdoppelte sich in wenigen<br />
Jahren. Auch der verbleibende Flugverkehr<br />
muss nachhaltiger werden. „Xiamen Airlines ist<br />
als globaler Befürworter der Umsetzung von<br />
Nachhaltigkeit in die Praxis anerkannt, der proaktive,<br />
positive Schritte im kritisch wichtigen<br />
Bereich des Klimaschutzes unternimmt. Wir<br />
streben an, jedes Jahr 70 Projekte zur Energieeinsparung<br />
und Emissionsminderung durchzuführen,<br />
um die jährlichen Emissionen um<br />
300.000 Tonnen zu reduzieren, ein Ziel, das<br />
wir den Vereinten Nationen zugesagt haben“,<br />
erklärte der Vorsitzende von Xiamen Airlines<br />
ZHAO Dong auf dem Politischen Forum für<br />
Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen<br />
im Juli.<br />
Gefordert ist auch die Wirtschaft; gefordert ist<br />
die Industrie, die sich nicht nur auf nachhaltige<br />
Produktion umstellen, sondern auch umweltfreundlichere<br />
Produkte anbieten muss. Hier sind<br />
deutsche Konzerne, die in China produzieren<br />
oft Vorreiter. Doch es streben auch bereits<br />
Unternehmen aus China mit nachhaltigen Produkten<br />
auf den Weltmarkt und einige errichten<br />
auch Produktionsstätten im Ausland.<br />
Die Erfolge im Umweltbereich werden zunehmend<br />
auch international gewürdigt. „Bei umweltfreundlichen<br />
Finanzen ist China zum Beispiel<br />
zu einem globalen Vorreiter geworden. Dies sind<br />
innovative Systeme. Als Nächstes ist es am<br />
wichtigsten, diese Maßnahmen umzusetzen,<br />
wobei eine behördenübergreifende und überregionale<br />
Koordinierung gewährleistet werden<br />
muss“, erklärte Bekele Debele von der Weltbank<br />
auf einem Symposium im Juni in Hangzhou.<br />
„Ich glaube, China hat hinsichtlich des Umweltschutzes<br />
tatsächlich enorme Erfolge erzielt.<br />
Diese Leistungen sind nachhaltig. In Zukunft<br />
hat China aber noch viel mehr zu tun. Ich<br />
möchte hier besonders erwähnen, dass China<br />
als Initiator der Seidenstraßen-Initiative in Zukunft<br />
viel tun kann, um andere Länder bei der<br />
Verwirklichung ihrer Umweltschutzziele und<br />
der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung zu<br />
unterstützen“, zeigt Balazs Horvath, ökonomischer<br />
Berater der China-Vertretung des Entwicklungsprogramms<br />
der Vereinten Nationen<br />
(UNDP), die weltweite Strahlkraft dieses nachhaltigen<br />
Konzeptes auf.<br />
Global denken, lokal handeln lautet die Devise.<br />
China hat fast 100 Millionenstädte, die sich zu<br />
Smart Citys entwickeln. Nachhaltige Entwicklung,<br />
ökologische Standards sind wichtige integrale<br />
Faktoren einer chinesischen Smart City.<br />
Modernste Technologie spart Ressourcen und<br />
Foto: Chengwei Tu/shutterstock<br />
www.chk-de.org
11<br />
dient dem Umweltschutz. Zwölf „Eco-Cities“-<br />
Labore mit Konzepten, für nachhaltige<br />
Gebäude, Mobilität, Energie, Wasser/Abwasser,<br />
Abfallwirtschaft sowie Informationstechnologien<br />
und Innovationen werden in Zusammenarbeit<br />
mit der Deutschen Energie-Agentur<br />
(dena) entwickelt und getestet, darunter auch<br />
Zhangjiakou, neben Peking einer der zwei<br />
Austragungsorte der Winterolympiade 2022.<br />
Positive Ergebnisse der Projekte sollen später<br />
auf bestehende Städte übertragen werden.<br />
Das in China gesammelte Knowhow der dena<br />
kann wiederum bei zukünftigen Projekten in<br />
Deutschland von Nutzen sein.<br />
Der schnelle Wandel lässt sich deutlich im<br />
Abfallmanagement erkennen. In vielen Metropolen<br />
wird jetzt ein Abfalltrennungs- und<br />
Abfallverwertungssystem aufgebaut. Hier gibt<br />
es noch viel zu tun, und besonders für Unternehmen<br />
aus Deutschland entstehen damit<br />
neue, gute Geschäftschancen. Viele westliche<br />
Unternehmen sind in China am Bau modernster<br />
Abfallverwertungsanlagen beteiligt. In Europa<br />
kaufen die großen chinesischen Abfallentsorger<br />
große Entsorgungskonzerne, um von den bestehenden<br />
Recyclingsystemen zu lernen und<br />
den schnellen Aufbau einer eigenen Kreislaufwirtschaft<br />
realisieren zu können.<br />
Tonnen ausmacht. Allein in Peking beträgt das<br />
Aufkommen des Abfalls aus der Abwasserbehandlung<br />
täglich 2.500 Tonnen. EEW wird<br />
noch in diesem Jahr die erste Genehmigung für<br />
den Bau und den Betrieb einer speziellen<br />
Verwertungsanlage für diesen Abfallstrom<br />
erhalten, und wir verfolgen mit großem Interesse<br />
die Etablierung des Geschäftsfeldes thermische<br />
Klärschlammverwertung. Auch in dieser Hinsicht<br />
ist EEW so etwas wie unser Schaufenster<br />
in eine Zukunft, wo wir Abfall mehr und mehr<br />
als Rohstoff begreifen“, erklärt JIANG Xinhao,<br />
Executive Director und Vice President von<br />
Beijing Enterprises Holding Ltd.<br />
Nach anfänglicher Skepsis sieht auch die Arbeitgeberseite<br />
den Einstig von Beijing Enterprises<br />
als Erfolgsgeschichte, und die regionale Politik<br />
sieht weitere Kooperationsmöglichkeiten mit<br />
China: „China ist ein faszinierendes Land mit<br />
einer sehr erfolgreichen Wirtschaft. Gerne<br />
würden wir noch stärker mit chinesischen Unternehmen<br />
kooperieren. Der Landkreis Helmstedt<br />
ist Vorreiter im Strukturwandel von der<br />
klassischen Energieerzeugung aus Braunkohle<br />
hin zu umweltfreundlicher Energiegewinnung.<br />
Die Standortbedingungen für Reallabore der<br />
Energiewende sind hervorragend. Innovative<br />
Projekte in den Bereichen Power-to-Gas und<br />
Power-to-Liquid sind in der Konzeptphase“,<br />
erklärt Gerhard Radeck, Landrat des Kreises<br />
Helmstedt.<br />
Deutschland beginnt jedoch auch von diesen<br />
Kooperationen zu lernen. Smart Citys oder<br />
digitale Systeme zum Abfallmanagement sind<br />
in China oft weiter als im Westen. Um im weltweiten<br />
Maßstab die Nachhaltigkeit in Wirtschaft,<br />
Konsum, Verkehr, in allen Bereichen<br />
durchzusetzen, sind noch viele weitere internationale<br />
Kooperationen notwendig. Dazu sind<br />
erst die ersten Schritte gemacht, ein langer<br />
Weg liegt noch vor uns. Wichtig für diese<br />
Veränderung ist Transparenz, die durch Vertrauen<br />
entsteht. Das Interview mit Bernard M.<br />
Kemper ist dafür ein guter Beitrag.<br />
In Deutschland sorgte 2016 die Übernahme von<br />
EEW Energy from Waste durch Beijing Enterprises<br />
für Schlagzeilen; mit einem Kaufpreis von<br />
1,4 Milliarden Euro die bis dahin größte chinesische<br />
Investition in ein deutsches Unternehmen.<br />
Viele Meldungen über diese Übernahme waren<br />
wenig von Sachkenntnis geprägt, manche<br />
stimmten nicht. Noch heute wird manchmal mit<br />
unfundierten Meldungen populistische Politik<br />
gemacht, auch wenn sich die China-Berichterstattung<br />
insgesamt verbesserte. So ist es<br />
spannend zu hören, wie nach drei Jahren<br />
dieses Unternehmen wirklich arbeitet, wie die<br />
chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in der<br />
Praxis aussieht.<br />
EEW-Anlage in Stapelfeld (nachher)<br />
Fotos: EEW<br />
Für EEW, aber auch für Beijing Enterprises ist<br />
diese Übernahme nicht nur eine Erfolgsgeschichte,<br />
sondern auch spannend für zukünftige<br />
Projekte. „Klärschlamm ist ein bedeutender<br />
Abfallstrom, der jährlich etwa 30 Millionen<br />
EEW-Anlage in Stapelfeld (vorher)<br />
www.chk-de.org
12 Interview<br />
Interview<br />
BERNARD M. KEMPER<br />
Schon während seiner Studienzeit beschäftigte sich Bernard M. Kemper als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter im Bundestag mit Umweltthemen. Neben Führungspositionen<br />
in Unternehmen aus den Bereichen Energie und Verkehr war er später viele Jahre auch<br />
ehrenamtlich für die Entsorgungsbranche tätig, unter anderem als Präsident des Bundesverbands<br />
der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. (BDE).<br />
Heute ist Bernard M. Kemper Vorsitzender der Geschäftsführung des Helmstedter<br />
Unternehmens EEW Energy from Waste GmbH, deren Gesellschafter seit 2016 das<br />
Unternehmen Beijing Enterprises Holding Ltd. Ist.<br />
1. Lieber Herr Kemper, die Übernahme von<br />
EEW durch Beijing Enterprises gilt als eines<br />
der erfolgreichen Beispiele einer Übernahme<br />
aus China.<br />
Und das zu Recht. Drei Jahre sind seit dem Einstieg<br />
von Beijing Enterprise vergangen. Sollte<br />
ich eine erste Zwischenbilanz ziehen, dann würde<br />
sie äußerst positiv ausfallen. Natürlich muss<br />
man abwarten, was die Zukunft bringt. Doch<br />
was wir in dieser Spanne des langfristig ausgelegten<br />
Engagements bereits erreicht haben,<br />
kann sich sehen lassen. Um nur ein Erfolgsbeispiel<br />
zu nennen: Bereits im Sommer 2016 –<br />
kurz nach dem Brexit-Votum und nur drei<br />
Monate nach der Übernahme durch Beijing<br />
Enterprises – haben wir die anstehende Entscheidung<br />
über ein 70-Millionen-Euro-Investment<br />
in unsere Anlage in Delfzijl unter Dach<br />
und Fach gebracht.<br />
2. Hat sich EEW nach der Übernahme auch in<br />
neue Geschäftsfelder vorgewagt?<br />
Genau das tun wir mit der Klärschlamm-Verwertung.<br />
Ein spannendes neues Geschäftsfeld<br />
– auch weil wir uns in einem in weiten Teilen<br />
regulierten Markt mit strengen umweltpolitischen<br />
Vorgaben bewegen. EEW setzt bei<br />
Klärschlämmen in Zukunft auf die thermische<br />
Verwertung, um anschließend aus der Asche<br />
Foto: Eva-Simona Fischkina<br />
www.chk-de.org
13<br />
Phosphor recyceln zu können. Zwei entsprechende<br />
Anlagen befinden sich bereits im<br />
Genehmigungsverfahren, über weitere Standorte<br />
denken wir nach. Dafür und für die Erneuerung<br />
unserer Anlagen haben wir mit unserem<br />
Gesellschafter Investitionsbeschlüsse im Wert<br />
von etwa 400 Millionen gefasst. Auch das<br />
zeigt: Unser Gesellschafter Beijing Enterprises<br />
setzt sich intensiv mit neuen Märkten auseinander<br />
und versteht sich als langfristig denkender<br />
strategischer Investor.<br />
3. Was sehen Sie als wichtigste Grundlage für<br />
eine erfolgreiche Zusammenarbeit?<br />
Die wichtigste Ressource in der Zusammenarbeit<br />
mit einem chinesischen Gesellschafter ist<br />
Vertrauen – ohne könnten wir unser Geschäft<br />
nicht führen. Dieses Vertrauen haben wir uns<br />
erarbeitet, indem wir die Akquisition zu einer<br />
wirtschaftlichen Erfolgs- und Wachstumsgeschichte<br />
gemacht haben. Selbstverständlich<br />
stimmen wir uns in den EEW-Gremien eng mit<br />
unserem Eigentümer ab, und alle wichtigen<br />
strategischen und Investitionsentscheidungen<br />
werden im Aufsichtsrat gefasst. Im Tagesgeschäft<br />
aber genießen wir ausgesprochene<br />
„Beinfreiheit“ – eben, weil wir eine so gute<br />
Vertrauensbasis haben.<br />
4. Gibt es dabei auch eine Zusammenarbeit<br />
beim Knowhow-Austausch?<br />
Beim Neubau von Anlagen arbeitet EEW seit<br />
Jahren mit dem sogenannten Referenzmodell.<br />
Dabei handelt es sich um eine idealtypische<br />
Anlage, in die unsere betrieblichen Erfahrungen<br />
mit ganz unterschiedlichen Abfallarten einfließen.<br />
Denn Abfall ist nicht gleich Abfall, das ist nun<br />
mal eines der Gesetze unserer Branche.<br />
Gemeinsam mit unseren chinesischen Kollegen<br />
haben wir unser deutsches Referenzmodell für<br />
die Bedingungen des dortigen Marktes angepasst.<br />
So konnten wir unser technisches Knowhow<br />
der Gruppe zugänglich machen.<br />
5. Das bedeutet auch, dass EEW keine Anlagen<br />
in China baut?<br />
Richtig, denn das hieße Eulen nach Athen<br />
tragen. China ist schließlich der weltgrößte<br />
Markt für industrielle Großanlagen. Es gibt im<br />
Land jede Menge Anlagenbauer mit viel Erfahrung.<br />
Insofern macht es Sinn, dass wir unser<br />
Know-how zur Verfügung stellen – nicht aber,<br />
dass EEW selbst Anlagen vor Ort errichtet.<br />
Foto: Eva-Simona Fischkina<br />
Das <strong>CONNECT</strong>-Redaktionsteam mit Bernard M. Kemper (rechts) und einem „Trash People“ im EEW-Hauptstadtbüro.<br />
www.chk-de.org
14 Interview<br />
6. Wie sieht es im Bereich des Fachkräfteaustauschs<br />
aus?<br />
Auf Arbeitsebene gibt es bereits einen sehr<br />
lebendigen und geregelten Austausch zwischen<br />
Deutschland und China. So haben wir in Kooperation<br />
mit Bildungsfördereinrichtungen wie etwa<br />
der Carl-Duisberg-Gesellschaft verschiedene<br />
Ausbildungsgänge ins Leben gerufen. Gemeinsam<br />
mit unseren chinesischen Kollegen haben<br />
wir außerdem spezielle Trainingsprogramme<br />
entwickelt. Hier lernen Fachkräfte zum Beispiel,<br />
eine Anlage zu fahren und unterschiedliche<br />
Leitstand-Technologien zu beherrschen. Ähnliche<br />
Qualifikationen gibt es inzwischen für Bereiche<br />
wie Instandhaltung oder Materialwirtschaft.<br />
In all diesen Gebieten werden wir dauerhaft<br />
Spezialisten ausbilden.<br />
7. Welches sind dabei die größten Herausforderungen?<br />
Gute Kommunikation ist das A und O, das stellen<br />
wir immer wieder und in allen Arbeitsbereichen<br />
fest. Die chinesische Sprache ist für uns Europäer<br />
durchaus eine Herausforderung – und nicht<br />
anders geht es den Kollegen aus China, für die es<br />
ähnlich schwer ist, sich auf Deutsch zu verständigen.<br />
In Situationen, in denen wir nicht aufs<br />
Englische als gemeinsamen Nenner ausweichen<br />
können, nehmen wir daher Übersetzer zur Hilfe.<br />
Zum Beispiel, wenn wir eine Anlage unter Sicherheitsgesichtspunkten<br />
inspizieren. So stellen wir<br />
sicher, dass alle wichtigen Informationen auch<br />
wirklich transportiert werden.<br />
8. Was waren nach Ihrem Eindruck die Gründe<br />
für den Einstieg von Beijing Enterprises?<br />
Wirtschaftlich ist China hoch entwickelt. Diese<br />
Standards will man auch in puncto Umwelt erreichen.<br />
Bei allem industriellen Erfolg erwarten<br />
die Menschen saubere Luft, sauberes Wasser,<br />
unbelastete Böden. Das Land verfolgt durchaus<br />
ambitionierte ökologische Ziele. Es ist erklärter<br />
politischer Wille, die Umweltsituation in China<br />
schnell und nachhaltig zu verändern. Dazu<br />
gehört insbesondere auch die Abfall-Thematik,<br />
die so etwas wie die Klammer vieler Umweltschutz-Bemühungen<br />
ist. Sich bei einem Unternehmen<br />
wie EEW zu engagieren, war also eine<br />
strategische Entscheidung. Denn als ein führendes<br />
Unternehmen in Europa bringen wir genau die technische<br />
Expertise mit, die China braucht.<br />
9. Nach den Plänen soll bereits bis 2<strong>03</strong>0<br />
ein Drittel des Mülls mit Müllverbrennungsanlagen<br />
entsorgt werden. Dies ist schon<br />
enorm. Wird das auch von der Bevölkerung<br />
akzeptiert?<br />
Kommen unsere chinesischen Kollegen nach<br />
Deutschland, machen wir regelmäßig die<br />
gleiche Erfahrung: Sie sind beeindruckt von<br />
der Tatsache, dass unsere Anlagen oft direkt<br />
am Stadtrand oder gar dicht an einem Naturschutzgebiet<br />
stehen. Wir werden meist<br />
gefragt: Wie funktioniert das? Gibt es keine<br />
Probleme mit der Bevölkerung? Wir erklären<br />
unseren Partnern aus China dann zum einen<br />
die Technologie. Nämlich, dass das Rauchgas,<br />
das aus dem Schornstein kommt, Wasserdampf<br />
ist und so gut wie keine messbaren<br />
Schadstoffe mehr enthält. Unsere Verfahren<br />
sind technologisch so ausgereift, dass sich<br />
viele Bedenken förmlich in Luft auflösen. Wir<br />
machen aber auch deutlich, was noch dazugehört,<br />
wenn man das Vertrauen der Menschen<br />
gewinnen will – nämlich eine transparente<br />
Informationspolitik. So gehen wir zum<br />
Beispiel offen mit unseren Emissionswerten<br />
um. Wir geben sie nicht nur ans Gewerbe-<br />
Aufsichtsamt, sondern veröffentlichen die<br />
Daten auch auf Schautafeln. Diese Transparenz<br />
stiftet Vertrauen, und Vertrauen führt<br />
letztlich zu Akzeptanz in der Bevölkerung.<br />
10. Vielleicht können Sie noch kurz etwas zu<br />
der Geschäftsentwicklung sagen?<br />
Geschäft und Marktumfeld haben sich in den<br />
vergangenen drei, vier Jahren sehr erfreulich<br />
entwickelt. Alle unsere im Vorfeld der Akquisition<br />
getätigten wirtschaftlichen Zusagen konnten<br />
wir erfüllen oder haben sie sogar übererfüllt.<br />
Der Vertrauensvorschuss, den man uns<br />
entgegengebracht hat, macht sich mittlerweile<br />
für beide Seiten bezahlt. Uns eröffnet es die<br />
Möglichkeit, zu investieren und neue Geschäftsfelder<br />
zu erschließen.<br />
11. Kommen wir jetzt einmal zur Region, nach<br />
Helmstedt. Gibt es da Kooperationen bei Forschung<br />
und Entwicklung von Bedeutung?<br />
Helmstedt liegt in dieser Beziehung strategisch<br />
sehr günstig. Die Hochschule Hannover, die<br />
Technischen Universitäten in Braunschweig und<br />
Clausthal-Zellerfeld, oder auch die Universität<br />
Magdeburg mit ihren Umwelttechnologie-Studiengängen:<br />
Alle diese Einrichtungen sind nicht weit<br />
entfernt, und wir arbeiten an vielen Stellen zusammen.<br />
Auch unseren chinesischen Partnern<br />
haben wir schon Zugänge zu den Hochschulen in<br />
der Umgebung eröffnet, wodurch in der Lehre<br />
und Forschung fruchtbare Beziehungen zwischen<br />
beiden Ländern geknüpft werden konnten.<br />
12. Im Bereich Technologie - können Sie da<br />
auch bereits hier in Deutschland von China<br />
profitieren?<br />
Das tun wir zum Beispiel im Bereich Industrie-<br />
Design. Von unseren chinesischen Kollegen sind<br />
wir oft gefragt worden: Warum baut ihr so<br />
langweilige Anlagen? Und in der Tat – unsere<br />
deutschen Kraftwerke sind äußerlich meist<br />
simple Betonklötze mit Schornstein. Die Chinesen<br />
gehen da anders vor. Für sie gehören architektonische<br />
Designstudien mit zum Anlagenbau.<br />
Bei unserer neuen thermischen Abfallbehandlungsanlage<br />
in Stapelfeld haben wir uns davon<br />
zumindest inspirieren lassen. Ein Teil der Betonhülle<br />
werden wir mit Moos begrünen, um unsere<br />
Nähe zur Ressourcenwirtschaft aufzuzeigen.<br />
Das Kesselhaus wird mit Solarpaneelen ausgerüstet,<br />
ebenfalls als Hinweis auf die grüne<br />
Energie, die wir dort produzieren. Die Rauchgasreinigung<br />
hausen wir mit Glas ein, sodass<br />
die Menschen sehen können, was dort passiert.<br />
Hier gilt im wahrsten Sinne des Wortes: Durch<br />
Transparenz wollen wir Vertrauen schaffen.<br />
13. Sie haben über die gute Zusammenarbeit<br />
mit Beijing Enterprise berichten. Bekommen<br />
sie jedoch wegen dieser Zusammenarbeit<br />
auch manchmal Probleme?<br />
Von der Partnerschaft und unserem Know-how-<br />
Transfer profitieren nicht nur beide Seiten wirtschaftlich<br />
– wir dienen mit unserer Tätigkeit auch<br />
www.chk-de.org
15<br />
einem übergeordneten politischen Ziel: dem<br />
Umwelt- und Ressourcenschutz. Dennoch gibt es<br />
einen gewissen Trend, Investoren aus China<br />
grundsätzlich kritisch zu begegnen, ohne sich<br />
genauer mit den Fakten zu beschäftigen. Da ist in<br />
bestimmten Medien dann schon mal die Rede<br />
davon, EEW sei eine chinesische Firma. Das ist<br />
nicht richtig. Wir sind ohne jeden Zweifel ein<br />
durchweg deutsches Unternehmen, das lediglich<br />
einen chinesischen Gesellschafter hat. Wir sind<br />
