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Architekturpolitik in Finnland

ISBN 978-3-86859-617-5

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Turit Fröbe<br />

<strong>Architekturpolitik</strong><br />

<strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

Wie Baukulturelle Bildung<br />

gel<strong>in</strong>gen kann


7 E<strong>in</strong>leitung<br />

17 Baukultur <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

und Deutschland<br />

Strukturelle und<br />

historische Voraussetzungen<br />

27 Baukultureller Anspruch <strong>in</strong><br />

F<strong>in</strong>nland und Deutschland –<br />

e<strong>in</strong> subjektiver E<strong>in</strong>druck<br />

43 Die f<strong>in</strong>nische <strong>Architekturpolitik</strong> –<br />

e<strong>in</strong> Lernprozess<br />

48 Besonderheiten der<br />

f<strong>in</strong>nischen <strong>Architekturpolitik</strong><br />

von 1998<br />

54 Lokale und regionale<br />

<strong>Architekturpolitik</strong>en<br />

62 APOLI2020<br />

67 Fazit: Architekturpolitische<br />

Prozesse<br />

73 Architektur als<br />

Bürgerbildung<br />

76 Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land<br />

83 Architekturwettbewerbe<br />

als Bürgerbildung<br />

93 Fazit: Baukulturelle<br />

Bürgerbildung<br />

99 Architektur im f<strong>in</strong>nischen<br />

Bildungssystem<br />

100 Architecture Education<br />

im regulären Schulsystem<br />

112 Architecture Education<br />

<strong>in</strong> der Basic Education <strong>in</strong><br />

the Arts<br />

121 Fazit: Baukultur <strong>in</strong>s<br />

Bildungssystem!<br />

129 Institutionen der<br />

Architecture Education<br />

Architecture Education an<br />

den Universitäten<br />

136 ARKKI, Lastu und Co.<br />

143 Jüngere Tendenzen der<br />

f<strong>in</strong>nischen Architecture<br />

Education<br />

153 Fazit: Baukulturelle Aus-,<br />

Fort- und Weiterbildung<br />

161 Architekturpolitische<br />

Programme als Förderer<br />

der Architecture Education<br />

für K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

<strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

Gastbeitrag Jaana Räsänen<br />

171 Schlussbetrachtung<br />

177 Empfehlungen<br />

185 Literaturverzeichnis<br />

191 Bildnachweise


Ich danke me<strong>in</strong>en Gesprächspartner<strong>in</strong>nen<br />

und Gesprächspartnern, die mich mit<br />

Informationen, E<strong>in</strong>blicken und Materialien<br />

versorgt haben, ganz herzlich für ihre<br />

Unterstützung!<br />

Ohne Ihre Hilfe hätte diese Publikation<br />

nicht entstehen können!


E<strong>in</strong>leitung<br />

Seit Jahren gilt F<strong>in</strong>nland als Vorreiter für alles, was mit Baukulturpolitik<br />

und dem Themenkomplex Baukulturelle Bildung<br />

zu tun hat. Als e<strong>in</strong>es der ersten Länder Europas hat<br />

sich F<strong>in</strong>nland 1998 e<strong>in</strong>e offizielle <strong>Architekturpolitik</strong> gegeben,<br />

die bis heute <strong>in</strong>ternational rezipiert wird und nicht nur <strong>in</strong>s<br />

Schwedische und Englische, sondern auch <strong>in</strong>s Französische,<br />

Spanische, Deutsche und später <strong>in</strong>s Arabische übersetzt<br />

wurde. 1 E<strong>in</strong>en prom<strong>in</strong>enten Part <strong>in</strong>nerhalb des Programms<br />

nahm die „architecture education“ e<strong>in</strong> mit dem Ziel, die Allgeme<strong>in</strong>bildung<br />

bzw. das öffentliche Bewusstse<strong>in</strong> für Architektur<br />

zu verbessern, weshalb ab 2001 <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland zeitweise<br />

dazu übergegangen wurde, im Englischen den Term<strong>in</strong>us<br />

„civic education <strong>in</strong> architecture“ 2 zu verwenden.<br />

Die Civic Education <strong>in</strong> Architecture wurde notwendig,<br />

da 1995 das Recht auf e<strong>in</strong>e angemessen gestaltete und gesunde<br />

Umgebung im Grundrechtekatalog der f<strong>in</strong>nischen Verfassung<br />

verankert worden war und sich an das Recht auch<br />

Bürgerpflichten knüpften. 3 Per Verfassung wurden die Bürger<strong>in</strong>nen<br />

und Bürger dazu verpflichtet, Sorge für das kulturelle<br />

Erbe zu tragen und an Entscheidungsprozessen, die das<br />

eigene Lebensumfeld betreffen, teilzuhaben. 4 Um sie <strong>in</strong> die<br />

Lage zu versetzen, diese Pflichten e<strong>in</strong>lösen zu können, war<br />

es notwendig, baukulturelles Wissen bzw. e<strong>in</strong>e baukulturelle<br />

Allgeme<strong>in</strong>bildung <strong>in</strong> die Gesellschaft zu br<strong>in</strong>gen. Mit der<br />

1998 deklarierten <strong>Architekturpolitik</strong> wurde die Baukulturelle<br />

Bildung zur lebenslangen zivilen Lernaufgabe deklariert.<br />

7


Abb. 1


Bewusstse<strong>in</strong> für Architektur ausgeprägt ist, ist laut Riikka<br />

Mäkikoskela auch darauf zurückzuführen, dass „die F<strong>in</strong>nen<br />

traditionell ihre Häuser mit der eigenen Hand gebaut haben.<br />

Sie s<strong>in</strong>d mit Architektur, dem Bauen, dem Handwerk vertraut.<br />

Wenn du heiratest und e<strong>in</strong>e Familie gründest, musst<br />

du <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland e<strong>in</strong> Haus für de<strong>in</strong>e Familie bauen“. 6<br />

Ganz anders s<strong>in</strong>d die gesellschaftlichen Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen<br />

für Architektur <strong>in</strong> Deutschland. Zwar wird den Deutschen<br />

regelmäßig e<strong>in</strong> grundsätzliches Interesse an Baukultur<br />

attestiert, was mit den leidenschaftlich geführten Debatten<br />

<strong>in</strong> der Presse belegt wird. Diese beziehen sich jedoch <strong>in</strong> der<br />

Regel auf herausragende Spektakel-Architekturen, Rekonstruktionen<br />

oder Bauskandale. Tendenziell herrscht <strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft e<strong>in</strong> „e<strong>in</strong>geschränkter Begriff von Architektur“<br />

vor, der dazu führt, dass „die Bauten des täglichen Gebrauchs<br />

gar nicht unter architektonischen Gesichtspunkten wahrgenommen<br />

werden“ 7 . Entsprechend werden Architektur und<br />

Städtebau von der großen Mehrheit der Bürger<strong>in</strong>nen und<br />

Bürger als Spezial-Diszipl<strong>in</strong>en betrachtet, die nichts oder<br />

wenig mit der eigenen Lebenswirklichkeit zu tun haben.<br />

Dass die Deutschen e<strong>in</strong> relativ distanziertes Verhältnis<br />

zu ihrer Baukultur haben, dürfte unter anderem historisch<br />

bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>. Das Thema Baukultur ist <strong>in</strong> weiten Teilen des<br />

Landes an e<strong>in</strong>e Verlusterfahrung gekoppelt. Viele Städte haben<br />

während des Zweiten Weltkriegs weite Teile ihrer Altbausubstanz<br />

verloren und wurden <strong>in</strong> aller Eile, e<strong>in</strong>em mehr<br />

oder weniger modernen Leitbild folgend, wieder aufgebaut.<br />

Wie präsent dieses Trauma des Verlustes auch heute noch<br />

ist, lassen die nicht abreißen wollenden Rekonstruktionsdebatten,<br />

die landauf, landab geführt werden, erahnen.<br />

Vielerorts wurde das Paradigma des Besser-nicht-sogenau-H<strong>in</strong>sehens<br />

bereits im Wiederaufbau <strong>in</strong> die Stadtgestalt<br />

e<strong>in</strong>geschrieben, <strong>in</strong>dem lediglich die stadtbildprägenden<br />

Baukultur <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und Deutschland<br />

21


Abb. 4


Abb. 8<br />

Abb. 9


se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t als <strong>in</strong> der deutschen Baukultur. Zu e<strong>in</strong>er radikalen<br />

Neudef<strong>in</strong>ition dessen, was öffentlicher Raum se<strong>in</strong> kann,<br />

ist es mit der jüngsten Architektur-Ikone Hels<strong>in</strong>kis, der im<br />

