2020/19 unternehmen [!] Magazin Ausgabe72 Mai 2020
Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten. Ausgabe 72 - Mai 2020
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VERANTWORTEN <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
„Eine fehlende Distanzierungsfähigkeit<br />
hingegen kann für den einzelnen<br />
Stress bedeuten“, erläutert<br />
Kracke. Etwa dann, wenn der Betroffene<br />
nur schwer den Absprung findet<br />
und nicht klar definiert, wann<br />
Zeit für Privates und wann Arbeitszeit<br />
ist.<br />
Aus einer AOK-Studie aus dem<br />
Herbst 20<strong>19</strong> geht hervor, dass rund<br />
73 Prozent derjenigen, die häufig im<br />
Home-Office arbeiten, sich in den<br />
vergangenen vier Wochen erschöpft<br />
fühlten. Bei Beschäftigten, die nur<br />
im Büro tätig waren, waren es<br />
66 Prozent. Darüber hinaus gab über<br />
ein Drittel der Heimarbeiter an, dass<br />
sie Probleme haben, nach Feierabend<br />
abzuschalten, in der Vergleichsgruppe<br />
im Büro war es nur<br />
jeder Vierte. Die Belastung zeigt<br />
sich der Studie zufolge auch in vermehrter<br />
Lustlosigkeit, Schlafstörungen<br />
und Konzentrationsproblemen.<br />
Umso wichtiger sei es, das Gefühl<br />
des Kontrollverlusts zu vermeiden<br />
und dem mit einem strukturierten<br />
Tagesplan entgegenzuwirken. „Das<br />
hilft extrem weiter“, ist Kracke überzeugt.<br />
„Die aktuelle Situation ist für<br />
alle unbekannt. Deshalb muss ich<br />
mir einen Rahmen schaffen.“ Gerade<br />
wenn die Phase im Home-Office<br />
länger andaure, werde solch ein Plan<br />
immer wichtiger. Kinder erschwerten<br />
den zuhause Arbeitenden die Situation<br />
extrem. Hier müssten mit<br />
dem Arbeitgeber Modelle besprochen<br />
werden, die für beide Seiten<br />
gangbar sind, wie etwa das teilweise<br />
Verschieben der Arbeitszeit in die<br />
Morgen- und Abendstunden. „Damit<br />
wird derzeit kreativ und verständnisvoll<br />
umgegangen“, sagt der<br />
Experte.<br />
Die aktuelle Situation sei für alle<br />
Beteiligten mehr oder minder ein<br />
Schockzustand gewesen. Ein Erschöpfungszustand<br />
wie bei einem<br />
Burnout sei jedoch nicht zwingend<br />
die Folge. Dabei halte der Zustand<br />
über drei Monate oder länger an.<br />
„Ein Gefühl der Hilflosigkeit ist hier<br />
ein Warnsignal.“<br />
Kreativität und<br />
Verständnis<br />
Menschen, die<br />
etwa jede Nacht<br />
aufwachten<br />
und sofort über<br />
ein ungelöstes<br />
Problem grübelten, das sie<br />
gefühlt nicht alleine lösen<br />
können, seien gefährdet.<br />
„Dann muss man hellhörig<br />
werden“, betont Kracke.<br />
„Jetzt haben wir aber<br />
noch keine wahnsinnig<br />
lange Stress phase.“<br />
Wer davor bereits gefährdet<br />
gewesen sei,<br />
für den sei die Situation<br />
heikel. Wer davor dagegen<br />
gesund war, bei<br />
dem sei die aktuelle<br />
Lage nicht der<br />
alleinige Auslöser.<br />
„Wir dürfen<br />
die Situation<br />
gerade auch<br />
nicht dramatisieren.“[!]<br />
Julia Kling<br />
Wir dürfen<br />
die derzeitige<br />
Situation<br />
auch nicht<br />
überdramatisieren.<br />
Holger Kracke<br />
Verband für Bournout-Prophylaxe<br />
Ein Ausgleich für Kopf und<br />
Körper ist gerade für Angestellte<br />
im Home-Office wichtig.