Das Stadtmagazin für Familien mit Teenagern in Köln, Bonn und Region erscheint mit folgenden Themen:
Familienleben: Let's talk about Sex
Zukunft: Wie tickt die GEneration Z?
Berufe-Check: Was macht eigentlich ein Dachdecker?
Zoom-Interview: Studieren in Corona-Zeiten
Themen, Tipps und Termine rund um Berufsorientierung, Ausbildung, Studium, Freiwilligendienst
Sommer 2020
FAMILIENLEBEN
Let’s talk about Sex
ZUKUNFT
Wie tickt die Generation Z?
BERUFE-CHECK
Dachdecker
INHALT
28
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der enge Kontakt zu den Freundinnen und Freunden ist für
die meisten Jugendlichen ganz besonders wichtig. Hier fühlen
sie sich verstanden, hier tauschen sie sich über Ängste
und Sorgen aus, hier haben sie Spaß und probieren sich aus.
Zu den Eltern gehen sie mehr oder weniger auf Distanz –
eine wichtige Phase in der Entwicklung junger Menschen,
in der sie sich langsam von zu Hause abnabeln und die zum
Erwachsenwerden einfach dazugehört. Für viele Familien
waren die Ausgangs- und Kontaktbegrenzungen der letzten
Wochen von daher sicher eine Zerreißprobe. Wir hoffen, ihr
habt sie einigermaßen gut und gemeinsam gemeistert und
seid noch im Gespräch mit euren Teenagern.
Wie wichtig das vertrauensvolle Gespräch zwischen Eltern
und Jugendlichen ist, kann auch unsere Autorin Anja
Schimanke bestätigen. Für ihren Text „Let’s talk about Sex“
hat sie sich mit einer Expertin in Sachen Sexualerziehung
darüber unterhalten.
Mit der Generation Z und ihrem Konsumverhalten haben
sich Ursula Katthöfer und Elena Bünger beschäftigt: Sie
haben Jugendliche gefragt, in welcher Shopping-Welt sie
gern leben wollen, und mit einer Expertin des Kölner
rheingold Instituts darüber gesprochen.
Außerdem findet ihr in dieser Ausgabe von KÄNGURUplus
wieder viele Infos zu Ausbildung, Medien, Kultur und
Projekten. Den Veranstaltungskalender haben wir dieses
Mal allerdings gestrichen. Schaut bitte in die Rubrik
„Für Teenager“ im Kalender unter www.kaenguru-online.de.
Dort informieren wir euch tagesaktuell.
Viel Vergnügen beim Lesen wünschen wir euch!
STADTLEBEN
04 Kinderhospizarbeit:
Geschwister im Blick
Politikstunde der bpb
Kurz notiert
05 Jugend-Hackathon:
neuer Termin
Escape-Room:
Lockdown Agents
06 Virtuelle Museumsbesuche
in aller Welt
08 Ausstellung: Gameskultur
in Deutschland
Messe: Digitale
Gamescom 2020
FAMILIENLEBEN
10 Let’s talk about Sex
18 Was guckst du? Medientipps
für junge Leute
ZUKUNFT
20 Wie tickt die
Generation Z?
26 Studieren in
Corona-Zeiten
28 Berufe-Check:
Dachdecker
30 Hochschulranking 2020
MINT Nachwuchsbarometer
Try-Ing: Praktikum
bei Ford
© Sonja Hoffmann
PETRA HOFFMANN
UND DAS KÄNGURUplus-TEAM
31 Impressum
DRK_AZ_Koeln_146x96_Streetart_RZ_ZW.indd
DRK_AZ_Koeln_146x96_Streetart_RZ_ZW.indd 1
1 1 14.05.13
14.05.13 14.05.13 17:04
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STADTLEBEN
© Kinderhospizverein
© bpb
KINDERHOSPIZARBEIT
Geschwister im Blick. Der Deutsche Kinderhospizverein
(DKHV e. V.) bietet Geschwistern, deren Bruder oder Schwester
lebensverkürzend erkrankt oder verstorben ist, die Möglichkeit
zu Austausch, Begegnung und Vernetzung. Wenn ein Kind
lebensverkürzend erkrankt ist, betrifft das alle in der Familie.
Auch für die Geschwister ist die Situation belastend, denn sie
müssen sich schon früh mit Verlust, Sterben und Tod auseinandersetzen.
Gleichaltrige zu finden, die ihre Lebenssituation
verstehen und mit ihnen offen über ihre Fragen und Gefühle
sprechen, ist nicht einfach.
Der DKHV e. V. begleitet die Geschwister in dieser schwierigen
Lebenslage – auch und insbesondere zu Zeiten der Corona-
Krise. Viele der „Geschwister im Deutschen Kinder hospizverein“
sind mittlerweile gut vernetzt und im regen Austausch zu
„ihren Themen“. Anlässlich des Tags der Geschwister 2020
haben sie einen Kurzfilm gedreht, der andere Geschwister dazu
animieren soll, den Kontakt zur bestehenden Geschwistergruppe
aufzunehmen. Im Netzwerk des DKHV finden sie in
Sandra Schopen eine eigene Ansprechpartnerin für Geschwister,
die dabei hilft, sie in ihrer besonderen Lebens situation aufzufangen.
[sh]
Info: Sandra Schopen, Tel. 0151 – 46 45 80 92,
www.deutscher-kinderhospizverein.de/ansprechpartnerin-fuergeschwister/,
https://youtu.be/iP60B89Mrlw
POLITIKSTUNDE
Virtuelle Schulstunde der bpb. Seit Wochen findet der Schulunterricht
zu einem großen Teil zuhause statt, die Hochschulen
sind geschlossen und für viele Erwachsene ist Home-Office
angesagt. Damit das Fach Politik in dieser Zeit nicht zu kurz
kommt, streamt die Bundeszentrale für politische Bildung jeden
Werktag eine Schulstunde lang live. Dabei zeigt sie aber keine
typische Schulstunde, bei der der Lehrende einen 45-minütigen
Vortrag hält. Und sie richtet sich auch nicht ausschließlich
an Schülerinnen und Schüler. Alle, die Zeit, Lust und Interesse
haben, können teilnehmen und zuschauen. Mirko Drotschmann
von der bpb schaut sich gemeinsam mit Professoren,
YouTubern, KollegInnen von Eurotopics, TeamGLOBAL und
Bonn Postkolonial sowie mit Studierenden der Politikwissenschaft
an, was in der Welt gerade so passiert, und diskutiert
darüber. Anschließend geht es im Stream zum Beispiel um
„Serien und Politik“, „Verschwörungstheorien“ oder „Grundrechtsdebatten
in der Corona-Krise“.
Die Politikstunde geht außerdem auch auf Klassenfahrt – unter
anderem nach Tunis, Prag und Berlin. Sie startet montags bis
freitags um 11 Uhr live auf Facebook. Während des Live-Streams
könnt ihr Fragen zu den jeweiligen Themen stellen. Alle Folgen
können auf YouTube und der Website der bpb nachgeschaut
werden. [id]
Info: www.bpb.de/politikstunde
KURZ NOTIERT
NEUES AUS
DER REGION
WDR-HÖRSPIEL „WALDEN“
1845 baute sich der amerikanische
Schriftsteller Henry David Thoreau
eine Hütte, abgeschieden im Wald von
Massachusetts. Hier führte er ein Leben
in Isolation. Sein Tagebuch dieser
Zeit nutzte er als Vorlage für „Walden“,
das zu einem der einflussreichsten
Bücher der amerikanischen Literatur
wurde. Der WDR hat daraus ein
Schwarmhörspiel gemacht und HörerInnen
aufgerufen, jeweils eine Seite
online vorzulesen. Schließlich wurde
das Textmaterial mit Musik und Sound
verbunden. Entstanden ist ein rund
16-stündiges Hörspiel, das unter
www.zusammen-walden.de her unter
geladen werden kann.
„DENKT@G“-WETTBEWERB
Im Rahmen eines Jugendpolitiktages
hat die Konrad-Adenauer-Stiftung zum
11. Mal den bundesweiten Jugendwettbewerb
„denkt@g“ gestartet. Im
Vorfeld des Gedenktages für die Opfer
des Nationalsozialismus ruft die Stiftung
Jugendliche im Alter zwischen 16
und 22 Jahren dazu auf, sich mit der
NS-Diktatur und dem Holocaust, aber
auch mit aktuellen Fragen zu Antisemitismus,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
in unserer Gesellschaft
auseinanderzusetzen. Die Teilnehmer
sollen Beiträge in Form von innovativ
gestalteten Webseiten anfertigen.
Diese können bis zum 31. Oktober
2020 eingereicht werden. Infos unter
www.denktag.de
AUSBILDUNGSPLÄTZE BEI
RHEINENERGIE UND KVB
Für August 2020 sind noch Ausbildungsplätze
bei der RheinEnergie und
der KVB zu vergeben und neue Ausbildungsstellen
ausgeschrieben. Beide
Unternehmen informieren online
über ihr Ausbildungsangebot unter
www.rheinenergie.com/ausbildung
und www.kvb.koeln/ausbildung. Weiterhin
planen beide Unternehmen einen
Gemeinschaftsstand auf der Messe
Berufe live Rheinland im November,
vorausgesetzt, diese findet statt.
4 KÄNGURUplus 06/20
STADTLEBEN
BEREIT
FÜR DIE
EWIGKEIT?
© AdobeStock.com_Khrystyna Pochynok
JUGEND-HACKATHON
Jugend hackt. Die Pandemie machte auch
vor dem für den Mai geplanten Jugend-hackt-
Wochenende in Köln, dem Hackathon, nicht
halt. Ein neuer Termin ist jetzt geplant für den
27. bis 29. November im TOR28. Jugend hackt
ist ein Programm für junge Menschen, die mit
ihren technischen Fähigkeiten die Welt verbessern
wollen. Unterstützt von ehrenamtlichen
Mentoren entwickeln die Teilnehmenden
digitale Werkzeuge, Prototypen und Konzepte
für eine bessere Zukunft. Jugend hackt ist
ein nicht-gewinnorientiertes Programm der
gemeinnützigen Vereine Open Knowledge
Foundation Deutschland e. V. und mediale
pfade.org – Verein für Medienbildung e. V.
In Köln übernimmt die Fachstelle für
Jugendmedienkultur NRW die Organisation
als regionaler Partner. Das Angebot umfasst
Hackathon-Events in verschiedenen Städten,
regionale Labs, eine Online-Community und
internationale Austauschprogramme. Interessierst
du dich für gesellschaftliche Themen
und für Technik? Worauf wartest du dann
noch? Mitmachen kann jeder zwischen 12 und
18 Jahren. Du brauchst keine Vorkenntnisse.
Und die Teilnahmekosten liegen gerade mal
bei 20 Euro. [sh]
Info: 27.–29.11., TOR28, Machabäerstr. 28,
50668 Köln, www.jugendhackt.org
© Lina Petry
LOCKDOWN AGENTS
Escape-Room zum Ausdrucken. Der Kinderund
Drehbuchautor THiLO hat sich gegen
Langeweile in Corona-Zeiten ein Escape-
Room-Spiel für zuhause ausgedacht. Als Lockdown
Agents lösen die Teilnehmer den Fall
„Im Labor des Virologen“. Dort hat der Wissenschaftler
Doktor Sergej Rissen eine Supermedizin
zusammengerührt, die gegen alle
Viren der Welt immun macht. Diese hat er in
seinem geheimen Labor versteckt und nur
wer zwölf knifflige Rätsel löst, findet das Versteck.
Dabei ist Um-die-Ecke-Denken angesagt.
Das Spiel gibt es sowohl für Spieler von
acht bis elf Jahren als auch für Spieler ab zwölf.
Zwei bis vier Agenten können gemeinsam
spielen – also zum Beispiel Geschwister,
Eltern-Kind-Teams oder auch die ganze Familie.
Der Spielemacher schätzt die Dauer des Spiels
auf 60 bis 90 Minuten. Während des Spiels
verwandelt sich eure Wohnung in euren
ganz eigenen Escape-Room. Ihr braucht euer
Wohnzimmer oder das Kinderzimmer, das
Badezimmer und die Küche. Die benötigten
Materialien wie Gläser und Büroklammern sollten
schnell zu finden sein. Die Anleitung, die
Story und weitere benötigte Requisiten könnt
ihr euch gegen eine kleine Spende als PDF
herunterladen und ausdrucken. [id]
Info: www.thilos-gute-seite.de/lockdown-agents
BEWIRB
DICH!
JETZT JETZT NOCH NOCH
FÜR FÜR 2019! 2019!
Entscheide dich dich für für
eine eine Ausbildung mit mit
gesicherter Zukunft!
Werde Ruhebewahrer!
Das Das Team erwartet dich.
www.ruhebewahrer.de
DAS KOCHBUCH
23 kinderleichte Rezepte
für den Familienalltag
BERATUNGSANGEBOT YOURBASE
Wenn Jugendliche in Schwierigkeiten
stecken, Sorgen haben oder in Zeiten
von Corona einfach mit jemandem
außerhalb der Wohnung sprechen
möchten, bietet das Bürgerzentrum
Ehrenfeld eine Offene Jugendberatung
an. Dienstags und donnerstags
von 10 bis 15 Uhr gibt es eine offene
Telefonsprechzeit, es können aber
auch zu anderen Zeiten Telefon- oder
Videogespräche verabredet werden.
Infos unter yourbase@bueze.de oder
0176 – 363 039 05.
MAILBERATUNG MIT
JUGENDNOTMAIL
Um junge Menschen in der aktuellen
Lage unterstützen zu können, ist die
Onlineberatung „#gemeinsamstatteinsam“
gestartet. Junge Menschen bis
26 Jahre können sich hier vertraulich
und kostenlos durch ehrenamtliche
Berater*innen beraten lassen, die eine
spezielle Ausbildung durchlaufen haben.