Dezember 2018 eröffneten Zentralbibliothek Oodi von ALA<br />

Architects, gekommen. (Abb. 8) Dass der Neubau, der als<br />

e<strong>in</strong>es der Schlüsselprojekte anlässlich des 100-jährigen Jubiläums<br />

der f<strong>in</strong>nische Unabhängigkeit geplant wurde, 17 programmatischen<br />

Charakter hat, lässt schon se<strong>in</strong>e Positionierung<br />

im Kulturviertel Hels<strong>in</strong>kis vis-à-vis des Parlamentes, <strong>in</strong><br />

unmittelbarer Nähe zu Stephen Halls 1998 fertiggestelltem<br />

Kiasma Museum of Contemporary Art und Alvar Aaltos 1971<br />

eröffneter F<strong>in</strong>landia-Halle, dem Wahrzeichen Hels<strong>in</strong>kis, erahnen.<br />

Oodi ist nicht nur e<strong>in</strong>e Ode, wie der Name übersetzt<br />

lautet, an das Buch und das Lesen, sondern, wie Tommi<br />

Laitio, Geschäftsführer des Ressorts Kultur und Freizeit der<br />

Stadt Hels<strong>in</strong>ki im Rahmen der Eröffnungsfeier sagte, ,,auch<br />

e<strong>in</strong> Symbol für die Ziele, die wir als Gesellschaft haben.“ 18<br />

Dass e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>nische Bibliothek durchaus dafür prädest<strong>in</strong>iert<br />

ist, e<strong>in</strong>e solche Bedeutungsträger<strong>in</strong> zu werden, verdeutlicht<br />

Beate Detlefs. Sie erläutert, warum Bibliotheken das Konzentrat<br />

der f<strong>in</strong>nischen Werte – soziale Begegnung, das Teilen<br />

von Ressourcen und Geme<strong>in</strong>schaftsgeist – verkörpern<br />

und stellt dar, dass das Bibliothekswesen konsequent <strong>in</strong> die<br />

nationalen Bildungs- und Kulturstrategien des Landes e<strong>in</strong>gebunden<br />

ist und e<strong>in</strong>en anderen Stellenwert <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

hat, der sich auch <strong>in</strong> den staatlichen Fördersummen<br />

spiegelt, die <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland bei 54,55 Euro pro Kopf jährlich<br />

lagen – im Vergleich dazu lag die Summe <strong>in</strong> Deutschland<br />

bei 8,21 Euro. 19 Tatsächlich setzt Oodi neue Maßstäbe und<br />

zeigt, was e<strong>in</strong>e Bibliothek <strong>in</strong> der heutigen und zukünftigen<br />

Gesellschaft leisten kann. Das Konzept ist aus e<strong>in</strong>em<br />

Partizipationsprozess hervorgegangen, <strong>in</strong> dessen Rahmen<br />

die Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger 2012 sowohl onl<strong>in</strong>e als auch<br />

Baukultur <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland und Deutschland<br />

35


Die f<strong>in</strong>nische<br />

<strong>Architekturpolitik</strong> –<br />

e<strong>in</strong> Lernprozess<br />

Das architekturpolitische Programm der f<strong>in</strong>nischen Regierung<br />

vom 17. Dezember 1998 ist e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, reich bebilderte<br />

Broschüre mit nur 28 Seiten, die – was wesentlich und auch<br />

neuartig war – durch die aktive Kooperation zweier M<strong>in</strong>isterien,<br />

des M<strong>in</strong>istry of Education (heute M<strong>in</strong>istry of Education<br />

and Culture) und des M<strong>in</strong>istry of the Environment,<br />

zustande gekommen ist. Angestoßen wurde der Prozess von<br />

den Architektenverbänden und Architektur<strong>in</strong>stitutionen, die<br />

schon <strong>in</strong> den 1980er Jahren begonnen hatten, e<strong>in</strong> architekturpolitisches<br />

Programm zu fordern. 1 Ausgeführt wurde die<br />

Arbeit unter der Leitung des National Council for Architecture<br />

und des M<strong>in</strong>istry of Education mit aktiver Unterstützung<br />

der F<strong>in</strong>nish Association of Architects SAFA. 2 Zwei<br />

Arbeitsgruppen, die vom M<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>gesetzt wurden,<br />

waren verantwortlich für die Erstellung der Inhalte: Von<br />

Februar 1996 bis Juni 1997 entwickelte die erste Kommission<br />

unter Leitung von Prof. Tore Tallqvist die Grundzüge des<br />

43


und werde fortgesetzt. Es wird jedoch explizit darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

dass nicht genügend Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

für Lehrkräfte verfügbar seien. 28 Dem Bericht ist<br />

außerdem zu entnehmen, dass die Maßnahmen 13 bis 15 nach<br />

E<strong>in</strong>schätzung der Arbeitsgruppe nicht vorangekommen s<strong>in</strong>d:<br />

Es sei bislang nicht gelungen, die Architecture Education <strong>in</strong><br />

die Erwachsenenbildung zu <strong>in</strong>tegrieren, Entscheidungsträger<strong>in</strong>nen<br />

und -träger und gewählte Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter<br />

der Kommunen fortzubilden und die Grundlagen der<br />

Architektur- und Baugeschichte <strong>in</strong> der beruflichen Ausbildung<br />

zu stärken. Auch die Maßnahme 16, <strong>in</strong> der Architekturausbildung<br />

die Möglichkeit zu schaffen, die Forschungstätigkeit<br />

durch experimentelles Planen und Bauen zu ergänzen,<br />

erfordere weitere Maßnahmen. 29<br />

Da erst neun der <strong>in</strong>sgesamt 24 Maßnahmen erfolgreich<br />

umgesetzt werden konnten, empfiehlt die Monitor<strong>in</strong>g-Group,<br />

die architekturpolitische Arbeit fortzusetzen, und schlägt<br />

neun Folgemaßnahmen vor. Dazu gehört unter anderem, alle<br />

drei Jahre e<strong>in</strong>en Bericht über die Fortschritte der Implementierung<br />

des architekturpolitischen Programms zu erstellen. 30<br />

Des Weiteren sprechen sich die Autor<strong>in</strong>nen und Autoren<br />

für die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Information and Promotion Centres<br />

für die Architektur aus, zu dessen Kernaufgaben das<br />

Fördern der f<strong>in</strong>nischen Architektur und Kultur, aber auch<br />

die Verbesserung des architektonischen Bewusstse<strong>in</strong>s gehören<br />

solle (Forderung 6). Unter 7 und 8 werden explizit die<br />

Forderungen aus dem architekturpolitischen Programm von<br />

1998 erneuert, die vorsehen, die Architecture Education <strong>in</strong><br />

den Schulcurricula, <strong>in</strong> der Erwachsenenbildung und <strong>in</strong> der<br />

Schulung von Politiker<strong>in</strong>nen und Politikern sowie Entscheidungsträger<strong>in</strong>nen<br />

und -trägern zu <strong>in</strong>tensivieren. 31<br />

E<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck davon, wie gut die Architecture Education<br />

zu dem Zeitpunkt <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland bereits aufgestellt<br />

52<br />

Die f<strong>in</strong>nische <strong>Architekturpolitik</strong> – e<strong>in</strong> Lernprozess


Abb. 12<br />

6


es auf der Webseite des M<strong>in</strong>istry of Education and Culture<br />

über den neu angestoßenen APOLI2020-Prozess heißt, aus<br />

folgendem Grund: „Während <strong>in</strong> den letzten Jahren das Programm<br />

auf der lokalen Ebene Fortschritte gemacht hat, ist<br />

das nationale Programm nie upgedatet worden.“ 52<br />

APOLI2020<br />

Im Mai 2019 wurde bekannt gegeben, dass geplant sei, die<br />

nationale <strong>Architekturpolitik</strong> e<strong>in</strong>er Revision zu unterziehen<br />

und bis zum Herbst 2020 e<strong>in</strong> neues architekturpolitisches<br />

Programm, APOLI2020, zu entwickeln. Auf die Frage, warum<br />

es e<strong>in</strong>es neuen Programmes bedürfe, antwortete Petra<br />

Havu, die als leitende M<strong>in</strong>isterialberater<strong>in</strong> im M<strong>in</strong>istry of<br />

Education and Culture, Abteilung für Kunst und Kulturpolitik<br />

verantwortlich für den APOLI2020-Prozess ist: „Hier <strong>in</strong><br />

F<strong>in</strong>nland haben wir das Problem, dass unsere <strong>Architekturpolitik</strong><br />

