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NEU: Leitfaden Digitaler Dialog<br />

Hrsg.: G. Braun, 444 S., geb., 2012<br />

Professioneller Kundenkontakt via Social<br />

Media, E-Mail und Mobile birgt neue<br />

Chancen und Risiken für Unternehmen.<br />

Wie damit umgehen? 55 Experten<br />

berichten aus der Praxis und geben Tipps<br />

für die Umsetzung.<br />

Leitfaden WOM Marketing<br />

Hrsg.: Anne M. Schüller & T. Schwarz,<br />

450 S., 2010<br />

Durch Mundpropaganda und Empfehlungen<br />

Neugeschäft sichern. Führende<br />

Experten aus der „Word-of-Mouth-Welt“<br />

geben in diesem Leitfaden Wissen aus der<br />

Offline- und Onlinewelt preis.<br />

Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0<br />

Hrsg.: T. Schwarz, 500. S. geb. 2009<br />

Das umfassendste deutschsprachige<br />

Fachbuch zum Top-Thema der US-<br />

Marketer.<br />

Leitfaden Online Marketing<br />

Band 2<br />

Hrsg.: T. Schwarz, 1.120 S., geb., 2011<br />

Band zwei des Standardwerks liefert aktuelle<br />

Trends der Online-Kundengewinnung.<br />

166 Top-Experten verraten Tipps und Tricks<br />

zu SEO, Adwords-Kampagnen, Targeting<br />

und Social Media.<br />

Leitfaden Online Marketing,<br />

Band 1<br />

Hrsg.: T. Schwarz, 858 S., geb.,<br />

2. Aufl. 2008<br />

Diese Buch gilt inzwischen als das<br />

anerkannte Standardwerk für die<br />

Online-Marketing-Branche.<br />

Leitfaden Integrierte<br />

Kommunikation<br />

Hrsg.: T. Schwarz & G. Braun, 324 S.,<br />

geb., 2. Aufl. 2006<br />

Neue Herausforderung an die Markenführung<br />

durch Web 2.0, Communities und Soziale<br />

Netze.<br />

JA, ich bestelle: � NEU: Leitfaden Digitaler Dialog 39,90 Euro<br />

Datum/Unterschrift<br />

� Leitfaden Online Marketing, Band 2 49,90 Euro<br />

� Leitfaden Online Marketing, Band 1 39,90 Euro<br />

� Leitfaden WOM-Marketing 39,90 Euro<br />

� Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0 34,90 Euro<br />

� Leitfaden Integrierte Kommunikation 24,90 Euro<br />

Die Preise enthalten 7% MwSt., hinzu kommen pro Lieferung 3,- Euro Versandkosten.<br />

Bei internationalem Versand werden die tatsächlichen Portokosten in Rechnung gestellt.<br />

* Lieferung als PDF versandkostenfrei.<br />

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marketing-BÖRSE GmbH, Melanchthonstr. 5, 68753 Waghäusel, Tel. 07254 / 95773-0, info@marketing-boerse.de


Vorwort<br />

1. Grundlagen für die Praxis Torsten Schwarz<br />

2. Nichts bleibt, wie es ist<br />

Zurück in die Zukunft Dirk Kedrowitsch .................................................................................... 85<br />

Internet oder Profi-Verkauf – der Rest stirbt Gunter Dueck ........................................................ 89<br />

Social Media-Marketing = Zuhören Ossi Urchs .......................................................................... 93<br />

Marketing als Service am Kunden Martin Nitsche ..................................................................... 100<br />

Datenschutz im Online-Marketing Matthias Ehrlich ................................................................ 104<br />

Digitale Kleinstaaterei Tim Cole ................................................................................................ 110<br />

Onlinemedien – Trends und Marktentwicklung Silke Lebrenz ................................................. 112<br />

Fachkräfte heiß begehrt – die digitale Talentsuche Harald R. Fortmann .................................. 125<br />

3. Multichannel-Marketing<br />

Zur Funktion von On- und Offline in Multikanalkampagnen Michael Schipper ....................... 133<br />

Entwicklung von Crossmedia in Deutschland Catharina Köhler-Noack ................................... 144<br />

Das Ende der Kampagne Dirk Beckmann ................................................................................. 148<br />

Die hohe Kunst der Streuung Burkhard Köpper .......................................................................... 153<br />

Interdisziplinäre Online-Marketing-Kampagnen Fabian Ulitzka ................................................ 160<br />

Crossmedia-Marketing – Verzahnung von TV und Online Catharina Köhler-Noack ................. 170<br />

Der ROPO-Effekt – online stärkt offline Alastair Bruce ............................................................. 177<br />

Multichannel-Kunden sind die Besten Andreas Landgraf ........................................................... 183<br />

Erfolgsmessung von Multichannel-Retailing-Strategien A. Schwend, B. Haug .......................... 185<br />

Brand & User Experience-Design: Aus Liebe zur Marke Tobias Kirchhofer .............................. 194<br />

Usability und emotionale Akzeptanz Sabine Haag ...................................................................... 200<br />

Erfolgsmessung und optimale Budgetverteilung C. Bennefeld, A. Gorbach, R. Warncke ............ 206<br />

Der richtige Marketing-Mix für E-Commerce-Sites Harald Kratel ............................................ 216<br />

4. E-Commerce<br />

Die Zukunft des Long Tail im E-Commerce Sebastian Dierks ................................................... 225<br />

So sehen Sie Ihren Shop mit den Augen einer „Online-Jury“ M. Groß-Albenhausen ................ 230<br />

Ein einfaches Shopsystem Jörg Binnenbrücker ........................................................................... 236<br />

Relaunch eines Verlagsshops Heiko Höhn ................................................................................... 242<br />

Vertrauen als Konversionstreiber für Onlinehändler Ulrich Hafenbradl .................................... 249<br />

4<br />

Inhalt<br />

....................................................................................................................................... 3<br />

........................................................................ 11


Inhaltsverzeichnis<br />

Bedürfnisorientierte Online-Kaufberatung und -suche Markus Linder ....................................... 254<br />

Die Herausforderung der individuellen Produktempfehlung Daniel Augustin ............................ 266<br />

Neue Ideen für mehr Konversionen im E-Commerce Nico Zorn ................................................ 271<br />

Mit Videos die Konversionsrate erhöhen Ali Gürler ................................................................... 275<br />

Neun Säulen für mehr Shop-Conversion André Morys ............................................................... 282<br />

Mit Mousetracking die Konversionsraten steigern Christian Bennefeld ..................................... 286<br />

Ungenutzte Potentiale in Onlineformularen erschließen Christopher Mai .................................. 293<br />

5. Digitale Werbung<br />

Online-Marktplätze – Die Chance für den Mittelstand Nils Hachen ........................................... 313<br />

Online Media Audit Christian Bachem ........................................................................................ 316<br />

Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden Torsten Engelken .................................. 326<br />

Geotargeting – lokal gezielt trifft besser Ralf Walther .................................................................. 338<br />

CRM meets Targeting Jürgen Seitz .............................................................................................. 349<br />

Retargeting André Kolell ............................................................................................................. 353<br />

Efficient Retargeting Joachim Feist ............................................................................................. 365<br />

Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding Martin Weidemann .......................... 377<br />

Data Driven Display („D3“) Advertising Ulrich Hegge .............................................................. 382<br />

6. Suchmaschinen- und Performance-Marketing<br />

Suchmaschinen-Optimierung – Analyse einer Website Alexander Holl ...................................... 391<br />

Linkaufbau Markus Hövener ...................................................................................................... 406<br />

Mit Kennzahlen SEO steuern Stefan Fischerländer .................................................................... 411<br />

Sichtbarkeit in Suchmaschinen Sören Bendig .............................................................................. 418<br />

Suchmaschinen-Optimierung & Social Media Christian Seifert ................................................. 425<br />

Google Universal Search – das Suchergebnis 2.0 Tobias Ihde .................................................... 434<br />

Mit Videos in den Google-Index Ali Gürler ................................................................................ 440<br />

Das Zusammenspiel von SEA und SEO Antonia Wälzholz ........................................................ 443<br />

Auswahl einer guten SEM-Agentur Olaf Kopp .......................................................................... 453<br />

Performance-Marketing für die Finanzbranche Tim Riepenhausen ........................................... 461<br />

Neue Publisher-Modelle im Affiliate-Marketing Markus Kellermann ....................................... 471<br />

Facebook Ads versus Google AdWords Christian Vollmert ........................................................ 476<br />

SEM in den Emerging Markets – Chancen und Risiken Georg Genfer ....................................... 485<br />

7. Webanalyse<br />

Mit Kennzahlen zu mehr Marketing-Performance Sebastian Grimm ......................................... 497<br />

Aufbau einer Webanalyse-Kultur in Unternehmen Timo Aden .................................................. 502<br />

Relevante Kennzahlen als Schlüssel zum (Online-)Erfolg Ralf Haberich .................................. 507<br />

Richtig messen heißt nicht, die Wahrheit zu kennen Marcus Koch ............................................. 516<br />

Cross-Channel-Controlling/-Optimierung Thomas Bindl ........................................................... 522<br />

5


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Inhaltsverzeichnis<br />

Web-Analytics & Conversion-Optimierung Frank Reese ........................................................... 528<br />

Container Tag – Modernes Tracking mit Remarketing- und Conversion-Tags Jens Maurer ....... 536<br />

Steuerung von SEO-Kampagnen mit Web-Analytics-Daten Dimitri Tarasowski ........................ 539<br />

Google Analytics und Datenschutz Markus Vollmert ................................................................. 547<br />

Online-Marktforschung im Umbruch Christian Michael, André Führer .................................... 552<br />

8. E-Mail-Marketing<br />

Neue E-Mail-Ökosysteme für digitales Dialogmarketing Jürgen Seitz ...................................... 561<br />

Social Media und E-Mail-Marketing intelligent verknüpfen Volker Wiewer ................................ 566<br />

Rethinking Newsletter-Marketing Jill-Kristin Urbanek, Stefan Döring ..................................... 570<br />

Kooperatives E-Mail-Marketing Thomas Schult, Désirée Lütke Wermeling ............................... 578<br />

E-Mail Marketing – Werthaltige Leads generieren und bewahren Thomas Kellner .................... 586<br />

Behavioural E-Mail-Marketing Jakob S. Gomersall .................................................................. 593<br />

Mythos Bilder-Blockade: Zahlen, Fakten, Strategien M. Kornfeld ............................................ 599<br />

9. Social Media – Strategische Betrachtungen<br />

Warum und wie die Organisation mitgenommen werden muss Marc Drüner ............................ 611<br />

Social Media-Strategie – ein Widerspruch in sich selbst Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach .... 615<br />

Social Media aus der Nutzerperspektive Susanne Fittkau ......................................................... 619<br />

Strategische Einbindung von Social Media Nils Horstmann ..................................................... 627<br />

Die Online-Reputation im Zeitalter der Transparenz Klaus Eck ................................................ 635<br />

#fail oder wenn der PR-Gau droht Marcel Schreyer .................................................................. 644<br />

Social Media Monitoring Mirko Lange ....................................................................................... 655<br />

Erfassung der Tonalität im Social Media Monitoring Curt Simon Harlinghausen ..................... 660<br />

Social Media Monitoring-Tools Harriet Kasper, Holger Kett .................................................... 662<br />

Praktische Tipps zum Social Media Monitoring Andreas Wilkens ............................................. 670<br />

10. Social Media – Operative Herangehensweise<br />

Potenzial von Social Media für das Kundenbindungsmanagement K. Mrkwicka, M. Schögel .... 677<br />

Social Media im Kundenservice Harald Eichsteller ................................................................... 686<br />

Social Media als Supportkanal Michael van Laar ...................................................................... 695<br />

Informieren, Mitreden, Mitgestalten Stefan Rymar ................................................................... 701<br />

Beispiele für gelungenes User-Engagement Nico Lumma .......................................................... 707<br />

Viral & Buzz Marketing – nicht umsonst Markus Willnauer ...................................................... 712<br />

Follow Me – Aktivierung von Fans und Followern Joel Berger ................................................. 717<br />

Social Media in der Medienarbeit Marcel Bernet ....................................................................... 722<br />

Employer Branding in Social Media Claudia Hilker .................................................................. 731<br />

So sorgt Social Media-Automatisierung für massive Effizienzsteigerung Reto Stuber ................ 743<br />

Social Media ROI Sten Franke ................................................................................................... 753<br />

6


Inhaltsverzeichnis<br />

11. Social Media – Plattformen und Werkzeuge<br />

Möglichkeiten von Facebook für Unternehmen Philipp Roth .................................................... 765<br />

Facebook – Die Macht des Open Graph Andreas Bersch ........................................................... 773<br />

Wie Hamburg.de Facebook nutzt Markus Willnauer .................................................................. 776<br />

Das Blog und die soziodigitale Nachhaltigkeit Oliver Gassner .................................................. 782<br />

Ein Blick auf Podcasting in Deutschland Alex Wunschel, Fabio Bacigalupo ............................. 788<br />

Gamification – Kundenbindung im E-Commerce mit Spielen Roland Schäfer .......................... 796<br />

Social Games als Marketingplattform der Zukunft Ibrahim Evsan ............................................ 803<br />

The Rise of Crowdsourcing Claudia Pelzer ................................................................................ 807<br />

12. Mobile und Location-based Marketing<br />

Vom Internet zum Outernet – das Web springt auf die Straße Torsten Rehder ............................ 815<br />

SoLoMo – Die Social Local Mobile Bewegung Tim Ringel, Anna-Lena Radünz ....................... 824<br />

Deutschland erobert das mobile Internet Karin Rothstock ......................................................... 835<br />

Mobile – Nutzungsszenarien Olav A. Waschkies ........................................................................ 842<br />

Marketing in der App-Economy Matthias Berger ...................................................................... 847<br />

Mobile App oder mobiles Portal? Joachim Bader ...................................................................... 857<br />

Mobile Loyalty, die höchste Kunst der Verführung Peter Prislin .............................................. 861<br />

Augmented Reality Nadine Brendel, Antonia Neubauer ............................................................ 867<br />

3-D-Shopping – Status Quo und Vision Martina Pickhardt ....................................................... 878<br />

13. Online-Marketing im B2B<br />

Mit Lead-Generierung und Lead-Nurturing zum Neugeschäft Michael Breyer ......................... 885<br />

Erfolgreiches Social CRM im B2B-Marketing Peter Pries ........................................................ 890<br />

Social Media und Social Commerce in KMUs im B2B Georg Blum ......................................... 897<br />

Erfolgsfaktoren für eine aktive B2B-Community Oliver Ueberholz .......................................... 909<br />

Messeerfolg durch Online-Marketing Elke Clausen ................................................................... 916<br />

Ist „Social Media-Personal Branding“ heute ein Muss? Stefan Berns ........................................ 924<br />

Kompetenz beweisen im eigenen Blog Elke Fleing .................................................................... 935<br />

14. Recht im Internet<br />

Werbung im E-Commerce – Haftungsfallen umgehen Rolf Albrecht .......................................... 943<br />

Rechtskonformes Opt-in im Onlinebereich Dr. Martin Bahr ..................................................... 950<br />

Nutzungsdaten – Welche Analysen sind datenschutzkonform? Jens Eckhardt ........................... 957<br />

Rechtliche Aspekte des Social Media-Marketing Martin Schirmbacher .................................... 970<br />

Wichtige, aktuelle marketingrechtliche Entscheidungen Peter Schotthöfer, Florian Steiner ....... 980<br />

7


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Inhaltsverzeichnis<br />

15. Praxisbeispiele<br />

Multichannel – Präsenz auf allen Kanälen<br />

Marketing Resource Management im Möbelhaus Mirko Holzer ................................................ 990<br />

Trendy Planets – Shopartikel erfolgreich inszenieren Stefan Maier ........................................... 992<br />

Esprit schlägt Brücke zwischen online und offline Andreas Landgraf ...................................... 994<br />

Online-Sport-Sponsoring von Continental Stefanie Wannow .................................................... 996<br />

Ikea fährt integrierte Digital-Marketingstrategie Catherine Malet ............................................ 998<br />

Energie Start-up setzt auf Online-Power Christoph Morach ................................................... 1000<br />

Online neue Kunden gewinnen mit Suchmaschinen & Affiliate<br />

Suchmaschinen-Marketing für Versicherungen Thorsten Olscha ............................................ 1002<br />

Neue Kunden für Sky, Medion, BASE und RTL-Club Thomas Vetter ..................................... 1004<br />

Illy gewinnt und hält Kaffeeliebhaber auch online Catherine Malet ....................................... 1006<br />

Nürburgring gewinnt Adressen von Besuchern Sebrus Berchtenbreiter .................................. 1008<br />

Wie Yves Rocher neue E-Mail-Abonnenten begrüßt Swen Krups ........................................... 1010<br />

Adressgewinnung in der Reisebranche Norbert Rom .............................................................. 1012<br />

Barceló nutzt Suchmaschinen-Marketing weltweit Bernd Stieber ........................................... 1014<br />

Affiliates in Automotive, Handel und Verlagen Heike Lindner ................................................ 1016<br />

Online-Marketing B2B: Geschäftskunden online ansprechen<br />

Lead-Management bei einem Softwarehersteller Reinhard Janning<br />

Geschäftskunden per E-Mail binden – 3 Beispiele Stefan von Lieven<br />

Hansgrohe veredelt sein E-Mail-Marketing Martin Philipp<br />

So optimiert INTEWA die Adressdatenbank Ralph Kreuzer<br />

Kunden aktivieren mit E-Mail-Marketing und Newsletter<br />

E-Mail-Marketing beflügelt Onlineshop Foto Walser Simon Putzer ........................................ 1026<br />

AMC professionalisiert sein E-Mail-Marketing Ulf Richter .................................................... 1028<br />

Steiff steigert Onlineumsatz durch Sonderaktion Henrik Salzgeber ........................................ 1030<br />

Mexx und Görtz rationalisieren E-Mail-Marketing Volker Wiewer .......................................... 1032<br />

Der Wert aktiver Abonnenten bei RTL Stefan von Lieven ........................................................ 1034<br />

TMG steigert Ertrag durch Segmentierung William Schnabel .................................................. 1036<br />

Personalisierung – die hohe Kunst relevanter E-Mails<br />

Mercedes-Benz: Mehr Kundenfeedback dank E-Mail Maya Reinshagen ................................ 1038<br />

C&A kommuniziert zielgruppenspezifisch per Mail Martin Aschoff ....................................... 1040<br />

Kundenlebenszyklus in der Touristik Jörn Grunert ................................................................. 1042<br />

Air New Zealand verleiht E-Mails Flügel Vera Hartmuth ....................................................... 1044<br />

Internationales Content-Management bei Alpine Stefan Bauer ................................................ 1046<br />

8<br />

....................................... 1018<br />

..................................... 1020<br />

.................................................. 1022<br />

.................................................... 1024


Inhaltsverzeichnis<br />

Commend nutzt E-Mail-Inhalte weltweit crossmedial Martin Philipp .................................... 1048<br />

Germanwings nutzt Lifecycle-Marketing Ulf Richter .............................................................. 1050<br />

Opodo – Personalisierung steigert die Konversion Simon Putzer ............................................ 1052<br />

Herrenausstatter nutzt dynamische Angebote Christina Rasimus-Aust .................................... 1054<br />

mymuesli: Mass-Customization per E-Mail Ulf Richter ........................................................... 1056<br />

Deutsche Welle bietet internationale Themenvielfalt Volker Wiewer ....................................... 1058<br />

Individuelle, effiziente Newsletter für Lehrkräfte Claudia Joest ............................................. 1060<br />

Dezentrale E-Mailings in der Automobilbranche Andreas Landgraf ....................................... 1062<br />

Leica Geosystems steuert Redaktions-Workflow Jan-Philip Riehle ........................................ 1064<br />

Konversionsraten von Onlinewerbung messen und erhöhen<br />

Konversionsraten-Optimierung bei Banken Christian Bennefeld ............................................. 1066<br />

SOS-Kinderdörfer texten optimale Betreffzeile Stefan Appenrodt ........................................... 1068<br />

Sainsbury‘s Bank nutzt Behavioural E-Mails Jakob S. Gomersall .......................................... 1070<br />

Lebensmittelhersteller testet Plakate und Banner Christopher Kötzner .................................... 1072<br />

Wie Intertops die E-Mail-Zustellung sichert John Thomson ..................................................... 1074<br />

Nestlé optimiert mit KPIs den Onlineerfolg Karl-Heinz Maier ................................................. 1076<br />

Telekommunikationsanbieter steigert Konversion Sebrus Berchtenbreiter .............................. 1078<br />

Social Media-Marketing: Facebook, Apps und Echtzeit-Web<br />

Über Facebook E-Mail-Adressen gewinnen Daniel Harari ..................................................... 1080<br />

Cineworld misst Facebook-Erfolg mit KPIs Karl-Heinz Maier ................................................ 1082<br />

App-Einsatz bei einem Großhändler Jörg Rensmann ............................................................... 1084<br />

Marketinginformationen in Echtzeit verbreiten Michael Mohr ................................................. 1086<br />

Mobile Lösungen machen Messeauftritte zu Erfolgsgeschichten Uwe-Michael Sinn ............... 1088<br />

16. Anhang<br />

Autoren ........................................................................................................................................ 1092<br />

Stichworte .................................................................................................................................... 1107<br />

9


LEITFADEN ONLINE-MARKETING BAND 2<br />

DIGITALE<br />

WERBUNG<br />

5 Online-Marktplätze<br />

– Die Chance für den Mittelstand<br />

Online Media Audit<br />

Gezieltes Online-Advertising<br />

mit Targeting-Methode<br />

Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

CRM meets Targeting<br />

Retargeting<br />

Efficient Retargeting<br />

Neuer Onlinewerbetrend aus den USA:<br />

Realtime-Bidding<br />

Data Driven Display („D3“) Advertising<br />

– RTBs, DSPs, DXs und DMPs<br />

313<br />

316<br />

326<br />

338<br />

349<br />

353<br />

365<br />

377<br />

382<br />

311


INHALT<br />

Nils Hachen zeigt, dass Marktplätze für Unternehmen, die erste Erfahrungen mit<br />

Bannerwerbung machen wollen, eine gute Alternative sind. Mit wenigen Klicks lässt sich<br />

schnell eine eigene Kampagne starten.<br />

Christian Bachem beschreibt die Wirkung von Display-Werbung. Durch den Online Media<br />

Audit kann diese Wirkung erheblich gesteigert werden, indem einzelne Parameter präzise<br />

gemessen werden.<br />

Torsten Engelken erläutert die verschiedenen Targeting-Methoden. Dabei wird versucht, die<br />

Werbung streuverlustarm nur einer definierten Zielgruppe anzuzeigen.<br />

Ralf Walther zeigt, welche Möglichkeiten regionalisierte Werbung bietet. Er verschweigt aber<br />

auch nicht die Grenzen der regionalen Zuordnung von Onlinenutzern.<br />

Jürgen Seitz beschreibt, wie wichtig es ist, Targeting und Dialogmarketing miteinander<br />

zu verbinden. Daten aus Targeting- und CRM-System müssen dazu auf einer neu zu<br />

entwickelnden Plattform integriert werden.<br />

André Kolell gibt einen ausführlichen und detaillierten Überblick über das Modethema<br />

Retargeting. Die Technik lohnt sich besonders, wenn der Werbeimpuls den Unterschied<br />

zwischen Kauf und Nicht-Kauf ausmacht.<br />

Joachim Feist erläutert „Efficient Retargeting“, das die Bündelung mehrerer Retargeting-<br />

Quellen über einen Container-Tag möglich macht.<br />

Martin Weidemann zeigt, wie Echtzeit-Auktion den Verkauf jeder einzelnen AdImpression<br />

genau zum jeweils aktuellen Marktwert ermöglichen.<br />

Ulrich Hegge beschreibt, wie mit D3-Advertising vollautomatisches Anbieten und Kaufen des<br />

Inventars zum optimalen, für beide Seiten fairen Preis erreicht wird.<br />

5 DIGITALE<br />

WERBUNG


Online-Marktplätze<br />

5<br />

– Die Chance für den Mittelstand<br />

Nils Hachen<br />

Bannerwerbung ist was für die Großen. Das bringt doch nichts. Mir reicht es, wenn<br />

ich bei Google bin. So oder so ähnlich könnte die Reaktion eines mittelständischen<br />

Unternehmens aussehen, wenn es um das Thema Bannerwerbung in Internet geht.<br />

Zu teuer, zu intransparent scheint der Markt zu sein, um sich erfolgreich gegen die<br />

Konkurrenz behaupten zu können.<br />

Was kommt nach der Suchmaschine<br />

Bislang war die Rechnung relativ einfach. Das Unternehmen hat ein definiertes<br />

Budget von beispielsweise 50.000 Euro im Jahr für digitale Werbung. Davon<br />

geht ein großer Teil in das Segment Suchmaschine. Davon erhalten sowohl die<br />

Suchmaschinen-Optimierer (zuständig für die indexierten Suchergebnisse) als<br />

auch die Suchmaschinen (im Rahmen der auktionierten Suchwortvermarktung)<br />

entsprechende Anteile. Man möchte ja gefunden werden. In dem aufgeführten<br />

Beispiel bleiben also etwa 25.000 Euro für weitere Maßnahmen übrig. Im Rahmen<br />

eines Beratungsgesprächs hat man sich darauf verständigt, dass die Werbung in<br />

Performance-Netzwerken sinnvoll sein könnte.<br />

Eine Aufstellung der Kosten zeigt schnell, dass es auf tradiertem Wege wenig Sinn<br />

macht. Die Laufzeit beträgt ein Jahr, monatlich sollten die Werbemittel ausgetauscht<br />

werden und ein Mindestmaß an Betreuung muss auch gegeben sein. Die erste<br />

Prämisse ist, dass man einen Tag pro Monat für die Kontrolle, Optimierung und<br />

das Reporting ansetzt. Die zweite Prämisse lautet dann, dass die Produktion eines<br />

Werbemittelsatzes (fünf Standardwerbemittel für den Einsatz im Netzwerk) bei<br />

rund 500 Euro monatlich liegt. Dann blieben von den 25.000 Euro nur noch 7.000<br />

Euro für die Media-Schaltung. Die Agenturkosten und das Mediabudget stehen in<br />

diesem Fall in keinem Verhältnis. Dieses Beispiel ist bewusst plakativ und provokativ<br />

gewählt, beschreibt aber im Kern die Herausforderung.<br />

Vor jeder Maßnahme müssen Ziele definiert werden. Geht es darum, eine Marke,<br />

ein Produkt oder eine Dienstleistung überhaupt einmal bekannt zu machen,<br />

muss ein relevanter Werbedruck (Reichweite, Image) aufgebaut werden. Dafür<br />

werden aufmerksamkeitsstarke Werbemittel und Platzierungen benötigt. Da<br />

reicht das Suchmaschinen-Marketing allein nicht aus und muss durch klassische<br />

Bannerwerbung und gegebenenfalls E-Mail-Marketing unterstützt werden. Denn<br />

wer sucht schon nach einem Produkt, das er nicht kennt.<br />

Um neben der Suchmaschine ein „Grundrauschen“ für die eigene Webseite zu<br />

erzeugen, könnte man neben anderen Instrumenten zukünftig auf die sogenannten<br />

Online-Marktplätze setzen. Hier hat man auch bei kleineren Budgets oder im Rahmen<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Nils-Hachen<br />

Agenturkosten<br />

und das<br />

Mediabudget<br />

stehen in keinem<br />

Verhältnis<br />

Neben der<br />

Suchmaschine<br />

ein „Grundrauschen“<br />

für die<br />

eigene Webseite<br />

erzeugen<br />

313


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

314<br />

AdScale,<br />

Adbroker,<br />

DoubleClick<br />

oder Plista<br />

sind die ersten<br />

Marktplätze<br />

Mit nur<br />

wenigen Klicks<br />

und Filterungen<br />

schnell<br />

eine eigene<br />

Kampagne zu<br />

starten<br />

von Testkampagnen die Möglichkeit, die Wirksamkeit für das eigene Unternehmen<br />

zu eruieren.<br />

Digitale Werbung für jedes Budget<br />

In Deutschland haben sich unter anderem mit AdScale, Adbroker, DoubleClick oder<br />

Plista bereits mehrere Player etabliert. Im Detail gibt es natürlich Unterschiede, aber<br />

eines ist allen Marktplätzen gemein: sie bieten auf eine relativ einfache und günstige<br />

Art und Weise den Zugang zu Bannerwerbung im Internet. Im Grunde werden hier<br />

Platzierungen kanalisiert und zu vereinfachten Konditionen angeboten. Tausend<br />

Kontakte bekommt man schon ab einem Euro oder 500 Besucher auf der Webseite<br />

für 599 Euro. Von der Aufmachung ist das schon fast vergleichbar mit der Art und<br />

Weise, wie beispielsweise Telefon- oder DSL-Tarife angeboten werden (S-, M- und<br />

L-Pakete).<br />

Die Abrechnungsmodelle unterscheiden sich naturgemäß je nach Anbieter. Neben<br />

der Abrechnung per Tausender-Kontakt-Preis (analog zur Offline- und klassischen<br />

Banner-Werbung) auch Performance-basierte Vergütungsmodelle wie Cost-per-Click<br />

oder Cost-per-Lead. Zusätzlich zu den Klassikern sind Sonderwerbeformen wie<br />

beispielsweise Video-Ads oder Textanzeigen ebenfalls buchbar.<br />

Die Marktplatzbetreiber bieten ein Netzwerk mit mehreren hundert bis zu mehreren<br />

tausend Webseiten. Das werbetreibende Unternehmen hat den Vorteil, dass man<br />

selber nicht alle kennen und kontaktieren muss. Die „Gefahr“, eine potentiell gut<br />

konvertierende Seite zu vergessen, wird so minimiert. Der Marktplatz übernimmt die<br />

Mittlerfunktion und stellt Pakete für die Kunden zusammen und bietet die gesamte<br />

Logistik sowie das Abrechnungsmanagement. Das werbetreibende Unternehmen<br />

oder die betreuende Agentur kann hier relevante Kategorien und Konditionsmodelle<br />

auswählen.<br />

Mit nur wenigen Klicks und Filterungen wird es so möglich, schnell eine eigene<br />

Kampagne zu starten. Sind bereits Werbemittel vorhanden, kann man das<br />

beispielsweise innerhalb der Kampagne vorauswählen. So werden nur Platzierungen<br />

angeboten, die auf diese Werbemittel zutreffen. Es gibt aber auch die Gelegenheit,<br />

sich innerhalb des Buchungstools Werbemittel erstellen zu lassen. Dabei zieht sich<br />

ein Robot Bilder, Logos und Textbausteine von der Webseite und setzt die Inhalte<br />

zu einem Werbeformat zusammen. Ein Anbieter bindet bereits das Social Media-<br />

Netzwerk Facebook mit ein, so dass die Aussage „gefällt mir“ im Werbemittel<br />

getroffen werden kann.<br />

Effektiv für den stationären Handel<br />

Marktplätze und natürlich auch andere Instrumente des Online-Marketings sind auch<br />

dann sinnvoll, wenn das Unternehmen gar keinen E-Commerce anbietet, sondern den<br />

stationären Handel unterstützen will. Selbstverständlich können Coupons, die im<br />

Ladengeschäft eingelöst werden können, integriert werden. Wem das zu kompliziert<br />

ist, setzt einfach auf das Geotargeting. Da kann bis auf Bundesländer oder eine<br />

einzelne Stadt runtergefiltert werden, so dass auch sehr regional geworben werden


kann. Das könnte eine Lösung für kleine Ketten oder Unternehmen mit einem<br />

begrenzten Einzugsgebiet sein.<br />

Kein Ersatz für Kreation oder Mediaagentur<br />

Bei allen Vorteilen, die diese Marktplätze bieten, gibt es aber auch Punkte, die<br />

beachtet werden müssen. Ein durch einen Robot erstelltes Werbemittel wird nie so gut<br />

konvertieren, wie das einer Kreativagentur. Die Wirkung ist nicht zu unterschätzen.<br />

Mit der zunehmenden Einbindung der Marktplätze in die Mediaplanung steigt der<br />

Wettbewerbsdruck unter den Werbetreibenden auch an dieser Stelle. Um nachhaltig<br />

erfolgreich zu sein, braucht es die Differenzierung nicht nur in der Kreation sondern<br />

auch in der Auswahl der Kanäle, Formate und Abrechnungsmodelle.<br />

Die umfassende Betreuung einer Werbemaßnahme sollte ebenfalls nicht unterschätzt<br />

werden. Gerade das Controlling und die sich daraus ergebende Optimierung sind für<br />

den Erfolg einer Kampagne unerlässlich. In Zusammenarbeit mit der Agentur sind<br />

Potentiale zu heben. Als Einstieg könnten beispielsweise relativ günstig A/B-Tests<br />

durchgeführt werden, um dann bei einer größeren Aktion mit höheren Budgets, die<br />

nötige Sicherheit zu haben. Die klassische Mediaagentur werden die Marktplätze<br />

nicht ersetzen. Dafür ist eine dezidierte Mediaplanung dann doch zu komplex und<br />

benötigt eine strategische Planung, um sich ausschließlich auf diese toolbasierten<br />