Arbeitgeber in Deutschland und schaffen hier<br />
neue Arbeitsplätze. Wir investieren am Standort<br />
Deutschland, und wir zahlen hier unsere Steuern.<br />
Auch Behauptungen, die Chinesen würden jetzt<br />
ihren Müll bei uns abladen, zeigen: Die Wirtschaftsbeziehungen<br />
zwischen China und Deutschland<br />
werden in der Öffentlichkeit manchmal noch<br />
zu holzschnittartig dargestellt. Hier wünsche ich<br />
mir weniger Populismus und mehr aufgeklärte<br />
Differenziertheit.<br />
Lieber Herr Kemper, vielen Dank für das<br />
ausführliche Gespräch!<br />
Milestones<br />
BERNARD M. KEMPER<br />
• Ausbildung zum Industriekaufmann,<br />
Studium der Politik- und Rechtswissenschaften<br />
in Bielefeld und Bonn<br />
• 2000 Vorstandsvorsitzender,<br />
RWE Umwelt AG<br />
• 2006 Mitglied des Vorstandes,<br />
Maschinenfabrik Vecoplan AG<br />
• 2010 CEO, Abellio GmbH<br />
• Seit 2014 Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung,<br />
EEW Energy from Waste GmbH<br />
Foto: EEW<br />
www.chk-de.org
16 Titel<br />
Frischer Wind aus China<br />
Chinas Windkraftgigant Goldwind ist weiter<br />
im Aufwind. Im ersten Halbjahr stieg der<br />
Umsatz des Konzerns im schwierigen<br />
Windkraftanlagen-Markt gegenüber dem Vorjahres-Vergleichszeitraum<br />
um über 20 Prozent.<br />
Analysten erwarten für 20<strong>19</strong> einen Umsatz von<br />
etwa 10 Milliarden HKD, nach 8,26 Milliarden<br />
HKD im vorhergehenden Jahr. In Deutschland<br />
ist Goldwind über Vensys aus dem saarländischen<br />
Neunkirchen mit Lizenzaustausch und<br />
einer Unternehmensbeteiligung verbunden.<br />
Das besondere an der Vensys-Technologie, die<br />
von Goldwind in Lizenz genutzt und zusammen<br />
weiterentwickelt wird: Die Anlagen kommen<br />
ohne Getriebe aus und sind daher weniger störanfällig.<br />
Mit Hilfe von Goldwind konnte der<br />
saarländische Weltmarktführer für getriebelose<br />
Anlagen seine Produktion stark ausbauen und<br />
expandieren. Vensys und der Branchengigant<br />
aus China haben dabei eine ähnliche Gründungsgeschichte.<br />
Goldwind ist eine Ausgründung aus einem Forschungsinstitut<br />
im westchinesischen Xinjiang.<br />
Auch Vensys ist eine Ausgründung der Forschungsgruppe<br />
Windenergie (FGW) der Hochschule<br />
für Technik und Wirtschaft des Saarlandes.<br />
Man hat eine ähnliche Geschichte, kommt<br />
aus der Forschung und hat dadurch ähnliche<br />
Vorstellungen. Wie auch bei anderen erfolgreichen<br />
chinesischen Beteiligungen redet Goldwind<br />
kaum in das Tagessgeschäft hinein, investiert<br />
- auch in Produktionskapazitäten von<br />
Vensys und Arbeitsplätze - und baut zudem die<br />
Entwicklung aus. Vensys ist dabei einer der<br />
weltweit verteilten Forschungsstandorte.<br />
Nach den neusten Daten von Bloomberg New<br />
Energy Finance (BNEF) liegt der dänische Hersteller<br />
Vestas im vergangenen Jahr mit einer<br />
neu installierten Kapazität von 10,094 Gigawatt<br />
weltweit wie im Vorjahr auf Platz eins der<br />
weltgrößten Windkraft-Konzerne. Goldwind<br />
mit 7,06 Gigawatt konnte auf Platz zwei vorrücken<br />
und überholte damit das deutsch-spanische<br />
Unternehmen Siemens-Gamesa. Doch die<br />
im Ausland installierten Anlagen machen im<br />
Vergleich zum heimischen Markt immer noch<br />
einen geringen Anteil aus, was sich durch Energieprojekte<br />
im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“<br />
und Goldwinds Internationalisierungsstrategie<br />
wiederum schnell ändern könnte.<br />
Bis Ende 2018 stieg bei der Windenergie in China<br />
die Kapazität auf 184 Gigawatt. Die Daten der<br />
chinesischen National Energy Administration<br />
(NEA) zeigen, dass alle Erneuerbaren zusammen<br />
729 Gigawatt erreichten, wobei davon<br />
rund 350 Gigawatt auf die Wasserkraft entfallen.<br />
79 Gigawatt wurden im vergangenen Jahr in<br />
Betrieb genommen. Zum Vergleich: Die gesamte<br />
installierte Windkraftleistung in Deutschland<br />
lag Ende 2018 bei knapp 53 Gigawatt.<br />
Auch wenn der Ausbau der Erneuerbaren Energie<br />
in den nächsten Jahren noch schneller verläuft,<br />
als zunächst geplant, ist in China eine Trendwende<br />
zu sehen. Nicht die Masse, sondern bezahlbare<br />
Energie, Energie als Teil der Smart City ist gefragt.<br />
Dies erfordert weitere Entwicklungsanstrengungen.<br />
Der Goldwind-Vorsitzende WU Gang richtet<br />
daran die Zukunftsstrategie seines Unternehmens<br />
aus. Neue Geschäftsmodelle, wozu noch mehr<br />
Forschung und Entwicklung, noch mehr internationale<br />
Kooperationen notwendig sind.<br />
Interview mit<br />
WU Gang<br />
Chairman, Xinjiang Goldwind Science & Tech Co. Ltd.<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates, Vensys Energy AG<br />
1. Lieber Herr Wu, Goldwind legt großen<br />
Wert auf Forschung & Entwicklung (F&E).<br />
Wie hoch ist der Anteil an Forschern in Ihrem<br />
Unternehmen?<br />
Goldwind hat seinen Ursprung in einem Forschungsinstitut<br />
in Xinjiang, unsere ersten Mitarbeiter<br />
waren Wissenschaftler. F&E steckt<br />
also tief in unseren Genen. Von den 8.000 Mitarbeitern<br />
sind mehr als 2.000 wissenschaftliche<br />
und technische Mitarbeiter bei Goldwind tätig.<br />
In den letzten Jahren haben wir jährlich rund<br />
1,5 Milliarden RMB in F&E investiert.<br />
2. Wie hat Goldwind seine Technologie zum<br />
Bau von Windenergieanlagen entwickelt<br />
und welche Rolle hat Deutschland dabei<br />
gespielt?<br />
Fotos: Goldwind<br />
www.chk-de.org
17<br />
Zur Anfangszeit waren in Xinjiang technische,<br />
wirtschaftliche und personelle Ressourcen<br />
Mangelware. Doch basierend auf der guten<br />
internationalen Zusammenarbeit u.a. mit<br />
Deutschland haben wir Technologie aus dem<br />
Ausland erworben und weiterentwickelt. Mit<br />
Vensys haben wir eine Kooperationsvereinbarung<br />
geschlossen und das mit großem Erfolg:<br />
Mit der Permanentmagnet-Technologie mit<br />
Direktantrieb, auf die sich beide Seiten fokussiert<br />
hatten, stehen wir schon seit mehreren<br />
Jahren weltweit unter den Top 3.<br />
3. Wie sieht die Zusammenarbeit mit Vensys<br />
im Bereich F&E konkret aus?<br />
Sehr eng. Bei der Entwicklung von neuen Technologien<br />
ziehen wir häufig Experten von Vensys<br />
zu Rate. Wir teilen außerdem neue in China<br />
entwickelte Technologien und Erkenntnisse mit<br />
unseren deutschen Partnern. Wir tauschen<br />
regelmäßig gegenseitig Mitarbeiter aus, damit<br />
diese sich mit dem Umfeld in China bzw.<br />
Deutschland vertraut machen können. Dabei<br />
entsteht auch ein Austausch im kulturellen<br />
Bereich. Auch das ist wichtig und macht uns zu<br />
einem hervorragenden Beispiel für eine erfolgreiche<br />
chinesisch-deutsche Zusammenarbeit.<br />
4. Welchen Einfluss hat Goldwind als Gesellschafter<br />
von Vensys auf das deutsche Tochterunternehmen?<br />
In seiner Geschäftstätigkeit ist Vensys eigenständig.<br />
Als Gesellschafter schauen wir jedoch<br />
im Aufsichtsrat auf die Jahresergebnisse. Über<br />
wichtige Entscheidungen für den zukünftigen<br />
Geschäftsverlauf wird gemeinsam diskutiert<br />
und entschieden. Vor allem auf finanzieller Seite<br />
können wir unterstützen. So haben wir z.B.<br />
zur Zeit der Finanzkrise eine alte Fabrik in<br />
Deutschland gekauft und an Vensys vermietet.<br />
Seit der Investition hat Vensys seine Mitarbeiterzahl<br />
von 30-40 auf jetzt 300 Mitarbeiter<br />
gesteigert. Darüber hinaus war Vensys in der<br />
Lage, selbst strategische Unternehmenskäufe<br />
zu tätigen.<br />
5. Gibt es eine Aufteilung der Märkte nach<br />
Regionen?<br />
Ja. Vensys ist für den europäischen Markt verantwortlich,<br />
während sich Goldwind hauptsächlich<br />
auf den chinesischen Markt und international<br />
auf die Märkte außerhalb von Europa<br />
konzentriert.<br />
6. Heutzutage sind Digitalisierung und smart<br />
technology wichtige Themen. Wie sieht die<br />
strategische Ausrichtung von Goldwind im<br />
Bereich smart energy aus?<br />
Wir stehen am Beginn einer neuen Ära. Lassen<br />
Sie mich die Bedeutung dieses Themas an einem<br />
konkreten Beispiel verdeutlichen: An unserem<br />
Büro-Standort in Peking stehen Windenergieanlagen,<br />
die Dächer sind mit Sonnenkollektoren<br />
bedeckt. Wir haben ein sauberes Energieversorgungssystem<br />
aufgebaut, das 60 bis 70 Prozent<br />
des Stroms im Bürobereich abdeckt und den<br />
Strom an Wochenenden zurück ins Netz einspeist.<br />
Darüber hinaus wird unser Bürostandort<br />
immer intelligenter: 70 bis 80 Prozent des Abwassers<br />
können wiederverwendet werden, hinzu<br />
kommt Schritt für Schritt eine intelligente<br />
Vernetzung von verschiedenen Bereichen wie<br />
Transport, Büro, Versorgung und Unterhaltung.<br />
7. Sind diese Systeme auch woanders in China<br />
zu finden?<br />
In ganz China haben wir rund 20 ähnliche<br />
Stromversorgungssysteme entwickelt, u. a. in<br />
Ningxia, Henan und Tianjin. Ich glaube, dass<br />
das „Smart-Park“-System in Zukunft große<br />
Entwicklungsperspektiven hat, auch auf dem<br />
internationalen Markt z.B. in Afrika. Einen<br />
Schritt weiter gedacht hat dieses „Smart<br />
Park“-Modell eine gewisse Pionierkraft. Wenn<br />
wir Parks, Krankenhäuser, Schulen, Fabriken<br />
usw. „intelligent“ werden lassen und per Glasfaser<br />
in ein „Internet of Everything“ verwandeln<br />
können, dann kommen wir unserem Ziel, einer<br />
„Smart City“, immer näher.<br />
8. Welchen Stellenwert werden saubere<br />
Energien in China aus Ihrer Sicht in 10 Jahren<br />
haben?<br />
China möchte die Nutzung nicht-fossiler Energien<br />
bis 2020 auf 15 Prozent und bis 2<strong>03</strong>0 auf<br />
20 Prozent steigern. Meine Prognose ist, dass<br />
diese beiden Ziele übertroffen werden. In Bezug<br />
auf die grüne Entwicklung ist die chinesische<br />
Regierung sehr entschlossen. Wir bei Goldwind<br />
sehen uns in einer guten Position, um diesen<br />
Prozess zu begleiten.<br />
9. Bei dieser Entwicklung gibt es auch<br />
Schwierigkeiten. Was sind die größten Herausforderungen<br />
für Sie?<br />
Die Energiewende ist ein langfristiger Transformationsprozess.<br />
Wenn es zum jetzigen Zeitpunkt<br />
keine fossilen Energien gäbe, hätten wir<br />
eine Reihe von Problemen in Bezug auf die<br />
Zuverlässigkeit und Kontinuität der Versorgung<br />
mit erneuerbaren Energien. Ohne erneuerbare<br />
Energien hingegen ist die Entwicklung fossiler<br />
Energien nicht nachhaltig, insbesondere in<br />
Bezug auf die Belastung durch Kohlenstoffemissionen.<br />
Darüber hinaus können erneuerbare<br />
Energien, wenn sie lange auf staatliche Subventionen<br />
angewiesen sind, keine nachhaltige<br />
Entwicklung erreichen, was eine Belastung für<br />
die Politik darstellt.<br />
Einerseits ist es notwendig, den Innovationsgeist<br />
und innovative Geschäftsmodelle von<br />
Unternehmen zu fördern. Außerdem ist es wichtig,<br />
das öffentliche Bewusstsein zu stärken.<br />
Wenn jeder gewillt ist – egal ob Unternehmen<br />
oder Privatpersonen – einen Beitrag zur Verbesserung<br />
der Umwelt zu leisten, dann glaube<br />
ich, dass sich die Industrie für erneuerbare<br />
Energien wirklich entwickeln und die Belastung<br />
des Landes verringert werden kann.<br />
Lieber Herr Wu, wir danken Ihnen herzlich<br />
für das Gespräch.<br />
www.chk-de.org
18 Titel<br />
Nachhaltige Verpackungen im Fokus<br />
Greatview Aspetic Packaging errichtete in Halle ein Produktionswerk<br />
Nach einer durch das Umweltbundesamt<br />
geförderten Studie zur Ökobilanz von Getränkeverpackungen<br />
übertreffen Einwegkartons<br />
alle anderen Verpackungen in Bezug auf<br />
die Minimierung des ökologischen Fußabdrucks.<br />
Die vom Institut für Energie- und Umweltforschung<br />
in Heidelberg erstellte Studie fand heraus,<br />
dass Getränkekartons in sieben der acht in der<br />
Ökobilanz untersuchten Wirkungskategorien -<br />
wie Klimawandel, Versauerung und Feinstaub -<br />
besser abschneiden als die Mehrwegflasche.<br />
und damit die Verbraucher eine umweltbewusste<br />
Entscheidung treffen zu lassen.“<br />
Alle Werke von Greatview sind so konstruiert,<br />
dass sie nur minimale Mengen an Energie und<br />
sonstigen Ressourcen nutzen. Beispiele sind<br />
Wärme rückgewinnung in der Produktion, natürliche<br />
Lichtquellen, Regenwassersammlung und Res-<br />
Ort gespeichert und genutzt, sogar die Spulenkerne<br />
bestehen aus Abfallmaterial. In allen unseren<br />
Werken wurden Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsysteme<br />
eingerichtet, um sicher -<br />
zustellen, dass die Mitarbeiter in einer sicheren<br />
Umgebung arbeiten. Gleichzeitig verbessern wir<br />
die Umwelt-Performance durch technologische<br />
Transformation und Prozessoptimierung.“<br />
Getränkekartons bleiben, wenn sie mit aseptischer<br />
Verpackungstechnologie genutzt werden,<br />
die Abfall minimiert und eine energieintensive<br />
Kühlkette überflüssig macht, bei Milch- und Saftprodukten<br />
die bevorzugte Wahl für Verbraucher<br />
in Deutschland und auf der ganzen Welt.<br />
Schon seit seinen Anfängen hat sich das Unternehmen<br />
Greatview Aseptic Packaging als<br />
Branchen leader im Bereich Umweltschutz etabliert.<br />
Um eine offene und verantwortungsvolle<br />
Bewirtschaftung der Wälder zu gewährleisten,<br />
werden 100 Prozent der im Greatview-Werk in<br />
Halle an der Saale produzierten Kartons aus<br />
FSC®-zertifiziertem Papier hergestellt. Das Unternehmen<br />
unterstützt seine Kunden auch bei der<br />
Aufklärung und Information der Verbraucher zur<br />
Schaffung eines verantwortungsvollen Images<br />
für deren Produkte. Jeff Bi, Greatview-CEO<br />
führt aus: „Unser Unternehmen ermutigt und<br />
unterstützt alle unsere Kunden, das FSC®-Label<br />
zu nutzen, um ihre Produkte zu kennzeichnen<br />
Greatview-Werk in Halle an der Saale<br />
sourcen-Wiederverwendung. All diese Punkte<br />
wurden von Beginn der Bauplanung berücksichtigt.<br />
„Bei Greatview werden Umweltfaktoren<br />
bereits direkt in den Produktionsprozess integriert.<br />
Während der Produktion anfallendes<br />
Restmaterial wird recycelt. Die Recyclingquote<br />
beträgt damit 100 Prozent“, fasst Jeff Bi die<br />
Bemühungen seines Unternehmens im Bereich<br />
Nachhaltigkeit zusammen. „Die Abwärme aus<br />
dem Produktionsprozess nutzen wir, um unsere<br />
Gebäude zu beheizen, Regenwasser wird vor<br />
Greatview ist ein führender Anbieter von integrierten<br />
aseptischen Verpackungslösungen für die<br />
Flüssignahrungsindustrie, der zweitgrößte Rollmaterial-Anbieter<br />
weltweit und ein börsennotiertes<br />
Unternehmen, das an der Börse in Hongkong<br />
notiert ist. Das hochmoderne Werk von Greatview<br />
in Sachsen-Anhalt befindet sich im geographischen<br />
Herzen Europas und ist der Export-Knotenpunkt<br />
des Unternehmens. Von hier beziehen<br />
Kunden, nicht nur aus Europa, sondern auch aus<br />
Nord- und Südamerika, Russland, dem Mittleren<br />
Osten, Afrika und dem asiatisch-pazifischen<br />
Raum ihr Verpackungsmaterial über die Autobahn-,<br />
Schienen- und Hafeninfrastruktur der<br />
Region. Die Anlage in Halle an der Saale ist bereits<br />
seit 2013 in Betrieb und wurde im Jahre 2017<br />
erweitert, um die Kapazität zu verdoppeln. Das<br />
Gesamtinvestitionsvolumen beträgt mehr als<br />
88 Millionen Euro, momentan sind dort über<br />
240 Mitarbeiter beschäftigt.<br />
Fotos: Greatview<br />
www.chk-de.org
<strong>19</strong><br />
Grüner Strom braucht<br />
neue Übertragungs-<br />
Infrastruktur<br />
CHEN Haibo beim <strong>CONNECT</strong>-Interview<br />
Foto: Eva-Simona Fischkina; s_maria/shutterstock<br />
State Grid ist nicht nur der weltgrößte Betreiber von Energieversorgungs-Anlagen,<br />
sondern baut in China auch die<br />
Stromnetzte der Zukunft. „Wir haben reiche Erfahrung<br />
und Technologie, wie bei der Spannungspegelsteuerung,<br />
im Benutzermanagement, am Markt und in weiteren<br />
Bereichen”, fasst CHEN Haibo, Leiter des European<br />
Representative Office von State Grid und zugleich Leiter des<br />
Global Energy Interconnection Research Institute Europe<br />
GmbH (GEIRI) in Berlin die Unternehmensaktivitäten<br />
zusammen.<br />
Dabei sind die Herausforderungen enorm. Der Konzern<br />
versorgt mehr als 88 Prozent der Fläche Chinas und fast<br />
eine Milliarde Menschen mit Strom. Dabei stieg der<br />
Stromverbrauch in den zurückliegenden Jahren stark an<br />
und gleichzeitig müssen durch die Energiewende neue,<br />
hochleistungsfähige Übertragungsleitungen gebaut werden<br />
um die Bedarfe der wirtschaftlichen Entwicklung zu<br />
decken und saubere Energien zu fördern. Chinas Energiebedarf<br />
konzentriert sich hauptsächlich auf die östlichen<br />
Küstengebiete, während Windenergie und Solarenergie<br />
überwiegend in den dünn besiedelten Gebieten des Westens<br />
erzeugt werden und über zwei- oder dreitausend<br />
Kilometer von Osten nach Westen transportiert werden<br />
müssen. Dies stellt hohe Anforderungen an die technologische<br />
Entwicklung und den Infrastruktur-Ausbau.<br />
Daher investiert State Grid viel in die Forschung und setzt<br />
die Technologie so schnell wie möglich in die Praxis um.<br />
Beim Ausbau des Stromnetzes dürfte China Weltspitze<br />
sein. State Grid setzt dabei auf internationale Kooperationen.<br />
„In Europa haben wir in den letzten Jahren<br />
in Unternehmen in Portugal, Italien und Griechenland<br />
investiert. Unsere Investitionen sind langfristig ausgelegt.<br />
Als stabiler Investor setzen wir auf nachhaltige<br />
Entwicklung, unterstützen das lokale Management und<br />
tauschen technische Erfahrungen mit unseren Partnern<br />
aus. In Portugal haben wir gemeinsam ein Forschungsund<br />
Entwicklungszentrum errichtet, wo wir erfolgreich<br />
gemeinsam forschen, u.a. in den Bereichen Netzbetriebskontrolle<br />
und neue Energien,“ berichtet Chen. Auch State<br />
Grid greift dabei kaum in das Tagesgeschäft dieser europäischen<br />
Beteiligungen ein.<br />
»Bei dem wissenschaftlichen<br />
Austausch ist der<br />
Schutz des geistigen<br />
Eigentums<br />
unverzichtbar.«<br />
Der Schwerpunkt der Arbeit vom GEIRI-Forschungsinstitut<br />
liegt in der Forschung. Diese konzentriert sich auf vier<br />
Bereiche: Forschung und Entwicklung neuer elektrischer<br />
Materialien, neue Leistungserfassungstechnologie, Energiespeicherung<br />
und -umwandlung sowie neue Leistungselektroniktechnologien.<br />
GEIRI kooperiert mit vielen Partnern, darunter die TU<br />
Berlin, das Fraunhofer-Institut, die Universität Rostock<br />
oder die Universität Kiel. „Bei dem wissenschaftlichen<br />
Austausch ist der Schutz des geistigen Eigentums unverzichtbar“,<br />
so Chen. Dies ist auch im besonderen Interesse<br />
von State Grid, da der Konzern die größten Erfahrungen<br />
weltweit mit dem Aufbau smarter, zukunftsfähiger Energienetze<br />
hat und viele technologische Patente hält.<br />
Die Energiewende ist ein weltweites Projekt und internationale<br />
Kooperationen nutzen dabei allen Beteiligten. Von<br />