20 Jahre zurückliegt. Wir haben ke<strong>in</strong> Netzwerk mehr<br />

[…] 20 Jahre s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e lange Zeit. Die Gesellschaft<br />

hat sich verändert – nicht komplett, aber sie hat sich doch<br />

verändert – und wenn das Dokument so alt ist, verliert es<br />

se<strong>in</strong>e Gültigkeit, weil sich die Bed<strong>in</strong>gungen drum herum so<br />

stark verändert haben. E<strong>in</strong>e 20 Jahre alte <strong>Architekturpolitik</strong><br />

ist zu alt, um noch implementiert werden zu können – denn<br />

es ist noch nicht alles implementiert worden! […] Wir haben<br />

auch e<strong>in</strong>e neue Regierung, neue M<strong>in</strong>ister – die wollen natürlich<br />

die Politik auch verändern. H<strong>in</strong>zu kommt, dass auch<br />

andere Themen relevant s<strong>in</strong>d als vor 20 Jahre – Themen,<br />

die nicht an Regierungen gekoppelt s<strong>in</strong>d.“ 53 Havu berichtete,<br />

dass für den APOLI2020-Prozess e<strong>in</strong> komplett neues Netzwerk<br />

aufgebaut werden musste, da die Akteur<strong>in</strong>nen und Akteure,<br />

die vor 20 Jahren die <strong>Architekturpolitik</strong> entwickelten,<br />

62<br />

Die f<strong>in</strong>nische <strong>Architekturpolitik</strong> – e<strong>in</strong> Lernprozess


heute im Ruhestand seien oder woanders arbeiteten. „Wenn<br />

es ke<strong>in</strong> Netzwerk gibt, und die Leute nicht daran gewöhnt<br />

s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander zu kooperieren, ist es sehr schwierig, die<br />

richtigen Partner<strong>in</strong>nen und Partner zu f<strong>in</strong>den, um so e<strong>in</strong>e<br />

Zusammenarbeit aufzubauen. Auch <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland ist jedes<br />

M<strong>in</strong>isterium unabhängig – aber wir haben jetzt e<strong>in</strong>e gute Kooperation<br />

mit dem M<strong>in</strong>istry of Environment und haben nun<br />

die richtigen Ansprechpartner<strong>in</strong>nen und -partner gefunden,<br />

mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten. Aber am Anfang<br />

war es recht mühsam. Man muss verhandeln und Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Ebenen<br />

treffen. Es braucht e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Verständnis. Das ist<br />

zeitaufwendig, da wir natürlich alle viel auf dem Tisch haben<br />

und nur <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Schritten vorangekommen s<strong>in</strong>d.“ 54<br />

Die Webseite des M<strong>in</strong>istry of Education and Culture<br />

gibt Auskunft darüber, dass der neuen Arbeitsgruppe 21<br />

ständige Mitglieder angehören, die e<strong>in</strong> breites Spektrum an<br />

Fachwissen <strong>in</strong> Bezug auf die gebaute Umwelt mitbr<strong>in</strong>gen. 55<br />

Zusätzlich sei geplant, <strong>in</strong> dem Prozess weitere Expert<strong>in</strong>nen<br />

und Experten zu konsultieren und Interessengruppen e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Der Prozess wird geschäftsführend von Arch<strong>in</strong>fo<br />

F<strong>in</strong>land organsiert; als erste Vorsitzende der Arbeitsgruppe<br />

fungiert Riitta Kaivosoja, Generaldirektor<strong>in</strong> des M<strong>in</strong>istry<br />

of Education and Culture, die Stellvertreterposition teilen<br />

sich Petra Havu vom M<strong>in</strong>istry of Education and Culture und<br />

Harri Hakaste vom M<strong>in</strong>istry of the Environment. 56<br />

Hanna Harris, seit 2016 Direktor<strong>in</strong> von Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land,<br />

das mit der Geschäftsführung betraut ist, berichtete<br />

im persönlichen Gespräch von den langwierigen Vorarbeiten,<br />

die im Vorfeld der eigentlichen Policy-Arbeit stattfanden.<br />

Den Auftakt für die Gespräche mit dem M<strong>in</strong>istry of<br />

Education and Culture, an dem Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land andockte,<br />

bildete die Konferenz „More Architecture – Architecture as<br />

Die f<strong>in</strong>nische <strong>Architekturpolitik</strong> – e<strong>in</strong> Lernprozess<br />

63


Frage, wie und mithilfe welcher Methoden <strong>in</strong> den vergangenen<br />

20 Jahren daran gearbeitet wurde, die Architektur zur<br />

Bürgerbildung zu machen. Bevor <strong>in</strong> den folgenden Kapiteln<br />

der Fokus auf die Implementierung der Architecture Education<br />

<strong>in</strong> das Bildungssystem gerichtet wird, sollen zuvor zwei<br />

E<strong>in</strong>zelaspekte näher betrachtet werden: die E<strong>in</strong>richtung des<br />

2013 gegründeten Architecture Information Centre (Arch<strong>in</strong>fo<br />

F<strong>in</strong>land), das sich <strong>in</strong> besonderem Maße der architektonischen<br />

Bürgerbildung widmet, und das 2012 reformierte<br />

System für Architekturwettbewerbe.<br />

Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land<br />

Als größter Erfolg des architekturpolitischen Programms<br />

von 1998 kann zweifellos die Gründung des Architecture<br />

Information Centre F<strong>in</strong>land, heute Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land, im Jahr<br />

2013 bezeichnet werden, mit dem die dritte Implementierungswelle<br />

ihren Ausgang nahm. Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land ist e<strong>in</strong><br />

bemerkenswertes Lehrstück, das veranschaulicht, dass es<br />

ke<strong>in</strong>er Großimmobilien und personalstarker Institutionen<br />

bedarf, um Architektur zu kommunizieren und das baukulturelle<br />

Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft zu verbessern,<br />

sondern dass es möglich ist, mit wenig Personal große Wirkung<br />

zu erzielen, wenn es gel<strong>in</strong>gt, die Ressourcen klug e<strong>in</strong>zusetzen,<br />

Kooperationen aufzubauen und dafür zu sorgen,<br />

dass die Arbeit über Multiplikator<strong>in</strong>nen und Multiplikatoren<br />

weitergetragen wird.<br />

Mit der E<strong>in</strong>richtung von Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land wurde e<strong>in</strong>e<br />

der zentralen Forderungen der <strong>Architekturpolitik</strong> von 1998<br />

erfüllt, die Architektur als Bestandteil von Kunst und Kultur<br />

den anderen Künsten gleichzustellen 9 und ihr damit auch<br />

gleichberechtigten Zugang zu der Förderpolitik des M<strong>in</strong>istry<br />

76<br />

Architektur als Bürgerbildung


of Education and Culture zu gewähren. 10 Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land<br />

ist das jüngste von <strong>in</strong>sgesamt acht Art Information Centres,<br />

die jeweils e<strong>in</strong>er eigenen Kunstsparte – Literatur, Musik, Zirkus,<br />

Film, Tanz, Theater und zeitgenössischer Kunst – gewidmet<br />

s<strong>in</strong>d. 11 Zu se<strong>in</strong>en wichtigsten Aufgaben gehört die<br />

Architekturkommunikation, die Verbesserung des architektonischen<br />

Bewusstse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der Gesellschaft sowie die Förderung<br />

und Bewerbung der f<strong>in</strong>nischen Architektur im In- und<br />

Ausland. 12 Von Beg<strong>in</strong>n an fungierte die E<strong>in</strong>richtung auch als<br />

zentrale Anlaufstelle für den Bereich Architecture Education.<br />

So konzipiert Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land für den schulischen und außerschulischen<br />

Bereich Projekte und Konzepte, wie später<br />

noch e<strong>in</strong>gehender dargestellt wird, kommuniziert Best-<br />

Practice-Beispiele und koord<strong>in</strong>iert das Netzwerk der Akteur<strong>in</strong>nen<br />

und Akteure. 13 Darüber h<strong>in</strong>aus sammelt und veröffentlicht<br />

Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land <strong>Architekturpolitik</strong>en und bietet<br />

Städte- und Geme<strong>in</strong>devertreter<strong>in</strong>nen und -vertretern e<strong>in</strong>e<br />

Netzwerkplattform und Informationsaustausch an und sieht<br />

sich als Initiator<strong>in</strong> von Prozessen und Diskussionen. 14<br />

Wie die anderen Art Information Centres gehört Arch<strong>in</strong>fo<br />

F<strong>in</strong>land zum M<strong>in</strong>istry of Education and Culture und<br />

erhält, wie Ti<strong>in</strong>a Valpola, Gründungsdirektor<strong>in</strong> der Institution<br />

im Ruhestand, beschreibt, e<strong>in</strong>en signifikanten Teil ihrer<br />

F<strong>in</strong>anzierung vom M<strong>in</strong>isterium. „Diese umfasst sowohl<br />

die Grundlagenarbeit als auch nationale und <strong>in</strong>ternationale<br />

