5 - Absolit
5 - Absolit
5 - Absolit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BESTELLFAX an +49 (0)7254 / 95773-90 oder<br />
ONLINE: http://shop.marketing-boerse.de<br />
NEU: Leitfaden Digitaler Dialog<br />
Hrsg.: G. Braun, 444 S., geb., 2012<br />
Professioneller Kundenkontakt via Social<br />
Media, E-Mail und Mobile birgt neue<br />
Chancen und Risiken für Unternehmen.<br />
Wie damit umgehen? 55 Experten<br />
berichten aus der Praxis und geben Tipps<br />
für die Umsetzung.<br />
Leitfaden WOM Marketing<br />
Hrsg.: Anne M. Schüller & T. Schwarz,<br />
450 S., 2010<br />
Durch Mundpropaganda und Empfehlungen<br />
Neugeschäft sichern. Führende<br />
Experten aus der „Word-of-Mouth-Welt“<br />
geben in diesem Leitfaden Wissen aus der<br />
Offline- und Onlinewelt preis.<br />
Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0<br />
Hrsg.: T. Schwarz, 500. S. geb. 2009<br />
Das umfassendste deutschsprachige<br />
Fachbuch zum Top-Thema der US-<br />
Marketer.<br />
Leitfaden Online Marketing<br />
Band 2<br />
Hrsg.: T. Schwarz, 1.120 S., geb., 2011<br />
Band zwei des Standardwerks liefert aktuelle<br />
Trends der Online-Kundengewinnung.<br />
166 Top-Experten verraten Tipps und Tricks<br />
zu SEO, Adwords-Kampagnen, Targeting<br />
und Social Media.<br />
Leitfaden Online Marketing,<br />
Band 1<br />
Hrsg.: T. Schwarz, 858 S., geb.,<br />
2. Aufl. 2008<br />
Diese Buch gilt inzwischen als das<br />
anerkannte Standardwerk für die<br />
Online-Marketing-Branche.<br />
Leitfaden Integrierte<br />
Kommunikation<br />
Hrsg.: T. Schwarz & G. Braun, 324 S.,<br />
geb., 2. Aufl. 2006<br />
Neue Herausforderung an die Markenführung<br />
durch Web 2.0, Communities und Soziale<br />
Netze.<br />
JA, ich bestelle: � NEU: Leitfaden Digitaler Dialog 39,90 Euro<br />
Datum/Unterschrift<br />
� Leitfaden Online Marketing, Band 2 49,90 Euro<br />
� Leitfaden Online Marketing, Band 1 39,90 Euro<br />
� Leitfaden WOM-Marketing 39,90 Euro<br />
� Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0 34,90 Euro<br />
� Leitfaden Integrierte Kommunikation 24,90 Euro<br />
Die Preise enthalten 7% MwSt., hinzu kommen pro Lieferung 3,- Euro Versandkosten.<br />
Bei internationalem Versand werden die tatsächlichen Portokosten in Rechnung gestellt.<br />
* Lieferung als PDF versandkostenfrei.<br />
Vor-/Nachname Firma<br />
Straße PLZ/Ort<br />
Telfon / Fax / Telefon / E-Mail<br />
marketing-BÖRSE GmbH, Melanchthonstr. 5, 68753 Waghäusel, Tel. 07254 / 95773-0, info@marketing-boerse.de
Vorwort<br />
1. Grundlagen für die Praxis Torsten Schwarz<br />
2. Nichts bleibt, wie es ist<br />
Zurück in die Zukunft Dirk Kedrowitsch .................................................................................... 85<br />
Internet oder Profi-Verkauf – der Rest stirbt Gunter Dueck ........................................................ 89<br />
Social Media-Marketing = Zuhören Ossi Urchs .......................................................................... 93<br />
Marketing als Service am Kunden Martin Nitsche ..................................................................... 100<br />
Datenschutz im Online-Marketing Matthias Ehrlich ................................................................ 104<br />
Digitale Kleinstaaterei Tim Cole ................................................................................................ 110<br />
Onlinemedien – Trends und Marktentwicklung Silke Lebrenz ................................................. 112<br />
Fachkräfte heiß begehrt – die digitale Talentsuche Harald R. Fortmann .................................. 125<br />
3. Multichannel-Marketing<br />
Zur Funktion von On- und Offline in Multikanalkampagnen Michael Schipper ....................... 133<br />
Entwicklung von Crossmedia in Deutschland Catharina Köhler-Noack ................................... 144<br />
Das Ende der Kampagne Dirk Beckmann ................................................................................. 148<br />
Die hohe Kunst der Streuung Burkhard Köpper .......................................................................... 153<br />
Interdisziplinäre Online-Marketing-Kampagnen Fabian Ulitzka ................................................ 160<br />
Crossmedia-Marketing – Verzahnung von TV und Online Catharina Köhler-Noack ................. 170<br />
Der ROPO-Effekt – online stärkt offline Alastair Bruce ............................................................. 177<br />
Multichannel-Kunden sind die Besten Andreas Landgraf ........................................................... 183<br />
Erfolgsmessung von Multichannel-Retailing-Strategien A. Schwend, B. Haug .......................... 185<br />
Brand & User Experience-Design: Aus Liebe zur Marke Tobias Kirchhofer .............................. 194<br />
Usability und emotionale Akzeptanz Sabine Haag ...................................................................... 200<br />
Erfolgsmessung und optimale Budgetverteilung C. Bennefeld, A. Gorbach, R. Warncke ............ 206<br />
Der richtige Marketing-Mix für E-Commerce-Sites Harald Kratel ............................................ 216<br />
4. E-Commerce<br />
Die Zukunft des Long Tail im E-Commerce Sebastian Dierks ................................................... 225<br />
So sehen Sie Ihren Shop mit den Augen einer „Online-Jury“ M. Groß-Albenhausen ................ 230<br />
Ein einfaches Shopsystem Jörg Binnenbrücker ........................................................................... 236<br />
Relaunch eines Verlagsshops Heiko Höhn ................................................................................... 242<br />
Vertrauen als Konversionstreiber für Onlinehändler Ulrich Hafenbradl .................................... 249<br />
4<br />
Inhalt<br />
....................................................................................................................................... 3<br />
........................................................................ 11
Inhaltsverzeichnis<br />
Bedürfnisorientierte Online-Kaufberatung und -suche Markus Linder ....................................... 254<br />
Die Herausforderung der individuellen Produktempfehlung Daniel Augustin ............................ 266<br />
Neue Ideen für mehr Konversionen im E-Commerce Nico Zorn ................................................ 271<br />
Mit Videos die Konversionsrate erhöhen Ali Gürler ................................................................... 275<br />
Neun Säulen für mehr Shop-Conversion André Morys ............................................................... 282<br />
Mit Mousetracking die Konversionsraten steigern Christian Bennefeld ..................................... 286<br />
Ungenutzte Potentiale in Onlineformularen erschließen Christopher Mai .................................. 293<br />
5. Digitale Werbung<br />
Online-Marktplätze – Die Chance für den Mittelstand Nils Hachen ........................................... 313<br />
Online Media Audit Christian Bachem ........................................................................................ 316<br />
Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden Torsten Engelken .................................. 326<br />
Geotargeting – lokal gezielt trifft besser Ralf Walther .................................................................. 338<br />
CRM meets Targeting Jürgen Seitz .............................................................................................. 349<br />
Retargeting André Kolell ............................................................................................................. 353<br />
Efficient Retargeting Joachim Feist ............................................................................................. 365<br />
Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding Martin Weidemann .......................... 377<br />
Data Driven Display („D3“) Advertising Ulrich Hegge .............................................................. 382<br />
6. Suchmaschinen- und Performance-Marketing<br />
Suchmaschinen-Optimierung – Analyse einer Website Alexander Holl ...................................... 391<br />
Linkaufbau Markus Hövener ...................................................................................................... 406<br />
Mit Kennzahlen SEO steuern Stefan Fischerländer .................................................................... 411<br />
Sichtbarkeit in Suchmaschinen Sören Bendig .............................................................................. 418<br />
Suchmaschinen-Optimierung & Social Media Christian Seifert ................................................. 425<br />
Google Universal Search – das Suchergebnis 2.0 Tobias Ihde .................................................... 434<br />
Mit Videos in den Google-Index Ali Gürler ................................................................................ 440<br />
Das Zusammenspiel von SEA und SEO Antonia Wälzholz ........................................................ 443<br />
Auswahl einer guten SEM-Agentur Olaf Kopp .......................................................................... 453<br />
Performance-Marketing für die Finanzbranche Tim Riepenhausen ........................................... 461<br />
Neue Publisher-Modelle im Affiliate-Marketing Markus Kellermann ....................................... 471<br />
Facebook Ads versus Google AdWords Christian Vollmert ........................................................ 476<br />
SEM in den Emerging Markets – Chancen und Risiken Georg Genfer ....................................... 485<br />
7. Webanalyse<br />
Mit Kennzahlen zu mehr Marketing-Performance Sebastian Grimm ......................................... 497<br />
Aufbau einer Webanalyse-Kultur in Unternehmen Timo Aden .................................................. 502<br />
Relevante Kennzahlen als Schlüssel zum (Online-)Erfolg Ralf Haberich .................................. 507<br />
Richtig messen heißt nicht, die Wahrheit zu kennen Marcus Koch ............................................. 516<br />
Cross-Channel-Controlling/-Optimierung Thomas Bindl ........................................................... 522<br />
5
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Inhaltsverzeichnis<br />
Web-Analytics & Conversion-Optimierung Frank Reese ........................................................... 528<br />
Container Tag – Modernes Tracking mit Remarketing- und Conversion-Tags Jens Maurer ....... 536<br />
Steuerung von SEO-Kampagnen mit Web-Analytics-Daten Dimitri Tarasowski ........................ 539<br />
Google Analytics und Datenschutz Markus Vollmert ................................................................. 547<br />
Online-Marktforschung im Umbruch Christian Michael, André Führer .................................... 552<br />
8. E-Mail-Marketing<br />
Neue E-Mail-Ökosysteme für digitales Dialogmarketing Jürgen Seitz ...................................... 561<br />
Social Media und E-Mail-Marketing intelligent verknüpfen Volker Wiewer ................................ 566<br />
Rethinking Newsletter-Marketing Jill-Kristin Urbanek, Stefan Döring ..................................... 570<br />
Kooperatives E-Mail-Marketing Thomas Schult, Désirée Lütke Wermeling ............................... 578<br />
E-Mail Marketing – Werthaltige Leads generieren und bewahren Thomas Kellner .................... 586<br />
Behavioural E-Mail-Marketing Jakob S. Gomersall .................................................................. 593<br />
Mythos Bilder-Blockade: Zahlen, Fakten, Strategien M. Kornfeld ............................................ 599<br />
9. Social Media – Strategische Betrachtungen<br />
Warum und wie die Organisation mitgenommen werden muss Marc Drüner ............................ 611<br />
Social Media-Strategie – ein Widerspruch in sich selbst Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach .... 615<br />
Social Media aus der Nutzerperspektive Susanne Fittkau ......................................................... 619<br />
Strategische Einbindung von Social Media Nils Horstmann ..................................................... 627<br />
Die Online-Reputation im Zeitalter der Transparenz Klaus Eck ................................................ 635<br />
#fail oder wenn der PR-Gau droht Marcel Schreyer .................................................................. 644<br />
Social Media Monitoring Mirko Lange ....................................................................................... 655<br />
Erfassung der Tonalität im Social Media Monitoring Curt Simon Harlinghausen ..................... 660<br />
Social Media Monitoring-Tools Harriet Kasper, Holger Kett .................................................... 662<br />
Praktische Tipps zum Social Media Monitoring Andreas Wilkens ............................................. 670<br />
10. Social Media – Operative Herangehensweise<br />
Potenzial von Social Media für das Kundenbindungsmanagement K. Mrkwicka, M. Schögel .... 677<br />
Social Media im Kundenservice Harald Eichsteller ................................................................... 686<br />
Social Media als Supportkanal Michael van Laar ...................................................................... 695<br />
Informieren, Mitreden, Mitgestalten Stefan Rymar ................................................................... 701<br />
Beispiele für gelungenes User-Engagement Nico Lumma .......................................................... 707<br />
Viral & Buzz Marketing – nicht umsonst Markus Willnauer ...................................................... 712<br />
Follow Me – Aktivierung von Fans und Followern Joel Berger ................................................. 717<br />
Social Media in der Medienarbeit Marcel Bernet ....................................................................... 722<br />
Employer Branding in Social Media Claudia Hilker .................................................................. 731<br />
So sorgt Social Media-Automatisierung für massive Effizienzsteigerung Reto Stuber ................ 743<br />
Social Media ROI Sten Franke ................................................................................................... 753<br />
6
Inhaltsverzeichnis<br />
11. Social Media – Plattformen und Werkzeuge<br />
Möglichkeiten von Facebook für Unternehmen Philipp Roth .................................................... 765<br />
Facebook – Die Macht des Open Graph Andreas Bersch ........................................................... 773<br />
Wie Hamburg.de Facebook nutzt Markus Willnauer .................................................................. 776<br />
Das Blog und die soziodigitale Nachhaltigkeit Oliver Gassner .................................................. 782<br />
Ein Blick auf Podcasting in Deutschland Alex Wunschel, Fabio Bacigalupo ............................. 788<br />
Gamification – Kundenbindung im E-Commerce mit Spielen Roland Schäfer .......................... 796<br />
Social Games als Marketingplattform der Zukunft Ibrahim Evsan ............................................ 803<br />
The Rise of Crowdsourcing Claudia Pelzer ................................................................................ 807<br />
12. Mobile und Location-based Marketing<br />
Vom Internet zum Outernet – das Web springt auf die Straße Torsten Rehder ............................ 815<br />
SoLoMo – Die Social Local Mobile Bewegung Tim Ringel, Anna-Lena Radünz ....................... 824<br />
Deutschland erobert das mobile Internet Karin Rothstock ......................................................... 835<br />
Mobile – Nutzungsszenarien Olav A. Waschkies ........................................................................ 842<br />
Marketing in der App-Economy Matthias Berger ...................................................................... 847<br />
Mobile App oder mobiles Portal? Joachim Bader ...................................................................... 857<br />
Mobile Loyalty, die höchste Kunst der Verführung Peter Prislin .............................................. 861<br />
Augmented Reality Nadine Brendel, Antonia Neubauer ............................................................ 867<br />
3-D-Shopping – Status Quo und Vision Martina Pickhardt ....................................................... 878<br />
13. Online-Marketing im B2B<br />
Mit Lead-Generierung und Lead-Nurturing zum Neugeschäft Michael Breyer ......................... 885<br />
Erfolgreiches Social CRM im B2B-Marketing Peter Pries ........................................................ 890<br />
Social Media und Social Commerce in KMUs im B2B Georg Blum ......................................... 897<br />
Erfolgsfaktoren für eine aktive B2B-Community Oliver Ueberholz .......................................... 909<br />
Messeerfolg durch Online-Marketing Elke Clausen ................................................................... 916<br />
Ist „Social Media-Personal Branding“ heute ein Muss? Stefan Berns ........................................ 924<br />
Kompetenz beweisen im eigenen Blog Elke Fleing .................................................................... 935<br />
14. Recht im Internet<br />
Werbung im E-Commerce – Haftungsfallen umgehen Rolf Albrecht .......................................... 943<br />
Rechtskonformes Opt-in im Onlinebereich Dr. Martin Bahr ..................................................... 950<br />
Nutzungsdaten – Welche Analysen sind datenschutzkonform? Jens Eckhardt ........................... 957<br />
Rechtliche Aspekte des Social Media-Marketing Martin Schirmbacher .................................... 970<br />
Wichtige, aktuelle marketingrechtliche Entscheidungen Peter Schotthöfer, Florian Steiner ....... 980<br />
7
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Inhaltsverzeichnis<br />
15. Praxisbeispiele<br />
Multichannel – Präsenz auf allen Kanälen<br />
Marketing Resource Management im Möbelhaus Mirko Holzer ................................................ 990<br />
Trendy Planets – Shopartikel erfolgreich inszenieren Stefan Maier ........................................... 992<br />
Esprit schlägt Brücke zwischen online und offline Andreas Landgraf ...................................... 994<br />
Online-Sport-Sponsoring von Continental Stefanie Wannow .................................................... 996<br />
Ikea fährt integrierte Digital-Marketingstrategie Catherine Malet ............................................ 998<br />
Energie Start-up setzt auf Online-Power Christoph Morach ................................................... 1000<br />
Online neue Kunden gewinnen mit Suchmaschinen & Affiliate<br />
Suchmaschinen-Marketing für Versicherungen Thorsten Olscha ............................................ 1002<br />
Neue Kunden für Sky, Medion, BASE und RTL-Club Thomas Vetter ..................................... 1004<br />
Illy gewinnt und hält Kaffeeliebhaber auch online Catherine Malet ....................................... 1006<br />
Nürburgring gewinnt Adressen von Besuchern Sebrus Berchtenbreiter .................................. 1008<br />
Wie Yves Rocher neue E-Mail-Abonnenten begrüßt Swen Krups ........................................... 1010<br />
Adressgewinnung in der Reisebranche Norbert Rom .............................................................. 1012<br />
Barceló nutzt Suchmaschinen-Marketing weltweit Bernd Stieber ........................................... 1014<br />
Affiliates in Automotive, Handel und Verlagen Heike Lindner ................................................ 1016<br />
Online-Marketing B2B: Geschäftskunden online ansprechen<br />
Lead-Management bei einem Softwarehersteller Reinhard Janning<br />
Geschäftskunden per E-Mail binden – 3 Beispiele Stefan von Lieven<br />
Hansgrohe veredelt sein E-Mail-Marketing Martin Philipp<br />
So optimiert INTEWA die Adressdatenbank Ralph Kreuzer<br />
Kunden aktivieren mit E-Mail-Marketing und Newsletter<br />
E-Mail-Marketing beflügelt Onlineshop Foto Walser Simon Putzer ........................................ 1026<br />
AMC professionalisiert sein E-Mail-Marketing Ulf Richter .................................................... 1028<br />
Steiff steigert Onlineumsatz durch Sonderaktion Henrik Salzgeber ........................................ 1030<br />
Mexx und Görtz rationalisieren E-Mail-Marketing Volker Wiewer .......................................... 1032<br />
Der Wert aktiver Abonnenten bei RTL Stefan von Lieven ........................................................ 1034<br />
TMG steigert Ertrag durch Segmentierung William Schnabel .................................................. 1036<br />
Personalisierung – die hohe Kunst relevanter E-Mails<br />
Mercedes-Benz: Mehr Kundenfeedback dank E-Mail Maya Reinshagen ................................ 1038<br />
C&A kommuniziert zielgruppenspezifisch per Mail Martin Aschoff ....................................... 1040<br />
Kundenlebenszyklus in der Touristik Jörn Grunert ................................................................. 1042<br />
Air New Zealand verleiht E-Mails Flügel Vera Hartmuth ....................................................... 1044<br />
Internationales Content-Management bei Alpine Stefan Bauer ................................................ 1046<br />
8<br />
....................................... 1018<br />
..................................... 1020<br />
.................................................. 1022<br />
.................................................... 1024
Inhaltsverzeichnis<br />
Commend nutzt E-Mail-Inhalte weltweit crossmedial Martin Philipp .................................... 1048<br />
Germanwings nutzt Lifecycle-Marketing Ulf Richter .............................................................. 1050<br />
Opodo – Personalisierung steigert die Konversion Simon Putzer ............................................ 1052<br />
Herrenausstatter nutzt dynamische Angebote Christina Rasimus-Aust .................................... 1054<br />
mymuesli: Mass-Customization per E-Mail Ulf Richter ........................................................... 1056<br />
Deutsche Welle bietet internationale Themenvielfalt Volker Wiewer ....................................... 1058<br />
Individuelle, effiziente Newsletter für Lehrkräfte Claudia Joest ............................................. 1060<br />
Dezentrale E-Mailings in der Automobilbranche Andreas Landgraf ....................................... 1062<br />
Leica Geosystems steuert Redaktions-Workflow Jan-Philip Riehle ........................................ 1064<br />
Konversionsraten von Onlinewerbung messen und erhöhen<br />
Konversionsraten-Optimierung bei Banken Christian Bennefeld ............................................. 1066<br />
SOS-Kinderdörfer texten optimale Betreffzeile Stefan Appenrodt ........................................... 1068<br />
Sainsbury‘s Bank nutzt Behavioural E-Mails Jakob S. Gomersall .......................................... 1070<br />
Lebensmittelhersteller testet Plakate und Banner Christopher Kötzner .................................... 1072<br />
Wie Intertops die E-Mail-Zustellung sichert John Thomson ..................................................... 1074<br />
Nestlé optimiert mit KPIs den Onlineerfolg Karl-Heinz Maier ................................................. 1076<br />
Telekommunikationsanbieter steigert Konversion Sebrus Berchtenbreiter .............................. 1078<br />
Social Media-Marketing: Facebook, Apps und Echtzeit-Web<br />
Über Facebook E-Mail-Adressen gewinnen Daniel Harari ..................................................... 1080<br />
Cineworld misst Facebook-Erfolg mit KPIs Karl-Heinz Maier ................................................ 1082<br />
App-Einsatz bei einem Großhändler Jörg Rensmann ............................................................... 1084<br />
Marketinginformationen in Echtzeit verbreiten Michael Mohr ................................................. 1086<br />
Mobile Lösungen machen Messeauftritte zu Erfolgsgeschichten Uwe-Michael Sinn ............... 1088<br />
16. Anhang<br />
Autoren ........................................................................................................................................ 1092<br />
Stichworte .................................................................................................................................... 1107<br />
9
LEITFADEN ONLINE-MARKETING BAND 2<br />
DIGITALE<br />
WERBUNG<br />
5 Online-Marktplätze<br />
– Die Chance für den Mittelstand<br />
Online Media Audit<br />
Gezieltes Online-Advertising<br />
mit Targeting-Methode<br />
Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
CRM meets Targeting<br />
Retargeting<br />
Efficient Retargeting<br />
Neuer Onlinewerbetrend aus den USA:<br />
Realtime-Bidding<br />
Data Driven Display („D3“) Advertising<br />
– RTBs, DSPs, DXs und DMPs<br />
313<br />
316<br />
326<br />
338<br />
349<br />
353<br />
365<br />
377<br />
382<br />
311
INHALT<br />
Nils Hachen zeigt, dass Marktplätze für Unternehmen, die erste Erfahrungen mit<br />
Bannerwerbung machen wollen, eine gute Alternative sind. Mit wenigen Klicks lässt sich<br />
schnell eine eigene Kampagne starten.<br />
Christian Bachem beschreibt die Wirkung von Display-Werbung. Durch den Online Media<br />
Audit kann diese Wirkung erheblich gesteigert werden, indem einzelne Parameter präzise<br />
gemessen werden.<br />
Torsten Engelken erläutert die verschiedenen Targeting-Methoden. Dabei wird versucht, die<br />
Werbung streuverlustarm nur einer definierten Zielgruppe anzuzeigen.<br />
Ralf Walther zeigt, welche Möglichkeiten regionalisierte Werbung bietet. Er verschweigt aber<br />
auch nicht die Grenzen der regionalen Zuordnung von Onlinenutzern.<br />
Jürgen Seitz beschreibt, wie wichtig es ist, Targeting und Dialogmarketing miteinander<br />
zu verbinden. Daten aus Targeting- und CRM-System müssen dazu auf einer neu zu<br />
entwickelnden Plattform integriert werden.<br />
André Kolell gibt einen ausführlichen und detaillierten Überblick über das Modethema<br />
Retargeting. Die Technik lohnt sich besonders, wenn der Werbeimpuls den Unterschied<br />
zwischen Kauf und Nicht-Kauf ausmacht.<br />
Joachim Feist erläutert „Efficient Retargeting“, das die Bündelung mehrerer Retargeting-<br />
Quellen über einen Container-Tag möglich macht.<br />
Martin Weidemann zeigt, wie Echtzeit-Auktion den Verkauf jeder einzelnen AdImpression<br />
genau zum jeweils aktuellen Marktwert ermöglichen.<br />
Ulrich Hegge beschreibt, wie mit D3-Advertising vollautomatisches Anbieten und Kaufen des<br />
Inventars zum optimalen, für beide Seiten fairen Preis erreicht wird.<br />
5 DIGITALE<br />
WERBUNG
Online-Marktplätze<br />
5<br />
– Die Chance für den Mittelstand<br />
Nils Hachen<br />
Bannerwerbung ist was für die Großen. Das bringt doch nichts. Mir reicht es, wenn<br />
ich bei Google bin. So oder so ähnlich könnte die Reaktion eines mittelständischen<br />
Unternehmens aussehen, wenn es um das Thema Bannerwerbung in Internet geht.<br />
Zu teuer, zu intransparent scheint der Markt zu sein, um sich erfolgreich gegen die<br />
Konkurrenz behaupten zu können.<br />
Was kommt nach der Suchmaschine<br />
Bislang war die Rechnung relativ einfach. Das Unternehmen hat ein definiertes<br />
Budget von beispielsweise 50.000 Euro im Jahr für digitale Werbung. Davon<br />
geht ein großer Teil in das Segment Suchmaschine. Davon erhalten sowohl die<br />
Suchmaschinen-Optimierer (zuständig für die indexierten Suchergebnisse) als<br />
auch die Suchmaschinen (im Rahmen der auktionierten Suchwortvermarktung)<br />
entsprechende Anteile. Man möchte ja gefunden werden. In dem aufgeführten<br />
Beispiel bleiben also etwa 25.000 Euro für weitere Maßnahmen übrig. Im Rahmen<br />
eines Beratungsgesprächs hat man sich darauf verständigt, dass die Werbung in<br />
Performance-Netzwerken sinnvoll sein könnte.<br />
Eine Aufstellung der Kosten zeigt schnell, dass es auf tradiertem Wege wenig Sinn<br />
macht. Die Laufzeit beträgt ein Jahr, monatlich sollten die Werbemittel ausgetauscht<br />
werden und ein Mindestmaß an Betreuung muss auch gegeben sein. Die erste<br />
Prämisse ist, dass man einen Tag pro Monat für die Kontrolle, Optimierung und<br />
das Reporting ansetzt. Die zweite Prämisse lautet dann, dass die Produktion eines<br />
Werbemittelsatzes (fünf Standardwerbemittel für den Einsatz im Netzwerk) bei<br />
rund 500 Euro monatlich liegt. Dann blieben von den 25.000 Euro nur noch 7.000<br />
Euro für die Media-Schaltung. Die Agenturkosten und das Mediabudget stehen in<br />
diesem Fall in keinem Verhältnis. Dieses Beispiel ist bewusst plakativ und provokativ<br />
gewählt, beschreibt aber im Kern die Herausforderung.<br />
Vor jeder Maßnahme müssen Ziele definiert werden. Geht es darum, eine Marke,<br />
ein Produkt oder eine Dienstleistung überhaupt einmal bekannt zu machen,<br />
muss ein relevanter Werbedruck (Reichweite, Image) aufgebaut werden. Dafür<br />
werden aufmerksamkeitsstarke Werbemittel und Platzierungen benötigt. Da<br />
reicht das Suchmaschinen-Marketing allein nicht aus und muss durch klassische<br />
Bannerwerbung und gegebenenfalls E-Mail-Marketing unterstützt werden. Denn<br />
wer sucht schon nach einem Produkt, das er nicht kennt.<br />
Um neben der Suchmaschine ein „Grundrauschen“ für die eigene Webseite zu<br />
erzeugen, könnte man neben anderen Instrumenten zukünftig auf die sogenannten<br />
Online-Marktplätze setzen. Hier hat man auch bei kleineren Budgets oder im Rahmen<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Nils-Hachen<br />
Agenturkosten<br />
und das<br />
Mediabudget<br />
stehen in keinem<br />
Verhältnis<br />
Neben der<br />
Suchmaschine<br />
ein „Grundrauschen“<br />
für die<br />
eigene Webseite<br />
erzeugen<br />
313
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
314<br />
AdScale,<br />
Adbroker,<br />
DoubleClick<br />
oder Plista<br />
sind die ersten<br />
Marktplätze<br />
Mit nur<br />
wenigen Klicks<br />
und Filterungen<br />
schnell<br />
eine eigene<br />
Kampagne zu<br />
starten<br />
von Testkampagnen die Möglichkeit, die Wirksamkeit für das eigene Unternehmen<br />
zu eruieren.<br />