den einmaligen Erfahrungen beim Aufbau eines smarten<br />
Stromnetzes in China könnte Europa zukünftig noch<br />
mehr lernen. Ein Beispiel sind intelligente Stromzähler,<br />
die in manchen chinesischen Millionenstädten schon in<br />
nahezu 100 Prozent der Haushalte installiert sind. „Wenn<br />
wir die Spitzen und Täler des Stromverbrauchs oder die<br />
Stromverbrauchsmerkmale der einzelnen Verbraucher<br />
rechtzeitig erfassen können, können wir die Ressourcen<br />
in anderen Teilen des Verteilungsnetzes flexibel anpassen.<br />
Damit können wir ein „virtuelles Kraftwerk“ bauen, das<br />
die Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung verbessert,<br />
die Investitionskosten senkt und damit auch die Strompreise“,<br />
nennt Chen dafür ein Beispiel. Nur so lassen sich<br />
die Anforderungen meistern, die sich zukünftig durch<br />
eine elektrisch angetriebene Massenmobilität ergeben.<br />
Bei Verbrauchspitzen, wenn am frühen Abend viele Elektroautos<br />
geladen werden, wird Strom teuer. Intelligente<br />
Stromzähler sind die Voraussetzung um zukünftig viele<br />
Stromquellen gleichzeitig zu nutzen. Der Endkunde ist<br />
dabei Abnehmer, aber kann auch Stromverkäufer sein.<br />
Nachts ist Strom billig und kann in nicht genutzten Elektrofahrzeugen<br />
gespeichert werden, welche ihn während<br />
der Verbrauchspitzen verkaufen. Nur durch eine Vielzahl<br />
neuer, ineinandergreifender Technologien ist der notwendige<br />
Energiewandel machbar.<br />
www.chk-de.org
20 Sonderveröffentlichung 70. Jahrestag VR China<br />
China im Wandel –<br />
ich war dabei<br />
70 Jahre Volksrepublik China<br />
aus der Sicht von Gudrun Seitz<br />
Die Volksrepublik China begeht am<br />
1. Oktober 20<strong>19</strong> den 70. Jahrestag<br />
ihrer Gründung. Für mich ist das ein<br />
Grund zurückzublicken und die großen<br />
Veränderungen dieses Landes gedanklich an<br />
mir vorüberziehen zu lassen. Ich hatte mich<br />
<strong>19</strong>74 eigentlich für ein Slawistik-Studium an<br />
der Humboldt-Universität Berlin beworben,<br />
aber zu meiner Überraschung bekam ich eine<br />
Zulassung für ein Chinesisch-Studium. Kurz<br />
entschlossen sagte ich zu, noch nicht ahnend,<br />
dass ich nunmehr die nächsten 36 Jahre meines<br />
Lebens in China verbringen und die großen<br />
Umwälzungen dieses Landes hautnah miterleben<br />
würde. Im Nachhinein kann ich sagen:<br />
Welch ein großes Glück!<br />
China war Mitte der 70er Jahre noch im Endstadium<br />
der Kulturrevolution gefangen, aber<br />
mit dem Besuch des US-Präsidenten Richard<br />
Nixon in China im Februar <strong>19</strong>72 und der Aufnahme<br />
diplomatischer Beziehungen Chinas<br />
zu einigen westlichen Staaten, darunter der<br />
Bundesrepublik im Oktober <strong>19</strong>72, gab es<br />
Signale, dass das Land nach Jahren der Abschottung<br />
wieder den Weg in die Weltgemeinschaft<br />
finden wollte. Es dauerte noch<br />
weitere fünf Jahre – dazwischen lagen der Tod<br />
MAO Zedongs <strong>19</strong>76 und eine politische Übergangszeit<br />
- bis unter Federführung des<br />
großen Visionärs und Staatsmannes DENG<br />
Xiaoping <strong>19</strong>78 die Reform- und Öffnungspolitik<br />
Chinas eingeleitet wurde. Im September<br />
<strong>19</strong>78 flog ich das erste Mal nach China, um<br />
ein 6-monatiges Praktikum an der Handelspolitischen<br />
Abteilung der Botschaft der DDR<br />
in China zu beginnen, der Beginn meines<br />
lebenslangen China-Abenteuers. Nach<br />
Abschluss des Studiums <strong>19</strong>79 nahm<br />
ich 24-jährig meine Arbeit als<br />
Chinesisch-Dolmetscherin in der<br />
Botschaft der DDR in Peking auf.<br />
Mit der Reform und Öffnung Chinas entwickelten<br />
sich die Beziehungen Chinas mit den Ländern<br />
der Welt geradezu stürmisch. Es gab eine riesige<br />
Nachfrage nach eigentlich allem, China dürstete<br />
nach Waren, nach Wissen, Technologie, nach<br />
Austausch auf den verschiedensten Gebieten.<br />
Nach Jahren größter Entbehrung und Dunkelheit<br />
während der Kulturrevolution schöpfte das<br />
chinesische Volk zu Beginn der 80er Jahre<br />
wieder neuen Mut und begann - erst langsam,<br />
dann immer schneller - das Land wiederaufzubauen.<br />
Die Erfolge blieben nicht aus, u.a. dank<br />
der sich entwickelnden Privatwirtschaft, der<br />
Einführung eines Pachtsystems für die Bauern<br />
auf dem Lande, der Restrukturierung staatlicher<br />
Unternehmen, und auch der Milliarden<br />
Investitionen ausländischer Unternehmen in<br />
China. DENG Xiaoping erklärte, es sei ihm egal,<br />
ob eine Katze schwarz oder weiß sei, Hauptsache<br />
sie fange Mäuse, und, erst müssten einige reich<br />
werden, bevor alle reich werden könnten. Es<br />
war dieser dem chinesischen Volk innewohnende<br />
Pragmatismus, der unendliche Fleiß, die<br />
Neugier und Disziplin, Geduld und Beharrlichkeit,<br />
die China auf dem schwierigen Weg des<br />
Aufbaus des Landes halfen. Hunderte Millionen<br />
Chinesen arbeiten bis heute sehr hart, quasi<br />
7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr – abgesehen<br />
von wenigen gesetzlichen Feiertagen wie dem<br />
Frühlingsfest. Der Druck, der auf jedem Einzelnen<br />
lastet, ist hoch. Man muss und möchte<br />
erfolgreich sein, so viel Geld wie möglich verdienen<br />
mit dem Ziel, eine Familie gründen zu<br />
können, seinem Kind den bestmöglichen Kindergarten,<br />
die beste Schule und Ausbildung zu ermöglichen,<br />
aber auch gegenüber den Eltern<br />
dankbar zu sein und ihnen etwas Gutes zurückzugeben.<br />
Viele Chinesen haben es in den letzten<br />
30-40 Jahren in der Tat zu großem wirtschaftlichen<br />
und finanziellen Erfolg gebracht. China<br />
stellt heute die meisten USD-Millionäre nach<br />
den USA weltweit und hat eine solide Mittelschicht<br />
entwickelt. Chinesen studieren an den<br />
teuersten Universitäten der Welt, leisten sich<br />
Luxus und Konsum, von dem sie noch vor der<br />
Jahrtausendwende kaum zu träumen gewagt<br />
hätten. Aber Millionen von ihnen haben es auch<br />
nicht geschafft, sind auf der Strecke geblieben,<br />
haben einen hohen Preis bezahlt. Dazu zählen<br />
vor allem die mehr als 250 Millionen Wanderarbeiter,<br />
die mit ihrer Arbeit zu Chinas heutigem<br />
Reichtum wesentlich beigetragen haben<br />
und noch heute am Ende der Einkommensleiter<br />
stehen.<br />
Mitte/Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre<br />
vollzogen sich grundlegende Veränderungen<br />
der politischen Landschaft in der Welt, die eine<br />
historische Zäsur darstellten - die Sowjetunion<br />
brach zusammen, der Realsozialismus scheiterte,<br />
die DDR verschwand von der Landkarte,<br />
Deutschland war wiedervereinigt. Ich erlebte<br />
Fotos: Gudrun Seitz<br />
www.chk-de.org
21<br />
all diese Ereignisse fernab der Heimat in<br />
Peking, sah zu, wie die DDR-Botschaft am<br />
30.09.<strong>19</strong>90 geschlossen wurde und entschied<br />
mich damals, erst einmal nicht in das vereinte<br />
Deutschland zurückzugehen, sondern in China<br />
zu bleiben und da mein Glück zu suchen.<br />
Möglich war das auch deshalb, weil China uns<br />
ehemaligen DDR-Bürgern seinerzeit großzügig<br />
den weiteren Aufenthalt im Lande gestattete,<br />
obwohl unsere Pässe wertlos geworden waren<br />
und die neuen, von der bundesdeutschen<br />
Botschaft ausgestellten Pässe keine gültigen<br />
Visa enthielten.<br />
Bekannterweise blieben die geopolitischen<br />
Veränderungen auch auf China nicht ohne Auswirkungen.<br />
China entschied sich damals für einen<br />
eigenen Entwicklungsweg, für den Sozialismus<br />
chinesischer Prägung. Chinas Entwicklungsweg<br />
war und ist seitdem nicht unumstritten,<br />
Kritiker gibt es bis heute im Ausland wie im<br />
Inland. Kritik ist meines Erachtens völlig normal<br />
und gehört zu einer demokratischen Entwicklung,<br />
auch zur sozialistischen Demokratie. Ich<br />
möchte China gern wünschen, mit konstruktiver<br />
Kritik souveräner umzugehen. Das würde<br />
Chinas Ansehen eher steigern als verringern.<br />
China muss seine Probleme doch nicht verstecken.<br />
70 Jahre sind eine historisch sehr kurze<br />
Zeit. Was China mit seinen 1,4 Milliarden<br />
Menschen in diesen Jahrzehnten wirtschaftlich<br />
und kulturell geschaffen hat, ist überwältigend<br />
und lässt sich nicht in den Rahmen dieses<br />
Artikels pressen. Aber jeder, der China auch nur<br />
ein wenig kennt, wird die gewaltigen Fortschritte<br />
dieses Landes nicht übersehen und China<br />
– trotz nach wie vor berechtigter<br />
Kritik - überwiegend positiv bewerten.<br />
Der 70. Jahrestag der Gründung der VR China<br />
ist ein guter Anlass, fair und neidlos anzuerkennen,<br />
dass es China unter Beibehaltung und Festigung<br />
der Herrschaft der KP Chinas gelungen ist,<br />
in nur 40 Jahren aus einem verarmten, unterentwickelten<br />
Land Schritt für Schritt ein modernes<br />
China aufzubauen. An China kommt<br />
heute niemand mehr vorbei. Chinas wirtschaftlicher<br />
und politischer Einfluss wird in den<br />
nächsten Jahrzehnten zweifellos weiterwachsen.<br />
Die Welt kann davon ausgehen, dass China<br />
alles daransetzen wird, die selbst gesteckten<br />
Ziele bis 2020, 2<strong>03</strong>5 und 2049 – dem 100. Geburtstag<br />
der Gründung der VR China – zu erreichen.<br />
China ist schon heute der unmittelbare<br />
Gegenpol zu den USA. Russland und Europa<br />
werden in diesem geopolitischen Wettbewerb<br />
je nach Stärke oder auch Schwäche eine Rolle<br />
mitspielen. China ist sich seiner gewachsenen<br />
Verantwortung für Frieden und Wachstum in<br />
der Welt durchaus bewusst. Die Welt, vor allem<br />
der Westen, kann und sollte das im Umgang mit<br />
China noch konstruktiver nutzen und mit China<br />
auf den verschiedenen Gebieten eine enge Zusammenarbeit<br />
zum gegenseitigen Vorteil suchen.<br />
In diesem Jahrhundert werden die geopolitischen<br />
Karten wiederum neu gemischt. Wir<br />
sind gut beraten, China auf Augenhöhe zu begegnen<br />
und die früher nicht selten anzutreffende<br />
Arroganz gegenüber diesem Land abzulegen.<br />
Das gilt insbesondere auch für die oft einseitig<br />
negative Berichterstattung deutscher Medien<br />
über China. Wie jedes Land verdient es China in<br />
seiner Ganzheit gesehen zu werden und wird<br />
doch meist nur auf wenige Schlagworte reduziert.<br />
Dabei lassen erst die Vielfalt, die Kontraste,<br />
die Widersprüche und der Spirit das Land zu<br />
einem Ganzen werden. Leider ist es nicht möglich,<br />
schon heute einen Blick ins Jahr 2049 zu<br />
werfen. Aber da sich in der Geschichte der<br />
Menschheit immer der Klügere und Effizientere<br />
im globalen Wettbewerb durchsetzt, wird mir<br />
um China nicht bange. Ich wünsche diesem<br />
Land, das auch mein Leben so sehr geprägt hat,<br />
für die Zukunft und vor allem für die kommenden<br />
30 Jahre bis zum 100. Geburtstag viel Erfolg, Optimismus<br />
und Durchhaltevermögen.<br />
Zur Person<br />
<strong>19</strong>74-<strong>19</strong>79 Chinesisch Studium an der<br />
HU Berlin; Fernstudium an<br />
der Fachschule für Außenwirtschaft<br />
Berlin<br />
<strong>19</strong>79-<strong>19</strong>90 Tätigkeit in der Handelspolitischen<br />
Abteilung der<br />
DDR-Botschaft in Peking<br />
bzw. im Außenhandelsbetrieb<br />
MLW intermed<br />
<strong>19</strong>90-<strong>19</strong>99 MEDCONSUL Handelsagentur<br />
für Medizintechnik in<br />
China<br />
<strong>19</strong>99-2004 Abteilungsleiterin im Delegiertenbüro<br />
der Deutschen<br />
Wirtschaft Peking (AHK Peking)<br />
2004-2010 Chief Representative der<br />
Repräsentanzen des VDMA<br />
(Verband Deutscher Maschinen-<br />
und Anlagenbau)<br />
in Peking und Shanghai<br />
2011-2018 Mitarbeiterin im Pressereferat<br />
der Deutschen Botschaft<br />
in Peking<br />
www.chk-de.org
22 Sonderveröffentlichung 70. Jahrestag VR China<br />
Jubiläums-Interview<br />
WU KEN<br />
Botschafter der Volksrepublik China in Deutschland<br />
1. Sehr geehrter Herr Botschafter Wu, Sie<br />
waren vor 30 Jahren zum ersten Mal in<br />
Deutschland. Wenn Sie an das heutige<br />
Deutschland denken, welche drei Wörter<br />
fallen Ihnen als erstes ein?<br />
Es ist natürlich schwierig, dafür nur drei Worte<br />
zu benutzen. Aber lassen Sie es mich versuchen.<br />
Zunächst: offen und tolerant. Deutschland<br />
hat in den Jahren seit der Wiedervereinigung<br />
die europäische Integration aktiv vorangetrieben,<br />
ist tief in globale Angelegenheiten<br />
integriert und zu einer der größten Volkswirtschaften<br />
Europas sowie einem der größten<br />
Exporteure der Welt herangewachsen.<br />
2. In diesem Jahr feiert die VR China den<br />
70. Jahrestag seit ihrer Gründung. Seit Aufnahme<br />
der diplomatischen Beziehungen mit<br />
Deutschland im Jahr <strong>19</strong>72 ist die Lage der<br />
Welt komplizierter geworden. Welches waren<br />
für Sie die wichtigsten Momente und Meilensteine<br />
in dieser Zeit?<br />
Ein bedeutender Meilenstein der jüngeren Geschichte<br />
war sicherlich der Beschluss, die bilateralen<br />
Beziehungen zu einer umfassenden<br />
strategischen Partnerschaft auszubauen und<br />
damit häufige gegenseitige Besuche auf höchster<br />
Ebene durchzuführen sowie mehr als 70 bilaterale<br />
Austauschmechanismen einschließlich den<br />
Regierungskonsultationen einzurichten.<br />
Zur Person<br />
WU Ken (Jahrgang <strong>19</strong>61) ist seit dem<br />
20. März neuer Botschafter der VR China<br />
in Deutschland. Zu Beginn seiner diplomatischen<br />
Karriere war er in der Personalabteilung<br />
des chinesischen Außenministeriums<br />
tätig. Im Anschluss an ein<br />
Studium in Frankfurt am Main arbeitete<br />
Wu an der Botschaft in Deutschland.<br />
Darauf folgten fünf Jahre im chinesischen<br />
Außenministerium. <strong>19</strong>98 wurde<br />
er Botschaftsrat in Österreich und ging<br />
2001 wieder ans Außenministerium<br />
zurück. 2007 wurde er als Botschafter<br />
in Österreich akkreditiert. Außerdem<br />
war WU Ken als Botschafter in der<br />
Schweiz (2010-2013) und in den Niederlanden<br />
(2016-20<strong>19</strong>) tätig, bevor er nach<br />
Deutschland zurückkam.<br />
Zweitens: einig und ambitioniert. Der 30-jährige<br />
Einigungsprozess war und ist keine leichte<br />
Aufgabe. Die wirtschaftliche und soziale Kluft<br />
zwischen dem Osten und dem Westen nimmt<br />
ab. Wirtschaftlich ist Deutschland enorm<br />
gewachsen, hat mehr Verantwortung in der<br />
EU und der Welt übernommen und spielt eine<br />
wichtige Rolle in vielen globalen und regionalen<br />
Krisen.<br />
Drittens: krisenbewusst. Die Deutschen sind<br />
fleißig, pragmatisch und rational und das hat<br />
ihnen in den letzten Jahren auch geholfen,<br />
Prüfungen wie die Finanzkrise und die Flüchtlingskrise<br />
zu bestehen. Gerade aufgrund des<br />
starken Krisenbewusstseins ist die Gesamtentwicklung<br />
in Deutschland relativ ausgewogen<br />
und stabil. Von diesen Erfahrungen können<br />
andere Länder lernen.<br />
3. Welche Bedeutung messen Sie den chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen auf globaler<br />
Ebene bei?<br />
Die globale Bedeutung der chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen wird immer größer. Als wichtige<br />
Länder in ihren jeweiligen Regionen und gleichzeitig<br />
als Mitglieder mehrerer internationaler<br />
Organisationen und multilateraler Mechanismen,<br />
stehen China und Deutschland in regem<br />
Austausch, wenn es um globale Fragen und internationale<br />
Brennpunkte wie den Klimawandel<br />
oder weltpolitische Themen geht. Man kann<br />
sagen, die Bedeutung der chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen hat den bilateralen Rahmen längst<br />
überschritten, sie nehmen bereits vielmehr eine<br />
führende Rolle innerhalb Chinas Beziehungen<br />
mit der EU ein.<br />
4. Gibt es noch weitere Bereiche, die besonders<br />
hervorzuheben sind?<br />
Ja. Auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und<br />
handelspolitischen Zusammenarbeit ist die<br />
chinesisch-deutsche innovative und pragmatische<br />
Zusammenarbeit zu einem Erfolgsbeispiel<br />
für die Zusammenarbeit Chinas mit westlichen<br />
Ländern geworden. In den <strong>19</strong>80er Jahren waren<br />
deutsche Unternehmen wie Volkswagen Pioniere,<br />
die die historische Gelegenheit nutzten, um<br />
als erste in den chinesischen Markt einzutreten,<br />
wodurch die chinesisch-deutschen Zusammenarbeit<br />
neue Wege eingeschlagen haben. Erst<br />
vor kurzem nun waren erneut deutsche Unternehmen,<br />
wie BMW und BASF, die ersten Profiteuren<br />
der weiteren Öffnung Chinas. Weiterhin<br />
sind die Städte Hamburg und Duisburg aktiv an<br />
dem Aufbau der „Belt and Road”-Initiative beteiligt.<br />
All das sind neue Belege für die innovative,<br />
Foto: Chinesische Botschaft<br />
www.chk-de.org
23<br />
pragmatische und auf gegenseitigen Nutzen<br />
ausgerichtete Zusammenarbeit zwischen China<br />
und Deutschland.<br />
5. Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen<br />
sind das Fundament der chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen. Deutschland ist seit 40 Jahren<br />
der größte Handelspartner Chinas in Europa,<br />
China war 2018 das dritte Jahr in Folge der<br />
größte Handelspartner Deutschlands. Was<br />
sind für Sie derzeit die größten Herausforderungen<br />
für die Zusammenarbeit beider<br />
Länder in diesem Bereich?<br />
Gegenwärtig ist der globale Konsens über Unilateralismus,<br />
Protektionismus, Populismus bzw.<br />
Multilateralismus und Freihandel auf globaler<br />
Ebene bedroht, was zu mehr Instabilität und Unsicherheit<br />
in den internationalen Beziehungen,<br />
insbesondere in der Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit,<br />
führt. Ein solches Umfeld<br />
führt zweifelsfrei zu Schwierigkeiten bei der<br />
kontinuierlichen Förderung der internationalen<br />
Zusammenarbeit, einschließlich der chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen. Sowohl China<br />
als auch Deutschland sind große Handelsnationen,<br />
die sich für Multilateralismus und Freihandel<br />
einsetzen. Als eine Gruppe wichtiger stabilisierender<br />
Kräfte in den internationalen Beziehungen<br />
sollten beide Länder die Initiative<br />
ergreifen, um die gegenseitige Kommunikation<br />
zu stärken, die Konsensbasis zu erweitern und<br />
Hand in Hand zusammenzuarbeiten. Das wird<br />
dazu führen, dass das Konzept von Multilateralismus<br />
und das System des Freihandels geschützt,<br />
Win-win-Kooperationen stabil vorangebracht,<br />
noch stabilere chinesisch-deutsche<br />
Beziehungen gestaltet und der gegenwärtigen<br />
internationalen Zusammenarbeit mehr Stabilität<br />
und Gewissheit verschafft werden.<br />
6. Welche Auswirkungen hat Ihrer Ansicht<br />
nach der Handelskonflikt zwischen China<br />
und den USA auf die chinesisch-deutschen<br />
Beziehungen?<br />
In Zeiten der Globalisierung sind die Volkswirtschaften<br />
der Welt stark voneinander abhängig<br />