Projekte, muss aber jedes Jahr neu beantragt werden.“ 15 Obwohl<br />

die Art Information Centres beim M<strong>in</strong>isterium angesiedelt<br />

s<strong>in</strong>d, handelt es sich um vollkommen unabhängige<br />

Akteure, die alle <strong>in</strong> unterschiedlicher Weise an ihren eigenen<br />

Themen arbeiten. Laut Valpola bestätigte Petra Havu<br />

vom M<strong>in</strong>istry of Education and Culture, dass es zwar e<strong>in</strong>mal<br />

jährlich e<strong>in</strong> Treffen mit den Art Information Centres<br />

gebe, dass das M<strong>in</strong>isterium diese jedoch nicht kontrolliere.<br />

Architektur als Bürgerbildung<br />

77


Abb. 14


der Stadt, die zwischen 1863 und 2017 als Ergebnis von Architekturwettbewerben<br />

entstanden s<strong>in</strong>d, vorgestellt. (Abb. 14)<br />

Mari Kosk<strong>in</strong>en, die als Wettbewerbsexpert<strong>in</strong> für SAFA tätig<br />

ist, wies im persönlichen Gespräch darauf h<strong>in</strong>, dass es<br />

heute schwierig wäre, so e<strong>in</strong> System neu zu etablieren. Das<br />

Pr<strong>in</strong>zip funktioniere heute nur, weil sowohl die Klientel als<br />

auch die Planer<strong>in</strong>nen und Planer bereits daran gewöhnt seien.<br />

Heutzutage seien alle tendenziell kontrollorientierter.<br />

Die Developer wünschen laut Kosk<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en „weichen Prozess“<br />

und ziehen es vor, mit Leuten zusammenarbeiten, die<br />

sie bereits kennen. In e<strong>in</strong>em Wettbewerb habe man dagegen<br />

weniger Kontrolle – man wisse nicht, wer teilnehme und<br />

wer gew<strong>in</strong>ne, sondern nur, dass man das bestmögliche Ergebnis<br />

bekommt. Wettbewerbe seien <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland auch aus<br />

dem Grunde hochgeschätzt, da „fast jeder große Name <strong>in</strong><br />

der f<strong>in</strong>nischen Architektur durch e<strong>in</strong>en Wettbewerb se<strong>in</strong>en<br />

Durchbruch hatte. Und viele s<strong>in</strong>d zu diesem Zeitpunkt noch<br />

sehr jung gewesen.“ 33<br />

Zu den Besonderheiten des f<strong>in</strong>nischen Wettbewerbswesens<br />

gehört, dass seit 2012 im Rahmen der meisten Verfahren<br />

die e<strong>in</strong>gegangenen Beiträge im Internet der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht werden. Dass Wettbewerbsbeiträge ausgestellt<br />

werden, ist ke<strong>in</strong>e Besonderheit, sondern beispielsweise<br />

auch <strong>in</strong> den Richtl<strong>in</strong>ien für deutsche Planungswettbewerbe<br />

vorgesehen. 34 In der Regel f<strong>in</strong>den diese Präsentationen wie<br />

<strong>in</strong> Deutschland jedoch erst nach der Juryentscheidung statt.<br />

In F<strong>in</strong>nland aber werden die Beiträge der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht, bevor die Expertenjury die Pläne zu<br />

Gesicht bekommt. Die teilnehmenden Architekturbüros erklären<br />

sich damit e<strong>in</strong>verstanden, dass ihre Beiträge auf der<br />

Wettbewerbs-Webseite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />

werden und das Feedback als Input für die Beurteilung<br />

genutzt wird. 35 Über dieses außergewöhnliche Verfahren<br />

Architektur als Bürgerbildung<br />

85


sich <strong>in</strong> beiden Fächern der Pflichtstundenanteil auf zwei. Zusätzlich<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt acht Wahlpflichtkurse vorgesehen, <strong>in</strong><br />

denen die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler aus dem Gesamtspektrum<br />

der fünf Fächer wählen dürfen. Drei davon entfallen<br />

auf die Klassenstufen 1–6, wobei e<strong>in</strong>e Stunde <strong>in</strong> der 3. und<br />

zwei <strong>in</strong> der 4. Klasse absolviert werden sollen. Fünf weitere,<br />

drei <strong>in</strong> der 8. und zwei <strong>in</strong> der 9. Klasse, entfallen auf die<br />

sogenannte Lower Secondary Education. 24 Theoretisch ist<br />

es also möglich, dass die Schüler nach der 7. Klasse ke<strong>in</strong>en<br />

Kunstunterricht mehr haben, da er von da an nicht mehr<br />

obligatorisch ist.<br />

Da die Stadt Kuopio 2007 bereits <strong>in</strong> ihrer ersten lokalen<br />

<strong>Architekturpolitik</strong> unter Maßnahme 16 das Ziel verfolgte, die<br />

Architecture Education <strong>in</strong> Schulen, K<strong>in</strong>dergärten und <strong>in</strong> der<br />

Berufsausbildung zu verbessern, 25 und dieses Ziel auch <strong>in</strong><br />

der zweiten Auflage der <strong>Architekturpolitik</strong> von 2017 erneuert<br />

wurde, 26 ist davon auszugehen, dass im Rahmen des Unterrichts<br />

<strong>in</strong> Visual Arts oder Crafts die Themen Architektur und<br />

Built Environment durchaus e<strong>in</strong>e Rolle spielen werden. Dass<br />

Schulen für die Vermittlung baukultureller Inhalte auch Kooperationen<br />

mit externen Partner<strong>in</strong>nen und Partnern oder<br />

E<strong>in</strong>richtungen suchen, g<strong>in</strong>g auch aus den Gesprächen mit<br />

den Gründer<strong>in</strong>nen der beiden Architekturschulen für K<strong>in</strong>der<br />

hervor. Pihla Meskanen, Gründer<strong>in</strong> von ARKKI, berichtete<br />

davon, dass ihre Schule mit Hels<strong>in</strong>kis Nachbarstädten Espoo<br />

und Vantaa im Rahmen des Cultural Education Plans kooperiere.<br />

Von beiden Städten wird ARKKI seit fünf Jahren laut<br />

Meskanen für die Kooperation bezahlt, die für die Schulen<br />

schließlich kostenlos ist. Auch Mervi Eskel<strong>in</strong>en, Leiter<strong>in</strong> der<br />

Lastu School <strong>in</strong> Lap<strong>in</strong>lahti, berichtete im Gespräch von e<strong>in</strong>er<br />

Kooperation mit e<strong>in</strong>er Upper Secondary School <strong>in</strong> Lap<strong>in</strong>lahti,<br />

die regelmäßig durchgeführt werde, sofern sich genügend<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler anmeldeten. Wie flexibel das<br />

106<br />

Architektur im f<strong>in</strong>nischen Bildungssystem


System der Wochenarbeitsstunden ausgelegt werden kann,<br />

zeigt sich <strong>in</strong> ihrer Darstellung auf die Frage, welchen Umfang<br />

diese Kurse haben: „Das Schuljahr ist unterteilt <strong>in</strong> fünf<br />

Phasen und davon unterrichten wir e<strong>in</strong>e, so dass wir auf<br />

etwa fünf Stunden Unterricht pro Woche kommen.“ 27 Wenn<br />

also laut Stundenverteilungsplan <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jahrgangsstufe e<strong>in</strong>e<br />

Wochenstunde Visual Arts vorgesehen ist, heißt das nicht,<br />

dass die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler e<strong>in</strong>mal pro Woche für 45<br />

M<strong>in</strong>uten Kunstunterricht haben, sondern die Stunden lassen<br />

sich clustern, wie es beispielsweise auch aus dem sogenannten<br />

Epochenunterricht der Waldorfschulen bekannt ist, so<br />

dass e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Arbeit möglich wird.<br />

Obwohl es auf den ersten Blick so ersche<strong>in</strong>t, als habe<br />

die Architecture Education im Rahmen des neuen National<br />

Core Curriculum for Basic Education e<strong>in</strong>e Kürzung erfahren,<br />

wurde <strong>in</strong> Gesprächen mit Hanna Harris, Lotta Leskelä,<br />

Jaana Räsänen, Pihla Meskanen und Mervi Eskel<strong>in</strong>en deutlich,<br />

dass das neue Curriculum mit Verweis auf die neu geschaffenen<br />

„multidiszipl<strong>in</strong>ären Lernmodule“ auch Potenziale<br />

für die Architecture Education birgt. Diese bieten „exzellente<br />

Möglichkeiten [...] für Kooperationen zwischen der Schule<br />

und der Gesellschaft drum herum“ 28 . So berichtete Pihla<br />

Meskanen beispielsweise von e<strong>in</strong>er Kooperation mit e<strong>in</strong>er<br />