Ansatz zu verlassen.<br />

Für Unternehmen, die ihre ersten Erfahrungen mit Bannerwerbung machen wollen,<br />

sind die Marktplätze absolut eine Alternative. Die Ergebnisse können beispielsweise<br />

in ein späteres Agenturbriefing einfließen. Aber auch für andere Werbetreibende sind<br />

sie eine sinnvolle Ergänzung des Mediaplans.<br />

Literatur<br />

Nils Hachen: Online-Marktplätze – Die Chance für den Mittelstand<br />

Google versteigert Display Werbung: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/<br />

0,1518,649860,00.html, 18.09.2009.<br />

Standard Werbeformen werden billiger, Sonderformen teurer: http://<br />

www.absatzwirtschaft.de/CONTENT/online-marketing/news/_b=73908,_p=1003186,_t=ft<br />

highlight,highlightkey=Bewegtbild, 19.04.2011.<br />

Rupert Turner, Neuer Teilnehmer, gleiches Spiel?: http://www.adzine.de/de/site/artikel/<br />

1421/media-planung-einkauf/2010/02/neuer-teilnehmer-gleiches-spiel-, 11.02.2010.<br />

Marktplätze als Gewinner: W&V, Seite 53, 28.01.2010.<br />

Für Unternehmen,<br />

die erste<br />

Erfahrungen mit<br />

Bannerwerbung<br />

machen wollen,<br />

sind Marktplätze<br />

eine Alternative<br />

315


316<br />

Online Media Audit<br />

5<br />

Christian Bachem<br />

Verfünffachung<br />

des Display-<br />

Volumens binnen<br />

fünf Jahren<br />

Budgets<br />

zu Lasten<br />

klassischer<br />

Medien ins<br />

Digitale<br />

umschichten<br />

Häufig werden<br />

Adserver<br />

verschiedener<br />

Betreiber<br />

miteinander<br />

verkettet<br />

Onlinewerbung boomt ungebrochen. Das Segment der Display-Werbung (also<br />

flächige Werbemittelformate wie Banner, Rectangles, Skyscraper oder Wallpaper)<br />

zeigt dabei im Vergleich zu Affiliate oder Search die größte Wachstumsdynamik.<br />

Für 2011 rechnet der Zusammenschluss führender Onlinevermarkter OVK mit einem<br />

Volumen von 3,8 Milliarden Euro in Deutschland. Dies entspricht nahezu einer<br />

Verdopplung gegenüber 2008 [1]. Für die kommenden Jahre sagen die Auguren<br />

sogar eine Beschleunigung des Wachstumstempos voraus. In manchen Prognosen<br />

ist von einer Verfünffachung des Display-Volumens binnen fünf Jahren die Rede.<br />

Maßgeblicher Grund für diese Entwicklung ist, dass Onlinewerbung nicht mehr<br />

nur als digitale Verkaufsförderung betrachtet wird, bei der Wirkung vermeintlich<br />

nur durch Klicks erzielt werden kann – wenn auch nur bei etwa 0,1 Prozent aller<br />

Kontakte. Inzwischen zielt das Gros der Onlinekampagnen auf die restlichen 99,9<br />

Prozent, wohl wissend, dass Markenwirkung des Klicks nicht bedarf [2]. Hier sind<br />

es vor allem die großen Werbungtreibenden, die das Internet in den letzten beiden<br />

Jahren als adäquates Medium für sich und ihre Marken entdeckt haben und Budgets<br />

zu Lasten klassischer Medien ins Digitale umschichten.<br />

Entsprechend hat sich der Fokus vom Klick zum Werbemittelkontakt, der<br />

AdImpression (AI) verschoben. Zum großen Erstaunen der Mediaentscheider<br />

verhält sich die AdImpression jedoch völlig anders als Kennzahlen klassischer<br />

Medien. Weder ist sie von neutraler Stelle zertifiziert, noch ist sie eindeutig.<br />

Was hat Onlinewerbung mit Paketversand zu tun?<br />

Die Messinstanz für AdImpressions sind Adserver. Ein Adserver erhält einen<br />

Impuls eines Werbeträgers und liefert das angeforderte Werbemittel aus. Diese<br />

Auslieferung wird vom Adserver als AI gezählt und von dessen Betreiber als Leistung<br />

ausgewiesen.<br />

Allerdings ist es bei Onlinekampagnen gang und gäbe, mehrere Adserver einzusetzen.<br />

Häufig werden Adserver verschiedener Betreiber (Vermarkter, Onlineagentur,<br />

Spezialdienstleister) miteinander verkettet. In diesem Fall des kaskadierenden<br />

Adservings wird der Impuls zur Auslieferung des Werbemittels von Adserver zu<br />

Adserver weitergereicht – wobei jeder Adserver für sich seine AdImpressions<br />

zählt.<br />

Das Ergebnis liegt auf der Hand: Für ein und dieselbe Werbebuchung gibt es<br />

mehrere AI-Werte, die zudem voneinander abweichen. In der Branche wird dies<br />

als „Zähldifferenz“ bezeichnet.<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Christian-Bachem


Der OVK betrachtet diese Diskrepanzen als Folge der technischen Komplexität der<br />

Onlinewerbung und konstatiert daher„eine Zähldifferenz besteht dann, wenn die<br />

Abweichung zehn Prozent überschreitet“ [3].<br />

Für die Werbungtreibenden ist dies eine zweifach missliche Situation. Zum einen<br />

fehlt ihnen jede verlässliche Aussage über die tatsächliche Anzahl ausgelieferter<br />

Werbemittel, zum anderen bemisst die Auslieferung nicht, ob das Werbemittel<br />

überhaupt im Browser des Nutzer angekommen ist. Zugleich sind die vom<br />

Vermarkter gemeldeten AdImpressions jedoch verbindliche Abrechnungsgrundlage<br />

einer Buchung. Somit drängt sich der Vergleich zwischen Paketversand und<br />

Onlinewerbung auf.<br />

Abb. 1: Auslieferung und Anlieferung bei Paketversand und Onlinewerbung<br />

Für die Bezahlung eines Paketes ist die Anlieferung ausschlaggebend. Sie wird<br />

vom Empfänger daher auch quittiert. Die Auslieferung ist lediglich hinreichende<br />

Bedingung. Was im Paketversand undenkbar wäre, ist in der Onlinewerbung Usus: Es<br />

wird für die Auslieferung bezahlt, nicht für die Anlieferung. Und das ohne Quittung,<br />

sprich ohne belegen zu können, ob die Werbung beim Nutzer ankam.<br />

OWM-Studie deckt Mängel auf<br />

Eine Situation, mit der sich die führenden Werbungtreibenden in Deutschland<br />

nicht länger abfinden wollten. Ihr Dachverband OWM (Organisation der<br />

Werbungtreibenden im Markenverband) gab im Sommer 2010 eine Studie bei der<br />

Strategieberatung .companion in Auftrag, die Klarheit bezüglich der Lieferleistung<br />

von Onlinewerbung herstellen sollte. Die Ergebnisse wurden zur Branchenmesse<br />

dmexco veröffentlicht. Sie waren alles andere als beruhigend. Eine Kampagne<br />

wies eine Unterlieferung von 25 Prozent auf – nur drei Viertel der ausgelieferten<br />

AdImpressions waren auch angeliefert worden. Bei einer Buchung waren einhundert<br />

Prozent der angelieferten AI Fehlbelegungen – sie wurden außerhalb der vereinbarten<br />

Umfelder platziert [4]. „Seither ist nichts mehr wie es war, in der rührigen Online-<br />

Werbewelt“ [5] urteilte daraufhin das Fachblatt Horizont. Einer Welt, in der für<br />

Werbung gezahlt wird, die nie ankam. Und das auch dann, wenn sie in Umfeldern<br />

ankam, die nie gebucht waren.<br />

Christian Bachem: Online Media Audit<br />

Ob die Werbung<br />

beim Nutzer<br />

ankam, wird<br />

nicht belegt<br />

Ein Viertel kam<br />

nicht an<br />

317


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Ein Script<br />

markiert die zu<br />

einer Kampagne<br />

gehörenden<br />

Werbemittel<br />

318<br />

Online Media Audit: Online-Werbeleistung neutral überprüfen<br />

Das Verfahren, welches der OWM-Studie zugrunde liegt, ist der Online Media<br />

Audit, oder kurz OMA. Es basiert auf einem kleinen Script, mit dem die zu einer<br />

zu untersuchenden Kampagne gehörenden Werbemittel markiert werden.<br />

Abb. 2: Das OMA-Verfahren<br />

Dieses Script prüft für jede AdImpression, ob das Werbemittel vollständig im<br />

Browser eines Nutzers geladen wurde. Ist das der Fall, meldet es diesen Zustand an<br />

einen Zählserver zurück. Dabei übermittelt es wichtige weitere Informationen zur<br />

Leistung und Qualität jeder AdImpression, wie das Umfeld, in dem das Werbemittel<br />

angeliefert wurde sowie dessen Sichtbarkeit und Sehdauer. Gerade Letzteres ist<br />

alles andere als trivial. Zum einen erfordert die Ermittlung der Sichtbarkeit eine<br />

Festlegung, ab welchem Flächenanteil ein Werbemittel als sichtbar gilt. Zum anderen<br />

muss die Interaktion des Nutzers einbezogen werden.<br />

Denn manche Werbemittel werden im Verlaufe der Nutzung eines Werbeträgers<br />

unsichtbar. Beispielsweise dann, wenn sie am Kopf einer Seite platziert sind und<br />

durch Scrollen aus dem Sichtfeld des Nutzers geraten. Andere Werbemittel werden<br />

erst durch Herunterscrollen sichtbar, wieder andere sind „sticky“, das heißt sie folgen<br />

der Bewegung des Nutzers über die Webseite und bleiben so dauerhaft sichtbar.<br />

Das OMA-Verfahren läuft unbemerkt im Hintergrund und nimmt keinerlei Einfluss<br />

auf die Performance der untersuchten Kampagnen. Dabei ist der Audit mit einem<br />

Messfehler von +/- einem Prozent äußerst genau. Und extrem leistungsfähig. Er<br />

untersucht Kampagnen mit weit über fünfzig Millionen AdImpressions – pro Tag.<br />

Entsprechend wurde OMA bereits von Yahoo Europe zertifiziert [6].<br />

OMA unterstützt vier aufeinander aufbauende Module zur Überprüfung und<br />

Sicherung von Leistung, Qualität und Wirkung der Onlinewerbung, die im Folgenden<br />

kurz vorgestellt werden. Die Module orientieren sich an Kernfragen der Mediaplanung.


Abb. 3: Die vier Module des Online Media Audit<br />

Auditieren: Kommt Onlinewerbung überhaupt beim Nutzer an?<br />

Kernleistung des Audit-Moduls ist der Vergleich der nachweislich angelieferten AI<br />

mit den Sollwerten einer Buchung, also dem AI-Volumen, das mit dem Vermarkter<br />

vereinbart wurde und Zahlungsgrundlage ist. OMA weist, Buchung für Buchung,<br />

den Erfüllungsgrad aus. Ein Erfüllungsgrad von achtzig Prozent etwa bedeutet,<br />

dass zwanzig Prozent des Volumens einer Buchung nie beim Nutzer ankamen.<br />

Das OMA-Verfahren bezieht dabei auch so genannte Fallback Gifs ein. Dies sind<br />

Ersatzwerbemittel, die dann vom Adserver ausgeliefert werden, wenn ein Browser<br />

die übliche Flash-Variante eines Werbemittels nicht darstellen kann. OMA weist den<br />

Anteil der Fallback Gifs an allen angelieferten AI getrennt aus. Dieser Anteil kann<br />

auf Buchungsebene durchaus über zwanzig Prozent des Volumens betragen.<br />

Die bisher in hunderten von Audits ermittelten Erfüllungsgrade schwanken pro<br />

Buchung zwischen 45 Prozent und 110 Prozent. Letzteres, nämlich Übererfüllungen<br />

– also Werte über einhundert Prozent – sind Einzelfälle. Die im Markt immer wieder<br />

kolportierte regelmäßige Übererfüllung durch die Vermarkter kann von OMA nicht<br />

bestätigt werden. Hingegen sind Erfüllungsgrade kleiner neunzig Prozent durchaus<br />

häufig. Zugleich schwanken die Erfüllungsgrade bei denselben Vermarktern von<br />

Buchung zu Buchung sehr stark. Eine verlässliche Prognose von Erfüllungsgraden<br />

ist auch nach über einem Jahr Messpraxis nicht möglich.<br />

Neben der Differenz zwischen gebuchten und angelieferten AI betrachtet das Audit-<br />

Modul noch zwei weitere Buchungskriterien: das Umfeld und das Timing.<br />

Umfeld: Wo erschien die Werbung wirklich?<br />

Bei der Untersuchung des Umfelds prüft OMA, zu welchem Grad die angelieferten<br />

AI auf Seiten erschienen sind, die zum Mediaplan vereinbarten Portfolio gehören.<br />

Diese Prüfung ist insbesondere bei Buchungen angezeigt, die sich der menschlichen<br />

Begutachtung weit gehend entziehen. Dazu gehören sogenannte Run of Network-<br />

Buchungen, bei denen Werbeplätze ganzer Vermarktungsnetze mit bis zu einigen<br />

hundert Websites bespielt werden. OMA weist pro Buchung generell die AI für<br />

die Top 3 belieferten Umfelder aus. So sind Abweichungen vom Mediaplan, also<br />

Christian Bachem: Online Media Audit<br />

Jede fünfte AI<br />

entfällt auf ein<br />

Ersatzwerbemittel<br />

319


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

320<br />

Schwankende<br />

Volumina<br />

ausgelieferter<br />

Werbung<br />

Fehlbelegungen; auf einen Blick erkennbar. Die Fehlbelegungsquote kann sehr<br />

beträchtlich sein. Bei den bisherigen Audits reichte sie bis einhundert Prozent.<br />

Timing: Wie verhielt sich der Werbedruck im Zeitverlauf?<br />

Auch das Timing einer Buchung kann deutlich anders verlaufen als vom Werbekunden<br />

beabsichtigt und erwartet. Werden beispielsweise zehn Millionen AI für den<br />

Zeitraum von zehn aufeinander folgenden Tagen gebucht, liegt es nahe mit einem<br />

gleichmäßigem täglichem Werbedruck von eine Millionen AI zu rechnen. Die OMA<br />

Audits zeigen häufig zwei abweichende Muster. Erstens gibt es viele Buchungen, bei<br />

denen die Vermarkter den Werbedruck gegen Ende der Laufzeit zum Teil deutlich<br />

erhöhen, um unterdurchschnittliche Auslieferungsvolumina der bereits verstrichenen<br />

Laufzeit zu kompensieren. Im oben genannten Rechenbeispiel könnten in den ersten<br />

acht Tagen jeweils 800.000 AI ausgespielt worden sein.<br />

In den verbleibenden beiden Tagen würde der Vermarkter das Volumen dann auf<br />

jeweils 1,8 Millionen AI erhöhen müssen, damit das Ziel von zehn Millionen<br />

ausgelieferter AI erreicht werden kann. Zweitens erkennt das OMA-Verfahren<br />

immer wieder von Tag zu Tag sprunghaft schwankende Volumina. Dies ist dann<br />

der Fall, wenn ein anderer Werbungtreibender für eine Tagesplatzierung große<br />

AI-Kontingente vom Vermarkter zugewiesen bekommt – zu Lasten der laufenden<br />

Kampagne des ersten Werbungtreibenden, deren Werbedruck folglich vorübergehend<br />

reduziert wird.<br />

Von all diesen Dosierungsverläufen im Timing erfährt der Auftraggeber nichts. Sie<br />

bleiben ihm verborgen – sofern er nicht für Transparenz durch ein Auditing sorgt.<br />

Qualität von Werbeträger und Mediaplanung bewerten<br />

Wie zuvor dargestellt, können über das OMA-Auditing sowohl die technisch<br />

einwandfreie Anlieferung der Werbemittel im Browser, als auch Umfeld und Timing<br />

exakt und lückenlos nachvollzogen werden.<br />

Für den Erfolg einer Kampagne ist die korrekte Anlieferung jedoch nur eine<br />

Voraussetzung. Entscheidend ist, ob die Werbung überhaupt die Chance besaß,<br />

vom Nutzer wahrgenommen zu werden. Also ob und wie lange sie sichtbar war.<br />

Im Rahmen der OMA-Messung wird die Sichtbarkeit jeder AI erhoben. Und<br />

zwar nicht nur zum Ladezeitpunkt, sondern über die gesamte Zeit in der die Seite,<br />

auf der das Werbemittel platziert ist, genutzt wird. Der pro Buchung ermittelte<br />

Sichtbarkeitswert drückt somit aus, wie groß der Anteil der angelieferten AI ist, die<br />

zu einem beliebigen Zeitpunkt der Ladezeit sichtbar waren. Unabhängig davon, ob<br />

sie sofort im Blickfeld des Nutzers lagen oder ob dieser sie erst durch Scrollen in<br />

den sichtbaren Bereich des Browser bewegt hat.


Messverfahren muss Definitionen von Sichtbarkeit unterstützen<br />

Voraussetzung zur Ausweisung der Sichtbarkeit ist natürlich, dass definiert wurde, ab<br />

welchem Flächenanteil ein Werbemittel als sichtbar gilt. Reicht bereits ein Prozent,<br />

also eine Handvoll Pixel? Sicherlich nicht. Müssen unbedingt einhundert Prozent der<br />

Fläche im Sichtfeld liegen? Auch dies wäre nicht angemessen. Eine marktgerechte<br />

Sichtbarkeitsmessung muss mit Schwellenwerten für die sichtbaren Flächenanteile<br />

arbeiten, die je nach Werbemittelformat und Gestaltung flexibel angepasst werden<br />

können. Nicht zuletzt deshalb, weil es Sonderwerbeformen gibt, die „sticky“ sind<br />

– und dadurch zu jedem Zeitpunkt sichtbar.<br />

Sichtbarkeit und Sehdauer definieren Mediaqualität<br />

Spätestens jetzt sollte eines deutlich geworden sein: Die objektive Bewertung zentraler<br />

Leistungsparameter der Onlinewerbung ist alles andere als trivial. Insbesondere<br />

die Ermittlung der Sichtbarkeit hält einige Herausforderungen bereit. Sind diese<br />

gemeistert, ist die Ausweisung der Sehdauer vergleichsweise einfach. Sie beschreibt<br />

die Zeitdauer in der jede AI die definierte Sichtbarkeitsschwelle überschritten hat.<br />

Zugleich wird im Rahmen der Messung auch die Sehdauer der werbungtragenden<br />

Webseite erfasst. Kombiniert man diese beiden Werte mit der Sichtbarkeit, erhält man<br />

einen Index, der die Qualität des Werbeplatzes beziehungsweise der Mediaplanung<br />

einheitlich beschreibt: den OMA Qualitäts-Index. So können unterschiedlichste<br />

Buchungen im Sinne des Benchmarking miteinander verglichen werden.<br />

Für die operative Mediaplanung liefern die im OMA Qualitäts-Index gewonnenen<br />

Erkenntnisse zu Sichtbarkeit und Sehdauer zahlreiche wertvolle Hinweise. Dazu<br />

nur ein Beispiel aus dem reichhaltigen Fundus der OMA-Ergebnisse: Der Anteil<br />

der Nutzer, die ein prominent am Kopf einer Seite platziertes Banner nicht sehen,<br />

weil sie es zur Ladezeit bereits aus dem Sichtfeld gescrollt haben, kann höher sein<br />

als der Anteil der Nutzer, die bis ins untere Drittel derselben Seite scrollen. Dies zu<br />

wissen, ist bares Geld wert. Denn das am Seitenfuß platzierte Werbemittel kostet<br />

deutlich weniger als das auf der vermeintlichen Top-Platzierung.<br />

Viele Onlinekampagnen nutzen zusätzliche Möglichkeiten der technischen Aussteuerung<br />

von AdImpressions, wie Frequency Capping und Targeting.<br />

Frequency Check: Wieviele Nutzer wurden wie oft erreicht?<br />

Frequency Capping, kurz FC, wird zur Begrenzung der Werbekontaktdosis pro Nutzer<br />

eingesetzt. Hierzu wird über ein vom Vermarkter gesetztes Cookie hoch gezählt, wie<br />

viele Kontakte ein Nutzer bereits hatte. Ist die festgelegte Kappungsgrenze erreicht,<br />

liefert der Adserver keine weiteren AI an diesen Nutzer aus. Ob das im Rahmen einer<br />

Buchung beauftragte Capping jedoch tatsächlich vereinbarungsgemäß umgesetzt<br />

wird, entzieht sich der Kontrolle des Werbungtreibenden. Die Einhaltung des FC<br />

kann im Rahmen der Qualitätsbewertung anhand des OMA Frequency Checks<br />

überprüft werden.<br />

Christian Bachem: Online Media Audit<br />

Wie lange wurde<br />

ein Werbemittel<br />

angeschaut?<br />

321


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

322<br />

Targeting:<br />

Wird wirklich<br />

nur an Frauen<br />

ausgeliefert?<br />

Abb. 4: Beispielhafte OMA Auswertung (auf Buchungsebene)<br />

Targeting-Check: Welche Mehrleistung erzeugte das Targeting?<br />

Auch beim Targeting, also der Auslieferung von AI nach definierten Zielgruppenmerkmalen<br />

wie Geschlecht oder Alter gegen einen Aufpreis, kann der Online Media<br />

Audit für Transparenz sorgen. Diese ist auch dringend erforderlich. Schließlich<br />

sind die auf zumeist komplexen Algorithmen beruhenden Targeting-Lösungen der<br />

einzelnen Vermarkter faktisch „Black Boxes“.<br />

Ihre Funktionsweise ist von außen nicht ersichtlich. Gleiches gilt für ihre Leistung.<br />

Werden bei einem Targeting, das auf Männer abzielt, tatsächlich keine Frauen<br />

erreicht? Ist ein Alters-Targeting in der Kohorte 19 bis 49 Jahre derart trennscharf,<br />

dass jüngere wie ältere Nutzer die Werbung wirklich nicht zu Gesicht bekommen?<br />

OMA kann mittels dem Targeting-Check die Einhaltung des Targeting überprüfen<br />

und die Mehrleistung einer Targeting-Buchung gegenüber derselben Buchung ohne<br />

Targeting offenbaren. Und damit belegen, ob die Mehrkosten gerechtfertig waren.<br />

Die Ergebnisse zeigen: Sie sind es beileibe nicht immer. Zudem offenbaren die<br />

Leistungswerte der Targeting-Angebote ein deutliches Gefälle, was für einen unreifen<br />

Markt spricht, der sich noch konsolidieren wird.<br />

Forschen: Werbewirkung unabhängig von Klicks ermitteln<br />

Das umfassende Audit und Benchmarking von Onlinekampagnen ermöglicht erstmals<br />

eine systematische Analyse von Medialeistung und -qualität. Die Voraussetzungen<br />

wirkungsvoller und wirtschaftlicher Onlinewerbung werden somit erkennbar,<br />

vergleichbar und steuerbar. Über die tatsächliche Wirkung einer Kampagne in der


Zielgruppe ist anhand der vorgestellten Schritte jedoch noch keine verbindliche<br />

Aussage möglich.<br />

Hierzu ist ein weiteres Verfahren erforderlich. Die Zielgruppe muss im Zuge einer<br />

Werbewirkungsuntersuchung befragt werden. Dabei hilft das von OMA verwendete<br />

Script. Es verknüpft das Auditing mit der Ermittlung der Werbewirkung. Nutzer, bei<br />

denen mindestens ein Werbemittel nachweislich sichtbar angeliefert wurde, erhalten<br />

ein OMA-Cookie. Sie werden bei einem erneuten Besuch des Werbeträgers anhand<br />

des Cookies vom OMA-Server wiedererkannt und können nun gezielt zu einer<br />

Befragung eingeladen werden.<br />

Diese Nutzer zählen zur sogenannten Kontaktgruppe. Zugleich werden Nutzer, die<br />

nachweislich keinen Kontakt mit dem Werbemittel hatten (die Kontrollgruppe),<br />

ebenfalls zur identischen Befragung eingeladen. Idealerweise wird die Kontrollgruppe<br />

vor dem Start der Kampagne befragt. Die Befragung erfolgt online, ist anonym und<br />

dauert je nach Länge des Fragebogens zwischen drei bis fünf Minuten. Für belastbare<br />

Aussagen sind lediglich einige hundert vollständige Interviews erforderlich.<br />

Über die Befragung werden unter anderem die Bekanntheit der beworbenen Marke<br />

und ihrer wichtigsten Wettbewerber erhoben, des Weiteren die Sympathie und<br />

Imagewerte sowie die Kaufbereitschaft. Ebenso können drei zentrale Wirkungstreiber<br />

auf Ebene Werbemotiv ermittelt werden.<br />

Erstens die korrekte Zuschreibung des Werbemotivs zum Absender (Kernfrage:<br />

„Wird der Werbungtreibende mit dem Motiv in Verbindung gebracht?“). Zweitens<br />

die Vermittlungsleistung („Wird die Kernbotschaft des Motivs erinnert?“). Drittens<br />

die emotionale Aufladung („Wird das Motiv positiv wahrgenommen?“). Allein<br />

hinsichtlich des Treibers Zuschreibung kann eine Erhebung zur rechten Zeit Schaden<br />

abwenden. So konnte OMA vor Beginn einer Kampagne nachweisen, dass über<br />

siebzig Prozent der Befragten das Werbemotiv nicht dem Absender, sondern einem<br />

Wettbewerber zuordneten.<br />

Ist die Kampagne abgeschlossen, kann ihre Wirkung durch den statistischen Abgleich<br />

der Befragungsergebnisse zwischen Kontakt- und Kontrollgruppe zuverlässig isoliert<br />

werden. Die auf diese Weise erzeugten Erkenntnisse erlauben tiefe und detaillierte<br />

Einblicke. Zu den Ergebnissen zählen:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Brand Lift: Bekanntheitssteigerung, Verbesserung der Sympathiewerte, Erhöhung<br />

der Kaufbereitschaft; jeweils für den Werbungtreibenden und ausgewählte<br />

Wettbewerber.<br />

Imageprofil: Konturen des Markenprofils, unterschieden nach Bestandskunden<br />

und Nichtkunden; ebenfalls im Vergleich zwischen Auftraggeber und<br />

Wettbewerbern.<br />

Wirkung pro Werbeträger: Bekanntheitssteigerung und Sympathiezuwachs<br />

aufgeschlüsselt nach Werbeträgern/Buchungen.<br />

Werbemotivanalyse: Bekanntheitssteigerung und Sympathiezuwachs sowie<br />

Wirkungstreiber aufgeschlüsselt nach Motiven.<br />

Christian Bachem: Online Media Audit<br />

Kontakt- und<br />

Kontrollgruppe<br />

werden<br />

automatisch zur<br />

Werbewirkung<br />

befragt<br />

Tiefe detaillierte<br />

Einblicke in die<br />

Werbewirkung<br />

323


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Wie viele<br />

Werbekontakte<br />

sind nötig?<br />

324<br />

• Nettokontakte und Kontaktklassen: Anzahl der durch eine Onlinekampagne<br />

erreichten Personen sowie Verteilung des Werbedrucks auf Gruppen mit<br />

definierten Kontaktmengen (Beispiel: 23 Prozent der erreichten Personen hatten<br />

vier Werbemittelkontakte).<br />

Auf Basis der oben skizzierten Ergebnisse ist eine umfassende Transparenz über die<br />

Leistungs- und Wirkungszusammenhänge von Onlinekampagnen herstellbar. Die<br />

ideale Grundlage für Verbesserungen der Effektivität und Effizienz.<br />

Bewerten: Die Wirtschaftlichkeit des Budgeteinsatzes überprüfen<br />

Nach der Kampagne ist vor der Kampagne. Die beiden Kernfragen eines Werbungtreibenden<br />

lauten: Wie kann ich mit identischem Werbeinvestment mehr Wirkung<br />

erzielen? Oder aber: Wie kann ich bei identischer Wirkung meinen Mitteleinsatz<br />

verringern?<br />

Beide Fragen werden durch eine Wirtschaftlichkeitsbewertung beantwortet. Dazu<br />

müssen die Erkenntnisse aus der Werbewirkungsanalyse mit dem Wissen über die<br />

Kosten einer Kampagne verknüpft werden. Auf diese Weise lassen sich zahlreiche<br />

Hebel für Effizienzsteigerungen ermitteln. Stellvertretend seien zwei vorgestellt:<br />

• Wirkungszuwachs pro Kontaktdosis versus Kontaktverteilung:<br />

Über die Befragung wird erkennbar, wie hoch die Bekanntheitssteigerung pro<br />

Kontaktdosis ist. Also: Um wie viel Prozent ist die Markenbekanntheit bei Nutzern<br />

mit drei Werbemittelkontakten gestiegen? Wie hoch war diese Steigerung bei<br />

denjenigen, die acht Kontakte hatten? Erfahrungsgemäß ist der Zuwachs bei<br />

wenigen Kontakten stark und flacht mit steigender Kontaktzahl ab, um dann – meist<br />

zwischen sieben und zehn Kontakten – ein Plateau zu bilden. Hat eine Kampagne<br />

eine hohe Zahl Durchschnittskontakte, so kann es sein, dass beispielsweise ein<br />

Drittel der Nutzer mehr als zehn Werbemittelkontakte aufweist. Also einen hohen<br />

Anteil von Kontakten, denen kein Wirkungszuwachs entgegensteht. Auf gut<br />

Deutsch: Hier wurde Werbegeld zum Fenster . hinausgeworfen.<br />

•<br />

Kosten pro Wirkungszuwachspunkt pro erreichtem Nutzer:<br />

Anhand der analysierten Daten kann eine Kennzahl gebildet werden, die eine<br />

Kosten-/Wirkungs-Betrachtung pro Werbeträger ermöglicht. Dazu wird die<br />

pro Buchung erzielte Werbewirkung mitsamt der Schaltkosten auf die durch die<br />

Buchung erzielte Nettokontaktzahl bezogen. Das Ergebnis sind die Kosten pro<br />

Prozentpunkt Bekanntheitszuwachs für jeden erreichten Nutzer. Dieser Wert wird<br />

nun für jede Buchung errechnet. Das Ergebnis zeigt, welche Buchung gut oder<br />

schlecht abgeschnitten hat. Auf diese Weise wird häufig deutlich, dass übliche<br />

Optimierungsparameter zu kurz greifen. Denn ein günstiger Tausender-Kontakt-<br />

Preis (TKP) kann durchaus ein sehr schlechtes Kosten-/Wirkungs-Verhältnis<br />

haben. Umgekehrt können vermeintlich teure Buchungen nun ihren wahren Wert<br />

belegen.<br />

Die hier vorgestellte Kennzahl ist zudem bestens für Intermedia-Analysen geeignet.<br />

Das heißt, sie ermöglicht Benchmarks zwischen Onlinewerbung und klassischer<br />

Werbung. Ein Vergleich, der überfällig ist.