und global integriert. Der von den USA ausgelöste<br />
einseitige Handelskonflikt beeinträchtigt<br />
die globalen Wertschöpfungs-, Industrie- und<br />
Zulieferketten. Der Konflikt schadet der Weltwirtschaft<br />
und natürlich auch der deutschen<br />
Wirtschaft. Im Jahr 2018 betrug das deutsche<br />
Wirtschaftswachstum nur 1,5 Prozent, und die<br />
Wachstumsrate hat sich im Vergleich zu 2017<br />
stark verlangsamt. Nach Schätzungen des<br />
Internationalen Währungsfonds wird sich das<br />
deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr<br />
weiter auf 0,8 Prozent verlangsamen. Gegenwärtig<br />
ist die Exportnachfrage der Automobilindustrie<br />
in Deutschland spürbar geschwächt<br />
und die Aufträge in den Pfeilerindustrien wie<br />
Maschinenbau und Chemie sind rückläufig.<br />
Zusätzlich sinkt die Produktion und den Unternehmen<br />
drohen Entlassungen. Nach Analysen<br />
deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute ist<br />
der Handelskonflikt einer der wichtigsten<br />
Gründe für den Abschwung in der deutschen<br />
Wirtschaft.<br />
7. Eine große Diskussion in diesem Zusammenhang<br />
gibt es auch um das Unternehmen<br />
Huawei.<br />
Die USA diskreditieren und üben Druck auf das<br />
chinesische Unternehmen Huawei aus ohne<br />
sachliche Grundlage und setzen ihre Verbündeten,<br />
einschließlich Deutschland, unter Druck,<br />
indem sie darauf drängen, Huawei vom 5G-<br />
Ausbau auszuschließen. Derzeit befürworten<br />
immer mehr Experten einen fairen Umgang mit<br />
dem Technologieunternehmen. Die deutsche<br />
Regierung hat deutlich gemacht, dass faire<br />
Sicherheitsstandards gelten müssen und nicht<br />
einfach bestimmte Unternehmen ausgeschlossen<br />
werden. Vielmehr soll eigenständig und verantwortungsbewusst<br />
eine Entscheidung gefällt<br />
werden. Die chinesische Seite hofft sehr,<br />
dass Deutschland diese unabhängige und<br />
gerechte Position beibehalten kann und die<br />
Zusammenarbeit mit China in wichtigen<br />
Zukunftsbereichen, einschließlich des 5G-<br />
Aufbaus, weiter verstärkt. Damit tritt man<br />
gemeinsam für Offenheit und Ehrlichkeit ein,<br />
anstatt in Verschwörungstheorien anderer<br />
Länder einzusinken. China ist bereit, mit Deutschland<br />
zusammenzuarbeiten, um die umfassende<br />
strategische Partnerschaft der beiden Länder<br />
auf ein neues Niveau zu heben.<br />
8. Im Zuge der rasanten wirtschaftlichen<br />
Entwicklung hat China in vielen Bereichen<br />
und vor allem technologisch aufgeholt,<br />
chinesische Unternehmen sind zunehmend<br />
Wettbewerber deutscher Unternehmen.<br />
Sehen Sie diese Entwicklung mehr als<br />
Chance oder Herausforderung für die bilateralen<br />
Beziehungen?<br />
Gesellschaftliche Entwicklung und wissenschaftlich-technologischer<br />
Fortschritt sind das<br />
gemeinsame Streben und grundlegendes<br />
Recht aller Länder. Für China und Deutschland<br />
bedeutet dies ein noch größeres Kooperationspotenzial<br />
und mehr Chancen für Zusammenarbeit.<br />
Die Frage ist nur, wie wir diese nutzen.<br />
Wenn wir mit offener Einstellung einen<br />
gesunden Wettbewerb fördern, werden wir<br />
nicht nur die Vitalität des Marktes steigern,<br />
der Gesellschaft und den Verbrauchern nutzen<br />
und Win-win-Situationen realisieren, sondern<br />
sogar mehr gewinnen und den gemeinsamen<br />
wissenschaftlich-technologischen Fortschritt<br />
fördern. Wenn wir hingegen mit geschlossener<br />
Einstellung, Misstrauen und Drohungen einander<br />
gegenübertreten und die bestehenden<br />
Beziehungen weiterentwickeln, dann verlieren<br />
wir nicht nur Entwicklungschancen, sondern<br />
schwächen die eigene Wettbewerbsfähigkeit<br />
und beeinflussen die nachhaltige Entwicklung<br />
der bilateralen Beziehungen.<br />
9. Wir sind im Zeitalter der 5G-Technologie<br />
angekommen. China gilt zunehmend als<br />
Vorreiter auf dem Gebiet der Digitalisierung.<br />
Wie sollten China und Deutschland in diesem<br />
Bereich zusammenarbeiten?<br />
Zunächst ist zu sagen, dass es bereits eine<br />
Zusammenarbeit gibt, die auch schon Ergebnisse<br />
erzielt hat. Es gibt jedoch noch viel<br />
Entwicklungsspielraum.<br />
Der Bereich Digitalisierung hat einige Besonderheiten<br />
wie den großen Bedarf an Innovationen,<br />
hohe technologische Anforderungen<br />
und schnelles Entwicklungstempo. In den<br />
verwandten Branchen sind die Vorteile der<br />
Schlüsselbereiche der chinesisch-deutschen<br />
Industrie komplementär. Deutschland verfügt<br />
über ein solides Fundament in den Bereichen<br />
www.chk-de.org
24 Sonderveröffentlichung 70. Jahrestag VR China<br />
Fertigung, Regulatorien und Grundlageninnovationen.<br />
Die Erfolge Chinas in Bezug auf<br />
Innovationspolitik, Marktumfeld und Datenressourcen<br />
sind seinerseits unverkennbar.<br />
10. Was raten Sie Unternehmen konkret?<br />
Wir ermutigen und unterstützen Unternehmen<br />
und Institutionen beider Seiten, ihre<br />
jeweiligen Vorteile voll auszuschöpfen, Investitionen<br />
und Kooperationen in den Bereichen<br />
Markt, Forschung sowie Bildung zu verstärken<br />
und weitere Projekte entstehen zu lassen, um<br />
die Zusammenarbeit zwischen China und<br />
Deutschland „bodenständiger“ zu gestalten.<br />
Darüber hinaus unterstützt China chinesische<br />
Unternehmen stets, gemäß internationaler<br />
Regeln und die lokalen Gesetze einhaltend im<br />
Ausland Kooperationen einzugehen. Wir<br />
hoffen und glauben, dass Deutschland chinesischen<br />
Unternehmen weiterhin ein noch gerechteres,<br />
nicht-diskriminierendes Investitions-,<br />
Kooperations- und Geschäftsumfeld bieten<br />
kann.<br />
11. Bei allen Schwierigkeiten und Herausforderungen<br />
ist es wichtig, im Gespräch zu<br />
bleiben. Welche Bedeutung messen Sie<br />
den Außenhandelskammern beider Länder<br />
als Vertretung der Unternehmen vor Ort<br />
bei?<br />
Angesichts der gegenwärtig zunehmenden<br />
globalen Unsicherheiten und instabilen Faktoren,<br />
die die Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit<br />
zwischen China und<br />
Deutschland in vielerlei Hinsicht beeinträchtigen,<br />
sollten die Handelskammern noch<br />
aktiver werden. Neben ihrer alltäglichen<br />
Arbeit repräsentieren die Kammern die Bereitschaft<br />
der Geschäftswelt zur Zusammenarbeit<br />
und legen die konkreten Ergebnisse<br />
der Zusammenarbeit dar. Die Handelskammern<br />
beider Länder sollten die Kommunikation<br />
und den Austausch weiter stärken, die<br />
Sorgen und Bedürfnisse der Unternehmen<br />
zum Ausdruck bringen, und für ein besseres<br />
politisches und gesellschaftliches Umfeld<br />
sowie ein besseres Geschäftsumfeld eintreten.<br />
Ich hoffe insbesondere, dass die<br />
Chinesische Handelskammer in Deutschland<br />
(CHKD) in diesem Bereich noch mehr Arbeit<br />
leisten und eine größere Rolle spielen kann.<br />
12. In welchen Bereichen kann China von<br />
Deutschland und umgekehrt Deutschland<br />
von China lernen?<br />
Das deutsche Handwerk, die engagierte Arbeitsweise<br />
und die Einstellung der Unternehmen zu<br />
Produkten von höchster Qualität sind Dinge,<br />
von denen wir lernen können. Die duale Ausbildung<br />
ist zudem ein „Zaubermittel“ für die<br />
Industrienation Deutschland. Im Juni 20<strong>19</strong><br />
besuchte die stellvertretende Premierministerin<br />
SUN Chunlan Deutschland, speziell um die<br />
bilaterale Zusammenarbeit in der beruflichen<br />
Bildung zu stärken.<br />
Vor ein paar Monaten, im Juli, fand nach 2016<br />
bereits zum zweiten Mal unter dem Namen<br />
„Combined Aid 20<strong>19</strong>” eine Übung der Sanitätsdienste<br />
der chinesischen Volksbefreiungsarmee<br />
und der deutschen Bundeswehr statt. Die Professionalität<br />
und Ernsthaftigkeit der chinesischen<br />
Sanitäter erhielten dabei ihrerseits<br />
besonders große Anerkennung von deutscher<br />
Seite.<br />
In den Medien ist zudem immer wieder zu lesen,<br />
dass China bei der Entwicklung und Anwendung<br />
im Bereich der Digitalisierung und<br />
zukünftiger Industrien wie der E-Mobilität<br />
weltweit führend ist. Darüber hinaus haben<br />
Chinas rasante Entwicklung und die hohe<br />
politische Effizienz einen tiefen Eindruck auf<br />
die Deutschen hinterlassen. Ich würde mich<br />
freuen, wenn wir zukünftig mehr und mehr<br />
„chinesische Geschwindigkeit” mit „deutscher<br />
Qualität” verbinden, um die Qualität und<br />
Effizienz einer für beide Seiten vorteilhaften<br />
Zusammenarbeit zu steigern.<br />
13. Ein in Deutschland viel diskutiertes<br />
Thema ist die chinesische „Belt and Road“-<br />
Initiative (BRI). Der Westen befürchtet, dass<br />
China durch BRI seinen internationalen Einfluss<br />
ausbaut und damit die aktuelle Weltordnung<br />
herausfordert. Welchen Einfluss hat<br />
die Seidenstraßen-Initiative auf die bestehende<br />
Weltordnung?<br />
In den letzten sechs Jahren betrug der Handel<br />
zwischen China und den BRI-Ländern über sechs<br />
Billionen US-Dollar, die Direktinvestitionen von<br />
China in diese Länder betrugen 90 Milliarden<br />
US-Dollar. Ein Großteil der Projekte läuft bereits.<br />
Die in der Praxis erfolgreiche internationale<br />
Zusammenarbeit im Rahmen der „Belt and<br />
Road“-Initiative hat eine neue Plattform für<br />
den internationalen Handel und Investitionen<br />
und neuen Raum für das weltweite Wirtschaftswachstum<br />
geschaffen. Seit sechs Jahren<br />
bekennt sich BRI zum „Geist der Seidenstraße“ -<br />
einer friedlichen Zusammenarbeit, Offenheit<br />
und Toleranz, gegenseitigen Lernens und gemeinsamen<br />
Nutzens. Damit einher geht die<br />
Initiative für ein globales Governance-Konzept,<br />
das gemeinsam diskutiert, aufgebaut und von<br />
dem gemeinsam profitiert wird.<br />
14. Wie wird sich die Initiative Ihrer Ansicht<br />
nach in den nächsten zehn Jahren entwickeln?<br />
Auf dem zweiten internationalen „Belt and Road”-<br />
Forum in diesem Jahr hat Staatspräsident XI<br />
Jinping auf die Entwicklungsrichtung der „Belt<br />
and Road”-Initiative hingewiesen. Wir werden<br />
in der Zukunft weiter an einem offenen, grünen<br />
und aufrichtigen Konzept festhalten und uns<br />
bemühen, hohe Standards, das Wohl der Menschen<br />
und nachhaltige Entwicklung zu realisieren.<br />
Wir werden Schwerpunkte legen, uns um Details<br />
kümmern und ein qualitativ hochwertiges Bild<br />
der „Belt and Road”-Initiative zeichnen. BRI hat<br />
ihren Ursprung zwar in China, aber die Chancen<br />
und Erfolge gehören der ganzen Welt. Ich glaube<br />
daran, dass BRI als öffentliches internationales<br />
Produkt und internationale Plattform der Zusammenarbeit<br />
weitere Früchte tragen wird, die<br />
der Allgemeinheit nutzen.<br />
15. Es ist zu erwarten, dass der Bedarf an<br />
qualifizierten Fachkräften mit internationaler<br />
Erfahrung im Kontext der „Belt and<br />
Road“-Initiative noch weiter zunimmt. Gibt<br />
es hier bereits konkrete Kooperationen?<br />
Junge Menschen sind die Zukunft und Hoffnung<br />
eines Landes und eine neue Kraft für die<br />
zukünftige Entwicklung der chinesischdeutschen<br />
Zusammenarbeit. Der Austausch<br />
junger Menschen zwischen China und Deutsch-<br />
www.chk-de.org
25<br />
Foto: Bundesregierung / Guido Bergmann<br />
land ist sehr eng. Derzeit studieren, forschen<br />
und arbeiten fast 60.000 Chinesen in Deutschland,<br />
mehr als 8.000 Deutsche studieren jährlich<br />
in China und zwischen Universitäten beider<br />
Länder bestehen 1.300 Partnerschaften. Kultur<br />
und Sprache sind im jeweils anderen Land sehr<br />
beliebt. In Deutschland gibt es mittlerweile<br />
<strong>19</strong> Konfuzius-Institute, mehr als 300 Grund- und<br />
Sekundarschulen bieten Kurse zur chinesischen<br />
Sprache oder aktuellen Situation Chinas an.<br />
Mehr als 80 Sekundarschulen bieten Chinesisch<br />
als Prüfungsfach an.<br />
16. Sind zukünftig weitere<br />
Maßnahmen wie internationale<br />
Ausbildungsprogramme<br />
o.ä. geplant?<br />
Verschiedene Austauschmechanismen<br />
zwischen beiden<br />
Ländern haben den Austausch<br />
junger Menschen bereichert<br />
und gefördert. Während der<br />
chinesisch-deutschen Regierungskonsultation<br />
im vergangenen<br />
Jahr haben beide Seiten<br />
das chinesisch-deutsche Praktikantenaustauschprogramm<br />
beschlossen. Jedes Jahr sollen<br />
demzufolge auf beiden Seiten<br />
jeweils 1.000 Praktikanten für<br />
eine Praktikumsdauer von bis<br />
zu sechs Monaten ausgetauscht<br />
werden und jungen<br />
Menschen damit geholfen werden,<br />
berufliche Fähigkeiten zu<br />
erlernen.<br />
Darüber hinaus spielt das staatliche<br />
Stipendienprogramm eine wichtige Rolle<br />
bei der weiteren Förderung des Jugendaustauschs<br />
zwischen den beiden Ländern. Wir<br />
werden weiterhin eine breite Plattform für<br />
junge Menschen aus beiden Ländern aufbauen,<br />
um den intensiven Austausch zu fördern,<br />
voneinander zu lernen und die Freundschaft<br />
und das gegenseitige Verständnis zu verbessern.<br />
17. Lieber Herr Botschafter, Sie sind jetzt seit<br />
ein paar Monaten im Amt. Welche Schwerpunkte<br />
haben Sie sich für Ihre Amtszeit<br />
gesetzt? Wie möchten Sie mit Ihrer Arbeit<br />
die chinesisch-deutschen Beziehungen in<br />
Zukunft weiter stärken?<br />
Botschafter Wu mit Bundespräsident Steinmeier bei seiner Akkreditierung<br />
im Schloss Bellevue.<br />
Seit meiner Amtsübernahme in Deutschland am<br />
20. März hatte ich über 200 Treffen mit wichtigen<br />
Persönlichkeiten aus vielen Bereichen. Durch diese<br />
Kontakte konnte ich die beispiellose Aufmerksamkeit<br />
der deutschen Gesellschaft für China<br />
sowie die Hoffnung erfahren, die Zusammenarbeit<br />
mit China weiter zu vertiefen. Als neuer<br />
Botschafter in Deutschland möchte ich mich<br />
mit Freunden aus allen Lebensbereichen darum<br />
bemühen, die Entwicklung der chinesischdeutschen<br />
Beziehungen zu vertiefen und auf<br />
einem breiteren Gebiet voranzutreiben. Konkret<br />
sind mir vier Punkte besonders wichtig:<br />
Erstens soll der intensive Austausch auf<br />
höchster politischer Ebene beibehalten und<br />
das gegenseitige Vertrauen weiter gestärkt<br />
werden.<br />
Zweitens sollen die Kräfte der Innovationszusammenarbeit<br />
gefestigt und der gegenseitige<br />
Nutzen und gemeinsame Erfolg beibehalten<br />
werden. Die Potenziale einer<br />
Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitieren,<br />
da bin ich mir sicher, werden dann<br />
ungehindert freigesetzt, v. a. in aufstrebenden<br />
Branchen wie new energy<br />
vehicles, künstliche Intelligenz und<br />
autonomes Fahren.<br />
Drittens soll der kulturelle Austausch<br />
ausgebaut und Menschen näher zusammengebracht<br />
werden. Das 70. Jubiläum<br />
der Gründung des Neuen<br />
Chinas ist eine hervorragende Gelegenheit<br />
dafür. An vielen Orten in beiden<br />
Ländern finden spannende kulturelle<br />
Austauschaktivitäten statt, die von der<br />
Öffentlichkeit gut angenommen werden.<br />
Viertens soll über den bilateralen<br />
Rahmen hinausgegangen und ein internationaler<br />
Beitrag geleistet werden.<br />
Die Unsicherheit in der gegenwärtigen<br />
Lage der Welt nimmt zu. China und<br />
Deutschland werden gemeinsam den<br />
Multilateralismus verteidigen, eine offene<br />
Weltwirtschaft fördern, die Freiheit<br />
und Erleichterung von Handel und<br />
Investitionen schützen, Protektionismus<br />
und Unilateralismus bekämpfen und Kooperationen<br />
zur Bewältigung des Klimawandels,<br />
zur Förderung nachhaltiger Entwicklung<br />
und in weiteren Bereichen eingehen. All<br />
das soll der heutigen Welt mit seinen zunehmenden<br />
„Variablen“ wieder mehr Stabilität und<br />
positive Energie verleihen.<br />
Sehr geehrter Botschafter Wu, wir wünschen<br />
Ihnen gutes Gelingen und bedanken<br />
uns herzlich für das Gespräch.<br />
Hinweis der Redaktion:<br />
Die vorliegende deutsche Version des Interviews wurde von der Redaktion im Vergleich zur chinesischen Original-Fassung verändert. Für eine bessere<br />
Lesbarkeit wurden Zwischenfragen eingefügt und Antworten gekürzt. Die chinesische Original-Fassung des Interviews, die inhaltlich maßgeblich ist,<br />
finden Sie in der chinesischen Version der aktuellen <strong>CONNECT</strong>-Ausgabe (<strong>19</strong>-<strong>03</strong>).<br />
www.chk-de.org
26 Sonderveröffentlichung 70. Jahrestag VR China<br />
Rückblick in die<br />
Vergangenheit<br />
30 Jahre Mauerfall und 40 Jahre<br />
chinesische Reformpolitik<br />
aus der Sicht von Prof. DING Yongjian<br />
Bis zur Gründung der Volksrepublik<br />
China war es ein steiniger Weg. Nach<br />
schwierigen Zeiten wie dem Fall der<br />
Qing-Dynastie, der Ära der Warlords, dem<br />
Nordfeldzug, dem sino-japanischen Krieg<br />
und den Bürgerkriegen zwischen den Nationalisten<br />
und den Kommunisten wurde die<br />
Volksrepublik China am 1.10.<strong>19</strong>49 von<br />
MAO Zedong ausgerufen. Danach hat das<br />
Land zwar weitgehend ein friedliches<br />
Umfeld geschaffen, der Modernisierungsprozess<br />
verlief jedoch leider nicht so glatt.<br />
Die immer wieder neuen ideologischen<br />
Kämpfe gipfelten im Jahre <strong>19</strong>66 in die sogenannte<br />
Kulturrevolution und das Land<br />
versank in ein großes Chaos. Der Weg zur<br />
Bundesrepublik Deutschland nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg hingegen verlief relativ<br />
stolperfrei. Mit dem Grundgesetz von <strong>19</strong>49<br />
wurde den Bürgern voller Menschenrechtsschutz<br />
gewährt. So sichert der erste Artikel<br />
die „Unantastbarkeit der Menschenwürde“,<br />
die Lebensgrundlage eines jeden deutschen<br />
Bürgers. Der Marshallplan, der <strong>19</strong>48 nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg begann, legte zudem<br />
eine gute Grundlage für das Wirtschaftswunder<br />
Westdeutschlands in den<br />
<strong>19</strong>50er und 60er Jahren.<br />
Die chinesische Wirtschaft, die ich persönlich<br />
erlebte, begann mit der Reform und Öffnung<br />
<strong>19</strong>78, die von DENG Xiaoping angeführt wurde.<br />
<strong>19</strong>79 war China noch ein armes unterent-<br />
wickeltes Land. Es war damals eine großartige<br />
Entscheidung von der chinesischen Regierung,<br />
Austauschstudierende und Gastwissenschaftler*innen<br />
in westliche Länder zu schicken, um<br />
zukünftige qualifizierte Fachkräfte auszubilden<br />
und die ausgerufenen „vier Modernisierungen“<br />
zu realisieren. Ich gehörte der ersten Gruppe<br />
von 99 Studierenden des Jahres <strong>19</strong>80 an, die in<br />
Deutschland das komplette Studium durchführen<br />
durfte. <strong>19</strong>81 und <strong>19</strong>82 gab es zwei weitere<br />
Gruppen mit jeweils ca. 100 Studierenden.<br />
Deutschland vor der Wiedervereinigung<br />
Das Thema der Teilung Deutschlands nach dem<br />
Krieg erlebte ich neben dem Studium in der<br />
politischen Bildung. So hat das Auslandsamt<br />
der TU München ausländische Studierenden zur<br />
Bildungsreise in die damals noch geteilte Stadt<br />