Betreiber des Angebots sind
JugendNotmai, www.jugendnotmail.de
(zuständig für die bis 19-Jährigen) sowie
[U25], www.u25.de, das Online-
Suizidpräventionsangebot der Caritas.
ONLINEBERATUNG DER VHS
Bis zu neun Zeitstunden können
Menschen im Rahmen des Förderprogramms
„Beratung zur beruflichen
Entwicklung“ ihre berufliche Situation
mit qualifizierten Beraterinnen und
Beratern der VHS besprechen. Ziel
ist, konkrete Strategien zu entwickeln
für Veränderungen, Neuorientierungen
und Weiterbildungen. Die Beratung
ist kostenfrei, es muss lediglich
ein Termin vereinbart werden. Infos
unter Tel. 0221 – 221-31452 / -23999
und E-Mail: berufliche-beratung@
stadt-koeln.de.
Kochen
mit
Karla
23
Rezepte
www.kaenguru-online.de/
kochbuch
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STADTLEBEN
VIRTUELLE
MUSEUMSBESUCHE
Ob wegen Corona oder einfach weil sie zu weit weg
sind, bei vielen Museen ist ein Besuch zurzeit
nicht möglich – zumindest nicht in echt. Einige
Museen bieten euch jedoch die Möglichkeit, sie virtuell
zu erkunden. Das Schöne daran ist, es gibt keine
geo grafischen Grenzen.
© unsplash.com_adrian-deweerdt
© Deutsches Museum
DEUTSCHES MUSEUM MÜNCHEN
Im Deutschen Museum in München dreht sich alles um die Welt der Naturwissenschaft und
Technik. Damit Besucher auch in Pandemie-Zeiten weiterhin Wissen erleben können, hat das
Museum eine ganze Reihe digitaler Angebote. Besonders toll sind dabei die virtuellen Rundgänge
durch die Ausstellungen Schifffahrt, Luftfahrt oder Raumfahrt, die auch von einem Audioguide
begleitet werden. Da heißt es zurücklehnen, zuschauen und zuhören. Ihr könnt diese und
weiter Ausstellungen natürlich auch auf eigene Faust entdecken. Weitere Führungen durch das
Museum stellt das Museum übrigens auch auf seinem YouTube-Kanal zur Verfügung.
www.deutsches-museum.de/angebote/digitale-angebote
© AdobeStock.com_Anna
BRITISH LIBRARY
Harry-Potter-Fans aufgepasst! Über Google Arts & Culture könnt ihr die Online-Ausstellung
„Harry Potter: Eine Geschichte der Zauberei“ besichtigen – zwar nicht in Form einer virtuellen
360-Grad-Tour, aber dafür mit spannenden Bildern, Texten und Videos rund um die Bücher
von J. K. Rowling, den Entstehungsprozess der Geschichten und die Welt der Zauberei. Schaut
euch zum Beispiel die Illustrationen und Skizzen von Jim Kay an oder entdeckt die Geschichten
der Schulfächer von Hogwarts. Die Texte, Interviews und Beschreibungen sind dabei auch
auf Deutsch verfügbar.
artsandculture.google.com/project/harry-potter-a-history-of-magic
© Naturhistorisches Museum Wien
NATURHISTORISCHES MUSEUM WIEN
Mit Google Arts & Culture könnt ihr den gesamten Ausstellungsbereich des Naturhistorischen
Museums in Wien virtuell besuchen. Dort gibt es viel zu entdecken: Fossilien, Saurierskelette, viele
Exponate aus der Tierwelt und noch mehr. Darunter befinden sich auch weltberühmte und einzigartige
Objekte wie die Venus von Willendorf oder die Stellersche Seekuh. Klickt euch einfach
durch die vielen Räume des Museums und taucht in die Naturgeschichte ein. Für Mineralien-Fans
hält das Naturhistorische Museum außerdem die spannende Online-Ausstellung „Die Evolution
der Minerale“ bereit.
www.nhm-wien.ac.at/online-angebot
© AdobeStock.com_muratart
BRITISH MUSEUM
Wie wäre es mit einem Trip nach London ins British Museum, ohne dass ihr euch dafür Schuhe
anziehen müsst? Lohnenwert ist ein Besuch auf jeden Fall, denn das British Museum ist eines
der größten kulturgeschichtlichen Museen der Welt und seine Sammlung umfasst über zwei
Millionen Jahre Menschheitsgeschichte. Bei den virtuellen Touren via Google Arts & Culture gibt
es also jede Menge zu entdecken. Dabei könnt ihr euch entweder von Raum zu Raum klicken
oder nach Lust und Laune eure eigenen Routen ausprobieren. Zu vielen der einzelnen Ausstellungsstücke
bietet Google euch auch einen genauen Blick und einen englischen Informationstext.
artsandculture.google.com/partner/the-british-museum
6 KÄNGURUplus 06/20
Fischewer Maria © Deutsches Museum © AdobeStock.com_Mat Hayward
© AdobeStock.com_ArTo © AdobeStock.com_Hunta
METROPOLITAN MUSEUM OF ART
Das Metropolitan Museum of Art – kurz Met – in New York schmeißt nicht nur jedes Jahr eine
Riesenparty, die Met Gala, sondern ist auch das größte Kunstmuseum der USA. Kunstwerke aus
über 5.000 Jahren und der ganzen Welt sind hier ausgestellt. Neben dem Hauptgebäude gehören
auch noch die Met Cloisters und das Met Breuer dazu. Und alle drei Gebäude könnt ihr zum
Teil im Rahmen des „Met 360°“-Projekts erkunden. Dafür hat das Met sechs Kurzvideos erstellt
und auf YouTube veröffentlicht, bei denen ihr eure Blickrichtung verändern und euch so im
ganzen Raum umsehen könnt.
www.metmuseum.org/art/online-features/met-360-project
MUSEUM FÜR NATURKUNDE BERLIN
Das Museum für Naturkunde Berlin ist unter dem Motto „Für Natur digital“ mit seiner Sammlung
online erlebbar, die rund 30 Millionen Objekte umfasst. Dazu zählt auch der virtuelle Museumsbesuch
über Google Arts & Culture, bei dem ihr ganz nach Lust und Laune durch die Ausstellungsräume
flanieren könnt. Ebenfalls ein paar Blicke und Klicks wert sind die Online-Ausstellungen,
die ihr auf der Übersichtsseite des Museums bei Google Arts & Culture findet. Hier werden
unter anderem in Videos die Biodiversitätswand des Museums und der Giraffatitan durch Virtual
Reality zum Leben erweckt.
www.museumfuernaturkunde.berlin/de/fuernatur-digital
ANNE FRANK HAUS
Das Anne Frank Haus in Amsterdam möchte Menschen auf der ganzen Welt ermöglichen, diesen
besonderen Ort zu besuchen, und hat daher mehrere digitale Angebote auf seiner Website. Ihr
könnt euch online im Hinterhaus umschauen, in dem Anne Frank und ihre Familie sich versteckten.
Wenn ihr eine VR-Brille besitzt, ist das auch über eine kostenlose App möglich. Auch die Wohnung,
in der Familie Frank vorher gelebt hatte, könnt ihr in einer 360-Grad-Ansicht erkunden.
Auf YouTube hat das Museumsteam in 15 Folgen das Anne Frank Video-Tagebuch veröffentlicht,
das auf ihren Tagebuchbriefen basiert und in dem sie ihr Leben, ihre Gedanken und ihre
Gefühle teilt. www.annefrank.org/de/museum/web-und-digital
BACH-ARCHIV LEIPZIG
Das Bach-Museum und das Bach-Archiv in Leipzig ermöglichen euch eine kleine Zeitreise. Mit
einem 3D-Modell könnt ihr eine virtuelle Tour durch das barocke Leipzig unternehmen. Mit ein
paar Klicks geht es auf Wanderschaft durch das Leipzig zu Bachs Zeiten, das dabei wie ein kleines
Miniaturland aussieht. Ihr könnt aus den vier Himmelsrichtungen einen Blick auf die Stadt werfen
und euch die Orte genauer ansehen, die im Leben des Komponisten eine Rolle gespielt haben
(könnten), wie zum Beispiel die Thomasschule. Natürlich bietet euch das Archiv zu diesen auch
Infos und Erklärungstexte.
www.bachmuseumleipzig.de/de/bach-museum/closedbutopen
© AdobeStock.com_SimoneGilioli
MUSEO FRIDA KAHLO
In Mexico City steht La Casa Azul – das Blaue Haus, in dem Frida Kahlo geboren wurde, gelebt
hat und auch verstorben ist. Das Haus ist heute ein Museum und kann mit Google Arts &
Culture besucht werden. Ihr könnt euch die Gärten anschauen, das Studio der Künstlerin sowie
die Wohnräume des Hauses wie die Küche. Die Zimmer zeigen dabei zum einen, wie Frida Kahlo
in dem Haus gelebt hat, und sind zum anderen zu Galerien umgewandelt worden, in denen
Fotos aus ihrem Leben wie auch ihre Bilder ausgestellt sind. Die Online-Ausstellung „Mehr Schein
als Sein“ widmet sich außerdem der Mode von Frida Kahlo.
artsandculture.google.com/partner/museo-frida-kahlo
© AdobeStock.com_Jan Kranendonk
MUSEE D’ORSAY
Wenn man an ein Kunstmuseum in Paris denkt, kommt einem sicher als Erstes der Louvre in
den Sinn. Aber auch das Musée d’Orsay beherbergt eine Kunstsammlung von mehr als 4.000
Exponaten – darunter Gemälde, Skulpturen und Fotografien. Das Gebäude, in dem sich das
Museum befindet, war früher einmal ein Bahnhof, der für die Weltausstellung 1939 gebaut wurde.
Das macht die Ausstellungsräume zu etwas Besonderem, wie ihr auch bei einer virtuellen Tour
mit Google Arts & Culture selbst herausfinden könnt. In schickem Bahnhofsflair könnt ihr euch
Werke von van Gogh, Monet, Cézanne und weiteren berühmten Künstlern anschauen.
artsandculture.google.com/partner/musee-dorsay-paris
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STADTLEBEN
GAMESKULTUR IN DEUTSCHLAND
Interaktive Ausstellung. Die Sonderausstellung „Gameskultur
in Deutschland – Meilensteine“ aus dem Berliner Computerspielemuseum
ist derzeit zu Gast im Deutschen Museum Bonn.
Anschaulich stellt sie über vier Dekaden digitaler Spielentwicklung
in Deutschland vor und zeigt somit auch ein buntes Stück
unserer Alltags- und Kulturgeschichte. Mit acht spielbaren
Games vom klassischen Geschicklichkeits-Spiel über Rollenspiele
und Action-Games in skurrilen Abenteuerwelten bis hin
zum „Moorhuhn“ – hier findet jeder, generationsübergreifend,
seinen Spaß. Auch für Nichtspielende ist die Ausstellung verständlich
und unterhaltsam konzipiert. Vorkenntnisse sind nicht
vonnöten. Geeignet ist der Besuch für Kinder und Jugendliche
ab 12 Jahren. Menschen, die bisher keine besondere Beziehung
zu Computerspielen hatten, werden vielleicht verblüfft sein,
denn Computerspiele machen nicht nur Spaß, sondern auch fit
für den Beruf. Bei der Beschäftigung mit digitalen Spielen erwerben
junge Menschen viele Kompetenzen und Fähigkeiten, die
sie in unserer komplexen Arbeitswelt gut einsetzen können, wie
zum Beispiel kurze Reaktionszeiten, eine schnelle Informationsverarbeitung
und eine hohe Entscheidungskompetenz unter
Zeitdruck. All das lässt sich prima in stressigen Arbeitssituationen
anwenden. [sh]
Info: Deutsches Museum Bonn, Ahrstraße 45, 53175 Bonn,
Tel. 0228 – 30 22 52, www.deutsches-museum-bonn.de
© Koelnmesse gamescom
DIGITALE GAMESCOM 2020
Computerspiel-Messe von zuhause. Aufgrund der Corona-
Pandemie sind Großveranstaltungen in Deutschland bis zum
31. August nicht erlaubt. Von diesem Verbot ist auch die
gamescom betroffen, die jedes Jahr hunderttausende Besucher
zählt. Damit Fans in diesem Jahr aber nicht gänzlich auf das
Gaming-Event verzichten müssen, findet die Messe auf digitalen
Kanälen statt.
Schon in den vergangenen Jahren gab es für die, die die Messe
nicht besuchen konnten, die Möglichkeit, bei einigen der Formate
über Live-Streams dabei zu sein. So konnten sie zum Beispiel
die Opening Night live von ihren Sofas zuhause miterleben.
Diese Formate werden nun ausgebaut und neue Module
erarbeitet, damit ihr die Computerspiel-Messe auch von
zuhause aus besuchen und gemeinsam mit der Games-
Community die neuesten Spiele kennenlernen könnt.
Wie genau euer digitaler Besuch der Messe aussehen wird und
wie ihr zum Beispiel bei der Präsentation von neuen Games
dabei sein könnt, erfahrt ihr in den nächsten Wochen auf
www.gamescom.de.
Falls ihr euch schon ein Ticket für die gamescom besorgt habt,
bekommt ihr eure Zahlungen zurückerstattet. Genauere Infos
zur Rückzahlung findet ihr auf der Website der gamescom.