Digitale Werbung für jedes Budget<br />
In Deutschland haben sich unter anderem mit AdScale, Adbroker, DoubleClick oder<br />
Plista bereits mehrere Player etabliert. Im Detail gibt es natürlich Unterschiede, aber<br />
eines ist allen Marktplätzen gemein: sie bieten auf eine relativ einfache und günstige<br />
Art und Weise den Zugang zu Bannerwerbung im Internet. Im Grunde werden hier<br />
Platzierungen kanalisiert und zu vereinfachten Konditionen angeboten. Tausend<br />
Kontakte bekommt man schon ab einem Euro oder 500 Besucher auf der Webseite<br />
für 599 Euro. Von der Aufmachung ist das schon fast vergleichbar mit der Art und<br />
Weise, wie beispielsweise Telefon- oder DSL-Tarife angeboten werden (S-, M- und<br />
L-Pakete).<br />
Die Abrechnungsmodelle unterscheiden sich naturgemäß je nach Anbieter. Neben<br />
der Abrechnung per Tausender-Kontakt-Preis (analog zur Offline- und klassischen<br />
Banner-Werbung) auch Performance-basierte Vergütungsmodelle wie Cost-per-Click<br />
oder Cost-per-Lead. Zusätzlich zu den Klassikern sind Sonderwerbeformen wie<br />
beispielsweise Video-Ads oder Textanzeigen ebenfalls buchbar.<br />
Die Marktplatzbetreiber bieten ein Netzwerk mit mehreren hundert bis zu mehreren<br />
tausend Webseiten. Das werbetreibende Unternehmen hat den Vorteil, dass man<br />
selber nicht alle kennen und kontaktieren muss. Die „Gefahr“, eine potentiell gut<br />
konvertierende Seite zu vergessen, wird so minimiert. Der Marktplatz übernimmt die<br />
Mittlerfunktion und stellt Pakete für die Kunden zusammen und bietet die gesamte<br />
Logistik sowie das Abrechnungsmanagement. Das werbetreibende Unternehmen<br />
oder die betreuende Agentur kann hier relevante Kategorien und Konditionsmodelle<br />
auswählen.<br />
Mit nur wenigen Klicks und Filterungen wird es so möglich, schnell eine eigene<br />
Kampagne zu starten. Sind bereits Werbemittel vorhanden, kann man das<br />
beispielsweise innerhalb der Kampagne vorauswählen. So werden nur Platzierungen<br />
angeboten, die auf diese Werbemittel zutreffen. Es gibt aber auch die Gelegenheit,<br />
sich innerhalb des Buchungstools Werbemittel erstellen zu lassen. Dabei zieht sich<br />
ein Robot Bilder, Logos und Textbausteine von der Webseite und setzt die Inhalte<br />
zu einem Werbeformat zusammen. Ein Anbieter bindet bereits das Social Media-<br />
Netzwerk Facebook mit ein, so dass die Aussage „gefällt mir“ im Werbemittel<br />
getroffen werden kann.<br />
Effektiv für den stationären Handel<br />
Marktplätze und natürlich auch andere Instrumente des Online-Marketings sind auch<br />
dann sinnvoll, wenn das Unternehmen gar keinen E-Commerce anbietet, sondern den<br />
stationären Handel unterstützen will. Selbstverständlich können Coupons, die im<br />
Ladengeschäft eingelöst werden können, integriert werden. Wem das zu kompliziert<br />
ist, setzt einfach auf das Geotargeting. Da kann bis auf Bundesländer oder eine<br />
einzelne Stadt runtergefiltert werden, so dass auch sehr regional geworben werden
kann. Das könnte eine Lösung für kleine Ketten oder Unternehmen mit einem<br />
begrenzten Einzugsgebiet sein.<br />
Kein Ersatz für Kreation oder Mediaagentur<br />
Bei allen Vorteilen, die diese Marktplätze bieten, gibt es aber auch Punkte, die<br />
beachtet werden müssen. Ein durch einen Robot erstelltes Werbemittel wird nie so gut<br />
konvertieren, wie das einer Kreativagentur. Die Wirkung ist nicht zu unterschätzen.<br />
Mit der zunehmenden Einbindung der Marktplätze in die Mediaplanung steigt der<br />
Wettbewerbsdruck unter den Werbetreibenden auch an dieser Stelle. Um nachhaltig<br />
erfolgreich zu sein, braucht es die Differenzierung nicht nur in der Kreation sondern<br />
auch in der Auswahl der Kanäle, Formate und Abrechnungsmodelle.<br />
Die umfassende Betreuung einer Werbemaßnahme sollte ebenfalls nicht unterschätzt<br />
werden. Gerade das Controlling und die sich daraus ergebende Optimierung sind für<br />
den Erfolg einer Kampagne unerlässlich. In Zusammenarbeit mit der Agentur sind<br />
Potentiale zu heben. Als Einstieg könnten beispielsweise relativ günstig A/B-Tests<br />
durchgeführt werden, um dann bei einer größeren Aktion mit höheren Budgets, die<br />
nötige Sicherheit zu haben. Die klassische Mediaagentur werden die Marktplätze<br />
nicht ersetzen. Dafür ist eine dezidierte Mediaplanung dann doch zu komplex und<br />
benötigt eine strategische Planung, um sich ausschließlich auf diese toolbasierten<br />
Ansatz zu verlassen.<br />
Für Unternehmen, die ihre ersten Erfahrungen mit Bannerwerbung machen wollen,<br />
sind die Marktplätze absolut eine Alternative. Die Ergebnisse können beispielsweise<br />
in ein späteres Agenturbriefing einfließen. Aber auch für andere Werbetreibende sind<br />
sie eine sinnvolle Ergänzung des Mediaplans.<br />
Literatur<br />
Nils Hachen: Online-Marktplätze – Die Chance für den Mittelstand<br />
Google versteigert Display Werbung: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/<br />
0,1518,649860,00.html, 18.09.2009.<br />
Standard Werbeformen werden billiger, Sonderformen teurer: http://<br />
www.absatzwirtschaft.de/CONTENT/online-marketing/news/_b=73908,_p=1003186,_t=ft<br />
highlight,highlightkey=Bewegtbild, 19.04.2011.<br />
Rupert Turner, Neuer Teilnehmer, gleiches Spiel?: http://www.adzine.de/de/site/artikel/<br />
1421/media-planung-einkauf/2010/02/neuer-teilnehmer-gleiches-spiel-, 11.02.2010.<br />
Marktplätze als Gewinner: W&V, Seite 53, 28.01.2010.<br />
Für Unternehmen,<br />
die erste<br />
Erfahrungen mit<br />
Bannerwerbung<br />
machen wollen,<br />
sind Marktplätze<br />
eine Alternative<br />
315
316<br />
Online Media Audit<br />
5<br />
Christian Bachem<br />
Verfünffachung<br />
des Display-<br />
Volumens binnen<br />
fünf Jahren<br />
Budgets<br />
zu Lasten<br />
klassischer<br />
Medien ins<br />
Digitale<br />
umschichten<br />
Häufig werden<br />
Adserver<br />
verschiedener<br />
Betreiber<br />
miteinander<br />
verkettet<br />
Onlinewerbung boomt ungebrochen. Das Segment der Display-Werbung (also<br />
flächige Werbemittelformate wie Banner, Rectangles, Skyscraper oder Wallpaper)<br />
zeigt dabei im Vergleich zu Affiliate oder Search die größte Wachstumsdynamik.<br />
Für 2011 rechnet der Zusammenschluss führender Onlinevermarkter OVK mit einem<br />
Volumen von 3,8 Milliarden Euro in Deutschland. Dies entspricht nahezu einer<br />
Verdopplung gegenüber 2008 [1]. Für die kommenden Jahre sagen die Auguren<br />
sogar eine Beschleunigung des Wachstumstempos voraus. In manchen Prognosen<br />
ist von einer Verfünffachung des Display-Volumens binnen fünf Jahren die Rede.<br />
Maßgeblicher Grund für diese Entwicklung ist, dass Onlinewerbung nicht mehr<br />
nur als digitale Verkaufsförderung betrachtet wird, bei der Wirkung vermeintlich<br />
nur durch Klicks erzielt werden kann – wenn auch nur bei etwa 0,1 Prozent aller<br />
Kontakte. Inzwischen zielt das Gros der Onlinekampagnen auf die restlichen 99,9<br />
Prozent, wohl wissend, dass Markenwirkung des Klicks nicht bedarf [2]. Hier sind<br />
es vor allem die großen Werbungtreibenden, die das Internet in den letzten beiden<br />
Jahren als adäquates Medium für sich und ihre Marken entdeckt haben und Budgets<br />
zu Lasten klassischer Medien ins Digitale umschichten.<br />
Entsprechend hat sich der Fokus vom Klick zum Werbemittelkontakt, der<br />
AdImpression (AI) verschoben. Zum großen Erstaunen der Mediaentscheider<br />
verhält sich die AdImpression jedoch völlig anders als Kennzahlen klassischer<br />
Medien. Weder ist sie von neutraler Stelle zertifiziert, noch ist sie eindeutig.<br />
Was hat Onlinewerbung mit Paketversand zu tun?<br />
Die Messinstanz für AdImpressions sind Adserver. Ein Adserver erhält einen<br />
Impuls eines Werbeträgers und liefert das angeforderte Werbemittel aus. Diese<br />
Auslieferung wird vom Adserver als AI gezählt und von dessen Betreiber als Leistung<br />
ausgewiesen.<br />
Allerdings ist es bei Onlinekampagnen gang und gäbe, mehrere Adserver einzusetzen.<br />
Häufig werden Adserver verschiedener Betreiber (Vermarkter, Onlineagentur,<br />
Spezialdienstleister) miteinander verkettet. In diesem Fall des kaskadierenden<br />
Adservings wird der Impuls zur Auslieferung des Werbemittels von Adserver zu<br />
Adserver weitergereicht – wobei jeder Adserver für sich seine AdImpressions<br />
zählt.<br />
Das Ergebnis liegt auf der Hand: Für ein und dieselbe Werbebuchung gibt es<br />
mehrere AI-Werte, die zudem voneinander abweichen. In der Branche wird dies<br />
als „Zähldifferenz“ bezeichnet.<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Christian-Bachem
Der OVK betrachtet diese Diskrepanzen als Folge der technischen Komplexität der<br />
Onlinewerbung und konstatiert daher„eine Zähldifferenz besteht dann, wenn die<br />
Abweichung zehn Prozent überschreitet“ [3].<br />
Für die Werbungtreibenden ist dies eine zweifach missliche Situation. Zum einen<br />
fehlt ihnen jede verlässliche Aussage über die tatsächliche Anzahl ausgelieferter<br />
Werbemittel, zum anderen bemisst die Auslieferung nicht, ob das Werbemittel<br />
überhaupt im Browser des Nutzer angekommen ist. Zugleich sind die vom<br />
Vermarkter gemeldeten AdImpressions jedoch verbindliche Abrechnungsgrundlage<br />
einer Buchung. Somit drängt sich der Vergleich zwischen Paketversand und<br />
Onlinewerbung auf.<br />
Abb. 1: Auslieferung und Anlieferung bei Paketversand und Onlinewerbung<br />
Für die Bezahlung eines Paketes ist die Anlieferung ausschlaggebend. Sie wird<br />
vom Empfänger daher auch quittiert. Die Auslieferung ist lediglich hinreichende<br />
Bedingung. Was im Paketversand undenkbar wäre, ist in der Onlinewerbung Usus: Es<br />
wird für die Auslieferung bezahlt, nicht für die Anlieferung. Und das ohne Quittung,<br />
sprich ohne belegen zu können, ob die Werbung beim Nutzer ankam.<br />
OWM-Studie deckt Mängel auf<br />
Eine Situation, mit der sich die führenden Werbungtreibenden in Deutschland<br />
nicht länger abfinden wollten. Ihr Dachverband OWM (Organisation der<br />
Werbungtreibenden im Markenverband) gab im Sommer 2010 eine Studie bei der<br />
Strategieberatung .companion in Auftrag, die Klarheit bezüglich der Lieferleistung<br />
von Onlinewerbung herstellen sollte. Die Ergebnisse wurden zur Branchenmesse<br />
dmexco veröffentlicht. Sie waren alles andere als beruhigend. Eine Kampagne<br />
wies eine Unterlieferung von 25 Prozent auf – nur drei Viertel der ausgelieferten<br />
AdImpressions waren auch angeliefert worden. Bei einer Buchung waren einhundert<br />
Prozent der angelieferten AI Fehlbelegungen – sie wurden außerhalb der vereinbarten<br />
Umfelder platziert [4]. „Seither ist nichts mehr wie es war, in der rührigen Online-<br />
Werbewelt“ [5] urteilte daraufhin das Fachblatt Horizont. Einer Welt, in der für<br />
Werbung gezahlt wird, die nie ankam. Und das auch dann, wenn sie in Umfeldern<br />
ankam, die nie gebucht waren.<br />
Christian Bachem: Online Media Audit<br />
Ob die Werbung<br />
beim Nutzer<br />
ankam, wird<br />
nicht belegt<br />
Ein Viertel kam<br />
nicht an<br />
317
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Ein Script<br />
markiert die zu<br />
einer Kampagne<br />
gehörenden<br />
Werbemittel<br />
318<br />
Online Media Audit: Online-Werbeleistung neutral überprüfen<br />
Das Verfahren, welches der OWM-Studie zugrunde liegt, ist der Online Media<br />
Audit, oder kurz OMA. Es basiert auf einem kleinen Script, mit dem die zu einer<br />
zu untersuchenden Kampagne gehörenden Werbemittel markiert werden.<br />
Abb. 2: Das OMA-Verfahren<br />
Dieses Script prüft für jede AdImpression, ob das Werbemittel vollständig im<br />
Browser eines Nutzers geladen wurde. Ist das der Fall, meldet es diesen Zustand an<br />
einen Zählserver zurück. Dabei übermittelt es wichtige weitere Informationen zur<br />
Leistung und Qualität jeder AdImpression, wie das Umfeld, in dem das Werbemittel<br />
angeliefert wurde sowie dessen Sichtbarkeit und Sehdauer. Gerade Letzteres ist<br />
alles andere als trivial. Zum einen erfordert die Ermittlung der Sichtbarkeit eine<br />
Festlegung, ab welchem Flächenanteil ein Werbemittel als sichtbar gilt. Zum anderen<br />
muss die Interaktion des Nutzers einbezogen werden.<br />
Denn manche Werbemittel werden im Verlaufe der Nutzung eines Werbeträgers<br />
unsichtbar. Beispielsweise dann, wenn sie am Kopf einer Seite platziert sind und<br />
durch Scrollen aus dem Sichtfeld des Nutzers geraten. Andere Werbemittel werden<br />
erst durch Herunterscrollen sichtbar, wieder andere sind „sticky“, das heißt sie folgen<br />
der Bewegung des Nutzers über die Webseite und bleiben so dauerhaft sichtbar.<br />
Das OMA-Verfahren läuft unbemerkt im Hintergrund und nimmt keinerlei Einfluss<br />
auf die Performance der untersuchten Kampagnen. Dabei ist der Audit mit einem<br />
Messfehler von +/- einem Prozent äußerst genau. Und extrem leistungsfähig. Er<br />
untersucht Kampagnen mit weit über fünfzig Millionen AdImpressions – pro Tag.<br />
Entsprechend wurde OMA bereits von Yahoo Europe zertifiziert [6].<br />
OMA unterstützt vier aufeinander aufbauende Module zur Überprüfung und<br />
Sicherung von Leistung, Qualität und Wirkung der Onlinewerbung, die im Folgenden<br />
kurz vorgestellt werden. Die Module orientieren sich an Kernfragen der Mediaplanung.
Abb. 3: Die vier Module des Online Media Audit<br />
Auditieren: Kommt Onlinewerbung überhaupt beim Nutzer an?<br />
Kernleistung des Audit-Moduls ist der Vergleich der nachweislich angelieferten AI<br />
mit den Sollwerten einer Buchung, also dem AI-Volumen, das mit dem Vermarkter<br />
vereinbart wurde und Zahlungsgrundlage ist. OMA weist, Buchung für Buchung,<br />
den Erfüllungsgrad aus. Ein Erfüllungsgrad von achtzig Prozent etwa bedeutet,<br />
dass zwanzig Prozent des Volumens einer Buchung nie beim Nutzer ankamen.<br />
Das OMA-Verfahren bezieht dabei auch so genannte Fallback Gifs ein. Dies sind<br />
Ersatzwerbemittel, die dann vom Adserver ausgeliefert werden, wenn ein Browser<br />
die übliche Flash-Variante eines Werbemittels nicht darstellen kann. OMA weist den<br />
Anteil der Fallback Gifs an allen angelieferten AI getrennt aus. Dieser Anteil kann<br />
auf Buchungsebene durchaus über zwanzig Prozent des Volumens betragen.<br />
Die bisher in hunderten von Audits ermittelten Erfüllungsgrade schwanken pro<br />
Buchung zwischen 45 Prozent und 110 Prozent. Letzteres, nämlich Übererfüllungen<br />
– also Werte über einhundert Prozent – sind Einzelfälle. Die im Markt immer wieder<br />
kolportierte regelmäßige Übererfüllung durch die Vermarkter kann von OMA nicht<br />
bestätigt werden. Hingegen sind Erfüllungsgrade kleiner neunzig Prozent durchaus<br />
häufig. Zugleich schwanken die Erfüllungsgrade bei denselben Vermarktern von<br />
Buchung zu Buchung sehr stark. Eine verlässliche Prognose von Erfüllungsgraden<br />
ist auch nach über einem Jahr Messpraxis nicht möglich.<br />
Neben der Differenz zwischen gebuchten und angelieferten AI betrachtet das Audit-<br />
Modul noch zwei weitere Buchungskriterien: das Umfeld und das Timing.<br />
Umfeld: Wo erschien die Werbung wirklich?<br />
Bei der Untersuchung des Umfelds prüft OMA, zu welchem Grad die angelieferten<br />
AI auf Seiten erschienen sind, die zum Mediaplan vereinbarten Portfolio gehören.<br />
Diese Prüfung ist insbesondere bei Buchungen angezeigt, die sich der menschlichen<br />
Begutachtung weit gehend entziehen. Dazu gehören sogenannte Run of Network-<br />
Buchungen, bei denen Werbeplätze ganzer Vermarktungsnetze mit bis zu einigen<br />
hundert Websites bespielt werden. OMA weist pro Buchung generell die AI für<br />
die Top 3 belieferten Umfelder aus. So sind Abweichungen vom Mediaplan, also<br />
Christian Bachem: Online Media Audit<br />
Jede fünfte AI<br />
entfällt auf ein<br />
Ersatzwerbemittel<br />
319
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
320<br />
Schwankende<br />
Volumina<br />
ausgelieferter<br />
Werbung<br />
Fehlbelegungen; auf einen Blick erkennbar. Die Fehlbelegungsquote kann sehr<br />
beträchtlich sein. Bei den bisherigen Audits reichte sie bis einhundert Prozent.<br />
Timing: Wie verhielt sich der Werbedruck im Zeitverlauf?<br />
Auch das Timing einer Buchung kann deutlich anders verlaufen als vom Werbekunden<br />
beabsichtigt und erwartet. Werden beispielsweise zehn Millionen AI für den<br />
Zeitraum von zehn aufeinander folgenden Tagen gebucht, liegt es nahe mit einem<br />
gleichmäßigem täglichem Werbedruck von eine Millionen AI zu rechnen. Die OMA<br />
Audits zeigen häufig zwei abweichende Muster. Erstens gibt es viele Buchungen, bei<br />
denen die Vermarkter den Werbedruck gegen Ende der Laufzeit zum Teil deutlich<br />
erhöhen, um unterdurchschnittliche Auslieferungsvolumina der bereits verstrichenen<br />
Laufzeit zu kompensieren. Im oben genannten Rechenbeispiel könnten in den ersten<br />
acht Tagen jeweils 800.000 AI ausgespielt worden sein.<br />
In den verbleibenden beiden Tagen würde der Vermarkter das Volumen dann auf<br />
jeweils 1,8 Millionen AI erhöhen müssen, damit das Ziel von zehn Millionen<br />
ausgelieferter AI erreicht werden kann. Zweitens erkennt das OMA-Verfahren<br />
immer wieder von Tag zu Tag sprunghaft schwankende Volumina. Dies ist dann<br />
der Fall, wenn ein anderer Werbungtreibender für eine Tagesplatzierung große<br />
AI-Kontingente vom Vermarkter zugewiesen bekommt – zu Lasten der laufenden<br />
Kampagne des ersten Werbungtreibenden, deren Werbedruck folglich vorübergehend<br />
reduziert wird.<br />
Von all diesen Dosierungsverläufen im Timing erfährt der Auftraggeber nichts. Sie<br />
bleiben ihm verborgen – sofern er nicht für Transparenz durch ein Auditing sorgt.<br />
Qualität von Werbeträger und Mediaplanung bewerten<br />
Wie zuvor dargestellt, können über das OMA-Auditing sowohl die technisch<br />
einwandfreie Anlieferung der Werbemittel im Browser, als auch Umfeld und Timing<br />
exakt und lückenlos nachvollzogen werden.<br />
Für den Erfolg einer Kampagne ist die korrekte Anlieferung jedoch nur eine<br />
Voraussetzung. Entscheidend ist, ob die Werbung überhaupt die Chance besaß,<br />
vom Nutzer wahrgenommen zu werden. Also ob und wie lange sie sichtbar war.<br />
Im Rahmen der OMA-Messung wird die Sichtbarkeit jeder AI erhoben. Und<br />
zwar nicht nur zum Ladezeitpunkt, sondern über die gesamte Zeit in der die Seite,<br />
auf der das Werbemittel platziert ist, genutzt wird. Der pro Buchung ermittelte<br />
Sichtbarkeitswert drückt somit aus, wie groß der Anteil der angelieferten AI ist, die<br />
zu einem beliebigen Zeitpunkt der Ladezeit sichtbar waren. Unabhängig davon, ob<br />
sie sofort im Blickfeld des Nutzers lagen oder ob dieser sie erst durch Scrollen in<br />
den sichtbaren Bereich des Browser bewegt hat.
Messverfahren muss Definitionen von Sichtbarkeit unterstützen<br />
Voraussetzung zur Ausweisung der Sichtbarkeit ist natürlich, dass definiert wurde, ab<br />
welchem Flächenanteil ein Werbemittel als sichtbar gilt. Reicht bereits ein Prozent,<br />
also eine Handvoll Pixel? Sicherlich nicht. Müssen unbedingt einhundert Prozent der<br />
Fläche im Sichtfeld liegen? Auch dies wäre nicht angemessen. Eine marktgerechte<br />
Sichtbarkeitsmessung muss mit Schwellenwerten für die sichtbaren Flächenanteile<br />
arbeiten, die je nach Werbemittelformat und Gestaltung flexibel angepasst werden<br />
können. Nicht zuletzt deshalb, weil es Sonderwerbeformen gibt, die „sticky“ sind<br />
– und dadurch zu jedem Zeitpunkt sichtbar.<br />
Sichtbarkeit und Sehdauer definieren Mediaqualität<br />
Spätestens jetzt sollte eines deutlich geworden sein: Die objektive Bewertung zentraler<br />
Leistungsparameter der Onlinewerbung ist alles andere als trivial. Insbesondere<br />
die Ermittlung der Sichtbarkeit hält einige Herausforderungen bereit. Sind diese<br />
gemeistert, ist die Ausweisung der Sehdauer vergleichsweise einfach. Sie beschreibt<br />
die Zeitdauer in der jede AI die definierte Sichtbarkeitsschwelle überschritten hat.<br />
Zugleich wird im Rahmen der Messung auch die Sehdauer der werbungtragenden<br />
Webseite erfasst. Kombiniert man diese beiden Werte mit der Sichtbarkeit, erhält man<br />
einen Index, der die Qualität des Werbeplatzes beziehungsweise der Mediaplanung<br />
einheitlich beschreibt: den OMA Qualitäts-Index. So können unterschiedlichste<br />
Buchungen im Sinne des Benchmarking miteinander verglichen werden.<br />
Für die operative Mediaplanung liefern die im OMA Qualitäts-Index gewonnenen<br />
Erkenntnisse zu Sichtbarkeit und Sehdauer zahlreiche wertvolle Hinweise. Dazu<br />
nur ein Beispiel aus dem reichhaltigen Fundus der OMA-Ergebnisse: Der Anteil<br />
der Nutzer, die ein prominent am Kopf einer Seite platziertes Banner nicht sehen,<br />
weil sie es zur Ladezeit bereits aus dem Sichtfeld gescrollt haben, kann höher sein<br />
als der Anteil der Nutzer, die bis ins untere Drittel derselben Seite scrollen. Dies zu<br />
wissen, ist bares Geld wert. Denn das am Seitenfuß platzierte Werbemittel kostet<br />
deutlich weniger als das auf der vermeintlichen Top-Platzierung.<br />
Viele Onlinekampagnen nutzen zusätzliche Möglichkeiten der technischen Aussteuerung<br />
von AdImpressions, wie Frequency Capping und Targeting.<br />
Frequency Check: Wieviele Nutzer wurden wie oft erreicht?<br />
Frequency Capping, kurz FC, wird zur Begrenzung der Werbekontaktdosis pro Nutzer<br />
eingesetzt. Hierzu wird über ein vom Vermarkter gesetztes Cookie hoch gezählt, wie<br />
viele Kontakte ein Nutzer bereits hatte. Ist die festgelegte Kappungsgrenze erreicht,<br />
liefert der Adserver keine weiteren AI an diesen Nutzer aus. Ob das im Rahmen einer<br />
Buchung beauftragte Capping jedoch tatsächlich vereinbarungsgemäß umgesetzt<br />
wird, entzieht sich der Kontrolle des Werbungtreibenden. Die Einhaltung des FC<br />
kann im Rahmen der Qualitätsbewertung anhand des OMA Frequency Checks<br />
überprüft werden.<br />
Christian Bachem: Online Media Audit<br />
Wie lange wurde<br />
ein Werbemittel<br />
angeschaut?<br />
321
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
322<br />
Targeting:<br />
Wird wirklich<br />
nur an Frauen<br />
ausgeliefert?<br />
Abb. 4: Beispielhafte OMA Auswertung (auf Buchungsebene)<br />
Targeting-Check: Welche Mehrleistung erzeugte das Targeting?<br />
Auch beim Targeting, also der Auslieferung von AI nach definierten Zielgruppenmerkmalen<br />
wie Geschlecht oder Alter gegen einen Aufpreis, kann der Online Media<br />
Audit für Transparenz sorgen. Diese ist auch dringend erforderlich. Schließlich<br />
sind die auf zumeist komplexen Algorithmen beruhenden Targeting-Lösungen der<br />
einzelnen Vermarkter faktisch „Black Boxes“.<br />
Ihre Funktionsweise ist von außen nicht ersichtlich. Gleiches gilt für ihre Leistung.<br />
Werden bei einem Targeting, das auf Männer abzielt, tatsächlich keine Frauen<br />
erreicht? Ist ein Alters-Targeting in der Kohorte 19 bis 49 Jahre derart trennscharf,<br />
dass jüngere wie ältere Nutzer die Werbung wirklich nicht zu Gesicht bekommen?<br />
OMA kann mittels dem Targeting-Check die Einhaltung des Targeting überprüfen<br />
und die Mehrleistung einer Targeting-Buchung gegenüber derselben Buchung ohne<br />
Targeting offenbaren. Und damit belegen, ob die Mehrkosten gerechtfertig waren.<br />
Die Ergebnisse zeigen: Sie sind es beileibe nicht immer. Zudem offenbaren die<br />
Leistungswerte der Targeting-Angebote ein deutliches Gefälle, was für einen unreifen<br />
Markt spricht, der sich noch konsolidieren wird.<br />
Forschen: Werbewirkung unabhängig von Klicks ermitteln<br />
Das umfassende Audit und Benchmarking von Onlinekampagnen ermöglicht erstmals<br />
eine systematische Analyse von Medialeistung und -qualität. Die Voraussetzungen<br />
wirkungsvoller und wirtschaftlicher Onlinewerbung werden somit erkennbar,<br />
vergleichbar und steuerbar. Über die tatsächliche Wirkung einer Kampagne in der
Zielgruppe ist anhand der vorgestellten Schritte jedoch noch keine verbindliche<br />
Aussage möglich.<br />
Hierzu ist ein weiteres Verfahren erforderlich. Die Zielgruppe muss im Zuge einer<br />
Werbewirkungsuntersuchung befragt werden. Dabei hilft das von OMA verwendete<br />
Script. Es verknüpft das Auditing mit der Ermittlung der Werbewirkung. Nutzer, bei<br />
denen mindestens ein Werbemittel nachweislich sichtbar angeliefert wurde, erhalten<br />
ein OMA-Cookie. Sie werden bei einem erneuten Besuch des Werbeträgers anhand<br />
des Cookies vom OMA-Server wiedererkannt und können nun gezielt zu einer<br />
Befragung eingeladen werden.<br />
Diese Nutzer zählen zur sogenannten Kontaktgruppe. Zugleich werden Nutzer, die<br />
nachweislich keinen Kontakt mit dem Werbemittel hatten (die Kontrollgruppe),<br />
ebenfalls zur identischen Befragung eingeladen. Idealerweise wird die Kontrollgruppe<br />
vor dem Start der Kampagne befragt. Die Befragung erfolgt online, ist anonym und<br />
dauert je nach Länge des Fragebogens zwischen drei bis fünf Minuten. Für belastbare<br />
Aussagen sind lediglich einige hundert vollständige Interviews erforderlich.<br />
Über die Befragung werden unter anderem die Bekanntheit der beworbenen Marke<br />
und ihrer wichtigsten Wettbewerber erhoben, des Weiteren die Sympathie und<br />
Imagewerte sowie die Kaufbereitschaft. Ebenso können drei zentrale Wirkungstreiber<br />
auf Ebene Werbemotiv ermittelt werden.<br />
Erstens die korrekte Zuschreibung des Werbemotivs zum Absender (Kernfrage:<br />
„Wird der Werbungtreibende mit dem Motiv in Verbindung gebracht?“). Zweitens<br />
die Vermittlungsleistung („Wird die Kernbotschaft des Motivs erinnert?“). Drittens<br />
die emotionale Aufladung („Wird das Motiv positiv wahrgenommen?“). Allein<br />
hinsichtlich des Treibers Zuschreibung kann eine Erhebung zur rechten Zeit Schaden<br />
abwenden. So konnte OMA vor Beginn einer Kampagne nachweisen, dass über<br />
siebzig Prozent der Befragten das Werbemotiv nicht dem Absender, sondern einem<br />
Wettbewerber zuordneten.<br />
Ist die Kampagne abgeschlossen, kann ihre Wirkung durch den statistischen Abgleich<br />
der Befragungsergebnisse zwischen Kontakt- und Kontrollgruppe zuverlässig isoliert<br />
werden. Die auf diese Weise erzeugten Erkenntnisse erlauben tiefe und detaillierte<br />
Einblicke. Zu den Ergebnissen zählen:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Brand Lift: Bekanntheitssteigerung, Verbesserung der Sympathiewerte, Erhöhung<br />
der Kaufbereitschaft; jeweils für den Werbungtreibenden und ausgewählte<br />
Wettbewerber.<br />
Imageprofil: Konturen des Markenprofils, unterschieden nach Bestandskunden<br />
und Nichtkunden; ebenfalls im Vergleich zwischen Auftraggeber und<br />
Wettbewerbern.<br />
Wirkung pro Werbeträger: Bekanntheitssteigerung und Sympathiezuwachs<br />
aufgeschlüsselt nach Werbeträgern/Buchungen.<br />
Werbemotivanalyse: Bekanntheitssteigerung und Sympathiezuwachs sowie<br />
Wirkungstreiber aufgeschlüsselt nach Motiven.<br />
Christian Bachem: Online Media Audit<br />
Kontakt- und<br />
Kontrollgruppe<br />
werden<br />
automatisch zur<br />
Werbewirkung<br />
befragt<br />
Tiefe detaillierte<br />
Einblicke in die<br />
Werbewirkung<br />
323
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Wie viele<br />
Werbekontakte<br />
sind nötig?<br />
324<br />
• Nettokontakte und Kontaktklassen: Anzahl der durch eine Onlinekampagne<br />
erreichten Personen sowie Verteilung des Werbedrucks auf Gruppen mit<br />
definierten Kontaktmengen (Beispiel: 23 Prozent der erreichten Personen hatten<br />
vier Werbemittelkontakte).<br />
Auf Basis der oben skizzierten Ergebnisse ist eine umfassende Transparenz über die<br />
Leistungs- und Wirkungszusammenhänge von Onlinekampagnen herstellbar. Die<br />
ideale Grundlage für Verbesserungen der Effektivität und Effizienz.<br />
Bewerten: Die Wirtschaftlichkeit des Budgeteinsatzes überprüfen<br />
Nach der Kampagne ist vor der Kampagne. Die beiden Kernfragen eines Werbungtreibenden<br />
lauten: Wie kann ich mit identischem Werbeinvestment mehr Wirkung<br />
erzielen? Oder aber: Wie kann ich bei identischer Wirkung meinen Mitteleinsatz<br />
verringern?<br />
Beide Fragen werden durch eine Wirtschaftlichkeitsbewertung beantwortet. Dazu<br />
müssen die Erkenntnisse aus der Werbewirkungsanalyse mit dem Wissen über die<br />
Kosten einer Kampagne verknüpft werden. Auf diese Weise lassen sich zahlreiche<br />
Hebel für Effizienzsteigerungen ermitteln. Stellvertretend seien zwei vorgestellt:<br />
• Wirkungszuwachs pro Kontaktdosis versus Kontaktverteilung:<br />
Über die Befragung wird erkennbar, wie hoch die Bekanntheitssteigerung pro<br />
Kontaktdosis ist. Also: Um wie viel Prozent ist die Markenbekanntheit bei Nutzern<br />
mit drei Werbemittelkontakten gestiegen? Wie hoch war diese Steigerung bei<br />
denjenigen, die acht Kontakte hatten? Erfahrungsgemäß ist der Zuwachs bei<br />
wenigen Kontakten stark und flacht mit steigender Kontaktzahl ab, um dann – meist<br />
zwischen sieben und zehn Kontakten – ein Plateau zu bilden. Hat eine Kampagne<br />
eine hohe Zahl Durchschnittskontakte, so kann es sein, dass beispielsweise ein<br />
Drittel der Nutzer mehr als zehn Werbemittelkontakte aufweist. Also einen hohen<br />
Anteil von Kontakten, denen kein Wirkungszuwachs entgegensteht. Auf gut<br />
Deutsch: Hier wurde Werbegeld zum Fenster . hinausgeworfen.<br />
•<br />
Kosten pro Wirkungszuwachspunkt pro erreichtem Nutzer:<br />
Anhand der analysierten Daten kann eine Kennzahl gebildet werden, die eine<br />
Kosten-/Wirkungs-Betrachtung pro Werbeträger ermöglicht. Dazu wird die<br />
pro Buchung erzielte Werbewirkung mitsamt der Schaltkosten auf die durch die<br />
Buchung erzielte Nettokontaktzahl bezogen. Das Ergebnis sind die Kosten pro<br />
Prozentpunkt Bekanntheitszuwachs für jeden erreichten Nutzer. Dieser Wert wird<br />
nun für jede Buchung errechnet. Das Ergebnis zeigt, welche Buchung gut oder<br />
schlecht abgeschnitten hat. Auf diese Weise wird häufig deutlich, dass übliche<br />
Optimierungsparameter zu kurz greifen. Denn ein günstiger Tausender-Kontakt-<br />
Preis (TKP) kann durchaus ein sehr schlechtes Kosten-/Wirkungs-Verhältnis<br />
haben. Umgekehrt können vermeintlich teure Buchungen nun ihren wahren Wert<br />
belegen.<br />
Die hier vorgestellte Kennzahl ist zudem bestens für Intermedia-Analysen geeignet.<br />
Das heißt, sie ermöglicht Benchmarks zwischen Onlinewerbung und klassischer<br />
Werbung. Ein Vergleich, der überfällig ist.