Berlin organisiert. An ein besonderes Ereignis<br />
Anfang der 80er Jahre kann ich mich besonders<br />
gut erinnern: Freunde von der CSU in Bayern<br />
haben für die chinesischen Student*innen und<br />
Gastwissenschaftler*innen einen Besuch der<br />
Ost-West-Grenze in der Nähe von Hof in einem<br />
Helikopter organisiert. Über dieses Ereignis<br />
wurde in vielen lokalen Zeitungen berichtet.<br />
Wir jungen Leute fanden es sehr unterhaltsam<br />
und hatten einen informativen Tag. Aber kurz<br />
danach bekam ich als Vorsitzender des chinesischen<br />
Studentenvereins in München Kritik von<br />
der Bildungsabteilung der chinesischen Botschaft<br />
in Bonn zu hören, warum wir die Botschaft<br />
nicht vorher gefragt haben, ob wir diese Veranstaltung<br />
überhaupt organisieren und daran<br />
teilnehmen dürfen. Es könne doch die Absicht<br />
von westdeutschen Politikern dahinterstecken,<br />
uns als Propagandamittel zu nutzen, um die<br />
Beziehungen zwischen China und der DDR zu<br />
belasten. Das war der erste Kontakt für mich als<br />
Student der Elektrotechnik mit der großen<br />
Weltpolitik.<br />
Im Vergleich zu Deutschland heute war<br />
Deutschland <strong>19</strong>80 ein weniger offenes Land.<br />
China war für viele Deutsche mysteriös. Einmal<br />
saß ich im Zug und eine ältere Dame sprach<br />
mich an: Woher kommen Sie? – „China.“<br />
Formosa (Taiwan)? – „Nein, Festlandchina.“<br />
Die Dame reagierte etwas überrascht: Rotes<br />
China? – „Ja.“ Was machen Sie hier? – „Ich<br />
studiere.” Wann fahren Sie wieder nach Hause? –<br />
„Weiß ich noch nicht.“ Viele Landsleute berichteten<br />
von ähnlichen Erfahrungen. Ich glaube,<br />
dass solche Unterhaltungen heutzutage deutlich<br />
seltener geworden sind.<br />
Nach dem Fall der Berliner Mauer<br />
<strong>19</strong>89 war ich mitten drin in meiner Promotion<br />
auf dem Forschungsgelände in Garching und<br />
die Weltpolitik veränderte sich stark. Im Herbst<br />
des Jahres hielten die Leipziger montags friedliche<br />
Märsche ab und die Transparenzpolitik der<br />
Fotos: DING Yongjian<br />
www.chk-de.org
27<br />
sowjetischen Regierung, Glasnost, verursachte<br />
enormen Druck auf die ostdeutsche Regierung.<br />
Vieles stand auf der Kippe. Doch das Glück lag<br />
auf der Seite des deutschen Volkes. Es war<br />
November <strong>19</strong>89, als die Berliner Mauer urplötzlich<br />
fiel. <strong>19</strong>90 brach die DDR zusammen und<br />
beide Teile Deutschlands schlossen sich zusammen.<br />
Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl<br />
war zweifelsohne die richtige Person zum rechten<br />
Zeitpunkt. München war zwar weit von der<br />
deutschen Grenze entfernt, aber trotz allem<br />
fühlte ich die Freude der Menschen. Nach der<br />
Wiedervereinigung kamen ostdeutsche Kerntechnikspezialisten<br />
zu meinem damaligen Institut,<br />
der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit<br />
(GRS) mbH. Durch den Kontakt mit<br />
den Kollegen sind mir die Ähnlichkeiten zwischen<br />
dem ostdeutschen und dem chinesischen<br />
System auf dem Festland vor der Reform- und<br />
Öffnungspolitik deutlich aufgefallen, wodurch<br />
ich zu der Kenntnis gelangen konnte: Politische<br />
Repressalien und Planwirtschaft haben die<br />
Eigeninitiative und die Kreativität des Volkes<br />
erstickt und den kurzlebigen realexistierenden<br />
Sozialismus in Osteuropa beendet.<br />
Bemerkenswert war auch die Entwicklung<br />
Ostdeutschlands nach der Wiedervereinigung.<br />
Anfang 2002 habe ich nach meiner Industrietätigkeit<br />
bei Siemens und E.ON eine Professur<br />
für Industrieautomation an der Hochschule<br />
Magdeburg-Stendal bekommen. Ich habe mit<br />
meinen eigenen Augen miterlebt, wie baufällige<br />
Häuser und alte Straßen in Ostdeutschland<br />
renoviert wurden. Obwohl die Produktivität des<br />
Ostens immer noch nicht so hoch ist wie die im<br />
Westen, manche Leute im Osten sich immer<br />
noch ungerecht<br />
behandelt<br />
fühlen und<br />
Weltoffenheit<br />
nicht so weit<br />
verbreitet ist<br />
wie im Westen,<br />
verringert sich<br />
die Kluft in vielen<br />
Bereichen wie<br />
bei der Rente oder<br />
der Kaufkraft immer<br />
mehr. 40 Jahre Teilung Deutschlands<br />
können von einer Generation nicht vollständig<br />
überbrückt werden. Die Priorität heute ist<br />
es, zu verhindern, dass die Entwicklung in<br />
beiden Teilen Deutschlands auseinanderdriftet.<br />
Vertiefung der deutsch-chinesischen<br />
Beziehung<br />
Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen<br />
zwischen China und Deutschland im<br />
Jahr <strong>19</strong>72 haben sich die Beziehungen in vielen<br />
verschiedenen Bereichen rasch entwickelt. Im<br />
gegenwärtigen internationalen Umfeld sind die<br />
nationalen Interessen beider Länder, insbesondere<br />
das Streben nach einer multipolaren Welt<br />
und nach Freihandel, äußerst kohärent. Das<br />
Fundament für die Zusammenarbeit auf Win-win-<br />
Basis ist sehr solide und die Aussichten sind<br />
sehr gut. Ein erfolgreicher Austausch zwischen<br />
beiden Ländern hängt auch von hervorragenden<br />
Talenten mit interkultureller Kompetenz ab.<br />
So spielen die chinastämmigen Fachleute in<br />
Deutschland an den Universitäten und Forschungseinrichtungen,<br />
in der Wirtschaft und<br />
Kultur eine immer wichtigere Rolle. Von nur ein<br />
paar hundert Studierenden und Gastwissenschaftler*innen<br />
im Jahr <strong>19</strong>80, ist die Zahl bis<br />
heute auf über 60.000 eingeschriebene Studierende<br />
aus der VR China angestiegen. Gleichzeitig<br />
gehen jährlich über 6.000 deutsche Studenten<br />
nach China, um dort zu studieren und ihre<br />
China-Kompetenz zu stärken.<br />
Ich bin persönlich sehr zuversichtlich: Obwohl<br />
beide Länder unterschiedliche Entwicklungsstufen,<br />
unterschiedliche kulturelle Hintergründe,<br />
unterschiedliche politische Parteien und soziale<br />
Strukturen aufweisen, zeigen meine langjährigen<br />
Erfahrungen, dass die Menschen in beiden<br />
Ländern das gleiche Streben nach einem glücklichen<br />
Leben verfolgen. Grundsätzlich sind die<br />
Werte, die beide Völker verfolgen, gleich. Daher<br />
glaube ich fest daran, dass mögliche Differenzen<br />
zwischen China und Deutschland immer<br />
durch respektvolle Verhandlungen ausgeräumt<br />
werden können. Auf vielen Wirtschaftssektoren<br />
sind beide Länder komplementär und ergänzen<br />
sich gut. Zudem ist das Potenzial der Zusammenarbeit<br />
beider Länder in Drittmärkten noch<br />
lange nicht erschöpft. Lassen Sie uns alle<br />
gemeinsam einen Beitrag dazu leisten!<br />
Zur Person<br />
<strong>19</strong>79 Studium an der Tongji<br />
Universität, Shanghai<br />
<strong>19</strong>80 Studium der Elektrotechnik<br />
an der TU München<br />
Promotion am Lehrstuhl<br />
für Reaktordynamik und<br />
Reaktorsicherheit<br />
Seit 2002 Professor für Steuerungstechnik<br />
an der Hochschule<br />
Magdeburg-Stendal<br />
17-jährige Industrietätigkeit, u.a. bei<br />
- Gesellschaft für Anlagenund<br />
Reaktorsicherheit<br />
(GRS) mgH<br />
- Institut für Sicherheitstechnologie<br />
(ISTec) GmbH,<br />
Garching<br />
- Siemens KWU-N, Erlangen<br />
(heute: Areva Deutschland)<br />
- E.ON Kernkraft GmbH,<br />
Hannover<br />
www.chk-de.org
28 Titel<br />
Die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze begrüßt den chinesischen Umweltminister LI Ganjie im Rahmen der 5. Regierungskonsultationen.<br />
Nachhaltige Entwicklung<br />
erfordert internationale Kooperation<br />
Umweltpolitik bildet einen Schwerpunkt der strategischen Zusammenarbeit<br />
zwischen China und Deutschland<br />
Das Bundesumweltministerium (BMU) und das<br />
chinesische Ministerium für Ökologie und Umwelt<br />
verbindet eine enge und langjährige Zusammenarbeit<br />
zu Umwelt- und Klimaschutz. Die thematischen<br />
Schwerpunkte der Kooperation liegen bei der Umsetzung<br />
der Klimaziele, beim Emissionshandel und in den klassischen<br />
Bereichen des Umweltschutzes wie Wassermanagement,<br />
Luftreinhaltung, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft,<br />
nachhaltiger Konsum, Ressourceneffizienz,<br />
Chemikalienmanagement, Anlagesicherheit und Genehmigungsverfahren.<br />
Weitere Kooperationsfelder des<br />
BMU, teilweise auch mit weiteren chinesischen Ministerien,<br />
sind nachhaltiger Verkehr, Green Economy,<br />
Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Umweltbildung.<br />
Bundesumweltministerin Svenja Schulze vereinbarte<br />
vergangenes Jahr während den 5. Regierungskonsultationen<br />
in Berlin mit dem chinesischen Umweltminister<br />
LI Ganjie, die Kooperation in den nächsten Jahren<br />
weiter zu intensivieren.<br />
»Mein Traum ist<br />
erfüllt, wenn die<br />
Menschen in China<br />
saubere Luft atmen<br />
und reines Wasser<br />
trinken können.«<br />
CHANG Yanqing<br />
Viele Projekte realisiert dabei die Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als einen<br />
Schwerpunkt der umfassenden strategischen Partnerschaft<br />
zwischen Deutschland und China. Aktuell arbeiten<br />
94 nationale und 46 internationale Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter in dem Land (Stand 31.12.2018). Allein für die<br />
Landesregierung Nordrhein-Westfalen und drei chinesische<br />
Provinzen hat die GIZ bereits rund 1.000 Fachkräfte<br />
aus China mit Unternehmen und Institutionen in Nordrhein-Westfalen<br />
zusammengebracht. CHANG Yanqing,<br />
Vice President der WELLE Environmental Group, eines der<br />
größten chinesischen Abfallentsorgungsunternehmen,<br />
fasst die Erfahrungen seines Deutschlandaufenthalts mit<br />
diesem Programm zusammen: „Ich verstehe es als meinen<br />
Auftrag, das in Deutschland Gelernte nach China zu bringen.<br />
Ich wünsche mir, dass wir Abfallprobleme mit Hilfe<br />
moderner Technologie lösen. Mein Traum ist erfüllt, wenn<br />
die Menschen in China saubere Luft atmen und reines<br />
Wasser trinken können.“<br />
Foto: © BMU/Sascha Hilgers<br />
www.chk-de.org
29<br />
Der chinesische Umweltminister LI Ganjie bei den 5.Regierungskonsulationen in Berlin.<br />
Abfallmanagement, Emissionshandel, umweltfreundlicher<br />
Verkehr. Die Liste der Projektbereiche der GIZ ist umfangreich.<br />
Neben Schulungen geht es schwerpunktmäßig um<br />
konkrete Projekte, die mit Kommunen oder Provinzen<br />
realisiert werden.<br />
gute Marktstudien, ausführliche aktuelle Informationen<br />
oder Projektlisten, die beispielsweise über Verbände, die<br />
Auslandshandelskammern oder die GTAI bezogen werden<br />
können.<br />
Foto: © BMU/Sascha Hilgers<br />
In China engagiert sich die DEG – Deutsche Investitionsund<br />
Entwicklungsgesellschaft seit <strong>19</strong>85. Ein Sektor, in dem<br />
die DEG verstärkt agiert, ist das verarbeitende Gewerbe,<br />
insbesondere Investitionen in Modernisierungen und in<br />
die Steigerung der Energieeffizienz von Unternehmen.<br />
Gute Perspektiven ergeben sich auch in der Verarbeitung<br />
von Agrarprodukten und im privaten Gesundheitssektor.<br />
Infrastrukturprojekte in den Sparten Erneuerbare Energien,<br />
Wasserver- und -entsorgung sowie Transport bilden<br />
einen weiteren Fokus. Seit 2017 bietet die DEG auch<br />
Darlehen in Lokalwährung an.<br />
Besonders die Schulungen von chinesischen Experten<br />
sorgen dafür, dass Umwelttechnik aus Deutschland in<br />
China gut bekannt ist. Verstärkt wird dies noch durch Programme<br />
wie die „Exportinitiative Umwelttechnologien“<br />
des BMU, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).<br />
Auch verschiedene Bundeländer oder Verbände bieten für<br />
deutsche Umwelttechnik-Unternehmen Informationsreisen<br />
nach China an, während derer auch chinesische Entscheider<br />
aus diesem Bereich getroffen werden können. In<br />
den politischen Kooperationsprogrammen gibt es auch<br />
»Als Gastgeberland<br />
werden wir<br />
den einschlägigen<br />
Verpflichtungen<br />
nachkommen und<br />
uns aktiv auf die<br />
15. Vertragspartnerkonferenz<br />
der<br />
Biodiversitätskonvention<br />
2020<br />
vorbereiten.«<br />
LI Ganjie<br />
Deutschland wolle die globalen Probleme, denen man im<br />
21. Jahrhundert gegenüberstehe, gemeinsam mit China<br />
angehen sowie Lösungen finden, zum Beispiel beim Freihandel,<br />
Multilateralismus und Umweltschutz, erklärte der<br />
Deutsche Botschafter Dr. Clemens von Goetze im März<br />
an der Peking-Universität.<br />
Nachhaltige Entwicklung braucht eine globale Kooperation.<br />
Der chinesische Umweltminister LI Ganjie erklärte zum<br />
Weltumwelttag Anfang Juni 20<strong>19</strong>, dass China gemeinsam<br />
mit anderen Ländern der Welt die globalen Umweltherausforderungen<br />
meistern wolle. Im laufenden Jahr werde<br />
China noch mit weiteren Ländern kooperieren, um den<br />
globalen Herausforderungen zu begegnen. „Als Gastgeberland<br />
werden wir den einschlägigen Verpflichtungen<br />
nachkommen und uns aktiv auf die 15. Vertragspartnerkonferenz<br />
der Biodiversitätskonvention 2020 vorbereiten.<br />
Gemeinsam mit anderen Vertragspartnern werden wir<br />
Rahmendokumente über globale biologische Vielfalt nach<br />
2020 ausarbeiten. Zudem werden wir die nationale<br />
Strategie zur aktiven Reaktion auf den Klimawandel tiefgehend<br />
umsetzen und weiterhin konstruktiv an den internationalen<br />
Klimaverhandlungen teilnehmen“, so Minister Li.<br />
www.chk-de.org
30 Titel<br />
Umweltschutz beginnt in der Produktion<br />
Ökologisches Umsteuern erfordert neue Materialien und klimaneutrale Produktion<br />
Kaum ein Land der Welt steuerte so schnell zum<br />
ökologischen Wirtschaften und nachhaltiger Produktion<br />
um wie China. Die Regierung lässt zurzeit<br />
eine Übersicht mit 10.000 grünen Produkten erstellen,<br />
die ab 2020 die Einkaufsliste für öffentliche Beschaffungen<br />
bestimmen soll. Auch 100 grüne Modellprojekte und<br />
die Eröffnung von 100 grünen Design-Centern sind in<br />
dem laufenden Fünfjahresplan verankert. Bereits jetzt<br />
sind die Fabriken gezwungen, ihre Produktion umweltfreundlich<br />
umzustellen. Tausende Betriebe, die dies nicht<br />
realisierten, wurden bereits geschlossen. Produziere<br />
nachhaltig oder gar nicht - dieser Zwang erzeugt einen<br />
gewaltigen Bedarf an neuen Produktionsverfahren, an<br />
neuen Vorprodukten.<br />
Dies bewog BASF auch dazu in Südchina seinen neuen<br />
Verbundstandort zu bauen, um Vorprodukte mit den<br />
höchsten Umwelt- und Gesundheitsstandards zu produzieren<br />
(ausführlich in <strong>CONNECT</strong> <strong>03</strong>/2018). In dem neuen<br />
Standort kommen grundlegende Konzepte der Kreislaufwirtschaft<br />
zum Tragen, um Kunden in der Region mit<br />
nachhaltig hergestellten Produkten zu versorgen. Immerhin<br />
wird in China etwa die Hälfte der weltweit produzierten<br />
Chemieproduktion hergestellt. Deutsche Umwelttechnik,<br />
die Erfahrung deutscher Firmen bei der Herstellung umweltfreundlicher<br />
Produkte ist enorm gefragt.<br />
»Wir übernehmen<br />
Verantwortung für<br />
den Klimaschutz<br />
und handeln deshalb<br />
jetzt.«<br />
Dr. Volkmar Denner<br />
Dies zieht zahlreiche Unternehmen mit neuen Projekten<br />
nach China. Mit dem steigenden Umweltbewusstsein in<br />
China sei HPPO die beste Technologie zur nachhaltigen<br />
Herstellung von Propylenoxid, da es neben Wasser keine<br />
wesentlichen Nebenprodukte produziert, so Claus Rettig,<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung von Evonik Resource<br />
Efficiency. Evonik und Thyssenkrupp Industrial Solutions<br />
lizensierten Ende Juli die HPPO-Technologie zur Herstellung<br />
von Propylenoxid an Zibo Qixiang Tengda Chemical.<br />
Ohne einen ökologischen Umbau der Produktion, ohne<br />
umweltfreundliche Produkte ist die notwendige Umstellung<br />
zur Eindämmung des globalen Klimawandels nicht<br />
zu machen. Industrieunternehmen haben großen Einfluss<br />
auf die Gestaltung einer weitgehend klimaneutralen<br />
Welt. Rund 32 Prozent der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen<br />
entfallen laut Internationaler Energieagentur<br />
auf die Industrie. Bereits ab dem kommenden<br />
Jahr möchte Bosch vollständig klimaneutral sein. Ab<br />
2020 sollen die über 400 Bosch-Standorte weltweit –<br />
von der Entwicklung über die Produktion bis zur Verwaltung<br />
– keinen CO 2<br />
-Fußabdruck mehr hinterlassen. Damit<br />
ist Bosch das erste große Industrieunternehmen, das dieses<br />
ehrgeizige Ziel in nur gut einem Jahr realisiert, meldet das<br />
Unternehmen. „Wir übernehmen Verantwortung für den<br />
Klimaschutz und handeln deshalb jetzt“, so Dr. Volkmar<br />
Foto: ssguy/shutterstock<br />
www.chk-de.org
31<br />
Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert<br />
Bosch GmbH. Der Stuttgarter Konzern, der zahlreiche<br />
Werke in China betreibt, führt dort eine grundlegende<br />
Neuausrichtung seiner Werke durch. Boschs ehrgeiziger<br />
Plan bis 2020 diese Ziele zu erreichen deckt sich somit<br />
mit Chinas Plan, bis 2020 eine grüne Industrie zu schaffen.<br />
Das nächste Jahr dürfte spannend werden und könnte<br />
wichtige Weichen für die Zukunft unseres Planeten<br />
stellen.<br />
Auch Chinas Konzerne setzen weltweite Maßstäbe. Der<br />
Onlinehandel boomt, etwa 40 Prozent des weltweiten<br />
Umsatzes wird in China erwirtschaftet. Die Logistik verschlingt<br />
viele Ressourcen. Eine Unmenge Verpackungsmüll<br />
bleibt über. JD.com positioniert sich als Vorreiter bei<br />
Umweltthemen. Der Online-Riese hat mit der JD Foundation<br />
ein Tochterunternehmen mit Fokus auf Nachhaltigkeit<br />
gegründet. Die Umweltstrategie gilt für alle Abteilungen<br />
des Konzerns. Beispielsweise hat das Unternehmen<br />
in den vergangenen zwei Jahren mehr als 100 Millionen<br />
Meter Klebeband eingespart. Das sei, laut JD, genug Material,<br />
um den Globus mehr als zweimal zu umrunden. Die<br />
Einführung wiederverwendbarer Kartons aus biologisch<br />
abbaubaren Materialien spielt ebenfalls eine große Rolle.<br />
Ebenso fördert das Unternehmen die Digitalisierung von<br />
Rechnungen und Quittungen. Daneben soll die Umstellung<br />
der Flotte auf E-Mobile die Emissionen erheblich<br />
reduzieren. Das Unternehmen fördert gezielt die Einbindung<br />
von Partnern und Kunden. An oberster Stelle will JD<br />
Abfall reduzieren und überschüssige Verpackungen im<br />
Lieferprozess vermeiden.<br />
Ähnliche Programme haben auch Chinas andere Onlinekonzerne.<br />
Alibaba schuf zahlreiche Programme zur Wiederverwertung<br />
von Verpackung, steckt aber auch einen<br />
stolzen Teil seines Gewinns in Umweltprogramme, beispielsweise<br />
zum Schutz von Flüssen. Manche, auch deutsche<br />
Unternehmen in China, klagen über die drastischen<br />
Einschränkungen, die sich aus der neuen Umweltpolitik<br />
ergeben. Doch die nachhaltigen Spielregeln gelten für<br />
alle und die Erkenntnis setzt sich durch, dass sich durch<br />
nachhaltiges Wirtschaften auch gut und nachhaltig Gewinne<br />
erzielen lassen.