Die digitale gamescom 2020 startet für Fachbesucher am
25. August. Privatbesucher können sich dann vom 26. bis zum
29. August online dazu schalten. [id]
Info: 26.–29.8., www.gamescom.de
8 KÄNGURUplus 06/20
KÄNGURUplus 06/20
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FAMILIENLEBEN
Text: Anja Schimanke
LET’S TALK
ABOUT SEX
MUTTER: „Hast du Zeit? Ich würde gern mit dir reden.“
PUBERTIER: „Ich hab nichts getan.“
MUTTER: „Nein-nein.“
PUBERTIER: „Warum dann reden?“
MUTTER: „Also, ich finde und habe das Gefühl
und das auch schon etwas länger und mir ist
aufgefallen, dass du dich körperlich veränderst.
Und weil du ja vielleicht auch bald
eine Freundin/einen Freund hast und …“
PUBERTIER (genervt): „Mamaaa – was willst du?“
MUTTER: „Ähm, tja, also wir sollten mal über gewisse
Dinge sprechen – über Sex und so!“
PUBERTIER: „Das Thema hatten wir schon
in der Schule. Was willst du wissen?
Ich kenn‘ mich mega aus.“
MUTTER: „Schon klar. Aber jetzt mal im Ernst …“
PUBERTIER: „Alter, das ist voll peinlich!“
© AdobeStock.com_ satura
10 KÄNGURUplus 06/20
FAMILIENLEBEN
Liebeskummer, Kondompanne, Selbstbefriedigung
und Safer Sex – (k)ein Grund, rot zu werden, oder?
Wenn es um Sexualität und Aufklärung geht, sind Eltern gefragt. Für die Mehrheit der Jugendlichen
zwischen 14 und 17 Jahren sind Mütter und Väter wichtige Bezugspersonen und Anlaufstelle bei Fragen
und Problemen. Schön, nur wie redet man unverkrampft, offen und wertfrei über Liebe, Sex, Verhütung,
HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten? Und vor allem, ohne Angst zu machen, Dinge
zu verheimlichen oder einfach zu verbieten. Denn: Sexualität ist nichts Gefährliches! Auch wenn es
das ist, was Eltern ihren Kindern manchmal gerne weismachen wollen …
Sexualität ist die natürlichste Sache
der Welt. Natürlich mit seinem Kind
darüber zu sprechen, ist trotzdem
nicht immer leicht für Eltern, schon
gar nicht während der Pubertät.
Für Jugendliche übrigens auch nicht.
Vieles ist plötzlich so anders und ungewohnt.
Es ist nicht nur aufregend,
sondern auch anstrengend, wenn
Haare plötzlich sprießen, Rundungen
entstehen, Hormone Achterbahn
fahren und der Körper sich verändert.
Bei den einen früher, bei anderen
später. Zu früh, zu spät – beides
verunsichert. Bin ich normal?
Ist das okay so? Wie geht’s besser?
Da können Eltern für ihr Kind da sein,
sich Sorgen anhören, darüber sprechen,
beruhigen, bestärken, Antworten
liefern, wo es Fragen gibt, Fehlinformationen
korrigieren … Denn trotz
der Möglichkeit, heutzutage schnell
und leicht an Informationen zu kommen,
herrscht bei Jugendlichen auch
Unsicherheit, Unwissen und Redebedarf
(auch wenn sie das nicht zugeben).
Die bevorstehende oder einsetzende
Menstruation bei Mädchen nutzen
viele Mütter als Initiationsimpuls,
um mit der Tochter über biologische
Themen wie Fruchtbarkeit und
Schwangerschaft zu sprechen. „Mädchen
werden besser aufgeklärt als
Jungen“, sagt Anja Franke vom Institut
für Sexualpädagogik (s. Interview).
„Bei den Jungen wäre das Pendant in
biologisch-körperlicher Hinsicht der
erste Samenerguss. Darüber sprechen
Eltern mit ihren Jungs nicht.“
ALTER, WAS GEHT
DENN JETZT AB?
Bei Sexualaufklärung geht es nicht
darum, intime Details miteinander
zu besprechen. Feuchte Träume,
Selbstbefriedigung, das erste Mal –
das bequatschen Jugendliche nicht
am Frühstückstisch mit den Eltern.
Dazu haben sie ihre Peergroup. Und
je mehr es um Lust und Leidenschaft
geht, desto weniger erfahren Eltern.
Ein wichtiger Entwicklungsschritt.
Anja Franke: „Das ist eine der Aufgaben
der Jugendlichen, sich abzugrenzen
und eigene Erfahrungen unabhängig
von den Eltern zu machen!“
Bei Liebeskummer, zwischenmenschli
chen Beziehungen und
Ver hütung – da sind Eltern gefragt.
„Eltern sind für ihre Kinder wichtige
Vertrauenspersonen und eine zentrale
Beratungsinstanz in Verhütungsfragen“,
weiß Dr. Heidrun M. Thaiss,
Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA). Seit
1980 befragt die BZgA regelmäßig
Jugendliche zu den Themen Aufklärung
in Schule und Elternhaus,
erste sexuelle Erfahrungen und Verhütungskenntnisse
und -verhalten
(siehe Kasten „Fakten & Zahlen“).
Über die Hälfte der Mädchen (63 %)
und Jungs (51 %) sprechen mit ihren
Eltern über Kondom, Pille & Co. – und
verhüten so gut wie noch nie. Auch
das „erste Mal“ erleben die meisten
Jugendlichen im Vergleich nicht
früher, sondern immer noch mit ca.
16 Jahren. Daran hat sich seit drei
Jahrzehnten nichts geändert. Beruhigend
finden das viele Eltern nicht.
Auch nicht, dass sich die 14-bis
17-Jährigen nach eigener Einschätzung
für ausreichend aufgeklärt halten:
85 Prozent bei den Mädchen
und 83 Prozent bei den Jungen. Das
ist der höchste bisher gemessene
Wert (Stand: 2015).
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11
FAMILIENLEBEN
INTERVIEW MIT ANJA FRANKE
„DAS, WAS DEN MÄDCHEN ZU OFT GESAGT
WIRD, SAGEN WIR JUNGS OFT ZU WENIG“
Anja Franke
Foto: Britta Jane
Anja Franke ist Diplom-Pädagogin und Expertin in Sachen Sexualerziehung.
Seit zehn Jahren arbeitet sie als Dozentin am Institut für Sexualpädagogik (isp),
geht unter anderem an Kitas und Schulen, wo sie bei Elternabenden Fragen
rund ums Thema Sexualität beantwortet. Da Sexualität oft als potenzielles Risiko
und Gefahrenfeld gesehen wird, ist eine ihrer wichtigsten Botschaften an Eltern:
Schutz ist wichtig, aber auch das Ausprobieren und Erkunden.
Sie selber hat eine 15-jährige Tochter.
KÄNGURU plus: Frau Franke,
Eltern wollen ihre Kinder vor
möglichen negativen Erfahrungen
schützen. Und Jugendliche brauchen
Freiheit, um sich auszuprobieren.
Wie soll das funktionieren?
Anja Franke: Durch Zutrauen und
Vertrauen. Als Eltern muss man
manches aushalten, die Verantwor-
tung an die Jugendlichen übergeben
und ihnen zutrauen, dass das, was
wir die vergangenen 14, 15 Jahre an
Erziehung, Bindung und Miteinander
aufgebaut haben, dass dies trägt. Und
Liebeskummer oder andere Dinge, die
nicht gut gelaufen sind, sind Chancen,
sich weiterzuentwickeln! Sexualität
wird wie viele andere Entwicklungsbereiche
gelernt. Es braucht Selbst-
erfahrung und freundliche Begleitung.
Fehlerfreundlichkeit ist in der Sexuali-
tät eins der wichtigsten Kriterien.
Ist das nicht riskant?
Spontanes, unüberlegtes und
manchmal auch unvernünftiges
Verhalten kommt in Beziehungen und
Sexualität in allen Altersgruppen vor.
Auch bei uns Erwachsenen. Jugend-
liche müssen eigene Erfahrungen
und Fehler machen dürfen. Sie sind
Lernende, Versuchende, die sich einer
Entwicklungsaufgabe stellen, bei
der es viel auszuprobieren gibt.
Dabei werden auch Fehler gemacht,
Einstellungen verworfen, Neues
probehalber übernommen, um es
dann dem Eigenen anzupassen. So
funktioniert Entwicklung, auch die
sexuelle. Manche Verletzungen kön-
nen wir nicht verhindern, sondern sie
begleiten und als wichtiges Erfah-
rungsfeld ernst nehmen. Jede*r hat
das Recht auf eigene Fehler.
Was können Eltern tun,
um ihr Kind während der
Pubertät gut zu begleiten?
Sexualerziehung bedeutet wie bei
allen Erziehungsthemen auch: Man
muss sich mit sich auseinandersetzen.
Wenn Eltern zurückblicken, wie das
bei ihnen war, und sich erinnern, was
sie damals in der eigenen sexuellen
Entwicklung eingeschränkt und was
ihnen geholfen hat – das ist ein guter
Seismograf dafür, was Jugendliche
auch heute noch brauchen. Und
auch, wenn sich die eigenen sexuellen
Erfahrungen nicht 1 : 1 aufs Kind über-
tragen lassen, kommt man sich und
seinen Ängsten auf die Schliche.
Die Jugendlichen wirken
heute sehr brav und vernünftig
im Vergleich zu Sex, Drugs &
Rock ’n‘ Roll in den vergangenen
Jahrzehnten.
Ja, viele haben die Ideale von
Romantik und Zweisamkeit und von
dauerhafter, funktionierender
Beziehung in sich – und warten …
und daran ist nichts Verwerfliches.
Das wünschen wir uns doch für
unsere Kinder.
Woran liegt das?
Der Schutzdiskurs in unserer
Gesellschaft ist im Moment sehr groß,
insbesondere, was Sex angeht. Das
hat damit zu tun, dass die Themen
sexueller Missbrauch und Übergriffe
stärker in den Fokus gekommen sind,
was gut und wichtig ist. Stopp und
Nein sagen lernen Kinder heute in der
Kita als Allererstes zum Thema Sexua-
lität. Die Grundbotschaft ist: Sexualität
ist etwas Gefährliches. Auch Jugend-
liche werden wieder stärker mit den
Gefahrenthemen konfrontiert als mit
den Lustthemen. Wir sprechen da von
einem Rollback.
Und wie wirkt sich das auf
die Pubertät aus?
Mädchen lernen vor allem: Pass auf
dich auf. Sag früh genug Nein. Mach
nichts, was du nicht willst. Das sind
sehr einschränkende Sätze, die man
zu Jungs nicht sagt.
12 KÄNGURUplus 06/20
FAMILIENLEBEN
© AdobeStock.com_Jürgen Fälchle
Was ist an „Pass auf dich
auf“ falsch?
Erst einmal gar nichts, allerdings ist
Angst kein guter Ratgeber. Mädchen,
die mit dieser Botschaft aufwachsen,
müssen vor allen Dingen aufpassen,
was sie nicht mögen, und Stopp
sagen, wenn ihnen etwas nicht gefällt.
Neben dem „Nein“ ist auch gut zu
wissen, wozu ich Ja“ sagen möchte.
Das stellt die Gestaltungskraft und
Selbstwirksamkeit der Mädchen in den
Vordergrund.
Haben es Jungs da leichter?
Die Botschaft an Jungs lautet:
Pass gut auf das Mädchen auf. Tu
nichts, was sie nicht möchte. Die
Verantwortung für das „erste Mal“ und
dessen Gelingen liegt oft nach wie vor
beim Jungen. Das macht auch Druck
auf Jungen. Die eigenen Versagens-
ängste kommen dabei oft zu kurz.
Und auch, dass Jungs selbst Opfer
sein können, von unangenehmen
Erfahrungen bis zu sexuellen Übergriffen.
Das ist im Rollenbild nicht vorgesehen,
obwohl wir über Geschlech-
terbilder so stark reflektieren. Das,
was den Mädchen zu oft gesagt wird,
sagen wir Jungs oft zu wenig. Und mit
der Peergroup über Wissenslücken,
Scham oder Probleme zu sprechen,
ist nach wie vor auch schwierig, das
kann Jungs im Ranking schnell nach
ganz unten katapultieren.
„Das erste Mal“ erleben die
meisten Jugendlichen immer
noch mit durchschnittlich 16 Jahren.
Trotzdem machen sich Eltern oft
Sorgen, dass es zu früh passiert.
Es gibt natürlich auch genauso
Mädchen und Jungen, die sich über
ein frühes sexuelles Erleben definie-
ren und daraus Selbstbewusstsein
ziehen. Daran ist grundsätzlich nichts
Schlechtes. Nur wir haben die Idee:
Je später, desto besser – aber wer
setzt diesen Maßstab? Was spricht
eigentlich dagegen, sich auszuprobie-
ren, seine Lust zu kennen? Oft steht
das Alter, das „Wann“ im Vordergrund,
dabei ist das „Wie“ viel interessanter.
War es liebevoll, geschützt? Und wenn
es nicht so gut gelaufen ist, hat mein
Kind Ressourcen, um es zu verarbeiten,
sich mit mir oder dem Freundes-
kreis auszutauschen?
Gibt es heute noch Tabus
oder Themen, die in Familien
ausgeklammert werden?
Ja, sexuelle Orientierungen zum
Beispiel. Wir leben in einer hetero-
sexuell-dominierten Gesellschaft, die
meisten Eltern sind hetero. In unserer
Gesellschaft wird man so lange für
heterosexuell gehalten, bis man sich
traut, das Gegenteil zu beweisen.
Dass ihr Kind homosexuell sein könnte
oder unterschiedlich wechselnd,
ziehen die meisten nicht in Betracht,
sagen der Tochter zum Beispiel
„wenn du mal einen Freund hast“,
dem Sohn „mit deiner ersten Freun-
din“. Queere Jugendliche haben es in
der Pubertät schwer, zum Beispiel
ist die Suizid rate bei ihnen signifikant
höher als bei Gleichaltrigen. Wenn
Eltern so formulieren, dass jede
sexuelle Orientierung für sie in
Ordnung ist, hilft das und macht es
dem Kind einfacher, auch mit diesen
Themen zu ihnen zu kommen.