Welches Potenzial in der durchgängigen Leistungs-, Qualitäts und Wirkungsanalyse<br />

von Onlinewerbung liegt, verdeutlicht folgende Zahl. Werbekunden, die mit dem<br />

OMA-Verfahren arbeiten, konnten binnen eines Jahres ihre Onlinemedia-Spendings<br />

um dreißig Prozent reduzieren ohne Wirkungseinbußen in Kauf nehmen zu<br />

müssen.<br />

Literatur<br />

[1] Bundesverband Digitale Wirtschaft (Hrsg.): OVK Online-Report 2011/01. –<br />

Düsseldorf, 03. März 2011, S. 5 – http://ovk2.bvdw.org/fileadmin/downloads/fachgruppen/<br />

Online-Vermarkterkreis/OVK_Online-Report/OVK_Online-Report_2011-01.pdf – letzter<br />

Abruf: 08.07.11.<br />

[2] Saal, M.: Klick-Fixierung ade: Companion beziffert Online-Erfolg in Euro und Cent.<br />

– In Horizont.net, 17.07.2008 – http://www.horizont.net/aktuell/digital/pages/protected/<br />

Klick-Fixierung-ade-Companion-beziffert-Online-Erfolg-in-Euro-und-Cent_77682.html<br />

– letzter Abruf: 08.07.11 sowie Poppe, H.: Der Rundum-Ansatz in Euro und Cent. – In:<br />

Adzine. – 25.09.2008 – http://www.adzine.de/de/site/artikel/1831/display-advertising/2008/<br />

09/der-rundum-ansatz-in-euro-und-cent – letzter Abruf: 08.07.11.<br />

[3] http://werbeformen.org/index.php?id=3101 – letzter Abruf: 08.07.11.<br />

[4] Organisation der Werbungteibenden im Markenverband (Hrsg.): Online-Werbung:<br />

Nicht alles kommt beim User an. – Berlin, 16. September 2010 – http://www.owm.de/<br />

dokumente/studien/publikationen_detail.php?id=10 – letzter Abruf: 08.07.11.<br />

[5] Schneider, G.: Liefern ohne Quittung. – In: Horizont – 10/2011, S. 46.<br />

[6] http://adspecs.yahoo.de/drittanbieter/approved-vendors – letzter Abruf: 08.07.11.<br />

Bachem, C.: Online Werbung. In: U. Glowalla, E. Schoop (Hrsg.): Deutscher Multimedia<br />

Kongreß ´96. Perspektiven multimedialer Kommunikation. Berlin: Springer, 276-281,<br />

1996.<br />

Bachem, C.: Planen mit Online-Zielgruppen. In: Markenartikel 8/96. Wiesbaden:<br />

Markenverband, 340-346.<br />

Bachem, C.: Einfach schneller schalten! Online-Mediaplanung: Grundlagen, Potentiale<br />

und Trends. In: Net-Book 1/97. Walluf: Media-Daten Verlag, 14-16.<br />

Bachem, C.; Systematische Online-Mediaplanung. In: Weidner, L. E..(Hrsg.): Handbuch<br />

Kommunikationspraxis. Landsberg: Verlag Moderne Industrie, 33. Nachlieferung 3/01,<br />

3-18, 2001.<br />

Bachem, C.: Wege zu mehr Effizienz in der Online-Werbung. In: M. Schögel, T. Tomczak,<br />

C. Belz (Hrsg.): Roadmap to E-Business. St. Gallen: Thexis, 926-939, 2002.<br />

Bachem, C.; Fölsch, F.; Goldhammer, K.: Online-Werbeformen. In: M. Schögel, T.<br />

Tomczak, C. Belz (Hrsg.): Roadmap to E-Business. St. Gallen: Thexis, 652-667, 2002.<br />

Christian Bachem: Online Media Audit<br />

325


326<br />

Gezieltes Online-Advertising<br />

5<br />

mit Targeting-Methoden<br />

Torsten Engelken<br />

Werbung in<br />

falschen Themenumfeldern<br />

vermeiden<br />

Möglichst<br />

individuell für<br />

einen User die<br />

vermeintlich<br />

attraktivsten<br />

Banner<br />

einblenden<br />

Spitz platzierte Werbung funktioniert besser als Kampagnen nach dem<br />

Gießkannenprinzip. Diese Binsenweisheit gilt natürlich auch für das Internet – und<br />

dennoch wird der Großteil der Werbung im Netz heute nicht gezielt eingeblendet.<br />

Werbekampagnen im Internet beinhalten zudem viel mehr Potenzial, was mit<br />

„Offline“-Medien nicht erreicht werden kann. Die Messbarkeit der interaktiven<br />

Vorgänge macht es möglich, sofort auf Veränderungen zu reagieren. Doch was tun,<br />

damit die Werbung, die einen Nutzer erreichen soll, auch wirklich in einem relevanten<br />

Umfeld geschaltet wird?<br />

Durch das kontinuierliche Wachstum der Internetnutzung sowie des Internet-<br />

Contents wird es immer notwendiger, das Umfeld nach Relevanz zu filtern. Die Flut<br />

an neuen Meldungen und Websites vermittelt den Anschein, dass es unmöglich ist,<br />

deren Inhalt schnell und präzise zu erfassen. Werbung in falschen Themenumfeldern<br />

scheint deshalb unvermeidbar zu sein. Die effiziente Lösung für Werbetreibende<br />

heißt Targeting. Doch was steckt genau dahinter, welche Methoden gibt es, worin<br />

unterscheiden sie sich und welche ist für „meine“ Kampagne die Richtige?<br />

Targeting und seine Bedeutung<br />

Unter Targeting versteht man das auf bestimmte Zielgruppen abgestimmte Schalten<br />

und Einblenden von Werbebannern auf Websites. Es wird also versucht, möglichst<br />

individuell für einen User die vermeintlich attraktivsten Banner einzublenden. Dabei<br />

werden Inhalte, Produktnamen, Bereiche einer Website, Herkunft des Besuchers<br />

oder auch bestimmte Schlagworte (Keywords) berücksichtigt. Idealerweise wird<br />

ein Klick auf diesen Banner sowie weitere Aktionen wie der Erwerb von Produkten<br />

auf der Ziel-Website erreicht.<br />

Neben den klassischen Targeting-Möglichkeiten von Ad-Servern zählen heute<br />

Keyword (Wortbasiertes), Contextual und Behavioural Targeting zu den weiteren,<br />

user- und umfeldorientierten Methoden der Platzierungsselektion. Allerdings sind<br />

diese Methoden nicht immer präzise, so dass Fehlplatzierungen und Streuverluste<br />

nicht ausgeschlossen werden können. Deshalb setzen Anbieter seit einiger Zeit<br />

mit dem semantischen Targeting die technische Evolution fort, um optimale<br />

Platzierungen im Internet für Werbekampagnen zu garantieren.<br />

Am einfachsten zu vergleichen sind die verschiedenen Targeting-Methoden mit<br />

einem Werkzeugkasten. Jeder Mediaplaner benötigt ein Set an Targeting-Optionen<br />

sowie für jede Kampagne sein eigenes, passendes Werkzeug, um maximales<br />

Potenzial sowie optimale Relevanz erreichen zu können.<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Torsten-Engelken


Relevanz als Basis für erfolgreiche Onlinewerbung<br />

Relevant ist etwas, wenn es in einem bestimmten Zusammenhang von Bedeutung<br />

ist. Relevanz in der Werbung zu schaffen, heißt also, den Konsumenten genau dann<br />

mit der Werbebotschaft zu erreichen, wenn diese ihm in irgendeiner Form wichtig<br />

erscheint. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass relevante Werbung grundsätzlich<br />

besser funktioniert als wahllos gestreute Maßnahmen. Für den Werbetreibenden<br />

ist die richtige Platzierung seiner Anzeigen und Kampagnen also ein wesentliches<br />

Kriterium für den Erfolg. Doch mit welchen Mitteln ist Relevanz zu erreichen?<br />

In der Onlinewerbung stehen dem Werbetreibenden diverse Methoden zur Verfügung,<br />

die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen. Die folgenden Wege werden von<br />

Agenturen und Vermarktern angeboten, um für Relevanz zu sorgen und eine effektive<br />

Platzierung von Werbemaßnahmen zu gewährleisten.<br />

Zielgruppenanalyse<br />

Die Zielgruppe eines Unternehmens wird nach bestimmten Daten und Charakteristika<br />

definiert, zum Beispiel junge autobegeisterte Männer im Alter von zwanzig bis<br />

dreißig Jahren. Im nächsten Schritt werden Portale gesucht, in denen sich diese<br />

Zielgruppe mutmaßlich bewegt. Durch die Buchung auf diesen Websites hofft der<br />

Werbetreibende, sein Zielpublikum ansprechen zu können oder Neukunden zu<br />

gewinnen.<br />

Das Prinzip beruht auf verallgemeinernden Schlussfolgerungen, die nicht unbedingt<br />

zutreffen müssen und kein genaues Wissen über den User beinhalten. Somit können<br />

hier mitunter große Streuverluste entstehen, da es an der nötigen Relevanz fehlt.<br />

Brand-Transfer<br />

Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

Verkörpert eine Marke ein gewisses Image, so werden für Werbemaßnahmen<br />

Portale gebucht, die diesem Image entsprechen oder zumindest dazu passen. Der<br />

Werbetreibende hofft so, seine Zielgruppe dort zu erreichen.<br />

Auch diese Methode trifft oftmals nicht exakt. Ein Brand-Transfer ist eine<br />

willkürliche Übertragung, die nicht unbedingt logischen Gesetzen folgt, sondern<br />

eher intuitiv funktioniert. Somit muss der Werbetreibende auch hier Streuverluste<br />

einkalkulieren.<br />

Umso wichtiger ist es für Werbetreibende, diese Streuverluste so gut wie möglich<br />

zu minimieren, was mit der Buchung von Targeting-Methoden möglich ist. Diese<br />

finden und selektieren relevante Themenumfelder im Netz, bevor die Werbemittel<br />

platziert werden. Das Ergebnis ist, dass Brands an potentielle Endverbraucher<br />

gerichtet beziehungsweise spezifische Zielgruppen mit attraktiven Werbeangeboten<br />

angesprochen werden.<br />

Mit welchen<br />

Mitteln ist<br />

Relevanz zu<br />

erreichen?<br />

327


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

328<br />

Werbemittel<br />

werden auf<br />

Software- und<br />

Hardwareumgebung<br />

zugeschnitten<br />

Wenn der Aufbau<br />

der Werbung zu<br />

lange dauert<br />

Targeting-Methoden<br />

Im Allgemeinen teilt man die verschiedenen Targeting-Methoden in technisches<br />

Targeting und User- und Umfeld-Targeting ein.<br />

1. Technisches Targeting<br />

Beim technischen Targeting stehen die technischen Aspekte zur Zielgruppenfindung<br />

im Fokus. Die Werbemittel werden auf Software- und Hardwareumgebung<br />

zugeschnitten. Das heißt, dass zum Beispiel die technischen Daten der Bildschirmauflösung<br />

des Endgerätes oder die Möglichkeiten des Betriebssystems berücksichtigt<br />

werden. So ist die Werbung für jeden Endverbraucher optimal zu sehen. Genauso<br />

bilden die Geschwindigkeit des Internetzugangs, der Provider oder die Uhrzeit<br />

mögliche Targeting-Optionen. So können lange Ladezeiten (durch Bandbreiten-<br />

Targeting) vermieden, Werbemittel korrekt angezeigt (durch Browser-Targeting) und<br />

regionale Werbung lokal ausgeliefert (durch Geotargeting) werden. Die Einhaltung<br />

einer bestimmten Kontaktdosis für eine Werbekampagne gehört in dieser Form<br />

ebenfalls zum technischen Targeting.<br />

Frequency-Capping<br />

Beim Frequency-Capping wird die Häufigkeit von Werbeeinblendungen kontrolliert,<br />

so dass eine gesteuerte Auslieferung eines Werbemittels besteht. Zum Beispiel kann<br />

ein Frequency-Cap von fünf Einblendungen pro Unique Client nach Anzahl und<br />

Zeiteinheit gebucht werden. Die Werbemittelauslieferung wird demnach pro Nutzer<br />

in der Kontaktfrequenz gesteuert, wobei die Werbewirkung beeinflusst wird.<br />

Der Vorteil bei der Methode des technischen Targetings ist, dass der User nicht<br />

übermäßig die gleichen Werbemittel angezeigt bekommt und so nicht mit<br />

Ablehnungsverhalten auf die Kampagne reagiert.<br />

Uhrzeit- und Wochentag-Targeting<br />

Targeting nach Uhrzeit beinhaltet eine zeitliche Ausarbeitung von Werbekampagnen.<br />

Um bestimmte Zielgruppen zu erreichen, wird im Vorfeld die Tageszeit analysiert,<br />

in der der Großteil online ist. Surft eine Gruppe vorrangig nachmittags, wird<br />

zum Beispiel ein Zeitfenster von 15 - 18 Uhr für die Auslieferung von Werbung<br />

festgelegt.<br />

Bandbreiten-Targeting<br />

Beim Targeting nach Bandbreite wird die Auslieferung von digitaler Werbung an die<br />

Geschwindigkeit der Internetverbindung der Nutzer angepasst. Bei dieser Methode<br />

werden beispielsweise bestimmte Zielgruppen wie DSL-User angesprochen. Des<br />

Weiteren werden umfangreiche Werbemittel bei Schmalbandnutzern nicht angezeigt,<br />

da es zu langen Ladezeiten kommt. Wenn der Aufbau der Werbung zu lange dauert,<br />

wird der Ladevorgang höchstwahrscheinlich abgebrochen, so dass der Einsatz von<br />

Werbeplatzierungen eine Verschwendung ist.<br />

Geo/Regio-Targeting<br />

Die Werbemittel werden anhand von IP- und MAC-Adressen der User an spezifische<br />

Zielgebiete ausgeliefert. Dabei wird der ungefähre Standort der Nutzer festgestellt,<br />

so dass zum Beispiel Werbeanzeigen von Unternehmen eingeblendet werden, die<br />

nur regionale Endverbraucher als Zielgruppe haben. Somit wird garantiert, dass die


Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

Werbung ausschließlich relevante User erreicht. Mit Hilfe des Geo/Regio-Targetings<br />

können Zielgruppen auf Länder, Regionen und Städte reduziert werden.<br />

Durch die präzise Platzierung von Werbung in regionalen Umfeldern werden<br />

Streuverluste vermieden. Bewirbt ein Veranstalter einen lokalen Event in Hamburg,<br />

wird die Anzeige nur den Usern angezeigt, die dem Einzugsgebiet Hamburg<br />

zugeordnet werden können.<br />

Browser-Targeting<br />

Das Browser-Targeting liefert digitale Werbung nach Browsertyp aus. Nach<br />

detaillierter Analyse und Beobachtung einer Zielgruppe wird ermittelt, welchen<br />

Browsertyp diese benutzt. Verwendet sie zum Beispiel hauptsächlich Firefox, so wird<br />

die Onlinewerbung nur bei Nutzung dieses Browsers eingeblendet. Ebenso eignet<br />

sich Browser-Targeting für die Bewerbung von Browser-Plug-ins oder Updates, die<br />

ausschließlich einen Browsertyp betreffen. Zudem können Software-Hersteller, die<br />

ihr eigenes Browserprogramm bewerben wollten, diese Targeting-Art nutzen, um<br />

User von Programmen der Mitbewerber zu erreichen.<br />

Betriebssystem-Targeting<br />

Beim Betriebssystem-Targeting wird das verwendete Betriebssystem der User<br />

ermittelt. Wird Mac OS X von Apple verwendet, wird beispielsweise nur Werbung<br />

für Apple-Software oder Zeitschriften zum Thema angezeigt. Weitere Beispiele sind<br />

Anzeigen für Updates oder neue Betriebssystemversionen.<br />

2. User- und Umfeld-Targeting<br />

Zum User- und Umfeld Targeting zählen zum Beispiel Channel-Buchungen, Keyword<br />

Targeting, Behavioural Targeting oder semantisches Targeting.<br />

Traditioneller Channel<br />

Ein konventioneller Channel bündelt spezialisierte Websites, zum Beispiel zum<br />

Thema Auto, mit Website-Bereichen, die das Thema behandeln. Ein Automobilhersteller<br />

bucht nach diesem Prinzip beispielsweise Anzeigen auf einem reinen<br />

Automobilportal, schaltet jedoch außerdem Werbung in den Autorubriken von<br />

Nachrichten- oder Consumerportalen.<br />

Bei Buchung eines Channels wird die Untergliederung von Websites nicht<br />

berücksichtigt, sondern die Website wird übergreifend belegt. Damit gehen Feinheiten<br />

wie die Platzierung auf den passenden Unterseiten verloren, die eine größere<br />

Relevanz für den User bedeuten können. Grundsätzlich beruht das Channelprinzip<br />

auf der Annahme, dass User, die sich für Automobilportale und -seiten interessieren,<br />

ebenfalls offen für Produktwerbung zu diesem Thema sind. Durch das Surfen auf<br />

diesen Portalen kann der Werbetreibende zwar das Interesse voraussetzen, dieses<br />

muss jedoch nicht unbedingt eine Kaufabsicht beinhalten.<br />

Durch das Platzieren der Werbung in nur themenrelevanten Umfeldern kann ein<br />

Anbieter sicher gehen, dass er Zielgruppen erreicht, die sich für ein bestimmtes<br />

Thema interessieren. Für das Beispiel der Autowerbung bedeutet dies, dass der<br />

Werbetreibende davon ausgehen kann, dass sich autoaffine Endverbraucher zum<br />

Beispiel auf Autoportalen aufhalten. Genauso ist aber garantiert, dass weitere<br />

potentielle Zielgruppen erst gar nicht erreicht werden, da die Werbung in einem<br />

limitierten Umfeld geschaltet wird. Auf Internetseiten, die sich mit Themen<br />

Umfeld:<br />

Automobilhersteller<br />

bucht Anzeigen<br />

auf einem<br />

Automobilportal<br />

329


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Kontext: Immer<br />

wenn das<br />

Wort „Reifen“<br />

auftaucht<br />

330<br />

wie Technik, Unterhaltung oder auch Sport beschäftigen, halten sich ebenfalls<br />

Endverbraucher auf, die an Autos und Zubehör interessiert sein könnten.<br />

Keyword Targeting<br />

Keyword Targeting bedeutet: Werbeansprache von Usern zum Zeitpunkt ihrer<br />

Beschäftigung mit einem gewünschten Thema. Gibt ein potenzieller Endverbraucher<br />

im Internet in Suchmaschinen oder in Branchen- und Telefonbüchern bestimmte<br />

Suchbegriffe ein, wird ihm passende Werbung angezeigt. Die jeweiligen Keywords<br />

werden vorher von den Werbetreibenden für die Kampagnen bestimmt. Handelt<br />

es sich beispielsweise um Werbung aus dem Bereich Tourismus, werden Begriffe<br />

aus den Kategorien Reise, Reisebüros, Hotels, Fluggesellschaften oder Flughäfen<br />

gewählt.<br />

Allerdings kann es schnell zu Fehlplatzierungen von Werbeanzeigen kommen,<br />

da viele deutsche Worte mehrere Bedeutungen haben. Sucht ein User nach der<br />

Automarke „Golf“, werden nicht nur Suchergebnisse zum Thema Automobil<br />

aufgelistet, sondern auch Seiten über den Golf von Mexiko oder Golfsport.<br />

Contextual Targeting<br />

Beim Contextual Targeting werden ebenfalls im Vorfeld einer Werbekampagne<br />

bestimmte Wörter ausgewählt, die zum Inhalt der Anzeigen passen. So werden<br />

Werbeanzeigen eines Automobilherstellers zum Beispiel als In-Text-Anzeigen in<br />

redaktionellem Content unter anderem auf das Wort „Reifen“ geschaltet. Dabei<br />

geht Contextual Targeting einen Schritt weiter als ein Keyword Targeting, da nicht<br />

nur ein einzelnes Wort erfasst wird, sondern auch vereinzelte Worte in der näheren<br />

Umgebung untersucht werden.<br />

Der User liest einen Bericht zu einem bestimmten Thema und wird mit der<br />

vermeintlich passenden Werbung angesprochen. Problematisch kann die Methode<br />

dann sein, wenn die Werbung in einem negativen Kontext geschaltet wird. So<br />

können die Worte „Reifen“, „Motor“ und „Auto“ in einem redaktionellen Bericht<br />

auch im Zusammenhang mit einem dramatischen Autounfall genannt werden. Der<br />

Adserver erkennt hier aber den Sinnzusammenhang zwischen den Worten nicht und<br />

wird dementsprechend die Werbung des Autoherstellers sehr wahrscheinlich auch<br />

neben diesem Bericht schalten. Die Werbeanzeige löst durch diese Fehlplatzierung<br />

eine negative Reaktion des Users aus. Zudem kann es sich im nächsten Absatz des<br />

Artikels um ein völlig anderes Thema handeln, so dass die Werbeanzeige nicht auf<br />

den tatsächlichen Inhalt der Webpage abgestimmt ist.<br />

Behavioural Targeting<br />

Behavioural Targeting basiert auf der Analyse des Verhaltens eines potenziellen<br />

Kunden im Internet. Die Behavioural Targeting-Technologie analysiert den Inhalt<br />

der bisher besuchten Seiten, die Suchergebnisse sowie die bisherige Interaktion<br />

des Kunden mit Werbebannern. Auf der Basis dieser Daten wird das Surfverhalten<br />

des Kunden untersucht und zu einem individuellen Profil zusammengefügt.<br />

Technisch betrachtet funktioniert die Technologie wie folgt: Eine besuchte Seite<br />

oder ein Suchbegriff wird mit einem Cookie versehen. Wird im Internet nach<br />

Veranstaltungen gesucht, wird dieser Surfvorgang gespeichert und der User bekommt<br />

auch außerhalb der Unterhaltungsseiten Werbeangebote angezeigt, die auf Events


Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

hinweisen. Falls sich der Nutzer noch auf keine Veranstaltung festgelegt hat, werden<br />

ihm so kontinuierlich weitere Empfehlungen und Angebote präsentiert.<br />

Die so gewonnenen Interessen werden wie in einer Algorithmuskette registriert<br />

und summiert, so dass anschließend Werbung passend zum gewonnenen Profilbild<br />

während der Internetnutzung angezeigt wird. Bei einem Internetuser, der sich<br />

beispielsweise viel auf Auto-Websites aufhält, geht man davon aus, dass er sich<br />

für Autos interessiert. Auf Grund dieses Surfverhaltens werden dem Kunden später<br />

Werbeanzeigen von Automobilherstellern oder anderen autorelevanten Produkten<br />

auch in autofremden Umfeldern angezeigt.<br />

Daten aus Umfragen oder Marktforschungen werden gleichzeitig zur Unterstützung<br />

hinzugezogen. Dazu zählen Erhebungen wie die der Arbeitsgemeinschaft<br />

Onlineforschung e.V. (AGOF) und Nielsen Net-Ratings; oder auch klassische<br />

Marktforschungen, die auf den Onlinebereich übertragen und angepasst werden.<br />

Behavioural Targeting bedeutet demnach mehr Relevanz der Werbung für den Nutzer<br />

durch Ausrichtung auf seine Interessen. Durch die spätere Schaltung der Werbung<br />

im themenfremden Umfeld ist zu hinterfragen, ob die geringere Relevanz in der<br />

aktuellen Nutzungssituation für das jeweilige Produkt und Werbeziel ausreicht.<br />

Auch datenschutzrechtliche Aspekte sind hier zu beachten, um den Schutz<br />

personenbezogener Daten sicherzustellen.<br />

Die zeitliche Komponente spielt in diesem Fall eine entscheidende Rolle. Der User<br />

hat sich zwar für ein bestimmtes Thema interessiert, möglicherweise hat er sich<br />

jedoch kurze Zeit später für ein Produkt entschieden und dieses gekauft. Werbung,<br />

die ihm nach dem Kauf angezeigt wird, ist für diesen Endverbraucher nicht mehr<br />

relevant. Allerdings wird das „Verhalten“ von potentiellen Kunden weiterhin<br />

beobachtet und zusätzliche Interessen zu den Profilen hinzugefügt, so dass sich<br />

weitere Möglichkeiten ergeben können.<br />

Eine Variation des Behavioural Targetings ist das integrierte Targeting. Zu den<br />

Kriterien des Behavioural Targetings können Möglichkeiten aus anderen Bereichen<br />

hinzugefügt werden, so dass der richtige Mix für eine Kampagne gefunden wird.<br />

Unter anderem werden Aspekte wie Regionalität, soziodemografische Aspekte oder<br />

Interessen berücksichtigt. Ein Nachteil kann aus der Verwendung von zu vielen<br />

Daten entstehen. Entweder sind einige falsch oder ein Profil wird zu umfangreich,<br />

so dass während eines Kampagnenverlaufs Veränderungen vorgenommen werden<br />

müssen.<br />

Semantisches Targeting<br />

Bis dato konnte mittels wortbasiertem Targeting die Werbung zwar im Umfeld zu<br />

den vom Werbetreibenden gewünschten Keywords platziert werden, ohne jedoch<br />

den Sinnzusammenhang (Kontext) zu verstehen. Im Deutschen beispielsweise gibt<br />

es mehrere Bedeutungen für dieselben Wörter, zum Beispiel Schimmel – bezogen<br />

auf das Pferd oder den Pilzbefall bei Lebensmitteln. Von solchen Beispielen gibt es<br />

unzählbare und die Wahrscheinlichkeit, dass die Werbung in einem völlig anderen<br />

Bedeutungszusammenhang platziert wird als der Werbetreibende will, ist enorm<br />

hoch.<br />

Behavioural<br />

Targeting<br />

berücksichtigt<br />

die aktuellen<br />

Interessen der<br />

Nutzer<br />

331


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

332<br />

Semantisches<br />

Targeting<br />

kann ganze<br />

Textpassagen<br />

inhaltlich<br />

erfassen<br />

So wird mit Contextual Targeting häufig Werbung für Last-Minute-Reisen technisch<br />

korrekt neben Berichten über Naturkatastrophen in Urlaubsorten platziert – inhaltlich<br />

daher völlig unpassend. Solche markenschädigenden Platzierungsfehler kommen<br />

regelmäßig, auch mit klassischer Planung, selbst auf Premium-Websites vor. Eine<br />

Autowerbung, die neben einem Artikel über Sicherheitsmängel, Stau oder gar<br />

Autounfälle platziert wird, verursacht höchstwahrscheinlich mehr Schaden als<br />

Nutzen für die Marke.<br />

Durch das weiterhin starke Wachstum der Internetnutzung und die ununterbrochene<br />

Produktion von neuen Website-Inhalten wird ein spezielles Filtern der Seiten und<br />

deren Content immer notwendiger. Täglich entstehen unzählige Meldungen, inklusive<br />

vieler Negativschlagzeilen, deren Inhalte unmöglich auf die Schnelle zu erfassen<br />

sind. Daher sind im Netz Fehlplatzierungen von Werbebannern in Themenumfeldern,<br />

die für die beworbene Marke irrelevant oder schädigend sind, an der Tagesordnung.<br />

Ein Beispiel für Negativschlagzeilen ist das Thema „Fliegen“. Nicht nur in den<br />

TV-Nachrichten haben Berichte zu diesem Thema eine große Präsenz, sondern<br />

auch im Internet. Prominente Beispiele für diese Art der Berichterstattung sind:<br />

das Aussetzen des Flugverkehrs in Europa durch die Aschewolke des isländischen<br />

Vulkans Eyjafjalla oder Flugzeugabstürze, wie der des polnischen Präsidenten in<br />

Smolensk.<br />

Die Werbung einer Fluggesellschaft oder anderer Werbetreibender aus der<br />

Reisebranche wie Hotelketten wird daher neben einer solchen Katastrophenmeldung<br />

einen kontraproduktiven Effekt haben. Denn wer bucht schon einen Flug oder<br />

plant eine Reise, wenn er gleichzeitig von einem Flugzeugunglück liest? Für<br />

Werbetreibende ist es daher wichtig, die geeignete Zielgruppe zu erreichen, ohne<br />

dass Anzeigen in derlei kontroversen Umfeldern erscheinen. Es gilt hier, die Begriffe<br />

und Inhalte zu identifizieren, die durch diese Vorfälle negativ aufgeladen sind.<br />

Die Lösung dieser Problematik bietet das sogenannte semantische Targeting.<br />

Im Vergleich zum wortbasierten Targeting sucht dieses Verfahren nicht nur nach<br />

einzelnen Keywords, sondern analysiert in Sekundenbruchteilen den ganzen<br />

sichtbaren redaktionellen Text einer Webpage. Dabei werden Schwerpunktthemen<br />

berücksichtigt und passende Kampagnen nur bei Relevanz eingeblendet.<br />

Die Methode des semantischen Targetings ist ein kontinuierliches Projekt, da<br />

sich die Sprache stets verändert. Es werden immer neue Kategorien inklusive<br />

Bezugswörtern und Bedeutungen von Sprachwissenschaftlern rund um den<br />

Globus in eine Datenbank eingegeben. Doch nicht nur einzelne Wörter sind für<br />

das Erkennen von Themenumfeldern relevant. Auch weitere Wortbedeutungen,<br />

Synonyme, Metaphern, Sprichworte und Redewendungen werden mit linguistischer<br />

Expertise zusammenführt. Durch die ständige Weiterentwicklung und Erweiterung<br />

wird die Technologie für immer mehr Werbetreibende verfügbar gemacht. Im Detail<br />

bedeutet das, dass Werbekampagnen nicht nur in offensichtlichen Umfeldern platziert<br />

werden.<br />

Für einen Werbetreibenden zum Beispiel aus der Reisebranche wird die Werbung<br />

somit nicht nur auf Internetseiten mit dem Thema Tourismus platziert. Durch<br />

die exakte Analyse des ganzen Inhalts werden auch relevante Webpages in den<br />

Bereichen Freizeit, Hobby, Unterhaltung und News- und Special-Interest-Portale


angesteuert. Das heißt, dass nur optimale Platzierungen, auch im sogenannten<br />

Long Tail, gewährleistet werden. Zusätzlich wird eine Kampagne kontinuierlich<br />

beobachtet, so dass sie auf täglicher Basis optimiert werden kann. Dabei werden<br />

diejenigen Themenkategorien von der Auslieferung ausgeschlossen, die keine<br />

optimale Performance erzielen.<br />

Semantisches Targeting bedeutet näher an den Bedürfnissen der Mediaentscheider<br />

zu sein als konventionelle Targeting-Technologien. Durch das exakte inhaltliche<br />

Verständnis jeder Webpage filtert semantisches Targeting für jeden Werbetreibenden<br />

nur die Top-Platzierungen heraus und umschifft markenindividuell kritische<br />

Umfelder. Auch für den User wird die Werbung relevanter, denn er erhält sie exakt<br />

zum Zeitpunkt seiner Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema.<br />

Targeting liegt auf alle Fälle im Trend und hat, wenn es richtig gewählt ist, das<br />

Potenzial, die Zielgruppenansprache nahezu jeder Kampagne zu optimieren. Wichtig<br />

ist jedoch, dass eine Kampagne ihr passendes Werkzeug erhält. Noch verhalten sich<br />

Agenturen und Werbekunden zögerlich. Dies zeigt eine Umfrage, die die Internet<br />

World Business und ad pepper media bei 511 Mediaentscheidern durchgeführt<br />

haben. Im Vergleich zu den Jahren davor hat der Einsatz von Targeting zwar<br />

insgesamt zugenommen; die Tatsache, dass die verwendeten Technologien sehr<br />

verschiedenartig sind, weist jedoch daraufhin, dass Targeting immer noch nicht<br />

hinreichend erklärt worden ist. Onlinewerbung wird jedoch durch Targeting um ein<br />

Vielfaches effizienter werden, wobei insbesondere semantisches Targeting in der<br />

Zukunft eine entscheidende Rolle spielen wird.<br />

Abb. 1: Beispiel iSense Category Tree<br />

Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

Onlinewerbung<br />

wird jedoch<br />

durch Targeting<br />

um ein Vielfaches<br />

effizienter<br />

werden<br />

333


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

334<br />

Ziel ist es, den User genau dann mit der Werbung anzusprechen, wenn er<br />

sich mit dem jeweiligen Thema beschäftigt. Dies unterscheidet semantisches<br />

Targeting von Behavioural Targeting, wo auf Grund des Onlineverhaltens eine<br />

zeitversetze Einblendung der Werbemaßnahmen erfolgt. Somit wird das Risiko<br />

der zwischenzeitlichen Irrelevanz umgangen. Im Vergleich zum Channel werden<br />

beim semantischen Targeting gemeinsam mit dem Werbetreibenden sehr präzise<br />

Themenumfelder festgelegt, in denen die Werbeschaltungen durchgeführt werden<br />

sollen. Beim Channel hingegen wird ein übergreifendes Thema angesteuert, das<br />

Targeting ist damit grober.<br />

Entwicklung des semantischen Targetings<br />

Die semantische Targeting-Technologie ist das Ergebnis eines zwölfjährigen<br />

linguistischen und technischen Forschungs- und Entwicklungsaufwands unter<br />

der Leitung von Prof. Dr. David Crystal. Dieser ist einer der bedeutendsten<br />

Sprachwissenschaftler der Welt. Er verfolgt das Ziel, sich von bestehenden Targeting-<br />

Systemen erfolgreich und dauerhaft abzugrenzen und einen entscheidenden<br />

Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Werbetreibende, die semantisches Targeting nutzen,<br />

profitieren von verschiedenen Vorteilen, die sowohl für aktuelle Kampagnen als auch<br />

für spätere Werbemaßnahmen Erfolg versprechen.<br />

Prof. Dr. David Crystal<br />

• Renommierter internationaler Linguist<br />

• Autor, Herausgeber, Dozent und Rundfunk-<br />

sprecher<br />

• Herausgeber und Autor der Cambridge<br />

Encyclopedia of Language und The Penguin<br />

Encyclopedia<br />

• Für seine sprachlichen Verdienste wurde er<br />

1995 zum Ritter geschlagen<br />

• Führender Experte für Sprache im Internet<br />

• Semantische Targeting-Technologie wurde<br />

mit Preisen wie dem International Festival<br />

of Media Awards ausgezeichnet<br />

Präzise thematische Steuerung<br />

Der Werbetreibende hat die Möglichkeit, thematische Kategorien festzulegen, die<br />

nach zahlreichen Unterbereichen spezifiziert und somit extrem spitz gewählt und<br />

kombiniert werden können. Das Thema „Auto” kann beispielsweise auf die Ebenen<br />

„Zubehör” oder „Reifen” heruntergebrochen werden. Der Werbetreibende erhält<br />

die Garantie, dass seine Anzeigen nur in den gewünschten Umfeldern ausgeliefert<br />

werden.<br />

Diese Differenzierung ist zum Beispiel für einen Reifenhändler entscheidend, da<br />

er von einer gesteigerten Wahrnehmung ausgehen kann, werden seine Anzeigen in


speziellen „Reifen“-Umfeldern angezeigt. Anstelle der groben Belegung einzelner<br />

Websites, Keywords oder Rubriken selektiert die Methode des semantischen<br />

Targetings einzelne, thematisch exakt passende Webpages im semantischen<br />

Network. Konkret bedeutet das, wenn ein Endverbraucher sich über den Erwerb<br />

von „Reifen“ erkundigt, werden ihm passende Angebote dazu gemacht. Somit<br />

entstehen kaum Streuverluste und der Konsument erhält die Werbebotschaft exakt<br />

zum Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem entsprechenden Thema.<br />

Komplettbesetzung des gewünschten Themas<br />

Ein weiterer Vorteil ist die Komplettbesetzung eines Themas. Die semantische<br />

Targeting-Technologie selektiert und bündelt verschiedene relevante Umfelder.<br />

So muss der Werbetreibende sich nicht allein auf spezialisierte Websites<br />

konzentrieren, sondern erreicht alle für das Thema relevanten Webpages; dazu<br />

gehören Nachrichtensites genauso wie General-Interest-Portale. Das bedeutet, dass<br />

ebenso Bereiche im Netz angesteuert werden, die für den Werbetreibenden nicht<br />

als offensichtliche Werbeplätze gelten (Long Tail). Durch diese Präzision werden<br />

Streuverluste reduziert und eine optimale Reichweite garantiert.<br />

Kennenlernen der Zielgruppe<br />

Durch die feinen Platzierungsmöglichkeiten und die Bündelung relevanter<br />

Themenumfelder ist eine exakte Analyse des Kampagnenverlaufs möglich. Der<br />

Werbetreibende erhält in regelmäßigen Abständen ein Reporting das zeigt, welche<br />

Themen, Kategorien und Umfelder besonders gut funktionieren. Natürlich wird auf<br />

Grundlage dieser Zwischenwerte die Kampagnensteuerung laufend optimiert. Der<br />

große Mehrwert für den Gebrauch des semantischen Targetings liegt darin, dass<br />

man seine Zielgruppe durch diese Berichte besser kennenlernt. Der Werbetreibende<br />

bekommt so die Information, auf welchen Portalen sich potentielle Neukunden<br />

aufhalten und wie die optimale Ansprache aussieht.<br />

Aufgrund dieser Schlussfolgerungen lassen sich zum einen Veränderungen bereits<br />

während eines Kampagnenverlaufs vornehmen. Diese können gegebenfalls optimiert<br />

werden, indem schlecht performende Themenkategorien gestrichen werden. Zum<br />

anderen können die gewonnenen Daten über Zielgruppen für künftige Kampagnen<br />

verwendet werden, um diese besser und effektiver zu planen und Kampagnenerfolge<br />

langfristig zu sichern.<br />

Markenschutz<br />

Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

Da die semantische Targeting-Technologie nicht nur nach Keywords sucht, sondern<br />

den gesamten Text einer Webpage analysiert, geht der Werbetreibende negativen<br />

Platzierungen aus dem Weg. So wird dem Ansehen einer Marke nicht geschadet.<br />

Kritische Umfelder werden nämlich in Sekundenbruchteilen identifiziert und sofort<br />

für die Werbeauslieferung blockiert.<br />

Veränderungen<br />

bereits während<br />

des Kampagnenverlaufs<br />

335


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

336<br />

So verhindert das semantische Targeting Werbeschaltungen auf Webpages, auf<br />

denen es um Alkohol, Drogen, Tabak, Sex, Nacktheit, Waffen, Gewalt oder extreme<br />

Ansichten geht. Auch Schaltungen im thematischen Umfeld von Glücksspiel und<br />

Peer-to-Peer lassen sich ausschließen. Die Werbung eines Musiklabels im Umfeld<br />

eines Artikels über Musiktauschbörsen wird so vermieden – oder, falls es das Ziel der<br />

Kampagne ist, natürlich auch konkret ausgewählt. Somit kann der Werbetreibende<br />

sich sicher sein, dass es keine markenschädigenden Schaltungen geben kann.<br />

Literatur<br />

Abb. 2: Beispiel Tripolis<br />

Crystal, David: Semantic targeting: past, present, and future. – In: Aslib Proceedings, 62<br />

(4/5): S. 355-365, Bangor, 2010.<br />

http://www.bvdw.org/media/download/bvdw--was-ist-targeting-dmexco-20090923.pdf?<br />

file=752 – Präsentation der Unit Targeting vom BVDW von der dmexco 2009<br />

http://david-crystal.blogspot.com/ – Blog von David Crystal<br />

http://www.zeit.de/digital/internet/2010-03/semantic-targeting-david-crystal – Interview<br />

mit David Crystal aus der Zeit.