Schule <strong>in</strong> Mittelf<strong>in</strong>nland, die Architektur als Fach e<strong>in</strong>richten<br />

wollte. „Sie haben das neue Curriculum so <strong>in</strong>terpretiert, dass<br />

sie verschiedene Wahlfächer angeboten haben. Wir haben<br />

daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Lehrplan mit ihnen entwickelt und hatten<br />

im ersten Jahr e<strong>in</strong>mal pro Woche jeweils für vier Stunden<br />

e<strong>in</strong>en Architekten dort. Inzwischen führen die Lehrkräfte den<br />

Unterricht mit dem geme<strong>in</strong>sam erarbeiteten Material alle<strong>in</strong><br />

weiter.“ E<strong>in</strong> ganz ähnliches Projekt betreue ARKKI derzeit<br />

auch an e<strong>in</strong>er Schule <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>ki <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von der Regierung<br />

unterstützten Projekt, das <strong>in</strong> drei Klassen stattf<strong>in</strong>de. „Jeden<br />

Architektur im f<strong>in</strong>nischen Bildungssystem<br />

107


Freitag gehen Architekt<strong>in</strong>nen und Architekten <strong>in</strong> den Unterricht<br />

und arbeiten dort den ganzen Tag geme<strong>in</strong>sam mit den<br />

Lehrkräften. Es werden dann ke<strong>in</strong>e Fächer unterrichtet, sondern<br />

sie verb<strong>in</strong>den über die Architektur andere Inhalte mite<strong>in</strong>ander.“<br />

29 Außerdem sieht das Curriculum vor, wie Räsänen<br />

bemerkt, dass alle möglichen Umgebungen als Lernumgebungen<br />

genutzt werden. 30 So sollen laut Curriculum für die Basic<br />

Education nicht nur die Innen- und Außene<strong>in</strong>richtungen der<br />

Schule genutzt werden, sondern auch die Natur und die gebaute<br />

Umgebung, 31 was der Architecture Education wiederum<br />

neue Möglichkeiten offeriert. 32<br />

Dass an den Schulen die Architektur auch ohne explizite<br />

Erwähnung <strong>in</strong> den National Core Curricula durchaus<br />

präsent zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, mag zum e<strong>in</strong>en darauf zurückzuführen<br />

se<strong>in</strong>, dass sie <strong>in</strong> den vergangenen 20 Jahren <strong>in</strong>folge<br />

der <strong>Architekturpolitik</strong> von 1998 begonnen hat, e<strong>in</strong>en relativ<br />

selbstverständlichen Part <strong>in</strong>nerhalb der Kunsterziehung<br />

e<strong>in</strong>zunehmen. Es wird aber auch der Tatsache geschuldet<br />

se<strong>in</strong>, dass Architektur und Architekturgeschichte aufgrund<br />

ihrer herausragenden Bedeutung für den Nation-Build<strong>in</strong>g-Prozess<br />

traditionell gut verankert s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der f<strong>in</strong>nischen<br />

Lehrkräftebildung. So berichtete Riikka Mäkikoskela,<br />

Geschäftsführende Direktor<strong>in</strong> der F<strong>in</strong>nish Association of<br />

Art Schools for Children and Young People, an der University<br />

of Hels<strong>in</strong>ki sei der Fachbereich Kunstgeschichte stark<br />

auf Architekturgeschichte ausgerichtet: „Die Studierenden<br />

beklagen sich manchmal, dass sie hauptsächlich Architektur-<br />

und Kunstgeschichte studieren.“ 33 E<strong>in</strong>en hohen Architekturgeschichtsanteil<br />

<strong>in</strong> der Kunstgeschichte im Rahmen<br />

des Lehramtsstudiums Kunst bestätigten auch Lotta Leskelä,<br />

Kurator<strong>in</strong> der Bildungsabteilung im Alvar Aalto Museum<br />

<strong>in</strong> Jyväskylä, die an der University of Lappland <strong>in</strong> Rovaniemi<br />

ausgebildet wurde, 34 und Henna Haavisto, die als<br />

108<br />

Architektur im f<strong>in</strong>nischen Bildungssystem


Kunstlehrer<strong>in</strong> an der Aur<strong>in</strong>kolahti Primary School <strong>in</strong> Vuosaari<br />

tätig ist und an der Aalto University <strong>in</strong> Espoo studierte.<br />

Auch sie habe viel Architekturgeschichte studiert, berichtete<br />

Haavisto – am meisten über Stadt und Architektur habe sie<br />

jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sem<strong>in</strong>ar über Environmental Education gelernt,<br />

das e<strong>in</strong> Pflichtkurs im Lehramtsstudium gewesen sei<br />

und s<strong>in</strong>ngemäß „Space and Environment“ hieß: „Wir haben<br />

viel <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>ki-City studiert, haben uns die Architektur angesehen<br />

und haben Vorlesungen darüber bekommen, wie<br />

und von wem die Architektur Hels<strong>in</strong>kis gebaut wurde, und<br />

s<strong>in</strong>d durch verschiedene Zeiten und Stiele gegangen. Es war<br />

e<strong>in</strong> größerer Kurs, e<strong>in</strong> Vier-Credits-Kurs, denke ich. Es gab<br />

Exkursionen und wir lernten verschiedene Räume, Gebäude<br />

und e<strong>in</strong>ige Architekt<strong>in</strong>nen und Architekten kennen, die über<br />

ihre Projekte gesprochen haben, s<strong>in</strong>d aber auch an die wichtigsten<br />

Gesetze herangeführt worden, die man kennen muss,<br />

wenn es um Architektur geht.“ 35 Mikko Hartika<strong>in</strong>en von der<br />

F<strong>in</strong>nish National Agency of Education betonte zudem im Gespräch,<br />

die Kunstlehrerausbildung <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland sei traditionell<br />

immer schon breit ausgerichtet gewesen. Es handele<br />

sich weniger um e<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>e-Art-Ausbildung, sondern vielmehr<br />

um e<strong>in</strong>e Visual Culture Education. In diesem Rahmen habe<br />

beispielsweise die Environmental Education seit den späten<br />

1960er, frühen 1970er Jahren immer e<strong>in</strong>e herausragende Rolle<br />

e<strong>in</strong>genommen, die, wie auch Pirkko Pohjakallio-Kosk<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong> ihrem 2010 erschienenen Artikel „Mapp<strong>in</strong>g Environmental<br />

Education Approaches <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nish Art Education“ beschreibt,<br />

seit 1970 unterschiedlichsten Wandlungen unterlag. 36<br />

Zu den Überraschungen, welche die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit dem f<strong>in</strong>nischen Schulsystem <strong>in</strong> Bezug auf die Architecture<br />

Education zutage brachte, gehört die Erkenntnis,<br />

dass der Kunstunterricht im f<strong>in</strong>nischen Schulsystem weniger<br />

präsent ist, als geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> angenommen wird. So hat das<br />

Architektur im f<strong>in</strong>nischen Bildungssystem<br />

109


Deutschland genau umgekehrt. Es mutet fast überraschend<br />

an, dass die Baukulturelle Bildung <strong>in</strong> den Rahmenlehrplänen<br />

präsent ist, da sie im realen Schulleben nach wie<br />

vor kaum Berücksichtigung f<strong>in</strong>det. Zwar steht e<strong>in</strong>e Studie<br />

zur Situation der Baukulturellen Bildung an deutschen<br />

Schulen gegenwärtig noch aus, so dass kaum zuverlässige<br />

Aussagen über Qualität und Quantität der Architektur<br />

vermittlung möglich s<strong>in</strong>d. Es kann jedoch angenommen<br />

werden, dass die Situation annähernd vergleichbar se<strong>in</strong><br />

dürfte mit jener an Schweizer Schulen, <strong>in</strong> denen Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler, wie e<strong>in</strong>e Studie jüngst zutage gebracht<br />

hat, höchstens punktuell mit Themen der Baukulturellen<br />

Bildung <strong>in</strong> Berührung kommen. 68 Da die Baukulturelle<br />

Bildung <strong>in</strong> Deutschland bislang mehr oder weniger<br />

ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die Lehrkräftebildung gefunden hat, ist<br />

es gegenwärtig vom privaten Interesse der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Lehrkräfte abhängig, ob Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler im<br />

Laufe ihrer Schulzeit im regulären Unterricht mit Architektur<br />

oder Baukultur <strong>in</strong> Berührung kommen. E<strong>in</strong>zig<br />

die Bauhaus-Universität Weimar unterhielt lange Zeit<br />

e<strong>in</strong>e vorbildliche Kooperation zwischen dem Studiengang<br />

Architektur und dem künstlerischen Lehramt, 69 die<br />

jedoch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall geblieben ist und derzeit nur noch<br />

rudimentär <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>gvorlesung zu existieren<br />

sche<strong>in</strong>t.<br />

Das Curriculum für die Basic Education <strong>in</strong> the Arts<br />

zeigt außerdem, dass die Architecture Education <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