Manche Themen sind peinlich,
entweder den Eltern oder dem
Kind, manchmal auch beiden. Gibt es
etwas, was gleich geblieben ist?
Ja, es gibt einen roten Faden, der sich
durch die Generationen zieht: Liebes-
kummer. Der fühlt sich immer richtig
schlimm und existenziell an. Auch das
Gefühl, dazugehören zu wollen. Die
Verunsicherungen durch die körper-
lichen Veränderungen. Und Fragen
nach dem „Bin ich okay, also normal,
oder zu früh, zu spät dran“ – das ist
alles gleichgeblieben.
KÄNGURUplus 06/20 13
14 KÄNGURUplus 06/20
ZUKUNFT
FAMILIENLEBEN
Zahlen
und
Fakten
Wann erleben Jugendliche ihr erstes Mal? Verhüten sie, und wenn ja, wie?
Und welche Rolle spielen die Eltern? Dazu befragt die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (kurz: BZgA) seit vierzig Jahren Jugendliche zwischen
14 und 17 Jahren und deren Eltern. Die aufgeführten Zahlen stammen von
der letzten Umfrage „Jugendsexualität 2015“. Die nächsten Ergebnisse sollen
im Sommer veröffentlicht werden.
Nur 6 % der unter
14-Jährigen sind
sexuell aktiv.
14 % der Jungen mit
Migrationshinter grund
haben ihr „erstes Mal“ mit
14 Jahren erlebt.
Zwischen 15 und 17 Jahren
erleben gut die Hälfte bis
zwei Drittel der Mädchen
deutscher Herkunft und
aller Jungen ihren ersten
Geschlechtsverkehr.
Mit 17 Jahren haben
mehr als die Hälfte
Geschlechtsverkehr-
Erfahrung.
Mädchen haben etwas
früher Sex als Jungen.
Mit 19 Jahren haben
90 % der jungen
Frauen deutscher Herkunft
das „erste Mal“ erlebt.
Mit 21 Jahren sind
70 % der jungen Frauen
mit ausländischen Wurzeln
sexuell aktiv geworden.
Für junge Männer gilt
dies erst zwei bzw.
drei Jahre später.
Mädchen (63 %)
und Jungen (51 %)
deutscher Herkunft
sprechen mit ihren Eltern
über Verhütung.
Jugendliche mit
Migrationshintergrund
können mit ihren Eltern
weniger offen reden,
berichten 41 % der
Mädchen und 36 %
der Jungen.
Für Jungen ist die
wichtigste Person in
Sachen Aufklärung
ein/-e Lehrer*in.
Für fast alle Jugend lichen
(93 %) ist der Sexualkundeunterricht
in der Schule
sehr wichtig.
Über 90 % der 14- bis
17-Jährigen sprechen mit
ihrer Partnerin/ ihrem Partner
über Verhütung.
Das beliebteste
Ver hütungsmittel beim
ersten Mal: das
Kondom. 73 % der Jugendlichen
benutzen es.
Verhütung beim
„ersten Mal“ –
daran denken 8 % der
Mädchen und 6 % der Jungen
nicht. 1980
waren es noch
20 % bzw. 29 %.
Bei Mädchen mit
Migrationshintergrund sank
die Zahl von 19 % (2005)
auf 2 %, bei den Jungen von
34 % (2005) auf 10 %.
Die Zahl der
Teenagerschwangerschaften
sinkt stetig: 2006 gab
es noch 18.400 Mütter
unter 20, 2014 waren
es 12.100.
Sex vor der Ehe –
das finden 28 % der
Mädchen aus Migrantenfamilien
nicht richtig.
Bei Mädchen deutscher
Herkunft sind es 4 %.
Eine von fünf Mädchen/
jungen Frauen zwischen
14 und 25 hat sich
bereits einmal gegen
unerwünschte sexuelle
Annäherungen zur Wehr
setzen müssen, einige
sogar mehrfach. Das Risiko
sexueller Übergriffe steigt,
wenn sie selbst bereits
sexuell aktiv sind, dann ist
es fast jede Vierte.
KÄNGURUplus 06/20 15
FAMILIENLEBEN
FÜR JUGENDLICHE
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LOVELINE
Auf dem Jugendportal der
BZgA finden Jugendliche ab
13 Jahren zuverlässige Infos zu
allen relevanten Themen –
Liebe, Freundschaft, Gesundheit,
Sex, Verhütung und mehr.
Darunter auch ein Kondometer
und kostenlose sex’n’tipps-
Broschüren. Plus: Ein Expertenteam
beantwortet Fragen.
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MÄDCHEN FRAGEN
Weil es toll ist ein Mädchen
zu sein!
Spannend, manchmal etwas
gewöhnungsbedürftig, aber
trotzdem irgendwie cool die
äußeren und inneren Veränderungen
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von Frauenärztin Gisela Gille.
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BROSCHÜREN
WAS IST LOS IN MEINEM
KÖRPER? Alles über Zyklus,
Tage, Fruchtbarkeit
Sexual-Ratgeber von Frauenärztin
Elisabeth Raith-Paula über Zyklus,
Tage, Fruchtbarkeit etc.
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:RESPECT –
DAS SEXBUCH FÜR JUNGS
Sexualpädagoge Inti Chavez
Perez klärt darüber auf, was
Jungs über Körper, Sex und
Beziehungen wissen sollten.
Dabei ist kein Thema tabu und
keine Frage zu peinlich.
Heyne Verlag, 9,99 Euro
AUF KLO (YOUTUBE-KANAL)
Eine Klokabine. Zwei Menschen.
Und jede Woche ein neues
Thema, über das „Auf Klo“
ungestört und offen gesprochen
wird, zum Beispiel über das erste
Mal, Körperbehaarung, Intimrasur,
Transgender, …
DU BIST KEIN WERWOLF (WDR)
Über Leben in der Pubertät mit
Infos und Videos zur Sendung
mit Ralf Caspers, die mittlerweile
eingestellt wurde.
https://kinder.wdr.de/tv/du-bistkein-werwolf/index.html
„MÄDCHENFRAGEN“
„JUNGENFRAGEN“
„WIE GEHT’S – WIE STEHT’S –
WISSENSWERTES FÜR JUNGEN UND MÄNNER“
„AUFREGENDE JAHRE – JULES TAGEBUCH“
„KÖRPER UND GESUNDHEIT“
„DIE ERSTE LIEBE“
„DAS ERSTE MAL“
„PILLE, KONDOM UND CO. – WAS IHR WISSEN SOLLTET“
„GEMEINSAM VERHÜTEN“
„HILFE BEI SEX-PANNEN“
Kostenlos zu bestellen oder als Download
www.loveline.de/service/broschueren
SEX EDUCATION
(SERIE AUF NETFLIX)
Otis, 15, Sohn einer Sexualtherapeutin,
startet, obwohl
selbst noch völlig unerfahren, an
seiner Schule eine Sexberatung …
Ein Schuljahr voller Liebesund
Sexprobleme, die ungewohnt
offen thematisiert und humor -
voll besprochen werden.
FÜR SCHULKLASSEN
„LIEBESLEBEN – DAS MITMACH-PROJEKT“
ist ein Parcours aus sechs Themenstationen:
HIV und andere STI, Schutz und Safer Sex,
Körper und Gefühle, Sexualität und Medien,
Vielfalt und Respekt sowie Freundschaft
und Beziehung. Es richtet sich an Schüler*innen
von 12 bis 18 Jahren aller weiterführenden
Schulen.
Interessierte Schulen wenden sich an:
Sinus – Büro für Kommunikation GmbH,
im Auftrag der BZgA
Habsburgerring 3, 50674 Köln
E-Mail: liebesleben@sinus-bfk.de
Tel. 0221 – 27 22 55-0
MIT SICHERHEIT VERLIEBT
Medizinstudierende engagieren sich neben
ihrem Studium für eine bessere Sexualaufklärung
und den Abbau von Stigmata in
Schulen. Ihr Ziel: spielerische Wissensvermittlung
zu medizinisch relevanten Themen
wie sexuell übertragbare Infektionen, aber
vor allem das Unterstützen einer aufgeklärten
Entwicklung der Sexualität im Jugendalter.
Infos und Kontakt unter:
www.bvmd.de/index.php?id=471
16 KÄNGURUplus 06/20
FÜR ELTERN
FAMILIENLEBEN
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ÜBER SEXUALITÄT REDEN …
DIE ZEIT DER PUBERTÄT
Broschüre für Eltern mit Infos, wie sie ihr Kind
in seiner Sexualität in der Zeit der Pubertät
unterstützen können bei möglichen Fragen und
Auseinandersetzungen. Sie thematisiert auch
die ersten Erfahrungen des Kindes mit Liebe,
Zärtlichkeit und Beziehung und beschreibt,
wie Eltern über Fruchtbarkeit und Verhütung
aufklären können. Plus ausführliche Hinweise,
wie Eltern ihrer Tochter/ ihrem Sohn einen
liebevollen und selbstbestimmten Start ins
Sexual- und Beziehungsleben ermöglichen,
aber auch sexueller Gewalt vorbeugen können.
Download oder kostenlos zu bestellen
unter: www.bzga.de/infomaterialien/
sexualaufklaerung/ueber-sexualitaet-redendie-zeit-der-pubertaet
SEX IST WIE BROKKOLI NUR ANDERS
Was Brokkoli mit Sex zu tun hat? Über
Gemüse reden wir ganz unbefangen –
über Sexualität oft nicht. Wie es unverkrampft
geht, das erklärt Sexual- und
Paar therapeut Carsten Müller.
EMF-Verlag, 17 Euro
MÄDCHEN FRAGEN –
MÜTTER WISSEN: DAS IN-
FOBUCH FÜR MÜTTER VON
MÄDCHEN AB 11 JAHREN
Das Buch erklärt Körper vor gänge
und -veränderungen und
unterstützt Mütter dabei, mit ihrer
Tochter im Gespräch zu bleiben.
Springer, 14,99 Euro
PUBERTÄT – NOT UND VERSPRECHEN
Für Erwachsene bedeutet die Pubertät
ihrer Kinder häufig eine Krise, in die
beratend und helfend eingegriffen
werden kann. Für die Kinder selbst ist
sie Sexualisierung ihrer Selbst- und
Fremdwahr nehmung, eine Zeit voller
Verheißung, aber auch seelischer Not.
Beltz, 16,99 Euro
DAS
MYLILY FIRST
PERIOD KIT
Mädchen und Frauen sollen
sich in ihrem Körper stark
und wohl fühlen – und das an
allen Tagen des Monats.
Dazu beitragen möchten MYLILY,
die in ihr wunderschönes „First Period
Kit“ alles einpacken, was Mädchen
für die erste Periode brauchen:
nachhaltige Binden, Slipeinlagen und
Tampons aus 100 % Biobaumwolle.
Das PERIODICLE im Magazinformat,
das positiv und ohne ein Blatt vor den
Mund zu nehmen über die Menst-
ruation aufklären, informieren und
Mut machen möchte. Ein Kirschkern-
kissen, das für die nötige Wärme an
schmerzhafteren Tagen sorgt. Eine
„Erdbeerkarte”, die mit einfachen
Optionen zum Ankreuzen hilft den
ersten Schritt zu tun, um mit Mama
oder Papa über die Periode zu
reden. Eine Entschuldigung für den
Schwimmunterricht sowie ein
praktisches und schickes Period-Bag
für die Mitnahme der Perioden-
produkte, wenn wir unterwegs sind.
Info: www.mylily.eu
JUNGEN IN DER PUBERTÄT –
DIE 100 WICHTIGSTEN FRAGEN
Das Erste-Hilfe-Paket für manchmal
verzweifelte Eltern von Joachim Braun,
Pädagoge und Jugendpsychotherapeut.
rororo, 9,99 Euro
JUGENDJAHRE – KINDER DURCH
DIE PUBERTÄT BEGLEITEN
Mit ihrem Buch wecken Prof. Dr. Remo
Largo und Monika Czernin Verständnis
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KÄNGURUplus 06/20 17
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KÄNGURU-Medientipps für Teenager
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KOCHEN FÜRS KLIMA
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ALLES CHEMISCH!
BUCH:
ROYAL BLUE
Eigentlich hatte ich vor dem ersten
Blättern ein reines Kochbuch erwartet,
das mir eine Anzahl von Rezepten
mit klimafreundlichen Zutaten präsentiert.
Weit gefehlt! Denn Autorin Monika
Röttgen geht den Dingen auf den Grund.
Sie erklärt auf eine wunderbar leichte
und bekömmliche Art die komplexen
und manchmal schwer verdaulichen Zusammenhänge
zwischen unserer Ernährung
und dem weltweiten CO2-Ausstoß.
Dabei achtet sie sehr sorgsam darauf,
dass ihren Leserinnen und Lesern das
Thema nicht auf den Magen schlägt. Sie
zeigt nämlich nicht nur, wo die Probleme
liegen, sie bietet auch immer wieder Lösungen
an, die sich leicht im Ernährungsalltag
umsetzen lassen. So serviert dieses
Lese- und Mitmachbuch im „Häppchen-
Style“ interessante Faktensnacks, garniert
mit Anleitungen für einfache Mahlzeiten
im Baukastensystem. Und weil
das klimafreundliche Kochen nicht erst
am Herd beginnt und dort auch wieder
endet, bekommt ihr in diesem Buch
zusätzlich Infos zu Herstellung und
Vertrieb von Lebensmitteln, zu Vorratshaltung
und Resteverwertung und zu
alternativen Versorgungsmöglichkeiten.