Technisches Targeting<br />

Feinere Targeting-Methoden<br />

Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />

Frequency-Capping Kontrollierte Auslieferung von Werbung<br />

pro Unique User nach Anzahl und<br />

Uhrzeit<br />

Uhrzeit- und Wochentag-Targeting Digitale Werbung innerhalb eines vorgegebenen<br />

Zeitraumes<br />

Bandbreiten-Targeting Auslieferung von Werbung an User nach<br />

Geschwindigkeit des Internetzuganges<br />

Geo/Regio-Targeting Platzierung von Werbemitteln in regionalen<br />

Zielgebieten anhand von IP-Adressen<br />

Browser-Targeting Kampagnenplatzierung nach dem Kriterium<br />

„Browsertyp”<br />

Betriebssystem-Targeting Platzierung von Werbung nach Ermittlung<br />

des Betriebssystems<br />

Traditioneller Channel Auslieferung von Werbung an Nutzer<br />

mit ausgewählten soziodemografischen<br />

Daten<br />

Keyword Targeting Platzierung von Werbemitteln anhand<br />

eines Suchwortes<br />

Contextual Targeting Einblendung von Werbung bei Übereinstimmung<br />

von definierten Wörtern auf<br />

Internetseiten<br />

Behavioural Targeting Platzierung von Werbung basierend auf<br />

dem Surfverhalten der User<br />

Semantisches Targeting Präzise Kampagnenplatzierung durch<br />

Erkennen des Kontextes von Websites<br />

337


338<br />

Geotargeting<br />

5<br />

– lokal gezielt trifft besser<br />

Ralf Walther<br />

Lokaler Bezug<br />

erregt die<br />

Aufmerksamkeit<br />

einer Zielgruppe<br />

Regionale<br />

Internetknoten<br />

verraten über<br />

ihre IP-Adresse<br />

den Standort<br />

So sehr uns auch das Internet durch seine Virtualität und Mobilität von der eigenen<br />

Örtlichkeit abkoppelt, so sind wir als Menschen stets dauerhaft mit Orten und<br />

Positionen verbunden. Wir wohnen in einer Stadt, wir wollen das Wetter der Region<br />

wissen oder wir interessieren uns für andere Länder; sei es als Reiseziel oder einfach<br />

nur weil uns die dortige Kultur wichtig ist. Damit ist klar, dass ein lokaler Bezug die<br />

Aufmerksamkeit einer Zielgruppe erregen kann, gleichgültig ob wir uns im Kontext<br />

von klassischer Print-Werbung oder uns auf Internetseiten bewegen.<br />

Streng genommen wurde und wird Geotargeting schon lange vor der kommerziellen<br />

Nutzung des Internets im klassischen Marketing eingesetzt. Die Ausrichtung von<br />

Marketingmaßnahmen durch lokale Informationen zeigt sich zum Beispiel bei den<br />

lokal unterschiedlichen Werbespots im Kabelfernsehen oder Zeitungsbeilagen. Mit<br />

den technischen Eigenschaften des Internets aber auch mit der mobilen Nutzung<br />

sind jedoch vollkommen neue Anwendungsfelder möglich geworden. Es ist daher<br />

legitim den Begriff des Geotargetings direkt mit Techniken und Abläufen innerhalb<br />

des Internets und seinen Diensten zu assoziieren.<br />

Was ist Geotargeting, Geolocation, IP-Location?<br />

Der Begriff Geotargeting wird oft unterschiedlich und teilweise auch falsch<br />

verwendet. Insbesondere die Abgrenzung zu den Begriffen Geolocation und IP-<br />

Location ist wichtig. In Abb. 1 werden die drei Begriffe in Kurzform definiert.<br />

Adressen und Orte – die Tücken von IP-Location<br />

In Abb. 2 sind grundlegende Eigenschaften der Internetkommunikation skizziert. Der<br />

Dienstanbieter und auch der Internetnutzer erhalten für die Kommunikation innerhalb<br />

des Internets von einem Internetprovider eine eindeutige Adresse (IP-Adresse)<br />

zugeteilt. Die Kommunikation findet dann über zahlreiche Internetknoten statt, die<br />

jeweils selbst über eine entsprechende IP-Adresse verfügen. Für alle beteiligten<br />

Aktoren sind in der Skizze Beispiele für lokale Eigenschaften angegeben. Schnell<br />

wird klar, dass es nicht den einen Ort gibt, der für die Internetkommunikation<br />

alleine entscheidend ist. Es ist viel mehr so, dass je nach Internetdienst durchaus<br />

unterschiedliche Ortsangaben für die Anpassung des Verhaltens und der Dienstinhalte<br />

relevant sind. Zudem ist die technische Begebenheit wichtig, dass die Internetadressen<br />

dem Provider zuzuordnen sind. Ohne zusätzliche Informationen kann also keine<br />

gesicherte Aussage über den exakten, realen Standort des Internetnutzers getroffen<br />

werden. Dadurch ergibt sich, dass eine lokale Aussteuerung von Internetdiensten<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ralf-Walther


immer je Anwendungsbereich auf die zu erwartende Genauigkeit abgestimmt<br />

werden muss.<br />

Abb. 1: Begriffserklärung Geotargeting, Geolocation, IP-Location<br />

Wenn die Bestimmung der geografischen Position einer Internetadresse oftmals<br />

die Basis für Geotargeting ist, sollte man die damit verbundenen Schwierigkeiten<br />

für den eigenen Anwendungsfall einzuschätzen wissen. Doch welche Quellen für<br />

örtliche Informationen gibt es? Und wie genau kann eine Ortsbestimmung via<br />

IP-Adresse überhaupt sein?<br />

Allgemein zugängliche Datenquellen<br />

Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

Geotargeting<br />

ist ein Prozess, in dem sich Internetdienste mittels Einbeziehung von geografischen<br />

Informationen unterschiedlicher Abstraktionsebenen über eine Zielgruppe, über einen Nutzer<br />

oder über Produkte auf den jeweiligen Anwendungsfall anpassen, um die Effizienz des<br />

Internetdienstes zu verbessern.<br />

Geolocation<br />

wird im Zusammenhang mit der Kommunikation zwischen Internetservern und Internetnutzern<br />

als der Prozess bezeichnet, der als Ergebnis eine möglichst genaue Ortsbestimmung des<br />

Internetnutzers liefert. Das Ergebnis von Geolocation ist oft die Basis für Geotargeting, muss<br />

aber nicht zwangsläufig die einzige Informationsquelle für erfolgreiches Geotargeting sein.<br />

IP-Location<br />

ist eine Technik, die für die IP-Adresse des Internetnutzers (eindeutige Internetadresse<br />

zum Zeitpunkt der Kommunikation) eine Einschätzung des geografischen Standorts des<br />

Internetnutzers liefert.<br />

Fazit<br />

Geotargeting ist die Verhaltensänderung des Internetdienstes durch lokale Informationen, die<br />

zum Beispiel auf der Position des Internetnutzers basieren. Die Bestimmung der Position ist<br />

Geolocation und kann unter anderem durch IP-Location durchgeführt werden. Dabei sollte<br />

nie vergessen werden, dass man die geografische Position des IP-Besitzers erhält und man<br />

nicht zwangsläufig sicher sein kann, welche Person tatsächlich gerade über diese Adresse<br />

kommuniziert.<br />

Zwei allgemein zugängliche Quellen sind zum Beispiel die für die Zuteilung von<br />

Internetadressen zuständige Non-Profit-Organisation Réseaux IP Européeans<br />

Network Coordination Centre, RIPE NCC, kurz RIPE genannt, und das Verzeichnis<br />

Deutsches Network Information Center, DENIC. Diese Organisationen verwalten die<br />

Internetadressen und deren Zuordnung zu Domainnamen. Die Provider verursachen<br />

also eine Unschärfe in der Zuordnung einzelner IP-Adressen zu gesicherten<br />

geografischen Position.<br />

Wie genau<br />

kann eine<br />

Ortsbestimmung<br />

via IP-Adresse<br />

überhaupt sein?<br />

339


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

340<br />

Abb. 2: Internetkommunikation, Beispiele für lokale Eigenschaften<br />

1. Interesse des Nutzers für eine lokale Information (Wetter, Tickets, Reiseziel),<br />

2. Standort des PCs/Standort des Internetnutzers,<br />

3. Geografische Position des Einwahlknotens des Providers (dynamisch),<br />

4. Geografische Position der Internetanbindung des Dienstanbieters,<br />

5. Standort des Unternehmens,<br />

6. Lieferbarkeit der Produkte (Radius),<br />

7. Filialstruktur und deren lokale Bedingungen.<br />

Der Effekt wird noch stärker, wenn die Provider extrem groß und die Einwahlknoten<br />

für große Regionen verwendet werden, wie zum Beispiel bei dem Provider America<br />

Online (AOL). Die Bestimmung einer sinnvoll verwendbaren Position ist bei AOL<br />

nur noch auf Länderebene berechenbar. Eine ähnlich schlechte Situation besteht für<br />

die Anwender des Mobile Internet, die sich via Smartphone oder USB-Surf-Stick<br />

in ein Mobilfunknetz einschalten und dort die Datendienste des Internets nutzen.<br />

Die dem Mobilfunkanbieter sehr wohl bekannte Information über die verwendeten<br />

Mobilfunkzellen ist nicht allgemein öffentlich verfügbar. Aus diesem Grund<br />

verschließt sich eine örtliche Bestimmung der Nutzer des mobilen Internets mittels<br />

Triangulation (Abb. 3).


Abb. 3: IP-Location: Probleme mit Proxy, großen Providern und Mobile Internet<br />

GPS-Smartphone & Co<br />

Die neue Smartphone-Generation, die mit GPS-Empfängern ausgerüstet ist,<br />

bietet eine oftmals sehr genaue Bestimmung der Position des Nutzers des Mobile<br />

Internets. Allerdings muss der Nutzer die Freigabe dieser Information explizit<br />

erlauben. Anwendungen, wie sie zum Beispiel auf dem iPhone existieren, können<br />

dann die GPS-Positionen verwenden, um die nächste Pizzeria oder den Namen des<br />

gerade sichtbaren Sternbildes anzuzeigen. Ein allgemein standardisierter Zugriff<br />

der mobilen Browser auf die GPS-Position ist geplant (HTML5) aber bisher nicht<br />

etabliert. Proprietäre Speziallösungen existieren zum Beispiel bei Blackberry<br />

(JavaScript Location-API) oder für den Mozilla Firefox (Geolocation API).<br />

Abb. 4: Anforderungen an IP-Location-Dienste<br />

Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

Fazit Qualität von IP-Location<br />

Anbieter von Lösungen, die alleine auf eine Datenquelle (RIPE, DNS) basieren, können nur sehr<br />

ungenaue Qualität bei der Ortsbestimmung liefern. Erst wenn der Anbieter mehrere Quellen<br />

kombiniert und dann auch noch ein System vorweisen kann, mit dem die Daten immer wieder<br />

validiert werden, kann eine deutliche Verbesserung erreicht werden.<br />

Anforderungen IP-Location<br />

100 Prozent Abdeckung:<br />

Der IP-Location-Anbieter sollte für jede IP-Adresse eine Ortsangabe und einen Konfidenzwert<br />

als Ergebnis liefern. Die Online-Marketing-Anwendung kann dann bei nicht ausreichender<br />

Verlässlichkeit immer noch entscheiden, ob sie die Ortsangabe für die Werbemaßnahme verwirft<br />

und doch lieber eine andere Strategie verwendet.<br />

Mehr als 70 Prozent Genauigkeit:<br />

Für den deutschsprachigen Raum (DACH) sollte ein IP-Location-Anbieter für mehr als 70<br />

Prozent aller Anfragen eine Ortsangabe machen, die auf 50 Kilometer genau den tatsächlichen<br />

Standort angibt.<br />

Smartphones mit<br />

GPS-Empfängern<br />

erlauben exakte<br />

Lokalisierung<br />

341


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Lokal angepasste<br />

Werbebotschaften<br />

bieten<br />

höhere Klick- und<br />

Konversionsraten<br />

342<br />

Anwendungsfelder Geotargeting<br />

Die Anwendungsbereiche von Geotargeting sind vielfältig. Die folgende Aufzählung<br />

gibt einen Einblick in die breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten.<br />

Online-Advertising<br />

Das lokale Aussteuern von Werbeeinblendungen ist das Hauptanwendungsfeld des<br />

Geotargetings. Der lokale Kontext wird entweder durch Geolocation ermittelt oder<br />

durch Interaktion mit dem Nutzer beziehungsweise mit dem Internetportal geliefert.<br />

Das Ziel ist Vermittlung einer lokal angepassten Werbebotschaft, die höhere Klick-<br />

und Konversionsraten erzielt.<br />

E-Mail-Marketing<br />

Die Auswahl der Adressaten im E-Mail-Marketing erfolgt anhand von Eigenschaften,<br />

die zu der E-Mail-Adresse bekannt sind oder angenommen werden können. Dazu<br />

gehören zum Beispiel Alter, Geschlecht und eventuell bekannte Interessen. Mittels<br />

Geotargeting können dann auch geografische Kriterien (Land, Bundesland, Stadt)<br />

ausgewählt und für die lokale Aussteuerung verwendet werden. Der Effekt ist eine<br />

deutlich höhere Öffnungs- und Klickrate der E-Mails.<br />

Online-Analytics<br />

Durch Geolocation können die Besucher von Webseiten oder Online-Diensten nach<br />

geografischen Eigenschaften klassifiziert werden. Es ergeben sich dadurch eventuell<br />

Erkenntnisse auf geografischer Ebene, die direkt zur Optimierung der Webseiten<br />

verwendet werden können.<br />

Content-Localization<br />

Mittels Geolocation wird die Herkunft der Besucher eingeschätzt, um die Webinhalte<br />

entsprechend der Sprache, Währung oder auch länderspezifischer Versandkosten<br />

anzupassen. Durch Interaktion mit dem Nutzer kann die korrekte Einstellung zu<br />

einhundert Prozent garantiert werden.<br />

Fraud-Detection<br />

Geotargeting kann im Zusammenhang mit der Nutzung von Internetdiensten auch<br />

für die Betrugserkennung nützlich sein. Im Rahmen der korrekten Verwendung des<br />

Dienstes werden Nutzungsprofile angelegt. Diese Profile können in Kombination<br />

mit Geolocation wichtige Hinweise auf eine betrügerische Nutzung liefern.<br />

Lizenzmanagement<br />

Mittels Geotargeting können lokal geltende Vorschriften oder Lizenzbestimmungen<br />

aufrecht erhalten werden, welche Zugriffe aus unterschiedlichen Ländern<br />

differenziert behandeln möchten. Ähnlich den Veröffentlichungskanälen im<br />

Kabelfernsehen, die lokal unterschiedliche Inhalte verbreiten, kann ein Internetservice<br />

für Veröffentlichungen Lizenzen je Land erwerben und dies via Geotargeting<br />

sicherstellen.<br />

Geotagging für die Suchmaschinen-Optimierung (SEO)<br />

Geolocation als Bestandteil des Geotargetings kann auch für die Optimierung<br />

der eigenen Webseiten verwendet werden. Die Suchmaschinen haben längst die<br />

Darstellung der Suchergebnisse mit explizit lokalem Anteil ergänzt (siehe google.de).<br />

Mit der Angabe von Geo-Tags innerhalb von Webseiten, kann den Suchmaschinen<br />

signalisiert werden, welchen geografischen Kontext die Inhalte haben. Der lokale


Kontext einer Suchanfrage, zum Beispiel „Schreiner Konstanz“, kann als zusätzliche<br />

Eigenschaft für die Zusammenstellung des Suchergebnisses verwendet werden.<br />

Höhere Genauigkeit durch intelligente Datenanalyse<br />

Die hohe Unsicherheit bei Einschätzungen einzelner Informationsquellen ist<br />

offensichtlich vorhanden. Es stellt sich daher die Frage, wie bei der Auswahl eines<br />

Geotargeting-Dienstes oder eines Datenanbieters die Spreu vom Weizen getrennt<br />

werden kann? Die Antwort ist so ernüchternd, wie unausweichlich: Solange sich<br />

ein Anbieter nur auf eine Datenquelle stützt, wird er die erforderlichen Kriterien<br />

nicht erfüllen können. Natürlich ist die Auswahl eines Geotargeting-Dienstes immer<br />

auch von der Anwendung abhängig. Eine Sprach- und Währungssteuerung eines<br />

Internetshops kann mit einer geringeren Genauigkeit auskommen, als zum Beispiel<br />

die Anzeige von Konzertkarten der Umgebung. Das Ziel sollte aber sein, den lokalen<br />

Kontext für die Aussteuerung von Werbemitteln verwenden zu können; ein Kontext<br />

auf Länderebene ist dann nicht ausreichend.<br />

Um Sicherheit in der Einschätzung der Qualität zu erhalten, wurden innerhalb einer<br />

Projektgruppe zahlreiche IP-Location-Datenbanken analysiert. Da diese zumeist von<br />

amerikanischen Unternehmen angeboten und die Daten weltweit erhoben werden,<br />

genügen die einzelnen IP-Location-Datenbanken nicht den geforderten Kriterien für<br />

den deutschsprachigen Raum (DACH). Leider entspricht die Güte auch nicht den<br />

Marketingversprechungen der jeweiligen Anbieter und die in Abb. 5 aufgeführten<br />

Beispiele verdeutlichen die systematischen Fehlerquellen, die in Einzelfällen sogar<br />

ein Geotargeting auf Länderebene fraglich erscheinen lassen.<br />

Die Lösung dieses Dilemmas liegt in dem unausweichlichen Schritt, zahlreiche<br />

Informationsquellen intelligent miteinander zu verknüpfen.<br />

Doch was bedeutet intelligente Datenanalyse im Zusammenhang mit Geotargeting?<br />

Effektives Geotargeting in der Onlinewerbung verknüpft intelligent die vorhandenen<br />

Informationsquellen, um eine optimierte Klickrate und Konversion zu realisieren.<br />

Als Datenquelle dienen die Informationen aus Geolocation, Kundeninteraktion und<br />

trainierten Erfahrungswerten. Dabei sind insbesondere folgende Vorgehensweisen<br />

wichtig:<br />

• Kombination von verschiedenen Quellen in einem Bewertungsmechanismus.<br />

• Nutzung von direkt vom Nutzer formulierten zusätzlichen Informationen.<br />

• Möglichkeit einer Rückmeldung zur Korrektur von ungenauen Ortsangaben.<br />

Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

Die Basis eines professionellen Geotargeting-Systems ist zumeist eine Geolocation-<br />

Strategie, die aus einer Kombination aus mehreren IP-Location-Datenbanken<br />

besteht.<br />

Die einzelnen IP-Location-Datenbanken haben meistens Schwerpunkte und damit<br />

verknüpft Stärken und Schwächen. Eine Kombination aus mehreren Datenbanken<br />

kann Schwächen ausgleichen und die Qualität steigern.<br />

Anzeige von<br />

Konzertkarten<br />

der Umgebung<br />

343


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

344<br />

Das Salz in der<br />

Geotargeting-<br />

Suppe<br />

Geolocation Fehlerbeschreibung<br />

213.252.153,210 Braunschweig Datenverfügbarkeit für Deutschland<br />

Viele liefern „Brunswick“ als Stadtname,<br />

Häufig fehlen die PLZ-Angaben<br />

129.143.4.67 www.proxy3.belwue.de<br />

Baden-Württemberg<br />

139.139.67.70<br />

Kaiserslautern<br />

82.113.106.145<br />

O2 Mobilfunk/Surfstick<br />

62.206.57.16 München<br />

62.206.57.152 Freiburg<br />

62.206.57.162 Köln 62.206.57.176<br />

Berlin 62.206.57.184 Hannover<br />

62.206.57.192 Dinslaken<br />

Abb. 5: Systematische Fehler der IP-Location-Anbieter<br />

Direkte Nutzerinformationen sind sehr wertvoll<br />

Konfidenz fehlerhaft<br />

Alle Schulen aus Baden-Württemberg verwenden<br />

diesen Proxy und werden teilweise mit sehr hoher<br />

Konfidenz als Stuttgart eingeschätzt.<br />

Fehler auf Landesebene<br />

Für den Server des amerikanischen Militärs wird das<br />

Land USA ermittelt, obwohl der Realname schnell<br />

den richtigen Standort verrät<br />

– lsg.kaiserslautern. army.mil<br />

Erkennbarkeit von nicht einschätzbaren<br />

Adressen<br />

Obwohl diese Adresse eindeutig deutschlandweit<br />

zum Einsatz kommt, wird mit hoher Konfidenz eine<br />

Stadt geliefert.<br />

Nicht zuordenbare Adressen müssen erkennbar sein.<br />

Fehler in Auflösungstiefe<br />

Viele ordnen den ganzen Adressbereich 62.206.57.0-<br />

255 einer einzigen Stadt zu.<br />

Zusätzlich dazu werden Ortsinformationen verarbeitet, die direkt oder indirekt<br />

vom Nutzer mitgeteilt werden. Diese sind besonders hochwertig und zielführend<br />

– sie sind das Salz in der Geotargeting-Suppe. Warum die IP-Position des Providers<br />

bewerten, wenn der Nutzer direkt mitteilt, dass ihn das Wetter für die PLZ 78467<br />

interessiert? Hat er dies erst einmal mitgeteilt, kann von den Werbenetzwerken<br />

aktiv lokal ausgesteuerte Werbung angefordert werden, da dadurch eine höhere<br />

Klickrate respektive Konversion zu erwarten ist.<br />

Die Nutzer teilen oft auch indirekt eine Affinität zu einem Ort mit. Dies äußert sich<br />

zum Beispiel in dem Besuch eines Forums, welches explizit einem geografischen<br />

Raum zugeordnet werden kann. Ein aktuelles Beispiel ist das das Community-Portal<br />

www.lakeparty.de, welches explizit Personen aus dem Bodenseeraum anspricht.


Abb. 6: Schnellübersicht – Wie kann ich Geotargeting nutzen?<br />

Geotargeting im Online-Advertising<br />

Die Anbieter von Geotargeting überbieten sich in der Genauigkeit der Ortsbestimmung<br />

und in der Konstruktion von Anwendungsbeispielen. Sehr häufig<br />

findet sich Geotargeting als eine Teilfunktionalität in Ad-Servern wieder. Es wird<br />

dann eine Genauigkeit größer als achtzig Prozent und eine genaue Lokalisierung auf<br />

Stadtebene versprochen. Die Anbieter haben mit denselben technischen Bedingungen<br />

zu kämpfen und verlassen sich zumeist auf eine einzige amerikanische IP-Location-<br />

Datenbank. Dem denkenden Leser sei der selbständige Schluss erlaubt, was von den<br />

Versprechungen zu halten ist. In der Tat sind lokalisierte Marketing-Maßnahmen<br />

extrem wirksam, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Was gibt es also zu<br />

beachten?<br />

Geotargeting geht nicht mit allen Produkten<br />

Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

Wie kann ich Geotargeting nutzen?<br />

Geotargeting aus der Sicht des Advertisers und des Publishers<br />

Sowohl als Advertiser, als auch als Publisher gibt es im Online-Marketing zahlreiche Optionen<br />

für Geotargeting. Zumeist als Zusatzoption verfügbar, werden entweder die eigenen Werbemittel<br />

nur für regional gebuchte Zielgruppen angezeigt, oder die Publisher können angeben,<br />

welche regionalen Kontexte für die Werbung gelten sollen. Im Bereich der produktbasierten<br />

Werbeformen kommt Geotargeting insbesondere dann zum Einsatz, wenn die Produkte eine sehr<br />

deutliche lokale Affinität besitzen, wie zum Beispiel Immobilien, Konzertkarten und Tickets.<br />

Geotargeting aus der Sicht des Webmasters<br />

Die Anbieter für IP-Location-Datenbanken bieten ihre Daten oft in abgestuftem Umfang und<br />

Genauigkeit an. Häufig sind die IP-Daten auf Länderebene frei verfügbar und können sehr<br />

gut für die Steuerung von Webauftritten verwendet werden (Auswahl von Sprache, Währung<br />

oder länderspezifischen Produktsortimenten).<br />

Geotargeting aus Sicht des Systemintegrators<br />

Die kommerziell verfügbaren IP-Datenbanken haben Stärken und Schwächen, je nachdem<br />

aus welchen Quellen und mit welchen geografischen Schwerpunkten sie erstellt wurden.<br />

Systemanbieter, die professionelles Geotargeting anbieten, kombinieren ihrerseits mehrere<br />

Quelldatenbanken, um die Gesamtqualität zu erhöhen. Viele Anbieter von IP-Location-Diensten<br />

bieten Volumentarife für die Anfrage einer IP-Adresse an. Je nach Anbieter werden im Ergebnis<br />

der Anfrage auch Konfidenzen bezüglich der Einschätzungsqualität mit zurückgeliefert.<br />

Insbesondere das Produkt oder die Dienstleistung muss zur Zielgruppe und zur<br />

Targeting-Form passen. Diese banale Selbstverständlichkeit geht im Rahmen der<br />

Mediaplanung gerne unter. Ein Bäcker inseriert lieber im Lokalteil der örtlichen<br />

Tageszeitung oder im lokalen Bereich der Onlineversion der Tageszeitung, als eine<br />

Marketing-Kampagne mit Geotargeting zu steuern. Wer fährt sonntags schon gerne<br />

vierzig Kilometer zum Bäcker und viel wichtiger: Wer macht seine Kaufentscheidung<br />

Produkt oder die<br />

Dienstleistung<br />

muss zur<br />

Zielgruppe und<br />

zur Targeting-<br />

Form passen<br />

345


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

346<br />

Orte in der<br />

Umgebung<br />

einbeziehen<br />

bei Brötchen von Internetwerbung abhängig? Anders sieht das aus, wenn der Bäcker<br />

einen Sonntagslieferservice für einen achtzig Kilometer-Radius anbieten kann, weil<br />

die Filialstruktur das zulässt.<br />

Besonders schlagkräftig kann Geotargeting innerhalb eines dynamischen Werbemittels<br />

eingesetzt werden, welches seine Inhalte zur Laufzeit für jeden einzelnen Aufruf neu<br />

kombinieren kann. In Folge wird immer genau dann ein lokaler Bezug zu einem<br />

Produkt hergestellt, wenn sich das Produkt besonders gut für Geotargeting eignet<br />

und damit auch eine entsprechend hohe Konversion verspricht.<br />

Ein Ort – mehrere Bedeutungen<br />

Das Ergebnis von Geolocation im Geotargeting ist eigentlich als Wahrscheinlichkeit<br />

zu betrachten. Daher sollte man nicht nur eine Position auf unterschiedlichen Ebenen<br />

für das Geotargeting heranziehen (Land, Bundesland, Stadt, PLZ). Abhängig vom<br />

Werbemittel und der darin enthaltenen Werbebotschaft (Produktsortiment) sollten<br />

auch die umliegenden Orte und Regionen berücksichtigt werden. Die Ungenauigkeit<br />

der Ortsbestimmung kann dann im Rahmen des Geotargeting in einen Vorteil<br />

umgewandelt werden (siehe Beispielbanner Abb. 7).<br />

Beispiel: 217.91.97.179 Konstanz<br />

Land (Deutschland)<br />

Steuerung der Sprache innerhalb von internationalen Werbemitteln<br />

Bundesland (Baden-Württemberg)<br />

Anzeige von Parteienwerbung zur Landtagswahl 2011<br />

Region (Bodensee)<br />

Anzeige von Konzertkarten benachbarter Städte<br />

Singen, Zürich, Friedrichshafen, Ulm<br />

Stadt (Konstanz)<br />

Anzeige von Immobilienangeboten des Landkreis Konstanz<br />

Abb. 7: Geotargeting in dynamischen Werbemitteln mit Umkreissuche


Wie gut wirken Werbemittel mit lokalem Kontext?<br />

Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />

Die Bewertung von Werbemitteln mit lokalem Kontext stellt sich relativ einfach<br />

dar. Aufgrund der technischen Messbarkeit, können die Effekte im Rahmen von<br />

echten Blindtests in Erfahrung gebracht werden. Zum Beispiel werden beliebige<br />

Produkte innerhalb eines Werbemittels mit einem lokalen Kontext angereichert,<br />

wie „DVD-Player nach Konstanz gratis liefern lassen“. Die Klickrate im Vergleich<br />

zur Testgruppe kann dann bis zu zwanzig bis vierzig Prozent höher sein und dies<br />

ist auf einem relativ breiten Produktspektrum möglich.<br />

Unschlagbar ist Geotargeting jedoch bei Produkten und Dienstleistungen, die einen<br />

direkten lokalen Bezug aufweisen:<br />

• Autoanzeigen,<br />

• Immobilien,<br />

• Dating-Agenturen,<br />

• Konzertkarten,<br />

• lokal abhängige Dienstleistungsverträge (VDSL, Kabel),<br />

• Produkte mit lokaler Lieferbarkeit.<br />

Steigerungsraten von bis zu 250 Prozent sind möglich. Der Geo-Kontext kann<br />

beispielsweise dazu führen, dass nur lokal verfügbare Kabelnetzbetreiber inklusive<br />

der lokalen Ansprechpartner anzeigt werden. Anhand der Geolocation und der<br />

Information über den Provider des Internetnutzers kann ein Konkurrent des Providers<br />

seine Anzeige sogar entsprechend aussteuern. Der Konfidenzwert bezüglich der<br />

Ortseinschätzung kann innerhalb eines dynamischen Werbemittels auch direkt aktiv<br />

verwendet werden. Es wird entweder ein örtlich sehr eingeschränktes Banner auf<br />

Stadtebene oder eines mit Bezug auf das Bundesland angezeigt. Das ist Geotargeting<br />

in Reinform.<br />

Abb. 8: Dienstleistung mit direktem lokalen Bezug<br />

Fazit Geotargeting im Online-Advertising<br />

Geolocation alleine ist nicht ausreichend, um effektives Geotargeting im Online-<br />

Advertising zu realisieren. Die intelligente Verknüpfung mehrerer Informationsquellen<br />

ist zwingend erforderlich.<br />

Geotargeting verbessert die Klickrate und die Konversion zwanzig bis vierzig<br />

Prozent je nach Produktsortiment, wenn die Produkte mit einem lokalen Kontext<br />

ausgesteuert werden.<br />

Die Effekte des Geotargeting sind besonders stark und können Steigerungen von bis<br />

zu 250 Prozent ausmachen, wenn die Produkte einen ausgewiesenen lokalen Bezug<br />

besitzen (Gebrauchtwagen, Immobilien).<br />

Zwanzig bis<br />

vierzig Prozent<br />

höhere Klickrate<br />

durch<br />

eingeblendete<br />

Ortsnamen<br />

347


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

348<br />

Literatur<br />

Parekh et al.: Systems and methods for determining collecting and using geographic<br />

locations of internet users. – US Patent 6,757,740, Mrz. 2000.<br />

Huffman et al., National Security Agency: Method for geolocating logical network<br />

addresses. – US Patent 6,947,978, Dez. 2000.<br />

Anderson et al.: Method and apparatus for estimating a geographic location of a<br />

networked entity. – US Patent 6,684,250,, Apr. 2001.


