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Life Channel Magazin Juni 2020

Hoffnung

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PORTRÄT |<br />

Nathalie Schertenleib – Spitzensportlerin auf der Suche nach Lebenssinn<br />

Der Lauf des Lebens<br />

TV-TIPP<br />

FENSTER ZUM SONNTAG<br />

«Ausgerannt – Depression<br />

und Spitzensport»<br />

Sa, 6. <strong>Juni</strong><br />

So, 7. <strong>Juni</strong><br />

16.40 Uhr<br />

18.30 Uhr<br />

11.45 Uhr<br />

17.45 Uhr<br />

Nathalie Schertenleib: Die Profisportlerin, die durch ein Burnout ihre Berufung entdeckt.<br />

VON ANJA LAUWINER<br />

Der Sprung in die Spitze der Schweizer<br />

Leichtathletikszene ist bereits in unmittelbarer<br />

Reichweite – doch dann platzt der<br />

Traum von Nathalie Schertenleib. Sie<br />

zerbricht am Leistungsdruck. Ein Burnout<br />

und Depressionen zwingen sie in die Knie.<br />

So stellt sie sich einem Neuanfang und lernt<br />

sich selbst neu kennen.<br />

Bereits als Kind träumt Nathalie Schertenleib<br />

von einer Karriere als Profisportlerin,<br />

dafür kämpft sie hart. «Als Leichtathletin<br />

wollte ich der Weltelite angehören und auch<br />

an Olympischen Spielen teilnehmen.» Durch<br />

dieses Ziel ist ihr Alltag von Trainings- und<br />

Ernährungsplänen bestimmt. Sie nimmt an<br />

etlichen Wettkämpfen und Schweizermeisterschaften<br />

teil, mit Erfolg – Nathalie<br />

Schertenleib gewinnt mehrere Titel. «Die<br />

Wettkämpfe spornten mich enorm an,<br />

dabei konnte ich meine wichtigsten Werte<br />

ausleben: Fokus, Energie, Engagement<br />

und Professionalität.» Der internationale<br />

Durchbruch scheint nicht mehr fern.<br />

Ausgerannt<br />

Doch nachdem sich ihre Mutter unerwartet<br />

von der Familie trennt, wird Nathalie Schertenleib<br />

mit der Aufgabe konfrontiert, ihren<br />

Vater aus der darauffolgenden Depression<br />

und ihre Schwester aus einer Essstörung zu<br />

führen. Als Teenagerin schmeisst sie den<br />

Haushalt und regelt die Finanzen der Familie<br />

– neben täglichem Intensivtraining und<br />

Gymnasium. «Als Leistungssportlerin lernte<br />

ich, mit Schmerz umzugehen,<br />

ihn zu überwinden und durchzubeissen.<br />

Doch ich ging allen<br />

unangenehmen Gefühlen aus<br />

dem Weg und unterdrückte<br />

meinen emotionalen Schmerz.»<br />

Dann überrennen Nathalie Schertenleib die<br />

Gefühle, die sich in ihr aufstauten. Bis dahin<br />

waren ihre Tage total durchstrukturiert.<br />

«Alles brach ein, ich war körperlich am<br />

Ende und konnte mich physisch nicht mehr<br />

aus meinem Bett bewegen.» Stillstand. Ihr<br />

Körper ist verkrampft. Nathalie Schertenleib<br />

hinterfragt alles, an erster Stelle sich<br />

selbst und den ihr vermittelten christlichen<br />

Glauben. Denn auch im Glauben an Gott<br />

fühlt sie einen enormen Leistungsdruck.<br />

Neustart<br />

«Mein Körper schottete sich ab, damit er<br />

nichts mehr leisten musste, und er zwang<br />

mich, nach innen zu schauen und mich mit<br />

mir zu beschäftigen.» Durch den Zusammenbruch<br />

von all dem, was Nathalie Schertenleib<br />

zuvor Lebenssinn verlieh, stellt sie<br />

sich ihre Frage nach dem Sinn ganz neu.<br />

«Dabei spürte ich einen nie dagewesenen<br />

Ort, einen ‹liebenden›, wohltuenden Ort, tief<br />

in mir drin.» Am<br />

Tiefpunkt ihres<br />

Lebens entdeckt<br />

sie den Gott, der<br />

sie nicht aufgrund<br />

ihrer Leistung liebt,<br />

sondern aus voller Gnade. «Diese Gewissheit<br />

bereichert mich viel mehr, als unzählige<br />

Stunden zu trainieren und auf dem Höhepunkt<br />

eine sportliche Leistung abzuliefern.»<br />

Wieder berufsfähig, entscheidet sie sich für<br />

ein Theologiestudium. Heute leitet Nathalie<br />

Schertenleib den Bereich der beruflichen<br />

Wiedereingliederung der Stiftung WG-<br />

Treffpunkt. Dort begleitet sie Menschen, die<br />

oft aus psychischen Gründen aus dem<br />

Arbeitsmarkt ausgeschieden sind, wie sie<br />

es einst selbst erlebte.<br />

«In dem Moment, als alles<br />

zerbrach und ich nichts<br />

mehr für Gott leisten konnte,<br />

war er plötzlich da.»<br />

8 | <strong>Life</strong> <strong>Channel</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2020</strong>

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