<strong>in</strong>haltlich erheblich weiter gefasst ist als das, was gegenwärtig<br />

<strong>in</strong> Deutschland unter dem Schlagwort Baukulturelle<br />

Bildung firmiert. Architecture Education ist <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

122


tatsächlich als Civic Education angelegt und darauf ausgerichtet,<br />

e<strong>in</strong>e baukulturelle Allgeme<strong>in</strong>bildung <strong>in</strong> die<br />

Gesellschaft zu tragen, die es bedarf, um Verantwortung<br />

<strong>in</strong> Planungsprozessen, welche die eigene Umgebung<br />

betreffen, übernehmen oder den Schutz des gebauten Erbes<br />

gewährleisten zu können, wie es im „Land Use and<br />

Build<strong>in</strong>g Act“, aber auch im Grundrechtekatalog der Verfassung<br />

festgelegt ist. Im Gegensatz dazu wird die<br />

Baukulturelle Bildung <strong>in</strong> Deutschland zum großen Teil<br />

noch mit dem Basteln, Bauen und Konstruieren gleichgesetzt,<br />

was auch die Angebote, die <strong>in</strong> der 2019 erschienenen<br />

Studie der Wüstenrot Stiftung Bildungsorte und<br />

Lernwelten der Baukultur porträtiert werden, größtenteils<br />

spiegeln. 70 Dieser Zugang hat zweifellos e<strong>in</strong>e Berechtigung,<br />

da das Basteln und Bauen zu den zentralen ästhetischen<br />

Praktiken gehört, mit denen sich K<strong>in</strong>der die Welt<br />

aneignen und erkunden. Es wäre jedoch zu begrüßen,<br />

wenn die Projekte stärker mit baukulturellen Inhalten und<br />

Lernzielen verbunden würden und, wie <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland,<br />

stärker darauf fokussieren, e<strong>in</strong> übergeordnetes Verständnis<br />

für den gebauten Raum und die Architektur zu fördern.<br />

Auffällig ist <strong>in</strong>sgesamt, dass <strong>in</strong> den deutschen Projekten<br />

und Konzepten die Perspektive K<strong>in</strong>d viel zu selten Berücksichtigung<br />

f<strong>in</strong>det. Dabei br<strong>in</strong>gen K<strong>in</strong>der bereits umfangreiches<br />

Wissen über Architektur und gebauten Raum<br />

mit und s<strong>in</strong>d sowohl <strong>in</strong> ihren Wohnumfeldern als auch<br />

<strong>in</strong> der Schule Spezialisten für den gebauten Raum.<br />

Zu begrüßen ist aber, dass <strong>in</strong> den letzten Jahren auch <strong>in</strong><br />

Deutschland immer häufiger das Potenzial des realen<br />

Stadtraums als Lernort entdeckt und zunehmend <strong>in</strong> die<br />

Projekte e<strong>in</strong>bezogen wurde. 71<br />

123


Institutionen der<br />

Architecture Education<br />

Architecture Education<br />

an den Universitäten<br />

Die Architecture Education ist an den f<strong>in</strong>nischen Universitäten<br />

respektive <strong>in</strong> den Lehramtsstudiengängen weniger<br />

gut verankert, als es angesichts der Rolle, welche die Architektur<br />

im Bildungssystem e<strong>in</strong>nimmt, zu erwarten wäre. 1<br />

Mehrere der befragten Akteur<strong>in</strong>nen und Akteure gaben an,<br />

es gebe an dieser Stelle noch großen Bedarf, und äußerten<br />

sich ähnlich wie Pihla Meskanen: „Die Universitäten waren<br />

immer abgeschlossene E<strong>in</strong>heiten, die sich eigenständig für<br />

ihre Themen entschieden haben. Wir haben nur drei Universitäten<br />

für Architektur und vielleicht drei oder vier für<br />

das Lehramtsstudium.“ 2 Zwar ist deutlich geworden, dass<br />

die Architekturgeschichte, wie bereits im 4. Kapitel beschrieben,<br />

e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert <strong>in</strong>nerhalb der Ausbildung von<br />

Kunstlehrenden hat und es auch Lehrveranstaltungen im<br />

Bereich der Built Environment Education gibt. E<strong>in</strong>e systematische<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Architecture Education <strong>in</strong> das<br />

Lehramtsstudium, wie <strong>in</strong> der <strong>Architekturpolitik</strong> von 1998<br />

129


Abb. 19


Jüngere Tendenzen der f<strong>in</strong>nischen<br />

Architecture Education<br />

Welche Methoden und Strategien gegenwärtig <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland<br />

genutzt werden, um Architektur zu vermitteln, lässt<br />

sich auch am Beispiel der beiden bedeutendsten Architekturmuseen<br />

des Landes studieren, dem Museum of F<strong>in</strong>nish<br />

Architecture <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>ki und dem Alvar Aalto Museum <strong>in</strong><br />

Jyväskylä. Beide Institutionen bieten e<strong>in</strong> umfangreiches<br />

Vermittlungsprogramm für K<strong>in</strong>der und Jugendliche an und<br />

schulen Multiplikator<strong>in</strong>nen und Multiplikatoren, respektive<br />

Lehrkräfte. Das Museum of F<strong>in</strong>nish Architecture hat seit<br />

2019 e<strong>in</strong>en neu gestalteten frei zugänglichen Bildungsraum,<br />

den A&0-Raum, <strong>in</strong> dem aber auch diverse Aktionen und<br />

Workshops stattf<strong>in</strong>den, zum Beispiel e<strong>in</strong> regelmäßig angebotener<br />

Toddler-Kurs für Eltern mit Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern oder der traditionell<br />

im Dezember stattf<strong>in</strong>dende Lebkuchenworkshop,<br />

<strong>in</strong> dessen Rahmen 300 K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e Lebkuchenmodellstadt<br />

im Stil der 1960er Jahre bauen, die schließlich im Foyer des<br />

Museums ausgestellt wird. 30 Darüber h<strong>in</strong>aus werden laut Arja-<br />

Liisa Kaas<strong>in</strong>en, Leiter<strong>in</strong> der Abteilung Zusammenarbeit und<br />

Engagement, Schülerworkshops für alle Altersstufen angeboten<br />

und kostenlose Informationsmaterialien für Lehrkräfte<br />

zum Herunterladen zur Verfügung gestellt, die sich für<br />

den eigenständigen Gebrauch im Unterricht <strong>in</strong> den unterschiedlichsten<br />

Klassenstufen eignen. Zum Angebot gehört<br />

laut Kaas<strong>in</strong>en auch e<strong>in</strong> Onl<strong>in</strong>espiel, <strong>in</strong> dem K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

ihr stilistisches Wissen bezüglich moderner Architektur<br />

testen und gegene<strong>in</strong>ander antreten können. 31 Neben<br />

diesem Aktionsprogramm, das so oder ähnlich durchaus<br />

zu erwarten wäre, f<strong>in</strong>den sich unter den Lehrmaterialien,<br />

die auf der Webseite heruntergeladen werden können, zwei<br />

bemerkenswerte Konzepte, die zeigen, dass das Museum of<br />

Institutionen der Architecture Education<br />

143


und Lohja 2009 und Lahti und<br />

Hels<strong>in</strong>ki im Jahr 2010.<br />

Die Region Satakunta startete<br />

2013 die dritte Welle der lokalen<br />

<strong>Architekturpolitik</strong>en. Sie stimmte<br />

mit der bisherigen Politik übere<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong>dem sie Ziele und Maßnahmen<br />