CRM meets Targeting<br />

5<br />

Jürgen Seitz<br />

Seit geraumer Zeit verzeichnen die klassischen Werbeformen des Direktmarketings<br />

wie Direct Mail sinkende Budgets, während die Ausgaben für Onlinewerbung<br />

kontinuierlich steigen. Hintergrund ist nicht nur ein kostenbedingter Wechsel<br />

der Kommunikationskanäle. Vor allem wird E-Mail zum Leitmedium der<br />

digitalen Kommunikation und verdrängt die klassische Direct Mail zunehmend in<br />

spezifische Nischen. Denn obwohl Direct Mail im Multichannel-Konzept weiterhin<br />

von Bedeutung sein wird, kann man davon ausgehen, dass die Digitalisierung<br />

nun auch im Direkt- und Dialogmarketing voranschreitet. Diese wird zunächst<br />

von technologischen Trends wie breit verfügbarer fest installierter und mobiler<br />

Breitband-Anbindung und dem Tablet-PC-Boom getrieben, aber auch gesetzlichen<br />

Initiativen wie der De-Mail. Nach der Digitalisierung der Medienformate Musik,<br />

Film und Buch folgt jetzt die Digitalisierungsphase der Medien im Dialogmarketing:<br />

Brief, Kundenzeitschriften, Beileger, Prospekte und Kataloge werden in Zukunft<br />

mehrheitlich digital ausgeliefert.<br />

Kunden wünschen Dialog mit Mehrwert<br />

Zwar führt dieser Wechsel auf einen neuen Kanal zu Kosteneinsparungen. Es<br />

besteht jedoch die Gefahr, dass eine einseitige Fokussierung auf möglichst günstige<br />

Kommunikationskanäle eine Wertvernichtung herbeiführt. „Billiges Online-Marketing“<br />

in Form von Spam, hochfrequentierte Penetration ohne Kontaktklassenbetrachtung<br />

und One-Shot-Kampagnen in beliebigen Umfeldern ohne Dialogcharakter<br />

sorgen für Ablehnung bei den Nutzern. Die Gründe liegen in einer empfundenen<br />

geringen Relevanz der Inhalte. Hochwertige Möglichkeiten des Online-Marketings<br />

wie Rich Media, Rückkanalfähigkeit und Echtzeitdialog werden nur ungenügend<br />

eingesetzt. Die Übertragung der etablierten Direktmarketingstrategien droht das<br />

neu entstehende digitale Ökosystem zu entwerten. Hintergrund dieser Entwicklung<br />

ist der Tatbestand, dass für den eigentlichen Empfänger ein zu geringer Mehrwert<br />

durch die Digitalisierung entsteht. Neben Kosteneinsparungen für den Versender<br />

muss es das Ziel sein, zusätzlich eine neue Qualität in den neuen digitalen Kanälen<br />

sicherzustellen und hochwertige Kommunikationsformate zu gestalten. Nur somit<br />

wird digitaler Dialog für den Nutzer einen hohen Wert und eine hohe Relevanz<br />

aufweisen.<br />

Standards für hochwertige Kommunikation<br />

Das heißt im Klartext: Die Dialogkanäle müssen zunächst einmal weiterentwickelt<br />

werden. So wird heute beispielsweise bei E-Mail selten zwischen seriöser<br />

hochwertiger Markenkommunikation und billigem Massenversand differenziert.<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Juergen-Seitz<br />

Digitaler<br />

Dialog sollte<br />

für den Nutzer<br />

einen hohen<br />

Wert und eine<br />

hohe Relevanz<br />

aufweisen<br />

349


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Für den<br />

jeweiligen Nutzer<br />

zum richtigen<br />

Zeitpunkt<br />

die passende<br />

Botschaft<br />

platzieren<br />

Alle Signale der<br />

Kunden auf der<br />

Customer Journey<br />

zusammentragen<br />

350<br />

Um dies zu ändern, müssen Versender (Werbetreibende, Agenturen und E-Mail<br />

Delivery Services), Empfänger (E-Mail Postfach Service Provider) und Gesetzgeber<br />

Standards für eine sichere und damit hochwertige Kommunikation schaffen. Das<br />

digitale Postfach muss beispielsweise Rich Media wie Video-Mails ermöglichen,<br />

„seitenorientierte“ Werbeträger wie Flyer, Prospekte, Kataloge ausliefern, auf<br />

verschiedenen Endgeräten Nachrichten nutzerfreundlich darstellen und idealerweise<br />

auch weitere Inputs wie ortsgebundene Informationen berücksichtigen können.<br />

Mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger als die attraktive<br />

Darstellung, sind Inhalte mit einer hohen Relevanz. Diese kann nur gesteigert<br />

werden, wenn individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und für die jeweilige<br />

Lebenssituation des Kunden die passenden Botschaften gestaltet werden. Auf Basis<br />

von Customer Insights können zum Beispiel die bereits aufgebauten Werbefilter<br />

durchbrochen werden, welche die Internetnutzer über die letzten Jahre entwickelt<br />

haben. Das Ziel muss sein, für den jeweiligen Nutzer zum richtigen Zeitpunkt die<br />

passende Botschaft zu platzieren!<br />

Umfassende Customer Insights im digitalen Dialog<br />

Wo findet man aber die dazu notwendigen Informationen? Im durchschnittlichen<br />

Mediennutzungsverhalten steigt der Anteil der täglichen Internetnutzung immer<br />

weiter an. Die Customer Journey, die Reise des Kunden durch das digitale<br />

Ökosystem, erstreckt sich mittlerweile über eine immer größer werdende Anzahl<br />

an Webseiten. Aus Sicht des Werbetreibenden kommen so auch Bestandskunden<br />

zunehmend über klassische Akquisitionskanäle wie SEM auf die eigene Website<br />

(Onsite). Ihre Bedürfnisse haben sich dabei häufig Offsite, das heißt auf Portalen,<br />

Preissuchmaschinen, sozialen Netzwerken et cetera ausgeprägt. Aussagekräftige<br />

Customer Insights erhält man erst, wenn möglichst alle Signale der Kunden auf der<br />

Customer Journey zusammengetragen werden.<br />

Insbesondere gilt dies, da sich das Verhalten im Onsite- und Offsite-Bereich<br />

unterscheiden kann. Offsite, also in der „freien Wildbahn“ des Internets, beobachtet<br />

man die potenziellen oder Bestandskunden unabhängig von seiner Marke. Hier<br />

können insbesondere für die Marketingaktivitäten in der Lead- und Akquisitionsphase<br />

aufschlussreiche Erkenntnisse über den Nutzer generiert werden. Onsite,<br />

oder im „Verkaufsraum“, beobachtet man den Bestandskunden oder einen<br />

Interessenten in seiner Marken-Beziehung mit all seinen Facetten und kann mit<br />

diesem Wissen Neukunden-Kontaktprogramme, Bestandskundenentwicklung und<br />

Kundenbindungsmaßnahmen optimieren. Natürlich kann der Kunde innerhalb seiner<br />

Customer Journey diese beiden großen Umfelder mehrfach betreten.<br />

Abbildung der gesamten Customer Journey<br />

Onsite liefert ein analytisches CRM-System (aCRM) umfassende Customer<br />

Insights. In der Regel liegt in einem CRM Data Warehouse eine möglichst breite<br />

Datenbasis über den Bestandskunden und sein Verhalten. Offsite zeichnen auf<br />

den meisten großen Portalen Targetingsysteme für das Online Behavioural


Advertisment die Signale von Nutzergruppen auf. Beide Systeme sind allerdings<br />

bislang noch Insellösungen, deren Daten zunächst auf einer neu zu entwickelnden<br />

Plattform integriert werden müssten. Erst dann kann ein ganzheitliches Bild des<br />

Kunden über die gesamte Customer Journey entstehen und ein hochwertiger<br />

digitaler Dialog gestaltet werden. Natürlicher Ausgangspunkt für eine derartige<br />

Entwicklung passender Systeme und Prozesse sind Portalumfelder mit folgenden<br />

Eigenschaften:<br />

• ein Targetingsystem mit der Möglichkeit zur Einbettung externer Daten:<br />

CRM-Daten lassen sich integrieren,<br />

• adressbasierte Geschäftsbeziehung mit dem Nutzer:<br />

ein postalischer Abgleich zum CRM ist möglich,<br />

• hohe Online-Reichweite:<br />

ein hoher Überschnitt zum CRM-Mandanten ist realisierbar,<br />

• hochfrequentierte und regelmäßige Nutzung durch den Nutzer:<br />

tägliche Customer Journey-Berührungspunkte.<br />

In der Konzeption und Realisierung einer solchen Plattform muss sowohl der private<br />

Datenschutz als auch die Datensicherheit der beteiligten Partner beachtet werden.<br />

Dabei muss die Beziehung zwischen beiden Partnern in der Regel durch einen<br />

Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung geregelt werden.<br />

Targeting im CRM-Umfeld<br />

Ausgehend von einer entsprechend gestalteten Infrastruktur und einem passenden<br />

rechtlichen Rahmen für den Datenaustausch können nun vollständig neue<br />

digitale Dialogansätze entwickelt werden. Diese können Direktmarketing- und<br />

Dialogmarketing-Konzepten mit einer bisher unerreicht hohen Relevanz für<br />

Endkunden neues Leben einhauchen:<br />

1.<br />

2.<br />

Erweiterung des CRM-Systems auf das Portalumfeld: Allein mit einer<br />

einfachen Segmentierung der Portal-User in Bestands- und Nicht-Bestandskunden<br />

können beide Gruppen auf dem Portal vollständig unterschiedlich adressiert und<br />

falsche Ansprachen vermieden werden. Eine konsequente Erweiterung besteht<br />

aus der Verwendung von Informationen über Produktnutzung, Kundensegmenten<br />

und Customer Lifetime Value oder Kanalpräferenzen aus dem CRM-System, um<br />

die Relevanz des digitalen Dialogs zu erhöhen. Spannend ist dabei, dass durch<br />

die gesteigerte Nutzung des Portalumfeldes sowohl aktive, als auch inaktive<br />

Bestandskunden angesprochen werden. Die Reichweite des CRM-Dialogs kann<br />

deutlich gesteigert werden.<br />

Nutzung des Targeting in CRM-Umfeldern: Im Targeting befinden sich<br />

aktuelle, für die Segmentierung im Lebenszyklus des Kundenbeziehungsmanagement<br />

höchst relevante Informationen. Beim Wechsel des Nutzers vom Portal zur<br />

Mandaten-Website lassen sich die Informationen zur direkten Individualisierung<br />

des Conversion-Prozesses nutzen. Gleichfalls sind die Daten aber auch für<br />

die gesamte Gestaltung der Bestandskundenentwicklung relevant. Gerade in<br />

Lebensphasen, in denen man aus CRM-Sicht wenig über den Kunden weiß, er-<br />

Jürgen Seitz: CRM meets Targeting<br />

Daten müssen<br />

auf einer neu zu<br />

entwickelnden<br />

Plattform<br />

integriert werden<br />

Informationen<br />

über Produktnutzung,<br />

Kundensegment<br />

und Customer<br />

Lifetime<br />

Value oder<br />

Kanalpräferenzen<br />

351


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Aktivierung von<br />

längerfristig<br />

inaktiven<br />

Kunden<br />

352<br />

Zusammenführung<br />

von<br />

Targeting- und<br />

CRM-System<br />

Wie könnten Beispielkampagnen aussehen?<br />

1.<br />

2.<br />

geben sich auf Basis der Targetingdaten Onsite neue Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für einen relevanten Dialog.<br />

Reaktivierung E-Commerce: Längerfristig inaktive Kunden eines E-Commerce-<br />

Anbieters, die über die klassischen Kanäle des CRM-Systems nur schwer zu<br />

erreichen sind, werden in den Portalumfeldern mit wertorientierten Kampagnen<br />

aktiviert. Der mitgelieferte Customer Lifetime Value erlaubt den differenzierten<br />

Einsatz von Verkaufshebeln. Die per Targetingsystem erkannten Affinitäten liefern<br />

die Basis für ein maßgeschneidertes Produktangebot aus einem Rennersortiment.<br />

So können sowohl für den Nutzer relevante als auch für das Unternehmen<br />

wirtschaftlich attraktive Angebote mit hoher Kaufwahrscheinlichkeit in einem<br />

schwierigen Segmentumfeld angeboten werden.<br />

Nachfolgeangebot einer Automobilbank: Endkunden sollen sechs Monate vor<br />

Ablauf eines Leasingvertrages ein individuelles Nachfolgeangebot entsprechend<br />

ihrer jeweiligen Lebenssituation per E-Mail angeboten bekommen. Es ist möglich,<br />

dass diese Informationen durch eher schwache Kunden-Unternehmensbeziehungen<br />

und einem langen Vertragshorizont im CRM-System nicht bekannt sind. In<br />

diesem Fall fügt der Portalanbieter mit Hilfe von Adserver und Targeting ein<br />

zielgruppenspezifisches Angebot in die seitens der Automobilbank versendete<br />

E-Mail ein: An Familienväter wird beispielsweise ein Motiv mit Kombi ausgeliefert,<br />

während Singles ein Motiv mit Sportcoupé erhalten.<br />

Die aufgeführten Beispiele sollen eines verdeutlichen: Das digitale Dialogmarketing<br />

muss neben Kosteneinsparungen für den Werbetreibenden dem eigentlichen<br />

Empfänger der Werbebotschaft einen Mehrwert bieten. Eine hohe Relevanz ist<br />

dabei ein wesentliches Kriterium. Die Zusammenführung von Targeting- und CRM-<br />

System kann hier auf der gesamten Customer Journey ein neues Erlebnis in der<br />

Kommunikation definieren und insbesondere bisher schon aufgebaute Werbefilter<br />

durchbrechen. Der Entwicklungsspielraum für neue Dialogprodukte ist riesig. Im<br />

digitalen Ökosystem des Dialogmarketings können Empfänger, CRM-System,<br />

Werbetreibende und Dienstleister gemeinschaftlich profitieren.<br />

Literatur<br />

www.target-group-planning.de


Retargeting<br />

5<br />

André Kolell<br />

Retargeting, auch Re-Targeting, Re-Messaging oder Remarketing genannt,<br />

ist spätestens seit 2010 in aller Munde. Einer nicht-repräsentativen Studie des<br />

Bundesverbandes Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) zufolge, nutzen bereits 79<br />

Prozent der Werbetreibenden Retargeting um bereits bekannte Internetnutzer<br />

erneut anzusprechen. Von den 21 Prozent der Studienteilnehmer, die bislang kein<br />

Retargeting einsetzen, wollen 76 Prozent bald starten [1]. Die zahlreichen Vorteile,<br />

die sowohl Retargeting-Anbieter als auch aktuelle Studien versprechen, sind für<br />

viele Werbetreibende zu verlockend, als dass sie auf diesen neuen Kanal im Online-<br />

Marketing-Mix verzichten könnten [2].<br />

Als Werbetreibender kann man mit Retargeting zwar vieles richtig, aber leider<br />

auch eine ganze Menge falsch machen. Die Auswahl des richtigen Anbieters, die<br />

Auswirkungen auf die Wahrnehmung der eigenen Marke, die Erfolgsmessung, die<br />

Festlegung geeigneter Zielwerte und die fortwährende Optimierung sind nur einige<br />

der Herausforderungen, mit denen sich Werbetreibende befassen müssen, um das<br />

Potenzial von Retargeting voll auszuschöpfen. Damit Werbetreibenden genau das<br />

gelingt, fasst dieser Beitrag das Wichtigste praxisnah zusammen. Zunächst werden<br />

die Grundlagen des Retargeting erläutert. Anschließend werden die Stärken und<br />

Schwächen des neuen Kanals gegenübergestellt und es wird ein kurzer Ausblick<br />

gegeben. Zuletzt folgt ein Howto, das in vier Schritten beschreibt, was es beim<br />

Planen, Durchführen, Messen und Optimieren von Retargeting zu beachten gilt.<br />

Retargeting als Online-Marketing-Instrument<br />

Retargeting ist ein kommunikationspolitisches Instrument im Online-Marketing-Mix,<br />

das sich von den altbewährten Targeting-Arten in vielfacher Hinsicht unterscheidet.<br />

Welche Unterschiede genau bestehen, wird im folgenden Abschnitt dargelegt. Im<br />

Anschluss werden die Funktionsweise von Retargeting, die unterschiedlichen<br />

Retargeting-Arten und -Anbieter beschrieben.<br />

Targeting im Online-Marketing<br />

Der Grundgedanke von Targeting ist, dass Marketingmaßnahmen am erfolgversprechendsten<br />

sind, wenn sie auf den Einzelnen individuell zugeschnitten<br />

sind. Begründet wird dies damit, dass sich die Bestimmungsfaktoren des<br />

Konsumentenverhaltens von Mensch zu Mensch unterscheiden. Daher werden<br />

Kaufentscheidungen auf unterschiedliche Art und Weise getroffen [3]. Da in der<br />

Regel jedoch der Aufwand für die Anpassung der Maßnahmen an jeden einzelnen<br />

Konsumenten zu groß ist, werden im Rahmen der Marktsegmentierung homogene<br />

Zielgruppen gebildet. Mit Hilfe von Targeting versuchen Werbetreibende diese<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andre-Kolell<br />

Bereits bekannte<br />

Internetnutzer<br />

erneut<br />

ansprechen<br />

Aufwand für die<br />

Anpassung der<br />

Maßnahmen an<br />

jeden einzelnen<br />

Konsumenten ist<br />

meist zu groß<br />

353


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Auslieferung<br />

eines Werbemittels<br />

an Nutzer,<br />

die früher schon<br />

einmal geklickt<br />

haben<br />

354<br />

Internetnutzer<br />

eindeutig<br />

identifizieren<br />

Zielgruppen anzusprechen. Targeting ist somit die Konsequenz der Hybridität oder<br />

auch Multioptionalität im Konsumentenverhalten.<br />

Targeting kann anhand von technischen, sprachlichen und profilbasierten Merkmalen<br />

erfolgen. Beim technischen Targeting werden die Zielgruppen anhand ihres<br />

Einwahlknotens (Geotargeting), der Zeit (Wochentag, Uhrzeit), ihres Betriebssystem,<br />

Browsers, Plug-ins oder anhand ihrer Bandbreite gebildet. Beim sprachbasierten<br />

Targeting geht es um die vom Internetnutzer aktiv eingegebenen Wörter (Keyword-<br />

Targeting) oder um die auf einer Seite, auf der sich der Internetnutzer aufhält,<br />

verwendeten Wörter (Contextual Targeting und semantisches Targeting). Eine<br />

Unterform des profilbasierten Targeting ist neben dem (Predictive) Behavioural<br />

Targeting (Werbemittelauslieferung basierend auf dem vergangenen Surfverhalten)<br />

und dem User Declared Information Targeting (Werbemittelauslieferung basierend<br />

auf von Internetnutzern bereitgestellten Informationen, wie zum Beispiel bei<br />

Facebook Ads), auch das Retargeting. Laut BVDW bedeutet Retargeting „die<br />

Auslieferung eines Werbemittels an eine Nutzergruppe, die schon mal eine bestimmte<br />

Aktion (zum Beispiel Klick auf ein bestimmtes Werbemittel, Onlinebestellung)<br />

getätigt hat“ [4].<br />

Rein wissenschaftlich betrachtet, handelt es sich bei Retargeting um Erhaltenswerbung,<br />

die Vergessenseffekten (Interessensverlust an Produkt oder Werbetreibendem) und<br />

Gegenkräften (Marketingaktivitäten anderer Werbetreibender) entgegenwirken soll<br />

[5].<br />

Die Funktionsweise von Retargeting<br />

Am häufigsten wird Retargeting eingesetzt, um Besucher, welche die eigene<br />

Website ohne Kauf verlassen haben, mit Werbemitteln im World Wide Web erneut<br />

anzusprechen (vergleiche Abb. 1).<br />

Abb. 1: Retargeting am Beispiel Zalando<br />

Damit dies funktioniert, muss der Werbetreibende auf seiner Website einen<br />

Programmcode einbinden, der einen Cookie setzt, durch den Internetnutzer<br />

eindeutig identifiziert werden können (Markierung). Hierbei werden neben den<br />

üblichen Browser-Cookies gelegentlich auch die schwieriger zu löschenden Flash-<br />

Cookies verwendet. Der Werbetreibende speichert durch den Programmcode zu<br />

jedem Internetnutzer ausgewählte Daten, die sich in Abhängigkeit der eingesetzten<br />

Retargeting-Art unterscheiden. Typische Daten sind die Produktkategorien und<br />

Produkte, für die sich der Internetnutzer interessiert hat, sowie die Produkte, die<br />

vom Besucher in den Warenkorb gelegt oder gekauft worden sind.


Anhand dieser Profildaten wird jeder Besucher einer oder mehreren Zielgruppen<br />

zugeordnet, die der Werbetreibende zuvor definiert hat. Diese Zielgruppen werden<br />

dann auf unterschiedliche Weise erneut angesprochen. Am weitesten verbreitet<br />

ist es, Werbebanner anzuzeigen, in denen die Produktkategorien oder Produkte<br />

abgebildet sind, für die sich der Internetnutzer zuvor interessiert hat, oder von denen<br />

der Werbetreibende annimmt, dass sie nun interessant sein könnten.<br />

Das Wiederfinden der Internetnutzer im World Wide Web übernehmen dabei die<br />

Technologien der Retargeting-Anbieter. Sobald sie auf einer Webseite, auf der sie die<br />

Möglichkeit haben ein Werbemittel auszuliefern, auf einen markierten Internetnutzer<br />

treffen, kommt es, sofern nichts dagegen spricht (dazu später mehr), zur Auslieferung<br />

des Retargeting-Werbemittels. Klickt ein Internetnutzer nun auf das Werbemittel<br />

und erreicht dann ein vom Werbetreibenden definiertes Ziel, wie zum Beispiel die<br />

Durchführung einer Bestellung, spricht man von einer Konversion. Für gewöhnlich<br />

wird eine Konversion innerhalb von dreißig Tagen dem Werbekanal zugerechnet,<br />

mit dem der Internetnutzer zuletzt in Kontakt stand (Last Cookie Wins).<br />

Retargeting-Arten<br />

Da Retargeting letztendlich nicht mehr als die Ansprache bereits bekannter<br />

Internetnutzer ist, verwundert es kaum, dass es auf zahlreiche Arten umgesetzt<br />

werden kann.<br />

Zunächst gilt es zu entscheiden, welche Internetnutzer erneut angesprochen werden<br />

sollen. Oftmals sind dies alle Besucher der eigenen Website (Site Retargeting), doch<br />

auch andere Zielgruppen, zum Beispiel alle Facebook-Fans oder all diejenigen, die<br />

sich das Video der letzten Branding-Kampagne angesehen haben, sind denkbar [6].<br />

Die Antwort auf die Frage, wer „geretargetet“ werden soll, ist zugleich auch die<br />

Antwort auf die Frage, wo die betroffenen Internetnutzer markiert werden müssen.<br />

Werden beispielsweise nur diejenigen erneut angesprochen, die über das bezahlte<br />

Suchmaschinen-Marketing auf die Website gelangt sind, spricht man von Search<br />

Retargeting. Dann werden die Besucher auf dem Weg von der Suchmaschine zur<br />

eigenen Seite, also während der Weiterleitung, markiert.<br />

Neben den Entscheidungen, wann und wo welche Internetnutzer zu markieren sind,<br />

muss festgelegt werden, welche Informationen zu jedem einzelnen Internetnutzer<br />

gespeichert werden sollen. Im einfachsten Fall ist dies lediglich die Information, dass<br />

ein Internetnutzer die eigene Website besucht hat. Nur geringfügig aufwendiger ist<br />

es, das eigene Angebot in Bereiche zu untergliedern und einen Besucher mit „Tags“<br />

(oder auch „Labels“) zu markieren. Wobei jeder „Tag“ für einen anderen Bereich<br />

der Website, zum Beispiel für eine bestimmte Produktkategorie, steht.<br />

Aufwendiger wird es, wenn es um produktbasiertes Retargeting geht. Dabei<br />

müssen in mehrere Templates der eigenen Website unterschiedliche JavaScript-Codes<br />

eingebunden werden. Diese müssen so modifiziert werden, dass die betrachteten und<br />

gekauften Produkte an die Retargeting-Technologie übermittelt werden. Anhand<br />

dieser Informationen versucht der Werbetreibende für den Internetnutzer interessante<br />

Produkte aus dem eigenen Angebot zu ermitteln und diese mithilfe eines Adservers<br />

in Form von Werbemitteln irgendwo im World Wide Web zu präsentieren. Bekannt ist<br />

das Verfahren der Ermittlung relevanter Produkte aus Vergangenheitsdaten und deren<br />

anschließende Empfehlung unter anderem von Amazon („Kunden, die gekauft haben,<br />

André Kolell: Retargeting<br />

Last Cookie Wins<br />

Betrachtete<br />

und gekaufte<br />

Produkte an die<br />

Retargeting-<br />

Technologie<br />

übermitteln<br />

355


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Welche<br />

Nutzersegmente<br />

kommen wie<br />

häufig in<br />

welchem Abstand<br />

mit welchen<br />

Kanälen und<br />

Werbemitteln in<br />

Berührung<br />

356<br />

kauften auch…“). Derartige Systeme basieren zugleich auf statistischen inhalts- und<br />

empfehlungsbasierten Filter-Verfahren (Content-based und Collaborative Filtering)<br />

und werden als Recommender Systems bezeichnet. Produktbasiertes Retargeting<br />

ist daher letztendlich nicht mehr als die Ausweitung der Recommender-Systeme<br />

über die eigene Website hinaus, hinein ins World Wide Web.<br />

In der Regel werden die wie auch immer gearteten Zielgruppen mit dynamischen<br />

HTML- und Flash-Bannern beworben, in die zum Zeitpunkt der Auslieferung<br />

unterschiedliche Produktbeschreibungen, -bilder und -preise hineingeladen<br />

werden [7]. Die Werbemittel weisen dabei für gewöhnlich einen Link zu einer<br />

Seite des Retargeting-Anbieters in Form eines kleinen „i“ auf, die den beworbenen<br />

Internetnutzer über die Werbemethode aufklärt. Dieser bietet ihm auch die<br />

Möglichkeit zum Opt-out, also dem Unterbinden der Werbung.<br />

Abb. 2: Ein Werbemittel im produktbasierten Retargeting<br />

Die Königsdisziplin im Retargeting ist es, die Retargeting-Maßnahmen nahtlos in<br />

den Online-Marketing-Mix und das Customer-Relationship-Management (CRM)<br />

einzufügen. Dies ist erreicht, wenn sämtliche Informationen zu einem Internetnutzer<br />

über einen längeren Zeitraum erfasst und für das Retargeting nutzbar gemacht werden.<br />

Anhand dieser Informationen können spezielle Segmente, wie zum Beispiel „alle<br />

Website-Besucher mit mindestens einer Bestellung, welche die Website in den letzten<br />

vier Monaten nicht mehr besucht haben“, oder „alle Website-Besucher mit einer<br />

Bestellung aus dem Bereich Abendkleider im Wert von mehr als EUR 250“, gebildet<br />

werden. Jedes Segment wird individuell gehandhabt: Retargeting-Zielwerte und<br />

damit Einkaufspreise und Reichweite, Werbeintensität, Landing-Pages, Werbemittel<br />

und so weiter werden vollständig auf das Segment abgestimmt.<br />

Zu guter Letzt müssen die Werbekanäle ausgewählt werden, über die die Retargeting-<br />

Werbemittel ausgeliefert werden. Klassischerweise ist dies die Bannerwerbung<br />

in Standardformaten. Bei einigen Anbietern sind auch Sonderformate wie Video<br />

möglich. Hinsichtlich der Auslieferung der Werbemittel ist zu unterscheiden, ob ganz,<br />

teilweise oder gar nicht bekannt ist, auf welchen Seiten die Auslieferung erfolgt;<br />

üblich sind Blind Networks, das heißt, der Werbetreibende erfährt nicht, wo seine<br />

Anzeigen erscheinen. Neben Bannern kann Retargeting auch auf anderen Kanälen,<br />

wie etwa per E-Mail, erfolgen (E-Mail Retargeting). In der Königsdisziplin, dem<br />

in den Online-Marketing-Mix und das CRM-integrierte Retargeting, kommt eine<br />

Contact-Policy zum Einsatz, die regelt, welche Nutzersegmente wie häufig in<br />

welchem Abstand mit welchen Kanälen und Werbemitteln in Berührung kommen<br />

und welche Inhalte kommuniziert werden sollen [8], [9].<br />

Retargeting-Anbieter<br />

Das klingt soweit ziemlich komplex, doch erfreulicherweise gibt es jede Menge<br />

Dienstleister, die einem einen Großteil der Arbeit abnehmen können. Leider ist ihre


Anzahl jedoch noch höher als die der Retargeting-Arten und so macht es Sinn, an<br />

dieser Stelle einen kurzen Überblick zu geben.<br />

Grundsätzlich kann sich jeder Werbetreibende dazu entscheiden, die Voraussetzungen<br />

für Retargeting unternehmensintern zu schaffen. Aus technischer Sicht wird<br />

lediglich ein Adserver mit Retargeting-Funktionalität benötigt. Anspruchsvoller ist<br />

die Beschaffung der Reichweite durch geeignetes Mediainventar, die erforderlich<br />

ist, um die markierten Internetnutzer im World Wide Web wiederzufinden. Ohne<br />

entsprechende Erfahrung und Kontakte zu Vermarktern ist es schwierig, an<br />

entsprechendes Inventar zu guten Konditionen zu kommen.<br />

Zu den größeren Anbietern von Adserver-Technologie mit Retargeting-Funktionalität<br />

zählen AdSpirit und adnologies [10]. Eine besondere Stärke von adnologies ist die<br />

Möglichkeit, nahezu beliebige Informationen zu einem Internetnutzer über einen<br />

längeren Zeitraum zu speichern und auf Basis dieser Informationen feingranulare<br />

Segmente zu bilden und anzusprechen. Aufgrund von Schnittstellen kann eine<br />

Verknüpfung mit einem klassischen CRM-System erfolgen. Da adnologies selbst mit<br />

Vermarktern zusammenarbeitet, kann der Werbetreibende für das Retargeting neben<br />

selbst gebuchtem Inventar auch das von adnologies angebotene Inventar nutzen.<br />

In beiden Fällen kauft der Werbetreibende auf Tausender-Kontakt-Preis-Basis (TKP)<br />

ein. Die Preise für Retargeting-Traffic reichen zurzeit von 0,30 Euro bis hin zu<br />

mehreren Euro. Um auch auf höherwertigem Inventar ausgeliefert zu werden, sollte<br />

man mit 1,50 Euro kalkulieren. Mit adnologies kann Retargeting auf unterschiedliche<br />