32 Titel<br />
Smart City – Green City<br />
Eine Smart City ist in erster Linie eine Stadt,<br />
in der man sich wohlfühlt, gesund lebt<br />
und die gut funktioniert. In Chinas Metropolen<br />
ist die Infrastruktur zuverlässig, Züge<br />
fast immer pünktlich, sie sind sauber und sie<br />
werden immer grüner. Noch vor kurzem lag ein<br />
Großteil der am meisten verschmutzten Städte<br />
der Welt in China. Dies ist bereits Geschichte.<br />
Aber es gibt noch viel zu tun. Dabei sind die Herausforderungen<br />
enorm. Nach einer Vorhersage<br />
der Vereinten Nationen werden 2<strong>03</strong>0 schon fast<br />
zwei Drittel aller Menschen in Megacitys leben,<br />
in Städten mit über zehn Millionen Einwohnern.<br />
Um die Lebensqualität dabei zu sichern und<br />
möglichst zu verbessern, ist enorm viel Technologie<br />
notwendig, müssen ungeheure Mengen<br />
Daten ausgetauscht und ausgewertet werden.<br />
Der Sprung zur Smart City geht kaum ohne den<br />
neuen Mobilfunkstandard 5G und intelligente<br />
Vernetzung.<br />
Dafür sind in vielen Städten Versuchsprojekte<br />
am Laufen. Wuxi beispielsweise hat über 300<br />
Demonstrationsprojekte für Smart City-Projekte.<br />
Audi hat dort eine Lizenz für Straßentests<br />
für autonom fahrende Fahrzeuge erhalten. Audi<br />
kann somit Autos mit Level-4-Autonomie auf<br />
öffentlichen Straßen und Autobahnen testen.<br />
In Wuxi testet und demonstriert Audi bereits<br />
seit 2017 mit Partnern Funktionen intelligenter<br />
und vernetzter Fahrzeuge, basierend auf<br />
der „Vehicle-to-everything (V2X)“-Technologie.<br />
Das Pekinger Unternehmen Horizon Robotics<br />
stattet die lizenzierten Testautos mit Hard- und<br />
Software für autonomes Fahren aus.<br />
Wuxi wird künftig zu einer wichtigen Basis des<br />
Autobauers. Seit Anfang 20<strong>19</strong> baut Audi dort<br />
ein Entwicklungszentrum auf, das zukünftig<br />
150 Angestellte haben soll. „Als Smart City von<br />
morgen bietet Wuxi uns optimale Bedingungen“,<br />
sagte Saad Metz, Leiter der Technischen<br />
Entwicklung bei Audi China. In Wuxi gelang<br />
es Audi auch erstmals, dass seine Fahrerassistenzsysteme<br />
auf vernetzte Verkehrsteilnehmer<br />
und Infrastruktur reagierten. Abhängig etwa<br />
von Ampelphasen oder dem Verhalten anderer<br />
Autos und Fußgänger passte das Auto automatisch<br />
seine Geschwindigkeit an oder aktivierte<br />
bei Gefahr die Warnblinkanlage. Insgesamt 15<br />
verschiedene Funktionen hat Audi in Wuxi bereits<br />
getestet. „Die Ergebnisse dieser Tests sind<br />
eine wichtige Basis für autonomes Fahren weltweit“,<br />
teilte Audi mit.<br />
Bis 2020 will China 90 Prozent seiner Städte<br />
und Autobahnen mit C-V2X-Technologie abgedeckt<br />
haben, sagt XIONG Wei, Leiter LTE-Solutions<br />
bei Huawei. „Vernetzte Autos werden<br />
hier sehr schnell angenommen.“ Es sei durchaus<br />
möglich, dass der erste ernsthafte Einsatz<br />
von V2X-Technologie in China stattfinde, sagte<br />
Heinz-Willi Vassen, Leiter Elektronik-Entwicklung<br />
bei Audi China kürzlich in Shenzhen. „Es<br />
gibt einen starken Schub hier – den ich in dem<br />
Ausmaß in Europa oder den USA nicht sehe.“<br />
In anderen Ländern dürften dafür auch kaum<br />
die Voraussetzungen vorhanden sein. Neue<br />
Wohn- und Geschäftsviertel mit hunderttausenden<br />
Menschen, tausende Kilometer Straßen<br />
sind mit Technik gespickt. „Hier fährt nicht das<br />
Auto autonom, sondern die Umgebung und der<br />
Verkehr steuert das Auto. Sensoren und Kameras<br />
erzeugen eine ungeheure Datenmenge, die<br />
wir mit unserer Technik ordnen und übertragen“,<br />
erklärt ein Mitarbeiter von Huawei während<br />
einer Testfahrt in Wuxi. „In China gibt es<br />
ähnlich wie auch in Südkorea oder Japan kaum<br />
Vorbehalte diese Datenmengen zu erheben. In<br />
Europa müssten wir dies natürlich an die dort<br />
geltenden Gesetze und Vorstellungen anpassen.<br />
Aber unsere Erfahrungen in China geben dem<br />
eine gute Basis, die sich weltweit nutzen lässt“,<br />
ergänzt der Huawei-Techniker.<br />
Smart City ist jedoch kein nationales Projekt,<br />
sondern eine weltweite Notwendigkeit. Sie<br />
lässt sich am optimalsten in internationalen<br />
Kooperationen entwickeln. China bietet dafür<br />
viel Erfahrungswissen und Hightech. Doch<br />
auch von zahlreichen deutschen Konzernen,<br />
von Sensorik-Unternehmen oder Automobilzulieferern,<br />
fließt wertvolle Erfahrung nach China.<br />
Davon können alle Unternehmen profitieren<br />
und dies kann nicht zuletzt dem Menschen und<br />
der Erde nutzen. Auch wenn dies große Worte<br />
sind: Es geht um das Überleben der Menschheit,<br />
das sich nur in einer globalen Zusammenarbeit<br />
sichern lässt.<br />
Foto links: Prasit Rodphan/shutterstock; Foto rechts: THINK A/shutterstock<br />
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34 Zahlen · Daten · Fakten<br />
Solarenergie<br />
immer wichtiger<br />
Chinas Solarmodul-Hersteller sind die<br />
größten der Welt. In China fährt die Regierung<br />
die Subventionen zurück, was den<br />
Wettbewerb anheizt. Gewinner sind die<br />
Kunden, die von laufend fallenden Preisen<br />
profitieren. Für große Solarprojekte beginnen<br />
die Konzerne Produktionsstätten im<br />
Ausland aufzubauen.<br />
3,41 24,86<br />
76,31<br />
Installierte und prognostizierte<br />
Photovoltaik-Kapazität in China 2012-2025 (in Gigawatt)<br />
175<br />
210<br />
220<br />
250<br />
270<br />
295<br />
330<br />
350<br />
400<br />
415<br />
480<br />
2012 2014 2016 2018 20<strong>19</strong> 2020 2021 2023 2025<br />
Installierte Kapazitäten<br />
Prognostizierte Kapapazitäten (konservatives Szenario / optmistisches Szenario)<br />
Quellen: China Electricity Council, China Photovoltaic Association<br />
Top-Solarmodul-Hersteller weltweit 2018 (gemäß Absatz eigener Markenmodule)<br />
SOLARZELLEN<br />
1 JA Solar<br />
Tongwei Solar<br />
Trina Solar<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Hanwha Q Cells<br />
5 JinkoSolar<br />
SOLARMODULE<br />
1 JinkoSolar<br />
2 JA Solar<br />
3 Trina Solar<br />
4 LONGI Solar<br />
5 Canadian Solar<br />
Quelle: pv-tech.org<br />
Quellen: CW craftsman/shutterstock; Anson_shutterstock/shutterstock; iconohek/shutterstock<br />
www.chk-de.org
35<br />
Chinas<br />
Energiemix<br />
Der Verbrauch an elektrischer Energie steigt in China stark<br />
an. Gleichzeitig sinkt der Verbrauch an Kohle und nicht<br />
fossile Energieträger gewinnen Marktanteile. Solarenergie<br />
und Windkraft sind starkem Wettbewerb ausgesetzt. Nicht<br />
nur grüne Energie, sondern auch bezahlbare Energie ist das<br />
Ziel einer CO 2<br />
-freien Wirtschaft.<br />
Primärenergieverbrauch nach Energieträgern<br />
(in Prozent)<br />
Energieträger 2015 2016 2017 2018 2020*<br />
Kohle 63,7 62,0 60,4 59,0 58,0<br />
Erdöl 18,3 18,5 18,8 18,9 17,0<br />
Nicht fossile Energieträger 12,1 13,3 13,8 14,3 15,0<br />
Erdgas 5,9 6,2 7,0 7,8 10,0<br />
Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0<br />
*Prognose<br />
Quelle: NBS, 13. Fünfjahresplan für Energie<br />
Installierte Stromerzeugungskapazität nach<br />
Energieträgern 2018 (in Gigawatt; Veränderung und Anteil in Prozent)<br />
Energieträger Kapazität Veränd. 18/17 Anteil<br />
Kohle/Öl/Gas 1.144 3,0 60,2<br />
Wasserkraft 352 2,5 18,5<br />
Windenergie 184 12,4 9,7<br />
Solarenergie 175 33,9 9,2<br />
Kernenergie 45 24,7 2,4<br />
Insgesamt 1.900 6,5 100,0<br />
Quelle: China Electricity Council<br />
Quelle: CW craftsman/shutterstock; bioraven/shutterstock<br />
Nachhaltige<br />
Schiene<br />
Elektromobilität in China ist in erster Linie schienengebunden.<br />
Von Metropolen wie Shanghai sind in einer Stunde Städte mit<br />
zusammen hundert Millionen Einwohnern zu erreichen. Dabei<br />
ist der Zugverkehr in China äußerst pünktlich, die Züge sind<br />
sauber, die Fahrpreise erschwinglich. In den Ballungsgebieten<br />
geht der U- und S-Bahn-Ausbau weiter und die Systeme verschmelzen<br />
mit denjenigen der Nachbarstädte zu gigantisch<br />
großen Netzen.<br />
Länge des chinesischen<br />
Hochgeschwindigkeitsnetzes<br />
Ende 2018<br />
Anteil am weltweiten<br />
Hochgeschwindigkeitsnetz<br />
China<br />
Welt<br />
30.000 km<br />
U- und S-Bahnlinien in<br />
35 chinesischen Städten 2018 Neueröffnete<br />
Strecken 185<br />
Gesamtlänge<br />
5761 km<br />
Quelle: China Statistical Yearbook 2015-20<strong>19</strong><br />
www.chk-de.org
36 Services<br />
>> Impressum<br />
HERAUSGEBER<br />
CHKD | Die Chinesische Handelskammer in<br />
Deutschland e.V.<br />
POSTANSCHRIFT<br />
IHZ Hochhaus 7. Etage,<br />
Friedrichstraße 95, D-10117 Berlin<br />
Telefon: +49 30 20917522<br />
Fax: +49 30 20917340<br />
E-Mail: info@chk-de.org<br />
WEBADRESSE<br />
www.chk-de.org<br />
Redaktion: Jannik Dennier (CvD)<br />
CHEN Xiaowei<br />
Telefon: +49 30 20917522<br />
E-Mail: jannik.dennier@chk-de.org<br />
xiaowei.chen@chk-de.org<br />
AUTOREN DIESER AUSGABE<br />
Jannik Dennier<br />
CHEN Xiaowei<br />
Eva-Simona Fischkina<br />
Dr. Thomas Kiefer<br />
Die mit dem Namen des Verfassers oder seinen Initialen<br />
gezeichneten Beiträge geben die Meinung des<br />
Autors, aber nicht unbedingt die Ansicht der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland e.V. wieder.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt<br />
die Redaktion keine Gewähr.<br />
ANZEIGENVERWALTUNG<br />
EGGERT GROUP GmbH & Co. KG<br />
Steinstraße 4<br />
40212 Düsseldorf<br />
Tel.: 0211 / 95 23-230<br />
endries@eggert-group.de<br />
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Gesteuerte Zuwanderung<br />
von Fachkräften aus<br />
Drittstaaten<br />
Warum ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz?<br />
Nicht nur der globale Wettbewerb, sondern<br />
auch der zunehmend spürbare demografische<br />
Wandel und die rapide voranschreitende<br />
Digitalisierung stellen die Zukunft des<br />
Wirtschaftsstandortes Deutschland vor neue<br />
Herausforderungen. Bereits jetzt herrscht<br />
in Deutschland eine Fachkräfteknappheit in<br />
Bezug auf bestimmte Qualifikationen, Regionen<br />
und Branchen, was somit die deutsche<br />
Wirtschaft und die Stabilität unserer sozialen<br />
Sicherungssysteme gefährden könnte.<br />
Ziel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes<br />
ist es, die Einwanderung von Fachkräften mit<br />
qualifizierter Berufsausbildung aus Drittstaaten<br />
zu erleichtern und damit den großen Personalbedarf<br />
an Fachkräften zu sichern. Die Bestimmungen<br />
für Fachkräfte mit Hochschulabschluss<br />
bleiben weiterhin bestehen.<br />
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird am<br />
01.<strong>03</strong>.2020 in Kraft treten. Ein Gesetzesentwurf<br />
wurde bereits am 07.06.20<strong>19</strong> verabschiedet.<br />
Fachkräfteindex in Deutschland nach Berufsfeldern<br />
im Mai 20<strong>19</strong><br />
Pflege, Arzthelfer<br />
HR<br />
178<br />
287<br />
Gültig sind die Mediadaten 20<strong>19</strong>.<br />
Ärzte<br />
169<br />
KONZEPT UND GESTALTUNG<br />
Finanz- und Rechnungswesen<br />
165<br />
EGGERT GROUP GmbH & Co. KG, Düsseldorf<br />
Naturwisenschaften<br />
159<br />
DRUCK<br />
BMP Balta Media & Print e.K.<br />
Bahnhofstr.37, D-63457 Hanau am Main<br />
IT<br />
Marketing<br />
156<br />
154<br />
„CHKD <strong>CONNECT</strong>“ erscheint 4 x jährlich.<br />
BILDNACHWEISE<br />
Titelbild: Yarygin/shutterstock<br />
HelloRF Zcool/shutterstock (2x)<br />
Weitere Bildnachweise: Sofern nicht anders<br />
angegeben, handelt es sich um Firmenfotos.<br />
Technische Berufe<br />
Ingenieure<br />
Vertrieb<br />
143<br />
131<br />
127<br />
© Statista 20<strong>19</strong><br />
Quelle: Stepstone<br />
Foto: sirtravelalot/shutterstock<br />
www.chk-de.org
37<br />
Welche wesentlichen Neuerungen bringt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?<br />
• Zum Fachkräftebegriff zählen künftig Hochschul- • Bei qualifizierter Berufsausbildung entfällt<br />
absolventen und Beschäftigte mit qualifizierter die Begrenzung auf Mangelberufe.<br />
Berufsausbildung. Voraussetzung ist für beide • Auch für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung<br />
Gruppen, dass eine Anerkennung ihrer Qualifikation<br />
soll es möglich sein entspre-<br />
vorliegt. IT-Spezialisten können unter be- chend der bestehenden Regelung für Hochstimmten<br />
Voraussetzungen auch ohne formalen schulabsolventen für eine befristete Zeit<br />
Abschluss Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu<br />
• Bei anerkannter Qualifikation und Vorlage eines kommen (Voraussetzung: deutsche Sprach-<br />
Arbeitsvertrags wird auf eine Vorrangprüfung kenntnisse und Lebensunterhaltssicherung).<br />
verzichtet.<br />
Welche Bedeutung hat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz für chinesische Fachkräfte?<br />
In den vergangenen Jahrzehnten hat Deutschland<br />
einen sehr guten Eindruck in China hinterlassen.<br />
Vor allem der robuste deutsche<br />
Arbeitsmarkt zieht viele chinesische Arbeitskräfte<br />
an. Bereits jetzt sei Deutschland das<br />
mit Abstand beliebteste Land bei chinesischem<br />
Pflegepersonal. Neben guter Bezahlung und<br />
niedrigen Lebenshaltungskosten in Deutschland<br />
würden die jungen Pflegekräfte außerdem<br />
weiter geschult werden. Das bisher langwierige<br />
Antragsverfahren hatte allerdings für chinesische<br />
Fachkräfte oftmals eine abschreckende<br />
Wirkung. Dieses Gesetz hat jedoch zum Ziel<br />
die Antragsverfahren zu beschleunigen, was<br />
für Chinesen einen entscheidenden Stellenwert<br />
hat. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird<br />
damit mehr qualifizierte und motivierte Fachkräfte<br />
aus China ansprechen.<br />
• Die Möglichkeiten zum Aufenthalt für<br />
Qualifizierungsmaßnahmen im Inland in<br />
Deutschland sollen mit dem Ziel der Anerkennung<br />
von beruflichen Qualifikationen,<br />
Verfahrensvereinfachungen durch<br />
eine Bündelung der Zuständigkeiten bei<br />
zentralen Ausländerbehörden und beschleunigte<br />
Verfahren für Fachkräfte, verbessert<br />
werden.<br />
Beantragung einer Niederlassungserlaubnis<br />
Fachkräfte mit einem ausländischen Abschluss<br />
können nach vier Jahren eine Niederlassungserlaubnis<br />
beantragen, wenn sie in einem ihrer<br />
Qualifikation angemessenen Job arbeiten und<br />
mindestens 48 Monate lang in eine Rentenkasse<br />
eingezahlt haben. Besitzt die Fachkraft<br />
einen deutschen Abschluss besteht unter Umständen<br />
die Möglichkeit einer Fristverkürzung.<br />
Claus Brockhaus und Rosanna Guancioli,<br />
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38 Services<br />
CHKD Akademie<br />
Die deutschen sind sehr kalt und engstirnig.<br />
Die Chinesen halten sich nicht an den Plan<br />
und ändern alles kurzfristig. Zwei Länder die<br />
unterschiedlicher nicht sein könnten. Wie<br />
sind solche Kommunikationsprobleme zu<br />
vermeiden? Wie kann das Gegenüber besser<br />
respektiert werden? Ist das Geschäftsleben<br />
in China und Deutschland so unterschiedlich?<br />
Seit einigen Jahren investieren chinesische<br />
Unternehmen in Deutschland, mittlerweile<br />
gibt es über 2.000 Unternehmen<br />
aus China die hier aktiv sind. Aus der jährlichen<br />
Geschäftsklima-Umfrage der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD) geht<br />
u.a. hervor, dass eines der größten Herausforderungen<br />
für chinesische Unternehmen das Organisieren<br />
und das Leiten internationaler Teams<br />
ist. Vor diesem Hintergrund bietet die CHKD chinesischen<br />
Unternehmen, mit der Unterstützung<br />
professioneller Branchenexperten und externen<br />
Institutionen, Schulungen für Führungskräfte<br />
und Mitarbeiter an. Diese Trainingseinheiten<br />
dienen dazu, den chinesischen Unternehmen<br />
dabei zu helfen, Organisationschwierigkeiten<br />
und Kosten zu reduzieren, die Unternehmen zu<br />
fördern, soziale Verantwortung zu übernehmen,<br />
sich nachhaltig zu entwickeln und gemeinsam<br />
in Deutschland ein gutes chinesisches Wirtschaftsimage<br />
zu etablieren.<br />
Interkulturelles Management<br />
Unterschiede in der Geschäftskultur, in den<br />
Traditionen und Geschäftsmodellen stellen<br />
sowohl chinesische als auch deutsche Geschäftsführer,<br />
Manager und Mitarbeiter vor<br />
große Herausforderungen. In der CHKD Akademie<br />
haben Unternehmen die Möglichkeit, ihre<br />
interkulturelle Kompetenz zu stärken und auf<br />
diese Weise Missverständnisse zu vermeiden<br />
und ein effektives Arbeitsumfeld zu schaffen.<br />
Im vergangenen Jahr 2018 organisierte die<br />
CHKD bereits Trainings, die das Interkulturelle<br />
Management fördern sollten. Probleme in der<br />
Kommunikation werden oft auf persönliche<br />
Gründe zurückgeführt, was jedoch zur Ursache<br />
haben kann, dass Vorurteile gegenüber anderen<br />
Personen entstehen und sich vertiefen können.<br />
Das wichtigste Ziel in den Trainings war: Kommunikationsmethoden<br />
zu erlernen, Vertrauen<br />
aufzubauen, Führungsstile sowohl deutscher als<br />
auch chinesischer Unternehmen zu verstehen<br />
und anzupassen.<br />
Damit der beste Erfolg erzielt wird, wird auch<br />
vorab des Trainings viel Vorarbeit geleistet. Mit<br />
Vorabfragebögen und verschiedenen Analysemethoden<br />
kann der Experte besser auf die Wünsche<br />
der Teilnehmer eingehen, unangesprochene<br />
Probleme können in das Training mitaufgenommen<br />
und analysiert werden. Insgesamt bietet<br />
das Training vielfältige Lehrmethoden. Aktive<br />
Teilnahme, visuelle Präsentationen werden als<br />
Methoden verwendet, um den Teilnehmern den<br />
besten Lernprozess bieten zu können.<br />
Fotos: Eva-Simona Fischkina<br />
www.chk-de.org
39<br />
Employer Branding<br />
In den zukünftigen Trainings der CHKD Akademie<br />
wird zudem auf weitere Thematiken<br />
eingegangen, um jegliche Kompetenzen zwischenkultureller<br />
Beziehungen zu stärken. Mit<br />
Hilfe von Aufbauseminaren werden bereits besuchte<br />
Seminare und erlernte Inhalte vertieft.<br />
Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung<br />
und zunehmender Entwicklungsbedürfnisse<br />
von Unternehmen entscheiden sich immer<br />
mehr chinesische Unternehmen für die Einstellung<br />
nicht-chinesischer Mitarbeiter. Um diesen<br />
Unternehmen so gut wie möglich Hilfestellung<br />
bieten zu können und die Effizienz der Unternehmen<br />
zu erhöhen, bietet die CHKD Akademie<br />
in Zukunft ebenfalls Seminare zum Thema „Employer<br />
Branding“ an. Chinesische Unternehmen<br />
können in diesem Seminar die Methoden der<br />
Personalrekrutierung erlernen und somit die<br />
Qualität des Unternehmens erhöhen. Selbstdarstellung<br />
des Unternehmens ist in diesem<br />
Fall das A und O. Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung,<br />
Performance Management,<br />
Talentmanagement, das eigene Unternehmensimage,<br />
Work Life Balance sind Punkte auf die<br />