zur Förderung der Architecture<br />

Education festlegte. Auf Satakunta<br />

folgte 2014 das lokale Programm<br />

der Region Uusimaa, die zweite<br />

Runde von architekturpolitischen<br />

Programmen <strong>in</strong> Vantaa 2015 und<br />

Kuopio 2017 und schließlich<br />

die Policy der Stadt Kirkkonummi<br />

2017 und die zweite <strong>Architekturpolitik</strong><br />

<strong>in</strong> Jyväskylä 2019. Zum<br />

Zeitpunkt der dritten Welle war die<br />

Architecture Education bereits<br />

e<strong>in</strong> anerkannter Bildungsbereich,<br />

der als Mittel zur Schaffung e<strong>in</strong>es<br />

besseren Verständnisses der<br />

gebauten Umwelt und zur Entwicklung<br />

partizipativer Fähigkeiten<br />

anerkannt war. Die jüngsten<br />

<strong>Architekturpolitik</strong>en nahmen das<br />

als Ausgangspunkt. Statt Maßnahmen<br />

der Architecture Education<br />

vorzuschreiben, nutzten sie jene<br />

Methoden und bezogen K<strong>in</strong>der und<br />

Erwachsene <strong>in</strong> den Gestaltungsprozess<br />

lokaler <strong>Architekturpolitik</strong><br />

mit e<strong>in</strong>.<br />

Die <strong>Architekturpolitik</strong> von<br />

Lahti besagt e<strong>in</strong>deutig, dass die<br />

Stadt die Verantwortung für<br />

die Entwicklung der Architecture<br />

Education übernimmt. 10 In den<br />

anderen kommunalen und regionalen<br />

Politiken der 2000er und<br />

2010er Jahre wurden sechs<br />

Hauptentwicklungsbereiche für<br />

die Architecture Education<br />

anerkannt:<br />

VERNETZUNG<br />

+ Nutzung der bestehenden und<br />

Schaffung neuer Netzwerke<br />

zur Entwicklung der Architecture<br />

Education 11<br />

+ Förderung der Zusammenarbeit<br />

zwischen verschiedenen<br />

Fachgebieten; lokal, national und<br />

<strong>in</strong>ternational 12<br />

ARCHITEKTUR IN<br />

SCHULEN<br />

+ Stärkung des Status der<br />

Architecture Education <strong>in</strong> allen<br />

Stufen vom K<strong>in</strong>dergarten bis zur<br />

Sekundarstufe II 13<br />

+ Architektur nicht nur im Kunst-<br />

unterricht und der Environmental<br />

Education diskutieren, sondern<br />

sie auch an verschiedene andere<br />

Schulfächer anpassen 14<br />

+ E<strong>in</strong>beziehung lokaler Architekt<strong>in</strong>nen<br />

und Architekten sowie Planer und<br />

Planer<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> den Schulunterricht 15<br />

+ Potenziale von Schulen, die sich auf<br />

Architektur spezialisieren,<br />

erkennen 16<br />

164


UNTERRICHTSMATERIAL<br />

+ Erfassung und Nutzung von<br />

vorhandenem Lehrmaterial, andere<br />

darüber <strong>in</strong>formieren und neues<br />

Material entwickeln 17<br />

+ Veröffentlichung von Karten und<br />

Architekturführern, welche die<br />

lokale Architektur vorstellen und<br />

die gebaute Umgebung als<br />

Lehrmaterial nutzen 18<br />

ARCHITEKTUR ALS HOBBY<br />

+ Entwicklung der Architecture<br />

Education als außerschulische<br />

Aktivität an Visual-Arts-Schools,<br />

<strong>in</strong> Jugendclubs, Sommerkursen<br />

und Ferienlagern etc. 19<br />

+ Beg<strong>in</strong>n der Architecture Education<br />

im Rahmen der Basic Education<br />

<strong>in</strong> the Arts 20<br />

PARTIZIPATORISCHE<br />

FÄHIGKEITEN<br />

+ Entwicklung von Fähigkeiten zur<br />

Interaktion und Partizipation;<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen<br />

Möglichkeiten anbieten, <strong>in</strong> ihrem<br />

eigenen Umfeld etwas zu bewirken 21<br />

AUSBILDUNG VON<br />

LEHRKRÄFTEN<br />

+ Weiterentwicklung der Lehrkräftefortbildung<br />

und Ermutigung<br />

angehender Lehrkräfte, die<br />

Architektur- und Umwelterziehung<br />

an den Schulen umzusetzen 22<br />

Die Auswirkungen<br />

der <strong>Architekturpolitik</strong> der<br />

2000er Jahre auf die<br />

Architecture Education<br />

Vergleicht man die Ziele und Maßnahmen<br />

der ersten beiden Wellen<br />

der <strong>Architekturpolitik</strong> mit dem, was<br />

tatsächlich im Bereich der Architecture<br />

Education geschehen ist, so<br />

sche<strong>in</strong>t es offensichtlich, dass<br />

diese Politik Auswirkungen hatte.<br />

E<strong>in</strong> Bericht, der auf e<strong>in</strong>er landesweiten<br />

Umfrage aus dem Jahr 2000<br />

basiert, stellt 200 Initiativen <strong>in</strong><br />

F<strong>in</strong>nland vor, <strong>in</strong> denen Architecture<br />

Education im Rahmen der<br />

formalen Ausbildung sowie durch<br />

Aktivitäten verschiedener geme<strong>in</strong>nütziger<br />

Organisationen durchgeführt<br />

wurde. 23 Es folgte e<strong>in</strong>e<br />

Phase der aktiven Vernetzung. Das<br />

nationale Netzwerk Arkas und<br />

das <strong>in</strong>ternationale Netzwerk Playce<br />

wurden gegründet und führten<br />

die Debatte weiter. Nachdem im<br />

Bereich der K<strong>in</strong>derkultur 2003<br />

e<strong>in</strong> eigenes politisches Programm<br />

veröffentlicht wurde, entstand<br />

e<strong>in</strong> Netzwerk von 20 K<strong>in</strong>derkulturzentren<br />

(31 im Jahr 2019) im<br />

ganzen Land, welches die Umsetzung<br />

von Kultur für alle K<strong>in</strong>der<br />

fördern soll. In diesem Netzwerk ist<br />

der Bereich Architektur durch<br />

die Lastu School vertreten, die sich<br />

165


von e<strong>in</strong>er lokalen Akteur<strong>in</strong> zu<br />

e<strong>in</strong>em regionalen K<strong>in</strong>derkulturzentrum<br />

entwickelte. 24 Das jüngste<br />

Netzwerk, das Verantwortung für<br />

die Entwicklung der Architecture<br />

Education übernimmt, ist das<br />

Netzwerk der Alvar Aalto Cities. 25<br />

Die Position der Architecture<br />

Education an den Schulen wurde<br />

gestärkt, als 2003 e<strong>in</strong> obligatorischer<br />

Architekturkurs „Environment,<br />

place and space“ 26 <strong>in</strong> den Lehrplan<br />

für Visual Arts der Oberstufe<br />

aufgenommen wurde, gefolgt von<br />

e<strong>in</strong>em Pflichtkurs „Environmental<br />

aesthetics, architecture, and<br />

design“ 27 für die Klassenstufen 1–7<br />

im Jahr 2004. Auch Themen,<br />

welche die Inhalte und Ziele von<br />

Schulfächern wie „Responsibility<br />

for the Environment, Wellbe<strong>in</strong>g<br />

and Susta<strong>in</strong>able Future“ <strong>in</strong>tegrierten,<br />

schufen Möglichkeiten, die<br />

Architektur <strong>in</strong> den Projektwochen<br />

der Schulen <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />

zu stellen. Das National Core<br />

Curriculum for Basic Education<br />

wurde 2016 erneuert. Anfangs<br />

schien es, als sei die Position der<br />

Architecture Education geschwächt<br />

worden, da der neue Lehrplan<br />

ke<strong>in</strong>e 'Pflichtkurse und nicht<br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e explizite Erwähnung<br />

von Architektur vorsah. Jetzt,<br />

Ende 2019, ermutigt der neue<br />

Lehrplan jedoch dazu, alle Arten<br />

von Umgebungen als Lernumgebung<br />

zu nutzen, und verpflichtet<br />

die Schulen auch, zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>en Teil ihres Unterrichts als<br />

fächerübergreifende Module zu<br />

gestalten. 28 Dies wird als<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>spirierende Möglichkeit<br />

gesehen, Architektur <strong>in</strong> verschiedene<br />

Schulfächer zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

E<strong>in</strong>e neue Phase der Entwicklung<br />

hat begonnen.<br />

Die F<strong>in</strong>nish Association of<br />

Architects SAFA hat auf den Bedarf<br />

an neuem Lehrmaterial<br />

reagiert und 2005 e<strong>in</strong>e Webseite für<br />

die Architecture Education veröffentlicht,<br />

gefolgt von zwei Lehrbüchern.<br />

Das erste untersucht<br />

Architektur auf verschiedenen<br />

Umweltebenen, 29 der zweite Band<br />

führt <strong>in</strong> grundlegende Konzepte<br />

der Architektur e<strong>in</strong>. 30 Im Anschluss<br />

daran haben die verschiedenen<br />

Schulen und Institutionen<br />

wie ARKKI und Lastu – und heute<br />

vor allem das Museum for F<strong>in</strong>nish<br />

Architecture und das Alvar Aalto<br />

Museum – pädagogisches Material<br />

für den öffentlichen Gebrauch<br />

erstellt.<br />

Seitdem die nationale <strong>Architekturpolitik</strong><br />

und der „Land Use and<br />

Build<strong>in</strong>g Act“ 1999 die Bürger<strong>in</strong>nen<br />

und Bürger zur Teilnahme an<br />

Entscheidungsprozessen, die ihr<br />

eigenes Lebensumfeld betreffen,<br />

166


aufgefordert haben, ist die Architecture<br />

Education als nützliches<br />

Mittel anerkannt, um die für<br />

gesellschaftliche Teilhabe erforderlichen<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