Sehr informativ und lesenswert! [ph]
Info: Die klimafreundliche Küche, Monika
Röttgen (Text), Laura Laakso (Illustrationen),
Freya-Verlag 2020, 24,99 Euro,
www.klimafreundlich-kueche.de
18 KÄNGURUplus 06/20
Die promovierte Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin
Mai Thi Nguyen-Kim
habt ihr vielleicht in den letzten Monaten
in einer der vielen Talkshow-Debatten
zum Thema Corona gesehen oder gehört.
Ihr YouTube-Video „Phase 2“ wurde
millionenfach geklickt – und sie dadurch
so etwas wie eine Expertin für Virenverbreitung
und Containment. Ihr Kanal
maiLab ist eine ganz große Liebeserklärung
an die Naturwissenschaften und
nicht nur wegen „Phase 2“ einen Besuch
wert. Schon während ihrer Doktorarbeit
im Fach Chemie an der Harvard University
berichtete Mai Thi Nguyen-Kim über
ihre Liebe zur Chemie und ihren Alltag
als Chemikerin auf ihrem YouTube-Kanal
„The Secret Life Of Scientists“ – und hatte
Klickzahlen, von denen so manche(r)
träumt. Der Kanal maiLab von ARD und
ZDF folgte. 2018 wurde sie als erste You-
Tuberin mit dem Georg-von-Holtzbrinck-
Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet.
Im vergangenen Jahr hat das
Multitalent nun ein Buch zu ihrem Lieblingsthema
geschrieben. In „Komisch,
alles chemisch!“ nimmt Dr. Ngyuen-Kim
ihre Leser nicht nur mit in ihren derzeitigen
Berufsalltag und gewährt Einblicke in
ihre frühere Arbeit als Vollzeitforscherin,
sondern erklärt chemische Alltagsphänomene
auf unterhaltsame und leicht verständliche
Weise. [ph]
Info: Komisch, alles chemisch!
Mai Thi Nguyen-Kim, Droemer 2019,
16,99 Euro
Es gibt schon viele Geschichten, in
denen sich Prinzessinnen und Prinzen in
„Normalsterbliche“ verlieben. Aber wie
wäre es, wenn sich ein Prinz einmal in
den Sohn der amerikanischen Präsidentin
verliebt – und andersherum? So wie
in „Royal Blue“. Eine Freundin hat mir von
diesem Buch erzählt und ich habe es
mir am gleichen Abend noch gekauft –
in der englischen Originalfassung. Tja,
und innerhalb einer Woche hatte ich es
durchgelesen. Die Geschichte von Alex,
dem First Son of America, und Henry,
dem Prinzen von Wales, hat mich sofort
gepackt. Das Buch erzählt nicht einfach
nur eine herzerwärmende Liebesgeschichte
zwischen zwei jungen Männern,
bei der eine Menge Humor mitschwingt,
sondern behandelt auch Themen wie
Coming-out, Zusammenhalt in der
Familie und Politik in den USA. Letzteres
war manchmal in der Originalfassung ein
bisschen schwerer zu verstehen, aber
dennoch: Das Buch lässt sich toll auf
Englisch lesen, denn die Autorin Casey
McQuiston schreibt locker-leicht und
sehr verständlich. Es hat wirklich Spaß
gemacht, in diese Geschichte abzutauchen
– und das gibt nicht nur in Corona-
Zeiten Pluspunkte. Seit dem 1. April ist es
auch auf Deutsch verfügbar. [id]
Info: Casey McQuiston,
Originaltitel: „Red, White & Royal Blue“,
12,99 Euro
© WDR
© HR_ARD_Nik Konietzny
Machiavelli: Kawelke und Golod © WDR
PODCAST:
MACHIAVELLI
SERIE:
CHARITÉ
SPIEL:
DIE SIMS 4
Rap und Politik ist eine Mischung, die
einem vielleicht nicht als Erstes in den
Sinn kommt. Dass diese beiden Themen
aber durchaus miteinander zu tun haben
und sich auch beeinflussen können, erklären
Vassili Golod und Jan Kawelke in
ihrem Podcast „Machiavelli“ – so genannt
nach dem italienischen Politik-Philosophen
und dem amerikanischen Rapper
Tupac. Wenn der Politik-Nerd Vassili und
der Rap-Nerd Jan anfangen, über ihre
Leidenschaften zu sprechen und ab und
zu auch zu streiten, wird es meiner Meinung
nach schnell interessant. Alle zwei
Wochen gibt es eine neue Folge, die sich
mit wichtigen Themen und auch aktuellen
Geschehnissen beschäftigt, und
oft sind Rapper oder Politiker als Gäste
eingeladen. Dann sprechen zum Beispiel
Gregor Gysi und Maxim K.I.Z. über
Gerechtigkeit oder Sahra Wagenknecht
und KeKe über mentale Erkrankungen.
Auch die anderen Folgen sind mit Tönen
aus der Politik und Rapsongs gespickt.
Auch, wenn meine Begeisterung für Rap
sich in Grenzen hält und Politik nicht zu
meinen Lieblingsfreizeitbeschäftigungen
zählt, gehört „Machiavelli“ zu den
Podcasts, in die ich immer wieder gern
reinhöre. [id]
Spätestens seit Corona ist der Name
Robert Koch fast jedem ein Begriff. Das
Robert-Koch-Institut informiert uns über
die neusten Entwicklungen zum Virus.
Vielleicht war es dieser Name, der mich
dazu angeregt hat, die Serie „Charité“ zu
schauen. Schließlich ist der große Robert
Koch in der ersten Staffel eine der
Hauptfiguren. Benannt ist die Serie aber
nach dem berühmten Berliner Krankenhaus,
in dem die Geschichte spielt – und
zwar im Jahr 1888. Das war eine Zeit, in
der die Medizin und die Forschung immer
mehr Fortschritte machten und viele
bekannte Mediziner an der Charité tätig
waren. Ich muss aber gestehen, dass mir
die Namen – außer Robert Koch – nichts
gesagt haben. Ich hatte zum Beispiel keine
Ahnung, wer Emil Behring war. Das
macht es aber umso interessanter, die
Handlungen um die einzelnen Personen
zu verfolgen. Auch private Geschichten
der historischen oder fiktiven Figuren
sowie politische und soziale Entwicklungen
der Zeit spielen eine Rolle in der
Handlung. Die zweite Staffel spielt dann
in den 1940er Jahren. „Charité“ ist eine
sehr gut gemachte Serie, bei der nicht
nur Geschichtsinteressierte auf ihre Kosten
kommen. [id]
Die Computerspiel-Reihe „Die Sims“ gibt
es jetzt schon seit zwanzig Jahren und
ich bin Spielerin der ersten Stunde. Und
obwohl es diese Lebenssimulationen
schon so lange gibt, bin ich doch auch
überrascht davon, dass es nach all der
Zeit immer noch Spaß macht, die eigenen
Sims und ihre Leben zu gestalten.
Das Spielprinzip hat sich von „Die Sims“
bis zu „Die Sims 4“ nicht verändert: Man
erstellt seine eigenen Sims, baut oder
kauft ihnen ein Haus, richtet es ein und
lenkt ihr Leben, so wie man gerade Lust
hat. Inzwischen haben die Sims auch
Launen, Gefühle und Wünsche, die man
erfüllen kann – oder eben auch nicht. Die
verschiedenen Erweiterungen, die man
zum Grundspiel dazu kaufen kann, bieten
immer wieder neue Möglichkeiten,
wie man das Leben der Sims gestalten
kann. Es gibt Jahreszeiten, man kann berühmt
werden, zur Uni gehen oder Magie
lernen. Die neueste Erweiterung trägt
den Titel „Nachhaltig leben“. Was mir an
diesem Spiel besonders gefällt: Du beziehungsweise
dein Sim kann alles sein, was
du willst. Es gibt keine Geschlechterklischees
und keine festgelegten Rollen. Ihr
könnt alles ausprobieren und das sorgt
für abwechslungsreichen Spielspaß. [id]
Info: Machiavelli, verfügbar in der
WDR-Mediathek, auf Spotify und bei
iTunes
Info: Charité, 2 Staffeln, FSK 12,
verfügbar auf Netflix
Info: Die Sims 4, EA, 29,90 Euro,
vom Spieleratgeber NRW ab 10 Jahren
empfohlen
KÄNGURUplus 06/20 19
ZUKUNFT
Text: Ursula Katthöfer und Elena Bünger
WIE TICKT DIE
GENERATION ?
© unsplash.com_ wesley-tingey
20 KÄNGURUplus 03/20 06/20
ZUKUNFT
54 €
Jugendliche zwischen
16 und 18 Jahren geben
pro Monat 54 Euro
für Online-Einkäufe aus.
Jungs kaufen online für 66 Euro ein,
Mädchen für 42 Euro.
Zu den
Top-Sellern
gehören
66 % 52 % 49 %
Kleidung
und Schuhe
gestreamte
Filme und
Serien
Bücher, CDs
und DVDs
Influencer spielen
bei Kaufentscheidungen
eine große Rolle:
53 % der Jugendlichen
haben schon etwas gekauft,
das von einem Influencer
empfohlen wurde.
(Quelle: Jugend Digital-Studie
2019 der Postbank)
Zahlen
und
Fakten
Der Handel bewirbt vier Generationen:
die Babyboomer (1945–1968),
die Generation X (1969–1983),
die Millenials (1984–1993) und die
Generation Z (1994–2012).
Letztere wünscht sich ansprechende
Geschäfte mit einem
guten „Store-Design“.
Junge Menschen gehen gern
in Geschäfte, um zu sehen,
was angesagt ist.
70 % von ihnen nehmen das
Smartphone mit, um sich über
die Produkte zu informieren.
(Quelle: Generation Z –
Der Report, criteo)
31 %
der Generation Z
wünschen sich
im Job einen Mentor.
Auch die Eltern und sogar Großeltern
spielen als Vorbilder und Berater
eine wichtige Rolle.
Fernsehen, Radio und
Zeitungen waren gestern.
Die Generation Z schaut täglich
68 Minuten fern und
81 Minuten Online-Videos.
Sie hört im Schnitt 82 Minuten
Radio pro Tag und hört 99 Minuten
über Streaming-Dienste.
Für Zeitungen und Zeitschriften
bleiben noch 2 Minuten pro Tag,
für Online-Texte hingegen
64 Minuten.
(Quelle: ARD-ZDF-Onlinestudie 2019)
Gleichberechtigung
ist in dieser
Altersgruppe selbstverständlicher
als z. B. bei den Millenials.
52 % der GenZ meinen,
dass Frauen und Männer
gleich behandelt werden.
(Quelle: World-of-Work-Studie, Monster)
KÄNGURUplus 06/20 21
ZUKUNFT
KONSUM OHNE GRENZEN ODER MINIMALISMUS
FÜR DEN KLIMASCHUTZ – ZWISCHEN DIESEN
EXTREMEN BEWEGEN SICH JUNGE MENSCHEN,
DIE EINE WELT OHNE INTERNET NICHT KENNEN.
Die Corona-Krise hat den Handel kräftig durchgewirbelt.
Erst hamsterten die Kunden Nudeln, Desinfektionsmittel
und Klopapier, dann zogen sie selbst für den Einkauf von
Obst und Gemüse ins Internet. Doch der flächendeckende
Online-Boom blieb aus. 45 Prozent der Online-Händler
meldeten, dass ihr Umsatz falle. Die Menschen sparen.
Zahlreiche Läden in den Innenstädten und Stadtvierteln
könnten schließen oder sind bereits zu. Für sie war
der Online-Handel über Jahre eine starke Konkurrenz,
Corona gab den Todesstoß.
Wie geht es weiter? Die Hoffnung des Handels lag schon
vor der Pandemie auf der Generation Z, also den zwischen
1994 und 2012 Geborenen. Es ist die erste Generation, die
ein Leben ohne Internet nicht kennt. Diese Jugendlichen
wollen nicht nur Reichtum scheffeln, sondern auch Gutes
tun. Sie lieben Storys und spielerische Elemente. Der
Handel reagiert. Wo früher Turnschuhe in Regalen standen,
finden sich nun Sneaker in Erlebnisräumen. Was
früher in einer Zeitungsanzeige daherkam, wird nun von
Influencern gehypt. Wollen Jugendliche diese Shopping-
Welt? Wir haben sechs von ihnen gefragt.
Johannes, 21 Jahre
Foto: privat
Wofür benutzt du
dein Smartphone beim
Shopping?
»Ich nutze mein Smartphone meistens
nur für das Einkaufen von
Elektroartikeln. Online vergleiche ich die
Preise unterschiedlicher Anbieter. Nur
wenn der Preis im Laden vergleichbar
zu den Online-Anbietern war, kaufe ich
den Artikel dort. Wenn ich zum Beispiel
bei Media Markt oder Saturn ein Angebot
sehe, schaue ich im Internet auf großen
Plattformen wie Amazon nach und stelle
die Angebote gegenüber. Dabei fühle ich
mich nicht ganz wohl, an sich möchte
ich lieber den Einzelhandel unterstützen.
Wenn Artikel dort etwas mehr kosten,
hole ich sie trotzdem lieber vor Ort. Kleidung
kaufe ich nur stationär und verwende
mein Smartphone dafür nicht. Nur bei
größeren Summen lohnt es sich durchaus,
Online-Angebote abzuwägen.«
Emma, 18 Jahre
Foto: Elena Bünger
Spielt Nachhaltigkeit
für dich beim Einkaufen
eine Rolle?
»Ja, auf jeden Fall! Ich kaufe zum
Beispiel sehr viel Second Hand. In
solchen Läden habe ich mehr meiner Klamotten
gekauft als neu im Laden. An sich
gehe ich gerne einkaufen und habe Lust
auf neue Kleidungsstücke. Ich möchte
aber weder die Kinderarbeit vieler Ketten
noch den Klimawandel unterstützen.