geachtet werden muss, um den gezielten Erfolg<br />
von talentierten Mitarbeitern im Unternehmen<br />
zu erhalten. Nach den Seminaren erhalten alle<br />
Teilnehmer ein Zertifikat, um auch in Zukunft<br />
vorweisen zu können, dass in bestimmten Themen<br />
Kompetenzen erlernt wurden.<br />
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann kontaktieren<br />
Sie uns und melden Sie sich zum nächsten<br />
Training der CHKD Akademie an.<br />
Ansprechpartner<br />
Herr LI Changyang<br />
<strong>03</strong>0-20917522<br />
changyang.li@chk-de.org<br />
IMMER AN IHRER<br />
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Auch im Reich der Mitte.<br />
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40 Services<br />
28. November 20<strong>19</strong><br />
in Berlin<br />
CHKD Jahresempfang 20<strong>19</strong> &<br />
Preisverleihung „CHKD Invest Award“<br />
Nach dem großen Erfolg 2017 lädt<br />
die Chinesische Handelskammer in<br />
Deutschland (CHKD) in diesem Jahr<br />
wieder ausgewählte Gäste zum CHKD Jahresempfang<br />
20<strong>19</strong> ein. Im exklusiven Ambiente des<br />
Allianz Forums am Pariser Platz direkt neben<br />
dem Brandenburger Tor kommen Präsidium,<br />
Vorstand und Mitglieder der CHKD sowie Vertreter<br />
aus der deutschen Wirtschaft, Politik und<br />
Gesellschaft zu einem exklusiven Gala-Dinner<br />
zusammen. Als Ehrengast und Redner nimmt<br />
der Botschafter der VR China in Deutschland,<br />
Herr WU Ken an der Veranstaltung teil.<br />
Der Höhepunkt des Abends ist die Verleihung<br />
des „CHKD Invest Award“, mit dem die CHKD<br />
chinesische Unternehmen für ihre erfolgreichen<br />
Investitionen und Geschäftsaktivitäten<br />
in Deutschland auszeichnet. Die Preisverleihung<br />
zeigt die Vielfalt der Aktivität chinesischer Unternehmen<br />
in Deutschland, die Unternehmen<br />
werden in unterschiedlichen Kategorien ausgezeichnet.<br />
Im Rahmen der Veranstaltung rückt auch das<br />
Thema Sozialverantwortung in den Fokus. Mit<br />
der zunehmenden Aktivität chinesischer Investoren<br />
in Deutschland wächst auch das Bewusstsein<br />
hinsichtlich der Verpflichtung von<br />
Unternehmen in diesem Bereich. Im weiteren<br />
Verlauf des Abends werden daher die Aktivitäten<br />
des neugegründeten „Fonds für gesellschaftliche<br />
Verantwortung chinesischer<br />
Unternehmen in Deutschland“ sowie erste Projekte<br />
vorgestellt.<br />
Der CHKD Jahresempfang gibt den Teilnehmern<br />
die exklusive Gelegenheit zum Networking in<br />
festlichem Rahmen und lockerer Atmosphäre.<br />
Und auch kulinarisch fehlt es den Gästen an<br />
nichts. Zwischen den einzelnen Programmpunkten<br />
(Grußworte, Preisverleihung etc.)<br />
werden mehrere Gänge serviert.<br />
Weitere Informationenn<br />
Ansprechpartner<br />
Herr Jannik Dennier<br />
<strong>03</strong>0-20917522<br />
jannik.dennier@chk-de.org<br />
Fotos: CHKD<br />
www.chk-de.org
Veranstaltungen und Termine 41<br />
Veranstaltungskalender<br />
>> Termine<br />
BayChi-Summit 2018 im historischen Silbersaal des Deutschen Museums<br />
BayChi-Summit 20<strong>19</strong><br />
Treffen der Geschäftsführer chinesischer<br />
Unternehmen und Niederlassungen<br />
in Bayern<br />
Der historische Silbersaal des Deutschen<br />
Theaters in München - pompöser<br />
Neorokokostil, typisch bayerische Dekorationen<br />
und eine professionelle Musikumrahmung.<br />
Und mittendrin die chinesische Business-Community<br />
Bayerns. Diese originelle<br />
Kombination gibt es nur beim BayChi-Summit.<br />
Der BayChi-Summit – das Treffen der Geschäftsführer<br />
chinesischer Unternehmen in<br />
Bayern – findet in diesem Jahr bereits zum<br />
vierten Mal in Folge am 17. Oktober statt. Veranstalter<br />
ist Invest in Bavaria, Ansiedlungsagentur<br />
des Freistaats Bayern, gemeinsam mit<br />
der Landeshauptstadt München, der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD) und dem<br />
Generalkonsulat der VR China in München.<br />
Neben dem offiziellen Programm und Grußworten<br />
aus der Politik werden im Rahmen der<br />
Veranstaltung neu angesiedelte Unternehmen<br />
aus China für ihr Engagement in Bayern ausgezeichnet.<br />
Im vergangenen Jahr erhielt<br />
beispielsweise die First Automotive Works Munich<br />
R&D GmbH, einer der größten Fahrzeughersteller<br />
der VR China, der seit letztem Jahr mit<br />
seinem weltweit einzigen Büro für Advanced<br />
Automotive Design in München ansässig ist,<br />
den „Newcomer-Award“.<br />
Der BayChi-Summit gibt den Teilnehmern die<br />
Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre<br />
miteinander auszutauschen und neue Impulse<br />
für das Wachstum des eigenen Unternehmens<br />
zu gewinnen. 2018 nahmen rund 80 chinesische<br />
Unternehmen, die eine Niederlassung in<br />
München oder Bayern haben, an der Abendveranstaltung<br />
teil.<br />
SEPTEMBER<br />
28. September Member Event zum „Wilhelmshaven<br />
Sailing-CUP”,<br />
Wilhelmshaven<br />
OKTOBER<br />
17. Oktober BayChi-Summit 20<strong>19</strong>,<br />
München<br />
24. Oktober Fachseminar „Lean<br />
Management“, CHKD<br />
Fachausschuss (Automobilindustrie),<br />
Frankfurt<br />
NOVEMBER<br />
7. November CHKD Akademie: Seminar<br />
„Employer Branding“,<br />
Hamburg<br />
5. -10. China International Import<br />
November Expo, Shanghai<br />
14. November Info- & Austauschveranstaltung<br />
für chinesische<br />
CFOs in Deutschland,<br />
Frankfurt<br />
28. November CHKD Jahresempfang<br />
20<strong>19</strong> & Preisverleihung<br />
„CHKD Invest Award“,<br />
Berlin<br />
BayChi-Summit 20<strong>19</strong><br />
Termin: 17. Oktober 20<strong>19</strong><br />
Uhrzeit: 18:00 Uhr<br />
Ort: Silbersaal im Deutschen Theater, München<br />
Teilnahme-Info:<br />
Fotos: Invest in Bavaria<br />
Generalkonsulin MAO Jingqiu bei ihrem Grußwort<br />
auf dem BayChi 2018<br />
ZHANG Zhigang von FAW nimmt „Newcomer<br />
Award“ entgegen<br />
Die Teilnahme ist nur auf persönliche Einladung<br />
möglich.<br />
www.chk-de.org
42 Community<br />
Gesundheit-Q&As<br />
Insbesondere für Chinesen, die neu in Deutschland sind, ist das deutsche Gesundheitssystem fremd.<br />
Oft scheitert es an sprachlichen Barrieren, um an die Besonderheiten von Krankenversicherungsthemen<br />
zu gelangen und Informationen zu beziehen. In dieser neuen Rubrik, den „Gesundheit-Q&As“,<br />
sammeln wir Fragen zu Gesundheitsthemen, welche von Experten der Techniker Krankenkasse<br />
bewantwortet werden.<br />
Herr Wang (52): In China werden alle Angestellten<br />
jedes Jahr untersucht (Ganzkörper-Untersuchungen),<br />
gibt es in Deutschland<br />
auch regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen<br />
für Versicherte?<br />
TK: Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt<br />
eine ganze Reihe von Vorsorgeuntersuchungen,<br />
abhängig von Geschlecht und Alter.<br />
Es gibt Krebsvorsorgeuntersuchungen für die<br />
häufigsten Krebserkrankungen, insbesondere<br />
zu Darmkrebs und Hautkrebs. Ab dem 35. Lebensjahr<br />
kann alle drei Jahr ein Gesundheits-Checkup<br />
in Anspruch genommen werden.<br />
Die TK ermöglicht Versicherten zwischen<br />
18 und 34 Jahren zusätzlich einen einmaligen<br />
Checkup. Bei bestimmten Risikofaktoren übernimmt<br />
die TK auch für die jüngeren Versicherten<br />
eine solche Untersuchung alle drei Jahre.<br />
Für Kinder und Jugendliche gibt es eine ganze<br />
Reihe von Vorsorgeuntersuchungen, die in bestimmten<br />
Altern genutzt werden können. Für<br />
schwangere Frauen werden umfangreiche Vorsorgeuntersuchungen<br />
angeboten. Eine jährliche<br />
zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung wird allen<br />
Versicherten angeboten. Die regelmäßige Nutzung<br />
führt zu einem höheren Zuschuss, wenn<br />
einmal Zahnersatz notwendig werden sollte.<br />
Frau Yang (33): Wenn eine Chinesin in<br />
Deutschland anfängt zu arbeiten, kann sie<br />
die HPV-Impfung noch bekommen? Könnten<br />
Sie bitte das Impfungssystem in Deutschland<br />
kurz vorstellen?<br />
TK: Schutzimpfungen dürfen über die Versichertenkarte<br />
abgerechnet werden, wenn sie in<br />
der sogenannten Schutzimpfungs-Richtlinie<br />
geregelt sind. Basis der Richtlinien sind die<br />
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission<br />
(STIKO) beim Robert-Koch-Institut. Die TK<br />
übernimmt die Kosten für Impfungen, die von<br />
der STIKO empfohlen werden. Die Kosten werden<br />
einfach über die Versichertenkarte abgerechnet.<br />
Welche Impfungen dazu gehören, finden<br />
Sie auf tk.de unter dem Suchbegriff „Impfung“.<br />
Die HPV-Impfung wird von der TK übernommen,<br />
Voraussetzung dafür ist<br />
• ein bestehendes Versicherungsverhältnis<br />
bei der TK,<br />
• dass die Leistung in Deutschland von einem<br />
Vertragsarzt, der mit gesetzlichen Krankenkassen<br />
direkt abrechnet, erbracht wird und<br />
• die Frau das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet<br />
hat.<br />
Zur Info: Üblicherweise wird von den gesetzlichen<br />
Krankenkassen in Deutschland die<br />
HPV-Impfung nur für Frauen bis zur Vollendung<br />
des 18. Lebensjahres übernommen. Die<br />
TK zahlt die Impfkosten sogar bis zur Vollendung<br />
des 27. Lebensjahres.<br />
Herr Li (35): Kann ich als Versicherter in<br />
Deutschland meine Rechnungen aus chinesischen<br />
Krankhäusern und Apotheken abrechnen<br />
lassen?<br />
TK: Für Reisen außerhalb Europas und unserer<br />
Abkommensstaaten empfehlen wir Ihnen eine<br />
private Auslandsreise-Krankenversicherung.<br />
Denn dort dürfen wir leider keine Kosten übernehmen,<br />
wenn eine medizinische Behandlung<br />
erforderlich wird. Zu unseren Abkommensstaaten<br />
zählen Bosnien und Herzegowina, Türkei<br />
und Tunesien. China gehört nicht dazu. Mit<br />
einer Auslandsreise-Krankenversicherung (bei<br />
der TK ist das die Envivas) können Sie sich sehr<br />
gut absichern.<br />
Frau Sun (27): Wie werden Schwangere in<br />
Deutschland über die Versicherung geschützt?<br />
Es gibt das Mutterschaftsgeld, das<br />
Elterngeld und das Kindergeld. Was wird<br />
von wem bezahlt, dem Arbeitgeber, dem<br />
Staat oder dem Versicherer?<br />
Schwangere genießen in Deutschland einen<br />
ganz besonderen Schutz. Regelmäßig wird für<br />
beschäftigte Frauen ein Mutterschaftsgeld<br />
sechs Wochen vor und acht Wochen nach der<br />
Geburt gezahlt. Bei Früh- und Mehrlingsgeburten<br />
wird die Leistung für zwölf Wochen<br />
nach der Entbindung gezahlt. Die Krankenkasse<br />
übernimmt maximal 25 Euro je Kalendertag.<br />
Die Differenz bis zum vorher erzielten Nettolohn<br />
muss der Arbeitgeber zahlen.<br />
Nach der Geburt eines Kindes können die Eltern<br />
die so genannte Elternzeit nehmen. Das ist<br />
eine unbezahlte Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses,<br />
die pro Kind bis zu drei Jahre<br />
dauern kann. In dieser Zeit können die Eltern<br />
Elterngeld beantragen. Dieses wird in unterschiedlicher<br />
Höhe und unterschiedlicher Dauer<br />
gezahlt. Die Eltern haben dabei einige Wahlmöglichkeiten<br />
(z.B. höheres Elterngeld für einen<br />
kürzeren Zeitraum oder umgekehrt). Das<br />
Elterngeld wird vom Staat gezahlt.<br />
Zusätzlich zahlt der Staat ein Kindergeld, dessen<br />
Höhe sich nach der Anzahl der Kinder richtet.<br />
Es beträgt monatlich zwischen 204 Euro<br />
für das erste Kind und 235 Euro ab dem 4.<br />
Kind. Der Anspruch besteht grundsätzlich bis<br />
zum 18. Lebensjahr, für Kinder in der Ausbildung<br />
bis zum 25. Lebensjahr.<br />
Quelle:<br />
Foto: Tribalium/shutterstock<br />
Romantischer Rhein Tourismus GmbH/Dominik Ketz
43<br />
Sun Wei<br />
Turn-WM Stuttgart 20<strong>19</strong> –<br />
das Festival des Turnens<br />
Arthur Dalaloyan<br />
Fotos: Stuttgart20<strong>19</strong>/Chen<br />
„Neue Zeichen setzen“ ist das Motto der<br />
Turn-WM Stuttgart 20<strong>19</strong>. Neben hochkarätigen<br />
Wettkämpfen in der Hanns-Martin-<br />
Schleyer-Halle wird sich Stuttgart vom<br />
3. bis zum 13. Oktober in eine gigantische<br />
Turnlandschaft verwandeln. Nach <strong>19</strong>89 und<br />
2007 ist es bereits die dritte Turn-WM, die in<br />
der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt<br />
ausgetragen wird. Besonders ist die<br />
WM im Jahr 20<strong>19</strong>, da sie einen Meilenstein<br />
in Richtung Olympische Spiele 2020 in Tokio<br />
(Japan) darstellt. In Stuttgart kämpfen die<br />
knapp 600 Turnerinnen und Turner aus mehr<br />
als 90 Nationen vor insgesamt 100.000 Zuschauern<br />
um ihre Olympiastartplätze.<br />
Im Rahmen des Turniers soll nicht nur das<br />
klassische Turnen, sondern auch alle seine<br />
Facetten präsentiert werden. Der Salto, der als<br />
Symbol für das Turnen steht, wird unterschiedlich<br />
interpretiert und für jedermann erlebbar<br />
gemacht. So wirbeln bei der atemberaubenden<br />
Show „Salto Mondiale“ Artisten aus der ganzen<br />
Welt durch die Lüfte und Profis der Parkourund<br />
Freerunning-Szene rocken auf dem Schlossplatz<br />
beim City Event. Aber nicht nur staunen<br />
ist angesagt, beim City Event kann die Bevölkerung<br />
auch selbst aktiv werden und sich an<br />
unterschiedlichen Stationen ausprobieren.<br />
Für das Turn-Team Deutschland wird es dann<br />
am 4. Oktober, ab 13.30 Uhr (Frauen) und am<br />
6. Oktober, ab <strong>19</strong>.30 Uhr (Männer) ernst.<br />
DTB-Frauen-Cheftrainerin Ulla Koch zeigt sich<br />
zufrieden mit dem Resultat der Auslosung:<br />
„Die Startzeit ist optimal. Auch mit dem Startgerät<br />
sind wir sehr zufrieden. Es ist unser<br />
bestes Gerät und auch in Doha sind wir am<br />
Stufenbarren gestartet. Und das war Weltklasse.<br />
Wir müssen im Wettkampf richtig gut vorlegen,<br />
da alle nachfolgenden Nationen sehr stark sind<br />
und natürlich besser sein wollen als wir.“<br />
Über allem steht beim Heimspiel in Stuttgart<br />
für das Turn-Team Deutschland die Olympia-<br />
Qualifikation. Die deutschen Teams müssen<br />
dafür in der Qualifikation der WM einen der<br />
jeweils neun verbliebenen Teamstartplätze<br />
erringen, um auch als Mannschaft bei den<br />
Olympischen Spielen in Tokio nächstes Jahr an<br />
den Start gehen zu können.<br />
Alle Startzeiten der Turn-WM, Tickets und<br />
viel weitere Informationen gibt es unter<br />
www.stuttgart20<strong>19</strong>.de/zeitplan.<br />
www.chk-de.org
44 Community<br />
Charmantes Weimar<br />
Kultur, Geschichte und das neue Quartier der Moderne<br />
Weimar verdankt seinen mit Kultur, Kunst und<br />
Moderne verbundenen Ruf den berühmten<br />
Persönlichkeiten, die die Stadt zu ihrem Lebensmittelpunkt<br />
wählten. Den Dichtern der deutschen<br />
Klassik Goethe und Schiller, den Musikstars Johann Sebastian<br />
Bach und Franz Liszt und den Avantgardisten<br />
des Bauhauses. Die einstige Residenzstadt vereint große<br />
Vergangenheit mit den Sehenswürdigkeiten dieser Epochen.<br />
20<strong>19</strong> wurde Weimar um drei Museen der Moderne<br />
reicher: Das Bauhaus-Museum Weimar, die Dauerausstellung<br />
„Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um<br />
<strong>19</strong>00“ im benachbarten Neuen Museum sowie das „Haus<br />
der Weimarer Republik“ haben eröffnet.<br />
Vor 20 Jahren zeichnete die UNESCO die Sehenswürdigkeiten<br />
der Klassik wie die Dichterhäuser, die Parks<br />
und Gärten, die prächtigen Schlösser des Fürstenhauses<br />
sowie die Herzogin Anna Amalia Bibliothek als Welterbe<br />
aus. Auch die Stätten des Bauhauses, das von Walter<br />
Gropius <strong>19</strong><strong>19</strong> in Weimar gegründet wurde, tragen das<br />
»Wär nicht<br />
das Auge<br />
sonnenhaft,<br />
die Sonne<br />
könnt es nie<br />
erblicken.«<br />
J. W. von Goethe<br />
1749-1832<br />
UNESCO-Welterbe-Zeichen. Insgesamt sind es 14 Ensemble,<br />
die deutsche Kunst- und Kulturgeschichte widerspiegeln.<br />
Geprägt ist Weimar aber auch von der Zeit des Nationalsozialismus:<br />
Die Erinnerung an die Verbrechen zwischen<br />
<strong>19</strong>33 und <strong>19</strong>45 wird im ehemaligen Konzentrationslager<br />
Buchenwald wachgehalten. Rund 500.000 Besucher<br />
kommen jährlich in die Gedenkstätte.<br />
Weimars Gäste sind dennoch nicht nur auf Museumspfaden<br />
unterwegs. Ein prall gefüllter Veranstaltungskalender<br />
bietet große Kunst und leichte Muse – auch dafür ist<br />
Weimar bekannt. Viele Gäste genießen in der charmanten<br />
Stadt auch das Lebensgefühl: Cafés, gemütliche Kneipen,<br />
schicke Restaurants. Eine Thüringer Bratwurst ist die traditionelle<br />
Antwort auf Fastfood & Co, die Thüringer Klöße<br />
sind ein Muss und dem Thüringer Blechkuchen ist kaum<br />
zu entkommen. Das Weimarer Bier, der Wein vom Poetenweg,<br />
der Gin aus heimischer Manufaktur – vieles gilt es<br />
zu kosten und womöglich als kulinarische Erinnerung<br />
mitzunehmen.<br />
Fotos: canadastock/shutterstock<br />
www.chk-de.org
45<br />
Fridays for Future –<br />
eine chinesische Perspektive<br />
Ich bin Chinesin und arbeite in der Friedrichstraße in Berlin. Als ich an einem Freitag Anfang des Jahres<br />
mittags in die S-Bahn stieg, um zu einem Geschäftstermin zu fahren, wunderte ich mich: Was machen all<br />
die Schüler hier um diese Zeit? Müssten die nicht in der Schule sein? Zu Beginn dachte ich noch, es handelt<br />
sich um einen großen, lauten und bunten Schulausflug. Doch als ich die Kinder und Jugendlichen immer<br />
öfter sah und es von Mal zu Mal mehr wurden, wollte ich wissen, was es damit auf sich hat.<br />
Fotos: © Fridays for Future Deutschland; nicostock/shutterstock; Rolf G Wackenberg/shutterstock<br />
Mein deutscher Kollege klärte mich<br />
schließlich auf. Eine Demonstration<br />
von Schülern? Mitten in der<br />
Woche? Für den Klimaschutz? Ich<br />
staunte nicht schlecht. Nicht, dass der Klimaschutz<br />
in China keine Bedeutung hat. Ganz im<br />
Gegenteil, die chinesische Regierung investiert<br />
hohe Summen, um China grüner und nachhaltiger<br />
zu machen. Doch diese Form des Protests ist für<br />
Chinesen sehr ungewöhnlich, um nicht zu sagen<br />
unvorstellbar. Wie mir ging es auch meinen<br />
chinesischen Kollegen und Freunden. Die Reaktionen<br />
waren eindeutig: „Die Kinder müssen doch<br />
in die Schule, um zu lernen“ oder „Klimaschutz?<br />
Das ist wichtig, aber die Aufgabe von Erwachsenen.<br />
Die Politik muss sich darum kümmern!“<br />
Auch wenn ich diese Ansichten im Großen und<br />
Ganzen teile, lohnte es sich herauszufinden,<br />
was die Kinder und Jugendlichen bewegt: Die<br />
Bewegung „Fridays for Future“ wurde Ende 2018<br />
von Schülerinnen und Schülern gegründet und<br />
hat nach eigenen Angaben mittlerweile 500 Ortsgruppen.<br />
Eine Bewegung, die es sich zum obersten<br />
Ziel gesetzt hat, für globale Klimagerechtigkeit<br />
und gegen den Klimawandel zu kämpfen.<br />
Jeden Freitag gehen – und das nicht nur in<br />
Berlin – tausende Jugendliche auf die Straße<br />