Welches Potenzial in der durchgängigen Leistungs-, Qualitäts und Wirkungsanalyse<br />
von Onlinewerbung liegt, verdeutlicht folgende Zahl. Werbekunden, die mit dem<br />
OMA-Verfahren arbeiten, konnten binnen eines Jahres ihre Onlinemedia-Spendings<br />
um dreißig Prozent reduzieren ohne Wirkungseinbußen in Kauf nehmen zu<br />
müssen.<br />
Literatur<br />
[1] Bundesverband Digitale Wirtschaft (Hrsg.): OVK Online-Report 2011/01. –<br />
Düsseldorf, 03. März 2011, S. 5 – http://ovk2.bvdw.org/fileadmin/downloads/fachgruppen/<br />
Online-Vermarkterkreis/OVK_Online-Report/OVK_Online-Report_2011-01.pdf – letzter<br />
Abruf: 08.07.11.<br />
[2] Saal, M.: Klick-Fixierung ade: Companion beziffert Online-Erfolg in Euro und Cent.<br />
– In Horizont.net, 17.07.2008 – http://www.horizont.net/aktuell/digital/pages/protected/<br />
Klick-Fixierung-ade-Companion-beziffert-Online-Erfolg-in-Euro-und-Cent_77682.html<br />
– letzter Abruf: 08.07.11 sowie Poppe, H.: Der Rundum-Ansatz in Euro und Cent. – In:<br />
Adzine. – 25.09.2008 – http://www.adzine.de/de/site/artikel/1831/display-advertising/2008/<br />
09/der-rundum-ansatz-in-euro-und-cent – letzter Abruf: 08.07.11.<br />
[3] http://werbeformen.org/index.php?id=3101 – letzter Abruf: 08.07.11.<br />
[4] Organisation der Werbungteibenden im Markenverband (Hrsg.): Online-Werbung:<br />
Nicht alles kommt beim User an. – Berlin, 16. September 2010 – http://www.owm.de/<br />
dokumente/studien/publikationen_detail.php?id=10 – letzter Abruf: 08.07.11.<br />
[5] Schneider, G.: Liefern ohne Quittung. – In: Horizont – 10/2011, S. 46.<br />
[6] http://adspecs.yahoo.de/drittanbieter/approved-vendors – letzter Abruf: 08.07.11.<br />
Bachem, C.: Online Werbung. In: U. Glowalla, E. Schoop (Hrsg.): Deutscher Multimedia<br />
Kongreß ´96. Perspektiven multimedialer Kommunikation. Berlin: Springer, 276-281,<br />
1996.<br />
Bachem, C.: Planen mit Online-Zielgruppen. In: Markenartikel 8/96. Wiesbaden:<br />
Markenverband, 340-346.<br />
Bachem, C.: Einfach schneller schalten! Online-Mediaplanung: Grundlagen, Potentiale<br />
und Trends. In: Net-Book 1/97. Walluf: Media-Daten Verlag, 14-16.<br />
Bachem, C.; Systematische Online-Mediaplanung. In: Weidner, L. E..(Hrsg.): Handbuch<br />
Kommunikationspraxis. Landsberg: Verlag Moderne Industrie, 33. Nachlieferung 3/01,<br />
3-18, 2001.<br />
Bachem, C.: Wege zu mehr Effizienz in der Online-Werbung. In: M. Schögel, T. Tomczak,<br />
C. Belz (Hrsg.): Roadmap to E-Business. St. Gallen: Thexis, 926-939, 2002.<br />
Bachem, C.; Fölsch, F.; Goldhammer, K.: Online-Werbeformen. In: M. Schögel, T.<br />
Tomczak, C. Belz (Hrsg.): Roadmap to E-Business. St. Gallen: Thexis, 652-667, 2002.<br />
Christian Bachem: Online Media Audit<br />
325
326<br />
Gezieltes Online-Advertising<br />
5<br />
mit Targeting-Methoden<br />
Torsten Engelken<br />
Werbung in<br />
falschen Themenumfeldern<br />
vermeiden<br />
Möglichst<br />
individuell für<br />
einen User die<br />
vermeintlich<br />
attraktivsten<br />
Banner<br />
einblenden<br />
Spitz platzierte Werbung funktioniert besser als Kampagnen nach dem<br />
Gießkannenprinzip. Diese Binsenweisheit gilt natürlich auch für das Internet – und<br />
dennoch wird der Großteil der Werbung im Netz heute nicht gezielt eingeblendet.<br />
Werbekampagnen im Internet beinhalten zudem viel mehr Potenzial, was mit<br />
„Offline“-Medien nicht erreicht werden kann. Die Messbarkeit der interaktiven<br />
Vorgänge macht es möglich, sofort auf Veränderungen zu reagieren. Doch was tun,<br />
damit die Werbung, die einen Nutzer erreichen soll, auch wirklich in einem relevanten<br />
Umfeld geschaltet wird?<br />
Durch das kontinuierliche Wachstum der Internetnutzung sowie des Internet-<br />
Contents wird es immer notwendiger, das Umfeld nach Relevanz zu filtern. Die Flut<br />
an neuen Meldungen und Websites vermittelt den Anschein, dass es unmöglich ist,<br />
deren Inhalt schnell und präzise zu erfassen. Werbung in falschen Themenumfeldern<br />
scheint deshalb unvermeidbar zu sein. Die effiziente Lösung für Werbetreibende<br />
heißt Targeting. Doch was steckt genau dahinter, welche Methoden gibt es, worin<br />
unterscheiden sie sich und welche ist für „meine“ Kampagne die Richtige?<br />
Targeting und seine Bedeutung<br />
Unter Targeting versteht man das auf bestimmte Zielgruppen abgestimmte Schalten<br />
und Einblenden von Werbebannern auf Websites. Es wird also versucht, möglichst<br />
individuell für einen User die vermeintlich attraktivsten Banner einzublenden. Dabei<br />
werden Inhalte, Produktnamen, Bereiche einer Website, Herkunft des Besuchers<br />
oder auch bestimmte Schlagworte (Keywords) berücksichtigt. Idealerweise wird<br />
ein Klick auf diesen Banner sowie weitere Aktionen wie der Erwerb von Produkten<br />
auf der Ziel-Website erreicht.<br />
Neben den klassischen Targeting-Möglichkeiten von Ad-Servern zählen heute<br />
Keyword (Wortbasiertes), Contextual und Behavioural Targeting zu den weiteren,<br />
user- und umfeldorientierten Methoden der Platzierungsselektion. Allerdings sind<br />
diese Methoden nicht immer präzise, so dass Fehlplatzierungen und Streuverluste<br />
nicht ausgeschlossen werden können. Deshalb setzen Anbieter seit einiger Zeit<br />
mit dem semantischen Targeting die technische Evolution fort, um optimale<br />
Platzierungen im Internet für Werbekampagnen zu garantieren.<br />
Am einfachsten zu vergleichen sind die verschiedenen Targeting-Methoden mit<br />
einem Werkzeugkasten. Jeder Mediaplaner benötigt ein Set an Targeting-Optionen<br />
sowie für jede Kampagne sein eigenes, passendes Werkzeug, um maximales<br />
Potenzial sowie optimale Relevanz erreichen zu können.<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Torsten-Engelken
Relevanz als Basis für erfolgreiche Onlinewerbung<br />
Relevant ist etwas, wenn es in einem bestimmten Zusammenhang von Bedeutung<br />
ist. Relevanz in der Werbung zu schaffen, heißt also, den Konsumenten genau dann<br />
mit der Werbebotschaft zu erreichen, wenn diese ihm in irgendeiner Form wichtig<br />
erscheint. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass relevante Werbung grundsätzlich<br />
besser funktioniert als wahllos gestreute Maßnahmen. Für den Werbetreibenden<br />
ist die richtige Platzierung seiner Anzeigen und Kampagnen also ein wesentliches<br />
Kriterium für den Erfolg. Doch mit welchen Mitteln ist Relevanz zu erreichen?<br />
In der Onlinewerbung stehen dem Werbetreibenden diverse Methoden zur Verfügung,<br />
die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen. Die folgenden Wege werden von<br />
Agenturen und Vermarktern angeboten, um für Relevanz zu sorgen und eine effektive<br />
Platzierung von Werbemaßnahmen zu gewährleisten.<br />
Zielgruppenanalyse<br />
Die Zielgruppe eines Unternehmens wird nach bestimmten Daten und Charakteristika<br />
definiert, zum Beispiel junge autobegeisterte Männer im Alter von zwanzig bis<br />
dreißig Jahren. Im nächsten Schritt werden Portale gesucht, in denen sich diese<br />
Zielgruppe mutmaßlich bewegt. Durch die Buchung auf diesen Websites hofft der<br />
Werbetreibende, sein Zielpublikum ansprechen zu können oder Neukunden zu<br />
gewinnen.<br />
Das Prinzip beruht auf verallgemeinernden Schlussfolgerungen, die nicht unbedingt<br />
zutreffen müssen und kein genaues Wissen über den User beinhalten. Somit können<br />
hier mitunter große Streuverluste entstehen, da es an der nötigen Relevanz fehlt.<br />
Brand-Transfer<br />
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
Verkörpert eine Marke ein gewisses Image, so werden für Werbemaßnahmen<br />
Portale gebucht, die diesem Image entsprechen oder zumindest dazu passen. Der<br />
Werbetreibende hofft so, seine Zielgruppe dort zu erreichen.<br />
Auch diese Methode trifft oftmals nicht exakt. Ein Brand-Transfer ist eine<br />
willkürliche Übertragung, die nicht unbedingt logischen Gesetzen folgt, sondern<br />
eher intuitiv funktioniert. Somit muss der Werbetreibende auch hier Streuverluste<br />
einkalkulieren.<br />
Umso wichtiger ist es für Werbetreibende, diese Streuverluste so gut wie möglich<br />
zu minimieren, was mit der Buchung von Targeting-Methoden möglich ist. Diese<br />
finden und selektieren relevante Themenumfelder im Netz, bevor die Werbemittel<br />
platziert werden. Das Ergebnis ist, dass Brands an potentielle Endverbraucher<br />
gerichtet beziehungsweise spezifische Zielgruppen mit attraktiven Werbeangeboten<br />
angesprochen werden.<br />
Mit welchen<br />
Mitteln ist<br />
Relevanz zu<br />
erreichen?<br />
327
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
328<br />
Werbemittel<br />
werden auf<br />
Software- und<br />
Hardwareumgebung<br />
zugeschnitten<br />
Wenn der Aufbau<br />
der Werbung zu<br />
lange dauert<br />
Targeting-Methoden<br />
Im Allgemeinen teilt man die verschiedenen Targeting-Methoden in technisches<br />
Targeting und User- und Umfeld-Targeting ein.<br />
1. Technisches Targeting<br />
Beim technischen Targeting stehen die technischen Aspekte zur Zielgruppenfindung<br />
im Fokus. Die Werbemittel werden auf Software- und Hardwareumgebung<br />
zugeschnitten. Das heißt, dass zum Beispiel die technischen Daten der Bildschirmauflösung<br />
des Endgerätes oder die Möglichkeiten des Betriebssystems berücksichtigt<br />
werden. So ist die Werbung für jeden Endverbraucher optimal zu sehen. Genauso<br />
bilden die Geschwindigkeit des Internetzugangs, der Provider oder die Uhrzeit<br />
mögliche Targeting-Optionen. So können lange Ladezeiten (durch Bandbreiten-<br />
Targeting) vermieden, Werbemittel korrekt angezeigt (durch Browser-Targeting) und<br />
regionale Werbung lokal ausgeliefert (durch Geotargeting) werden. Die Einhaltung<br />
einer bestimmten Kontaktdosis für eine Werbekampagne gehört in dieser Form<br />
ebenfalls zum technischen Targeting.<br />
Frequency-Capping<br />
Beim Frequency-Capping wird die Häufigkeit von Werbeeinblendungen kontrolliert,<br />
so dass eine gesteuerte Auslieferung eines Werbemittels besteht. Zum Beispiel kann<br />
ein Frequency-Cap von fünf Einblendungen pro Unique Client nach Anzahl und<br />
Zeiteinheit gebucht werden. Die Werbemittelauslieferung wird demnach pro Nutzer<br />
in der Kontaktfrequenz gesteuert, wobei die Werbewirkung beeinflusst wird.<br />
Der Vorteil bei der Methode des technischen Targetings ist, dass der User nicht<br />
übermäßig die gleichen Werbemittel angezeigt bekommt und so nicht mit<br />
Ablehnungsverhalten auf die Kampagne reagiert.<br />
Uhrzeit- und Wochentag-Targeting<br />
Targeting nach Uhrzeit beinhaltet eine zeitliche Ausarbeitung von Werbekampagnen.<br />
Um bestimmte Zielgruppen zu erreichen, wird im Vorfeld die Tageszeit analysiert,<br />
in der der Großteil online ist. Surft eine Gruppe vorrangig nachmittags, wird<br />
zum Beispiel ein Zeitfenster von 15 - 18 Uhr für die Auslieferung von Werbung<br />
festgelegt.<br />
Bandbreiten-Targeting<br />
Beim Targeting nach Bandbreite wird die Auslieferung von digitaler Werbung an die<br />
Geschwindigkeit der Internetverbindung der Nutzer angepasst. Bei dieser Methode<br />
werden beispielsweise bestimmte Zielgruppen wie DSL-User angesprochen. Des<br />
Weiteren werden umfangreiche Werbemittel bei Schmalbandnutzern nicht angezeigt,<br />
da es zu langen Ladezeiten kommt. Wenn der Aufbau der Werbung zu lange dauert,<br />
wird der Ladevorgang höchstwahrscheinlich abgebrochen, so dass der Einsatz von<br />
Werbeplatzierungen eine Verschwendung ist.<br />
Geo/Regio-Targeting<br />
Die Werbemittel werden anhand von IP- und MAC-Adressen der User an spezifische<br />
Zielgebiete ausgeliefert. Dabei wird der ungefähre Standort der Nutzer festgestellt,<br />
so dass zum Beispiel Werbeanzeigen von Unternehmen eingeblendet werden, die<br />
nur regionale Endverbraucher als Zielgruppe haben. Somit wird garantiert, dass die
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
Werbung ausschließlich relevante User erreicht. Mit Hilfe des Geo/Regio-Targetings<br />
können Zielgruppen auf Länder, Regionen und Städte reduziert werden.<br />
Durch die präzise Platzierung von Werbung in regionalen Umfeldern werden<br />
Streuverluste vermieden. Bewirbt ein Veranstalter einen lokalen Event in Hamburg,<br />
wird die Anzeige nur den Usern angezeigt, die dem Einzugsgebiet Hamburg<br />
zugeordnet werden können.<br />
Browser-Targeting<br />
Das Browser-Targeting liefert digitale Werbung nach Browsertyp aus. Nach<br />
detaillierter Analyse und Beobachtung einer Zielgruppe wird ermittelt, welchen<br />
Browsertyp diese benutzt. Verwendet sie zum Beispiel hauptsächlich Firefox, so wird<br />
die Onlinewerbung nur bei Nutzung dieses Browsers eingeblendet. Ebenso eignet<br />
sich Browser-Targeting für die Bewerbung von Browser-Plug-ins oder Updates, die<br />
ausschließlich einen Browsertyp betreffen. Zudem können Software-Hersteller, die<br />
ihr eigenes Browserprogramm bewerben wollten, diese Targeting-Art nutzen, um<br />
User von Programmen der Mitbewerber zu erreichen.<br />
Betriebssystem-Targeting<br />
Beim Betriebssystem-Targeting wird das verwendete Betriebssystem der User<br />
ermittelt. Wird Mac OS X von Apple verwendet, wird beispielsweise nur Werbung<br />
für Apple-Software oder Zeitschriften zum Thema angezeigt. Weitere Beispiele sind<br />
Anzeigen für Updates oder neue Betriebssystemversionen.<br />
2. User- und Umfeld-Targeting<br />
Zum User- und Umfeld Targeting zählen zum Beispiel Channel-Buchungen, Keyword<br />
Targeting, Behavioural Targeting oder semantisches Targeting.<br />
Traditioneller Channel<br />
Ein konventioneller Channel bündelt spezialisierte Websites, zum Beispiel zum<br />
Thema Auto, mit Website-Bereichen, die das Thema behandeln. Ein Automobilhersteller<br />
bucht nach diesem Prinzip beispielsweise Anzeigen auf einem reinen<br />
Automobilportal, schaltet jedoch außerdem Werbung in den Autorubriken von<br />
Nachrichten- oder Consumerportalen.<br />
Bei Buchung eines Channels wird die Untergliederung von Websites nicht<br />
berücksichtigt, sondern die Website wird übergreifend belegt. Damit gehen Feinheiten<br />
wie die Platzierung auf den passenden Unterseiten verloren, die eine größere<br />
Relevanz für den User bedeuten können. Grundsätzlich beruht das Channelprinzip<br />
auf der Annahme, dass User, die sich für Automobilportale und -seiten interessieren,<br />
ebenfalls offen für Produktwerbung zu diesem Thema sind. Durch das Surfen auf<br />
diesen Portalen kann der Werbetreibende zwar das Interesse voraussetzen, dieses<br />
muss jedoch nicht unbedingt eine Kaufabsicht beinhalten.<br />
Durch das Platzieren der Werbung in nur themenrelevanten Umfeldern kann ein<br />
Anbieter sicher gehen, dass er Zielgruppen erreicht, die sich für ein bestimmtes<br />
Thema interessieren. Für das Beispiel der Autowerbung bedeutet dies, dass der<br />
Werbetreibende davon ausgehen kann, dass sich autoaffine Endverbraucher zum<br />
Beispiel auf Autoportalen aufhalten. Genauso ist aber garantiert, dass weitere<br />
potentielle Zielgruppen erst gar nicht erreicht werden, da die Werbung in einem<br />
limitierten Umfeld geschaltet wird. Auf Internetseiten, die sich mit Themen<br />
Umfeld:<br />
Automobilhersteller<br />
bucht Anzeigen<br />
auf einem<br />
Automobilportal<br />
329
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Kontext: Immer<br />
wenn das<br />
Wort „Reifen“<br />
auftaucht<br />
330<br />
wie Technik, Unterhaltung oder auch Sport beschäftigen, halten sich ebenfalls<br />
Endverbraucher auf, die an Autos und Zubehör interessiert sein könnten.<br />
Keyword Targeting<br />
Keyword Targeting bedeutet: Werbeansprache von Usern zum Zeitpunkt ihrer<br />
Beschäftigung mit einem gewünschten Thema. Gibt ein potenzieller Endverbraucher<br />
im Internet in Suchmaschinen oder in Branchen- und Telefonbüchern bestimmte<br />
Suchbegriffe ein, wird ihm passende Werbung angezeigt. Die jeweiligen Keywords<br />
werden vorher von den Werbetreibenden für die Kampagnen bestimmt. Handelt<br />
es sich beispielsweise um Werbung aus dem Bereich Tourismus, werden Begriffe<br />
aus den Kategorien Reise, Reisebüros, Hotels, Fluggesellschaften oder Flughäfen<br />
gewählt.<br />
Allerdings kann es schnell zu Fehlplatzierungen von Werbeanzeigen kommen,<br />
da viele deutsche Worte mehrere Bedeutungen haben. Sucht ein User nach der<br />
Automarke „Golf“, werden nicht nur Suchergebnisse zum Thema Automobil<br />
aufgelistet, sondern auch Seiten über den Golf von Mexiko oder Golfsport.<br />
Contextual Targeting<br />
Beim Contextual Targeting werden ebenfalls im Vorfeld einer Werbekampagne<br />
bestimmte Wörter ausgewählt, die zum Inhalt der Anzeigen passen. So werden<br />
Werbeanzeigen eines Automobilherstellers zum Beispiel als In-Text-Anzeigen in<br />
redaktionellem Content unter anderem auf das Wort „Reifen“ geschaltet. Dabei<br />
geht Contextual Targeting einen Schritt weiter als ein Keyword Targeting, da nicht<br />
nur ein einzelnes Wort erfasst wird, sondern auch vereinzelte Worte in der näheren<br />
Umgebung untersucht werden.<br />
Der User liest einen Bericht zu einem bestimmten Thema und wird mit der<br />
vermeintlich passenden Werbung angesprochen. Problematisch kann die Methode<br />
dann sein, wenn die Werbung in einem negativen Kontext geschaltet wird. So<br />
können die Worte „Reifen“, „Motor“ und „Auto“ in einem redaktionellen Bericht<br />
auch im Zusammenhang mit einem dramatischen Autounfall genannt werden. Der<br />
Adserver erkennt hier aber den Sinnzusammenhang zwischen den Worten nicht und<br />
wird dementsprechend die Werbung des Autoherstellers sehr wahrscheinlich auch<br />
neben diesem Bericht schalten. Die Werbeanzeige löst durch diese Fehlplatzierung<br />
eine negative Reaktion des Users aus. Zudem kann es sich im nächsten Absatz des<br />
Artikels um ein völlig anderes Thema handeln, so dass die Werbeanzeige nicht auf<br />
den tatsächlichen Inhalt der Webpage abgestimmt ist.<br />
Behavioural Targeting<br />
Behavioural Targeting basiert auf der Analyse des Verhaltens eines potenziellen<br />
Kunden im Internet. Die Behavioural Targeting-Technologie analysiert den Inhalt<br />
der bisher besuchten Seiten, die Suchergebnisse sowie die bisherige Interaktion<br />
des Kunden mit Werbebannern. Auf der Basis dieser Daten wird das Surfverhalten<br />
des Kunden untersucht und zu einem individuellen Profil zusammengefügt.<br />
Technisch betrachtet funktioniert die Technologie wie folgt: Eine besuchte Seite<br />
oder ein Suchbegriff wird mit einem Cookie versehen. Wird im Internet nach<br />
Veranstaltungen gesucht, wird dieser Surfvorgang gespeichert und der User bekommt<br />
auch außerhalb der Unterhaltungsseiten Werbeangebote angezeigt, die auf Events
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
hinweisen. Falls sich der Nutzer noch auf keine Veranstaltung festgelegt hat, werden<br />
ihm so kontinuierlich weitere Empfehlungen und Angebote präsentiert.<br />
Die so gewonnenen Interessen werden wie in einer Algorithmuskette registriert<br />
und summiert, so dass anschließend Werbung passend zum gewonnenen Profilbild<br />
während der Internetnutzung angezeigt wird. Bei einem Internetuser, der sich<br />
beispielsweise viel auf Auto-Websites aufhält, geht man davon aus, dass er sich<br />
für Autos interessiert. Auf Grund dieses Surfverhaltens werden dem Kunden später<br />
Werbeanzeigen von Automobilherstellern oder anderen autorelevanten Produkten<br />
auch in autofremden Umfeldern angezeigt.<br />
Daten aus Umfragen oder Marktforschungen werden gleichzeitig zur Unterstützung<br />
hinzugezogen. Dazu zählen Erhebungen wie die der Arbeitsgemeinschaft<br />
Onlineforschung e.V. (AGOF) und Nielsen Net-Ratings; oder auch klassische<br />
Marktforschungen, die auf den Onlinebereich übertragen und angepasst werden.<br />
Behavioural Targeting bedeutet demnach mehr Relevanz der Werbung für den Nutzer<br />
durch Ausrichtung auf seine Interessen. Durch die spätere Schaltung der Werbung<br />
im themenfremden Umfeld ist zu hinterfragen, ob die geringere Relevanz in der<br />
aktuellen Nutzungssituation für das jeweilige Produkt und Werbeziel ausreicht.<br />
Auch datenschutzrechtliche Aspekte sind hier zu beachten, um den Schutz<br />
personenbezogener Daten sicherzustellen.<br />
Die zeitliche Komponente spielt in diesem Fall eine entscheidende Rolle. Der User<br />
hat sich zwar für ein bestimmtes Thema interessiert, möglicherweise hat er sich<br />
jedoch kurze Zeit später für ein Produkt entschieden und dieses gekauft. Werbung,<br />
die ihm nach dem Kauf angezeigt wird, ist für diesen Endverbraucher nicht mehr<br />
relevant. Allerdings wird das „Verhalten“ von potentiellen Kunden weiterhin<br />
beobachtet und zusätzliche Interessen zu den Profilen hinzugefügt, so dass sich<br />
weitere Möglichkeiten ergeben können.<br />
Eine Variation des Behavioural Targetings ist das integrierte Targeting. Zu den<br />
Kriterien des Behavioural Targetings können Möglichkeiten aus anderen Bereichen<br />
hinzugefügt werden, so dass der richtige Mix für eine Kampagne gefunden wird.<br />
Unter anderem werden Aspekte wie Regionalität, soziodemografische Aspekte oder<br />
Interessen berücksichtigt. Ein Nachteil kann aus der Verwendung von zu vielen<br />
Daten entstehen. Entweder sind einige falsch oder ein Profil wird zu umfangreich,<br />
so dass während eines Kampagnenverlaufs Veränderungen vorgenommen werden<br />
müssen.<br />
Semantisches Targeting<br />
Bis dato konnte mittels wortbasiertem Targeting die Werbung zwar im Umfeld zu<br />
den vom Werbetreibenden gewünschten Keywords platziert werden, ohne jedoch<br />
den Sinnzusammenhang (Kontext) zu verstehen. Im Deutschen beispielsweise gibt<br />
es mehrere Bedeutungen für dieselben Wörter, zum Beispiel Schimmel – bezogen<br />
auf das Pferd oder den Pilzbefall bei Lebensmitteln. Von solchen Beispielen gibt es<br />
unzählbare und die Wahrscheinlichkeit, dass die Werbung in einem völlig anderen<br />
Bedeutungszusammenhang platziert wird als der Werbetreibende will, ist enorm<br />
hoch.<br />
Behavioural<br />
Targeting<br />
berücksichtigt<br />
die aktuellen<br />
Interessen der<br />
Nutzer<br />
331
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
332<br />
Semantisches<br />
Targeting<br />
kann ganze<br />
Textpassagen<br />
inhaltlich<br />
erfassen<br />
So wird mit Contextual Targeting häufig Werbung für Last-Minute-Reisen technisch<br />
korrekt neben Berichten über Naturkatastrophen in Urlaubsorten platziert – inhaltlich<br />
daher völlig unpassend. Solche markenschädigenden Platzierungsfehler kommen<br />
regelmäßig, auch mit klassischer Planung, selbst auf Premium-Websites vor. Eine<br />
Autowerbung, die neben einem Artikel über Sicherheitsmängel, Stau oder gar<br />
Autounfälle platziert wird, verursacht höchstwahrscheinlich mehr Schaden als<br />
Nutzen für die Marke.<br />
Durch das weiterhin starke Wachstum der Internetnutzung und die ununterbrochene<br />
Produktion von neuen Website-Inhalten wird ein spezielles Filtern der Seiten und<br />
deren Content immer notwendiger. Täglich entstehen unzählige Meldungen, inklusive<br />
vieler Negativschlagzeilen, deren Inhalte unmöglich auf die Schnelle zu erfassen<br />
sind. Daher sind im Netz Fehlplatzierungen von Werbebannern in Themenumfeldern,<br />
die für die beworbene Marke irrelevant oder schädigend sind, an der Tagesordnung.<br />
Ein Beispiel für Negativschlagzeilen ist das Thema „Fliegen“. Nicht nur in den<br />
TV-Nachrichten haben Berichte zu diesem Thema eine große Präsenz, sondern<br />
auch im Internet. Prominente Beispiele für diese Art der Berichterstattung sind:<br />
das Aussetzen des Flugverkehrs in Europa durch die Aschewolke des isländischen<br />
Vulkans Eyjafjalla oder Flugzeugabstürze, wie der des polnischen Präsidenten in<br />
Smolensk.<br />
Die Werbung einer Fluggesellschaft oder anderer Werbetreibender aus der<br />
Reisebranche wie Hotelketten wird daher neben einer solchen Katastrophenmeldung<br />
einen kontraproduktiven Effekt haben. Denn wer bucht schon einen Flug oder<br />
plant eine Reise, wenn er gleichzeitig von einem Flugzeugunglück liest? Für<br />
Werbetreibende ist es daher wichtig, die geeignete Zielgruppe zu erreichen, ohne<br />
dass Anzeigen in derlei kontroversen Umfeldern erscheinen. Es gilt hier, die Begriffe<br />
und Inhalte zu identifizieren, die durch diese Vorfälle negativ aufgeladen sind.<br />
Die Lösung dieser Problematik bietet das sogenannte semantische Targeting.<br />
Im Vergleich zum wortbasierten Targeting sucht dieses Verfahren nicht nur nach<br />
einzelnen Keywords, sondern analysiert in Sekundenbruchteilen den ganzen<br />
sichtbaren redaktionellen Text einer Webpage. Dabei werden Schwerpunktthemen<br />
berücksichtigt und passende Kampagnen nur bei Relevanz eingeblendet.<br />
Die Methode des semantischen Targetings ist ein kontinuierliches Projekt, da<br />
sich die Sprache stets verändert. Es werden immer neue Kategorien inklusive<br />
Bezugswörtern und Bedeutungen von Sprachwissenschaftlern rund um den<br />
Globus in eine Datenbank eingegeben. Doch nicht nur einzelne Wörter sind für<br />
das Erkennen von Themenumfeldern relevant. Auch weitere Wortbedeutungen,<br />
Synonyme, Metaphern, Sprichworte und Redewendungen werden mit linguistischer<br />
Expertise zusammenführt. Durch die ständige Weiterentwicklung und Erweiterung<br />
wird die Technologie für immer mehr Werbetreibende verfügbar gemacht. Im Detail<br />
bedeutet das, dass Werbekampagnen nicht nur in offensichtlichen Umfeldern platziert<br />
werden.<br />
Für einen Werbetreibenden zum Beispiel aus der Reisebranche wird die Werbung<br />
somit nicht nur auf Internetseiten mit dem Thema Tourismus platziert. Durch<br />
die exakte Analyse des ganzen Inhalts werden auch relevante Webpages in den<br />
Bereichen Freizeit, Hobby, Unterhaltung und News- und Special-Interest-Portale
angesteuert. Das heißt, dass nur optimale Platzierungen, auch im sogenannten<br />
Long Tail, gewährleistet werden. Zusätzlich wird eine Kampagne kontinuierlich<br />
beobachtet, so dass sie auf täglicher Basis optimiert werden kann. Dabei werden<br />
diejenigen Themenkategorien von der Auslieferung ausgeschlossen, die keine<br />
optimale Performance erzielen.<br />
Semantisches Targeting bedeutet näher an den Bedürfnissen der Mediaentscheider<br />
zu sein als konventionelle Targeting-Technologien. Durch das exakte inhaltliche<br />
Verständnis jeder Webpage filtert semantisches Targeting für jeden Werbetreibenden<br />
nur die Top-Platzierungen heraus und umschifft markenindividuell kritische<br />
Umfelder. Auch für den User wird die Werbung relevanter, denn er erhält sie exakt<br />
zum Zeitpunkt seiner Beschäftigung mit dem jeweiligen Thema.<br />
Targeting liegt auf alle Fälle im Trend und hat, wenn es richtig gewählt ist, das<br />
Potenzial, die Zielgruppenansprache nahezu jeder Kampagne zu optimieren. Wichtig<br />
ist jedoch, dass eine Kampagne ihr passendes Werkzeug erhält. Noch verhalten sich<br />
Agenturen und Werbekunden zögerlich. Dies zeigt eine Umfrage, die die Internet<br />
World Business und ad pepper media bei 511 Mediaentscheidern durchgeführt<br />
haben. Im Vergleich zu den Jahren davor hat der Einsatz von Targeting zwar<br />
insgesamt zugenommen; die Tatsache, dass die verwendeten Technologien sehr<br />
verschiedenartig sind, weist jedoch daraufhin, dass Targeting immer noch nicht<br />
hinreichend erklärt worden ist. Onlinewerbung wird jedoch durch Targeting um ein<br />
Vielfaches effizienter werden, wobei insbesondere semantisches Targeting in der<br />
Zukunft eine entscheidende Rolle spielen wird.<br />
Abb. 1: Beispiel iSense Category Tree<br />
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
Onlinewerbung<br />
wird jedoch<br />
durch Targeting<br />
um ein Vielfaches<br />
effizienter<br />
werden<br />
333
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
334<br />
Ziel ist es, den User genau dann mit der Werbung anzusprechen, wenn er<br />
sich mit dem jeweiligen Thema beschäftigt. Dies unterscheidet semantisches<br />
Targeting von Behavioural Targeting, wo auf Grund des Onlineverhaltens eine<br />
zeitversetze Einblendung der Werbemaßnahmen erfolgt. Somit wird das Risiko<br />
der zwischenzeitlichen Irrelevanz umgangen. Im Vergleich zum Channel werden<br />
beim semantischen Targeting gemeinsam mit dem Werbetreibenden sehr präzise<br />
Themenumfelder festgelegt, in denen die Werbeschaltungen durchgeführt werden<br />
sollen. Beim Channel hingegen wird ein übergreifendes Thema angesteuert, das<br />
Targeting ist damit grober.<br />
Entwicklung des semantischen Targetings<br />
Die semantische Targeting-Technologie ist das Ergebnis eines zwölfjährigen<br />
linguistischen und technischen Forschungs- und Entwicklungsaufwands unter<br />
der Leitung von Prof. Dr. David Crystal. Dieser ist einer der bedeutendsten<br />
Sprachwissenschaftler der Welt. Er verfolgt das Ziel, sich von bestehenden Targeting-<br />
Systemen erfolgreich und dauerhaft abzugrenzen und einen entscheidenden<br />
Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Werbetreibende, die semantisches Targeting nutzen,<br />
profitieren von verschiedenen Vorteilen, die sowohl für aktuelle Kampagnen als auch<br />
für spätere Werbemaßnahmen Erfolg versprechen.<br />
Prof. Dr. David Crystal<br />
• Renommierter internationaler Linguist<br />
• Autor, Herausgeber, Dozent und Rundfunk-<br />
sprecher<br />
• Herausgeber und Autor der Cambridge<br />
Encyclopedia of Language und The Penguin<br />
Encyclopedia<br />
• Für seine sprachlichen Verdienste wurde er<br />
1995 zum Ritter geschlagen<br />
• Führender Experte für Sprache im Internet<br />
• Semantische Targeting-Technologie wurde<br />
mit Preisen wie dem International Festival<br />
of Media Awards ausgezeichnet<br />
Präzise thematische Steuerung<br />
Der Werbetreibende hat die Möglichkeit, thematische Kategorien festzulegen, die<br />
nach zahlreichen Unterbereichen spezifiziert und somit extrem spitz gewählt und<br />
kombiniert werden können. Das Thema „Auto” kann beispielsweise auf die Ebenen<br />
„Zubehör” oder „Reifen” heruntergebrochen werden. Der Werbetreibende erhält<br />
die Garantie, dass seine Anzeigen nur in den gewünschten Umfeldern ausgeliefert<br />
werden.<br />
Diese Differenzierung ist zum Beispiel für einen Reifenhändler entscheidend, da<br />
er von einer gesteigerten Wahrnehmung ausgehen kann, werden seine Anzeigen in
speziellen „Reifen“-Umfeldern angezeigt. Anstelle der groben Belegung einzelner<br />
Websites, Keywords oder Rubriken selektiert die Methode des semantischen<br />
Targetings einzelne, thematisch exakt passende Webpages im semantischen<br />
Network. Konkret bedeutet das, wenn ein Endverbraucher sich über den Erwerb<br />
von „Reifen“ erkundigt, werden ihm passende Angebote dazu gemacht. Somit<br />
entstehen kaum Streuverluste und der Konsument erhält die Werbebotschaft exakt<br />
zum Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem entsprechenden Thema.<br />
Komplettbesetzung des gewünschten Themas<br />
Ein weiterer Vorteil ist die Komplettbesetzung eines Themas. Die semantische<br />
Targeting-Technologie selektiert und bündelt verschiedene relevante Umfelder.<br />
So muss der Werbetreibende sich nicht allein auf spezialisierte Websites<br />
konzentrieren, sondern erreicht alle für das Thema relevanten Webpages; dazu<br />
gehören Nachrichtensites genauso wie General-Interest-Portale. Das bedeutet, dass<br />
ebenso Bereiche im Netz angesteuert werden, die für den Werbetreibenden nicht<br />
als offensichtliche Werbeplätze gelten (Long Tail). Durch diese Präzision werden<br />
Streuverluste reduziert und eine optimale Reichweite garantiert.<br />
Kennenlernen der Zielgruppe<br />
Durch die feinen Platzierungsmöglichkeiten und die Bündelung relevanter<br />
Themenumfelder ist eine exakte Analyse des Kampagnenverlaufs möglich. Der<br />
Werbetreibende erhält in regelmäßigen Abständen ein Reporting das zeigt, welche<br />
Themen, Kategorien und Umfelder besonders gut funktionieren. Natürlich wird auf<br />
Grundlage dieser Zwischenwerte die Kampagnensteuerung laufend optimiert. Der<br />
große Mehrwert für den Gebrauch des semantischen Targetings liegt darin, dass<br />
man seine Zielgruppe durch diese Berichte besser kennenlernt. Der Werbetreibende<br />
bekommt so die Information, auf welchen Portalen sich potentielle Neukunden<br />
aufhalten und wie die optimale Ansprache aussieht.<br />
Aufgrund dieser Schlussfolgerungen lassen sich zum einen Veränderungen bereits<br />
während eines Kampagnenverlaufs vornehmen. Diese können gegebenfalls optimiert<br />
werden, indem schlecht performende Themenkategorien gestrichen werden. Zum<br />
anderen können die gewonnenen Daten über Zielgruppen für künftige Kampagnen<br />
verwendet werden, um diese besser und effektiver zu planen und Kampagnenerfolge<br />
langfristig zu sichern.<br />
Markenschutz<br />
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
Da die semantische Targeting-Technologie nicht nur nach Keywords sucht, sondern<br />
den gesamten Text einer Webpage analysiert, geht der Werbetreibende negativen<br />
Platzierungen aus dem Weg. So wird dem Ansehen einer Marke nicht geschadet.<br />
Kritische Umfelder werden nämlich in Sekundenbruchteilen identifiziert und sofort<br />
für die Werbeauslieferung blockiert.<br />
Veränderungen<br />
bereits während<br />
des Kampagnenverlaufs<br />
335
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
336<br />
So verhindert das semantische Targeting Werbeschaltungen auf Webpages, auf<br />
denen es um Alkohol, Drogen, Tabak, Sex, Nacktheit, Waffen, Gewalt oder extreme<br />
Ansichten geht. Auch Schaltungen im thematischen Umfeld von Glücksspiel und<br />
Peer-to-Peer lassen sich ausschließen. Die Werbung eines Musiklabels im Umfeld<br />
eines Artikels über Musiktauschbörsen wird so vermieden – oder, falls es das Ziel der<br />
Kampagne ist, natürlich auch konkret ausgewählt. Somit kann der Werbetreibende<br />
sich sicher sein, dass es keine markenschädigenden Schaltungen geben kann.<br />
Literatur<br />
Abb. 2: Beispiel Tripolis<br />
Crystal, David: Semantic targeting: past, present, and future. – In: Aslib Proceedings, 62<br />
(4/5): S. 355-365, Bangor, 2010.<br />
http://www.bvdw.org/media/download/bvdw--was-ist-targeting-dmexco-20090923.pdf?<br />
file=752 – Präsentation der Unit Targeting vom BVDW von der dmexco 2009<br />
http://david-crystal.blogspot.com/ – Blog von David Crystal<br />
http://www.zeit.de/digital/internet/2010-03/semantic-targeting-david-crystal – Interview<br />
mit David Crystal aus der Zeit.