Informationen zu Fairtrade-Läden lese
ich auch, aber die Klamotten dort sind
wirklich teuer. Second Hand dagegen ist
günstiger und individueller. Ich entdecke
oft Einzelteile, die ich bei anderen noch
nicht gesehen habe. Wenn ich aber etwas
ganz Bestimmtes brauche, gehe ich
doch in die Läden. Passende Hosen finde
ich beispielsweise meistens nur neu
in den Läden, wo ich auch weiß, wie sie
ausfallen. Habe ich aber spontan einfach
Lust auf Neues und nichts Konkretes vor
Augen, gehe ich lieber in Second-Hand-
Läden. Alte Klamotten, die ich nicht mehr
trage, gebe ich auch dorthin und schmeiße
sie nicht weg.«
Anne, 15 Jahre
Foto: Elena Bünger
Lässt du dich viel in
deinem Stil beeinflussen?
»Nein, eher nicht. Ich habe meinen
eigenen Stil gefunden und bleibe
meist dabei. Es gibt zwar nicht den einen
Stil, sondern dieser entwickelt sich mit
einem zusammen immer weiter, aber
ich habe schon klare Vorstellungen davon,
was mir gefällt. Ich mag besonders
gerne Vintage-Kleidung. Dabei lasse ich
mich auch von der aktuellen Mode oder
Social Media inspirieren. Wenn mir manche
Trends gefallen, kaufe ich auch diese
Klamotten. Ich habe zum Beispiel auch
ein paar Instagram-Vorbilder und schaue
mir auf YouTube die sogenannten „Shopping
haul“-Videos an, aber nur zur Inspiration.
Generell finde ich Mainstream
eher langweilig und trage das, was mir
persönlich gefällt. Schließlich drückt man
sich durch seinen Stil auch aus. Wenn
meinen Freunden oder meiner Familie
neue Klamotten von mir nicht gefallen,
ich sie aber sehr gerne mag, ist mir die
Meinung von anderen nicht so wichtig.«
22 KÄNGURUplus 06/20
ZUKUNFT
© unsplash.com_shanna-camilleri
Justin, 14 Jahre
Foto: Elena Bünger
Was macht einen Laden für
dich richtig attraktiv?
»Für mich ist der Service am wichtigsten.
Die Mitarbeiter sollten
freundlich auf Fragen reagieren und nicht
ungeduldig oder genervt antworten. Erst
dann fühle ich mich in einem Laden wohl
und komme gerne wieder. Musik oder
die Ladengestaltung nehme ich meistens
nur unterbewusst wahr. Ich kann gar
nicht leiden, wenn ein Laden überfüllt ist
oder besonders enge Gänge hat. An Hollister
beispielsweise musste ich mich am
Anfang erst gewöhnen, aber mittlerweile
gehört er zu meinen Lieblingsläden. Es
ist sehr ordentlich dort. Die Gestaltung
durch die vielen Spiegel gefällt mir und
die Atmosphäre ist gemütlich. Mir sind
Marken oder wie angesagt ein Laden
zurzeit ist egal. Neue Läden probiere ich
gerne aus, wobei mir die Freundlichkeit
der Mitarbeiter und die Qualität der Produkte
gleich wichtig sind.«
Paula, 20 Jahre
Foto: privat
Was hältst du von Online-
Bestellungen und Retouren?
»Ich bestelle insgesamt sehr wenig
im Internet. Aber wenn, versuche
ich, das Zurückschicken möglichst zu
vermeiden. Manchmal bestelle ich zum
Beispiel Schuhe oder Jacken, bei denen
ich meine Größe vorher schon kenne.
Grundsätzlich finde ich den Einfluss auf
die Umwelt durch die vielen Online-
Bestellungen aber bedenklich und bin
mir bewusst, wie umweltschädlich das
Versenden von Paketen ist. Das Vernichten
von Retouren, das öfter in der Diskussion
ist, halte ich für absolut unsinnig. Es
ist auch leicht zu vermeiden, indem man
stationär einkauft. Ich finde es einfach
angenehmer, direkt im Laden Klamotten
anzuprobieren und zu kaufen. Wenn
man aber doch online bestellt, muss
man sich meiner Meinung nach über die
Auswirkungen auf die Umwelt bewusst
sein und Online-Shopping mit einem
kritischen Blick betrachten. «
Jeffrey, 17 Jahre
Foto: Elena Bünger
Arbeitest du, um einkaufen
gehen zu können?
»Ich finde das normal, arbeiten zu
gehen, um sich etwas leisten zu
können. Mein Geld verdiene ich zum Beispiel
durch Schiedsrichtern – ich konnte
mein Hobby schon vor der Coronakrise
zum Beruf machen. An den Wochenenden
hatte ich immer zwei Fußball -
spiele, in denen ich als Schiedsrichter
arbeitete. Pro Spiel bekam ich 20 Euro
und so konnte ich mir einiges selbst
finanzieren.Ich spare vor allem für
Klamotten, zum Beispiel für neues
Equipment für das Schiedsrichtern.
Manchmal kaufe ich mir Videospiele.
Wenn ich mit Freunden unterwegs bin,
gebe ich viel für Essen und Süßigkeiten
aus. Meine Eltern geben mir zwar kein
geregeltes Taschengeld, aber wenn ich
mir mal etwas nicht leisten kann, unterstützen
sie mich. Handyguthaben oder
Klamotten, die ich wirklich brauche,
kaufen sie mir.«
KÄNGURUplus 06/20 23
ZUKUNFT
INTERVIEW
„DIE GENERATION Z
IST DER VORBOTE
DER ZUKUNFT“
Die „GenZ“ lässt sich beim Konsum von eigenen Werten leiten. Das spürt zum
Beispiel die Getränkeindustrie. Der Unternehmensberatung Kearney zufolge
bevorzugen junge Menschen regionale und gesunde Getränke. 52 Prozent von ihnen
haben kein oder nur wenig Vertrauen in große Marken. Welche Auswirkungen hat
dieses Verhalten auf die Wirtschaft? Nicole Hanisch gehört zur Geschäftsführung des
Kölner rheingold Instituts, das sich mit psychologischer Marktforschung beschäftigt.
Sie hat das Konsumverhalten Jugendlicher erforscht.
Was macht die GenZ für die
Marktforschung so interessant?
Noch vor wenigen Jahrzehnten haben
Veränderungen fünf, acht oder zehn
Jahre gedauert. Heute geht alles viel
schneller. Die zukünftige Generation
wird den Konsum extrem beeinflus-
sen. Sie ist der Vorbote der Zukunft.
Jeder will wissen, wohin die Reise
geht.
Verstehen denn Generationen
wie Babyboomer oder Genera-
tion X die jungen Menschen noch?
Manchmal scheint es, als sprächen
beide Seiten komplett andere Spra-
chen. Als der YouTuber Rezo die CDU
kritisierte, war die jüngere Generation
total beeindruckt. Die CDU kriegte es
erst gar nicht mit und antwortete dann
per Fax. Andererseits sehen die Älteren
die Jungen als eine Art Heilsbringer.
Sie fragen Greta Thunberg, wie es
weitergehen soll. Siemens-Chef Joe
Kaeser lud Luisa Neubauer von Fridays
for Future in den Aufsichtsrat ein. Das
sind umgekehrte Verhältnisse.
Junge Menschen seien einer-
seits konsumfreudig und
markenbewusst, andererseits teile
diese Generation ihre Klamotten und
kaufe Second Hand. Was denn nun?
Das erscheint nicht konsequent, doch
die GenZ lebt in beiden Welten. Einer-
seits gilt: Zeige mir dein Smartphone
und ich sage dir, wie viel du wert bist.
Der Begriff dazu ist übrigens „flexen“,
also angeben. Und die Babyboomer
fragen sich, wo all ihre idealistischen
Werte geblieben sind. Andererseits will
die GenZ etwas gegen den Klimawandel
tun, entwickelt No-Waste-Strate-
gien und kauft gebraucht, um etwas
Gutes für die Welt zu tun. Sie bewegt
sich zwischen First Class und Second
Hand.
Bleiben wir zunächst bei
First Class. Wie konnte so eine
Generation heranwachsen?
Die GenZ erlebte eine Vollversorgung
und durfte vieles mitbestimmen.
Schon Dreijährige werden gefragt,
welchen Joghurt sie möchten.
Himbeer oder Erdbeer, vollfett oder
fettarm? Das Smartphone ist ein
Zepter der Macht, mit dem sich alles
bestimmen lässt. Ein Fingerstreich
genügt und die Cola wird einem zum
Beispiel per Flaschenpost hinterher-
getragen. Jugendliche sind damit
aufgewachsen, dass sie nahezu alles
bekommen. Auch ihr Kaufakt wird zu
einer Bestimmung.
Was wollen Jugendliche
denn durch ihren Konsum
bestimmen?
Mit ihrer Kaufentscheidung können
sie Einfluss nehmen und die Welt
gestalten, Unternehmen können
belohnt oder bestraft werden. Sie
kreieren Start-ups oder entwickeln
diese weiter.
Steckt dahinter auch
der Gedanke, die Welt zum
Positiven zu verändern?
Einerseits lieben sie es, die Welt zu
retten. Sie gehen zu Restaurants,
Bäckereien etc. und sammeln die
Reste ein. Mit Retterboxen, in denen
Lebensmittel vor dem Wegschmeißen
bewahrt werden, retten sie gleich
doppelt: die Lebensmittel und die
Welt. Andererseits brauchen sie viele
Storys, die ihnen erklären, wie sie die
Welt positiv verändern. Deshalb
mögen sie Gründergeschichten.
Das Start-up Langhaarmädchen
erzählt zum Beispiel die Story von
zwei Friseurinnen, die in einem
Bus durch Australien tourten und dort
ihre Produktideen hatten. So etwas
wird geliebt, weil es den Jugendlichen
vermittelt, dass sie Teil einer
Bewegung sind.
Und Second Hand?
Second Hand ist voller Ge-
schichten, denn jedes gebrauchte
Ding wurde schon einmal getragen
oder genutzt, es hat eine Aura.
In unserer digitalen Welt fehlen
vielen Produkten die Informationen,
woher sie kommen, wer sie macht
und wie sie hergestellt werden.
Das Storytelling hingegen gibt
den Dingen eine andere Wertigkeit.
Deshalb ist Second Hand so
ein Hype.
24 KÄNGURUplus 06/20
ZUKUNFT
© rheingold institut
Von Jugendlichen, die in Armut
aufwachsen, abgesehen, hat
die GenZ keine finanziellen Sorgen.
Ist das ein Vor- oder Nachteil?
Angesichts der Vollversorgung on
d‚emand wäre es hilfreich zu lernen,
mit Limitationen umzugehen. Viele
Jugendliche wissen nicht, was ein
beschränktes Budget ist. Manche
haben nicht einmal Taschengeld, das
sie sich einteilen müssen. Wenn sie
etwas brauchen, fragen sie ihre Eltern
und bekommen es. So kann man das
Haushalten nicht lernen.
Was bedeutet es für die
Persönlichkeitsentwicklung,
wenn es beim Geld kein Limit gibt?
Jugendliche mit finanziellen Limits
müssen üben, damit umzugehen. Sie
entscheiden sich für kleine Schritte,
um ihre Ziele zu erreichen. Oder sie
gucken, was sich aus wenigen Mitteln
machen lässt. Für sie ist es normal,
wenn Wünsche und Träume sich
nicht erfüllen lassen. Das zu lernen, ist
sehr hilfreich, denn Beschränkungen
gehören in allen Lebenslagen dazu.
Niemand wird von null auf hundert
ein großartiger Influencer oder
Start-up-Millionär. Hinzu kommt
ein sehr hohes Perfektionsideal der
jungen Menschen: Wenn ich nicht
mindestens berühmt werde, bin ich
ein Loser. Leider vermittelt unsere
Gesellschaft der GenZ zu selten, mit
Limitationen und Zwischenschritten
in produktiver Weise umzugehen.
Vielen Dank!
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KÄNGURUplus 06/20
25
ZUKUNFT
Inga Drews
Text: Inga Drews
STUDIEREN IN
CORONA-ZEITEN
Keine Vorlesungen, keine Seminare, keine schriftlichen Prüfungen –
so sieht in Corona-Zeiten der Alltag in den Universitäten und Hochschulen
für die Studierenden aus. Statt in den Hörsälen finden die Kurse in
Zoom-Konferenzen oder über Video-Streams statt.
Aus dem Präsenz-Studium ist ein Online-Studium geworden.
Ebenso wie für die Kinder und Lehrkräfte
an den Schulen, die von jetzt auf gleich
auf Home-Schooling umschalten mussten,
gingen mit der Schließung der Universitäten
und Hochschulen auch für
die Studierenden und Lehrenden dort
einschneidende Veränderungen einher.
„Ich glaube, wir kommen als Studiengang
relativ gut damit klar“, meint Fabian
Vitt dennoch. Er studiert im zweiten Semester
den Bachelorstudiengang Code
& Context an der Technischen Hochschule
Köln. In dem Informatik-Studiengang
beschäftigen sich Fabian und seine
Mitstudierenden unter anderem mit
Möglichkeiten, wie Arbeit generell digital
funktionieren kann. „So ist es natürlich
auch für uns ein ganz interessantes Experiment,
was hier gerade stattfindet.“
Nicht nur thematisch passen dieser digitale
Studiengang und das Online-Studium
gut zusammen. „Unser Studiengang
ist, glaube ich, sehr sehr gut dafür geeignet,
in dieser Zeit und in diesem Format
zu funktionieren“, erklärt Fabian. Anstelle
eines Semesterplans, nach dem man
wöchentlich verschiedene Fächer und
Kurse parallel besucht, haben die Studierenden
hier zweiwöchige Kursblöcke, in
denen sie gemeinsam an einem Thema
arbeiten. Das erleichtert den Studienalltag,
denn Fabian muss so nicht an einem
Tag in fünf verschiedenen Zoom-Konferenzen
hintereinander sitzen. Stattdessen
betreten er und seine StudienkollegInnen
zu Beginn des Unterrichtstages einen
Zoom-Raum und bleiben bis zum Ende
dort – natürlich mit Pausen. „Es macht
die Organisation wesentlich einfacher“,
findet Fabian.