Art betrieben werden – von einfachem über produktbasiertes bis hin zu einem ins<br />

CRM-integrierten Retargeting ist alles möglich.<br />

Werbetreibende, die sich nicht selbst mit einem Adserver beschäftigen möchten,<br />

können sich der Mehrheit der Retargeting-Werbetreibenden anschließen und auf<br />

einen der zahlreichen weiteren Anbieter zurückgreifen. Der wohl bekannteste<br />

unter ihnen ist der Marktführer Criteo, der sich bislang voll und ganz auf das<br />

produktbasierte Retargeting konzentriert [11]. Criteo bietet seinen Kunden neben<br />

einer umfassenden Betreuung eine exzellente Reichweite zu sehr guten Konditionen.<br />

Auch aus technologischer Sicht stellt Criteo eine innovative Lösung zur Verfügung,<br />

indem es eine Aussteuerung auf Basis von Produktkategorien und Nutzeraktivität<br />

ermöglicht und auf individuelle Kundenbedürfnisse flexibel eingeht. Abgerechnet<br />

wird bei Criteo normalerweise pro Klick (CPC), wodurch das Risiko einer schlechten<br />

Klickrate vom Werbetreibenden an Criteo abgegeben wird. Der Mindest-CPC beträgt<br />

derzeit 20 Cent.<br />

Natürlich gibt es neben Criteo noch weitere Anbieter. Quisma, nextperformance,<br />

Specific Media und Newtention mit mementoo sind nur einige von ihnen [12].<br />

Wer aber speziell die Technologie von adnologies nutzen möchte, ohne sich selbst<br />

um Adserver, Mediaeinkauf und Aussteuerung kümmern zu müssen, kann mit<br />

Anbietern zusammenarbeiten, deren Retargeting auf der adnologies-Technologie<br />

basiert. Beispiele hierfür sind xplosion interactive, DELOO und kupona [13].<br />

Gegenüber der direkten Zusammenarbeit mit adnologies hat der Werbetreibende<br />

weniger Aufwand und ein erheblich vermindertes Risiko, da sich die Anbieter<br />

häufig auch pro Bestellung (CPO) vergüten lassen. Allerdings verzichtet er durch die<br />

André Kolell: Retargeting<br />

Lediglich ein<br />

Adserver mit<br />

Retargeting-<br />

Funktionalität<br />

wird benötigt<br />

Mindest-CPC<br />

beträgt derzeit<br />

zwanzig Cent<br />

Criteo, Quisma,<br />

nextperformance,<br />

Specific Media<br />

und Newtention<br />

357


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

358<br />

Retargeting<br />

über Affiliate-<br />

Netzwerke<br />

Für die<br />

Neukundenakquisition<br />

ist<br />

Retargeting nur<br />

bedingt geeignet<br />

Verlängerung der Wertschöpfungskette unter Umständen auch auf einen erheblichen<br />

Teil seiner Marge.<br />

Auch Google bietet Werbetreibenden mit seinem Produkt Google Remarketing die<br />

Möglichkeit, Retargeting im Google Display-Netzwerk zu betreiben [14]. Von Vorteil<br />

ist bei Google Remarketing die Kombination aus einem günstigen, gut aussteuerbaren<br />

Einkauf auf CPC-Basis und einer extrem hohen Reichweite. Nachteil ist, dass bislang<br />

nur ein recht einfaches Retargeting mit „Tags“ möglich ist. Sicherlich ist es aber nur<br />

eine Frage der Zeit, bis sich Google auch in diesem Bereich weiterentwickelt.<br />

Ebenfalls nicht unerwähnt soll das Retargeting über Affiliate-Netzwerke bleiben.<br />

Inzwischen unterstützen alle großen Netzwerke Retargeting und aufgrund der<br />

überdurchschnittlich guten Performance verwundert es wenig, dass sich die<br />

Affiliates für Retargeting begeistern. Gerade wenn man als Werbetreibender bereits<br />

ein Partnerprogramm betreibt, ist es ein Leichtes, auf diese Weise mit Retargeting<br />

zu starten. Allerdings sollte man die Länge der Wertschöpfungskette nicht aus den<br />

Augen verlieren, Retargeting von herkömmlichem Display-Advertising in Hinblick<br />

auf die Provisionen unterscheiden und spätestens ab einer gewissen Größe über die<br />

direkte Zusammenarbeit mit einem Retargeting-Anbieter nachdenken.<br />

Stärken und Schwächen von Retargeting<br />

Werbetreibende sollten sich sowohl der Stärken als auch der Schwächen von<br />

Retargeting bewusst sein. Sie müssen die Stärken kennen, um optimal von ihnen<br />

zu profitieren und sie müssen die Schwächen kennen, um Fehler von vornherein<br />

zu vermeiden.<br />

Stärken<br />

Da Retargeting aufgrund seiner Funktionsweise nur zur Ansprache potenzieller<br />

Kunden genutzt werden kann, die zuvor mit dem Werbetreibenden Kontakt gehabt<br />

haben, konzentrieren sich die Einsatzmöglichkeiten auf die Kundendurchdringung<br />

und Kundensicherung (vergleiche Abb. 3). Der Fokus von Retargeting muss dabei<br />

keineswegs auf Internetnutzer gerichtet sein, die einen Kaufentscheidungsprozess<br />

auf der Website abgebrochen haben. Retargeting kann auch gezielt für Cross- und<br />

Up-Selling-Aktivitäten oder für die Reaktivierung von Bestandskunden verwendet<br />

werden. Lediglich für die Neukundenakquisition ist Retargeting nur bedingt geeignet<br />

(zum Beispiel durch die gezielte Kommunikation eines Neukundenbonus an Nicht-<br />

Bestandskunden).<br />

Abb. 3: Einsatzmöglichkeiten von Retargeting während des Kundenlebenszyklus


Da die beworbenen Internetnutzer bereits „vorqualifiziert“ sind, also bereits Kontakt<br />

mit dem Angebot des Werbetreibenden gehabt haben, werden Streuverluste<br />

vermieden. Die Folge ist, dass Retargeting im Vergleich zu klassischem Display-<br />

Marketing sehr gute Click- und Conversionsraten (CTR und CR) aufweist und damit<br />

insbesondere für Performance-Marketing geeignet ist. Doch auch ein Branding-<br />

Effekt kann dem Retargeting nicht abgesprochen werden.<br />

Anders als zum Beispiel beim Suchmaschinen-Marketing handelt es sich beim<br />

Retargeting um Push-Marketing. Retargeting ist daher nicht nur für High- sondern<br />

auch für Low-Involvement-Käufe geeignet.<br />

Besonders gut geeignet ist Retargeting für Online-Versandhändler, die mehrere<br />

Produkte anbieten. Erst hier spielt das produktbasierte Retargeting, bei dem die<br />

Funktionsweise der Recommender-Systems ins World Wide Web ausgeweitet<br />

wird, seine wahren Stärken aus. Hohe CTR und CR führen zu einem niedrigen<br />

CPO, wodurch auch auf Premium-Websites eine starke Präsenz der eigenen Marke<br />

geschaffen werden kann.<br />

Mit Retargeting kann granularer als mit allen anderen Targeting-Möglichkeiten<br />

auf einzelne Internetnutzer, beziehungsweise Nutzersegmente, eingegangen<br />

werden. Individuelle Kaufentscheidungsprozesse können genau dann beeinflusst<br />

werden, wenn der Werbeimpuls den Unterschied zwischen Kauf und Nicht-Kauf<br />

ausmacht.<br />

Schwächen<br />

Dass mit Retargeting nur schwerlich Neukunden gewonnen werden können, wurde<br />

bereits beschrieben. Die Ursache dafür, nämlich dass der Werbetreibende bereits zuvor<br />

Kontakt zu den Internetnutzern gehabt haben muss, birgt ein weiteres Risiko: Werden<br />

die Budgets anderer Marketingaktivitäten zugunsten von Retargeting verringert, dann<br />

verringert sich auch die Menge derjenigen, die mittels Retargeting beworben werden<br />

können. Unter keinen Umständen sollte Retargeting daher zu Budgetkürzungen<br />

führen, die den Zufluss bislang unbekannter Besucher reduzieren.<br />

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich der wahren Werbewirkung von<br />

Retargeting bewusst zu werden. Die Konversions-Messungen der Retargeting-<br />

Anbieter lassen für gewöhnlich die anderen Marketingaktivitäten eines Werbetreibenden<br />

außer Acht, wodurch einzelne Konversionen mehreren Kanälen<br />

zugeschrieben werden können. Es ist daher erforderlich, ein Web-Analytics-System<br />

zu verwenden, das sämtliche Werbemittelkontakte – die Customer-Journey<br />

– messen und auswerten kann. Anhand dieser Daten lässt sich feststellen, zu wie<br />

vielen zusätzlichen Konversionen Retargeting tatsächlich führt und wie viele<br />

ohnehin, auch ganz ohne Retargeting, stattgefunden hätten [15].<br />

Eine konsequente Erfolgsmessung ist umso wichtiger, wenn der Retargeting-Anbieter<br />

auch für Konversionen vergütet wird, die lediglich per Postview (PV) erzielt worden<br />

sind. Da bei Postview der Internetnutzer ein Retargeting-Werbemittel lediglich<br />

gesehen und nicht wie sonst üblich auch geklickt haben muss, ist die Werbewirkung<br />

wesentlich schwieriger zu beurteilen. Schließlich weiß man als Werbetreibender<br />

nicht einmal, wie häufig der Internetnutzer die eigenen Werbemittel gesehen und<br />

ob er sie überhaupt wahrgenommen hat. Zwar ist eine gewisse Werbewirkung<br />

André Kolell: Retargeting<br />

Wenn der<br />

Werbeimpuls<br />

den Unterschied<br />

zwischen Kauf<br />

und Nicht-Kauf<br />

ausmacht<br />

359


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

360<br />

Manche<br />

durchschauen<br />

Retargeting<br />

und fühlen<br />

sich regelrecht<br />

verfolgt<br />

Werbetreibende<br />

erfahren im<br />

Retargeting<br />

meist nicht, auf<br />

welchen Websites<br />

ihre Werbemittel<br />

ausgeliefert<br />

werden<br />

unstrittig, doch ist diese wesentlich geringer als im Falle eines Klicks [16]. Damit<br />

man als Werbetreibender nicht über den Tisch gezogen wird, sollte man Postview-<br />

Konversionen nur wenige Tage nach dem Werbemittelkontakt und mit einem<br />

niedrigeren CPO vergüten. Oder man verzichtet gleich ganz auf die Postview-<br />

Vergütung und berücksichtigt gemessene Postview-Konversionen eher bei der<br />

Bestimmung der Retargeting-Zielwerte (CPC, CPO) [15].<br />

Retargeting wird von den Internetnutzern unterschiedlich aufgenommen. Weniger<br />

Versierte wundern sich darüber, dass einige der ihnen bekannten Marken scheinbar<br />

besonders intensiv um sie werben. Andere durchschauen Retargeting und fühlen<br />

sich regelrecht verfolgt.<br />

Damit bei diesen Internetnutzern die Stimmung nicht in eine Ablehnung der Marke<br />

kippt, sollten vor allem die folgenden vier Dinge beachtet werden. Zunächst sind<br />

die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen ausnahmslos einzuhalten. Zweitens<br />

muss den Internetnutzern eine einfache Möglichkeit zum Opt-out gegeben werden.<br />

Drittens dürfen in den Werbemitteln nur Angebote kommuniziert werden, die auch<br />

tatsächlich eingehalten werden können (nichts ist schlimmer als einen Interessenten<br />

mit einem ausverkauften Produkt durchs World Wide Web zu „jagen“). Und zu<br />

guter Letzt sollte die Werbeintensität mittels Frequency Capping limitiert werden<br />

[17]. Beim Frequency Capping ist zu berücksichtigen, dass mit der Reduktion<br />

der Werbeintensität einerseits eine Reduktion der Klicks und Konversionen und<br />

andererseits eine Verbesserung der CTR und CR einhergeht.<br />

Leider ist es der Normalfall, dass Werbetreibende im Retargeting nicht erfahren, auf<br />

welchen Websites ihre Werbemittel ausgeliefert werden und welche Website wie gut<br />

oder wie schlecht läuft (konvertiert). Die Auslieferung erfolgt in Blind Networks.<br />

Dies ist insofern schlecht für den Werbetreibenden, als dass er weder Websites, auf<br />

denen er sinnlos Mediainventar einkauft, ausschließen, noch direkte Partnerschaften<br />

mit besonders gut laufenden Websites eingehen kann (zum Beispiel Einkauf von<br />

klassischem Inventar zur Neukundengewinnung). Nichtsdestotrotz haben Blind<br />

Networks auch einen Vorteil: Sie ermöglichen Werbetreibenden die Präsenz in<br />

Premium-Umfeldern zu Preisen, die weit unter denen direkter Buchungen liegen.<br />

Auch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Internetnutzer heutzutage häufig<br />

eine Vielzahl von Endgeräten verwenden. Bislang ist kaum ein Retargeting-Anbieter<br />

in der Lage, die Daten von Internetnutzern endgeräteübergreifend zu erfassen und<br />

zu verwenden. Die Folge: Der Internetnutzer wird auf seinem Handy, Notebook und<br />

Firmen-Computer noch mit besonderen Anreizen zum Kauf animiert, obwohl er den<br />

angepriesenen Artikel – im schlimmsten Fall zu einem höheren Preis – längst über<br />

seinen Tablet-Computer gekauft hat.<br />

Eine ganz ähnliche Problematik entsteht auch beim Retargeting mit mehreren<br />

Anbietern. Indem ein Werbetreibender die Messung aller Konversionen durch<br />

alle Anbieter zulässt, kann er zwar verhindern, dass einzelne Retargeting-Anbieter<br />

Produkte anpreisen, die über einen Anbieter bereits gekauft worden sind. Doch<br />

lässt sich weder die Einhaltung einer Contact Policy gewährleisten, noch lässt sich<br />

ausschließen, dass die Anbieter untereinander um dasselbe Inventar konkurrieren,<br />

und so die Kosten für den Werbetreibenden unnötig in die Höhe treiben.


Ausblick<br />

Seitdem Retargeting in aller Munde ist, strömen ständig neue Anbieter auf den<br />

Markt. Diese konkurrieren um die lukrativsten Werbetreibenden, die sich durch eine<br />

starke Marke und einen Onlinevertrieb bei mehreren hunderttausend Besuchern pro<br />

Monat auszeichnen. Der intensive Wettbewerb unter den Anbietern ist gut für die<br />

Entwicklung von Retargeting, da er technische Innovationen fördert, zur Aufklärung<br />

beiträgt und für günstige Preise sorgt. Die Zukunft wird zeigen, ob die Einkaufsmacht<br />

der Großen zu einer Marktkonsolidierung führen wird, oder ob neue technologische<br />

Entwicklungen, wie etwa das Realtime-Bidding (Versteigerung von Werbeinventar<br />

in Echtzeit) die hohe Anzahl der Anbieter aufrecht halten kann. Sollte Letzteres<br />

der Fall sein, müssen sich Werbetreibende mehr denn je mit der Fragestellung<br />

auseinandersetzen, ob sie mit einem oder mit mehreren Anbietern zusammenarbeiten<br />

und wie sie ihre Aktivitäten über die Anbieter hinweg koordinieren können.<br />

Realtime-Bidding kann zudem dazu führen, dass neuartige Technologien an<br />

Bedeutung gewinnen, die den Wert einer Werbemittelauslieferung an einen ganz<br />

bestimmten Internetnutzer in einem bestimmten Augenblick innerhalb weniger<br />

Millisekunden ermitteln können. Dazu halten sie das gesamte erdenkliche Wissen<br />

des Unternehmens zu diesem Internetnutzer zentral zur Verfügung. Durch den<br />

Informationsaustausch mit Retargeting-Anbietern zählt zu diesem Wissen auch die<br />

Kenntnis, welche Endgeräte (Markierungen) zu einem einzelnen Nutzer gehören.<br />

Der Wert einer ganz konkreten Werbemittelauslieferung – das „Bid“ – wird aus<br />

den sich ständig anwachsenden historischen Daten immer wieder neu berechnet.<br />

Letztendlich rückt die Beziehung zu dem einzelnen Kunden in den Vordergrund<br />

– mit unterschiedlichsten Werbemitteln wird auf mehreren Kanälen „geretargetet“.<br />

Das aktuell dominierende produktbasierte Retargeting wäre somit nur eine von<br />

vielen Möglichkeiten [18].<br />

Wenn der Nutzen eines derart granularen Targeting nicht die damit verbundene<br />

Komplexität rechtfertigen wird, bleibt all dies womöglich aber auch nur<br />

technologische Träumerei. Auch kann die ständige Diskussion um Cookies und<br />

Datenschutz dazu führen, dass Werbetreibende die technologischen Potenziale<br />

von Retargeting nur eingeschränkt nutzen können. Diese Diskussion ist selbst<br />

in den sonst so liberalen USA aufgrund des technologischen Vorsprungs – einer<br />

der dortigen Trends ist das Profile Trading, der Handel von Nutzerprofilen über<br />

Auktionsplattformen – mitnichten ungehört geblieben.<br />

Wie es auch kommen wird: Aktuell steckt Retargeting noch in den Kinderschuhen<br />

und vieles muss die Zukunft erst noch zeigen. Neben dem bereits Erwähnten zählt<br />

dazu auch die Frage, ob das Umfeld beim Retargeting tatsächlich vernachlässigt<br />

werden kann oder ob auch hier einzelne Anbieter bald ihre Karten aufdecken<br />

werden.<br />

Howto: Setup, Analyse und Optimierung<br />

Wer mit Retargeting starten möchte, der sollte strukturiert vorgehen und die<br />

folgenden Fragen, die dem Modell des Web-Controlling-Regelkreises folgen, zu<br />

jedem Zeitpunkt beantworten können. Es fällt zwar ein Großteil der Arbeit während<br />

André Kolell: Retargeting<br />

Unternehmen<br />

halten das<br />

gesamte<br />

erdenkliche<br />

Wissen zu einem<br />

Internetnutzer<br />

zentral zur<br />

Verfügung<br />

361


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

362<br />

Soll mit<br />

einem oder<br />

mit mehreren<br />

Anbietern<br />

zusammengearbeitet<br />

werden?<br />

der Planung an, aber auch die operative Durchführung und Erfolgsmessung, die<br />

Analyse und die Optimierung erledigen sich nicht von selbst.<br />

Planung<br />

• Welche Ziele sollen verfolgt werden? Geht es nur um Abverkauf im Sinne von<br />

Performance Marketing, oder reichen die eigenen Ziele darüber hinaus? Wie sehen<br />

konkrete Zielwerte (Volumen, CPO) aus?<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Operative Durchführung und Erfolgsmessung<br />

• Wird die Retargeting-Werbewirkung tatsächlich korrekt gemessen?<br />

• Werden die Werbemittel häufig variiert und Ad Burnout dadurch vermieden?<br />

•<br />

In welchen Märkten oder Ländern soll gestartet werden? Erfüllen diese auch die<br />

Mindestanforderungen der großen Retargeting-Anbieter (zum Beispiel mindestens<br />

hunderttausend unterschiedliche Besucher pro Monat, Mindestbudgets)?<br />

Welche Anbieter kommen in Frage? Sind eine hohe Reichweite und günstige<br />

Einkaufspreise wichtiger als feingranulare Aussteuerungsmöglichkeiten? Kann<br />

mit dem Anbieter international skaliert werden?<br />

Soll mit einem oder mit mehreren Anbietern zusammengearbeitet werden? Wie<br />

wird die Kommunikation beim Einsatz mehrerer Anbieter koordiniert?<br />

Welches Vergütungsmodell soll verwendet werden (höhere Marge aber auch Risiko<br />

bei TKP und CPC versus vermeintliche Sicherheit bei CPO) und sind die Budgets<br />

offen oder begrenzt? Ist eine mögliche Postview-Vergütung wohlüberlegt?<br />

Kann das Web-Analytics-System so aufgesetzt werden, dass die Retargeting-<br />

Werbewirkung (nach Klick und View) korrekt gemessen werden kann<br />

(Multichannel-Tracking) [15]?<br />

Werden keine personenbezogenen Daten gespeichert? Werden die betreffenden<br />

Internetnutzer auf die automatische Erfassung von Daten für Werbezwecke in<br />

den Datenschutzbestimmungen hingewiesen? Ist ihnen die Möglichkeit geboten,<br />

Einsicht in die gesammelten Daten zu nehmen und die Datensammlung zu<br />

unterbinden [19]?<br />

Ist sichergestellt, dass der Werbetreibende Eigentümer der für ihn erhobenen Daten<br />

ist und dass diese Daten vom Retargeting-Anbieter unter keinen Umständen von<br />

oder für andere Werbetreibende verwendet werden?<br />

Sind sämtliche Fragestellungen der Contact Policy geklärt (Frequency Capping,<br />

zeitliche Abstände, Werbekanäle und -mittel, Werbebotschaften)?<br />

Werden sowohl die Werbemittel als auch die Segmente mit Hilfe von Tests optimiert<br />

[20]? Prinzipiell kann alles getestet werden, solange der Anbieter mitspielt. Das<br />

Aussetzen von Retargeting bei Nutzern mit hoher Markenbindung, der zeitlich<br />

versetzte Start von Retargeting oder auch die Kommunikation besonderer Anreize<br />

in Werbemitteln sind nur einige mögliche Beispiele.


•<br />

•<br />

Analyse<br />

• Wie ist die Zielerreichung insgesamt und in den einzelnen Segmenten?<br />

• Welche Ergebnisse zeigen die verschiedenen Tests?<br />

• Wie wirkt Retargeting im Zusammenspiel mit anderen Kanälen?<br />

•<br />

Optimierung<br />

• Sind die Zielwerte aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse, aber auch aufgrund<br />

anderer Veränderungen, anzupassen?<br />

•<br />

Wenn bekannt ist, auf welchen Seiten die Werbemittel ausgeliefert werden, sind<br />

schlecht laufende Websites auszuschließen. Mit gut laufenden Websites können<br />

direkte Kooperationen angestrebt werden.<br />

Wer reagiert wie auf Beschwerden von Internetnutzern, die sich durch Retargeting<br />

belästigt fühlen? Ist unternehmensintern sichergestellt, dass vereinzelte<br />

Beschwerden nicht den Abbruch der Retargeting-Aktivitäten zufolge haben?<br />

Wie steht es um die tatsächliche Werbewirkung von Retargeting? Steigert<br />

Retargeting den Customer-Lifetime-Value durch eine stärkere Kundenbindung<br />

und zusätzliche Käufe?<br />

Muss die ursprüngliche Strategie überdacht werden (Auswahl der Märkte und<br />

Länder, der Anbieter, der Ziele, des Vergütungsmodells)?<br />

Fazit<br />

Retargeting überzeugt durch seine hohe Rentabilität und ist daher ideal für<br />

Performance-Marketing geeignet. Damit Werbetreibende optimal von Retargeting<br />

profitieren können, wurde dieser Beitrag geschrieben. Vor lauter Chancen gilt<br />

es, die mit Retargeting verbundenen Risiken nicht aus dem Blick zu verlieren.<br />

Unter Umständen kann es Sinn machen, unabhängige Agenturen und Berater<br />

für die Planung und Umsetzung von Retargeting zurate zu ziehen. Wohin sich<br />

Retargeting entwickeln wird, ist offen. Von dem technologischen Fortschritt, der<br />

immer attraktivere Targeting Möglichkeiten eröffnet, werden Werbetreibende nur<br />

profitieren können, wenn sie jeden einzelnen Internetnutzer und dessen Daten mit<br />

dem gebührenden Respekt behandeln [21].<br />

Literatur<br />

[1] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: BVDW-Befragung – Performance Marketing,<br />

2011.<br />

[2] comScore: When Money Moves to Digital, Where Should It Go? Identifying the right<br />

media-placement strategies for digital display. 2010.<br />

[3] Kroeber-Riel, W./Weinberg, P.: Konsumentenverhalten. – 6. völlig überarbeitete<br />

Auflage, München: Vahlen, 1999.<br />

André Kolell: Retargeting<br />

Retargeting<br />

ist ideal für<br />

Performance-<br />

Marketing<br />

geeignet<br />

363


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

364<br />

[4] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: Targeting. Begriffe & Definitionen.<br />

– http://www.bvdw.org/mybvdw/media/download/bvdw-ak-targeting-definitionen-<br />

20090922.pdf?file=775 – 2009.<br />

[5] Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M.: Marketing. Grundlagen marktorientierter<br />

Unternehmensführung; Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele. – 10. vollständig<br />

überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden: Gabler, 2008.<br />

[6] ReTargeter.com: Fan ReTargeting. – http://www.retargeter.com/wp-content/themes/<br />

retargeter/_lab-fanretargeting.php.<br />

[7] Online-Vermarkterkreis: OVK Online-Report 2010/01. Zahlen und Trends im<br />

Überblick. – Herausgegeben vom Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband<br />

Digitale Wirtschaft (BVDW) und Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. (AGOF).<br />

– http://www.bvdw.org/mybvdw/media/download/bvdw-ovk-online-report-2010-<br />

01.pdf?file=1046.<br />

[8] Chaffey, D./Ellis-Chadwick, F./Mayer, R./Johnston, K.: Internet Marketing. Strategy,<br />

Implementation and Practice. – 4. Auflage. Harlow, England: Prentice Hall, 2009.<br />

[9] Arikan, A.: Multichannel Marketing. Metrics and Methods for On and Offline Success.<br />

– Indiana, USA: John Wiley & Sons, 2008.<br />

[10] http://www.adspirit.de und http://www.adnologies.com.<br />

[11] http://www.criteo.de.<br />

[12] http://www.quisma.de, http://www.nextperformance.com, http://www.specificmedia.de<br />

und http://www.mementoo.net.<br />

[13] http://www.xplosion.de, http://www.deloo.de und http://www.kupona-media.de.<br />

[14] http://www.google.com/ads/innovations/remarketing.html – zuletzt geprüft am<br />

01.05.2011.<br />

[15] Wie sich die Werbewirkung von Retargeting mit Hilfe eines A/B-Tests messen<br />

lässt, beschreibt der Autor am Beispiel von Google Analytics in seinem Blog – http://<br />

blog.andrekolell.de/2011/04/29/retargeting-test-mit-google-analytics.<br />

[16] Köhler, K.: User Journey oder der Weg zur Konversion. – Vortrag auf der Search<br />

Marketing Expo 2011 in München.<br />

[17] Baird, E. C.: Targeted Online Advertising. Persuasion in an Era of Massless<br />

Communication. Master-Thesis. Massachusetts Institute of Technology. – http://<br />

dspace.mit.edu/bitstream/handle/1721.1/44213/294909115.pdf?sequence=1 – 2008.<br />

[18] Unter anderem könnten die „Coremetrics Live Profiles“ eine Entwicklung in diese<br />

Richtung sein. – http://www.coremetrics.com/solutions/customer-history-live-profiles.php.<br />

[19] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: Was ist Targeting? – http://www.bvdw.org/<br />

mybvdw/media/download/bvdw--was-ist-targeting-dmexco- 20090923.pdf?file=752<br />

– 2009.<br />

[20] ReTargeter.com: Testing, Testing, 1, 2, 3 Ways To Optimize Your Online Advertising<br />

Campaigns. – http://www.retargeter.com/general/testing-testing-1-2-3-ways-to-optimizeyour-online-advertising-campaigns.<br />

[21] Vergleiche unter anderem – http://meine-cookies.org.<br />

Alle Links zuletzt geprüft am 01.05.2011.


Efficient Retargeting<br />

5<br />

Joachim Feist<br />

In diesem Beitrag sollen Ansätze untersucht werden, wie Retargeting effizienter<br />

und im größeren Kontext weiterer Targetingformen eingesetzt werden kann.<br />

Nach einem kurzen Blick darauf, was die Erfolgsfaktoren von Retargeting sind,<br />

werden Vorgehensweisen entwickelt, die gesammelten Retargeting-Informationen<br />

fallbezogen optimal zu nutzen.<br />

Retargeting – warum erst jetzt?<br />

Das Thema Retargeting ist plötzlich in aller Munde. Internetnutzer, die zuvor in<br />

einem Onlineshop waren, dann aber nichts kauften, noch einmal zu umwerben und<br />

dann doch zum Abschluss zu bringen, ist das Ziel. Technisch möglich ist diese Form<br />

des Targetings schon etliche Jahre. Erste Ansätze gab es bereits 2006 [1], im Jahr<br />

2008 entsprechende Firmen, die sich rein auf dieses Thema konzentrierten und damit<br />

auch Patentanmeldungen [2] ebenso wie erste Erfahrungsberichte [3].<br />

Aber erst durch die umfassende Möglichkeit, über gesammelte Restplatzvermarktung<br />

und umfassende Werbenetzwerke die eigenen Besucher wieder auf anderen Seiten<br />

anzusprechen, kam die Technik etwa 2010 zum Durchbruch.<br />

Ein weiterer Grund, dass Retargeting nicht vom Start weg sehr erfolgreich war,<br />

liegt darin, dass Retargeting zunächst nur für Display-Kampagnen genutzt wurde.<br />

Besuchte also ein Internetnutzer den Shop, so erhielt er auf Drittseiten grafische<br />

Werbemittel des Shops angezeigt. Zwar wurde damals diese Form des Retargeting<br />

schon „Behavioural Retargeting“ genannt, tatsächlich floss das genaue Verhalten<br />

des Internetnutzers aber nicht in die Kampagne ein.<br />

Etwa zeitgleich entstand das „Search Retargeting“. Hier wurde spezifisch das<br />

Suchwort eines Kunden genutzt, um diesen dann mit einer zumindest grob auf seine<br />

Suche passenden Botschaft anzusprechen. Diese Art des Retargetings gibt es in zwei<br />

Formen: Der Nutzung der Suchworte, die einen Internetnutzer auf den Shop geführt<br />

hat und – einer dem „echten“ Retargeting eher fremden Form – der Markierung von<br />

Suchenden mit Hilfe von Cookies, um diese zu diesem Suchwort auf Drittseiten<br />

anzusprechen, ohne dass diese zuvor im Onlineshop des Werbenden waren.<br />

Erst aktuell wird die stärkste Variante der Ansprache umgesetzt mit konkret gesehenen<br />

oder mit einem Produkt verwandten Produkten. Diese Form des Retargetings wird<br />

„Personalized Retargeting“ bezeichnet, da eben abhängig vom Verhalten des<br />

Internetnutzers die Retargeting-Botschaft on-the-fly gestaltet wird.<br />

Schon in den letzten Jahren wurden also bereits Effizienzsteigerungen zur generellen<br />

Idee des Retargetings erreicht. Neben dieser Entwicklung hängt der nutzbringende<br />

Einsatz von Retargeting davon ab, dieses fallbezogen optimal einzusetzen. Hierzu<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Joachim-Feist<br />

Über gesammelte<br />

Restplatzvermarktung<br />

und umfassende<br />

Werbenetzwerke<br />

kam die Technik<br />

etwa 2010 zum<br />

Durchbruch<br />

365


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Shopbesucher<br />

an anderen<br />

Stellen noch<br />

einmal mit den<br />

interessierenden<br />

Produkten<br />

ansprechen<br />

366<br />

98 Prozent<br />

verlassen den<br />

Shop, ohne zu<br />

bestellen<br />

gehört genauer zu verstehen, worin der Erfolg des Retargeting begründet ist und wie<br />

in der aktuellen Situation der größte Nutzen aus einer eigenen Retargeting-Strategie<br />

gezogen werden kann.<br />

Retargeting – Sichtweisen<br />

Als Argumentation für Retargeting werden verschiedene Gesichtspunkte angeführt,<br />

die alle ein Stück Wahrheit enthalten.<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Konversions-Sichtweise: „98 Prozent der Besucher meines Shops verlassen diesen<br />

wieder ohne zu bestellen. Es lohnt sich ungemein diese Gruppe stark zu umwerben,<br />

um aus ihr mehr Abschlüsse zu generieren, denn wir haben doch auch schon viel<br />

Geld investiert, um die Internetnutzer so weit zu bekommen. Die Konkurrenz im<br />

Internet ist auch nur einen Klick entfernt.“<br />

Reichweiten-Sichtweite: „Durch Retargeting erhöhe ich die Reichweite meiner<br />

eigenen Seite. Ich spreche die Personen, die meinen Shop besucht haben, an anderen<br />

Stellen noch einmal mit den interessierenden Produkten an.“<br />

Targeting-Sichtweise: Retargeting ist eine sehr starke Form des Behavioural<br />

Targetings [4]. Während man dort aus recht schwachen Informationen wie<br />

„besucht Sportseiten“ ableitet, dass es sich wohl um einen Mann mittleren Alters<br />

handelt, um entsprechende Marketingangebote maßzuschneidern, erfährt man beim<br />

Retargeting sehr genau, was die Person aktuell interessiert. Man weiß, dass dieses<br />