Technisches Targeting<br />
Feinere Targeting-Methoden<br />
Torsten Engelken: Gezieltes Online-Advertising mit Targeting-Methoden<br />
Frequency-Capping Kontrollierte Auslieferung von Werbung<br />
pro Unique User nach Anzahl und<br />
Uhrzeit<br />
Uhrzeit- und Wochentag-Targeting Digitale Werbung innerhalb eines vorgegebenen<br />
Zeitraumes<br />
Bandbreiten-Targeting Auslieferung von Werbung an User nach<br />
Geschwindigkeit des Internetzuganges<br />
Geo/Regio-Targeting Platzierung von Werbemitteln in regionalen<br />
Zielgebieten anhand von IP-Adressen<br />
Browser-Targeting Kampagnenplatzierung nach dem Kriterium<br />
„Browsertyp”<br />
Betriebssystem-Targeting Platzierung von Werbung nach Ermittlung<br />
des Betriebssystems<br />
Traditioneller Channel Auslieferung von Werbung an Nutzer<br />
mit ausgewählten soziodemografischen<br />
Daten<br />
Keyword Targeting Platzierung von Werbemitteln anhand<br />
eines Suchwortes<br />
Contextual Targeting Einblendung von Werbung bei Übereinstimmung<br />
von definierten Wörtern auf<br />
Internetseiten<br />
Behavioural Targeting Platzierung von Werbung basierend auf<br />
dem Surfverhalten der User<br />
Semantisches Targeting Präzise Kampagnenplatzierung durch<br />
Erkennen des Kontextes von Websites<br />
337
338<br />
Geotargeting<br />
5<br />
– lokal gezielt trifft besser<br />
Ralf Walther<br />
Lokaler Bezug<br />
erregt die<br />
Aufmerksamkeit<br />
einer Zielgruppe<br />
Regionale<br />
Internetknoten<br />
verraten über<br />
ihre IP-Adresse<br />
den Standort<br />
So sehr uns auch das Internet durch seine Virtualität und Mobilität von der eigenen<br />
Örtlichkeit abkoppelt, so sind wir als Menschen stets dauerhaft mit Orten und<br />
Positionen verbunden. Wir wohnen in einer Stadt, wir wollen das Wetter der Region<br />
wissen oder wir interessieren uns für andere Länder; sei es als Reiseziel oder einfach<br />
nur weil uns die dortige Kultur wichtig ist. Damit ist klar, dass ein lokaler Bezug die<br />
Aufmerksamkeit einer Zielgruppe erregen kann, gleichgültig ob wir uns im Kontext<br />
von klassischer Print-Werbung oder uns auf Internetseiten bewegen.<br />
Streng genommen wurde und wird Geotargeting schon lange vor der kommerziellen<br />
Nutzung des Internets im klassischen Marketing eingesetzt. Die Ausrichtung von<br />
Marketingmaßnahmen durch lokale Informationen zeigt sich zum Beispiel bei den<br />
lokal unterschiedlichen Werbespots im Kabelfernsehen oder Zeitungsbeilagen. Mit<br />
den technischen Eigenschaften des Internets aber auch mit der mobilen Nutzung<br />
sind jedoch vollkommen neue Anwendungsfelder möglich geworden. Es ist daher<br />
legitim den Begriff des Geotargetings direkt mit Techniken und Abläufen innerhalb<br />
des Internets und seinen Diensten zu assoziieren.<br />
Was ist Geotargeting, Geolocation, IP-Location?<br />
Der Begriff Geotargeting wird oft unterschiedlich und teilweise auch falsch<br />
verwendet. Insbesondere die Abgrenzung zu den Begriffen Geolocation und IP-<br />
Location ist wichtig. In Abb. 1 werden die drei Begriffe in Kurzform definiert.<br />
Adressen und Orte – die Tücken von IP-Location<br />
In Abb. 2 sind grundlegende Eigenschaften der Internetkommunikation skizziert. Der<br />
Dienstanbieter und auch der Internetnutzer erhalten für die Kommunikation innerhalb<br />
des Internets von einem Internetprovider eine eindeutige Adresse (IP-Adresse)<br />
zugeteilt. Die Kommunikation findet dann über zahlreiche Internetknoten statt, die<br />
jeweils selbst über eine entsprechende IP-Adresse verfügen. Für alle beteiligten<br />
Aktoren sind in der Skizze Beispiele für lokale Eigenschaften angegeben. Schnell<br />
wird klar, dass es nicht den einen Ort gibt, der für die Internetkommunikation<br />
alleine entscheidend ist. Es ist viel mehr so, dass je nach Internetdienst durchaus<br />
unterschiedliche Ortsangaben für die Anpassung des Verhaltens und der Dienstinhalte<br />
relevant sind. Zudem ist die technische Begebenheit wichtig, dass die Internetadressen<br />
dem Provider zuzuordnen sind. Ohne zusätzliche Informationen kann also keine<br />
gesicherte Aussage über den exakten, realen Standort des Internetnutzers getroffen<br />
werden. Dadurch ergibt sich, dass eine lokale Aussteuerung von Internetdiensten<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ralf-Walther
immer je Anwendungsbereich auf die zu erwartende Genauigkeit abgestimmt<br />
werden muss.<br />
Abb. 1: Begriffserklärung Geotargeting, Geolocation, IP-Location<br />
Wenn die Bestimmung der geografischen Position einer Internetadresse oftmals<br />
die Basis für Geotargeting ist, sollte man die damit verbundenen Schwierigkeiten<br />
für den eigenen Anwendungsfall einzuschätzen wissen. Doch welche Quellen für<br />
örtliche Informationen gibt es? Und wie genau kann eine Ortsbestimmung via<br />
IP-Adresse überhaupt sein?<br />
Allgemein zugängliche Datenquellen<br />
Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
Geotargeting<br />
ist ein Prozess, in dem sich Internetdienste mittels Einbeziehung von geografischen<br />
Informationen unterschiedlicher Abstraktionsebenen über eine Zielgruppe, über einen Nutzer<br />
oder über Produkte auf den jeweiligen Anwendungsfall anpassen, um die Effizienz des<br />
Internetdienstes zu verbessern.<br />
Geolocation<br />
wird im Zusammenhang mit der Kommunikation zwischen Internetservern und Internetnutzern<br />
als der Prozess bezeichnet, der als Ergebnis eine möglichst genaue Ortsbestimmung des<br />
Internetnutzers liefert. Das Ergebnis von Geolocation ist oft die Basis für Geotargeting, muss<br />
aber nicht zwangsläufig die einzige Informationsquelle für erfolgreiches Geotargeting sein.<br />
IP-Location<br />
ist eine Technik, die für die IP-Adresse des Internetnutzers (eindeutige Internetadresse<br />
zum Zeitpunkt der Kommunikation) eine Einschätzung des geografischen Standorts des<br />
Internetnutzers liefert.<br />
Fazit<br />
Geotargeting ist die Verhaltensänderung des Internetdienstes durch lokale Informationen, die<br />
zum Beispiel auf der Position des Internetnutzers basieren. Die Bestimmung der Position ist<br />
Geolocation und kann unter anderem durch IP-Location durchgeführt werden. Dabei sollte<br />
nie vergessen werden, dass man die geografische Position des IP-Besitzers erhält und man<br />
nicht zwangsläufig sicher sein kann, welche Person tatsächlich gerade über diese Adresse<br />
kommuniziert.<br />
Zwei allgemein zugängliche Quellen sind zum Beispiel die für die Zuteilung von<br />
Internetadressen zuständige Non-Profit-Organisation Réseaux IP Européeans<br />
Network Coordination Centre, RIPE NCC, kurz RIPE genannt, und das Verzeichnis<br />
Deutsches Network Information Center, DENIC. Diese Organisationen verwalten die<br />
Internetadressen und deren Zuordnung zu Domainnamen. Die Provider verursachen<br />
also eine Unschärfe in der Zuordnung einzelner IP-Adressen zu gesicherten<br />
geografischen Position.<br />
Wie genau<br />
kann eine<br />
Ortsbestimmung<br />
via IP-Adresse<br />
überhaupt sein?<br />
339
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
340<br />
Abb. 2: Internetkommunikation, Beispiele für lokale Eigenschaften<br />
1. Interesse des Nutzers für eine lokale Information (Wetter, Tickets, Reiseziel),<br />
2. Standort des PCs/Standort des Internetnutzers,<br />
3. Geografische Position des Einwahlknotens des Providers (dynamisch),<br />
4. Geografische Position der Internetanbindung des Dienstanbieters,<br />
5. Standort des Unternehmens,<br />
6. Lieferbarkeit der Produkte (Radius),<br />
7. Filialstruktur und deren lokale Bedingungen.<br />
Der Effekt wird noch stärker, wenn die Provider extrem groß und die Einwahlknoten<br />
für große Regionen verwendet werden, wie zum Beispiel bei dem Provider America<br />
Online (AOL). Die Bestimmung einer sinnvoll verwendbaren Position ist bei AOL<br />
nur noch auf Länderebene berechenbar. Eine ähnlich schlechte Situation besteht für<br />
die Anwender des Mobile Internet, die sich via Smartphone oder USB-Surf-Stick<br />
in ein Mobilfunknetz einschalten und dort die Datendienste des Internets nutzen.<br />
Die dem Mobilfunkanbieter sehr wohl bekannte Information über die verwendeten<br />
Mobilfunkzellen ist nicht allgemein öffentlich verfügbar. Aus diesem Grund<br />
verschließt sich eine örtliche Bestimmung der Nutzer des mobilen Internets mittels<br />
Triangulation (Abb. 3).
Abb. 3: IP-Location: Probleme mit Proxy, großen Providern und Mobile Internet<br />
GPS-Smartphone & Co<br />
Die neue Smartphone-Generation, die mit GPS-Empfängern ausgerüstet ist,<br />
bietet eine oftmals sehr genaue Bestimmung der Position des Nutzers des Mobile<br />
Internets. Allerdings muss der Nutzer die Freigabe dieser Information explizit<br />
erlauben. Anwendungen, wie sie zum Beispiel auf dem iPhone existieren, können<br />
dann die GPS-Positionen verwenden, um die nächste Pizzeria oder den Namen des<br />
gerade sichtbaren Sternbildes anzuzeigen. Ein allgemein standardisierter Zugriff<br />
der mobilen Browser auf die GPS-Position ist geplant (HTML5) aber bisher nicht<br />
etabliert. Proprietäre Speziallösungen existieren zum Beispiel bei Blackberry<br />
(JavaScript Location-API) oder für den Mozilla Firefox (Geolocation API).<br />
Abb. 4: Anforderungen an IP-Location-Dienste<br />
Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
Fazit Qualität von IP-Location<br />
Anbieter von Lösungen, die alleine auf eine Datenquelle (RIPE, DNS) basieren, können nur sehr<br />
ungenaue Qualität bei der Ortsbestimmung liefern. Erst wenn der Anbieter mehrere Quellen<br />
kombiniert und dann auch noch ein System vorweisen kann, mit dem die Daten immer wieder<br />
validiert werden, kann eine deutliche Verbesserung erreicht werden.<br />
Anforderungen IP-Location<br />
100 Prozent Abdeckung:<br />
Der IP-Location-Anbieter sollte für jede IP-Adresse eine Ortsangabe und einen Konfidenzwert<br />
als Ergebnis liefern. Die Online-Marketing-Anwendung kann dann bei nicht ausreichender<br />
Verlässlichkeit immer noch entscheiden, ob sie die Ortsangabe für die Werbemaßnahme verwirft<br />
und doch lieber eine andere Strategie verwendet.<br />
Mehr als 70 Prozent Genauigkeit:<br />
Für den deutschsprachigen Raum (DACH) sollte ein IP-Location-Anbieter für mehr als 70<br />
Prozent aller Anfragen eine Ortsangabe machen, die auf 50 Kilometer genau den tatsächlichen<br />
Standort angibt.<br />
Smartphones mit<br />
GPS-Empfängern<br />
erlauben exakte<br />
Lokalisierung<br />
341
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Lokal angepasste<br />
Werbebotschaften<br />
bieten<br />
höhere Klick- und<br />
Konversionsraten<br />
342<br />
Anwendungsfelder Geotargeting<br />
Die Anwendungsbereiche von Geotargeting sind vielfältig. Die folgende Aufzählung<br />
gibt einen Einblick in die breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten.<br />
Online-Advertising<br />
Das lokale Aussteuern von Werbeeinblendungen ist das Hauptanwendungsfeld des<br />
Geotargetings. Der lokale Kontext wird entweder durch Geolocation ermittelt oder<br />
durch Interaktion mit dem Nutzer beziehungsweise mit dem Internetportal geliefert.<br />
Das Ziel ist Vermittlung einer lokal angepassten Werbebotschaft, die höhere Klick-<br />
und Konversionsraten erzielt.<br />
E-Mail-Marketing<br />
Die Auswahl der Adressaten im E-Mail-Marketing erfolgt anhand von Eigenschaften,<br />
die zu der E-Mail-Adresse bekannt sind oder angenommen werden können. Dazu<br />
gehören zum Beispiel Alter, Geschlecht und eventuell bekannte Interessen. Mittels<br />
Geotargeting können dann auch geografische Kriterien (Land, Bundesland, Stadt)<br />
ausgewählt und für die lokale Aussteuerung verwendet werden. Der Effekt ist eine<br />
deutlich höhere Öffnungs- und Klickrate der E-Mails.<br />
Online-Analytics<br />
Durch Geolocation können die Besucher von Webseiten oder Online-Diensten nach<br />
geografischen Eigenschaften klassifiziert werden. Es ergeben sich dadurch eventuell<br />
Erkenntnisse auf geografischer Ebene, die direkt zur Optimierung der Webseiten<br />
verwendet werden können.<br />
Content-Localization<br />
Mittels Geolocation wird die Herkunft der Besucher eingeschätzt, um die Webinhalte<br />
entsprechend der Sprache, Währung oder auch länderspezifischer Versandkosten<br />
anzupassen. Durch Interaktion mit dem Nutzer kann die korrekte Einstellung zu<br />
einhundert Prozent garantiert werden.<br />
Fraud-Detection<br />
Geotargeting kann im Zusammenhang mit der Nutzung von Internetdiensten auch<br />
für die Betrugserkennung nützlich sein. Im Rahmen der korrekten Verwendung des<br />
Dienstes werden Nutzungsprofile angelegt. Diese Profile können in Kombination<br />
mit Geolocation wichtige Hinweise auf eine betrügerische Nutzung liefern.<br />
Lizenzmanagement<br />
Mittels Geotargeting können lokal geltende Vorschriften oder Lizenzbestimmungen<br />
aufrecht erhalten werden, welche Zugriffe aus unterschiedlichen Ländern<br />
differenziert behandeln möchten. Ähnlich den Veröffentlichungskanälen im<br />
Kabelfernsehen, die lokal unterschiedliche Inhalte verbreiten, kann ein Internetservice<br />
für Veröffentlichungen Lizenzen je Land erwerben und dies via Geotargeting<br />
sicherstellen.<br />
Geotagging für die Suchmaschinen-Optimierung (SEO)<br />
Geolocation als Bestandteil des Geotargetings kann auch für die Optimierung<br />
der eigenen Webseiten verwendet werden. Die Suchmaschinen haben längst die<br />
Darstellung der Suchergebnisse mit explizit lokalem Anteil ergänzt (siehe google.de).<br />
Mit der Angabe von Geo-Tags innerhalb von Webseiten, kann den Suchmaschinen<br />
signalisiert werden, welchen geografischen Kontext die Inhalte haben. Der lokale
Kontext einer Suchanfrage, zum Beispiel „Schreiner Konstanz“, kann als zusätzliche<br />
Eigenschaft für die Zusammenstellung des Suchergebnisses verwendet werden.<br />
Höhere Genauigkeit durch intelligente Datenanalyse<br />
Die hohe Unsicherheit bei Einschätzungen einzelner Informationsquellen ist<br />
offensichtlich vorhanden. Es stellt sich daher die Frage, wie bei der Auswahl eines<br />
Geotargeting-Dienstes oder eines Datenanbieters die Spreu vom Weizen getrennt<br />
werden kann? Die Antwort ist so ernüchternd, wie unausweichlich: Solange sich<br />
ein Anbieter nur auf eine Datenquelle stützt, wird er die erforderlichen Kriterien<br />
nicht erfüllen können. Natürlich ist die Auswahl eines Geotargeting-Dienstes immer<br />
auch von der Anwendung abhängig. Eine Sprach- und Währungssteuerung eines<br />
Internetshops kann mit einer geringeren Genauigkeit auskommen, als zum Beispiel<br />
die Anzeige von Konzertkarten der Umgebung. Das Ziel sollte aber sein, den lokalen<br />
Kontext für die Aussteuerung von Werbemitteln verwenden zu können; ein Kontext<br />
auf Länderebene ist dann nicht ausreichend.<br />
Um Sicherheit in der Einschätzung der Qualität zu erhalten, wurden innerhalb einer<br />
Projektgruppe zahlreiche IP-Location-Datenbanken analysiert. Da diese zumeist von<br />
amerikanischen Unternehmen angeboten und die Daten weltweit erhoben werden,<br />
genügen die einzelnen IP-Location-Datenbanken nicht den geforderten Kriterien für<br />
den deutschsprachigen Raum (DACH). Leider entspricht die Güte auch nicht den<br />
Marketingversprechungen der jeweiligen Anbieter und die in Abb. 5 aufgeführten<br />
Beispiele verdeutlichen die systematischen Fehlerquellen, die in Einzelfällen sogar<br />
ein Geotargeting auf Länderebene fraglich erscheinen lassen.<br />
Die Lösung dieses Dilemmas liegt in dem unausweichlichen Schritt, zahlreiche<br />
Informationsquellen intelligent miteinander zu verknüpfen.<br />
Doch was bedeutet intelligente Datenanalyse im Zusammenhang mit Geotargeting?<br />
Effektives Geotargeting in der Onlinewerbung verknüpft intelligent die vorhandenen<br />
Informationsquellen, um eine optimierte Klickrate und Konversion zu realisieren.<br />
Als Datenquelle dienen die Informationen aus Geolocation, Kundeninteraktion und<br />
trainierten Erfahrungswerten. Dabei sind insbesondere folgende Vorgehensweisen<br />
wichtig:<br />
• Kombination von verschiedenen Quellen in einem Bewertungsmechanismus.<br />
• Nutzung von direkt vom Nutzer formulierten zusätzlichen Informationen.<br />
• Möglichkeit einer Rückmeldung zur Korrektur von ungenauen Ortsangaben.<br />
Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
Die Basis eines professionellen Geotargeting-Systems ist zumeist eine Geolocation-<br />
Strategie, die aus einer Kombination aus mehreren IP-Location-Datenbanken<br />
besteht.<br />
Die einzelnen IP-Location-Datenbanken haben meistens Schwerpunkte und damit<br />
verknüpft Stärken und Schwächen. Eine Kombination aus mehreren Datenbanken<br />
kann Schwächen ausgleichen und die Qualität steigern.<br />
Anzeige von<br />
Konzertkarten<br />
der Umgebung<br />
343
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
344<br />
Das Salz in der<br />
Geotargeting-<br />
Suppe<br />
Geolocation Fehlerbeschreibung<br />
213.252.153,210 Braunschweig Datenverfügbarkeit für Deutschland<br />
Viele liefern „Brunswick“ als Stadtname,<br />
Häufig fehlen die PLZ-Angaben<br />
129.143.4.67 www.proxy3.belwue.de<br />
Baden-Württemberg<br />
139.139.67.70<br />
Kaiserslautern<br />
82.113.106.145<br />
O2 Mobilfunk/Surfstick<br />
62.206.57.16 München<br />
62.206.57.152 Freiburg<br />
62.206.57.162 Köln 62.206.57.176<br />
Berlin 62.206.57.184 Hannover<br />
62.206.57.192 Dinslaken<br />
Abb. 5: Systematische Fehler der IP-Location-Anbieter<br />
Direkte Nutzerinformationen sind sehr wertvoll<br />
Konfidenz fehlerhaft<br />
Alle Schulen aus Baden-Württemberg verwenden<br />
diesen Proxy und werden teilweise mit sehr hoher<br />
Konfidenz als Stuttgart eingeschätzt.<br />
Fehler auf Landesebene<br />
Für den Server des amerikanischen Militärs wird das<br />
Land USA ermittelt, obwohl der Realname schnell<br />
den richtigen Standort verrät<br />
– lsg.kaiserslautern. army.mil<br />
Erkennbarkeit von nicht einschätzbaren<br />
Adressen<br />
Obwohl diese Adresse eindeutig deutschlandweit<br />
zum Einsatz kommt, wird mit hoher Konfidenz eine<br />
Stadt geliefert.<br />
Nicht zuordenbare Adressen müssen erkennbar sein.<br />
Fehler in Auflösungstiefe<br />
Viele ordnen den ganzen Adressbereich 62.206.57.0-<br />
255 einer einzigen Stadt zu.<br />
Zusätzlich dazu werden Ortsinformationen verarbeitet, die direkt oder indirekt<br />
vom Nutzer mitgeteilt werden. Diese sind besonders hochwertig und zielführend<br />
– sie sind das Salz in der Geotargeting-Suppe. Warum die IP-Position des Providers<br />
bewerten, wenn der Nutzer direkt mitteilt, dass ihn das Wetter für die PLZ 78467<br />
interessiert? Hat er dies erst einmal mitgeteilt, kann von den Werbenetzwerken<br />
aktiv lokal ausgesteuerte Werbung angefordert werden, da dadurch eine höhere<br />
Klickrate respektive Konversion zu erwarten ist.<br />
Die Nutzer teilen oft auch indirekt eine Affinität zu einem Ort mit. Dies äußert sich<br />
zum Beispiel in dem Besuch eines Forums, welches explizit einem geografischen<br />
Raum zugeordnet werden kann. Ein aktuelles Beispiel ist das das Community-Portal<br />
www.lakeparty.de, welches explizit Personen aus dem Bodenseeraum anspricht.
Abb. 6: Schnellübersicht – Wie kann ich Geotargeting nutzen?<br />
Geotargeting im Online-Advertising<br />
Die Anbieter von Geotargeting überbieten sich in der Genauigkeit der Ortsbestimmung<br />
und in der Konstruktion von Anwendungsbeispielen. Sehr häufig<br />
findet sich Geotargeting als eine Teilfunktionalität in Ad-Servern wieder. Es wird<br />
dann eine Genauigkeit größer als achtzig Prozent und eine genaue Lokalisierung auf<br />
Stadtebene versprochen. Die Anbieter haben mit denselben technischen Bedingungen<br />
zu kämpfen und verlassen sich zumeist auf eine einzige amerikanische IP-Location-<br />
Datenbank. Dem denkenden Leser sei der selbständige Schluss erlaubt, was von den<br />
Versprechungen zu halten ist. In der Tat sind lokalisierte Marketing-Maßnahmen<br />
extrem wirksam, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Was gibt es also zu<br />
beachten?<br />
Geotargeting geht nicht mit allen Produkten<br />
Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
Wie kann ich Geotargeting nutzen?<br />
Geotargeting aus der Sicht des Advertisers und des Publishers<br />
Sowohl als Advertiser, als auch als Publisher gibt es im Online-Marketing zahlreiche Optionen<br />
für Geotargeting. Zumeist als Zusatzoption verfügbar, werden entweder die eigenen Werbemittel<br />
nur für regional gebuchte Zielgruppen angezeigt, oder die Publisher können angeben,<br />
welche regionalen Kontexte für die Werbung gelten sollen. Im Bereich der produktbasierten<br />
Werbeformen kommt Geotargeting insbesondere dann zum Einsatz, wenn die Produkte eine sehr<br />
deutliche lokale Affinität besitzen, wie zum Beispiel Immobilien, Konzertkarten und Tickets.<br />
Geotargeting aus der Sicht des Webmasters<br />
Die Anbieter für IP-Location-Datenbanken bieten ihre Daten oft in abgestuftem Umfang und<br />
Genauigkeit an. Häufig sind die IP-Daten auf Länderebene frei verfügbar und können sehr<br />
gut für die Steuerung von Webauftritten verwendet werden (Auswahl von Sprache, Währung<br />
oder länderspezifischen Produktsortimenten).<br />
Geotargeting aus Sicht des Systemintegrators<br />
Die kommerziell verfügbaren IP-Datenbanken haben Stärken und Schwächen, je nachdem<br />
aus welchen Quellen und mit welchen geografischen Schwerpunkten sie erstellt wurden.<br />
Systemanbieter, die professionelles Geotargeting anbieten, kombinieren ihrerseits mehrere<br />
Quelldatenbanken, um die Gesamtqualität zu erhöhen. Viele Anbieter von IP-Location-Diensten<br />
bieten Volumentarife für die Anfrage einer IP-Adresse an. Je nach Anbieter werden im Ergebnis<br />
der Anfrage auch Konfidenzen bezüglich der Einschätzungsqualität mit zurückgeliefert.<br />
Insbesondere das Produkt oder die Dienstleistung muss zur Zielgruppe und zur<br />
Targeting-Form passen. Diese banale Selbstverständlichkeit geht im Rahmen der<br />
Mediaplanung gerne unter. Ein Bäcker inseriert lieber im Lokalteil der örtlichen<br />
Tageszeitung oder im lokalen Bereich der Onlineversion der Tageszeitung, als eine<br />
Marketing-Kampagne mit Geotargeting zu steuern. Wer fährt sonntags schon gerne<br />
vierzig Kilometer zum Bäcker und viel wichtiger: Wer macht seine Kaufentscheidung<br />
Produkt oder die<br />
Dienstleistung<br />
muss zur<br />
Zielgruppe und<br />
zur Targeting-<br />
Form passen<br />
345
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
346<br />
Orte in der<br />
Umgebung<br />
einbeziehen<br />
bei Brötchen von Internetwerbung abhängig? Anders sieht das aus, wenn der Bäcker<br />
einen Sonntagslieferservice für einen achtzig Kilometer-Radius anbieten kann, weil<br />
die Filialstruktur das zulässt.<br />
Besonders schlagkräftig kann Geotargeting innerhalb eines dynamischen Werbemittels<br />
eingesetzt werden, welches seine Inhalte zur Laufzeit für jeden einzelnen Aufruf neu<br />
kombinieren kann. In Folge wird immer genau dann ein lokaler Bezug zu einem<br />
Produkt hergestellt, wenn sich das Produkt besonders gut für Geotargeting eignet<br />
und damit auch eine entsprechend hohe Konversion verspricht.<br />
Ein Ort – mehrere Bedeutungen<br />
Das Ergebnis von Geolocation im Geotargeting ist eigentlich als Wahrscheinlichkeit<br />
zu betrachten. Daher sollte man nicht nur eine Position auf unterschiedlichen Ebenen<br />
für das Geotargeting heranziehen (Land, Bundesland, Stadt, PLZ). Abhängig vom<br />
Werbemittel und der darin enthaltenen Werbebotschaft (Produktsortiment) sollten<br />
auch die umliegenden Orte und Regionen berücksichtigt werden. Die Ungenauigkeit<br />
der Ortsbestimmung kann dann im Rahmen des Geotargeting in einen Vorteil<br />
umgewandelt werden (siehe Beispielbanner Abb. 7).<br />
Beispiel: 217.91.97.179 Konstanz<br />
Land (Deutschland)<br />
Steuerung der Sprache innerhalb von internationalen Werbemitteln<br />
Bundesland (Baden-Württemberg)<br />
Anzeige von Parteienwerbung zur Landtagswahl 2011<br />
Region (Bodensee)<br />
Anzeige von Konzertkarten benachbarter Städte<br />
Singen, Zürich, Friedrichshafen, Ulm<br />
Stadt (Konstanz)<br />
Anzeige von Immobilienangeboten des Landkreis Konstanz<br />
Abb. 7: Geotargeting in dynamischen Werbemitteln mit Umkreissuche
Wie gut wirken Werbemittel mit lokalem Kontext?<br />
Ralf Walther: Geotargeting – lokal gezielt trifft besser<br />
Die Bewertung von Werbemitteln mit lokalem Kontext stellt sich relativ einfach<br />
dar. Aufgrund der technischen Messbarkeit, können die Effekte im Rahmen von<br />
echten Blindtests in Erfahrung gebracht werden. Zum Beispiel werden beliebige<br />
Produkte innerhalb eines Werbemittels mit einem lokalen Kontext angereichert,<br />
wie „DVD-Player nach Konstanz gratis liefern lassen“. Die Klickrate im Vergleich<br />
zur Testgruppe kann dann bis zu zwanzig bis vierzig Prozent höher sein und dies<br />
ist auf einem relativ breiten Produktspektrum möglich.<br />
Unschlagbar ist Geotargeting jedoch bei Produkten und Dienstleistungen, die einen<br />
direkten lokalen Bezug aufweisen:<br />
• Autoanzeigen,<br />
• Immobilien,<br />
• Dating-Agenturen,<br />
• Konzertkarten,<br />
• lokal abhängige Dienstleistungsverträge (VDSL, Kabel),<br />
• Produkte mit lokaler Lieferbarkeit.<br />
Steigerungsraten von bis zu 250 Prozent sind möglich. Der Geo-Kontext kann<br />
beispielsweise dazu führen, dass nur lokal verfügbare Kabelnetzbetreiber inklusive<br />
der lokalen Ansprechpartner anzeigt werden. Anhand der Geolocation und der<br />
Information über den Provider des Internetnutzers kann ein Konkurrent des Providers<br />
seine Anzeige sogar entsprechend aussteuern. Der Konfidenzwert bezüglich der<br />
Ortseinschätzung kann innerhalb eines dynamischen Werbemittels auch direkt aktiv<br />
verwendet werden. Es wird entweder ein örtlich sehr eingeschränktes Banner auf<br />
Stadtebene oder eines mit Bezug auf das Bundesland angezeigt. Das ist Geotargeting<br />
in Reinform.<br />
Abb. 8: Dienstleistung mit direktem lokalen Bezug<br />
Fazit Geotargeting im Online-Advertising<br />
Geolocation alleine ist nicht ausreichend, um effektives Geotargeting im Online-<br />
Advertising zu realisieren. Die intelligente Verknüpfung mehrerer Informationsquellen<br />
ist zwingend erforderlich.<br />
Geotargeting verbessert die Klickrate und die Konversion zwanzig bis vierzig<br />
Prozent je nach Produktsortiment, wenn die Produkte mit einem lokalen Kontext<br />
ausgesteuert werden.<br />
Die Effekte des Geotargeting sind besonders stark und können Steigerungen von bis<br />
zu 250 Prozent ausmachen, wenn die Produkte einen ausgewiesenen lokalen Bezug<br />
besitzen (Gebrauchtwagen, Immobilien).<br />
Zwanzig bis<br />
vierzig Prozent<br />
höhere Klickrate<br />
durch<br />
eingeblendete<br />
Ortsnamen<br />
347
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
348<br />
Literatur<br />
Parekh et al.: Systems and methods for determining collecting and using geographic<br />
locations of internet users. – US Patent 6,757,740, Mrz. 2000.<br />
Huffman et al., National Security Agency: Method for geolocating logical network<br />
addresses. – US Patent 6,947,978, Dez. 2000.<br />
Anderson et al.: Method and apparatus for estimating a geographic location of a<br />
networked entity. – US Patent 6,684,250,, Apr. 2001.