um für genau diese Ziele zu demonstrieren. Das<br />
besondere an der Art des Protests ist, dass sie<br />
die Schule bestreiken um zu demonstrieren.<br />
Inspiriert von der 16jährigen Greta Thunberg<br />
aus Schweden, die diese Art von Protest seit<br />
über einem Jahr wählt, ist „Fridays for Future“<br />
zur größten deutschen Klimabewegung geworden,<br />
die es geschafft hat, den gesellschaftlichen<br />
Diskurs auf das Thema Kimaschutz zu lenken.<br />
Nachdem ich mich etwas mehr mit dem Thema<br />
beschäftigt hatte, ist vor allem ein Zitat von<br />
Greta Thunberg bei mir hängengeblieben: „Why<br />
should I be studying for a future that soon may<br />
be no more, when no one is doing anything to<br />
save that future?” Und auch wenn ich weiterhin<br />
Schwierigkeiten habe zu akzeptieren, dass<br />
Kinder während der Schulzeit demonstrieren,<br />
habe ich auch Verständnis für sie entwickelt.<br />
Unterstützung erhält die Bewegung von mir<br />
jedenfalls in einem Punkt: Die Politik ist gefordert,<br />
sie sollte den Klimaschutz ernst nehmen<br />
und mehr dafür tun. Vielleicht lohnt es sich ja<br />
auch mal, in diesem Punkt einen Blick nach<br />
China zu werfen.<br />
LI Xiaobai<br />
www.chk-de.org
46 Community<br />
Ein Tag im Leben von<br />
WU Yanyan<br />
München, sieben Uhr morgens. WU<br />
Yanyan macht Milch warm, backt Ein Tag im Leben von<br />
Brot auf, brät zwei Eier und malt mit<br />
Ketchup ein lachendes Gesicht<br />
WU Yanyan<br />
darauf. Dann weckt sie ihre Tochter<br />
und muss hinterher sein, dass sich<br />
die Achtjährige schnell wäscht und<br />
ihr Frühstück isst. Am Tisch flechtet<br />
Wu ihrer Tochter Zöpfe und erinnert<br />
sie daran, nach Schulschluss die<br />
Hausaufgaben von der chinesischen<br />
Wochenend-Schule nicht zu vergessen:<br />
„Bei Chinesisch darf man nicht<br />
lockerlassen, nur sprechen zu können,<br />
aber nicht schreiben, das geht<br />
nicht.“ WU Yanyan bringt ihre Tochter<br />
zum Schulbus und macht sich dann<br />
selbst auf den Weg. Mit dem Auto<br />
geht es zum BMW-Vierzylinder, der<br />
Zentrale des Münchner Autoherstellers.<br />
Der geschäftige Morgen<br />
geht zu Ende, ein geschäftiger Tag<br />
beginnt.<br />
Foto: CHKD<br />
www.chk-de.org
47<br />
WU Yanyan ist bei BMW für die Regierungsbeziehungen im<br />
asiatischen Raum verantwortlich. Sie betreut die Regionen<br />
China, Japan, Korea, Indien, Singapur und Südostasien. In<br />
diesen wichtigen Märkten hat BMW jeweils lokale Teams, die<br />
die politischen Entwicklungen verfolgen. Sie analysieren die<br />
möglichen Auswirkungen auf das Geschäft, geben Empfehlungen.<br />
All das um zu gewährleisten, dass sich die Geschäfte<br />
in den jeweiligen Märkten gesund entwickeln. Als Head of<br />
Governmental and External Affairs Asia ist Wu seit 2015 in<br />
München und arbeitet seitdem eng mit den in ganz Asien<br />
verstreuten Teams zusammen.<br />
Als in der von Männern dominierten Autoindustrie plötzlich<br />
eine Frau aus China in die Zentrale kam, noch dazu in<br />
leitender Funktion, war es für die Kollegen, die alle aus<br />
unterschiedlichen Kulturen kommen, zunächst eine Überraschung.<br />
WU Yanyan sagt dazu: „Es gibt immer eine<br />
Aufwärmphase. Das Wichtigste ist der gegenseitige<br />
Respekt. Respekt vor den unterschiedlichen Marktbedingungen,<br />
Respekt vor unterschiedlichen Kulturen. Die<br />
Kommunikation muss offen, die Entscheidungen transparent<br />
sein“. Für Wu ist klar, dass nur wenn diese Prinzipen<br />
aufrechterhalten werden, die Zusammenarbeit im Team<br />
Tag für Tag reibungsvoll funktioniert.<br />
Um den Zeitunterschied in Asien zu bewältigen, hält WU<br />
Yanyan fast jeden Morgen Telefon- und Videokonferenzen<br />
mit den Teams in Asien ab, nachmittags stehen Meetings<br />
in der Zentrale an. Danach nutzt Wu jede sich bietende<br />
Gelegenheit, um ihre zahlreichen Mails zu beantworten.<br />
„Manchmal habe ich das Gefühl, immer noch im Rhythmus<br />
der Uni-Aufnahmeprüfung in China zu sein“, sagt Wu<br />
lächelnd.<br />
Führungskraft in einem ausländischen Unternehmen zu werden<br />
war ursprünglich nicht der Plan von der aus der Provinz<br />
Jiangsu stammenden Wu. Ihr Traum am Anfang war es,<br />
Dozentin an der Universität zu werden, zu unterrichten, zu<br />
erziehen und in den Winter- und Sommerferien frei zu<br />
haben. Doch wie so oft kam es anders. Nach dem Uni-<br />
Abschluss bestand sie die Aufnahmeprüfung beim chinesischen<br />
Außenministerium und begann dort ihre berufliche<br />
Karriere. Für diese Zeit sei sie sehr dankbar, so Wu und findet,<br />
dass der erste Job einen Berufsanfänger am meisten prägt.<br />
Durch die strengen Anforderungen im Außenministerium<br />
lernte sie gewissenhaft zu arbeiten und legte damit einen<br />
guten Grundstein für ihren weiteren Arbeitsweg.<br />
Im Jahr 2018 gab es große Neuigkeiten von BMW aus<br />
China zu vermelden. Auf der Feier zum 15. Jubiläum des<br />
Joint Ventures BMW Brilliance wurden weitere Investitionen<br />
»Das Wichtigste<br />
ist der<br />
gegenseitige<br />
Respekt.«<br />
WU Yanyan<br />
in den Standort Shenyang angekündigt. Das Joint Venture<br />
wird dort in den kommenden Jahren drei Milliarden Euro<br />
investieren und damit die bestehende Produktionskapazität<br />
sowie die Produktpalette erweitern. Zusätzlich wird<br />
die Laufzeit des Joint Ventures bis zum Jahr 2040<br />
verlängert. Nach der Erweiterung wird die Produktionskapazität<br />
am Standort auf 650.000 Einheiten erhöht und<br />
es werden 5.000 neue Arbeitsplätze in der Region<br />
geschaffen. Schließlich wird der BMW-Anteil am Joint<br />
Venture nach 2022 von 50 auf 75 Prozent gesteigert, was<br />
den bayerischen Konzern zum ersten ausländischen<br />
Autohersteller macht, der in China die 50-Prozent-Marke<br />
bei einem Joint Venture durchbricht. WU Yanyan sagt<br />
dazu: „Wir bei BMW sind immer neugierig und aufgeschlossen<br />
für neue Bereiche und haben Mut, Neues<br />
auszuprobieren. Wir haben die uns bietende Chance in<br />
China genutzt, unsere Strategie angepasst und mit Hilfe<br />
unserer Partner, darunter auch den lokalen Behörden,<br />
eine Situation geschaffen, von denen alle Beteiligten<br />
profitieren. BMW Brilliance ist bereits zu einem Aushängeschild<br />
in Shenyang und Liaoning geworden. Zu diesem<br />
Erfolg hat unser Government-Affairs-Team einen wichtigen<br />
Beitrag geleistet.“<br />
China ist derzeit der größte Einzelmarkt für BMW weltweit.<br />
Das Joint Venture BMW Brilliance hat zwei Fabriken,<br />
ein Motorenwerk und ein Batteriewerk in Shenyang.<br />
In Peking, Shenyang und Shanghai betreibt BMW drei<br />
F&E-Zentren mit über 1.000 lokalen Mitarbeitern. 2016<br />
hat die BMW Group anlässlich ihres 100. Jubiläums die<br />
Zukunftsstrategie ACES (Automated, Connected, Electrified,<br />
Services) vorgestellt. In diesem Bereich, so glaubt WU<br />
Yanyan, werde der chinesische Markt eine Vorreiterrolle<br />
spielen. „Der Markt und die Kunden in China sind sehr<br />
offen für neue Technologien. Sie sind voller Neugier und<br />
mögen es, neue Dinge auszuprobieren. Verglichen damit<br />
ist der europäische Markt voreingenommen und konservativ.“<br />
Derzeit nutzen bereits rund 1,5 Millionen chinesische<br />
Kunden die digitalen Dienste von BMW über Kanäle wie<br />
intelligente manuelle Assistenzsysteme und Apps von<br />
Drittanbietern.<br />
Außerhalb der Arbeit reist WU Yanyan gerne mit ihrer<br />
Familie und verbringt Zeit mit ihrer Tochter. Wien und<br />
Chengdu sind ihre Lieblingsstädte: locker, schön, lecker<br />
und lustig. Aber auch in die Ferien nimmt sie ihren<br />
Arbeitscomputer mit, um sich täglich um wichtige<br />
E-Mails kümmern. Ansonsten hätte sie nach dem Urlaub<br />
Tausende von ungelesenen E-Mails zu bearbeiten. Denn<br />
einem Motto bleibt Wu seit ihrer Kindheit treu: Was du<br />
heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.<br />
www.chk-de.org
48 Gastkommentar<br />
Den Staffelstab für Chinas<br />
grüne Entwicklung weitergeben<br />
Der 70. Jahrestag der Gründung des Neuen Chinas steht<br />
bevor. Die Erfolge der rasanten Entwicklung der Volksrepublik<br />
in den letzten 70 Jahre sind enorm. Das<br />
Pro-Kopf-BIP stieg von 2,7 US-Dollar im Jahr <strong>19</strong>49 auf<br />
9.732 US-Dollar im Jahr 2018. Das ist eine bemerkenswerte<br />
Leistung, von der die ganze Welt Zeuge<br />
wurde. Doch das Verständnis in vielen Bereiche lässt<br />
international noch zu wünschen übrig. So auch bei<br />
Chinas Anstrengungen bei der Bekämpfung von<br />
Wüstenbildung und des weltweiten Klimawandels.<br />
W<br />
ährend in westlichen Ländern von der<br />
Vorregierung aufgestellte Pläne und Ziele von<br />
einer neuen Regierung wieder einkassiert<br />
werden können, ist es in China anders: Seit 70 Jahren<br />
werden im Großen und Ganzen Richtlinien in Übereinstimmung<br />
mit der vorherigen Regierung umgesetzt. So<br />
auch bei Projekten zum Schutz der Umwelt. Im Jahr <strong>19</strong>79<br />
initiierte DENG Xiaoping den Bau des „Three-North<br />
Shelterbelt Development Program“. Ein Projekt mit über<br />
70 Jahren Planung, das die groß angelegte Aufforstung<br />
von 4.070.000 Quadratkilometern Land bedeutet.<br />
Nach UN-Statistiken sind mehr als 100 Länder und<br />
Regionen weltweit ernsthaft von der Desertifikation bedroht.<br />
Die in China „verwüstete“ Landfläche beträgt bis zu<br />
1.720.000 Quadratkilometer, was 18 Prozent der gesamten<br />
Landfläche Chinas ausmacht! Wüstenbildung und<br />
Desertifikation sind seit langem ein ernstes ökologisches<br />
Problem für China - von der Vergangenheit bis in die Gegenwart.<br />
Doch das ändert sich. Im Jahr 20<strong>19</strong> veröffentlichte die<br />
NASA Daten aus fast 20 Jahren Messungen, die folgendes<br />
Bild zeigen: Auf der Erdoberfläche entstehen neue grüne<br />
Flächen von mehr als 518 Millionen Hektar. Das ist etwas<br />
mehr als die gesamte Fläche des Amazonas-Regenwaldes.<br />
80 Prozent dieser neuen Flächen befinden sich in China<br />
und Indien. In Indien handelt es sich hierbei hauptsächlich<br />
um Ackerland, während in China vor allem Wälder und<br />
Grünflächen entstanden sind. Mit anderen Worten, die<br />
langjährige Politik der großflächigen Aufforstung hat<br />
China zum Land mit der größten Aufforstung der Welt<br />
gemacht. Allein im Jahr 2018 hat China laut dem jährlichen<br />
Arbeitsbericht der Regierung eine Fläche von 66.600<br />
Quadratkilometern aufgeforstet.<br />
ZHAO Jinjun<br />
ist stellvertretender<br />
Geschäftsführer des China<br />
Center for International<br />
Economic Exchanges (CCIEE)<br />
und ehemaliger chinesischer<br />
Botschafter in Frankreich.<br />
Quelle: ZHAO Jinjun<br />
Ein Beispiel ist die Kubuqi-Wüste. Die siebtgrößte Wüste<br />
Chinas mit einer Fläche von 18.000 Quadratkilometern,<br />
800 Kilometer von Peking entfernt. Vor 30 Jahren hat die<br />
lokale Regierung mit der privaten Yili Group und der Bevölkerung<br />
vor Ort große Erfolge bei der Entwicklung neuer<br />
Methoden zur Nutzung von Wüstenfläche gefeiert. Insbesondere<br />
das Sand-Photovoltaik-Projekt, bei dem Photovoltaik-Anlagen<br />
auf dem Wüstensand installiert wurden,<br />
die wiederum Schatten für die Begrünung der Fläche<br />
spendeten, sorgte für großes Erstaunen. Mittlerweile, nach<br />
30 Jahren unermüdlichen Bemühungen, macht das<br />
bearbeitete Gebiet in der Kubuqi-Wüste ein Drittel der gesamten<br />
Wüstenfläche aus, auf mehr als 6.000 Quadratkilometer<br />
wurden bis heute die Grundbedingungen für den<br />
Getreideanbau geschaffen.<br />
Weitere Projekte wurden in der Mu-Us-Wüste, die an<br />
Shaanxi und die Innere Mongolei grenzt, und der Taklaman-Wüste<br />
in Xinjiang realisiert. Das Knowhow und die<br />
Erfahrungen, die China hier über Jahrzehnte gesammelt<br />
hat, können auch international genutzt werden. So äußerte<br />
auch der Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms<br />
(UNEP) Erik Solheim nach seinem China-Besuch die Hoffnung,<br />
dass die Erfolge und Erfahrungen Chinas bei der<br />
Wüstenbekämpfung entlang der „Neuen Seidenstraße“ in<br />
die Gebiete Mittelasiens, des Nahen Ostens und Afrikas,<br />
die ebenfalls unter der Ausbreitung der Wüste leiden, übertragen<br />
werden können.<br />
Wir Chinesen sind tief davon überzeugt, dass, nur wenn<br />
Generation für Generation kontinuierlich dafür kämpft,<br />
und zwar über einen langen Zeitraum, kann die für Mensch<br />
und Umwelt bedrohliche Wüste unter Kontrolle gebracht<br />
und zum Wohle der Menschheit genutzt werden.<br />
Wenn Menschen aus der ganzen Welt, ohne politische<br />
Voreingenommenheit, nach China kommen und sich mit<br />
offenen Augen umsehen, dann werden sie erleben, welches<br />
Verantwortungsbewusstsein und welche Tatkraft China an<br />
den Tag legt - auch für ihr eigenes Land und das Schicksal<br />
der Menschheit. Um den Klimawandel zu bekämpfen und<br />
das „Pariser Ankommen“ umzusetzen, ist China das<br />
Entwicklungsland mit den höchsten Investitionen in die<br />
Forschung und Erprobung sauberer Energien wie Wasser,<br />
Wind, Solar, Kernkraft und Wasserstoff. Darauf können die<br />
1,4 Milliarden Chinesen zurecht stolz sein.<br />
www.chk-de.org
EINZUG INS<br />
STADION<br />
Wie sich Unternehmen mit Sportsponsoring den deutschen Markt erschließen<br />
Unternehmen haben viele Möglichkeiten, den<br />
deutschen Markt für ihre Marke oder ihre<br />
Produkte zu öffnen. Unter den zahlreichen<br />
Kommunikationsinstrumenten sticht allerdings<br />
eines aufgrund seiner Reichweite und<br />
Vielseitigkeit heraus: das Sportsponsoring.<br />
Der folgende Text bietet einen Überblick<br />
darüber, warum das so ist und wie man dieses<br />
Instrument nutzen kann, um seine Unternehmensziele<br />
zu erreichen.<br />
Es mag ein Klischee sein, aber die Deutschen<br />
gelten als besonders diszipliniert und ordnungsliebend<br />
– was, nebenbei gesagt, ganz der chinesischen<br />
Mentalität entspricht. Die Deutschen,<br />
so heißt es, erledigen ihre Arbeit pünktlich und<br />
gewissenhaft und gehen erst nach Hause, wenn<br />
alles erledigt ist. Von einem geschäftlichen Standpunkt<br />
aus sind das begrüßenswerte Eigenschaften,<br />
denn man kann von deutschen Unternehmen<br />
stets außerordentlich gute Ergebnisse erwarten.<br />
Auf der anderen Seite fragt man sich: Wie kann<br />
man einen unterkühlten Deutschen emotional „packen“<br />
und ihn für eine Marke oder ein Produkt interessieren?<br />
Die Antwort lautet: mit Sport.<br />
Sportsponsoring ist das einfachste und effektivste<br />
Werkzeug, um sich Zugang zu neuen Märkten zu<br />
verschaffen, denn der Sport überwindet Grenzen,<br />
baut Vorurteile ab und verbindet Menschen auf<br />
der ganzen Welt. Er bietet pure Emotionen und<br />
hat die Kraft, innerhalb kürzester Zeit Vertrauen in<br />
eine Marke zu erzeugen und sie im relevanten Publikumssegment<br />
zu verankern.<br />
Das Opel-Sponsoring für Borussia Dortmund<br />
zum Beispiel hat bei Personen, denen dieses<br />
Engagement bekannt ist, die Kaufbereitschaft<br />
von 10% auf 26% gesteigert. Und EVONIK hat<br />
seine Markenbekanntheit innerhalb von acht<br />
Jahren von 29% auf 63% erhöht. Das heute als<br />
globale Marke etablierte Unternehmen HUAWEI<br />
startete in der Saison 2013/2014 sein Sponsoring<br />
für Borussia Dortmund, um die Markenbekanntheit<br />
auf dem deutschen Markt zu steigern.<br />
Da HUAWEI es mit starken Wettbewerbern wie<br />
Samsung und Apple zu tun hatte, war es eine<br />
Herausforderung, die Aufmerksamkeit der Verbraucher<br />
zu erhalten und sich von der Konkurrenz<br />
abzuheben. Dank des Sponsorings für den BVB<br />
aber konnte das Unternehmen seine Markenbekanntheit<br />
unter fußballinteressierten Deutschen<br />
von 18% auf 55% erhöhen.<br />
Die Deutschen lieben Sport. So simpel sich diese<br />
Feststellung anhört, sie ist für potenzielle Sponsoren<br />
von essenzieller Bedeutung. Sobald ein Ball<br />
im Spiel ist, entwickeln selbst die vermeintlich so<br />
nüchternen Deutschen Temperament und Leidenschaft.<br />
Das gilt für aktive Sportler wie für passive<br />
Zuschauer gleichermaßen. Im Jahr 2018 waren in<br />
Deutschland rund 21,6 Millionen Menschen im<br />
Alter über 14 Jahren stark an Sport interessiert.<br />
26,7 Millionen zeigten sich immerhin moderat interessiert.<br />
In demselben Jahr waren fast 24 Millionen<br />
Deutsche in Sportvereinen aktiv – fast 30%<br />
der Gesamtbevölkerung.<br />
Im Durchschnitt sind jeweils 20% der 0- bis<br />
6-Jährigen und der über 60-Jährigen in Sportvereinen<br />
aktiv. Der größte Anteil an Aktiven findet<br />
sich mit über 80% in der Gruppe der männlichen<br />
7- bis 14-Jährigen. Darüber hinaus verfolgen viele<br />
Menschen sportliche Aktivitäten auch außerhalb<br />
organisierter Vereinsstrukturen: Sie schwimmen<br />
(37% der Bevölkerung), fahren Rad (34%) oder<br />
joggen (25%). Der Sektor ist überaus vielfältig<br />
und bietet Sponsoren zahlreiche Optionen für den<br />
Marktzugang.<br />
Natürlich kommt ein Sponsor, der maximale Medienaufmerksamkeit<br />
anstrebt, nicht um den Fußball<br />
als Plattform herum. Jeder Bundesliga-Spieltag<br />
am Samstag, wenn die Nachfrage nach Spielübertragungen<br />
am größten ist, wird durchschnittlich<br />
von 1,45 Millionen Menschen auf dem wichtigsten<br />
Bundesliga-Kanal Sky verfolgt. Das entspricht<br />
etwa 28% aller Abonnenten des Senders. Bei<br />
Spielen von Borussia Dortmund werden im Durchschnitt<br />
0,91 Millionen „Views“ gezählt, ein beachtlicher<br />
Wert. Bei den Top-Begegnungen erreichen<br />
die Zuschauerzahlen Spitzenwerte von über<br />
2 Millionen. Beliebte Sendungen wie die Sportschau<br />
mit 5,4 Millionen Zuschauern steigern die<br />
Popularität der Bundesliga noch weiter.<br />
Mit 15,2 Millionen Followern auf Facebook und<br />
8 Millionen Instagram-Followern ist Borussia<br />
Dortmund eine der international zugkräftigsten<br />
deutschen Sportmarken. Wer Millionen von (überwiegend<br />
männlichen) Zuschauern aller Altersgruppen<br />
erreichen möchte, für den ist Fußball die<br />
richtige Wahl.<br />
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie<br />
Sie und Ihr Unternehmen von Sportsponsoring<br />
profitieren können, wenden Sie sich bitte an<br />
Maximilian Schindler. mschindler@lagardere-se.com<br />
oder +49 (0)231 90 20 35 67.<br />
Weitere Informationen unter: beyond-the-match.com/en/sponsoring/the-german-passion-sport/
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Die Techniker bietet Ihren internationalen<br />
Fachkräften einen exklusiven Welcome-Service.<br />
Wir sorgen für einen Auftakt nach Maß – mit deutscher Gründlichkeit<br />
und Qualität. Zum Beispiel mit englischsprachiger Beratung,<br />
unbürokratischen Prozessen und vielen Kooperationspartnern.<br />
Hier erfahren Sie mehr: tk.de/firmenkunden