VERÄNDERTE KURSPLÄNE
UND METHODEN
Schwieriger wird es allerdings bei den
Blöcken, in denen es um „Hands-on-
Themen“ – also auch um das physische
Design von zum Beispiel Prototypen –
geht. Praktisches Arbeiten fällt in Corona-
Zeiten weg, denn in diesem Punkt erreicht
das Online-Studium seine Grenzen.
Mit der Hoffnung, dass die Studierenden
bald wieder vor Ort an solchen Projekten
arbeiten können, wurden einige der Themenblöcke
im Semesterplan nach vorne
oder hinten verschoben. „Mein Kurs
‚DevOps’ wurde kurzfristig vom Semesterende
auf den -anfang verlegt“, erzählt
Prof. Dr. René Wörzberger von der Fakultät
für Informations-, Medien- und Elektrotechnik.
Diesen Kurs hält er auch in einem
anderen Studiengang der TH Köln,
daher konnte er für Code & Context viel
Inhaltliches wiederverwenden.
Durch die Vorverlegung seines Kurses
kam allerdings die organisatorische Vorbereitung
auf den Online-Unterricht etwas
zu kurz. „Für eine echte Umstellung
auf geänderte Modalitäten blieb einfach
keine Zeit“, erklärt Wörzberger. Daher
lief sein Kurs ungefähr so ab, wie er ihn
auch im echten Seminarraum gestaltet
hätte – nur dass er seine Vorträge live in
der Zoom-Konferenz gehalten hat. Wenn
er mehr Zeit gehabt hätte, sagt Wörzberger,
hätte er die Vorträge im Vorfeld aufgenommen
und für seine Studentinnen
und Studenten aufbereitet. „Der Aufwand
hierfür ist allerdings sicherlich nicht zu
unterschätzen.“ Im Großen und Ganzen
hat es aber gut funktioniert, den Kurs
digital abzuhalten. Abgesehen von den
26 KÄNGURUplus 06/20
ZUKUNFT
Interview in Corona-Zeiten:
KÄNGURU-Volontärin Inga Drews
und FH-Student Fabian Vitt
unterhalten sich in einer
Zoom-Konferenz.
Fabian Vitt
Vorträgen des Dozenten ist der Kurs relativ
technisch und die Studierenden bearbeiten
ihre Aufgaben mehr in Einzelarbeit
als in Teams. „Dadurch fallen die zusätzlichen
Kommunikationsschwierigkeiten
aufgrund der erzwungenen Heimarbeit
hier nicht so stark ins Gewicht“, meint
Wörzberger.
STUDIEN-ALLTAG OHNE
KONTAKT
Was in diesem neuen Uni-Alltag jedoch
vermisst wird, ist der direkte Kontakt zu
den Mitstudierenden, zu den Professorinnen
und Professoren. „Wir haben uns
relativ häufig nach dem Studium noch
am Kiosk getroffen und den Abend noch
ein bisschen ausklingen lassen“, erzählt
Fabian. Diese kleinen Rituale fehlen zurzeit
besonders. Solche Zusammentreffen
finden derzeit zwar online in der dafür
gegründeten „Kiosk“-Gruppe statt. „Aber
es ist trotzdem nicht ganz dasselbe –
auch wenn es halt schon funktioniert.“
Auch René Wörzberger fällt als Dozent
auf, dass der unmittelbare Kontakt zu seinen
Studierenden etwas ist, das er beim
Online-Studium vermisst: „Natürlich fehlt
durch die Entfernung oft das direkte,
manchmal unterschwellige Feedback.“
Dazu, wie er trotz der Distanz wieder
mehr mit seinen Studenten ins Gespräch
kommen kann, hat Wörzberger sich
schon ein paar Gedanken gemacht. „Eine
Lösung könnte hier sein, mehr Gefühl
von Co-Location zu erzeugen“, überlegt
er. Das ginge zum Beispiel, wenn
eine Zoom-Sitzung geöffnet bliebe,
wenn gerade kein Vortrag oder keine
Besprechung stattfindet. „Allein für
kurze Rückfragen ansprechbar auszusehen,
kann helfen.“
POSITIVE NEBENEFFEKTE
Natürlich hat das Online-Studium auch
ein paar gute Seiten. „Ich muss nicht
zwingend eine Hose tragen, um zu studieren,
aber das ist nochmal ein anderes
Thema“, scherzt Fabian. Neben diesen
persönlichen modischen Entscheidungen
gefällt Fabian, dass er zurzeit nicht
vier Stunden am Tag im Zug verbringen
muss, um seinen Kurs zu besuchen. Bis
er demnächst nach Köln zieht, pendelt er
von Siegen aus zur Hochschule. Da spart
ihm das Online-Studium eine Menge Zeit
und er kann diese nutzen, um in Siegen
auch nebenbei zu arbeiten. Solche Lebenssituationen
macht das Studieren
von zuhause wesentlich einfacher, findet
Fabian.
ZUKUNFT HOME-
STUDIUM?
Unterm Strich ergibt sich der Eindruck,
dass das Online-Studium im Studiengang
Code & Context durchaus funktioniert –
wenn auch mit kleinen Einschränkungen.
Da stellt sich die Frage, ob nicht in
Zukunft und mit mehr Vorbereitungszeit
grundsätzlich mehr Kurse nur noch online
stattfinden können und werden.
Das käme auf die Inhalte und Lehrformen
der Kurse an, antwortet Wörzberger.
„Bestimmte Anteile der Lehre lassen
sich gut digitalisieren.“ Anstelle von Vorlesungen,
bei denen die Studierenden
ohnehin nur mitschreiben, könnte zum
Beispiel auf professionelle Lehrvideos gesetzt
werden. Auch in Kursen, in denen
mathematische oder technische Inhalte
im Fokus stehen, könnte der Wechsel
funktionieren, da die Studierenden diese
in Einzelarbeit erarbeiten können. „Demgegenüber
sehe ich die Online-Lehre bei
Kursen zu Design, Kreativität, Team-Work
etc. viel kritischer“, meint Wörzberger.
Bei diesen Themen ist es oft notwendig,
dass die Studenten miteinander oder mit
den Lehrkräften zusammenarbeiten. In
diesen Fällen sei die Entfernung gewiss
hinderlich.
Fabian wagt ebenfalls einen Blick in die
Zukunft des Online-Studiums: „Ich könnte
mir vorstellen, dass diese Impulse, die
wir jetzt kriegen und auch verarbeiten, in
diese Richtung gehen.“ Dabei denkt er an
die Versuche, auch in der Arbeitswelt das
Home-Office grundsätzlich zu ermöglichen.
In der Art könnte es zumindest
teilweise auch im Studienleben funktionieren.
Das Experiment, das gezwungenermaßen
durch die Corona-Krise in
Gang gesetzt wurde, und die Fortschritte
bei der Digitalisierung, die damit einhergehen,
liefern Erfahrungswerte, auf die
Hochschulen und Universitäten aufbauen
können.
STUDIENBERATUNG
ONLINE
Gegenwärtig können sich Studieninteressierte
ebenfalls über digitale Kanäle
beraten lassen. Die zentrale Studienberatung
der TH Köln bietet neben dem
Kontakt per Telefon oder E-Mail auch die
Möglichkeit, sich über Zoom, Skype und
andere Chatformate zu informieren.
Für Interessierte am Studiengang Code &
Context werden zusätzlich regelmäßig
interaktive Infosessions im Web angeboten,
bei denen sie Lehrenden, Mitarbeitenden
und Studierenden direkt Fragen
zum Studiengang stellen können. Der
Austausch mit Studierenden ist auch
über einen Discord-Channel möglich.
Info: www.th-koeln.de
KÄNGURUplus 06/20 27
ZUKUNFT
Text: Hanka Meves-Fricke, Fotos: Sonja Hoffmann
DACHDECKER
IM HANDWERKSBETRIEB
HOCH
HINAUS
„Die Kommunikation mit den Kunden macht mir großen
Spaß“, erzählt Marcello Erpenbach, Auszubildender bei
Wilhelmy Bedachungen. „Wenn wir ein Dach kon trolliert,
Dachziegel befestigt haben und die Haus besitzer
zufrieden sind, gibt mir das ein gutes Gefühl.“
Als ich zuschaue, wie der 20-Jährige auf
das Dach klettert, wird mir mulmig, obgleich
ihn sein Meister Oliver Miesen ab-
sichert. Da schaue ich doch besser weg.
Auf Bergwanderungen sehe ich auf kei-
nen Fall nach unten, sonst bekomme ich
es mit meiner Höhenangst zu tun. Für die
Dachdeckerei sollte ein Auszubildender
geschaffen sein.
Marcello Erpenbach lernt im zweiten
Lehrjahr. Obwohl er um die Ecke vom
Meisterbetrieb in Zollstock wohnt, kannte
er den Betrieb nicht. Als er nach sei-
nem Realschulabschluss eine passende
Stelle suchte, fand er das Unternehmen
mithilfe des Arbeitsamts. „Ich habe ein
Praktikum gemacht und sofort gemerkt,
dass mir das Dachdecken Spaß macht“,
strahlt Marcello. „Und das, obwohl ich
anfangs ein wenig Höhenangst hatte.“
GEGEN HÖHENANGST
KANN MAN ANGEHEN
Im ersten Lehrjahr hat er bei allen Ar-
beiten zugeschaut und gelernt, die
Gesellen zu unterstützen. Im zwei-
ten Jahr trauten ihm die Kollegen
bereits alle anfallenden Arbeiten zu.
Wilhelmy Bedachungen hat fünf
Mitarbeiter und hier wird jede Hand
gebraucht. „Beim Praktikum habe
ich mitbekommen, dass eine nette
Arbeitsatmosphäre herrscht. Der
Ausbildungsplatz ist ein Volltref-
fer für mich.“ Deshalb empfiehlt
Marcello allen Interessierten, vor
der Ausbildung ein Praktikum im
Betrieb zu machen. „Ich bekam
ein merkwürdiges Gefühl, als
28 KÄNGURUplus 06/20
ZUKUNFT
ich das erste Mal mit einem Mobilift aufs
Dach gefahren bin.“ Doch so einfach
ließ sich Marcello nicht einschüchtern.
Er nahm sich vor, gegen die Angst zu ar-
beiten, und heute macht ihm die Höhe
nichts mehr aus.
VIEL HANDWERK GELERNT
Der junge Mann lacht uns an, während er
Dachziegel befestigt: „In den zweieinhalb
Jahren, die ich bereits im Dachdecker-
unternehmen arbeite, habe ich superviel
handwerklich gelernt. Das ist auch für
zuhause praktisch, wenn mal etwas zu
reparieren ist.“ Ob Haus, Werkstatt oder
Kirche – die Mitarbeiter decken, reparie-
ren, kontrollieren und warten Dächer.
Sie bringen Zinkbleche, Rohre und ande-
re Metallverkleidungen an und verlöten
diese, prüfen Schornsteine und Dachab-
deckungen auf Stabilität und Dichtheit,
arbeiten mit verschiedenen Werkstoffen
wie Metall, Schiefer, Dachziegeln sowie
Zementschindeln, Zement, Holz und
Stein.
Wer Dachdecker werden möchte,
sollte körperlich fit, schwindelfrei und
handwerklich geschickt sein. Logisches
Denkvermögen und technisches Ver-
ständnis sind ebenfalls gefragt. „Es ist
auch praktisch, wenn man gut im Kopf-
rechnen ist. Wenn man auf dem Dach
arbeitet, kann man nicht immer einen
Taschenrechner herausholen“, ergänzt
Marcello.
SPORT HÄLT FIT
„An meinem Beruf gefällt mir, dass ich
feste Arbeitszeiten habe. Wir fangen
morgens um sieben Uhr an und arbeiten
bis 16:15 Uhr. Am Wochenende habe ich
meine Ruhe und muss auch nicht über
meine Arbeit nachdenken, wie mein Bru-
der, der Online-Redakteur ist.“
Da die Dachdeckerei eine körperlich
schwere Arbeit ist, hält sich Marcello
Erpenbach mit Sport fit. Das hat ihm
bereits am Beginn der Ausbildung ge-
holfen, denn das Heben und Anbringen
von Dachziegeln oder Metallverkleidun-
gen verlangt Muskelkraft. Anstrengend ist
die Arbeit besonders im Sommer, wenn
es wie in den letzten beiden Jahren Hit-
zeperioden gab. An diesen Tagen haben
die Dachdecker immer bereits um sechs
Uhr morgens mit der Arbeit begonnen,
um möglichst früh fertig zu sein. Bei
Schlechtwetter, seit diesem Jahr auch im
Sommer bei großer Hitze, können Dach-
decker Unterstützung beantragen und
erhalten dann 68 Prozent ihres Gehalts.
Doch für Auszubildende gilt diese Rege-
lung nicht und Wilhelmy Bedachungen
hat in den vergangenen zwei Jahren die
Arbeit immer so geplant, dass sie nicht
darauf zurückgreifen mussten.
FÜHRERSCHEIN IST
SINNVOLL
Günstig für die Arbeit ist es, wenn Aus-
zubildende bereits einen Führerschein
haben oder ihn am Anfang der Ausbil-
dung machen. Schließlich muss einer der
meist zu zweit Arbeitenden den Trans-
porter oder LKW fahren.