Interesse im Angebotsbereich des eigenen Shops liegt und kann dieses durch sehr<br />

zielgenaue Werbung bedienen.<br />

Pragmatiker-Sichtweise: „Die Konversion von Retargeting-Kampagnen wird<br />

in meinem Reporting als sehr hoch ausgewiesen, ähnlich hoch wie meine<br />

Suchmaschinen-Kampagnen. Ob ich also zwanzig Cent an Google je Klick<br />

überweise oder an den Retargeting-Anbieter ist egal. In beiden Fällen erhalte ich<br />

hochrelevante Besucher.“<br />

Um effizient Retargeting zu betreiben, sollten diese groben Argumente weiter<br />

gedacht werden.<br />

Natürlich verlassen 98 Prozent den Shop, ohne zu bestellen. Es lohnt aber durchaus<br />

zu analysieren, warum sie dies wohl taten und welcher Prozentsatz dieser 98<br />

Prozent durch Retargeting wieder umworben werden soll beziehungsweise welchen<br />

Prozentsatz man stark und teuer und welchen Anteil eher nachlässiger dafür günstiger<br />

umwerben sollte. Diesen Punkt werden wir im Abschnitt „Efficient Retargeting“<br />

näher untersuchen.<br />

Die Targeting-Information, die man bei Retargeting gewinnt, ist sehr prägnant und<br />

lässt sich sehr gut verwerten. Dafür ist sie aber auch nur von kurzer Dauer. Denn<br />

wie lange macht es denn Sinn, einem Interessenten die beige Hose Größe 40 auf<br />

allen erdenklichen Flächen außerhalb des eigenen Shops vor die Nase zu halten.<br />

Haben Sie schon einmal einen Hosenverkäufer erlebt, der Ihnen überall in der Stadt<br />

wochenlang auflauert, um eine einmal betrachtete Hose (die Ihnen auch noch zu<br />

weit war) noch einmal feil zu bieten? In diesem Punkt ist das Behavioural Targeting


dem Retargeting überlegen, da es langfristiger agiert. Diesen Querbezug werden<br />

wir unter dem Stichpunkt „Deep Retargeting“ näher betrachten.<br />

Besucher nur auf Basis erreichter Konversion zu betrachten, greift ebenfalls etwas<br />

kurz, denn Suchmaschinen-Traffic und Retargeting-Traffic unterscheiden sich<br />

fundamental. Retargeting ist zum Beispiel nicht geeignet, um einen neuen Shop<br />

zu bewerben. Denn ohne Besucher, kein Potential zum Retargeting. Auch nicht<br />

besonders gut konvertierende Kampagnen sind unter diesem Blickpunkt nicht<br />

unbedingt schlecht, denn um einen Shop oder Markennamen in die Köpfe von Leuten<br />

zu bringen, helfen nun einmal viele Views, die Ernte wird später eingefahren.<br />

Aus diesem Grund wollen wir im nächsten Abschnitt noch einmal zwei Schritte<br />

zurückgehen, um uns genauer zu überlegen, wie sich Marketingmaßnahmen und<br />

Internetnutzer unterscheiden und wo in diesem Universum Retargeting seinen Platz<br />

hat.<br />

Die Wirkungsweise von Retargeting im Marketing-Mix<br />

Marketing gab es schon vor dem Internet, markige Einordnungen verschiedener<br />

Werbestrategien ebenfalls.<br />

AIDA steht als Kürzel für Attention, Interest, Desire, Action. Dies sind die 1898<br />

von Elmo Lewis aufgestellten Stufen, die ein Käufer im Rahmen der Werbung<br />

durchläuft.<br />

Display-Werbung setzt ganz vorne an, erst einmal die Aufmerksamkeit und dadurch<br />

das Interesse wecken. Behavioural und Contextual Targeting mag man als Werkzeug<br />

für die Unterstützung aller Stufen sehen. Weiß man mehr über die Interessenslage des<br />

Internetnutzers, kann man leichter seine Aufmerksamkeit gewinnen, das Interesse<br />

wecken, dieses in Verlangen und schließlich zum Kauf ummünzen.<br />

Suchmaschinen-Marketing setzt dabei mittig an. Das Interesse beim Käufer<br />

ist bereits geweckt, jetzt gilt es noch sein Verlangen zu steigern und den Kauf<br />

beim eigenen Shop herbeizuführen. Retargeting setzt hinten an. Die Aktion soll<br />

herbeigeführt werden. Retargeting weitergedacht, kann aber auch für Attention<br />

genutzt werden. Ein Drucker wurde verkauft, nach einigen Monaten kann für diese<br />

Clientel Verbrauchsmaterial beworben werden.<br />

Eine Push-Strategie wird angewandt für Dinge, die die Käufer noch gar nicht<br />

kennen, ein Bedarf beim zukünftigen Kunden soll geweckt werden. Firmen wenden<br />

sich auch stark an den Handel, die neuen Produkte aufzunehmen und bauen<br />

Vertriebswege auf. Eine Kampagne für solche Artikel wird zunächst auf Emotionen<br />

und Bedarfsweckung denn auf direkte Konversion gerichtet sein. Fernsehen statt<br />

Internet, Flash statt HTML, Display-Ads statt Textlinks.<br />

Eine Pull-Strategie wird angewandt, indem ein Unternehmen auf den Markt lauscht,<br />

um herauszufinden, was der nächste große Trend wird oder ein wünschenswertes<br />

Alleinstellungsmerkmal für bestehende Produkte sein könnte. Um bestehenden<br />

Bedarf mit pfiffigen Produkten zu versorgen, um zu wissen welche Argumente den<br />

Kunden für das eigene Produkt überzeugen werden. Die Werbung geht dorthin,<br />

Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />

Beim zukünftigen<br />

Kunden Bedarf<br />

wecken<br />

367


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Durch<br />

Beeinflussung<br />

der richtigen<br />

Personengruppe<br />

können stärkere<br />

Veränderungen<br />

erreicht werden,<br />

als wenn man<br />

direktere Ansätze<br />

unternimmt<br />

368<br />

wo die Zielgruppe sitzt, um diese vor Ort zu überzeugen. Contextual Targeting,<br />

Suchmaschinen-Marketing, personalisierte Produktwerbung sind hier gefragt.<br />

Retargeting kann sowohl bei einer Push- als auch bei einer Pull-Strategie erst greifen,<br />

wenn generelles Interesse einmal geschaffen und Nutzer im Shop sind. Generell<br />

steht Retargeting dann aber der Pull-Strategie näher.<br />

Werbung an die Richtigen zu bringen, ist auch ein generelles Thema des Marketing.<br />

In dem Buch Connected! [5] beschreiben der Soziologe Nicholas A. Christakis und<br />

der Politikwissenschaftler James H. Fowler sehr viele Aspekte des menschlichen<br />

Lebens von Glück über Diät bis hin zu Selbstmord, die abhängig davon sind,<br />

welche Beziehungen wir zu anderen Personen haben und wie deren Einstellung zum<br />

jeweiligen Thema ist. Durch Beeinflussung der richtigen Personengruppe – häufig die<br />

am stärksten vernetzten – können stärkere Veränderungen erreicht werden, als wenn<br />

man direktere Ansätze unternimmt. Diesen Aspekt will Social Media-Marketing<br />

aufgreifen. Jedes Contextual Targeting-Werbemittel in einem thematischen Forum<br />

oder Blog mag jedoch genauso geeignet sein, die richtigen Meinungsführer für ein<br />

Produkt zu begeistern. Retargeting kann hier dann unterstützen, wenn es zunächst<br />

gelingt, die richtigen Personen für Retargeting vorzusehen.<br />

Die richtigen Personen für Retargeting markieren<br />

Internetnutzer, die in einen Shop oder auf eine Firmenwebseite kommen, haben<br />

in dem im letzten Abschnitt angesprochenen AIDA-Modell eine verschiedene<br />

„Reife“, die sich in der Retargeting-Kampagne in unterschiedlicher Klickrate und<br />

Konversion niederschlagen.<br />

Zugangsart: Ein Nutzer, der über eine Suchmaschine kam, sei es nun Paid Search oder<br />

ein Eintrag im natürlichen Index, ist wie oben angesprochen schon sehr weit in seinem<br />

Meinungsbildungsprozess. Kam der Nutzer sogar über eine Preissuchmaschine, ist<br />

sogar zu erwarten, dass er oder sie auch bereits die Konkurrenzevaluation durchläuft<br />

und kurz vor dem Kauf ist. In einer Untersuchung einer Shopping-Plattform 2010<br />

[6] erreicht Preisvergleich-Traffic eine Konversionsrate von vier Prozent, während<br />

die Google Produkt-Suche bei immerhin einem Prozent liegt. Ähnliche Unterschiede<br />

ergeben sich bei Besuchern, die aus dem Affiliate-Kanal vermittelt werden. Die<br />

Qualität ist abhängig davon, wie gut der Besucher zum Beispiel aufgrund einer<br />

inhaltlich bereits auf die Affiliate-Seite abgestimmte Produktwerbung vorqualifiziert<br />

wurde. Contextual Targeting ist dabei dem Behavioural Targeting überlegen, da<br />

es auf inhaltsreichen Seiten zum Einsatz kommt, die von Personen besucht werden,<br />

die bereits ein bestimmtes Interesse haben. Ist die Werbung dagegen eher allgemein<br />

und nicht auf einen konkreten Kauf ausgerichtet, kann die Konversion wie bei<br />

allgemeinen Display-Ads beliebig niedrig sein.<br />

Das folgende gezeigte Diagramm muss man sich daher eher mit logarithmischem<br />

Maßstab vorstellen, beziehungsweise anhand der Stufen von Attention, Interest,<br />

Desire, Action. Die Überlegenheit bezüglich direkter Konversion von Contextual<br />

Targeting-Traffic oder Suchmaschinen-Traffic zu einem Display-Ad liegt beim<br />

Hundert- bis Tausendfachen.


Abb. 1: Besucherwert nach Zugangsart<br />

Interessensebene: Ein Nutzer, der lediglich die Startseite besuchte, ist weniger<br />

wertvoll, als ein Nutzer, der sich Kategorien anschaute, etwas suchte, Artikeleinzelansichten<br />

aufrief und gar Produkte in den Warenkorb legte. Hier lassen<br />

sich zwar auch Konversionsraten nennen, diese sind aber von Anwendung zu<br />

Anwendung sehr unterschiedlich – zum einen wegen der Verschiedenheit der<br />

angebotenen Produkte, zum anderen wegen der unterschiedlichen Mischung der<br />

Nutzer aufgrund der oben angesprochenen Zugangsart. Folgende Tabelle kann<br />

also nur eine grobe Richtung vermitteln. Alleine mit Retargeting aufgrund von<br />

Startseitenbesuchern erreicht man bereits einen Faktor X an Klickratensteigerung<br />

im Vergleich zu normalen Kampagnen. Je stärker sich ein Nutzer interessierte, umso<br />

mehr steigt sowohl die mögliche Klickrate im Banner als auch die Konversion<br />

(Umwandlung des Interessenten in einen Käufer). Natürlicherweise ist für das<br />

Erreichen einer Konversion extrem wichtig einen Internetnutzer zu haben, der<br />

bereits im Rahmen seines Shopbesuchs sich intensiver mit den Shopthemen und<br />

-artikeln beschäftigt hat. Ein Klick ist schnell gemacht, gekauft wird aber nur von<br />

Personen, die im Kaufprozess fortgeschritten sind.<br />

Retargeting „Tiefe” User Konversion Klickrate<br />

Startseite 3 Mio Faktor X Faktor Y<br />

Kategorie-/<br />

Themenseite<br />

1,5 Mio 2 * X 1,5 * Y<br />

Einkaufskorb 0,3 Mio 4 * X 22 * Y<br />

Tab. 1: Konversion und Klickrate in Abhängigkeit der Interessensebene<br />

Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />

Internetnutzer<br />

ansprechen,<br />

die sich beim<br />

Shopbesuch<br />

intensiver mit<br />

den Shopthemen<br />

und -artikeln<br />

beschäftigt<br />

haben<br />

369


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Nicht<br />

protokolliert,<br />

dass eine<br />

Suche nach<br />

„Schuhe Lloyds“<br />

durchgeführt<br />

wurde.<br />

Stattdessen nur<br />

die Produktkategorie<br />

370<br />

Generell ist auch immer das eigene Geschäftsmodell entscheidend, ob tiefe<br />

Informationen notwendig sind oder nicht. Ein Shop, der nur Hundefutter verkauft,<br />

hat bereits eine extrem spezialisierte Information über den Nutzer auf der Startseite<br />

gewonnen. Ein Vollsortimenter hat auf dieser Ebene noch keine Möglichkeit zur<br />

personalisierten Ansprache.<br />

Die Praxis entspricht nicht der Theorie<br />

Ein Interessenskonflikt besteht nun darin, ob man lieber viele Nutzer markiert<br />

und dadurch die Konversion verwässert, oder nur die Premiumbesucher markiert<br />

und damit kaum Masse macht. Denn erreichbar über Werbung ist von diesen<br />

Internetnutzern auch wieder nur ein gewisser Prozentsatz.<br />

Für den Retargeting-Vermarkter ist die Zielstellung klarer. Marketingtechnisch<br />

wird von vielen Retargeting-Anbietern immer wieder der Warenkorbabbrecher<br />

und die personalisierte Ansprache je nach Ebene ins Feld geführt. Schaut man sich<br />

die Profilierungs-Praxis an, könnte man vom Glauben abfallen. Bei extrem vielen<br />

Retargeting-Kampagnen wird überhaupt keine Markierung auf der Konversionsseite<br />

vorgenommen, eine reine Ansprache der Warenkorbabbrecher ist also gar nicht<br />

möglich. Schlimmer noch: Selbst wenn man tatsächlich einen Artikel gekauft hat,<br />

bekommt man diesen werblich noch wochenlang hinterher getragen, was einmal<br />

mehr zum schlechten Image bei Internetnutzern beiträgt.<br />

Ebenso schlecht bestellt ist es noch um die individuelle Verarbeitung der<br />

verschiedenen Anspracheebenen beim Retargeting. Fast alle Retargeting-Anbieter<br />

merken sich eine Sequenz von Artikelnummern und nichts anderes. Das heißt: Es<br />

wird nicht mitprotokolliert, dass eine Suche nach „Schuhe Lloyds“ durchgeführt<br />

wurde. Stattdessen werden die ersten drei Produktnummern des Suchergebnisses<br />

mitprotokolliert. Gleiches bei dem Besucher einer Kategorie des Internetshops<br />

durch einen Nutzer. Anstatt sich zu merken, dass dieser sich für Herrenschuhe<br />

interessiert, werden wiederum konkrete Produktnummern übergeben. Entsprechend<br />

undifferenziert wird man dann auch mit mehr oder weniger gesehenen Produkten<br />

beworben. Idealer sind Werbemittel, die auf verschiedenen Ebenen mit Kategoriegrafiken,<br />

Suchworten und Einzelartikeln agieren.<br />

Abb. 2: Kategorie- und Produkt-Retargeting vereint<br />

Warum setzen die Retargeting-Vermarkter eher auf eine Breitseite, als zum Beispiel<br />

auf die gezielte Ansprache von Warenkorbabbrechern? Der Retargeting-Vermarkter,<br />

der meist nach vermittelten Besuchern (Klicks) abrechnet, verdient bei jedem Klick<br />

eine gewisse Marge. Bei Traffic-Einkauf via Tausender-Kontakt-Preis (TKP) ist für<br />

ihn Klickrate wichtiger als Konversion, für ihn lohnt es sich also auch Nutzer wieder<br />

zum Shop zu bringen, bei denen ein Kauf eher unwahrscheinlich ist. Würde sich der<br />

Vermarkter nur auf die Warenkorbabbrecher konzentrieren und damit dem Shop die


höchste Konversionssteigerung verschaffen, würde er auf bis zu neunzig Prozent<br />

seiner möglichen Provision verzichten.<br />

Auch bei der sinnvollen Retargeting-Dauer und Ansprachefrequenz mag der<br />

Vermarkter aufgrund seiner Margenbetrachtung eher über das sinnvolle Maß<br />

hinausschießen. Ähnlich wie Immobilienmakler zugunsten einer schnellen Provision,<br />

und damit einer anderen Zielstellung als der Immobilienbesitzer, dazu neigen,<br />

Immobilien leicht unter Wert anzubieten, besteht bei einem CPC (Cost-per-Click)-<br />

Retargeting-Vermarkter die Versuchung, seine Zielfunktion in den Vordergrund<br />

zu rücken [7]. Für eine aus Shop-Sicht effiziente Retargeting-Strategie lohnt es<br />

sich also darüber nachzudenken, sich nicht nur auf reichweitenstarke Retargeting-<br />

Anbieter auf CPC-Basis zu verlassen.<br />

Efficient Retargeting<br />

Mit dem Vorgehen „Efficient Retargeting“ verfolgen wir in unseren Projekten<br />

den Ansatz, eine für den Shop risikoarme und effiziente Retargeting-Strategie zu<br />

ermöglichen. Der wichtigste Aspekt: Alle Werbemittel die ein Shop/Unternehmen<br />

verwendet, sollten in der Lage sein, auch eine Retargeting-Botschaft zu transportieren<br />

und fallbezogen die Strategie zu ändern.<br />

Ein Weg ist beispielsweise Retargeting über Affiliate-Netzwerke auf Erfolgs-Basis zu<br />

machen und dadurch die eigentliche Zielgröße – nämlich möglichst hohe Abverkäufe<br />

– auch ins Zielkreuz des Traffic-Partners zu bringen. Darüber hinaus freut sich der<br />

Affiliate und wird ein treuerer Partner, da ihm mächtige und konversionsstarke<br />

Werbemittel zur Verfügung gestellt werden. Der große Nachteil ist, dass diesen<br />

häufig die für Retargeting wichtige Reichweite fehlt und dadurch zu wenig Personen<br />

erneut angesprochen werden können. Eine weitere Traffic-Quelle zur Ansprache<br />

der Shopbesucher ist es, auch bei gebuchten TKP-Image-Kampagnen Personen zu<br />

erkennen, denen besser ein Retargeting-Banner angezeigt werden sollte.<br />

Möglichkeit eins für eine solche Vorgehensweise ist, die Retargeting-Technik zu<br />

lizenzieren und nicht nur Reichweite und Technik eines Vermarkters ohne weitere<br />

Steuerungsmöglichkeit. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, mehrere auf CPO<br />

agierende Retargeting-Vermarkter zu bündeln, um so die gleichen Ziele wie beim<br />

CPC-abrechnenden Retargeting-Vermarkter zu erreichen. Technisch ist dies<br />

mittlerweile einfach zu realisieren: Man fügt einen Container-Tag auf die eigenen<br />

Seiten ein. Dieser setzt dann die Retargeting-Pixel weiterer Anbieter, so dass man<br />

ohne ständige Umbauten des eigenen Shops eine solche Bündelung durchführen<br />

kann.<br />

Dieser Ansatz beinhaltet zwei gravierende Gefahren im Bereich der natürlicherweise<br />

bestehenden Schnittmenge der verschiedenen Anbieter. Die Limitierung der Zahl<br />

der Retargeting-Werbekontakte (Frequency Capping) der einzelnen Anbieter<br />

funktionieren nicht mehr, da diese voneinander ja nichts wissen. Hierdurch besteht<br />

die große Gefahr, dass der Nutzer verärgert wird. Das zweite Problem liegt wiederum<br />

bei den Vermarktern. Dadurch, dass zwei, drei oder vier Werbetreibende mit starken<br />

Überlappungen der Werbeleistung tätig sind, sinkt deren eTKP drastisch. Und damit<br />

die Möglichkeit, auf hochwertigen Seiten den für das Retargeting notwendige<br />

Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />

Alle Werbemittel<br />

sollten in der<br />

Lage sein, auch<br />

eine Retargeting-<br />

Botschaft zu<br />

transportieren<br />

Container-<br />

Tag bündelt<br />

Retargeting<br />

mehrerer<br />

Anbieter<br />

371


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

372<br />

Das Setzen<br />

der weiteren<br />

Retargeting-<br />

Markierungen<br />

ist dediziert<br />

steuerbar<br />

Werbevolumen einzukaufen. Das folgende Diagramm visualisiert diesen Effekt<br />

symbolisch. Die Kampagnen dreier Retargeting-Dienstleister überlappen sich<br />

gegenseitig und führen zu doppelter und dreifacher Ansprache der Zielgruppe.<br />

Abb. 3: Schnittmengengefahr bei Mehrfach-Retargeting<br />

Dieser Effekt ist bereits aus dem Bereich der Post-View-Werbung bekannt (Vergütet<br />

werden dort auch Sales, die nur aufgrund der Sichtung einer Werbung zustande<br />

kamen) und führt dort im Affiliate-Bereich dazu, dass häufig nur eine gewisse Menge<br />

von Post-View-Partnern zugelassen sind. Da der CPC-Retargeting-Anbieter für viele<br />

Shops Retargeting macht, geschieht als Konsequenz auch Folgendes: Aufgrund<br />

sinkender Marge bei Shop A wechselt der Retargeting-Anbieter zur Darstellung<br />

von Werbemitteln von Shop B und zeigt damit mehr Banner der Konkurrenz an, die<br />

keine Schnittmenge mit weiteren Retargeting-Kampagnen unterhält.<br />

Hier kommt das Vorgehen „Efficient Retargeting“ ins Spiel. Auch hier werden<br />

Container-Tags auf der Seite des Shops verwendet und markieren entsprechend<br />

die Internetnutzer. Das Setzen der weiteren Retargeting-Markierungen ist aber<br />

dediziert steuerbar. Wir setzen für einen Internetnutzer den Retargeting-Code eines<br />

reichweitenstarken CPC-Retargeting-Anbieters nur dann, wenn wir davon ausgehen,<br />

dass wir diesen nicht über die normale Reichweite des Shops im Bereich Affiliate<br />

oder TKP-Buchung erreichen. Dieses Vorgehen ist dann möglich, wenn der Shop<br />

unsere Produktwerbemittel, seien sie nun kontextsensitiv oder durch den Nutzer<br />

gesteuert, auch im Affiliate-Bereich oder im gebuchten Bereich einsetzt. Dadurch<br />

wissen wir, welche Personen über diese Kanäle mit hoher Wahrscheinlichkeit und<br />

sinnvollem Zeitraum wieder angesprochen werden können. Darüber hinaus besteht<br />

die Möglichkeit von Kooperationen mit anderen Kunden, die ebenfalls mit dieser<br />

Technologie arbeiten.<br />

Auf diese Weise kann eine wie in der nächsten Abbildung versinnbildlichte<br />

Bewerbung der Shopbesucher nahezu überlappungsfrei gewährleistet werden.


Abb. 4: Schnittmengenfreie Mitnutzung von eigener Affiliate- und TKP-Reichweite des<br />

Shops, ergänzt durch vom Shop gebuchte Retargeting-Fläche und einen CPC-Retargeting-<br />

Anbieter<br />

Auf diese Weise kann ein reichweitenstarkes Retargeting aufgebaut werden, bei<br />

dem auch risikoärmere Kanäle wie Affiliate genutzt und – aufgrund der für diese<br />

Partnergruppe steigenden Verdienstmöglichkeiten – gestärkt werden. Darüber<br />

hinaus ist dieses Verfahren günstiger und eingespartes Budget kann genutzt<br />

werden, die besonders lukrative Zielgruppe der Warenkorbabbrecher oder vermutete<br />

Meinungsführer auf qualitativ hochwertigen Kanälen anzusprechen.<br />

Deep Retargeting<br />

Neben dem optimalen Aussteuern der Retargeting-Reichweite im Sinne des „Efficient<br />

Retargeting“, um möglichst risikolos und margenträchtig die Potentiale zu nutzen,<br />

gilt es noch die Beschränktheit des Retargetings aufzubrechen.<br />

Diese Beschränkungen sind:<br />

• Retargeting ist zeitlich limitiert, die Information wird nur kurz genutzt.<br />

• Die Werbung ist rein auf die Dimension Produkte reduziert.<br />

• Die Werbung ist auf Kaufinteressenten eingeschränkt.<br />

Diesen Beschränkungen stellen wir den Ansatz des „Deep Retargeting“ entgegen.<br />

Zeitliche Beschränkung aufheben<br />

Wie bereits angesprochen, geht Retargeting zeitlich sehr beschränkt vor. Konkrete<br />

Produkte, für die der Internetnutzer sich interessiert, werden ihm noch einige<br />

Zeit vor Augen geführt. Macht man dies eine Woche lang oder zwei? Auch auf<br />

diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Für ein Buch sollte die Frist eher kurz<br />

sein, da es vielleicht längst anderswo gekauft wurde, für ein teures und in punkto<br />

Entscheidungsfindung komplexes Produkt wie ein Auto darf sie auch lang sein.<br />

Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />

Warenkorbabbrecher<br />

oder<br />

vermutete<br />

Meinungsführer<br />

ansprechen<br />

Eine Woche oder<br />

zwei?<br />

373


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Eher ein Mann<br />

oder eine Frau,<br />

eher jung<br />

oder alt<br />

374<br />

Was bleibt nach dieser Zeit? Bei Standard-Retargeting nichts, denn die Wahrscheinlichkeit,<br />

die graue Herrenhose Größe 40 zu verkaufen, geht gegen Null. In dem<br />

vergangenen Interesse steckt aber eine viel interessantere Information. Die Person ist<br />

vermutlich ein Mann und interessiert sich für Größe 40. Diese Information hat eine<br />

deutlich längere Gültigkeit und kann für zukünftige Marketingbotschaften genutzt<br />

werden. Im Modebereich ist das grobe Wissen über das Geschlecht (und vielleicht<br />

eine noch ableitbare Altersgruppe) bereits Garant für eine deutlich bessere Klickrate,<br />

die in der kommenden Kommunikation genutzt werden kann.<br />

Dies ist in der folgenden Abbildung noch einmal grob skizziert. Ein Internetnutzer<br />

geht zu einem Shop. Die Retargeting-Kampagne des Shops wird dadurch für eine<br />

gewisse Zeit in Gang gesetzt. Der Besucher wird durch die Kampagne aktiviert und<br />

schaut sich noch weitere Produkte an. Aus diesen zwei Besuchen lassen sich je nach<br />

gesehenen Produkten grobe Ableitungen machen, ob die Person eher ein Mann oder<br />

eine Frau ist, eher jung oder alt. Je nach Shop oder Portal sind Informationen über<br />

Ort oder gewisse Affinitätsmerkmale ableitbar. Mit dieser aggregierten Information<br />

können Kampagnen im Sinne des „Deep Retargeting“ gesteuert werden.<br />

Abb. 5: Deep Retargeting<br />

Beachtung weiterer Targeting-Dimensionen<br />

Deep Retargeting ist dabei von Shop zu Shop stark unterschiedlich. Während ein<br />

Modeshop an Geschlecht, Alter und präferierter Marke interessiert ist, wäre für einen<br />

Immobilienanbieter, einen Energiedienstleister und eine Partnervermittlungsbörse<br />

der Ort von starkem Interesse.


Abb. 6: Ort als Personalisierungs-Dimension<br />

Beim Tierfutter-Shop ist es am wichtigsten zu wissen, welches Haustier der<br />

Internetnutzer wohl sein eigen nennt. Deep Retargeting ähnelt also Behavioural<br />

Targeting und leitet aus dem Verhalten im eigenen Shop wissenswerte Prediktoren<br />

für die zukünftige Ansprache ab. All diesen Prediktoren gemeinsam ist, dass sie<br />

langfristig nutzbar sind und die zukünftige Kommunikation deutlich zielgerichteter<br />

für den Internetnutzer gestaltet werden kann.<br />

Nutzung für weitere Aktionen<br />

Konsequent weitergedacht kann man auch speziell für Bestandskunden (also das<br />

Gegenteil von Warenkorbabbrechern) Post-Sale-Kampagnen durchführen, indem<br />

man die Kunden nach gewissen Zeitläufen versucht, wieder zu aktivieren. Die Art<br />

der Ansprache mag dann eher dem Gedanken eines Newsletters entsprechen, der<br />

den früheren Interessenten aktiviert. Oder es wird das Ziel verfolgt, in dedizierten<br />

Kanälen Meinungsführer anzusprechen und für neue Produkte mit speziellen<br />

Angeboten zu gewinnen.<br />

Leitlinien<br />

An dieser Stelle seien noch einmal die wichtigsten Fallstricke und Lösungsansätze<br />

dieses Abschnittes aufgeführt. Die wichtigsten Risiken bei Retargeting sind:<br />

• Retargeting aufgrund reinen CPC-Retargetings ist teuer und birgt Risiken.<br />

•<br />

Zielstellung des Retargeting-Vermarkters (Marge Traffic-Einkauf zu Traffic-<br />

Verkauf) stimmt nicht mit Zielstellung des Shops (gezielte Kundenansprache zur<br />

kurz- und langfristigen Konversionssteigerung) überein.<br />

• Retargeting nicht in sonstigen eigenen Shop-Werbeformen ermöglicht.<br />

• Benutzerverärgerung aufgrund<br />

• Ansprache mit bereits gekauften Produkten.<br />

• zu häufige Retargeting-Kundenansprache.<br />

• reine Produktansprache anstelle abstrakter Interessensebenen.<br />

Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />

Deep Retargeting<br />

leitet aus dem<br />

Verhalten im<br />

eigenen Shop<br />

wissenswerte<br />

Prediktoren für<br />

die zukünftige<br />

Ansprache ab<br />

375


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

376<br />

„Efficient<br />

Retargeting“<br />

erlaubt die<br />

Bündelung<br />

mehrerer<br />

Retargeting-<br />

Quellen<br />

• doppelter Ansprache über mehrere Vermarkter, dadurch sinkender eTKP.<br />

•<br />

Die wichtigsten Verbesserungspotenziale des Retargeting sind:<br />

•<br />

•<br />

• Ableitung von mittel- und langfristigen Prediktoren.<br />

• Breitere Erhebung relevanten Wissens passend zum eigenen Shop.<br />

•<br />

Vergabe von mittel- und langfristigen Marketingchancen aufgrund reiner<br />

produktbezogener Profilbildung.<br />

Intelligente Container-Tags, die fallbezogen weitgehend überdeckungsfreies,<br />

reichweitenstarkes und risikoarmes Retargeting ermöglichen.<br />

Auch klassische Werbemittel des Shops in die Lage versetzen, Retargeting-<br />

Botschaften auszuliefern. Dies betrifft den Affiliate-Kanal als auch Display-<br />

Kampagnen.<br />

Individuelle Ansprache der verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen<br />

Kostenstrukturen.<br />

„Half the money I spend on advertising is wasted; the trouble is I don’t know which<br />

half“ John Wanamaker 1838-1922.<br />

Dank verschiedener Targetingformen, angefangen von Contextual Targeting, über<br />

Behavioural Targeting bis hin zu Retargeting, kann man im Online-Marketing Herrn<br />

Wannamaker mittlerweile helfen, die verschwendete Hälfte der Werbeausgaben zu<br />

reduzieren.<br />

Wichtig ist, Retargeting als eine von vielen Targetingtechniken anzusehen. Retargeting<br />

sollte in größere Konzepte eingeordnet und auf das eigene Anwendungsgebiet<br />

maßgeschneidert werden. „Efficient Retargeting“ erlaubt dabei die Bündelung<br />

mehrerer Retargeting-Quellen, erweitert diese auf bereits bestehende Werbekontakte,<br />

stärkt den Affiliate-Bereich und fördert auch die mittel- und langfristige Konversion.<br />

„Deep Retargeting“ stellt Retargeting in das größere Bild eines Behavioural<br />

Targetings und erweitert die kurzfristigen Ansprachemöglichkeiten auf langfristige<br />

Marketingchancen.<br />

Literatur<br />

[1] Wise, Bill: To Recoup Click-through Losses, Redirect. – Search Insider, 5. Juni 2006.<br />

[2] United States Patent Application Pub. No.: US 2008/0294523: Methods and Apparatus<br />

for advertising via Computer Networks and Websites. – FetchBack LLC, 28.2.2008.<br />

[3] Value Click Media White Paper: Improving Performance with Retargeting. – 2008.<br />

[4] Rushia, Amy (OMAU): Online Media Tactics Behavioral Targeting & Retargeting.<br />

– April 22nd 2009.<br />

[5] Christakis, Nicholas A./Fowler, James H.: Connected!, S. Fischer Verlag, 2010.<br />

[6] Tradoria Händlerzeit 5/2010.<br />

[7] Levitt Steven D./Dubner, Steven J.: Freakonomics. – Goldmann Verlag, 2007.