CRM meets Targeting<br />
5<br />
Jürgen Seitz<br />
Seit geraumer Zeit verzeichnen die klassischen Werbeformen des Direktmarketings<br />
wie Direct Mail sinkende Budgets, während die Ausgaben für Onlinewerbung<br />
kontinuierlich steigen. Hintergrund ist nicht nur ein kostenbedingter Wechsel<br />
der Kommunikationskanäle. Vor allem wird E-Mail zum Leitmedium der<br />
digitalen Kommunikation und verdrängt die klassische Direct Mail zunehmend in<br />
spezifische Nischen. Denn obwohl Direct Mail im Multichannel-Konzept weiterhin<br />
von Bedeutung sein wird, kann man davon ausgehen, dass die Digitalisierung<br />
nun auch im Direkt- und Dialogmarketing voranschreitet. Diese wird zunächst<br />
von technologischen Trends wie breit verfügbarer fest installierter und mobiler<br />
Breitband-Anbindung und dem Tablet-PC-Boom getrieben, aber auch gesetzlichen<br />
Initiativen wie der De-Mail. Nach der Digitalisierung der Medienformate Musik,<br />
Film und Buch folgt jetzt die Digitalisierungsphase der Medien im Dialogmarketing:<br />
Brief, Kundenzeitschriften, Beileger, Prospekte und Kataloge werden in Zukunft<br />
mehrheitlich digital ausgeliefert.<br />
Kunden wünschen Dialog mit Mehrwert<br />
Zwar führt dieser Wechsel auf einen neuen Kanal zu Kosteneinsparungen. Es<br />
besteht jedoch die Gefahr, dass eine einseitige Fokussierung auf möglichst günstige<br />
Kommunikationskanäle eine Wertvernichtung herbeiführt. „Billiges Online-Marketing“<br />
in Form von Spam, hochfrequentierte Penetration ohne Kontaktklassenbetrachtung<br />
und One-Shot-Kampagnen in beliebigen Umfeldern ohne Dialogcharakter<br />
sorgen für Ablehnung bei den Nutzern. Die Gründe liegen in einer empfundenen<br />
geringen Relevanz der Inhalte. Hochwertige Möglichkeiten des Online-Marketings<br />
wie Rich Media, Rückkanalfähigkeit und Echtzeitdialog werden nur ungenügend<br />
eingesetzt. Die Übertragung der etablierten Direktmarketingstrategien droht das<br />
neu entstehende digitale Ökosystem zu entwerten. Hintergrund dieser Entwicklung<br />
ist der Tatbestand, dass für den eigentlichen Empfänger ein zu geringer Mehrwert<br />
durch die Digitalisierung entsteht. Neben Kosteneinsparungen für den Versender<br />
muss es das Ziel sein, zusätzlich eine neue Qualität in den neuen digitalen Kanälen<br />
sicherzustellen und hochwertige Kommunikationsformate zu gestalten. Nur somit<br />
wird digitaler Dialog für den Nutzer einen hohen Wert und eine hohe Relevanz<br />
aufweisen.<br />
Standards für hochwertige Kommunikation<br />
Das heißt im Klartext: Die Dialogkanäle müssen zunächst einmal weiterentwickelt<br />
werden. So wird heute beispielsweise bei E-Mail selten zwischen seriöser<br />
hochwertiger Markenkommunikation und billigem Massenversand differenziert.<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Juergen-Seitz<br />
Digitaler<br />
Dialog sollte<br />
für den Nutzer<br />
einen hohen<br />
Wert und eine<br />
hohe Relevanz<br />
aufweisen<br />
349
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Für den<br />
jeweiligen Nutzer<br />
zum richtigen<br />
Zeitpunkt<br />
die passende<br />
Botschaft<br />
platzieren<br />
Alle Signale der<br />
Kunden auf der<br />
Customer Journey<br />
zusammentragen<br />
350<br />
Um dies zu ändern, müssen Versender (Werbetreibende, Agenturen und E-Mail<br />
Delivery Services), Empfänger (E-Mail Postfach Service Provider) und Gesetzgeber<br />
Standards für eine sichere und damit hochwertige Kommunikation schaffen. Das<br />
digitale Postfach muss beispielsweise Rich Media wie Video-Mails ermöglichen,<br />
„seitenorientierte“ Werbeträger wie Flyer, Prospekte, Kataloge ausliefern, auf<br />
verschiedenen Endgeräten Nachrichten nutzerfreundlich darstellen und idealerweise<br />
auch weitere Inputs wie ortsgebundene Informationen berücksichtigen können.<br />
Mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger als die attraktive<br />
Darstellung, sind Inhalte mit einer hohen Relevanz. Diese kann nur gesteigert<br />
werden, wenn individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und für die jeweilige<br />
Lebenssituation des Kunden die passenden Botschaften gestaltet werden. Auf Basis<br />
von Customer Insights können zum Beispiel die bereits aufgebauten Werbefilter<br />
durchbrochen werden, welche die Internetnutzer über die letzten Jahre entwickelt<br />
haben. Das Ziel muss sein, für den jeweiligen Nutzer zum richtigen Zeitpunkt die<br />
passende Botschaft zu platzieren!<br />
Umfassende Customer Insights im digitalen Dialog<br />
Wo findet man aber die dazu notwendigen Informationen? Im durchschnittlichen<br />
Mediennutzungsverhalten steigt der Anteil der täglichen Internetnutzung immer<br />
weiter an. Die Customer Journey, die Reise des Kunden durch das digitale<br />
Ökosystem, erstreckt sich mittlerweile über eine immer größer werdende Anzahl<br />
an Webseiten. Aus Sicht des Werbetreibenden kommen so auch Bestandskunden<br />
zunehmend über klassische Akquisitionskanäle wie SEM auf die eigene Website<br />
(Onsite). Ihre Bedürfnisse haben sich dabei häufig Offsite, das heißt auf Portalen,<br />
Preissuchmaschinen, sozialen Netzwerken et cetera ausgeprägt. Aussagekräftige<br />
Customer Insights erhält man erst, wenn möglichst alle Signale der Kunden auf der<br />
Customer Journey zusammengetragen werden.<br />
Insbesondere gilt dies, da sich das Verhalten im Onsite- und Offsite-Bereich<br />
unterscheiden kann. Offsite, also in der „freien Wildbahn“ des Internets, beobachtet<br />
man die potenziellen oder Bestandskunden unabhängig von seiner Marke. Hier<br />
können insbesondere für die Marketingaktivitäten in der Lead- und Akquisitionsphase<br />
aufschlussreiche Erkenntnisse über den Nutzer generiert werden. Onsite,<br />
oder im „Verkaufsraum“, beobachtet man den Bestandskunden oder einen<br />
Interessenten in seiner Marken-Beziehung mit all seinen Facetten und kann mit<br />
diesem Wissen Neukunden-Kontaktprogramme, Bestandskundenentwicklung und<br />
Kundenbindungsmaßnahmen optimieren. Natürlich kann der Kunde innerhalb seiner<br />
Customer Journey diese beiden großen Umfelder mehrfach betreten.<br />
Abbildung der gesamten Customer Journey<br />
Onsite liefert ein analytisches CRM-System (aCRM) umfassende Customer<br />
Insights. In der Regel liegt in einem CRM Data Warehouse eine möglichst breite<br />
Datenbasis über den Bestandskunden und sein Verhalten. Offsite zeichnen auf<br />
den meisten großen Portalen Targetingsysteme für das Online Behavioural
Advertisment die Signale von Nutzergruppen auf. Beide Systeme sind allerdings<br />
bislang noch Insellösungen, deren Daten zunächst auf einer neu zu entwickelnden<br />
Plattform integriert werden müssten. Erst dann kann ein ganzheitliches Bild des<br />
Kunden über die gesamte Customer Journey entstehen und ein hochwertiger<br />
digitaler Dialog gestaltet werden. Natürlicher Ausgangspunkt für eine derartige<br />
Entwicklung passender Systeme und Prozesse sind Portalumfelder mit folgenden<br />
Eigenschaften:<br />
• ein Targetingsystem mit der Möglichkeit zur Einbettung externer Daten:<br />
CRM-Daten lassen sich integrieren,<br />
• adressbasierte Geschäftsbeziehung mit dem Nutzer:<br />
ein postalischer Abgleich zum CRM ist möglich,<br />
• hohe Online-Reichweite:<br />
ein hoher Überschnitt zum CRM-Mandanten ist realisierbar,<br />
• hochfrequentierte und regelmäßige Nutzung durch den Nutzer:<br />
tägliche Customer Journey-Berührungspunkte.<br />
In der Konzeption und Realisierung einer solchen Plattform muss sowohl der private<br />
Datenschutz als auch die Datensicherheit der beteiligten Partner beachtet werden.<br />
Dabei muss die Beziehung zwischen beiden Partnern in der Regel durch einen<br />
Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung geregelt werden.<br />
Targeting im CRM-Umfeld<br />
Ausgehend von einer entsprechend gestalteten Infrastruktur und einem passenden<br />
rechtlichen Rahmen für den Datenaustausch können nun vollständig neue<br />
digitale Dialogansätze entwickelt werden. Diese können Direktmarketing- und<br />
Dialogmarketing-Konzepten mit einer bisher unerreicht hohen Relevanz für<br />
Endkunden neues Leben einhauchen:<br />
1.<br />
2.<br />
Erweiterung des CRM-Systems auf das Portalumfeld: Allein mit einer<br />
einfachen Segmentierung der Portal-User in Bestands- und Nicht-Bestandskunden<br />
können beide Gruppen auf dem Portal vollständig unterschiedlich adressiert und<br />
falsche Ansprachen vermieden werden. Eine konsequente Erweiterung besteht<br />
aus der Verwendung von Informationen über Produktnutzung, Kundensegmenten<br />
und Customer Lifetime Value oder Kanalpräferenzen aus dem CRM-System, um<br />
die Relevanz des digitalen Dialogs zu erhöhen. Spannend ist dabei, dass durch<br />
die gesteigerte Nutzung des Portalumfeldes sowohl aktive, als auch inaktive<br />
Bestandskunden angesprochen werden. Die Reichweite des CRM-Dialogs kann<br />
deutlich gesteigert werden.<br />
Nutzung des Targeting in CRM-Umfeldern: Im Targeting befinden sich<br />
aktuelle, für die Segmentierung im Lebenszyklus des Kundenbeziehungsmanagement<br />
höchst relevante Informationen. Beim Wechsel des Nutzers vom Portal zur<br />
Mandaten-Website lassen sich die Informationen zur direkten Individualisierung<br />
des Conversion-Prozesses nutzen. Gleichfalls sind die Daten aber auch für<br />
die gesamte Gestaltung der Bestandskundenentwicklung relevant. Gerade in<br />
Lebensphasen, in denen man aus CRM-Sicht wenig über den Kunden weiß, er-<br />
Jürgen Seitz: CRM meets Targeting<br />
Daten müssen<br />
auf einer neu zu<br />
entwickelnden<br />
Plattform<br />
integriert werden<br />
Informationen<br />
über Produktnutzung,<br />
Kundensegment<br />
und Customer<br />
Lifetime<br />
Value oder<br />
Kanalpräferenzen<br />
351
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Aktivierung von<br />
längerfristig<br />
inaktiven<br />
Kunden<br />
352<br />
Zusammenführung<br />
von<br />
Targeting- und<br />
CRM-System<br />
Wie könnten Beispielkampagnen aussehen?<br />
1.<br />
2.<br />
geben sich auf Basis der Targetingdaten Onsite neue Gestaltungsmöglichkeiten<br />
für einen relevanten Dialog.<br />
Reaktivierung E-Commerce: Längerfristig inaktive Kunden eines E-Commerce-<br />
Anbieters, die über die klassischen Kanäle des CRM-Systems nur schwer zu<br />
erreichen sind, werden in den Portalumfeldern mit wertorientierten Kampagnen<br />
aktiviert. Der mitgelieferte Customer Lifetime Value erlaubt den differenzierten<br />
Einsatz von Verkaufshebeln. Die per Targetingsystem erkannten Affinitäten liefern<br />
die Basis für ein maßgeschneidertes Produktangebot aus einem Rennersortiment.<br />
So können sowohl für den Nutzer relevante als auch für das Unternehmen<br />
wirtschaftlich attraktive Angebote mit hoher Kaufwahrscheinlichkeit in einem<br />
schwierigen Segmentumfeld angeboten werden.<br />
Nachfolgeangebot einer Automobilbank: Endkunden sollen sechs Monate vor<br />
Ablauf eines Leasingvertrages ein individuelles Nachfolgeangebot entsprechend<br />
ihrer jeweiligen Lebenssituation per E-Mail angeboten bekommen. Es ist möglich,<br />
dass diese Informationen durch eher schwache Kunden-Unternehmensbeziehungen<br />
und einem langen Vertragshorizont im CRM-System nicht bekannt sind. In<br />
diesem Fall fügt der Portalanbieter mit Hilfe von Adserver und Targeting ein<br />
zielgruppenspezifisches Angebot in die seitens der Automobilbank versendete<br />
E-Mail ein: An Familienväter wird beispielsweise ein Motiv mit Kombi ausgeliefert,<br />
während Singles ein Motiv mit Sportcoupé erhalten.<br />
Die aufgeführten Beispiele sollen eines verdeutlichen: Das digitale Dialogmarketing<br />
muss neben Kosteneinsparungen für den Werbetreibenden dem eigentlichen<br />
Empfänger der Werbebotschaft einen Mehrwert bieten. Eine hohe Relevanz ist<br />
dabei ein wesentliches Kriterium. Die Zusammenführung von Targeting- und CRM-<br />
System kann hier auf der gesamten Customer Journey ein neues Erlebnis in der<br />
Kommunikation definieren und insbesondere bisher schon aufgebaute Werbefilter<br />
durchbrechen. Der Entwicklungsspielraum für neue Dialogprodukte ist riesig. Im<br />
digitalen Ökosystem des Dialogmarketings können Empfänger, CRM-System,<br />
Werbetreibende und Dienstleister gemeinschaftlich profitieren.<br />
Literatur<br />
www.target-group-planning.de
Retargeting<br />
5<br />
André Kolell<br />
Retargeting, auch Re-Targeting, Re-Messaging oder Remarketing genannt,<br />
ist spätestens seit 2010 in aller Munde. Einer nicht-repräsentativen Studie des<br />
Bundesverbandes Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) zufolge, nutzen bereits 79<br />
Prozent der Werbetreibenden Retargeting um bereits bekannte Internetnutzer<br />
erneut anzusprechen. Von den 21 Prozent der Studienteilnehmer, die bislang kein<br />
Retargeting einsetzen, wollen 76 Prozent bald starten [1]. Die zahlreichen Vorteile,<br />
die sowohl Retargeting-Anbieter als auch aktuelle Studien versprechen, sind für<br />
viele Werbetreibende zu verlockend, als dass sie auf diesen neuen Kanal im Online-<br />
Marketing-Mix verzichten könnten [2].<br />
Als Werbetreibender kann man mit Retargeting zwar vieles richtig, aber leider<br />
auch eine ganze Menge falsch machen. Die Auswahl des richtigen Anbieters, die<br />
Auswirkungen auf die Wahrnehmung der eigenen Marke, die Erfolgsmessung, die<br />
Festlegung geeigneter Zielwerte und die fortwährende Optimierung sind nur einige<br />
der Herausforderungen, mit denen sich Werbetreibende befassen müssen, um das<br />
Potenzial von Retargeting voll auszuschöpfen. Damit Werbetreibenden genau das<br />
gelingt, fasst dieser Beitrag das Wichtigste praxisnah zusammen. Zunächst werden<br />
die Grundlagen des Retargeting erläutert. Anschließend werden die Stärken und<br />
Schwächen des neuen Kanals gegenübergestellt und es wird ein kurzer Ausblick<br />
gegeben. Zuletzt folgt ein Howto, das in vier Schritten beschreibt, was es beim<br />
Planen, Durchführen, Messen und Optimieren von Retargeting zu beachten gilt.<br />
Retargeting als Online-Marketing-Instrument<br />
Retargeting ist ein kommunikationspolitisches Instrument im Online-Marketing-Mix,<br />
das sich von den altbewährten Targeting-Arten in vielfacher Hinsicht unterscheidet.<br />
Welche Unterschiede genau bestehen, wird im folgenden Abschnitt dargelegt. Im<br />
Anschluss werden die Funktionsweise von Retargeting, die unterschiedlichen<br />
Retargeting-Arten und -Anbieter beschrieben.<br />
Targeting im Online-Marketing<br />
Der Grundgedanke von Targeting ist, dass Marketingmaßnahmen am erfolgversprechendsten<br />
sind, wenn sie auf den Einzelnen individuell zugeschnitten<br />
sind. Begründet wird dies damit, dass sich die Bestimmungsfaktoren des<br />
Konsumentenverhaltens von Mensch zu Mensch unterscheiden. Daher werden<br />
Kaufentscheidungen auf unterschiedliche Art und Weise getroffen [3]. Da in der<br />
Regel jedoch der Aufwand für die Anpassung der Maßnahmen an jeden einzelnen<br />
Konsumenten zu groß ist, werden im Rahmen der Marktsegmentierung homogene<br />
Zielgruppen gebildet. Mit Hilfe von Targeting versuchen Werbetreibende diese<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andre-Kolell<br />
Bereits bekannte<br />
Internetnutzer<br />
erneut<br />
ansprechen<br />
Aufwand für die<br />
Anpassung der<br />
Maßnahmen an<br />
jeden einzelnen<br />
Konsumenten ist<br />
meist zu groß<br />
353
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Auslieferung<br />
eines Werbemittels<br />
an Nutzer,<br />
die früher schon<br />
einmal geklickt<br />
haben<br />
354<br />
Internetnutzer<br />
eindeutig<br />
identifizieren<br />
Zielgruppen anzusprechen. Targeting ist somit die Konsequenz der Hybridität oder<br />
auch Multioptionalität im Konsumentenverhalten.<br />
Targeting kann anhand von technischen, sprachlichen und profilbasierten Merkmalen<br />
erfolgen. Beim technischen Targeting werden die Zielgruppen anhand ihres<br />
Einwahlknotens (Geotargeting), der Zeit (Wochentag, Uhrzeit), ihres Betriebssystem,<br />
Browsers, Plug-ins oder anhand ihrer Bandbreite gebildet. Beim sprachbasierten<br />
Targeting geht es um die vom Internetnutzer aktiv eingegebenen Wörter (Keyword-<br />
Targeting) oder um die auf einer Seite, auf der sich der Internetnutzer aufhält,<br />
verwendeten Wörter (Contextual Targeting und semantisches Targeting). Eine<br />
Unterform des profilbasierten Targeting ist neben dem (Predictive) Behavioural<br />
Targeting (Werbemittelauslieferung basierend auf dem vergangenen Surfverhalten)<br />
und dem User Declared Information Targeting (Werbemittelauslieferung basierend<br />
auf von Internetnutzern bereitgestellten Informationen, wie zum Beispiel bei<br />
Facebook Ads), auch das Retargeting. Laut BVDW bedeutet Retargeting „die<br />
Auslieferung eines Werbemittels an eine Nutzergruppe, die schon mal eine bestimmte<br />
Aktion (zum Beispiel Klick auf ein bestimmtes Werbemittel, Onlinebestellung)<br />
getätigt hat“ [4].<br />
Rein wissenschaftlich betrachtet, handelt es sich bei Retargeting um Erhaltenswerbung,<br />
die Vergessenseffekten (Interessensverlust an Produkt oder Werbetreibendem) und<br />
Gegenkräften (Marketingaktivitäten anderer Werbetreibender) entgegenwirken soll<br />
[5].<br />
Die Funktionsweise von Retargeting<br />
Am häufigsten wird Retargeting eingesetzt, um Besucher, welche die eigene<br />
Website ohne Kauf verlassen haben, mit Werbemitteln im World Wide Web erneut<br />
anzusprechen (vergleiche Abb. 1).<br />
Abb. 1: Retargeting am Beispiel Zalando<br />
Damit dies funktioniert, muss der Werbetreibende auf seiner Website einen<br />
Programmcode einbinden, der einen Cookie setzt, durch den Internetnutzer<br />
eindeutig identifiziert werden können (Markierung). Hierbei werden neben den<br />
üblichen Browser-Cookies gelegentlich auch die schwieriger zu löschenden Flash-<br />
Cookies verwendet. Der Werbetreibende speichert durch den Programmcode zu<br />
jedem Internetnutzer ausgewählte Daten, die sich in Abhängigkeit der eingesetzten<br />
Retargeting-Art unterscheiden. Typische Daten sind die Produktkategorien und<br />
Produkte, für die sich der Internetnutzer interessiert hat, sowie die Produkte, die<br />
vom Besucher in den Warenkorb gelegt oder gekauft worden sind.
Anhand dieser Profildaten wird jeder Besucher einer oder mehreren Zielgruppen<br />
zugeordnet, die der Werbetreibende zuvor definiert hat. Diese Zielgruppen werden<br />
dann auf unterschiedliche Weise erneut angesprochen. Am weitesten verbreitet<br />
ist es, Werbebanner anzuzeigen, in denen die Produktkategorien oder Produkte<br />
abgebildet sind, für die sich der Internetnutzer zuvor interessiert hat, oder von denen<br />
der Werbetreibende annimmt, dass sie nun interessant sein könnten.<br />
Das Wiederfinden der Internetnutzer im World Wide Web übernehmen dabei die<br />
Technologien der Retargeting-Anbieter. Sobald sie auf einer Webseite, auf der sie die<br />
Möglichkeit haben ein Werbemittel auszuliefern, auf einen markierten Internetnutzer<br />
treffen, kommt es, sofern nichts dagegen spricht (dazu später mehr), zur Auslieferung<br />
des Retargeting-Werbemittels. Klickt ein Internetnutzer nun auf das Werbemittel<br />
und erreicht dann ein vom Werbetreibenden definiertes Ziel, wie zum Beispiel die<br />
Durchführung einer Bestellung, spricht man von einer Konversion. Für gewöhnlich<br />
wird eine Konversion innerhalb von dreißig Tagen dem Werbekanal zugerechnet,<br />
mit dem der Internetnutzer zuletzt in Kontakt stand (Last Cookie Wins).<br />
Retargeting-Arten<br />
Da Retargeting letztendlich nicht mehr als die Ansprache bereits bekannter<br />
Internetnutzer ist, verwundert es kaum, dass es auf zahlreiche Arten umgesetzt<br />
werden kann.<br />
Zunächst gilt es zu entscheiden, welche Internetnutzer erneut angesprochen werden<br />
sollen. Oftmals sind dies alle Besucher der eigenen Website (Site Retargeting), doch<br />
auch andere Zielgruppen, zum Beispiel alle Facebook-Fans oder all diejenigen, die<br />
sich das Video der letzten Branding-Kampagne angesehen haben, sind denkbar [6].<br />
Die Antwort auf die Frage, wer „geretargetet“ werden soll, ist zugleich auch die<br />
Antwort auf die Frage, wo die betroffenen Internetnutzer markiert werden müssen.<br />
Werden beispielsweise nur diejenigen erneut angesprochen, die über das bezahlte<br />
Suchmaschinen-Marketing auf die Website gelangt sind, spricht man von Search<br />
Retargeting. Dann werden die Besucher auf dem Weg von der Suchmaschine zur<br />
eigenen Seite, also während der Weiterleitung, markiert.<br />
Neben den Entscheidungen, wann und wo welche Internetnutzer zu markieren sind,<br />
muss festgelegt werden, welche Informationen zu jedem einzelnen Internetnutzer<br />
gespeichert werden sollen. Im einfachsten Fall ist dies lediglich die Information, dass<br />
ein Internetnutzer die eigene Website besucht hat. Nur geringfügig aufwendiger ist<br />
es, das eigene Angebot in Bereiche zu untergliedern und einen Besucher mit „Tags“<br />
(oder auch „Labels“) zu markieren. Wobei jeder „Tag“ für einen anderen Bereich<br />
der Website, zum Beispiel für eine bestimmte Produktkategorie, steht.<br />
Aufwendiger wird es, wenn es um produktbasiertes Retargeting geht. Dabei<br />
müssen in mehrere Templates der eigenen Website unterschiedliche JavaScript-Codes<br />
eingebunden werden. Diese müssen so modifiziert werden, dass die betrachteten und<br />
gekauften Produkte an die Retargeting-Technologie übermittelt werden. Anhand<br />
dieser Informationen versucht der Werbetreibende für den Internetnutzer interessante<br />
Produkte aus dem eigenen Angebot zu ermitteln und diese mithilfe eines Adservers<br />
in Form von Werbemitteln irgendwo im World Wide Web zu präsentieren. Bekannt ist<br />
das Verfahren der Ermittlung relevanter Produkte aus Vergangenheitsdaten und deren<br />
anschließende Empfehlung unter anderem von Amazon („Kunden, die gekauft haben,<br />
André Kolell: Retargeting<br />
Last Cookie Wins<br />
Betrachtete<br />
und gekaufte<br />
Produkte an die<br />
Retargeting-<br />
Technologie<br />
übermitteln<br />
355
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Welche<br />
Nutzersegmente<br />
kommen wie<br />
häufig in<br />
welchem Abstand<br />
mit welchen<br />
Kanälen und<br />
Werbemitteln in<br />
Berührung<br />
356<br />
kauften auch…“). Derartige Systeme basieren zugleich auf statistischen inhalts- und<br />
empfehlungsbasierten Filter-Verfahren (Content-based und Collaborative Filtering)<br />
und werden als Recommender Systems bezeichnet. Produktbasiertes Retargeting<br />
ist daher letztendlich nicht mehr als die Ausweitung der Recommender-Systeme<br />
über die eigene Website hinaus, hinein ins World Wide Web.<br />
In der Regel werden die wie auch immer gearteten Zielgruppen mit dynamischen<br />
HTML- und Flash-Bannern beworben, in die zum Zeitpunkt der Auslieferung<br />
unterschiedliche Produktbeschreibungen, -bilder und -preise hineingeladen<br />
werden [7]. Die Werbemittel weisen dabei für gewöhnlich einen Link zu einer<br />
Seite des Retargeting-Anbieters in Form eines kleinen „i“ auf, die den beworbenen<br />
Internetnutzer über die Werbemethode aufklärt. Dieser bietet ihm auch die<br />
Möglichkeit zum Opt-out, also dem Unterbinden der Werbung.<br />
Abb. 2: Ein Werbemittel im produktbasierten Retargeting<br />
Die Königsdisziplin im Retargeting ist es, die Retargeting-Maßnahmen nahtlos in<br />
den Online-Marketing-Mix und das Customer-Relationship-Management (CRM)<br />
einzufügen. Dies ist erreicht, wenn sämtliche Informationen zu einem Internetnutzer<br />
über einen längeren Zeitraum erfasst und für das Retargeting nutzbar gemacht werden.<br />
Anhand dieser Informationen können spezielle Segmente, wie zum Beispiel „alle<br />
Website-Besucher mit mindestens einer Bestellung, welche die Website in den letzten<br />
vier Monaten nicht mehr besucht haben“, oder „alle Website-Besucher mit einer<br />
Bestellung aus dem Bereich Abendkleider im Wert von mehr als EUR 250“, gebildet<br />
werden. Jedes Segment wird individuell gehandhabt: Retargeting-Zielwerte und<br />
damit Einkaufspreise und Reichweite, Werbeintensität, Landing-Pages, Werbemittel<br />
und so weiter werden vollständig auf das Segment abgestimmt.<br />
Zu guter Letzt müssen die Werbekanäle ausgewählt werden, über die die Retargeting-<br />
Werbemittel ausgeliefert werden. Klassischerweise ist dies die Bannerwerbung<br />
in Standardformaten. Bei einigen Anbietern sind auch Sonderformate wie Video<br />
möglich. Hinsichtlich der Auslieferung der Werbemittel ist zu unterscheiden, ob ganz,<br />
teilweise oder gar nicht bekannt ist, auf welchen Seiten die Auslieferung erfolgt;<br />
üblich sind Blind Networks, das heißt, der Werbetreibende erfährt nicht, wo seine<br />
Anzeigen erscheinen. Neben Bannern kann Retargeting auch auf anderen Kanälen,<br />
wie etwa per E-Mail, erfolgen (E-Mail Retargeting). In der Königsdisziplin, dem<br />
in den Online-Marketing-Mix und das CRM-integrierte Retargeting, kommt eine<br />
Contact-Policy zum Einsatz, die regelt, welche Nutzersegmente wie häufig in<br />
welchem Abstand mit welchen Kanälen und Werbemitteln in Berührung kommen<br />
und welche Inhalte kommuniziert werden sollen [8], [9].<br />
Retargeting-Anbieter<br />
Das klingt soweit ziemlich komplex, doch erfreulicherweise gibt es jede Menge<br />
Dienstleister, die einem einen Großteil der Arbeit abnehmen können. Leider ist ihre
Anzahl jedoch noch höher als die der Retargeting-Arten und so macht es Sinn, an<br />
dieser Stelle einen kurzen Überblick zu geben.<br />
Grundsätzlich kann sich jeder Werbetreibende dazu entscheiden, die Voraussetzungen<br />
für Retargeting unternehmensintern zu schaffen. Aus technischer Sicht wird<br />
lediglich ein Adserver mit Retargeting-Funktionalität benötigt. Anspruchsvoller ist<br />
die Beschaffung der Reichweite durch geeignetes Mediainventar, die erforderlich<br />
ist, um die markierten Internetnutzer im World Wide Web wiederzufinden. Ohne<br />
entsprechende Erfahrung und Kontakte zu Vermarktern ist es schwierig, an<br />
entsprechendes Inventar zu guten Konditionen zu kommen.<br />
Zu den größeren Anbietern von Adserver-Technologie mit Retargeting-Funktionalität<br />
zählen AdSpirit und adnologies [10]. Eine besondere Stärke von adnologies ist die<br />
Möglichkeit, nahezu beliebige Informationen zu einem Internetnutzer über einen<br />
längeren Zeitraum zu speichern und auf Basis dieser Informationen feingranulare<br />
Segmente zu bilden und anzusprechen. Aufgrund von Schnittstellen kann eine<br />
Verknüpfung mit einem klassischen CRM-System erfolgen. Da adnologies selbst mit<br />
Vermarktern zusammenarbeitet, kann der Werbetreibende für das Retargeting neben<br />
selbst gebuchtem Inventar auch das von adnologies angebotene Inventar nutzen.<br />
In beiden Fällen kauft der Werbetreibende auf Tausender-Kontakt-Preis-Basis (TKP)<br />
ein. Die Preise für Retargeting-Traffic reichen zurzeit von 0,30 Euro bis hin zu<br />
mehreren Euro. Um auch auf höherwertigem Inventar ausgeliefert zu werden, sollte<br />
man mit 1,50 Euro kalkulieren. Mit adnologies kann Retargeting auf unterschiedliche<br />
Art betrieben werden – von einfachem über produktbasiertes bis hin zu einem ins<br />
CRM-integrierten Retargeting ist alles möglich.<br />
Werbetreibende, die sich nicht selbst mit einem Adserver beschäftigen möchten,<br />
können sich der Mehrheit der Retargeting-Werbetreibenden anschließen und auf<br />
einen der zahlreichen weiteren Anbieter zurückgreifen. Der wohl bekannteste<br />
unter ihnen ist der Marktführer Criteo, der sich bislang voll und ganz auf das<br />
produktbasierte Retargeting konzentriert [11]. Criteo bietet seinen Kunden neben<br />
einer umfassenden Betreuung eine exzellente Reichweite zu sehr guten Konditionen.<br />
Auch aus technologischer Sicht stellt Criteo eine innovative Lösung zur Verfügung,<br />
indem es eine Aussteuerung auf Basis von Produktkategorien und Nutzeraktivität<br />
ermöglicht und auf individuelle Kundenbedürfnisse flexibel eingeht. Abgerechnet<br />
wird bei Criteo normalerweise pro Klick (CPC), wodurch das Risiko einer schlechten<br />
Klickrate vom Werbetreibenden an Criteo abgegeben wird. Der Mindest-CPC beträgt<br />
derzeit 20 Cent.<br />
Natürlich gibt es neben Criteo noch weitere Anbieter. Quisma, nextperformance,<br />
Specific Media und Newtention mit mementoo sind nur einige von ihnen [12].<br />
Wer aber speziell die Technologie von adnologies nutzen möchte, ohne sich selbst<br />
um Adserver, Mediaeinkauf und Aussteuerung kümmern zu müssen, kann mit<br />
Anbietern zusammenarbeiten, deren Retargeting auf der adnologies-Technologie<br />
basiert. Beispiele hierfür sind xplosion interactive, DELOO und kupona [13].<br />
Gegenüber der direkten Zusammenarbeit mit adnologies hat der Werbetreibende<br />
weniger Aufwand und ein erheblich vermindertes Risiko, da sich die Anbieter<br />
häufig auch pro Bestellung (CPO) vergüten lassen. Allerdings verzichtet er durch die<br />
André Kolell: Retargeting<br />
Lediglich ein<br />
Adserver mit<br />
Retargeting-<br />
Funktionalität<br />
wird benötigt<br />
Mindest-CPC<br />
beträgt derzeit<br />
zwanzig Cent<br />
Criteo, Quisma,<br />
nextperformance,<br />
Specific Media<br />
und Newtention<br />
357
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
358<br />
Retargeting<br />
über Affiliate-<br />
Netzwerke<br />
Für die<br />
Neukundenakquisition<br />
ist<br />
Retargeting nur<br />
bedingt geeignet<br />
Verlängerung der Wertschöpfungskette unter Umständen auch auf einen erheblichen<br />
Teil seiner Marge.<br />
Auch Google bietet Werbetreibenden mit seinem Produkt Google Remarketing die<br />
Möglichkeit, Retargeting im Google Display-Netzwerk zu betreiben [14]. Von Vorteil<br />
ist bei Google Remarketing die Kombination aus einem günstigen, gut aussteuerbaren<br />
Einkauf auf CPC-Basis und einer extrem hohen Reichweite. Nachteil ist, dass bislang<br />
nur ein recht einfaches Retargeting mit „Tags“ möglich ist. Sicherlich ist es aber nur<br />
eine Frage der Zeit, bis sich Google auch in diesem Bereich weiterentwickelt.<br />
Ebenfalls nicht unerwähnt soll das Retargeting über Affiliate-Netzwerke bleiben.<br />
Inzwischen unterstützen alle großen Netzwerke Retargeting und aufgrund der<br />
überdurchschnittlich guten Performance verwundert es wenig, dass sich die<br />
Affiliates für Retargeting begeistern. Gerade wenn man als Werbetreibender bereits<br />
ein Partnerprogramm betreibt, ist es ein Leichtes, auf diese Weise mit Retargeting<br />
zu starten. Allerdings sollte man die Länge der Wertschöpfungskette nicht aus den<br />
Augen verlieren, Retargeting von herkömmlichem Display-Advertising in Hinblick<br />
auf die Provisionen unterscheiden und spätestens ab einer gewissen Größe über die<br />
direkte Zusammenarbeit mit einem Retargeting-Anbieter nachdenken.<br />
Stärken und Schwächen von Retargeting<br />
Werbetreibende sollten sich sowohl der Stärken als auch der Schwächen von<br />
Retargeting bewusst sein. Sie müssen die Stärken kennen, um optimal von ihnen<br />
zu profitieren und sie müssen die Schwächen kennen, um Fehler von vornherein<br />
zu vermeiden.<br />
Stärken<br />
Da Retargeting aufgrund seiner Funktionsweise nur zur Ansprache potenzieller<br />
Kunden genutzt werden kann, die zuvor mit dem Werbetreibenden Kontakt gehabt<br />
haben, konzentrieren sich die Einsatzmöglichkeiten auf die Kundendurchdringung<br />
und Kundensicherung (vergleiche Abb. 3). Der Fokus von Retargeting muss dabei<br />
keineswegs auf Internetnutzer gerichtet sein, die einen Kaufentscheidungsprozess<br />
auf der Website abgebrochen haben. Retargeting kann auch gezielt für Cross- und<br />
Up-Selling-Aktivitäten oder für die Reaktivierung von Bestandskunden verwendet<br />
werden. Lediglich für die Neukundenakquisition ist Retargeting nur bedingt geeignet<br />
(zum Beispiel durch die gezielte Kommunikation eines Neukundenbonus an Nicht-<br />
Bestandskunden).<br />
Abb. 3: Einsatzmöglichkeiten von Retargeting während des Kundenlebenszyklus
Da die beworbenen Internetnutzer bereits „vorqualifiziert“ sind, also bereits Kontakt<br />
mit dem Angebot des Werbetreibenden gehabt haben, werden Streuverluste<br />
vermieden. Die Folge ist, dass Retargeting im Vergleich zu klassischem Display-<br />
Marketing sehr gute Click- und Conversionsraten (CTR und CR) aufweist und damit<br />