zu erwerben. Die meisten<br />

Akteur<strong>in</strong>nen und Akteure im<br />

Bereich Architecture Education<br />

trugen zur Entwicklung von<br />

partizipativen Methoden und Prozessen<br />

bei. Die nationalen<br />

und regionalen Arts Councils und<br />

andere öffentlichen Geldgeber<strong>in</strong>nen<br />

und Geldgeber unterstützten<br />

diese Entwicklung durch die<br />

Lancierung und F<strong>in</strong>anzierung zahlreicher<br />

Projekte und durch<br />

die E<strong>in</strong>richtung von Stellen für<br />

regionale Kunstschaffende, die sich<br />

sowohl der Förderung der Architecture<br />

Education als auch partizipativer<br />

Prozesse widmen.<br />

Das neue National Core<br />

Curriculum for Basic Education hat<br />

die Arbeit der Lehrkräfte verändert<br />

und e<strong>in</strong>en Erneuerungsprozess<br />

<strong>in</strong> Bezug auf die Lehrkräftebildung<br />

an den Universitäten e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass der Architektur<br />

und der gebauten Umwelt<br />

<strong>in</strong> diesem Prozess genügend<br />

Aufmerksamkeit geschenkt wird.<br />

Bisher haben Lehrende den<br />

Großteil ihres Wissens und ihrer<br />

Erfahrung aus ergänzenden<br />

und optionalen Fortbildungen<br />

gewonnen, die von verschiedenen<br />

Organisationen im Bereich Bildung<br />

und Kultur gestaltet wurden.<br />

Fazit<br />

Die Wirkmacht der nationalen<br />

<strong>Architekturpolitik</strong> ruht auf den<br />

Worten des Premierm<strong>in</strong>isters – auf<br />

die nicht nur <strong>in</strong> der regionalen<br />

und kommunalen <strong>Architekturpolitik</strong>,<br />

sondern auch <strong>in</strong> zahlreichen<br />

anderen Gesetzgebungen, Strategien,<br />

Vorträgen und Papieren<br />

sowie <strong>in</strong> Diskussionen und Debatten<br />

Bezug genommen wurde.<br />

Durch all diese Maßnahmen<br />

verbreitete sich die Botschaft über<br />

die Bedeutung der Architecture<br />

Education auf verschiedenen<br />

Ebenen und <strong>in</strong> verschiedenen Bereichen<br />

der Gesellschaft.<br />

Die Wirkmacht aller lokalen<br />

Beschlüsse basiert auf dem engagierten<br />

Prozess, durch den sie<br />

konzipiert werden. Die beteiligten<br />

Personen haben sich unermüdlich<br />

und engagiert für die Erfüllung<br />

der vere<strong>in</strong>barten Ziele e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Die Entscheidungsträger<strong>in</strong>nen und<br />

-träger s<strong>in</strong>d sich der Architecture<br />

Education und ihres Potenzials bewusst<br />

geworden. Im Laufe der Jahre<br />

haben die Kommunen, Städte und<br />

Regionen Architekturvermittler<strong>in</strong>nen<br />

167


ist, das nahezu alle Bereiche des Zusammenlebens betrifft.<br />

Je mehr Ressorts, Institutionen, Verbände und Akteur<strong>in</strong>nen<br />

und Akteure <strong>in</strong> den Prozess e<strong>in</strong>gebunden werden, umso<br />

wahrsche<strong>in</strong>licher ist, dass sie später die Bereitschaft zeigen,<br />

sich aktiv an der Umsetzung zu beteiligen und diese<br />

mitzutragen.<br />

Um so viele Akteur<strong>in</strong>nen und Akteure wie möglich aktiv<br />

<strong>in</strong> den Prozess e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den zu können, ist es empfehlenswert,<br />

wie <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland die Ergebnisse der Arbeitsgruppe e<strong>in</strong>em<br />

erweiterten Akteurskreis zur Kommentierung vorzulegen.<br />

Das Beispiel F<strong>in</strong>nland lehrt, dass es s<strong>in</strong>nvoll ist, Verantwortlichkeiten<br />

<strong>in</strong> den Leitl<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>deutig zu def<strong>in</strong>ieren<br />

und entsprechend zu adressieren.<br />

* * *<br />

Die Verabschiedung der Baukulturellen Leitl<strong>in</strong>ien des<br />

Bundes sollte nicht als das Ende des Prozesses, sondern als<br />

der eigentliche Auftakt betrachtet werden, mit dem die<br />

Zusammenarbeit zwischen den M<strong>in</strong>isterien, den Akteur<strong>in</strong>nen<br />

und Akteuren und Interessenverbänden aus der Politik<br />

und Zivilgesellschaft erst beg<strong>in</strong>nt.<br />

Die Erfahrungen aus F<strong>in</strong>nland zeigen, dass es s<strong>in</strong>nvoll wäre,<br />

den Prozess im regelmäßigen Turnus – etwa alle drei<br />

oder vier Jahre – zu evaluieren und die Leitl<strong>in</strong>ien auf dieser<br />

Basis e<strong>in</strong>er regelmäßigen Revision zu unterziehen. Dadurch<br />

wird gewährleistet, dass der Leitl<strong>in</strong>ienprozess e<strong>in</strong> vitaler<br />

Lernprozess bleibt.<br />

178


Es braucht durchgehend Verantwortliche, die sich des<br />

Themas annehmen, um e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen Umsetzungsprozess<br />

und e<strong>in</strong>e regelmäßige Weiterentwicklung der<br />

Leitl<strong>in</strong>ien zu unterstützen; um die Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>in</strong> den Bundesländern, Regionen oder Kommunen vorzunehmen;<br />

und um bei der Entwicklung lokaler Leitl<strong>in</strong>ien<br />

und deren Revision Beratung und Hilfestellung geben zu<br />

können. In F<strong>in</strong>nland wurde dazu zunächst die Stelle e<strong>in</strong>es<br />

Special Advisors for Architecture (2004–2012) e<strong>in</strong>gerichtet,<br />

bevor Arch<strong>in</strong>fo F<strong>in</strong>land den Prozess fachlich begleitete.<br />

* * *<br />

Um das baukulturelle Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

langfristig zu verbessern, sollte <strong>in</strong> den Baukulturellen<br />

Leitl<strong>in</strong>ien des Bundes die Empfehlung ausgesprochen<br />

werden, die Baukulturelle Bildung systematischer <strong>in</strong> das<br />

Bildungssystem zu <strong>in</strong>tegrieren. Den effizientesten und<br />

demokratischsten Weg bietet die Integration der Baukulturellen<br />

Bildung <strong>in</strong> das Schulsystem, was <strong>in</strong> den deutschen<br />

Rahmenlehrplänen bereits vorgesehen ist.<br />

Um zu gewährleisten, dass die Lehrkräfte den Anforderungen<br />

gerecht werden können, sollte die Baukulturelle Bildung<br />

<strong>in</strong> die Lehramtsstudiengänge an den Universitäten und<br />

Pädagogischen Hochschulen und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> die künstlerische<br />

Lehrkräftebildung <strong>in</strong>tegriert werden. Es wäre zudem<br />

s<strong>in</strong>nvoll, die Weichen zum Aufbau e<strong>in</strong>er Fachwissenschaft<br />

im Bereich der Baukulturellen Bildung zu stellen mit dem<br />

Ziel, aus der Praxisforschung e<strong>in</strong>e Fachdidaktik, aber auch<br />

Lehrmaterialien und Fortbildungskonzepte zu entwickeln.<br />

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Impressum<br />

Gefördert durch:<br />

© 2020 by jovis Verlag GmbH<br />

Das Copyright für die Texte liegt bei<br />

der Autor<strong>in</strong>. Das Copyright für die<br />

Abbildungen liegt bei den Fotografen/<br />

Inhabern der Bildrechte.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Cover:<br />

M<strong>in</strong>i-Tapiola <strong>in</strong> Tapiola (Espoo),<br />

© Turit Fröbe<br />

Gestaltung und Satz:<br />

Simon Ste<strong>in</strong>berger<br />

Schriften:<br />

High Life (D<strong>in</strong>amo),<br />

Neue Haas Unica (L<strong>in</strong>otype)<br />

Lithografie:<br />

Bild1Druck, Berl<strong>in</strong><br />

Gedruckt <strong>in</strong> der Europäischen Union<br />

Bibliografische Information<br />

der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek<br />

verzeichnet diese Publikation <strong>in</strong> der<br />

Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten s<strong>in</strong>d<br />

im Internet über http://dnb.d-nb.de<br />

abrufbar.<br />

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Kurfürstenstraße 15/16<br />

10785 Berl<strong>in</strong><br />

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ISBN 978-3-86859-617-5

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