Neuer Onlinewerbetrend aus den USA:<br />

5<br />

Realtime-Bidding<br />

Martin Weidemann<br />

Realtime-Bidding bedeutet das Versteigern von AdImpressions in Echtzeit. In den<br />

USA bereits fester – und stark wachsender – Bestandteil des Onlinewerbemarktes,<br />

gewinnt das Verfahren auch hier in Deutschland zunehmend an Bedeutung.<br />

Beim Realtime-Bidding wird der Anzeigenbereich einer Website an den höchstbietenden<br />

Werber versteigert – und zwar in genau dem Moment, in dem die Website<br />

durch den User aufgerufen wird. So sollen marktgerechte Preise für jede Einblendung<br />

und zielgenaues Werben ermöglicht werden. In Deutschland befindet sich der Trend<br />

erst seit dem letzten Jahr auf dem Vormarsch.<br />

Ablauf und Beteiligte<br />

Realtime-Bidding läuft im Wesentlichen über den Austausch zwischen den beteiligten<br />

Adservern ab – jeweils einer auf Seiten des Publishers oder seines Vermarkters<br />

und einer auf Seiten des Advertisers (beziehungsweise seines Dienstleisters).<br />

Ruft ein Nutzer eine bestimmte Website auf, sendet der Adserver des Publishers<br />

Details über Website und User an die Adserver der Werbekunden. Diese bieten nun<br />

auf die Werbeeinblendung, die auf der Werbefläche der Website erscheinen wird.<br />

Hierzu sind die Adserver entsprechend ihrer Kriterien für abzugebende Gebote<br />

programmiert – ähnlich der Funktion des automatischen Bietens bei eBay. Der<br />

Adserver des Publishers sammelt dann die Gebote und der Bieter mit dem höchsten<br />

Gebot erhält den Zuschlag, das heißt die Einblendung. All dies geschieht innerhalb<br />

weniger Millisekunden.<br />

Das Bidding-Verfahren läuft vom Nutzer gänzlich unbemerkt ab: Sobald der<br />

Ladevorgang der Seite abgeschlossen ist, ist auch die Werbung des Höchstbietenden<br />

bereits zu sehen – also quasi in Echtzeit. Mit jedem weiteren Aufruf der Website<br />

werden die Werbetreibenden erneut via Adserver um ein Gebot gebeten und der<br />

Preis für die AdImpression wird neu ausgehandelt.<br />

Die Besonderheit: Rückgriff auf Targeting-Mechanismen<br />

Damit Advertiser ihre Gebote nicht nur nach der infrage stehenden Website, sondern<br />

auch nach dem jeweils zu erreichenden Adressaten ausrichten können, werden auch<br />

Informationen über den Nutzer verarbeitet. Hierbei handelt es sich zunächst um<br />

die regulären Userdaten, das heißt ihre IP-Adresse (aus der ein Rückschluss auf<br />

den Standort, ISP und Bandbreite gezogen werden kann), ihr Betriebssystem, ihren<br />

Browser sowie gegebenenfalls weitere Informationen wie Bildschirmauflösung<br />

oder Sprache.<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Martin-Weidemann<br />

Realtime-Bidding<br />

bedeutet das<br />

Versteigern von<br />

AdImpressions in<br />

Echtzeit<br />

Beim Aufruf einer<br />

Webseite sendet<br />

der Adserver<br />

des Publishers<br />

Details über<br />

Website und User<br />

an die Adserver<br />

der Werbekunden<br />

377


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

User-Matching<br />

zwischen den<br />

beiden Adservern<br />

und den dort<br />

verfügbaren<br />

Profilen<br />

Echtzeit-Auktion<br />

ermöglicht<br />

den Verkauf<br />

jeder einzelnen<br />

AdImpression<br />

genau zum<br />

jeweils aktuellen<br />

Marktwert<br />

378<br />

Darüber hinaus kann beim Realtime-Bidding allerdings auch ein Abgleich<br />

weitergehender Profildaten erfolgen. Während des Ladevorgangs werden dabei<br />

natürlich keine neuen Daten seitens des Publishers eingesammelt. Stattdessen<br />

erfolgt, der eigentlichen Auktion vorgelagert, ein User-Matching zwischen den<br />

beiden Adservern und den dort verfügbaren Profilen. Der Adserver des Publishers<br />

meldet den Nutzer bereits vor der Einladung zur Auktion an den Adserver des<br />

Advertisers. Dieser prüft, ob er die angegebene ID mit eigenen Kenntnissen über<br />

den entsprechenden Nutzer anreichern kann. Wenn ja, kann er seine Entscheidung<br />

über Teilnahme an der Auktion und Höhe der Gebote auf eine fundierte Grundlage<br />

stellen.<br />

Eigene Informationen über den User kann der Advertiser zum Beispiel mit Hilfe<br />

von Cookies oder aus einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung generiert<br />

haben. Auch gibt es Data-Supply-Plattformen, bei denen sowohl Advertiser als<br />

auch Publisher derartige Datensätze einkaufen können. Diese enthalten individuelle<br />

Informationen, die der Nutzer freigegeben hat, wie beispielsweise Alter, Geschlecht<br />

oder Interessen. Es obliegt hierbei dem Anbieter der Daten, dafür zu sorgen, dass<br />

deren Erhebung in rechtlich einwandfreiem Verfahren erfolgt ist. Hat der Publisher<br />

selbst solche Datensätze gekauft, kann er den potenziellen Bietern vor der Auktion<br />

nähere Angaben zum Nutzerprofil machen.<br />

Das Wissen um das Profil des Users kann die Entscheidung über den genauen Wert<br />

der Impression für den Advertiser – und damit die Höhe seines Gebots – entscheidend<br />

beeinflussen. Eine erfolgversprechende Impression bei einem als Gelegenheitskunde<br />

oder früherer Interessent bekannten User mag ihm einen hohen Preis wert sein.<br />

Für eine Einblendung bei einem unbekannten User, auf dessen Interessen sich nur<br />

aufgrund des inhaltlichen Profils der Website schließen lässt, zahlt er hingegen<br />

sicherlich weniger.<br />

Je mehr über den User bekannt ist, desto weniger Bedeutung kommt letztlich dem<br />

inhaltlichen Profil der Website zu, da sich die Konzentration auf den Adressaten<br />

selbst verlagern kann.<br />

Publisher profitieren<br />

Für den Publisher bietet das Realtime-Bidding-Verfahren einen erheblichen Vorteil:<br />

Die Echtzeit-Auktion ermöglicht den Verkauf jeder einzelnen AdImpression genau<br />

zum jeweils aktuellen Marktwert. Im Normalfall, das heißt im Rahmen einer<br />

pauschal gebuchten Kampagne, werden die Einblendungen zu einem vorher<br />

ausgehandelten Festpreis bespielt. Ob und wie viel ein anderer Advertiser für<br />

dieselbe Einblendung mehr bezahlen würde, wird weder ermittelt noch lässt<br />

sich im entscheidenden Moment darauf reagieren. Die Einzelversteigerung ihrer<br />

Einblendungen bringt Publishern demgegenüber einen höheren Profit. Für jede<br />

Einblendung erhalten sie garantiert den höchsten Preis, den die Advertiser am<br />

Markt bereit sind zu zahlen.


Vorteile für Advertiser<br />

Martin Weidemann: Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding<br />

Abb. 1: Ablaufprozess beim Realtime-Bidding<br />

Für Advertiser ist Realtime-Bidding grundsätzlich nicht mehr als ein anderes<br />

Buchungsverfahren für AdImpressions. Statt den Preis für ein bestimmtes<br />

Kontingent an Einblendungen im Vorhinein festzulegen, wird dieser nun eben<br />

für jede Werbefläche separat ausgehandelt. Indem die Advertiser ihre Kriterien<br />

und preislichen Vorgaben via Adserver in das Versteigerungsverfahren einfließen<br />

lassen, unterscheidet sich im Ergebnis für sie zunächst einmal nichts. Lediglich die<br />

preisliche Variabilität ist neu – sie kann ihnen im Einzelfall sowohl zum Vorteil als<br />

auch zum Nachteil gereichen.<br />

Allerdings entfaltet das Realtime-Bidding besondere Effektivität in der Kombination<br />

aus Auktion und Nutzer-Targeting-Mechanismen. Denn so kann der aktuelle<br />

Preis in Abhängigkeit vom Profil des Nutzers ausgehandelt werden. Das erlaubt<br />

den Werbungtreibenden ihre Werbemaßnahmen gezielt zu platzieren und so die<br />

Streuverluste ihrer Werbemaßnahmen gering zu halten.<br />

Für Advertiser bietet sich durch Realtime-Bidding die Gelegenheit zum „Cherry-<br />

Picking“: Sie bieten nur auf die Rosinen aus dem Kuchen, das heißt auf die<br />

Statt den<br />

Preis für<br />

Einblendungen<br />

vorher<br />

festzulegen,<br />

wird dieser in<br />

Echtzeit für jede<br />

Werbefläche<br />

ausgehandelt<br />

379


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

Preis-Leistungsverhältnis<br />

lässt sich für<br />

den Werber<br />

im Verhältnis<br />

zur üblichen<br />

Buchung<br />

erheblich<br />

verbessern<br />

380<br />

Preise können<br />

auch höher<br />

ausfallen, als<br />

im normalen<br />

Buchungsverfahren<br />

Einblendungen bei Usern, die sie explizit für sich als hochrelevant erkannt haben.<br />

Statt pauschal Werbeflächen in einem Umfeld zu buchen, in dem sie ihre Zielgruppe<br />

im Vorhinein vermuten, können sie mit Hilfe des Realtime-Bidding gezielt Werbung<br />

nur dort platzieren, wo sich tatsächlich ein geeigneter Adressat aufhält. Passt<br />

beispielsweise die Website zum anvisierten Nutzerprofil, der betreffende User, der<br />

die Website aufruft, aber nicht, kann der Werbungtreibende ein geringeres Gebot<br />

abgeben oder ganz darauf verzichten. Durch diese zielgenaue Platzierung der<br />

Onlinewerbung lässt sich das Preis-Leistungsverhältnis auch für den Werber im<br />

Verhältnis zur üblichen Buchung erheblich verbessern. Hinzu kommt der finanzielle<br />

Vorteil durch die Reduzierung von Streuverlusten.<br />

Realtime-Bidding gewährt damit sowohl Publishern als auch Werbern eine sinnvolle<br />

Aussteuerung der Einblendungen. Zielgenauigkeit und Effizienz der Onlinewerbung<br />

erhöhen sich.<br />

Hindernisse und Risiken<br />

Trotz vielversprechender Aussichten und dem Rückenwind aus Amerika hat sich<br />

Realtime-Bidding in Deutschland noch nicht vollständig etabliert. Dies liegt zum<br />

einen daran, dass die technischen Voraussetzungen, die zur Auktionsabwicklung<br />

benötigt werden, noch nicht überall geschaffen sind. Gerade die Anreicherung der<br />

Nutzerprofile mit weiteren Daten im Rahmen der Auktionsvorbereitung ist eine sehr<br />

junge Entwicklung. Diese ist weit davon entfernt, flächendeckend implementiert zu<br />

sein: In den USA ist sie seit circa einem Jahr verfügbar, in Deutschland steckt ihre<br />

Anwendung noch in den Kinderschuhen.<br />

Die hohen Anforderungen in puncto Rechenleistung stellen zum anderen einen nicht<br />

unerheblichen Kostenfaktor dar. Nicht für alle Anbieter zahlt sich der technische<br />

Aufwand auch aus, denn um effizient zu arbeiten, benötigt der Adserver eine<br />

gleichbleibend hohe Auslastung. Dies kann aber nicht jeder Vermarkter zu jedem<br />

Zeitpunkt garantieren – weswegen die Preise unter Umständen auch höher ausfallen<br />

können als im normalen Buchungsverfahren.<br />

Ein weiteres Hindernis für die Etablierung von Realtime-Bidding ist eine spezifische<br />

Eigenheit des deutschen Werbemarktes. Während in den USA die werbungtreibenden<br />

Unternehmen meist direkt mit den Publishern in Verbindung stehen, wird die<br />

Abwicklung des Werbegeschäfts in Deutschland von Seiten der Advertiser eher<br />

in die Hände einer Agentur gegeben. Als Zwischeninstanz zwischen Publisher<br />

und Advertiser handelt sie innerhalb eines festgesetzten Budgets die Kosten der<br />

Werbekampagne aus.<br />

Durch Realtime-Bidding reduziert sich die Planungssicherheit der Agenturen<br />

erheblich, bezogen sowohl auf das Werbevolumen als auch auf den Preis. Dabei<br />

ist es für Agenturen noch nicht einmal zwingend erstrebenswert, die Werbung zu<br />

einem niedrigeren als dem erwarteten Preis zu buchen. Denn wird das verfügbare<br />

Budget nicht ausgeschöpft, wird der Etat beim nächsten Mal möglicherweise von<br />

Beginn an gekürzt. So ist noch nicht klar, inwiefern die Agenturen den Realtime-<br />

Bidding-Trend aus Amerika aufgreifen oder ob sie sich vielleicht sogar gegen ihn<br />

positionieren werden.


Keine Probleme mit Datenschutz<br />

Weniger ausschlaggebend im Falle des Realtime-Bidding sind Datenschutzerwägungen.<br />

Denn der Adserver auf Publisherseite nutzt nur die allgemein<br />

zugänglichen Daten aus IP und Browserinformationen und erhebt selbst keine<br />

Daten. Das zielgenaue Targeting wird möglich durch den Abgleich mit bereits beim<br />

Advertiser angelegten Nutzerprofilen, die beim User-Matching mit dem anonymen<br />

Profil des Adservers zusammengeführt werden.<br />

Die rechtlich einwandfreie Erhebung der Daten liegt – wie bei allen anderen<br />

Interaktionen mit vorhandenen oder potenziellen Kunden auch – in der Verantwortung<br />

des Advertisers beziehungsweise der Data-Supply-Plattform, von der die Daten<br />

bezogen werden. Legt ein Publisher selbst ebenfalls eine Profildatenbank an und<br />

speichert entsprechende Nutzerdaten, gilt dieser Grundsatz natürlich auch für ihn.<br />

Vorbehalte gegen Dienste, die auf einer derartigen Datenverarbeitung fußen, mögen<br />

zwar allgemein in Europa die Implementierung von Realtime-Bidding erschweren.<br />

In jedem Fall entstehen aber keine unbekannten beziehungsweise neuen rechtlichen<br />

Risiken durch das Buchungsverfahren.<br />

Fazit: Auch bei uns der nächste Onlinewerbetrend?<br />

Realtime-Bidding ist derzeit in aller Munde und wird als die neue Sensation am<br />

Onlinewerbemarkt gehandelt. Allerdings wird die Adaption des Echtzeit-Auktionsverfahrens<br />

auf dem deutschen Markt mit Sicherheit kein rascher Siegeszug<br />

werden. Zu komplex ist das Verfahren samt seiner technischen Voraussetzungen.<br />

Dennoch besteht gerade auf Seiten der Publisher ein sehr hohes Interesse an der<br />

Implementierung des für sie profitablen Buchungsverfahrens.<br />

Mit der Möglichkeit zum Abgleich der persönlichen Nutzerdaten steigt der Wert<br />

des Realtime-Biddings schließlich auch in den Augen der Advertiser erheblich. Mit<br />

der nötigen technischen Infrastruktur steht einer flächendeckenden Einführung des<br />

Bietverfahrens im Prinzip nichts mehr im Weg. So wird sich Realtime-Bidding auf<br />

lange Sicht einen festen Platz im Leistungsportfolio der Vermarkter sichern – wie<br />

hoch der Anteil innerhalb des Marketing-Mix sein wird, lässt sich allerdings nur<br />

schwer prophezeien. Dies wird zu einem nicht unwesentlichen Teil auch von der<br />

Bereitschaft der (Media-)Agenturen und/oder einem etwaigen Abnabelungsprozess<br />

der Werbungtreibenden abhängen.<br />

Literatur<br />

Martin Weidemann: Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding<br />

Schutzmann, I.: Optimieren für’s höchste Gebot. – In: Internet World Business, S. 18 f.,<br />

03/2011, 7. Februar 2011.<br />

Schutzmann, I.: Per Auktion zum Nutzer. – In: Internet World Business, S. 8 f., 05/2011, 17.<br />

März 2011.<br />

Schmidt, Holger: Die nächste Revolution: Werbung in Echtzeit. – F.A.Z. Blog Netzökonom<br />

(http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2010/09/28/werbung-inechtzeit.aspx),<br />

28. September 2010.<br />

Keine neuen<br />

datenschutzrechtlichen<br />

Risiken durch<br />

das Buchungsverfahren<br />

381


382<br />

Data Driven Display („D3”) Advertising<br />

5<br />

– RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />

Ulrich Hegge<br />

Ideal dank D3-<br />

Advertising!?<br />

Vollautomatisches<br />

Anbieten und<br />

Kaufen des<br />

Inventars zum<br />

optimalen, für<br />

beide Seiten<br />

fairen Preis<br />

Hinweis: Mit maximal zwei Jahren Erfahrung in den USA (einem anders strukturierten<br />

Markt) und außerordentlich wenig harten Daten aus den deutschsprachigen Märkten<br />

sind praktische Tipps nicht möglich. Auch eine detaillierte Beschreibung der<br />

jeweiligen Technologien ist entsprechend nicht zu leisten, außerdem wäre bei der<br />

aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit jede Analyse in kurzer Zeit überholt.<br />

Trotzdem kann die schöne neue Welt einer datengetriebenen Display-Vermarktung<br />

in einem Online-Marketing-Handbuch 2011 nicht außen vor gelassen werden. Zu<br />

groß sind die Chancen, zu wichtig die möglichen Veränderungen der kommenden<br />

Jahre im Markt. Welche das sein könnten? Bitte hier entlang...<br />

Effizient, schnell, profitabel – ideal dank D3-Advertising!?<br />

Für den Publisher ist das gewünschte Ergebnis klar: Möglichst immer den optimalen<br />

Preis für das gerade zur Verfügung stehende Inventar bekommen. Und das mit<br />

möglichst wenig Aufwand, damit die Marge stimmt.<br />

Genauso einfach ist das Ziel des Advertisers – möglichst effizient, das heißt mit<br />

möglichst geringem Streuverlust, zum richtigen Zeitpunkt und zu möglichst geringen<br />

Kosten (Marge!) den gewünschten Effekt erzielen. Das gilt so sowohl für Marken-<br />

wie für Abverkaufswerbung.<br />

Um das jeweils Gewünschte zu erreichen, sind meist weitere Mitspieler notwendig.<br />

Vermarkter, Vermarktungsnetzwerke, Media- und Kreativ-Agenturen, Technologie-<br />

Dienstleister (Adserver, Targeting) und gegebenenfalls Anbieter von Daten. Und<br />

alles dient der besseren Aussteuerung der Kampagnen zur Erreichung der genannten<br />

Ziele.<br />

Wie wäre es, wenn diese Komplexität radikal reduziert werden könnte?<br />

• Vollautomatisches Anbieten und Kaufen des Inventars,<br />

• ... zum optimalen, für beide Seiten fairen Preis,<br />

• ... mit allen zur Optimierung notwendigen Daten, für die Creatives<br />

und die Kampagnenaussteuerung,<br />

• ... die wiederum automatisiert und in Echtzeit umgesetzt werden.<br />

Das ist das Leistungsversprechen, das sich die verschiedenen Marktteilnehmer auf<br />

die Fahnen geschrieben haben.<br />

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ulrich-Hegge


Wer spielt mit – oder will mitspielen?<br />

Vor allem in den letzten zwei Jahren ist eine rege, von Innovation getriebene<br />

Services-Szene entstanden, in der die zur Umsetzung des Idealszenarios notwendigen<br />

Funktionen angeboten werden.<br />

Publisher: Supply Side Platform „SSP“<br />

In der SSP wird das zur Verfügung stehende Inventar durch den Publisher<br />

klassifiziert und die buchbaren Formate eingetragen. Diese Buchungsdaten werden<br />

über die SSP dem Advertiser/der Media-Agentur zur Verfügung gestellt, damit<br />

ohne weitere Zwischenschritte direkt gebucht und die Werbemittel entsprechend<br />

der gebuchten Kampagne ausgespielt werden können. SSPs sind damit Exchanges,<br />

die eine Erlösmaximierung für Publisher und Vermarkter erreichen wollen. Und<br />

dies idealerweise unter Berücksichtigung beziehungsweise Abgrenzung der<br />

Premium-Vermarktungsstrategien, um unter anderem Kannibalisierungseffekte zu<br />

vermeiden.<br />

Es gibt zwei Varianten, die überwiegend auf den gleichen technischen Systemen<br />

laufen:<br />

• Open SSP: Grundsätzlich für alle Marktteilnehmer auf beiden Seiten offen.<br />

• Private SSP: Zusammenschluss zu einem kontrollierten Vermarktungsnetzwerk,<br />

das über diese bestimmte SSP gebucht wird.<br />

Beispielhafte Anbieter in diesem Bereich sind unter anderem (aktuell ständige<br />

Veränderungen auch in der Positionierung möglich – das gilt auch für die folgenden<br />

Aufzählungen von Marktteilnehmern):<br />

• www.admeld.com (von Google gekauft) • www.pubmatic.com<br />

• www.rubiconproject.com • www.liftdna.com<br />

• www.improvedigital.com • www.revenuemax.de<br />

Advertiser: Demand Side Platform „DSP“<br />

Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />

Um die Inventar-Handelsmöglichkeiten über die verschiedenen Exchanges (SSPs und<br />

„klassische” AdExchanges) und Möglichkeiten zur Optimierung durch Hinzukaufen<br />

von Daten (dazu anschließend mehr), noch handhaben zu können, haben sich DSPs<br />

etabliert.<br />

Dank der Aggregation der SSPs/Exchanges und der zur Optimierung notwendigen<br />

Daten durch die DSPs können Advertiser dann Publisher- und Netzwerk-übergreifend<br />

buchen und aussteuern.<br />

• www.invitemedia.com (von Google gekauft) • www.dataxu.com<br />

• www.mediamath.com • www.turn.com<br />

SSP: Werbemittel<br />

entsprechend<br />

der gebuchten<br />

Kampagne<br />

automatisch<br />

ausgespielt<br />

DSP:<br />

Hinzukaufen<br />

von Daten zur<br />

Optimierung der<br />

Kampagne<br />

383


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

DX: Daten<br />

für die Siteübergreifende<br />

Adressierung der<br />

Nutzer<br />

384<br />

Optimierung: Data Exchange „DX“<br />

Typischerweise ist das über D3-Advertising buchbare Inventar nicht das sogenannte<br />

Premium-Inventar. Premium-Buchungsplätze werden meist direkt vermarktet und<br />

der Platzierungskontext spielt eine große Rolle („Premium-Marken auf Premium-<br />

Sites“).<br />

Um das andere Inventar möglichst effizient zu nutzen, wird üblicherweise Targeting<br />

eingesetzt. Durch das Targeting verliert das Buchungsumfeld an Bedeutung,<br />

stattdessen rückt der zu erreichende Nutzer in den Vordergrund.<br />

Und um den richtigen Nutzer im richtigen Moment zu erreichen, sind die dazu<br />

passenden Daten notwendig. Je nach Kampagnenziel können dies beispielsweise<br />

soziodemografische Daten, allgemeine Interessen oder aktuelle Kaufinteressen sein.<br />

Nicht alle Publisher verfügen über diese Daten, und auch nicht alle Advertiser. Vor<br />

allem ist die Site-übergreifende Adressierung der Nutzer wichtig, sonst können nicht<br />

ausreichend große Kampagnen gebucht werden.<br />

DX ermöglichen es, die möglicherweise fehlenden Daten hinzuzubuchen und aus<br />

„uninteressantem“ Restinventar durch die relevanten Targeting-Daten höherpreisige<br />

und effizientere Werbeplätze zu machen. Die spannendste Frage für DXs ist<br />

derzeit, ob es gelingen wird, ausreichend Lieferanten für hochwertige Daten zu<br />

bekommen.<br />

• Google „DDP“ (Mitte Juli 2011 kurz vor Launch, bisheriger interner Name)<br />

• www.bluekai.com<br />

• www.exelate.com<br />

• www.adnologies.com / www.profile-exchange.com/<br />

Abb. 1: Offline versus Online Data Sources [1]


Handelsplattform: Realtime-Bidding „RTB“<br />

Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />

Die Publisher haben ihr Inventar über eine SSP zur Verfügung gestellt, die Advertiser<br />

über eine DSP geplant und über eine DX mit Daten angereichert. Da bleibt noch das<br />

Problem der Menge des benötigten Inventars. Steht davon ausreichend zur Verfügung,<br />

das heißt zu passenden Preisen und mit ausreichenden Targeting-Möglichkeiten<br />

(ausreichende Anzahl Nutzer mit den gewünschten Merkmalen)? Wo und wie können<br />

welche Plätze zu den zur Kampagne passenden Preisen eingekauft werden?<br />

Auf einer RTB geschieht dies (optimalerweise) in Echtzeit. In dem Moment, in<br />

dem bestimmte Plätze buchbar sind, kann auf diese geboten werden. Jeder Bieter<br />

entscheidet für sich, wie viel, zu welchem Preis und teilweise auch wo er platzieren<br />

möchte. Im Falle des Zuschlags kann normalerweise die Werbung direkt ausgeliefert<br />

werden.<br />

In Ergänzung zur Aggregation von Daten (DX) und Buchungsplätzen (DSP) und der<br />

passenden Buchung (gegebenenfalls RTB) ist die sogenannte „Yield Optimization“<br />

ein weiteres zentrales Feature. Aufgabe ist es, die effektivsten Werbeplätze zu<br />

einem möglichst geringen Preis zu kaufen. Wer die besten Daten und das größte<br />

Inventarangebot hat, kann am besten optimieren. Beide Faktoren zusammen sind<br />

entscheidend.<br />

Viele Anbieter bieten sowohl DSP, RTB wie auch Yield Optimization-Funktionen über<br />

ihr System an – einige auch mit DX-Services. Ergänzung zu bereits genannten:<br />

• www.sociomantic.com • www.adyard.de (YO)<br />

• www.yieldlab.de • www.efrontier.com (YO)<br />

• www.adspirit.de<br />

RTBs verstehen sich vorwiegend als neutraler Service, auch wenn bestimmte Anbieter<br />

eher an Publisher, andere an Advertiser gerichtet sind. Besonders interessant wird<br />

sein, wie die potentiell unendlichen Zielgruppensegmente tatsächlich effektiv genutzt<br />

werden. Hier bieten sich Modelle aus dem SEM Bid-Management an, bei denen sich<br />

die Wertigkeit und Effizienz durch die Nachfrage aus dem Markt reguliert.<br />

Data Management Platform „DMP“<br />

Die Qualität und Menge der Daten sind für alle Marktteilnehmer entscheidend. Wer<br />

die besseren Daten hat, kann effizienter buchen und liefert bessere Kampagnenergebnisse.<br />

Anbieter von DMPs versprechen, Wettbewerbsvorteile durch die umfassende<br />

Sammlung und Aufbereitung ihrer Kunden zu erreichen. Die aufbereiteten Daten<br />

können dann entweder selbst, zur Optimierung des eigenen Geschäfts, eingesetzt<br />

werden, oder möglichst hochpreisig Data Exchanges zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

• www.redarilcom<br />

• www.techtonicds.com<br />

• www.lotame.com<br />

RTB: Bieter<br />

entscheidet für<br />

sich, wie viel,<br />

zu welchem<br />

Preis und<br />

teilweise auch<br />

wo er platzieren<br />

möchte<br />

DMP:<br />

Optimierung<br />

des eigenen<br />

Geschäfts<br />

385


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

386<br />

Zusammenspiel<br />

aller<br />

Komponenten<br />

nur von den<br />

größten<br />

Anbietern<br />

im Markt zu<br />

bewältigen<br />

Abb. 2: Segmentation & Microtargeting [2]<br />

D3-Advertising und das wirklich wahre Leben?<br />

Schon an der Erklärung der Funktionen und der Vielzahl der Marktteilnehmer lässt<br />

sich erahnen, dass D3-Advertising noch nicht die theoretischen Versprechungen der<br />

Vereinfachung und des direkten Effizienzgewinns einlöst.<br />

Hohe Komplexität<br />

Schon aus der Schilderung des D3-Advertising-Ökosystems; das heißt der<br />

notwendigen Funktionen und seiner aktuellen Anbieterlandschaft, lässt sich<br />

erkennen, dass eine organisatorisch und wirtschaftlich sinnvolle Nutzung derzeit<br />

noch eine echte Herausforderung ist. Während einzelne Bereiche für einen<br />

spezifischen Zweck (insbesondere RTB in Kombination mit Retargeting) bereits<br />

hervorragend funktionieren, ist das Zusammenspiel aller Komponenten nur von den<br />

größten Anbietern im Markt zu bewältigen.<br />

Hier ist in den kommenden Jahren eine starke Vereinheitlichung mit entsprechenden<br />

wirtschaftlichen Auswirkungen durch eine Markt- und Funktionskonsolidierung<br />

zu erwarten. Mit DoubleClick, der AdExchange, Admeld, Invite Media und der<br />

kommenden DDP scheint Google von den größten Marktteilnehmern hierfür am<br />

besten vorbereitet.<br />

Erfahrungsgemäß entstehen in solchen Märkten aber auch Anbieter, die alle Services<br />

im Zusammenspiel aus einer Hand anbieten.


Abb. 3: Das datengetriebene Vermarktungsgeschäft gibt noch kein klares Bild [1]<br />

Herausfordernde D3-Advertising-Wertschöpfungskette<br />

Ebenfalls sofort erkennbar ist das Problem der Verteilung des Vermarktungskuchens.<br />

Jeder weitere Gast am Tisch muss durch eine klare Wertsteigerung, das heißt höhere<br />

Preise bei klarem Effizienzgewinn, beweisen, dass er sein Stück verdient. Bereits<br />

in der klassischen Netzwerkvermarktung gibt es hier immer wieder Probleme. Bei<br />

einer maximalen(!) Kette von<br />

Publisher -> SSP-Betreiber -> Advertiser/Media-Agentur -> DSP Betreiber -> Data<br />

Exchange Kosten -> RTB Betreiber -> Yield Optimization-Service<br />

plus den Kosten für Vermarktung und sonstige Technologie wird klar, dass das<br />

derzeit nur bei hohen effektiven TKPs funktionieren kann. Und genau die werden<br />

noch nicht in ausreichendem Maße in diesem Segment erzielt.<br />

Und: Datenschutz<br />

Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />

Große Unsicherheit herrscht momentan beim Thema Datenschutz. In diesem Kontext<br />

ist bisher unabdingbar, dass genug sogenannte 3rd Party-Cookies (Cookies, die<br />

Site-übergreifend verwendet werden können) gesetzt werden.<br />

Falls, wie derzeit diskutiert, mindestens für den Einsatz genau dieser 3rd Party-<br />

Cookies ein explizites Opt-in Voraussetzung ist, wird es neue Lösungen geben<br />

müssen.<br />

Falls<br />

explizites Opt-in<br />

Voraussetzung<br />

ist, wird es neue<br />

Lösungen geben<br />

müssen<br />

387


Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />

388<br />

Neue<br />

Werbekundensegmente<br />

erreicht<br />

D3-Advertising<br />

ist immer noch<br />

in einem frühen<br />

Stadium<br />

Ebenfalls kritisch beurteilt wird derzeit die „Handelbarkeit“ von Profildaten. Auch<br />

wenn schon aus Eigeninteresse bei den Datenanbietern darauf geachtet wird,<br />

anonymisiert oder im Rahmen der vorhandenen Nutzer-Genehmigungen zu arbeiten,<br />

könnten hier durch eine undifferenzierte Wahrnehmung in der Öffentlichkeit oder<br />

unseriöse Services weitere Probleme entstehen.<br />

One more thing: Erfolgreiche Cases!<br />

In den USA, einem Markt, der meist etwa zwei Jahre vor dem deutschsprachigen ist,<br />

wurde durch D3-Advertising nicht nur die Restplatzvermarktung verbessert, sondern<br />

neue Werbekundensegmente durch deutlich größere Reichweiten und verbessertes<br />

Targeting erreicht.<br />

Die strukturellen, organisatorischen und rechtlichen Probleme werden, wie auch<br />

bisher bei Themen wie Search Engine Marketing und Targeting/Retargeting, gelöst<br />

werden.<br />

Unter der URL http://d3con.de/d3con-2011/ (von der d3con – Data Driven Display<br />

Advertising Conference, Mai 2011) finden sich interessante Vorträge und Beispiele<br />

aus verschiedenen Bereichen des D3-Advertisings, die das Potential auch im hiesigen<br />

Markt erkennen lassen.<br />

Weitere spannende Beispiele und Hintergrundinfos finden sich unter http:<br />

//www.adtraders-conference.com/de/agenda/ (Ad Trader Conference, Juni 2011),<br />

ebenfalls zum Download.<br />

Interessant sind auch die Ergebnisse der umfangreicheren Adnologies-Studie „The<br />

impact of Data in data-driven DisplayAds“ vom März 2011, zu finden unter http:<br />

//www.profile-exchange.com/data_impact.pdf<br />

Die zentrale Aussage aller vorliegenden Cases: D3-Advertising ist immer noch in<br />

einem frühen Stadium, und die Lernkurve aller Beteiligten ist steil. Aber richtig<br />

eingesetzt, lassen sich die positiven Effekte klar beweisen.<br />

Jetzt liegt es an allen Beteiligten, dieses Potential für den Markt nutzbar zu<br />

machen.<br />

Literatur<br />

[1] Winterberry W-Group – rubicon PROJECT.<br />

[2] Vortrag von EfficientFrontier auf der d3con Converence.<br />

[3] Präsentation von Kay Schneider, RevenueMax AG.<br />

http://d3con.de/d3con-2011/<br />

http://www.adtraders-conference.com/de/agenda/<br />

http://www.profile-exchange.com/data_impact.pdf


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