insbesondere für Performance-Marketing geeignet ist. Doch auch ein Branding-<br />
Effekt kann dem Retargeting nicht abgesprochen werden.<br />
Anders als zum Beispiel beim Suchmaschinen-Marketing handelt es sich beim<br />
Retargeting um Push-Marketing. Retargeting ist daher nicht nur für High- sondern<br />
auch für Low-Involvement-Käufe geeignet.<br />
Besonders gut geeignet ist Retargeting für Online-Versandhändler, die mehrere<br />
Produkte anbieten. Erst hier spielt das produktbasierte Retargeting, bei dem die<br />
Funktionsweise der Recommender-Systems ins World Wide Web ausgeweitet<br />
wird, seine wahren Stärken aus. Hohe CTR und CR führen zu einem niedrigen<br />
CPO, wodurch auch auf Premium-Websites eine starke Präsenz der eigenen Marke<br />
geschaffen werden kann.<br />
Mit Retargeting kann granularer als mit allen anderen Targeting-Möglichkeiten<br />
auf einzelne Internetnutzer, beziehungsweise Nutzersegmente, eingegangen<br />
werden. Individuelle Kaufentscheidungsprozesse können genau dann beeinflusst<br />
werden, wenn der Werbeimpuls den Unterschied zwischen Kauf und Nicht-Kauf<br />
ausmacht.<br />
Schwächen<br />
Dass mit Retargeting nur schwerlich Neukunden gewonnen werden können, wurde<br />
bereits beschrieben. Die Ursache dafür, nämlich dass der Werbetreibende bereits zuvor<br />
Kontakt zu den Internetnutzern gehabt haben muss, birgt ein weiteres Risiko: Werden<br />
die Budgets anderer Marketingaktivitäten zugunsten von Retargeting verringert, dann<br />
verringert sich auch die Menge derjenigen, die mittels Retargeting beworben werden<br />
können. Unter keinen Umständen sollte Retargeting daher zu Budgetkürzungen<br />
führen, die den Zufluss bislang unbekannter Besucher reduzieren.<br />
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich der wahren Werbewirkung von<br />
Retargeting bewusst zu werden. Die Konversions-Messungen der Retargeting-<br />
Anbieter lassen für gewöhnlich die anderen Marketingaktivitäten eines Werbetreibenden<br />
außer Acht, wodurch einzelne Konversionen mehreren Kanälen<br />
zugeschrieben werden können. Es ist daher erforderlich, ein Web-Analytics-System<br />
zu verwenden, das sämtliche Werbemittelkontakte – die Customer-Journey<br />
– messen und auswerten kann. Anhand dieser Daten lässt sich feststellen, zu wie<br />
vielen zusätzlichen Konversionen Retargeting tatsächlich führt und wie viele<br />
ohnehin, auch ganz ohne Retargeting, stattgefunden hätten [15].<br />
Eine konsequente Erfolgsmessung ist umso wichtiger, wenn der Retargeting-Anbieter<br />
auch für Konversionen vergütet wird, die lediglich per Postview (PV) erzielt worden<br />
sind. Da bei Postview der Internetnutzer ein Retargeting-Werbemittel lediglich<br />
gesehen und nicht wie sonst üblich auch geklickt haben muss, ist die Werbewirkung<br />
wesentlich schwieriger zu beurteilen. Schließlich weiß man als Werbetreibender<br />
nicht einmal, wie häufig der Internetnutzer die eigenen Werbemittel gesehen und<br />
ob er sie überhaupt wahrgenommen hat. Zwar ist eine gewisse Werbewirkung<br />
André Kolell: Retargeting<br />
Wenn der<br />
Werbeimpuls<br />
den Unterschied<br />
zwischen Kauf<br />
und Nicht-Kauf<br />
ausmacht<br />
359
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
360<br />
Manche<br />
durchschauen<br />
Retargeting<br />
und fühlen<br />
sich regelrecht<br />
verfolgt<br />
Werbetreibende<br />
erfahren im<br />
Retargeting<br />
meist nicht, auf<br />
welchen Websites<br />
ihre Werbemittel<br />
ausgeliefert<br />
werden<br />
unstrittig, doch ist diese wesentlich geringer als im Falle eines Klicks [16]. Damit<br />
man als Werbetreibender nicht über den Tisch gezogen wird, sollte man Postview-<br />
Konversionen nur wenige Tage nach dem Werbemittelkontakt und mit einem<br />
niedrigeren CPO vergüten. Oder man verzichtet gleich ganz auf die Postview-<br />
Vergütung und berücksichtigt gemessene Postview-Konversionen eher bei der<br />
Bestimmung der Retargeting-Zielwerte (CPC, CPO) [15].<br />
Retargeting wird von den Internetnutzern unterschiedlich aufgenommen. Weniger<br />
Versierte wundern sich darüber, dass einige der ihnen bekannten Marken scheinbar<br />
besonders intensiv um sie werben. Andere durchschauen Retargeting und fühlen<br />
sich regelrecht verfolgt.<br />
Damit bei diesen Internetnutzern die Stimmung nicht in eine Ablehnung der Marke<br />
kippt, sollten vor allem die folgenden vier Dinge beachtet werden. Zunächst sind<br />
die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen ausnahmslos einzuhalten. Zweitens<br />
muss den Internetnutzern eine einfache Möglichkeit zum Opt-out gegeben werden.<br />
Drittens dürfen in den Werbemitteln nur Angebote kommuniziert werden, die auch<br />
tatsächlich eingehalten werden können (nichts ist schlimmer als einen Interessenten<br />
mit einem ausverkauften Produkt durchs World Wide Web zu „jagen“). Und zu<br />
guter Letzt sollte die Werbeintensität mittels Frequency Capping limitiert werden<br />
[17]. Beim Frequency Capping ist zu berücksichtigen, dass mit der Reduktion<br />
der Werbeintensität einerseits eine Reduktion der Klicks und Konversionen und<br />
andererseits eine Verbesserung der CTR und CR einhergeht.<br />
Leider ist es der Normalfall, dass Werbetreibende im Retargeting nicht erfahren, auf<br />
welchen Websites ihre Werbemittel ausgeliefert werden und welche Website wie gut<br />
oder wie schlecht läuft (konvertiert). Die Auslieferung erfolgt in Blind Networks.<br />
Dies ist insofern schlecht für den Werbetreibenden, als dass er weder Websites, auf<br />
denen er sinnlos Mediainventar einkauft, ausschließen, noch direkte Partnerschaften<br />
mit besonders gut laufenden Websites eingehen kann (zum Beispiel Einkauf von<br />
klassischem Inventar zur Neukundengewinnung). Nichtsdestotrotz haben Blind<br />
Networks auch einen Vorteil: Sie ermöglichen Werbetreibenden die Präsenz in<br />
Premium-Umfeldern zu Preisen, die weit unter denen direkter Buchungen liegen.<br />
Auch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Internetnutzer heutzutage häufig<br />
eine Vielzahl von Endgeräten verwenden. Bislang ist kaum ein Retargeting-Anbieter<br />
in der Lage, die Daten von Internetnutzern endgeräteübergreifend zu erfassen und<br />
zu verwenden. Die Folge: Der Internetnutzer wird auf seinem Handy, Notebook und<br />
Firmen-Computer noch mit besonderen Anreizen zum Kauf animiert, obwohl er den<br />
angepriesenen Artikel – im schlimmsten Fall zu einem höheren Preis – längst über<br />
seinen Tablet-Computer gekauft hat.<br />
Eine ganz ähnliche Problematik entsteht auch beim Retargeting mit mehreren<br />
Anbietern. Indem ein Werbetreibender die Messung aller Konversionen durch<br />
alle Anbieter zulässt, kann er zwar verhindern, dass einzelne Retargeting-Anbieter<br />
Produkte anpreisen, die über einen Anbieter bereits gekauft worden sind. Doch<br />
lässt sich weder die Einhaltung einer Contact Policy gewährleisten, noch lässt sich<br />
ausschließen, dass die Anbieter untereinander um dasselbe Inventar konkurrieren,<br />
und so die Kosten für den Werbetreibenden unnötig in die Höhe treiben.
Ausblick<br />
Seitdem Retargeting in aller Munde ist, strömen ständig neue Anbieter auf den<br />
Markt. Diese konkurrieren um die lukrativsten Werbetreibenden, die sich durch eine<br />
starke Marke und einen Onlinevertrieb bei mehreren hunderttausend Besuchern pro<br />
Monat auszeichnen. Der intensive Wettbewerb unter den Anbietern ist gut für die<br />
Entwicklung von Retargeting, da er technische Innovationen fördert, zur Aufklärung<br />
beiträgt und für günstige Preise sorgt. Die Zukunft wird zeigen, ob die Einkaufsmacht<br />
der Großen zu einer Marktkonsolidierung führen wird, oder ob neue technologische<br />
Entwicklungen, wie etwa das Realtime-Bidding (Versteigerung von Werbeinventar<br />
in Echtzeit) die hohe Anzahl der Anbieter aufrecht halten kann. Sollte Letzteres<br />
der Fall sein, müssen sich Werbetreibende mehr denn je mit der Fragestellung<br />
auseinandersetzen, ob sie mit einem oder mit mehreren Anbietern zusammenarbeiten<br />
und wie sie ihre Aktivitäten über die Anbieter hinweg koordinieren können.<br />
Realtime-Bidding kann zudem dazu führen, dass neuartige Technologien an<br />
Bedeutung gewinnen, die den Wert einer Werbemittelauslieferung an einen ganz<br />
bestimmten Internetnutzer in einem bestimmten Augenblick innerhalb weniger<br />
Millisekunden ermitteln können. Dazu halten sie das gesamte erdenkliche Wissen<br />
des Unternehmens zu diesem Internetnutzer zentral zur Verfügung. Durch den<br />
Informationsaustausch mit Retargeting-Anbietern zählt zu diesem Wissen auch die<br />
Kenntnis, welche Endgeräte (Markierungen) zu einem einzelnen Nutzer gehören.<br />
Der Wert einer ganz konkreten Werbemittelauslieferung – das „Bid“ – wird aus<br />
den sich ständig anwachsenden historischen Daten immer wieder neu berechnet.<br />
Letztendlich rückt die Beziehung zu dem einzelnen Kunden in den Vordergrund<br />
– mit unterschiedlichsten Werbemitteln wird auf mehreren Kanälen „geretargetet“.<br />
Das aktuell dominierende produktbasierte Retargeting wäre somit nur eine von<br />
vielen Möglichkeiten [18].<br />
Wenn der Nutzen eines derart granularen Targeting nicht die damit verbundene<br />
Komplexität rechtfertigen wird, bleibt all dies womöglich aber auch nur<br />
technologische Träumerei. Auch kann die ständige Diskussion um Cookies und<br />
Datenschutz dazu führen, dass Werbetreibende die technologischen Potenziale<br />
von Retargeting nur eingeschränkt nutzen können. Diese Diskussion ist selbst<br />
in den sonst so liberalen USA aufgrund des technologischen Vorsprungs – einer<br />
der dortigen Trends ist das Profile Trading, der Handel von Nutzerprofilen über<br />
Auktionsplattformen – mitnichten ungehört geblieben.<br />
Wie es auch kommen wird: Aktuell steckt Retargeting noch in den Kinderschuhen<br />
und vieles muss die Zukunft erst noch zeigen. Neben dem bereits Erwähnten zählt<br />
dazu auch die Frage, ob das Umfeld beim Retargeting tatsächlich vernachlässigt<br />
werden kann oder ob auch hier einzelne Anbieter bald ihre Karten aufdecken<br />
werden.<br />
Howto: Setup, Analyse und Optimierung<br />
Wer mit Retargeting starten möchte, der sollte strukturiert vorgehen und die<br />
folgenden Fragen, die dem Modell des Web-Controlling-Regelkreises folgen, zu<br />
jedem Zeitpunkt beantworten können. Es fällt zwar ein Großteil der Arbeit während<br />
André Kolell: Retargeting<br />
Unternehmen<br />
halten das<br />
gesamte<br />
erdenkliche<br />
Wissen zu einem<br />
Internetnutzer<br />
zentral zur<br />
Verfügung<br />
361
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
362<br />
Soll mit<br />
einem oder<br />
mit mehreren<br />
Anbietern<br />
zusammengearbeitet<br />
werden?<br />
der Planung an, aber auch die operative Durchführung und Erfolgsmessung, die<br />
Analyse und die Optimierung erledigen sich nicht von selbst.<br />
Planung<br />
• Welche Ziele sollen verfolgt werden? Geht es nur um Abverkauf im Sinne von<br />
Performance Marketing, oder reichen die eigenen Ziele darüber hinaus? Wie sehen<br />
konkrete Zielwerte (Volumen, CPO) aus?<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Operative Durchführung und Erfolgsmessung<br />
• Wird die Retargeting-Werbewirkung tatsächlich korrekt gemessen?<br />
• Werden die Werbemittel häufig variiert und Ad Burnout dadurch vermieden?<br />
•<br />
In welchen Märkten oder Ländern soll gestartet werden? Erfüllen diese auch die<br />
Mindestanforderungen der großen Retargeting-Anbieter (zum Beispiel mindestens<br />
hunderttausend unterschiedliche Besucher pro Monat, Mindestbudgets)?<br />
Welche Anbieter kommen in Frage? Sind eine hohe Reichweite und günstige<br />
Einkaufspreise wichtiger als feingranulare Aussteuerungsmöglichkeiten? Kann<br />
mit dem Anbieter international skaliert werden?<br />
Soll mit einem oder mit mehreren Anbietern zusammengearbeitet werden? Wie<br />
wird die Kommunikation beim Einsatz mehrerer Anbieter koordiniert?<br />
Welches Vergütungsmodell soll verwendet werden (höhere Marge aber auch Risiko<br />
bei TKP und CPC versus vermeintliche Sicherheit bei CPO) und sind die Budgets<br />
offen oder begrenzt? Ist eine mögliche Postview-Vergütung wohlüberlegt?<br />
Kann das Web-Analytics-System so aufgesetzt werden, dass die Retargeting-<br />
Werbewirkung (nach Klick und View) korrekt gemessen werden kann<br />
(Multichannel-Tracking) [15]?<br />
Werden keine personenbezogenen Daten gespeichert? Werden die betreffenden<br />
Internetnutzer auf die automatische Erfassung von Daten für Werbezwecke in<br />
den Datenschutzbestimmungen hingewiesen? Ist ihnen die Möglichkeit geboten,<br />
Einsicht in die gesammelten Daten zu nehmen und die Datensammlung zu<br />
unterbinden [19]?<br />
Ist sichergestellt, dass der Werbetreibende Eigentümer der für ihn erhobenen Daten<br />
ist und dass diese Daten vom Retargeting-Anbieter unter keinen Umständen von<br />
oder für andere Werbetreibende verwendet werden?<br />
Sind sämtliche Fragestellungen der Contact Policy geklärt (Frequency Capping,<br />
zeitliche Abstände, Werbekanäle und -mittel, Werbebotschaften)?<br />
Werden sowohl die Werbemittel als auch die Segmente mit Hilfe von Tests optimiert<br />
[20]? Prinzipiell kann alles getestet werden, solange der Anbieter mitspielt. Das<br />
Aussetzen von Retargeting bei Nutzern mit hoher Markenbindung, der zeitlich<br />
versetzte Start von Retargeting oder auch die Kommunikation besonderer Anreize<br />
in Werbemitteln sind nur einige mögliche Beispiele.
•<br />
•<br />
Analyse<br />
• Wie ist die Zielerreichung insgesamt und in den einzelnen Segmenten?<br />
• Welche Ergebnisse zeigen die verschiedenen Tests?<br />
• Wie wirkt Retargeting im Zusammenspiel mit anderen Kanälen?<br />
•<br />
Optimierung<br />
• Sind die Zielwerte aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse, aber auch aufgrund<br />
anderer Veränderungen, anzupassen?<br />
•<br />
Wenn bekannt ist, auf welchen Seiten die Werbemittel ausgeliefert werden, sind<br />
schlecht laufende Websites auszuschließen. Mit gut laufenden Websites können<br />
direkte Kooperationen angestrebt werden.<br />
Wer reagiert wie auf Beschwerden von Internetnutzern, die sich durch Retargeting<br />
belästigt fühlen? Ist unternehmensintern sichergestellt, dass vereinzelte<br />
Beschwerden nicht den Abbruch der Retargeting-Aktivitäten zufolge haben?<br />
Wie steht es um die tatsächliche Werbewirkung von Retargeting? Steigert<br />
Retargeting den Customer-Lifetime-Value durch eine stärkere Kundenbindung<br />
und zusätzliche Käufe?<br />
Muss die ursprüngliche Strategie überdacht werden (Auswahl der Märkte und<br />
Länder, der Anbieter, der Ziele, des Vergütungsmodells)?<br />
Fazit<br />
Retargeting überzeugt durch seine hohe Rentabilität und ist daher ideal für<br />
Performance-Marketing geeignet. Damit Werbetreibende optimal von Retargeting<br />
profitieren können, wurde dieser Beitrag geschrieben. Vor lauter Chancen gilt<br />
es, die mit Retargeting verbundenen Risiken nicht aus dem Blick zu verlieren.<br />
Unter Umständen kann es Sinn machen, unabhängige Agenturen und Berater<br />
für die Planung und Umsetzung von Retargeting zurate zu ziehen. Wohin sich<br />
Retargeting entwickeln wird, ist offen. Von dem technologischen Fortschritt, der<br />
immer attraktivere Targeting Möglichkeiten eröffnet, werden Werbetreibende nur<br />
profitieren können, wenn sie jeden einzelnen Internetnutzer und dessen Daten mit<br />
dem gebührenden Respekt behandeln [21].<br />
Literatur<br />
[1] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: BVDW-Befragung – Performance Marketing,<br />
2011.<br />
[2] comScore: When Money Moves to Digital, Where Should It Go? Identifying the right<br />
media-placement strategies for digital display. 2010.<br />
[3] Kroeber-Riel, W./Weinberg, P.: Konsumentenverhalten. – 6. völlig überarbeitete<br />
Auflage, München: Vahlen, 1999.<br />
André Kolell: Retargeting<br />
Retargeting<br />
ist ideal für<br />
Performance-<br />
Marketing<br />
geeignet<br />
363
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
364<br />
[4] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: Targeting. Begriffe & Definitionen.<br />
– http://www.bvdw.org/mybvdw/media/download/bvdw-ak-targeting-definitionen-<br />
20090922.pdf?file=775 – 2009.<br />
[5] Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M.: Marketing. Grundlagen marktorientierter<br />
Unternehmensführung; Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele. – 10. vollständig<br />
überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden: Gabler, 2008.<br />
[6] ReTargeter.com: Fan ReTargeting. – http://www.retargeter.com/wp-content/themes/<br />
retargeter/_lab-fanretargeting.php.<br />
[7] Online-Vermarkterkreis: OVK Online-Report 2010/01. Zahlen und Trends im<br />
Überblick. – Herausgegeben vom Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband<br />
Digitale Wirtschaft (BVDW) und Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. (AGOF).<br />
– http://www.bvdw.org/mybvdw/media/download/bvdw-ovk-online-report-2010-<br />
01.pdf?file=1046.<br />
[8] Chaffey, D./Ellis-Chadwick, F./Mayer, R./Johnston, K.: Internet Marketing. Strategy,<br />
Implementation and Practice. – 4. Auflage. Harlow, England: Prentice Hall, 2009.<br />
[9] Arikan, A.: Multichannel Marketing. Metrics and Methods for On and Offline Success.<br />
– Indiana, USA: John Wiley & Sons, 2008.<br />
[10] http://www.adspirit.de und http://www.adnologies.com.<br />
[11] http://www.criteo.de.<br />
[12] http://www.quisma.de, http://www.nextperformance.com, http://www.specificmedia.de<br />
und http://www.mementoo.net.<br />
[13] http://www.xplosion.de, http://www.deloo.de und http://www.kupona-media.de.<br />
[14] http://www.google.com/ads/innovations/remarketing.html – zuletzt geprüft am<br />
01.05.2011.<br />
[15] Wie sich die Werbewirkung von Retargeting mit Hilfe eines A/B-Tests messen<br />
lässt, beschreibt der Autor am Beispiel von Google Analytics in seinem Blog – http://<br />
blog.andrekolell.de/2011/04/29/retargeting-test-mit-google-analytics.<br />
[16] Köhler, K.: User Journey oder der Weg zur Konversion. – Vortrag auf der Search<br />
Marketing Expo 2011 in München.<br />
[17] Baird, E. C.: Targeted Online Advertising. Persuasion in an Era of Massless<br />
Communication. Master-Thesis. Massachusetts Institute of Technology. – http://<br />
dspace.mit.edu/bitstream/handle/1721.1/44213/294909115.pdf?sequence=1 – 2008.<br />
[18] Unter anderem könnten die „Coremetrics Live Profiles“ eine Entwicklung in diese<br />
Richtung sein. – http://www.coremetrics.com/solutions/customer-history-live-profiles.php.<br />
[19] Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.: Was ist Targeting? – http://www.bvdw.org/<br />
mybvdw/media/download/bvdw--was-ist-targeting-dmexco- 20090923.pdf?file=752<br />
– 2009.<br />
[20] ReTargeter.com: Testing, Testing, 1, 2, 3 Ways To Optimize Your Online Advertising<br />
Campaigns. – http://www.retargeter.com/general/testing-testing-1-2-3-ways-to-optimizeyour-online-advertising-campaigns.<br />
[21] Vergleiche unter anderem – http://meine-cookies.org.<br />
Alle Links zuletzt geprüft am 01.05.2011.
Efficient Retargeting<br />
5<br />
Joachim Feist<br />
In diesem Beitrag sollen Ansätze untersucht werden, wie Retargeting effizienter<br />
und im größeren Kontext weiterer Targetingformen eingesetzt werden kann.<br />
Nach einem kurzen Blick darauf, was die Erfolgsfaktoren von Retargeting sind,<br />
werden Vorgehensweisen entwickelt, die gesammelten Retargeting-Informationen<br />
fallbezogen optimal zu nutzen.<br />
Retargeting – warum erst jetzt?<br />
Das Thema Retargeting ist plötzlich in aller Munde. Internetnutzer, die zuvor in<br />
einem Onlineshop waren, dann aber nichts kauften, noch einmal zu umwerben und<br />
dann doch zum Abschluss zu bringen, ist das Ziel. Technisch möglich ist diese Form<br />
des Targetings schon etliche Jahre. Erste Ansätze gab es bereits 2006 [1], im Jahr<br />
2008 entsprechende Firmen, die sich rein auf dieses Thema konzentrierten und damit<br />
auch Patentanmeldungen [2] ebenso wie erste Erfahrungsberichte [3].<br />
Aber erst durch die umfassende Möglichkeit, über gesammelte Restplatzvermarktung<br />
und umfassende Werbenetzwerke die eigenen Besucher wieder auf anderen Seiten<br />
anzusprechen, kam die Technik etwa 2010 zum Durchbruch.<br />
Ein weiterer Grund, dass Retargeting nicht vom Start weg sehr erfolgreich war,<br />
liegt darin, dass Retargeting zunächst nur für Display-Kampagnen genutzt wurde.<br />
Besuchte also ein Internetnutzer den Shop, so erhielt er auf Drittseiten grafische<br />
Werbemittel des Shops angezeigt. Zwar wurde damals diese Form des Retargeting<br />
schon „Behavioural Retargeting“ genannt, tatsächlich floss das genaue Verhalten<br />
des Internetnutzers aber nicht in die Kampagne ein.<br />
Etwa zeitgleich entstand das „Search Retargeting“. Hier wurde spezifisch das<br />
Suchwort eines Kunden genutzt, um diesen dann mit einer zumindest grob auf seine<br />
Suche passenden Botschaft anzusprechen. Diese Art des Retargetings gibt es in zwei<br />
Formen: Der Nutzung der Suchworte, die einen Internetnutzer auf den Shop geführt<br />
hat und – einer dem „echten“ Retargeting eher fremden Form – der Markierung von<br />
Suchenden mit Hilfe von Cookies, um diese zu diesem Suchwort auf Drittseiten<br />
anzusprechen, ohne dass diese zuvor im Onlineshop des Werbenden waren.<br />
Erst aktuell wird die stärkste Variante der Ansprache umgesetzt mit konkret gesehenen<br />
oder mit einem Produkt verwandten Produkten. Diese Form des Retargetings wird<br />
„Personalized Retargeting“ bezeichnet, da eben abhängig vom Verhalten des<br />
Internetnutzers die Retargeting-Botschaft on-the-fly gestaltet wird.<br />
Schon in den letzten Jahren wurden also bereits Effizienzsteigerungen zur generellen<br />
Idee des Retargetings erreicht. Neben dieser Entwicklung hängt der nutzbringende<br />
Einsatz von Retargeting davon ab, dieses fallbezogen optimal einzusetzen. Hierzu<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Joachim-Feist<br />
Über gesammelte<br />
Restplatzvermarktung<br />
und umfassende<br />
Werbenetzwerke<br />
kam die Technik<br />
etwa 2010 zum<br />
Durchbruch<br />
365
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Shopbesucher<br />
an anderen<br />
Stellen noch<br />
einmal mit den<br />
interessierenden<br />
Produkten<br />
ansprechen<br />
366<br />
98 Prozent<br />
verlassen den<br />
Shop, ohne zu<br />
bestellen<br />
gehört genauer zu verstehen, worin der Erfolg des Retargeting begründet ist und wie<br />
in der aktuellen Situation der größte Nutzen aus einer eigenen Retargeting-Strategie<br />
gezogen werden kann.<br />
Retargeting – Sichtweisen<br />
Als Argumentation für Retargeting werden verschiedene Gesichtspunkte angeführt,<br />
die alle ein Stück Wahrheit enthalten.<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Konversions-Sichtweise: „98 Prozent der Besucher meines Shops verlassen diesen<br />
wieder ohne zu bestellen. Es lohnt sich ungemein diese Gruppe stark zu umwerben,<br />
um aus ihr mehr Abschlüsse zu generieren, denn wir haben doch auch schon viel<br />
Geld investiert, um die Internetnutzer so weit zu bekommen. Die Konkurrenz im<br />
Internet ist auch nur einen Klick entfernt.“<br />
Reichweiten-Sichtweite: „Durch Retargeting erhöhe ich die Reichweite meiner<br />
eigenen Seite. Ich spreche die Personen, die meinen Shop besucht haben, an anderen<br />
Stellen noch einmal mit den interessierenden Produkten an.“<br />
Targeting-Sichtweise: Retargeting ist eine sehr starke Form des Behavioural<br />
Targetings [4]. Während man dort aus recht schwachen Informationen wie<br />
„besucht Sportseiten“ ableitet, dass es sich wohl um einen Mann mittleren Alters<br />
handelt, um entsprechende Marketingangebote maßzuschneidern, erfährt man beim<br />
Retargeting sehr genau, was die Person aktuell interessiert. Man weiß, dass dieses<br />
Interesse im Angebotsbereich des eigenen Shops liegt und kann dieses durch sehr<br />
zielgenaue Werbung bedienen.<br />
Pragmatiker-Sichtweise: „Die Konversion von Retargeting-Kampagnen wird<br />
in meinem Reporting als sehr hoch ausgewiesen, ähnlich hoch wie meine<br />
Suchmaschinen-Kampagnen. Ob ich also zwanzig Cent an Google je Klick<br />
überweise oder an den Retargeting-Anbieter ist egal. In beiden Fällen erhalte ich<br />
hochrelevante Besucher.“<br />
Um effizient Retargeting zu betreiben, sollten diese groben Argumente weiter<br />
gedacht werden.<br />
Natürlich verlassen 98 Prozent den Shop, ohne zu bestellen. Es lohnt aber durchaus<br />
zu analysieren, warum sie dies wohl taten und welcher Prozentsatz dieser 98<br />
Prozent durch Retargeting wieder umworben werden soll beziehungsweise welchen<br />
Prozentsatz man stark und teuer und welchen Anteil eher nachlässiger dafür günstiger<br />
umwerben sollte. Diesen Punkt werden wir im Abschnitt „Efficient Retargeting“<br />
näher untersuchen.<br />
Die Targeting-Information, die man bei Retargeting gewinnt, ist sehr prägnant und<br />
lässt sich sehr gut verwerten. Dafür ist sie aber auch nur von kurzer Dauer. Denn<br />
wie lange macht es denn Sinn, einem Interessenten die beige Hose Größe 40 auf<br />
allen erdenklichen Flächen außerhalb des eigenen Shops vor die Nase zu halten.<br />
Haben Sie schon einmal einen Hosenverkäufer erlebt, der Ihnen überall in der Stadt<br />
wochenlang auflauert, um eine einmal betrachtete Hose (die Ihnen auch noch zu<br />
weit war) noch einmal feil zu bieten? In diesem Punkt ist das Behavioural Targeting
dem Retargeting überlegen, da es langfristiger agiert. Diesen Querbezug werden<br />
wir unter dem Stichpunkt „Deep Retargeting“ näher betrachten.<br />
Besucher nur auf Basis erreichter Konversion zu betrachten, greift ebenfalls etwas<br />
kurz, denn Suchmaschinen-Traffic und Retargeting-Traffic unterscheiden sich<br />
fundamental. Retargeting ist zum Beispiel nicht geeignet, um einen neuen Shop<br />
zu bewerben. Denn ohne Besucher, kein Potential zum Retargeting. Auch nicht<br />
besonders gut konvertierende Kampagnen sind unter diesem Blickpunkt nicht<br />
unbedingt schlecht, denn um einen Shop oder Markennamen in die Köpfe von Leuten<br />
zu bringen, helfen nun einmal viele Views, die Ernte wird später eingefahren.<br />
Aus diesem Grund wollen wir im nächsten Abschnitt noch einmal zwei Schritte<br />
zurückgehen, um uns genauer zu überlegen, wie sich Marketingmaßnahmen und<br />
Internetnutzer unterscheiden und wo in diesem Universum Retargeting seinen Platz<br />
hat.<br />
Die Wirkungsweise von Retargeting im Marketing-Mix<br />
Marketing gab es schon vor dem Internet, markige Einordnungen verschiedener<br />
Werbestrategien ebenfalls.<br />
AIDA steht als Kürzel für Attention, Interest, Desire, Action. Dies sind die 1898<br />
von Elmo Lewis aufgestellten Stufen, die ein Käufer im Rahmen der Werbung<br />
durchläuft.<br />
Display-Werbung setzt ganz vorne an, erst einmal die Aufmerksamkeit und dadurch<br />
das Interesse wecken. Behavioural und Contextual Targeting mag man als Werkzeug<br />
für die Unterstützung aller Stufen sehen. Weiß man mehr über die Interessenslage des<br />
Internetnutzers, kann man leichter seine Aufmerksamkeit gewinnen, das Interesse<br />
wecken, dieses in Verlangen und schließlich zum Kauf ummünzen.<br />
Suchmaschinen-Marketing setzt dabei mittig an. Das Interesse beim Käufer<br />
ist bereits geweckt, jetzt gilt es noch sein Verlangen zu steigern und den Kauf<br />
beim eigenen Shop herbeizuführen. Retargeting setzt hinten an. Die Aktion soll<br />
herbeigeführt werden. Retargeting weitergedacht, kann aber auch für Attention<br />
genutzt werden. Ein Drucker wurde verkauft, nach einigen Monaten kann für diese<br />
Clientel Verbrauchsmaterial beworben werden.<br />
Eine Push-Strategie wird angewandt für Dinge, die die Käufer noch gar nicht<br />
kennen, ein Bedarf beim zukünftigen Kunden soll geweckt werden. Firmen wenden<br />
sich auch stark an den Handel, die neuen Produkte aufzunehmen und bauen<br />
Vertriebswege auf. Eine Kampagne für solche Artikel wird zunächst auf Emotionen<br />
und Bedarfsweckung denn auf direkte Konversion gerichtet sein. Fernsehen statt<br />
Internet, Flash statt HTML, Display-Ads statt Textlinks.<br />
Eine Pull-Strategie wird angewandt, indem ein Unternehmen auf den Markt lauscht,<br />
um herauszufinden, was der nächste große Trend wird oder ein wünschenswertes<br />
Alleinstellungsmerkmal für bestehende Produkte sein könnte. Um bestehenden<br />
Bedarf mit pfiffigen Produkten zu versorgen, um zu wissen welche Argumente den<br />
Kunden für das eigene Produkt überzeugen werden. Die Werbung geht dorthin,<br />
Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />
Beim zukünftigen<br />
Kunden Bedarf<br />
wecken<br />
367
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Durch<br />
Beeinflussung<br />
der richtigen<br />
Personengruppe<br />
können stärkere<br />
Veränderungen<br />
erreicht werden,<br />
als wenn man<br />
direktere Ansätze<br />
unternimmt<br />
368<br />
wo die Zielgruppe sitzt, um diese vor Ort zu überzeugen. Contextual Targeting,<br />
Suchmaschinen-Marketing, personalisierte Produktwerbung sind hier gefragt.<br />
Retargeting kann sowohl bei einer Push- als auch bei einer Pull-Strategie erst greifen,<br />
wenn generelles Interesse einmal geschaffen und Nutzer im Shop sind. Generell<br />
steht Retargeting dann aber der Pull-Strategie näher.<br />
Werbung an die Richtigen zu bringen, ist auch ein generelles Thema des Marketing.<br />
In dem Buch Connected! [5] beschreiben der Soziologe Nicholas A. Christakis und<br />
der Politikwissenschaftler James H. Fowler sehr viele Aspekte des menschlichen<br />
Lebens von Glück über Diät bis hin zu Selbstmord, die abhängig davon sind,<br />
welche Beziehungen wir zu anderen Personen haben und wie deren Einstellung zum<br />
jeweiligen Thema ist. Durch Beeinflussung der richtigen Personengruppe – häufig die<br />
am stärksten vernetzten – können stärkere Veränderungen erreicht werden, als wenn<br />
man direktere Ansätze unternimmt. Diesen Aspekt will Social Media-Marketing<br />
aufgreifen. Jedes Contextual Targeting-Werbemittel in einem thematischen Forum<br />
oder Blog mag jedoch genauso geeignet sein, die richtigen Meinungsführer für ein<br />
Produkt zu begeistern. Retargeting kann hier dann unterstützen, wenn es zunächst<br />
gelingt, die richtigen Personen für Retargeting vorzusehen.<br />
Die richtigen Personen für Retargeting markieren<br />
Internetnutzer, die in einen Shop oder auf eine Firmenwebseite kommen, haben<br />
in dem im letzten Abschnitt angesprochenen AIDA-Modell eine verschiedene<br />
„Reife“, die sich in der Retargeting-Kampagne in unterschiedlicher Klickrate und<br />
Konversion niederschlagen.<br />
Zugangsart: Ein Nutzer, der über eine Suchmaschine kam, sei es nun Paid Search oder<br />
ein Eintrag im natürlichen Index, ist wie oben angesprochen schon sehr weit in seinem<br />
Meinungsbildungsprozess. Kam der Nutzer sogar über eine Preissuchmaschine, ist<br />
sogar zu erwarten, dass er oder sie auch bereits die Konkurrenzevaluation durchläuft<br />
und kurz vor dem Kauf ist. In einer Untersuchung einer Shopping-Plattform 2010<br />
[6] erreicht Preisvergleich-Traffic eine Konversionsrate von vier Prozent, während<br />
die Google Produkt-Suche bei immerhin einem Prozent liegt. Ähnliche Unterschiede<br />
ergeben sich bei Besuchern, die aus dem Affiliate-Kanal vermittelt werden. Die<br />
Qualität ist abhängig davon, wie gut der Besucher zum Beispiel aufgrund einer<br />
inhaltlich bereits auf die Affiliate-Seite abgestimmte Produktwerbung vorqualifiziert<br />
wurde. Contextual Targeting ist dabei dem Behavioural Targeting überlegen, da<br />
es auf inhaltsreichen Seiten zum Einsatz kommt, die von Personen besucht werden,<br />
die bereits ein bestimmtes Interesse haben. Ist die Werbung dagegen eher allgemein<br />
und nicht auf einen konkreten Kauf ausgerichtet, kann die Konversion wie bei<br />
allgemeinen Display-Ads beliebig niedrig sein.<br />
Das folgende gezeigte Diagramm muss man sich daher eher mit logarithmischem<br />
Maßstab vorstellen, beziehungsweise anhand der Stufen von Attention, Interest,<br />
Desire, Action. Die Überlegenheit bezüglich direkter Konversion von Contextual<br />
Targeting-Traffic oder Suchmaschinen-Traffic zu einem Display-Ad liegt beim<br />
Hundert- bis Tausendfachen.