„Zudem müssen wir immer auf die Si-
cherheit bei der Arbeit achten“, betont
Marcello. „Regelmäßig unterweist uns
ein Sicherheitsunternehmen. Wir seilen
uns an und tragen Sicherheitsschuhe.
Bei manchen Arbeiten ziehen wir dicke
Gummihandschuhe an.“ Automatisch
schaue ich auf seine Hände, die nicht nur
schmutzig, sondern auch verkratzt und
blutig sind. „Das gehört dazu“, lacht Mar-
cello Erpenbach. „Ich mache den Job ja
gern.“ Er wird jetzt erst einmal seine Aus-
bildung beenden und denkt noch nicht
darüber nach, ob er anschließend sei-
nen Meister machen möchte oder eine
Dachtechniker-Weiterbildung.
BERUFE-CHECK
Ausbildung:
Dachdecker
Voraussetzungen:
• Haupt- oder Realschulabschluss
• körperliche Fitness
• Schwindelfreiheit oder Bereitschaft,
diese zu trainieren
Einsatzorte:
• Handwerksbetriebe, Baustellen,
Verwaltungen.
Weiterbildungsmöglichkeiten:
zum Meister oder Dachtechniker
Inhalte:
Steil- und Flachdacharbeiten, das
Einrichten von Blitzschutz-Anlagen,
Kaminanschlüsse, die Installation von
Solar-Panels, das Planen von Grün -
dächern und energetische Sanierungen
sowie Sicherheit, Mathematik, Zeichnen
und technische Grundkenntnisse.
Vergütung:
1. Lehrjahr ca. 760 Euro
2. Lehrjahr 910 Euro
3. Lehrjahr 1.160 Euro
Wir verabschieden uns. Dann klettert er
noch einmal auf das Dach. Und, ehrlich
gesagt, bin ich froh, dass ich unten an der
Leiter bleiben kann.
KÄNGURUplus 06/20 29
Trotz „Corona“ ist es wichtig, die berufliche
Perspektive nach der Schule, die
Suche nach einem Ausbildungsplatz
oder die Wahl eines Studiengangs nicht
aus den Augen zu verlieren. Die Unternehmen
haben ihre Nachwuchsgewinnung
nicht eingestellt.
Was soll ich später einmal werden? Welcher
Beruf passt zu mir und macht mir
Spaß? Was kann ich in diesem oder jenem
Beruf verdienen? Wie stelle ich
mich gut für meine berufliche Zukunft
auf? Was ist für eine erfolgreiche
Bewerbung wichtig? In all diesen Fragen
ANZEIGEN
WIE GEHT ES NACH DER
SCHULE WEITER?
Wichtiger denn je: die Berufsberatung der Agentur für Arbeit!
© AdobeStock.com_Brian Jackson
helfen die Berufsberaterinnen und Berufsberater
per Telefon oder via E-Mail weiter
und unterstützen bei der persönlichen
Berufswegplanung.
Telefonisch erreichbar ist die Berufsberatung
der Arbeitsagentur Köln
montags bis freitags in der Zeit
von 14 bis 16 Uhr unter folgender
Rufnummer: 0221 – 9429-1555.
Aktuelle und weitere Informationen gibt
es immer unter: www.arbeitsagentur.de/
vor-ort/koeln/Telefontermin+in+der+
Berufsberatung
Die Arbeitsagentur hat zusätzlich ein
umfangreiches Online-Angebot, das bequem
von zuhause genutzt werden kann:
• Planet-beruf.de: Die Webseite gibt
Orientierung für alle mit Hauptschuloder
mittlerem Schulabschluss.
• Berufe.net: 8.000 Berufe von A bis Z.
Hier werden alle Berufe ausführlich
vorgestellt, inklusive Ausbildung und
Verdienstmöglichkeiten.
• Berufe.tv: Das Filmportal über Berufe.
Mit spannenden Einblicken in Berufe
und Studiengänge.
• Abi.de: Wer Abitur hat, kann zwischen
Ausbildung und Studium wählen. Dieses
Portal hilft bei der Entscheidung.
• Die App „AzubiWelt" vereint alle
Angebote der BA für Ausbildungssuchende
und begleitet während des
gesamten Prozesses mit wichtigen
Hinweisen, von den ersten Schritten
bei der Recherche nach geeigneten
Berufen bis zum Finden einer passenden
Ausbildungsstelle.
Auch die Agentur für Arbeit bietet Ausbildungen
als Fachangestellte/-r für
Arbeitsmarktdienstleistungen sowie ein
duales Studium im Bereich Arbeitsmarktmanagement
oder Beratung für Bildung,
Beruf und Beschäftigung an. Nähere
Informationen erhalten Sie unter der
Hotline 0221 – 9429-4287 und unter
www.arbeitsagentur.de/karriere.
Auch für 2020 gibt es noch freie Ausbildungs- und Studienplätze!
„SCHIFFE SIND AM SICHERSTEN IM HAFEN,
ABER DAFÜR WURDEN SIE NICHT GEBAUT!“
(J. W. Fulbright)
J. William Fulbright, US-Senator
nach dem Zweiten Weltkrieg,
hat Studenten aus dem
zerbombten Europa zum
Studium in die USA eingeladen
und wurde so zu einem
wesentlichen Begründer und
Pionier des internatio nalen
Schüleraustausches.
Bis heute folgen Tausende
von Schülerinnen und
Schülern dieser Vision und
machen sich auf den mutigen
Weg in die USA, nach
Australien, Kanada, Südafrika,
Argentinien – um nur einige
Ziele zu nennen – und verbringen
ein halbes oder ein
ganzes Schuljahr in einem anderen
Kulturkreis.
International EXPERIENCE e.V.,
gegründet im Jahr 2000 mit
Hauptsitz in Lohmar, tritt seit
18 Jahren an, jungen Menschen
diesen Weg zu bereiten
und alle notwendigen Rahmenbedingungen
zu schaffen,
damit das Auslandsjahr
nicht nur ein Weg ins Abenteuerland
wird, sondern mit
der richtigen Vorbereitung
ein Meilenstein in der persönlichen
Entwicklung.
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30 KÄNGURUplus 06/20
KÄNGURUplus 03/20
30
ZUKUNFT
© AdobeStock.com_Jacob Lund
© AdobeStock.com_ science photo
© unsplash_thisisengineering-raeng
HOCHSCHULRANKING
2020
Studierende bewerten Studienbedingungen.
Das Centrum für Hochschulentwicklung
(CHE) und DIE ZEIT haben
die Ergebnisse des Hochschulrankings
2020 veröffentlicht. Jedes Jahr sammelt
das CHE Informationen zu den Themen
Studium, Lehre und Forschung an über
300 Universitäten sowie Hochschulen
und befragt rund 120.00 Studierende,
wie sie die Bedingungen an ihrer Hochschule
empfinden. Dabei stehen im
Wechsel verschiedene Studienfächer im
Fokus. Im aktuellen Ranking waren dies
unter anderem BWL, Jura, Soziale Arbeit
und zum ersten Mal auch Wirtschaftspsychologie.
Das Hochschulranking zeigt
dabei nicht nur das Stimmungs- und
Meinungsbild der aktuellen Studentinnen
und Studenten, sondern gibt auch
Studien interessierten Auskünfte aus erster
Hand. Die Ergebnisse sind bei ZEIT
CAMPUS ONLINE abrufbar. Auch im ZEIT
Studienführer sind Auszüge des Rankings
veröffentlicht. [id]
Info: ranking.zeit.de,
www.zeit.de/studienfuehrer
MINT NACHWUCHS-
BAROMETER 2020
Studie zu MINT-Bildung. Jedes Jahr
veröffentlichen die Körber-Stiftung und
die acatech – Deutsche Akademie der
Technikwissenschaften einen Bericht,
der über Zahlen, Fakten und Daten zur
Nachwuchssituation in den MINT-Bereichen
informiert. Dabei wird auf die Zeit
von der frühen Bildung bis zur beruflichen
Ausbildung und zum Studium geschaut.
Das MINT Nachwuchsbarometer
2020 zeigt, dass das Interesse von Schülerinnen
und Schülern an Mathematik
und Naturwissenschaften sinkt, ebenso
wie ihre Leistungen in diesen Bereichen.
Damit setzt sich der Trend der vergangenen
Jahre fort. Laut Studie fehlen einem
Drittel der Jugendlichen grundlegende
computerbezogene Kenntnisse. Die vollständigen
Daten sind online in den Broschüren
„MINT Nachwuchsbarometer
2020“ und „MINT Nachwuchsbarometer
2020 in Zahlen“ einsehbar. [id]
Info: www.acatech.de/projekt/
mint-nachwuchsbarometer,
www.koerber-stiftung.de/mint-nachwuchsbarometer
TRY-ING
BEI FORD
Ferienpraktikum für Schülerinnen. Der
Ford Aus- und Weiterbildung e. V. bietet
in den Sommerferien ein einwöchiges
Praktikum für Mädchen an. Schülerinnen
ab der 10. Klasse schnuppern dabei
in das duale Studium bei Ford rein
und lernen den Ingenieurberuf kennen.
Auf dem Programm stehen in dieser
Woche ein Besuch an der Fachhochschule
Bonn-Rhein-Sieg mit Vorlesungen
und Führungen, das Arbeiten an
praktischen Projekten in Kleingruppen,
eine Werkbesichtigung sowie das so
genannte „Shadowing“ von Ingenieurinnen
und Ingenieuren. Verpflegung ist in
dem kostenfreien Praktikum inbegriffen.
Die Voraussetzung für die Teilnahme ist
mindestens das Fachabitur als angestrebter
Schulabschluss. Die Anmeldung läuft
über das zdi-Zentrum Köln. Im Falle einer
Absage aufgrund der Corona-Situation
werden die Teilnehmerinnen rechtzeitig
informiert. [id]
Info: 29.6.–3.7., 8–15 Uhr,
Ford-Werke Köln,
www.zdi-zentrum-koeln.de/try-ing-sommer
IMPRESSUM
Sonderveröffentlichung
Känguru Colonia Verlag GmbH
Hansemannstr. 17–21
50823 Köln
Tel. 0221 – 99 88 21-0
www.kaenguru-online.de
Auflage
35.000
25.000 Teilbeilage im
Juni 2020 in KÄNGURU
Stadtmagazin für Familien
in KölnBonn, 10.000 freie
Verteilung
Redaktionsleitung
Petra Hoffmann
Mitarbeit
Anja Schimanke
Inga Drews
Sue Herrmann
Sonja Hoffmann
Ursula Katthöfer
Hanka Meves-Fricke
Mediaberatung
Sonja Bouchireb
bouchireb@kaenguru-online.de
Christine David
david@kaenguru-online.de
Susanne Geiger-Krautmacher
geiger@kaenguru-online.de
Petra Priggemeyer
priggemeyer@kaenguru-online.de
Gestaltung
Bianca Werninghaus,
www.designfee.com
Lektorat
Kirsten Nagel
Titelfoto
© AdobeStock
Bildnachweise am Foto
Das nächste
KÄNGURUplus
erscheint im
Oktober 2020.
KÄNGURUplus 06/20 31
Guter Schlaf ohne dunkle
Träume? Ein Traum.
1
SAGSTUA Bettgestell.
Ohne Federholzrahmen
und Matratze
149.-
1 SAGSTUA Bettgestell 149.- Ohne Federholzrahmen
und Matratze. Pulverbeschichteter Stahl.
168×208 cm, 140 cm hoch. Liegefläche 160×200 cm.
692.688.93
2 NORDKISA Kleiderschrank offen/Schiebetür 229.-
Klar lackierter Bambus. 120×47 cm, 186 cm hoch.
004.394.68
3 Neu OTTERÖN/INNERSKÄR Hocker 49.99
Für drinnen und draußen geeignet.
Bezug: 100 % Polypropylen. Gestell: Stahl.
Ø 48 cm, 41 cm hoch. Lila 693.048.53
4 GURLI Kissenbezug 3.99 100 % Baumwolle.
50×50 cm. Goldgelb 203.958.21
5 Neu BINGSTA Sessel 99.- Bezug „Vissle“ dunkelgelb/„Kabusa“
dunkelgelb aus 100 % Polyester.
70×58 cm, 76 cm hoch. Sitzhöhe 45 cm. 404.556.49
6 Neu KLARAFINA Kissenbezug 9.99 100 % Baumwolle.
50×50 cm. Pink/grün 904.675.98
7 Neu NÄBBFLY Kissenbezug 4.99 100 % Baumwolle.
50×50 cm. Schwarz/bunt 004.650.56
8 Neu SKOGSFIBBLA Bettwäsche-Set 19.99/2-tlg.
100 % Baumwolle. 140×200/80×80 cm.
504.593.45
2
NORDKISA
Kleiderschrank
offen/Schiebetür
229.-
4
GURLI
Kissenbezug
3. 99
6
KLARAFINA
Kissenbezug
9. 99
7
3
OTTERÖN/
INNERSKÄR
Hocker
49. 99
5
BINGSTA
Sessel
99.-
8
Preise gültig bei IKEA Köln, solange der Vorrat reicht.
IKEA – Niederlassung Köln-Am Butzweilerhof, Butzweilerstraße 51, 50829 Köln
IKEA – Niederlassung Köln-Godorf, Godorfer Hauptstraße 171, 50997 Köln
Mehr Infos und Angebote sowie unsere Öffnungszeiten findest du unter
IKEA.de/Köln-Butzweilerhof und IKEA.de/Köln-Godorf
Dein Vertragspartner ist die IKEA Deutschland GmbH & Co. KG, Am Wandersmann 2–4, 65719 Hofheim-Wallau.
© Inter IKEA Systems B.V. 2020