Abb. 1: Besucherwert nach Zugangsart<br />
Interessensebene: Ein Nutzer, der lediglich die Startseite besuchte, ist weniger<br />
wertvoll, als ein Nutzer, der sich Kategorien anschaute, etwas suchte, Artikeleinzelansichten<br />
aufrief und gar Produkte in den Warenkorb legte. Hier lassen<br />
sich zwar auch Konversionsraten nennen, diese sind aber von Anwendung zu<br />
Anwendung sehr unterschiedlich – zum einen wegen der Verschiedenheit der<br />
angebotenen Produkte, zum anderen wegen der unterschiedlichen Mischung der<br />
Nutzer aufgrund der oben angesprochenen Zugangsart. Folgende Tabelle kann<br />
also nur eine grobe Richtung vermitteln. Alleine mit Retargeting aufgrund von<br />
Startseitenbesuchern erreicht man bereits einen Faktor X an Klickratensteigerung<br />
im Vergleich zu normalen Kampagnen. Je stärker sich ein Nutzer interessierte, umso<br />
mehr steigt sowohl die mögliche Klickrate im Banner als auch die Konversion<br />
(Umwandlung des Interessenten in einen Käufer). Natürlicherweise ist für das<br />
Erreichen einer Konversion extrem wichtig einen Internetnutzer zu haben, der<br />
bereits im Rahmen seines Shopbesuchs sich intensiver mit den Shopthemen und<br />
-artikeln beschäftigt hat. Ein Klick ist schnell gemacht, gekauft wird aber nur von<br />
Personen, die im Kaufprozess fortgeschritten sind.<br />
Retargeting „Tiefe” User Konversion Klickrate<br />
Startseite 3 Mio Faktor X Faktor Y<br />
Kategorie-/<br />
Themenseite<br />
1,5 Mio 2 * X 1,5 * Y<br />
Einkaufskorb 0,3 Mio 4 * X 22 * Y<br />
Tab. 1: Konversion und Klickrate in Abhängigkeit der Interessensebene<br />
Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />
Internetnutzer<br />
ansprechen,<br />
die sich beim<br />
Shopbesuch<br />
intensiver mit<br />
den Shopthemen<br />
und -artikeln<br />
beschäftigt<br />
haben<br />
369
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Nicht<br />
protokolliert,<br />
dass eine<br />
Suche nach<br />
„Schuhe Lloyds“<br />
durchgeführt<br />
wurde.<br />
Stattdessen nur<br />
die Produktkategorie<br />
370<br />
Generell ist auch immer das eigene Geschäftsmodell entscheidend, ob tiefe<br />
Informationen notwendig sind oder nicht. Ein Shop, der nur Hundefutter verkauft,<br />
hat bereits eine extrem spezialisierte Information über den Nutzer auf der Startseite<br />
gewonnen. Ein Vollsortimenter hat auf dieser Ebene noch keine Möglichkeit zur<br />
personalisierten Ansprache.<br />
Die Praxis entspricht nicht der Theorie<br />
Ein Interessenskonflikt besteht nun darin, ob man lieber viele Nutzer markiert<br />
und dadurch die Konversion verwässert, oder nur die Premiumbesucher markiert<br />
und damit kaum Masse macht. Denn erreichbar über Werbung ist von diesen<br />
Internetnutzern auch wieder nur ein gewisser Prozentsatz.<br />
Für den Retargeting-Vermarkter ist die Zielstellung klarer. Marketingtechnisch<br />
wird von vielen Retargeting-Anbietern immer wieder der Warenkorbabbrecher<br />
und die personalisierte Ansprache je nach Ebene ins Feld geführt. Schaut man sich<br />
die Profilierungs-Praxis an, könnte man vom Glauben abfallen. Bei extrem vielen<br />
Retargeting-Kampagnen wird überhaupt keine Markierung auf der Konversionsseite<br />
vorgenommen, eine reine Ansprache der Warenkorbabbrecher ist also gar nicht<br />
möglich. Schlimmer noch: Selbst wenn man tatsächlich einen Artikel gekauft hat,<br />
bekommt man diesen werblich noch wochenlang hinterher getragen, was einmal<br />
mehr zum schlechten Image bei Internetnutzern beiträgt.<br />
Ebenso schlecht bestellt ist es noch um die individuelle Verarbeitung der<br />
verschiedenen Anspracheebenen beim Retargeting. Fast alle Retargeting-Anbieter<br />
merken sich eine Sequenz von Artikelnummern und nichts anderes. Das heißt: Es<br />
wird nicht mitprotokolliert, dass eine Suche nach „Schuhe Lloyds“ durchgeführt<br />
wurde. Stattdessen werden die ersten drei Produktnummern des Suchergebnisses<br />
mitprotokolliert. Gleiches bei dem Besucher einer Kategorie des Internetshops<br />
durch einen Nutzer. Anstatt sich zu merken, dass dieser sich für Herrenschuhe<br />
interessiert, werden wiederum konkrete Produktnummern übergeben. Entsprechend<br />
undifferenziert wird man dann auch mit mehr oder weniger gesehenen Produkten<br />
beworben. Idealer sind Werbemittel, die auf verschiedenen Ebenen mit Kategoriegrafiken,<br />
Suchworten und Einzelartikeln agieren.<br />
Abb. 2: Kategorie- und Produkt-Retargeting vereint<br />
Warum setzen die Retargeting-Vermarkter eher auf eine Breitseite, als zum Beispiel<br />
auf die gezielte Ansprache von Warenkorbabbrechern? Der Retargeting-Vermarkter,<br />
der meist nach vermittelten Besuchern (Klicks) abrechnet, verdient bei jedem Klick<br />
eine gewisse Marge. Bei Traffic-Einkauf via Tausender-Kontakt-Preis (TKP) ist für<br />
ihn Klickrate wichtiger als Konversion, für ihn lohnt es sich also auch Nutzer wieder<br />
zum Shop zu bringen, bei denen ein Kauf eher unwahrscheinlich ist. Würde sich der<br />
Vermarkter nur auf die Warenkorbabbrecher konzentrieren und damit dem Shop die
höchste Konversionssteigerung verschaffen, würde er auf bis zu neunzig Prozent<br />
seiner möglichen Provision verzichten.<br />
Auch bei der sinnvollen Retargeting-Dauer und Ansprachefrequenz mag der<br />
Vermarkter aufgrund seiner Margenbetrachtung eher über das sinnvolle Maß<br />
hinausschießen. Ähnlich wie Immobilienmakler zugunsten einer schnellen Provision,<br />
und damit einer anderen Zielstellung als der Immobilienbesitzer, dazu neigen,<br />
Immobilien leicht unter Wert anzubieten, besteht bei einem CPC (Cost-per-Click)-<br />
Retargeting-Vermarkter die Versuchung, seine Zielfunktion in den Vordergrund<br />
zu rücken [7]. Für eine aus Shop-Sicht effiziente Retargeting-Strategie lohnt es<br />
sich also darüber nachzudenken, sich nicht nur auf reichweitenstarke Retargeting-<br />
Anbieter auf CPC-Basis zu verlassen.<br />
Efficient Retargeting<br />
Mit dem Vorgehen „Efficient Retargeting“ verfolgen wir in unseren Projekten<br />
den Ansatz, eine für den Shop risikoarme und effiziente Retargeting-Strategie zu<br />
ermöglichen. Der wichtigste Aspekt: Alle Werbemittel die ein Shop/Unternehmen<br />
verwendet, sollten in der Lage sein, auch eine Retargeting-Botschaft zu transportieren<br />
und fallbezogen die Strategie zu ändern.<br />
Ein Weg ist beispielsweise Retargeting über Affiliate-Netzwerke auf Erfolgs-Basis zu<br />
machen und dadurch die eigentliche Zielgröße – nämlich möglichst hohe Abverkäufe<br />
– auch ins Zielkreuz des Traffic-Partners zu bringen. Darüber hinaus freut sich der<br />
Affiliate und wird ein treuerer Partner, da ihm mächtige und konversionsstarke<br />
Werbemittel zur Verfügung gestellt werden. Der große Nachteil ist, dass diesen<br />
häufig die für Retargeting wichtige Reichweite fehlt und dadurch zu wenig Personen<br />
erneut angesprochen werden können. Eine weitere Traffic-Quelle zur Ansprache<br />
der Shopbesucher ist es, auch bei gebuchten TKP-Image-Kampagnen Personen zu<br />
erkennen, denen besser ein Retargeting-Banner angezeigt werden sollte.<br />
Möglichkeit eins für eine solche Vorgehensweise ist, die Retargeting-Technik zu<br />
lizenzieren und nicht nur Reichweite und Technik eines Vermarkters ohne weitere<br />
Steuerungsmöglichkeit. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, mehrere auf CPO<br />
agierende Retargeting-Vermarkter zu bündeln, um so die gleichen Ziele wie beim<br />
CPC-abrechnenden Retargeting-Vermarkter zu erreichen. Technisch ist dies<br />
mittlerweile einfach zu realisieren: Man fügt einen Container-Tag auf die eigenen<br />
Seiten ein. Dieser setzt dann die Retargeting-Pixel weiterer Anbieter, so dass man<br />
ohne ständige Umbauten des eigenen Shops eine solche Bündelung durchführen<br />
kann.<br />
Dieser Ansatz beinhaltet zwei gravierende Gefahren im Bereich der natürlicherweise<br />
bestehenden Schnittmenge der verschiedenen Anbieter. Die Limitierung der Zahl<br />
der Retargeting-Werbekontakte (Frequency Capping) der einzelnen Anbieter<br />
funktionieren nicht mehr, da diese voneinander ja nichts wissen. Hierdurch besteht<br />
die große Gefahr, dass der Nutzer verärgert wird. Das zweite Problem liegt wiederum<br />
bei den Vermarktern. Dadurch, dass zwei, drei oder vier Werbetreibende mit starken<br />
Überlappungen der Werbeleistung tätig sind, sinkt deren eTKP drastisch. Und damit<br />
die Möglichkeit, auf hochwertigen Seiten den für das Retargeting notwendige<br />
Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />
Alle Werbemittel<br />
sollten in der<br />
Lage sein, auch<br />
eine Retargeting-<br />
Botschaft zu<br />
transportieren<br />
Container-<br />
Tag bündelt<br />
Retargeting<br />
mehrerer<br />
Anbieter<br />
371
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
372<br />
Das Setzen<br />
der weiteren<br />
Retargeting-<br />
Markierungen<br />
ist dediziert<br />
steuerbar<br />
Werbevolumen einzukaufen. Das folgende Diagramm visualisiert diesen Effekt<br />
symbolisch. Die Kampagnen dreier Retargeting-Dienstleister überlappen sich<br />
gegenseitig und führen zu doppelter und dreifacher Ansprache der Zielgruppe.<br />
Abb. 3: Schnittmengengefahr bei Mehrfach-Retargeting<br />
Dieser Effekt ist bereits aus dem Bereich der Post-View-Werbung bekannt (Vergütet<br />
werden dort auch Sales, die nur aufgrund der Sichtung einer Werbung zustande<br />
kamen) und führt dort im Affiliate-Bereich dazu, dass häufig nur eine gewisse Menge<br />
von Post-View-Partnern zugelassen sind. Da der CPC-Retargeting-Anbieter für viele<br />
Shops Retargeting macht, geschieht als Konsequenz auch Folgendes: Aufgrund<br />
sinkender Marge bei Shop A wechselt der Retargeting-Anbieter zur Darstellung<br />
von Werbemitteln von Shop B und zeigt damit mehr Banner der Konkurrenz an, die<br />
keine Schnittmenge mit weiteren Retargeting-Kampagnen unterhält.<br />
Hier kommt das Vorgehen „Efficient Retargeting“ ins Spiel. Auch hier werden<br />
Container-Tags auf der Seite des Shops verwendet und markieren entsprechend<br />
die Internetnutzer. Das Setzen der weiteren Retargeting-Markierungen ist aber<br />
dediziert steuerbar. Wir setzen für einen Internetnutzer den Retargeting-Code eines<br />
reichweitenstarken CPC-Retargeting-Anbieters nur dann, wenn wir davon ausgehen,<br />
dass wir diesen nicht über die normale Reichweite des Shops im Bereich Affiliate<br />
oder TKP-Buchung erreichen. Dieses Vorgehen ist dann möglich, wenn der Shop<br />
unsere Produktwerbemittel, seien sie nun kontextsensitiv oder durch den Nutzer<br />
gesteuert, auch im Affiliate-Bereich oder im gebuchten Bereich einsetzt. Dadurch<br />
wissen wir, welche Personen über diese Kanäle mit hoher Wahrscheinlichkeit und<br />
sinnvollem Zeitraum wieder angesprochen werden können. Darüber hinaus besteht<br />
die Möglichkeit von Kooperationen mit anderen Kunden, die ebenfalls mit dieser<br />
Technologie arbeiten.<br />
Auf diese Weise kann eine wie in der nächsten Abbildung versinnbildlichte<br />
Bewerbung der Shopbesucher nahezu überlappungsfrei gewährleistet werden.
Abb. 4: Schnittmengenfreie Mitnutzung von eigener Affiliate- und TKP-Reichweite des<br />
Shops, ergänzt durch vom Shop gebuchte Retargeting-Fläche und einen CPC-Retargeting-<br />
Anbieter<br />
Auf diese Weise kann ein reichweitenstarkes Retargeting aufgebaut werden, bei<br />
dem auch risikoärmere Kanäle wie Affiliate genutzt und – aufgrund der für diese<br />
Partnergruppe steigenden Verdienstmöglichkeiten – gestärkt werden. Darüber<br />
hinaus ist dieses Verfahren günstiger und eingespartes Budget kann genutzt<br />
werden, die besonders lukrative Zielgruppe der Warenkorbabbrecher oder vermutete<br />
Meinungsführer auf qualitativ hochwertigen Kanälen anzusprechen.<br />
Deep Retargeting<br />
Neben dem optimalen Aussteuern der Retargeting-Reichweite im Sinne des „Efficient<br />
Retargeting“, um möglichst risikolos und margenträchtig die Potentiale zu nutzen,<br />
gilt es noch die Beschränktheit des Retargetings aufzubrechen.<br />
Diese Beschränkungen sind:<br />
• Retargeting ist zeitlich limitiert, die Information wird nur kurz genutzt.<br />
• Die Werbung ist rein auf die Dimension Produkte reduziert.<br />
• Die Werbung ist auf Kaufinteressenten eingeschränkt.<br />
Diesen Beschränkungen stellen wir den Ansatz des „Deep Retargeting“ entgegen.<br />
Zeitliche Beschränkung aufheben<br />
Wie bereits angesprochen, geht Retargeting zeitlich sehr beschränkt vor. Konkrete<br />
Produkte, für die der Internetnutzer sich interessiert, werden ihm noch einige<br />
Zeit vor Augen geführt. Macht man dies eine Woche lang oder zwei? Auch auf<br />
diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Für ein Buch sollte die Frist eher kurz<br />
sein, da es vielleicht längst anderswo gekauft wurde, für ein teures und in punkto<br />
Entscheidungsfindung komplexes Produkt wie ein Auto darf sie auch lang sein.<br />
Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />
Warenkorbabbrecher<br />
oder<br />
vermutete<br />
Meinungsführer<br />
ansprechen<br />
Eine Woche oder<br />
zwei?<br />
373
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Eher ein Mann<br />
oder eine Frau,<br />
eher jung<br />
oder alt<br />
374<br />
Was bleibt nach dieser Zeit? Bei Standard-Retargeting nichts, denn die Wahrscheinlichkeit,<br />
die graue Herrenhose Größe 40 zu verkaufen, geht gegen Null. In dem<br />
vergangenen Interesse steckt aber eine viel interessantere Information. Die Person ist<br />
vermutlich ein Mann und interessiert sich für Größe 40. Diese Information hat eine<br />
deutlich längere Gültigkeit und kann für zukünftige Marketingbotschaften genutzt<br />
werden. Im Modebereich ist das grobe Wissen über das Geschlecht (und vielleicht<br />
eine noch ableitbare Altersgruppe) bereits Garant für eine deutlich bessere Klickrate,<br />
die in der kommenden Kommunikation genutzt werden kann.<br />
Dies ist in der folgenden Abbildung noch einmal grob skizziert. Ein Internetnutzer<br />
geht zu einem Shop. Die Retargeting-Kampagne des Shops wird dadurch für eine<br />
gewisse Zeit in Gang gesetzt. Der Besucher wird durch die Kampagne aktiviert und<br />
schaut sich noch weitere Produkte an. Aus diesen zwei Besuchen lassen sich je nach<br />
gesehenen Produkten grobe Ableitungen machen, ob die Person eher ein Mann oder<br />
eine Frau ist, eher jung oder alt. Je nach Shop oder Portal sind Informationen über<br />
Ort oder gewisse Affinitätsmerkmale ableitbar. Mit dieser aggregierten Information<br />
können Kampagnen im Sinne des „Deep Retargeting“ gesteuert werden.<br />
Abb. 5: Deep Retargeting<br />
Beachtung weiterer Targeting-Dimensionen<br />
Deep Retargeting ist dabei von Shop zu Shop stark unterschiedlich. Während ein<br />
Modeshop an Geschlecht, Alter und präferierter Marke interessiert ist, wäre für einen<br />
Immobilienanbieter, einen Energiedienstleister und eine Partnervermittlungsbörse<br />
der Ort von starkem Interesse.
Abb. 6: Ort als Personalisierungs-Dimension<br />
Beim Tierfutter-Shop ist es am wichtigsten zu wissen, welches Haustier der<br />
Internetnutzer wohl sein eigen nennt. Deep Retargeting ähnelt also Behavioural<br />
Targeting und leitet aus dem Verhalten im eigenen Shop wissenswerte Prediktoren<br />
für die zukünftige Ansprache ab. All diesen Prediktoren gemeinsam ist, dass sie<br />
langfristig nutzbar sind und die zukünftige Kommunikation deutlich zielgerichteter<br />
für den Internetnutzer gestaltet werden kann.<br />
Nutzung für weitere Aktionen<br />
Konsequent weitergedacht kann man auch speziell für Bestandskunden (also das<br />
Gegenteil von Warenkorbabbrechern) Post-Sale-Kampagnen durchführen, indem<br />
man die Kunden nach gewissen Zeitläufen versucht, wieder zu aktivieren. Die Art<br />
der Ansprache mag dann eher dem Gedanken eines Newsletters entsprechen, der<br />
den früheren Interessenten aktiviert. Oder es wird das Ziel verfolgt, in dedizierten<br />
Kanälen Meinungsführer anzusprechen und für neue Produkte mit speziellen<br />
Angeboten zu gewinnen.<br />
Leitlinien<br />
An dieser Stelle seien noch einmal die wichtigsten Fallstricke und Lösungsansätze<br />
dieses Abschnittes aufgeführt. Die wichtigsten Risiken bei Retargeting sind:<br />
• Retargeting aufgrund reinen CPC-Retargetings ist teuer und birgt Risiken.<br />
•<br />
Zielstellung des Retargeting-Vermarkters (Marge Traffic-Einkauf zu Traffic-<br />
Verkauf) stimmt nicht mit Zielstellung des Shops (gezielte Kundenansprache zur<br />
kurz- und langfristigen Konversionssteigerung) überein.<br />
• Retargeting nicht in sonstigen eigenen Shop-Werbeformen ermöglicht.<br />
• Benutzerverärgerung aufgrund<br />
• Ansprache mit bereits gekauften Produkten.<br />
• zu häufige Retargeting-Kundenansprache.<br />
• reine Produktansprache anstelle abstrakter Interessensebenen.<br />
Joachim Feist: Efficient Retargeting<br />
Deep Retargeting<br />
leitet aus dem<br />
Verhalten im<br />
eigenen Shop<br />
wissenswerte<br />
Prediktoren für<br />
die zukünftige<br />
Ansprache ab<br />
375
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
376<br />
„Efficient<br />
Retargeting“<br />
erlaubt die<br />
Bündelung<br />
mehrerer<br />
Retargeting-<br />
Quellen<br />
• doppelter Ansprache über mehrere Vermarkter, dadurch sinkender eTKP.<br />
•<br />
Die wichtigsten Verbesserungspotenziale des Retargeting sind:<br />
•<br />
•<br />
• Ableitung von mittel- und langfristigen Prediktoren.<br />
• Breitere Erhebung relevanten Wissens passend zum eigenen Shop.<br />
•<br />
Vergabe von mittel- und langfristigen Marketingchancen aufgrund reiner<br />
produktbezogener Profilbildung.<br />
Intelligente Container-Tags, die fallbezogen weitgehend überdeckungsfreies,<br />
reichweitenstarkes und risikoarmes Retargeting ermöglichen.<br />
Auch klassische Werbemittel des Shops in die Lage versetzen, Retargeting-<br />
Botschaften auszuliefern. Dies betrifft den Affiliate-Kanal als auch Display-<br />
Kampagnen.<br />
Individuelle Ansprache der verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen<br />
Kostenstrukturen.<br />
„Half the money I spend on advertising is wasted; the trouble is I don’t know which<br />
half“ John Wanamaker 1838-1922.<br />
Dank verschiedener Targetingformen, angefangen von Contextual Targeting, über<br />
Behavioural Targeting bis hin zu Retargeting, kann man im Online-Marketing Herrn<br />
Wannamaker mittlerweile helfen, die verschwendete Hälfte der Werbeausgaben zu<br />
reduzieren.<br />
Wichtig ist, Retargeting als eine von vielen Targetingtechniken anzusehen. Retargeting<br />
sollte in größere Konzepte eingeordnet und auf das eigene Anwendungsgebiet<br />
maßgeschneidert werden. „Efficient Retargeting“ erlaubt dabei die Bündelung<br />
mehrerer Retargeting-Quellen, erweitert diese auf bereits bestehende Werbekontakte,<br />
stärkt den Affiliate-Bereich und fördert auch die mittel- und langfristige Konversion.<br />
„Deep Retargeting“ stellt Retargeting in das größere Bild eines Behavioural<br />
Targetings und erweitert die kurzfristigen Ansprachemöglichkeiten auf langfristige<br />
Marketingchancen.<br />
Literatur<br />
[1] Wise, Bill: To Recoup Click-through Losses, Redirect. – Search Insider, 5. Juni 2006.<br />
[2] United States Patent Application Pub. No.: US 2008/0294523: Methods and Apparatus<br />
for advertising via Computer Networks and Websites. – FetchBack LLC, 28.2.2008.<br />
[3] Value Click Media White Paper: Improving Performance with Retargeting. – 2008.<br />
[4] Rushia, Amy (OMAU): Online Media Tactics Behavioral Targeting & Retargeting.<br />
– April 22nd 2009.<br />
[5] Christakis, Nicholas A./Fowler, James H.: Connected!, S. Fischer Verlag, 2010.<br />
[6] Tradoria Händlerzeit 5/2010.<br />
[7] Levitt Steven D./Dubner, Steven J.: Freakonomics. – Goldmann Verlag, 2007.
Neuer Onlinewerbetrend aus den USA:<br />
5<br />
Realtime-Bidding<br />
Martin Weidemann<br />
Realtime-Bidding bedeutet das Versteigern von AdImpressions in Echtzeit. In den<br />
USA bereits fester – und stark wachsender – Bestandteil des Onlinewerbemarktes,<br />
gewinnt das Verfahren auch hier in Deutschland zunehmend an Bedeutung.<br />
Beim Realtime-Bidding wird der Anzeigenbereich einer Website an den höchstbietenden<br />
Werber versteigert – und zwar in genau dem Moment, in dem die Website<br />
durch den User aufgerufen wird. So sollen marktgerechte Preise für jede Einblendung<br />
und zielgenaues Werben ermöglicht werden. In Deutschland befindet sich der Trend<br />
erst seit dem letzten Jahr auf dem Vormarsch.<br />
Ablauf und Beteiligte<br />
Realtime-Bidding läuft im Wesentlichen über den Austausch zwischen den beteiligten<br />
Adservern ab – jeweils einer auf Seiten des Publishers oder seines Vermarkters<br />
und einer auf Seiten des Advertisers (beziehungsweise seines Dienstleisters).<br />
Ruft ein Nutzer eine bestimmte Website auf, sendet der Adserver des Publishers<br />
Details über Website und User an die Adserver der Werbekunden. Diese bieten nun<br />
auf die Werbeeinblendung, die auf der Werbefläche der Website erscheinen wird.<br />
Hierzu sind die Adserver entsprechend ihrer Kriterien für abzugebende Gebote<br />
programmiert – ähnlich der Funktion des automatischen Bietens bei eBay. Der<br />
Adserver des Publishers sammelt dann die Gebote und der Bieter mit dem höchsten<br />
Gebot erhält den Zuschlag, das heißt die Einblendung. All dies geschieht innerhalb<br />
weniger Millisekunden.<br />
Das Bidding-Verfahren läuft vom Nutzer gänzlich unbemerkt ab: Sobald der<br />
Ladevorgang der Seite abgeschlossen ist, ist auch die Werbung des Höchstbietenden<br />
bereits zu sehen – also quasi in Echtzeit. Mit jedem weiteren Aufruf der Website<br />
werden die Werbetreibenden erneut via Adserver um ein Gebot gebeten und der<br />
Preis für die AdImpression wird neu ausgehandelt.<br />
Die Besonderheit: Rückgriff auf Targeting-Mechanismen<br />
Damit Advertiser ihre Gebote nicht nur nach der infrage stehenden Website, sondern<br />
auch nach dem jeweils zu erreichenden Adressaten ausrichten können, werden auch<br />
Informationen über den Nutzer verarbeitet. Hierbei handelt es sich zunächst um<br />
die regulären Userdaten, das heißt ihre IP-Adresse (aus der ein Rückschluss auf<br />
den Standort, ISP und Bandbreite gezogen werden kann), ihr Betriebssystem, ihren<br />
Browser sowie gegebenenfalls weitere Informationen wie Bildschirmauflösung<br />
oder Sprache.<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Martin-Weidemann<br />
Realtime-Bidding<br />
bedeutet das<br />
Versteigern von<br />
AdImpressions in<br />
Echtzeit<br />
Beim Aufruf einer<br />
Webseite sendet<br />
der Adserver<br />
des Publishers<br />
Details über<br />
Website und User<br />
an die Adserver<br />
der Werbekunden<br />
377
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
User-Matching<br />
zwischen den<br />
beiden Adservern<br />
und den dort<br />
verfügbaren<br />
Profilen<br />
Echtzeit-Auktion<br />
ermöglicht<br />
den Verkauf<br />
jeder einzelnen<br />
AdImpression<br />
genau zum<br />
jeweils aktuellen<br />
Marktwert<br />
378<br />
Darüber hinaus kann beim Realtime-Bidding allerdings auch ein Abgleich<br />
weitergehender Profildaten erfolgen. Während des Ladevorgangs werden dabei<br />
natürlich keine neuen Daten seitens des Publishers eingesammelt. Stattdessen<br />
erfolgt, der eigentlichen Auktion vorgelagert, ein User-Matching zwischen den<br />
beiden Adservern und den dort verfügbaren Profilen. Der Adserver des Publishers<br />
meldet den Nutzer bereits vor der Einladung zur Auktion an den Adserver des<br />
Advertisers. Dieser prüft, ob er die angegebene ID mit eigenen Kenntnissen über<br />
den entsprechenden Nutzer anreichern kann. Wenn ja, kann er seine Entscheidung<br />
über Teilnahme an der Auktion und Höhe der Gebote auf eine fundierte Grundlage<br />
stellen.<br />
Eigene Informationen über den User kann der Advertiser zum Beispiel mit Hilfe<br />
von Cookies oder aus einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung generiert<br />
haben. Auch gibt es Data-Supply-Plattformen, bei denen sowohl Advertiser als<br />
auch Publisher derartige Datensätze einkaufen können. Diese enthalten individuelle<br />
Informationen, die der Nutzer freigegeben hat, wie beispielsweise Alter, Geschlecht<br />
oder Interessen. Es obliegt hierbei dem Anbieter der Daten, dafür zu sorgen, dass<br />
deren Erhebung in rechtlich einwandfreiem Verfahren erfolgt ist. Hat der Publisher<br />
selbst solche Datensätze gekauft, kann er den potenziellen Bietern vor der Auktion<br />
nähere Angaben zum Nutzerprofil machen.<br />
Das Wissen um das Profil des Users kann die Entscheidung über den genauen Wert<br />
der Impression für den Advertiser – und damit die Höhe seines Gebots – entscheidend<br />
beeinflussen. Eine erfolgversprechende Impression bei einem als Gelegenheitskunde<br />
oder früherer Interessent bekannten User mag ihm einen hohen Preis wert sein.<br />
Für eine Einblendung bei einem unbekannten User, auf dessen Interessen sich nur<br />
aufgrund des inhaltlichen Profils der Website schließen lässt, zahlt er hingegen<br />
sicherlich weniger.<br />
Je mehr über den User bekannt ist, desto weniger Bedeutung kommt letztlich dem<br />
inhaltlichen Profil der Website zu, da sich die Konzentration auf den Adressaten<br />
selbst verlagern kann.<br />
Publisher profitieren<br />
Für den Publisher bietet das Realtime-Bidding-Verfahren einen erheblichen Vorteil:<br />
Die Echtzeit-Auktion ermöglicht den Verkauf jeder einzelnen AdImpression genau<br />
zum jeweils aktuellen Marktwert. Im Normalfall, das heißt im Rahmen einer<br />
pauschal gebuchten Kampagne, werden die Einblendungen zu einem vorher<br />
ausgehandelten Festpreis bespielt. Ob und wie viel ein anderer Advertiser für<br />
dieselbe Einblendung mehr bezahlen würde, wird weder ermittelt noch lässt<br />
sich im entscheidenden Moment darauf reagieren. Die Einzelversteigerung ihrer<br />
Einblendungen bringt Publishern demgegenüber einen höheren Profit. Für jede<br />
Einblendung erhalten sie garantiert den höchsten Preis, den die Advertiser am<br />
Markt bereit sind zu zahlen.
Vorteile für Advertiser<br />
Martin Weidemann: Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding<br />
Abb. 1: Ablaufprozess beim Realtime-Bidding<br />
Für Advertiser ist Realtime-Bidding grundsätzlich nicht mehr als ein anderes<br />
Buchungsverfahren für AdImpressions. Statt den Preis für ein bestimmtes<br />
Kontingent an Einblendungen im Vorhinein festzulegen, wird dieser nun eben<br />
für jede Werbefläche separat ausgehandelt. Indem die Advertiser ihre Kriterien<br />
und preislichen Vorgaben via Adserver in das Versteigerungsverfahren einfließen<br />
lassen, unterscheidet sich im Ergebnis für sie zunächst einmal nichts. Lediglich die<br />
preisliche Variabilität ist neu – sie kann ihnen im Einzelfall sowohl zum Vorteil als<br />
auch zum Nachteil gereichen.<br />
Allerdings entfaltet das Realtime-Bidding besondere Effektivität in der Kombination<br />
aus Auktion und Nutzer-Targeting-Mechanismen. Denn so kann der aktuelle<br />
Preis in Abhängigkeit vom Profil des Nutzers ausgehandelt werden. Das erlaubt<br />
den Werbungtreibenden ihre Werbemaßnahmen gezielt zu platzieren und so die<br />
Streuverluste ihrer Werbemaßnahmen gering zu halten.<br />
Für Advertiser bietet sich durch Realtime-Bidding die Gelegenheit zum „Cherry-<br />
Picking“: Sie bieten nur auf die Rosinen aus dem Kuchen, das heißt auf die<br />
Statt den<br />
Preis für<br />
Einblendungen<br />
vorher<br />
festzulegen,<br />
wird dieser in<br />
Echtzeit für jede<br />
Werbefläche<br />
ausgehandelt<br />
379
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
Preis-Leistungsverhältnis<br />
lässt sich für<br />
den Werber<br />
im Verhältnis<br />
zur üblichen<br />
Buchung<br />
erheblich<br />
verbessern<br />
380<br />
Preise können<br />
auch höher<br />
ausfallen, als<br />
im normalen<br />
Buchungsverfahren<br />
Einblendungen bei Usern, die sie explizit für sich als hochrelevant erkannt haben.<br />
Statt pauschal Werbeflächen in einem Umfeld zu buchen, in dem sie ihre Zielgruppe<br />
im Vorhinein vermuten, können sie mit Hilfe des Realtime-Bidding gezielt Werbung<br />
nur dort platzieren, wo sich tatsächlich ein geeigneter Adressat aufhält. Passt<br />
beispielsweise die Website zum anvisierten Nutzerprofil, der betreffende User, der<br />
die Website aufruft, aber nicht, kann der Werbungtreibende ein geringeres Gebot<br />
abgeben oder ganz darauf verzichten. Durch diese zielgenaue Platzierung der<br />
Onlinewerbung lässt sich das Preis-Leistungsverhältnis auch für den Werber im<br />
Verhältnis zur üblichen Buchung erheblich verbessern. Hinzu kommt der finanzielle<br />
Vorteil durch die Reduzierung von Streuverlusten.<br />
Realtime-Bidding gewährt damit sowohl Publishern als auch Werbern eine sinnvolle<br />
Aussteuerung der Einblendungen. Zielgenauigkeit und Effizienz der Onlinewerbung<br />
erhöhen sich.<br />
Hindernisse und Risiken<br />
Trotz vielversprechender Aussichten und dem Rückenwind aus Amerika hat sich<br />
Realtime-Bidding in Deutschland noch nicht vollständig etabliert. Dies liegt zum<br />
einen daran, dass die technischen Voraussetzungen, die zur Auktionsabwicklung<br />
benötigt werden, noch nicht überall geschaffen sind. Gerade die Anreicherung der<br />
Nutzerprofile mit weiteren Daten im Rahmen der Auktionsvorbereitung ist eine sehr<br />
junge Entwicklung. Diese ist weit davon entfernt, flächendeckend implementiert zu<br />
sein: In den USA ist sie seit circa einem Jahr verfügbar, in Deutschland steckt ihre<br />
Anwendung noch in den Kinderschuhen.<br />
Die hohen Anforderungen in puncto Rechenleistung stellen zum anderen einen nicht<br />
unerheblichen Kostenfaktor dar. Nicht für alle Anbieter zahlt sich der technische<br />
Aufwand auch aus, denn um effizient zu arbeiten, benötigt der Adserver eine<br />
gleichbleibend hohe Auslastung. Dies kann aber nicht jeder Vermarkter zu jedem<br />
Zeitpunkt garantieren – weswegen die Preise unter Umständen auch höher ausfallen<br />
können als im normalen Buchungsverfahren.<br />
Ein weiteres Hindernis für die Etablierung von Realtime-Bidding ist eine spezifische<br />
Eigenheit des deutschen Werbemarktes. Während in den USA die werbungtreibenden<br />
Unternehmen meist direkt mit den Publishern in Verbindung stehen, wird die<br />
Abwicklung des Werbegeschäfts in Deutschland von Seiten der Advertiser eher<br />
in die Hände einer Agentur gegeben. Als Zwischeninstanz zwischen Publisher<br />
und Advertiser handelt sie innerhalb eines festgesetzten Budgets die Kosten der<br />
Werbekampagne aus.<br />
Durch Realtime-Bidding reduziert sich die Planungssicherheit der Agenturen<br />
erheblich, bezogen sowohl auf das Werbevolumen als auch auf den Preis. Dabei<br />
ist es für Agenturen noch nicht einmal zwingend erstrebenswert, die Werbung zu<br />
einem niedrigeren als dem erwarteten Preis zu buchen. Denn wird das verfügbare<br />
Budget nicht ausgeschöpft, wird der Etat beim nächsten Mal möglicherweise von<br />
Beginn an gekürzt. So ist noch nicht klar, inwiefern die Agenturen den Realtime-<br />
Bidding-Trend aus Amerika aufgreifen oder ob sie sich vielleicht sogar gegen ihn<br />
positionieren werden.
Keine Probleme mit Datenschutz<br />
Weniger ausschlaggebend im Falle des Realtime-Bidding sind Datenschutzerwägungen.<br />
Denn der Adserver auf Publisherseite nutzt nur die allgemein<br />
zugänglichen Daten aus IP und Browserinformationen und erhebt selbst keine<br />
Daten. Das zielgenaue Targeting wird möglich durch den Abgleich mit bereits beim<br />
Advertiser angelegten Nutzerprofilen, die beim User-Matching mit dem anonymen<br />
Profil des Adservers zusammengeführt werden.<br />
Die rechtlich einwandfreie Erhebung der Daten liegt – wie bei allen anderen<br />
Interaktionen mit vorhandenen oder potenziellen Kunden auch – in der Verantwortung<br />
des Advertisers beziehungsweise der Data-Supply-Plattform, von der die Daten<br />
bezogen werden. Legt ein Publisher selbst ebenfalls eine Profildatenbank an und<br />
speichert entsprechende Nutzerdaten, gilt dieser Grundsatz natürlich auch für ihn.<br />
Vorbehalte gegen Dienste, die auf einer derartigen Datenverarbeitung fußen, mögen<br />
zwar allgemein in Europa die Implementierung von Realtime-Bidding erschweren.<br />
In jedem Fall entstehen aber keine unbekannten beziehungsweise neuen rechtlichen<br />
Risiken durch das Buchungsverfahren.<br />
Fazit: Auch bei uns der nächste Onlinewerbetrend?<br />
Realtime-Bidding ist derzeit in aller Munde und wird als die neue Sensation am<br />
Onlinewerbemarkt gehandelt. Allerdings wird die Adaption des Echtzeit-Auktionsverfahrens<br />
auf dem deutschen Markt mit Sicherheit kein rascher Siegeszug<br />
werden. Zu komplex ist das Verfahren samt seiner technischen Voraussetzungen.<br />
Dennoch besteht gerade auf Seiten der Publisher ein sehr hohes Interesse an der<br />
Implementierung des für sie profitablen Buchungsverfahrens.<br />
Mit der Möglichkeit zum Abgleich der persönlichen Nutzerdaten steigt der Wert<br />
des Realtime-Biddings schließlich auch in den Augen der Advertiser erheblich. Mit<br />
der nötigen technischen Infrastruktur steht einer flächendeckenden Einführung des<br />
Bietverfahrens im Prinzip nichts mehr im Weg. So wird sich Realtime-Bidding auf<br />
lange Sicht einen festen Platz im Leistungsportfolio der Vermarkter sichern – wie<br />
hoch der Anteil innerhalb des Marketing-Mix sein wird, lässt sich allerdings nur<br />
schwer prophezeien. Dies wird zu einem nicht unwesentlichen Teil auch von der<br />
Bereitschaft der (Media-)Agenturen und/oder einem etwaigen Abnabelungsprozess<br />
der Werbungtreibenden abhängen.<br />
Literatur<br />
Martin Weidemann: Neuer Onlinewerbetrend aus den USA: Realtime-Bidding<br />
Schutzmann, I.: Optimieren für’s höchste Gebot. – In: Internet World Business, S. 18 f.,<br />
03/2011, 7. Februar 2011.<br />
Schutzmann, I.: Per Auktion zum Nutzer. – In: Internet World Business, S. 8 f., 05/2011, 17.<br />
März 2011.<br />
Schmidt, Holger: Die nächste Revolution: Werbung in Echtzeit. – F.A.Z. Blog Netzökonom<br />
(http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2010/09/28/werbung-inechtzeit.aspx),<br />
28. September 2010.<br />
Keine neuen<br />
datenschutzrechtlichen<br />
Risiken durch<br />
das Buchungsverfahren<br />
381
382<br />
Data Driven Display („D3”) Advertising<br />
5<br />
– RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />
Ulrich Hegge<br />
Ideal dank D3-<br />
Advertising!?<br />
Vollautomatisches<br />
Anbieten und<br />
Kaufen des<br />
Inventars zum<br />
optimalen, für<br />
beide Seiten<br />
fairen Preis<br />
Hinweis: Mit maximal zwei Jahren Erfahrung in den USA (einem anders strukturierten<br />
Markt) und außerordentlich wenig harten Daten aus den deutschsprachigen Märkten<br />
sind praktische Tipps nicht möglich. Auch eine detaillierte Beschreibung der<br />
jeweiligen Technologien ist entsprechend nicht zu leisten, außerdem wäre bei der<br />
aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit jede Analyse in kurzer Zeit überholt.<br />
Trotzdem kann die schöne neue Welt einer datengetriebenen Display-Vermarktung<br />
in einem Online-Marketing-Handbuch 2011 nicht außen vor gelassen werden. Zu<br />
groß sind die Chancen, zu wichtig die möglichen Veränderungen der kommenden<br />
Jahre im Markt. Welche das sein könnten? Bitte hier entlang...<br />
Effizient, schnell, profitabel – ideal dank D3-Advertising!?<br />
Für den Publisher ist das gewünschte Ergebnis klar: Möglichst immer den optimalen<br />
Preis für das gerade zur Verfügung stehende Inventar bekommen. Und das mit<br />
möglichst wenig Aufwand, damit die Marge stimmt.<br />
Genauso einfach ist das Ziel des Advertisers – möglichst effizient, das heißt mit<br />
möglichst geringem Streuverlust, zum richtigen Zeitpunkt und zu möglichst geringen<br />
Kosten (Marge!) den gewünschten Effekt erzielen. Das gilt so sowohl für Marken-<br />
wie für Abverkaufswerbung.<br />
Um das jeweils Gewünschte zu erreichen, sind meist weitere Mitspieler notwendig.<br />
Vermarkter, Vermarktungsnetzwerke, Media- und Kreativ-Agenturen, Technologie-<br />
Dienstleister (Adserver, Targeting) und gegebenenfalls Anbieter von Daten. Und<br />
alles dient der besseren Aussteuerung der Kampagnen zur Erreichung der genannten<br />
Ziele.<br />
Wie wäre es, wenn diese Komplexität radikal reduziert werden könnte?<br />
• Vollautomatisches Anbieten und Kaufen des Inventars,<br />
• ... zum optimalen, für beide Seiten fairen Preis,<br />
• ... mit allen zur Optimierung notwendigen Daten, für die Creatives<br />
und die Kampagnenaussteuerung,<br />
• ... die wiederum automatisiert und in Echtzeit umgesetzt werden.<br />
Das ist das Leistungsversprechen, das sich die verschiedenen Marktteilnehmer auf<br />
die Fahnen geschrieben haben.<br />
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ulrich-Hegge
Wer spielt mit – oder will mitspielen?<br />
Vor allem in den letzten zwei Jahren ist eine rege, von Innovation getriebene<br />
Services-Szene entstanden, in der die zur Umsetzung des Idealszenarios notwendigen<br />
Funktionen angeboten werden.<br />
Publisher: Supply Side Platform „SSP“<br />
In der SSP wird das zur Verfügung stehende Inventar durch den Publisher<br />
klassifiziert und die buchbaren Formate eingetragen. Diese Buchungsdaten werden<br />
über die SSP dem Advertiser/der Media-Agentur zur Verfügung gestellt, damit<br />
ohne weitere Zwischenschritte direkt gebucht und die Werbemittel entsprechend<br />
der gebuchten Kampagne ausgespielt werden können. SSPs sind damit Exchanges,<br />
die eine Erlösmaximierung für Publisher und Vermarkter erreichen wollen. Und<br />
dies idealerweise unter Berücksichtigung beziehungsweise Abgrenzung der<br />
Premium-Vermarktungsstrategien, um unter anderem Kannibalisierungseffekte zu<br />
vermeiden.<br />
Es gibt zwei Varianten, die überwiegend auf den gleichen technischen Systemen<br />
laufen:<br />
• Open SSP: Grundsätzlich für alle Marktteilnehmer auf beiden Seiten offen.<br />
• Private SSP: Zusammenschluss zu einem kontrollierten Vermarktungsnetzwerk,<br />
das über diese bestimmte SSP gebucht wird.<br />
Beispielhafte Anbieter in diesem Bereich sind unter anderem (aktuell ständige<br />
Veränderungen auch in der Positionierung möglich – das gilt auch für die folgenden<br />
Aufzählungen von Marktteilnehmern):<br />
• www.admeld.com (von Google gekauft) • www.pubmatic.com<br />
• www.rubiconproject.com • www.liftdna.com<br />
• www.improvedigital.com • www.revenuemax.de<br />
Advertiser: Demand Side Platform „DSP“<br />
Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />
Um die Inventar-Handelsmöglichkeiten über die verschiedenen Exchanges (SSPs und<br />
„klassische” AdExchanges) und Möglichkeiten zur Optimierung durch Hinzukaufen<br />
von Daten (dazu anschließend mehr), noch handhaben zu können, haben sich DSPs<br />
etabliert.<br />
Dank der Aggregation der SSPs/Exchanges und der zur Optimierung notwendigen<br />
Daten durch die DSPs können Advertiser dann Publisher- und Netzwerk-übergreifend<br />
buchen und aussteuern.<br />
• www.invitemedia.com (von Google gekauft) • www.dataxu.com<br />
• www.mediamath.com • www.turn.com<br />
SSP: Werbemittel<br />
entsprechend<br />
der gebuchten<br />
Kampagne<br />
automatisch<br />
ausgespielt<br />
DSP:<br />
Hinzukaufen<br />
von Daten zur<br />
Optimierung der<br />
Kampagne<br />
383
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
DX: Daten<br />
für die Siteübergreifende<br />
Adressierung der<br />
Nutzer<br />
384<br />
Optimierung: Data Exchange „DX“<br />
Typischerweise ist das über D3-Advertising buchbare Inventar nicht das sogenannte<br />
Premium-Inventar. Premium-Buchungsplätze werden meist direkt vermarktet und<br />
der Platzierungskontext spielt eine große Rolle („Premium-Marken auf Premium-<br />
Sites“).<br />
Um das andere Inventar möglichst effizient zu nutzen, wird üblicherweise Targeting<br />
eingesetzt. Durch das Targeting verliert das Buchungsumfeld an Bedeutung,<br />
stattdessen rückt der zu erreichende Nutzer in den Vordergrund.<br />
Und um den richtigen Nutzer im richtigen Moment zu erreichen, sind die dazu<br />
passenden Daten notwendig. Je nach Kampagnenziel können dies beispielsweise<br />
soziodemografische Daten, allgemeine Interessen oder aktuelle Kaufinteressen sein.<br />
Nicht alle Publisher verfügen über diese Daten, und auch nicht alle Advertiser. Vor<br />
allem ist die Site-übergreifende Adressierung der Nutzer wichtig, sonst können nicht<br />
ausreichend große Kampagnen gebucht werden.<br />
DX ermöglichen es, die möglicherweise fehlenden Daten hinzuzubuchen und aus<br />
„uninteressantem“ Restinventar durch die relevanten Targeting-Daten höherpreisige<br />
und effizientere Werbeplätze zu machen. Die spannendste Frage für DXs ist<br />
derzeit, ob es gelingen wird, ausreichend Lieferanten für hochwertige Daten zu<br />
bekommen.<br />
• Google „DDP“ (Mitte Juli 2011 kurz vor Launch, bisheriger interner Name)<br />
• www.bluekai.com<br />
• www.exelate.com<br />
• www.adnologies.com / www.profile-exchange.com/<br />
Abb. 1: Offline versus Online Data Sources [1]
Handelsplattform: Realtime-Bidding „RTB“<br />
Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />
Die Publisher haben ihr Inventar über eine SSP zur Verfügung gestellt, die Advertiser<br />
über eine DSP geplant und über eine DX mit Daten angereichert. Da bleibt noch das<br />
Problem der Menge des benötigten Inventars. Steht davon ausreichend zur Verfügung,<br />
das heißt zu passenden Preisen und mit ausreichenden Targeting-Möglichkeiten<br />
(ausreichende Anzahl Nutzer mit den gewünschten Merkmalen)? Wo und wie können<br />
welche Plätze zu den zur Kampagne passenden Preisen eingekauft werden?<br />
Auf einer RTB geschieht dies (optimalerweise) in Echtzeit. In dem Moment, in<br />
dem bestimmte Plätze buchbar sind, kann auf diese geboten werden. Jeder Bieter<br />
entscheidet für sich, wie viel, zu welchem Preis und teilweise auch wo er platzieren<br />
möchte. Im Falle des Zuschlags kann normalerweise die Werbung direkt ausgeliefert<br />
werden.<br />
In Ergänzung zur Aggregation von Daten (DX) und Buchungsplätzen (DSP) und der<br />
passenden Buchung (gegebenenfalls RTB) ist die sogenannte „Yield Optimization“<br />
ein weiteres zentrales Feature. Aufgabe ist es, die effektivsten Werbeplätze zu<br />
einem möglichst geringen Preis zu kaufen. Wer die besten Daten und das größte<br />
Inventarangebot hat, kann am besten optimieren. Beide Faktoren zusammen sind<br />
entscheidend.<br />
Viele Anbieter bieten sowohl DSP, RTB wie auch Yield Optimization-Funktionen über<br />
ihr System an – einige auch mit DX-Services. Ergänzung zu bereits genannten:<br />
• www.sociomantic.com • www.adyard.de (YO)<br />
• www.yieldlab.de • www.efrontier.com (YO)<br />
• www.adspirit.de<br />
RTBs verstehen sich vorwiegend als neutraler Service, auch wenn bestimmte Anbieter<br />
eher an Publisher, andere an Advertiser gerichtet sind. Besonders interessant wird<br />
sein, wie die potentiell unendlichen Zielgruppensegmente tatsächlich effektiv genutzt<br />
werden. Hier bieten sich Modelle aus dem SEM Bid-Management an, bei denen sich<br />
die Wertigkeit und Effizienz durch die Nachfrage aus dem Markt reguliert.<br />
Data Management Platform „DMP“<br />
Die Qualität und Menge der Daten sind für alle Marktteilnehmer entscheidend. Wer<br />
die besseren Daten hat, kann effizienter buchen und liefert bessere Kampagnenergebnisse.<br />
Anbieter von DMPs versprechen, Wettbewerbsvorteile durch die umfassende<br />
Sammlung und Aufbereitung ihrer Kunden zu erreichen. Die aufbereiteten Daten<br />
können dann entweder selbst, zur Optimierung des eigenen Geschäfts, eingesetzt<br />
werden, oder möglichst hochpreisig Data Exchanges zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
• www.redarilcom<br />
• www.techtonicds.com<br />
• www.lotame.com<br />
RTB: Bieter<br />
entscheidet für<br />
sich, wie viel,<br />
zu welchem<br />
Preis und<br />
teilweise auch<br />
wo er platzieren<br />
möchte<br />
DMP:<br />
Optimierung<br />
des eigenen<br />
Geschäfts<br />
385
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
386<br />
Zusammenspiel<br />
aller<br />
Komponenten<br />
nur von den<br />
größten<br />
Anbietern<br />
im Markt zu<br />
bewältigen<br />
Abb. 2: Segmentation & Microtargeting [2]<br />
D3-Advertising und das wirklich wahre Leben?<br />
Schon an der Erklärung der Funktionen und der Vielzahl der Marktteilnehmer lässt<br />
sich erahnen, dass D3-Advertising noch nicht die theoretischen Versprechungen der<br />
Vereinfachung und des direkten Effizienzgewinns einlöst.<br />
Hohe Komplexität<br />
Schon aus der Schilderung des D3-Advertising-Ökosystems; das heißt der<br />
notwendigen Funktionen und seiner aktuellen Anbieterlandschaft, lässt sich<br />
erkennen, dass eine organisatorisch und wirtschaftlich sinnvolle Nutzung derzeit<br />
noch eine echte Herausforderung ist. Während einzelne Bereiche für einen<br />
spezifischen Zweck (insbesondere RTB in Kombination mit Retargeting) bereits<br />
hervorragend funktionieren, ist das Zusammenspiel aller Komponenten nur von den<br />
größten Anbietern im Markt zu bewältigen.<br />
Hier ist in den kommenden Jahren eine starke Vereinheitlichung mit entsprechenden<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen durch eine Markt- und Funktionskonsolidierung<br />
zu erwarten. Mit DoubleClick, der AdExchange, Admeld, Invite Media und der<br />
kommenden DDP scheint Google von den größten Marktteilnehmern hierfür am<br />
besten vorbereitet.<br />
Erfahrungsgemäß entstehen in solchen Märkten aber auch Anbieter, die alle Services<br />
im Zusammenspiel aus einer Hand anbieten.
Abb. 3: Das datengetriebene Vermarktungsgeschäft gibt noch kein klares Bild [1]<br />
Herausfordernde D3-Advertising-Wertschöpfungskette<br />
Ebenfalls sofort erkennbar ist das Problem der Verteilung des Vermarktungskuchens.<br />
Jeder weitere Gast am Tisch muss durch eine klare Wertsteigerung, das heißt höhere<br />
Preise bei klarem Effizienzgewinn, beweisen, dass er sein Stück verdient. Bereits<br />
in der klassischen Netzwerkvermarktung gibt es hier immer wieder Probleme. Bei<br />
einer maximalen(!) Kette von<br />
Publisher -> SSP-Betreiber -> Advertiser/Media-Agentur -> DSP Betreiber -> Data<br />
Exchange Kosten -> RTB Betreiber -> Yield Optimization-Service<br />
plus den Kosten für Vermarktung und sonstige Technologie wird klar, dass das<br />
derzeit nur bei hohen effektiven TKPs funktionieren kann. Und genau die werden<br />
noch nicht in ausreichendem Maße in diesem Segment erzielt.<br />
Und: Datenschutz<br />
Ulrich Hegge: Data Driven Display („D3”) Advertising – RTBs, DSPs, SSPs, DXs und DMPs<br />
Große Unsicherheit herrscht momentan beim Thema Datenschutz. In diesem Kontext<br />
ist bisher unabdingbar, dass genug sogenannte 3rd Party-Cookies (Cookies, die<br />
Site-übergreifend verwendet werden können) gesetzt werden.<br />
Falls, wie derzeit diskutiert, mindestens für den Einsatz genau dieser 3rd Party-<br />
Cookies ein explizites Opt-in Voraussetzung ist, wird es neue Lösungen geben<br />
müssen.<br />
Falls<br />
explizites Opt-in<br />
Voraussetzung<br />
ist, wird es neue<br />
Lösungen geben<br />
müssen<br />
387
Torsten Schwarz: Leitfaden Online Marketing Band 2 / Kap. 5 Digitale Werbung<br />
388<br />
Neue<br />
Werbekundensegmente<br />
erreicht<br />
D3-Advertising<br />
ist immer noch<br />
in einem frühen<br />
Stadium<br />
Ebenfalls kritisch beurteilt wird derzeit die „Handelbarkeit“ von Profildaten. Auch<br />
wenn schon aus Eigeninteresse bei den Datenanbietern darauf geachtet wird,<br />
anonymisiert oder im Rahmen der vorhandenen Nutzer-Genehmigungen zu arbeiten,<br />
könnten hier durch eine undifferenzierte Wahrnehmung in der Öffentlichkeit oder<br />
unseriöse Services weitere Probleme entstehen.<br />
One more thing: Erfolgreiche Cases!<br />
In den USA, einem Markt, der meist etwa zwei Jahre vor dem deutschsprachigen ist,<br />
wurde durch D3-Advertising nicht nur die Restplatzvermarktung verbessert, sondern<br />
neue Werbekundensegmente durch deutlich größere Reichweiten und verbessertes<br />
Targeting erreicht.<br />
Die strukturellen, organisatorischen und rechtlichen Probleme werden, wie auch<br />
bisher bei Themen wie Search Engine Marketing und Targeting/Retargeting, gelöst<br />
werden.<br />
Unter der URL http://d3con.de/d3con-2011/ (von der d3con – Data Driven Display<br />
Advertising Conference, Mai 2011) finden sich interessante Vorträge und Beispiele<br />
aus verschiedenen Bereichen des D3-Advertisings, die das Potential auch im hiesigen<br />
Markt erkennen lassen.<br />
Weitere spannende Beispiele und Hintergrundinfos finden sich unter http:<br />
//www.adtraders-conference.com/de/agenda/ (Ad Trader Conference, Juni 2011),<br />
ebenfalls zum Download.<br />
Interessant sind auch die Ergebnisse der umfangreicheren Adnologies-Studie „The<br />
impact of Data in data-driven DisplayAds“ vom März 2011, zu finden unter http:<br />
//www.profile-exchange.com/data_impact.pdf<br />
Die zentrale Aussage aller vorliegenden Cases: D3-Advertising ist immer noch in<br />
einem frühen Stadium, und die Lernkurve aller Beteiligten ist steil. Aber richtig<br />
eingesetzt, lassen sich die positiven Effekte klar beweisen.<br />
Jetzt liegt es an allen Beteiligten, dieses Potential für den Markt nutzbar zu<br />
machen.<br />
Literatur<br />
[1] Winterberry W-Group – rubicon PROJECT.<br />
[2] Vortrag von EfficientFrontier auf der d3con Converence.<br />
[3] Präsentation von Kay Schneider, RevenueMax AG.<br />
http://d3con.de/d3con-2011/<br />
http://www.adtraders-conference.com/de/agenda/<br />
http://www.profile-exchange.com/data_impact.pdf
���<br />
������������������������<br />
����������<br />
�����������<br />
����������<br />
�������������������<br />
�������������<br />
����������������������������������������������<br />
�������������������������������������<br />
����������������������������������������������<br />
�����������������������������������������������<br />
�� ������������������������������������������������������<br />
�� ���������������������������������������������������������<br />
�����������������������������������������������������<br />
�� ���������������������������������������������������<br />
�� �����������������������������������������<br />
�� ��������������������������������<br />
�� ������������������������������������<br />
�� �������������������������������������<br />
�� �������������������������������������������<br />
�����������������������������������<br />
����������������������������������������������������������������<br />
�����������������������������<br />
���������������������������������������������������������������������������������<br />
�������������������
Praxis-Ratgeber für<br />
Online-Marketing<br />
��������������<br />
��������������<br />
������������<br />
��������������<br />
Leitfaden WOM Marketing<br />
A. M. Schüller & T. Schwarz, 448 Seiten, 39,90 Euro, geb., 2010<br />
Die neue Empfehlungsgesellschaft des Wordof-Mouth-Marketing<br />
: Wie Sie online & ofß ine<br />
neue Kunden gewinnen und zielsicher den<br />
Buzz steuern und gestalten.<br />
Leitfaden Dialogmarketing<br />
T. Schwarz, 536 Seiten, 29,90 Euro, geb., 2008<br />
Alles rund um Mailings: Von der Werbewirkung<br />
über Texten bis zum Aufbau einer<br />
Kundendatenbank.<br />
Leitfaden Integrierte<br />
Kommunikation<br />
T. Schwarz & G. Braun, 324 Seiten, 24,90 Euro, 2. Auß ., 2008<br />
Neue Herausforderung an die Markenführung<br />
durch Web 2.0, Communities und Soziale Netze.<br />
Leitfaden E-Mail-<br />
Marketing 2.0<br />
T. Schwarz, 500 Seiten, 34,90 Euro, geb., 2009<br />
Das umfassendste deutschsprachige Fachbuch<br />
zum Top-Thema der US-Marketer.<br />
Leitfaden E-Mail-Marketing<br />
und Newsletter gestalten<br />
T. Schwarz, 194 Seiten, 20,00 Euro, geb., 3. Auß ., 2007<br />
Der kompakte Longseller verrät, wie Sie in<br />
12 Schritten systematisch ins professionelle<br />
E-Mail-Marketing einsteigen.<br />
shop.marketing-boerse.de
����������������<br />
�<br />
� � � � � �� � � � �<br />
�������������������������������<br />
������������������������������������<br />
����������������������������������<br />
�������������������������������<br />
����������������������������������<br />
�����������������������������������������<br />
�����������������������������<br />
���������������������������<br />
������������������������������<br />
��������������<br />
�������������������������<br />
�����������������������������������<br />
��������������������������<br />
�������������������������<br />
���������������������������������<br />
����������<br />
�����������<br />
���������<br />
���������<br />
��������������������������������<br />
�������������������������������