SPORTaktiv Juni 2020
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verwendeten Li-Ionen-Akku mit rund<br />
1% je Monat fast keine Rolle mehr. Das<br />
in jedem Li-Ionen-Akku-Pack enthaltene<br />
„Batterie Management System“ – kurz<br />
BMS – benötigt zwar nur wenig Energie,<br />
kann aber in einer mehrmonatigen Winterpause<br />
zu einem durchaus messbaren<br />
Ladungsverlust beitragen. Daher empfiehlt<br />
es sich, Akkus über eine längere<br />
Zeit geladen (zwischen 30–60 %) bei<br />
einer Temperatur zwischen 0 und 20° C<br />
zu lagern.<br />
Nächste Lektion: Physik & Chemie<br />
In der Verlustenergie-Bilanz am schwersten<br />
wiegen jedoch die durch den Innenwiderstand<br />
des Akkus verursachten<br />
Spannungsverluste. Sie steigen proportional<br />
mit dem Entladestrom und dem<br />
Zellenwiderstand. Dieser wird durch den<br />
natürlichen Alterungsprozess der Zelle<br />
erhöht, der wiederum durch ungünstige<br />
externe Faktoren wie Fehlbehandlung<br />
oder eine mangelhafte Fertigung beschleunigt<br />
wird.<br />
Die Physik lässt sich hier nicht austricksen:<br />
Die Energieerzeugung von Akkus<br />
beruht auf elektrochemischen Reaktionen<br />
und hier unterscheidet man zwischen<br />
gewollten Hauptreaktionen und<br />
ungewollten Nebenreaktionen.<br />
Ungewollte Reaktionen haben ihre Ursache<br />
oft auch in kleinen Verunreinigungen,<br />
weshalb während der Zellenherstellung<br />
im gesamten Produktionsprozess<br />
auf ein Höchstmaß an Reinheit geachtet<br />
wird. Große Hersteller wie LG, Panasonic,<br />
Samsung, Sanyo oder Sony, deren<br />
Zellen in den Akku-Packs der bekannten<br />
Motorenhersteller verwendet werden,<br />
können dies weitestgehend garantieren.<br />
Billige No-Name-Nachrüstakkus sind<br />
hier kritisch zu betrachten, wer weiß<br />
schon, ob der Hersteller aufgrund von<br />
Schleuderpreisen eine durchgehende<br />
Qualitätskontrolle in der Fertigung garantieren<br />
kann.<br />
Beispiele für menschliche Fehlbehandlung<br />
und daraus resultierende ungewollte<br />
Nebenreaktionen: Der Innenwiderstand<br />
bei allen elektrochemischen Stromquellen<br />
wie einer Akkuzelle steigt kurzfristig<br />
bei Kälte an. Bei Wärme fällt er ein wenig,<br />
allerdings begünstigen hohe Temperaturen<br />
wiederum schädliche Nebenreaktionen<br />
in Zellen. Die optimale Arbeitstemperatur<br />
liegt bei Li-Ionen-Akkus<br />
im Bereich zwischen 15–40° C, weshalb<br />
das Batteriemanagement zusammen mit<br />
der Motorsteuerung bei hohen Temperaturen<br />
die Leistung des Motors und die<br />
Stromentnahme reduziert.<br />
Zu den Akku-Todsünden gehört es daher,<br />
ein Rad länger in der prallen Sonne<br />
stehen zu lassen oder Akkus im Sommer<br />
im heißen Innenraum eines Autos zu lagern.<br />
Genauso, wie im tiefsten Winter<br />
bei Temperaturen unter null Grad mit<br />
kaltem Akku loszuballern, ohne den<br />
Akku vorher auf Zimmertemperatur akklimatisiert<br />
zu haben. Das schadet Akkus<br />
immens. Es spricht übrigens bei einer<br />
Hitzewelle nichts gegen eine gute Tourenplanung,<br />
bei der der Aufstieg entweder<br />
im Schatten oder frühmorgens erfolgt.<br />
Und es spricht auch nichts gegen<br />
einen Fahrradhersteller, der den Akkus in<br />
seinen Bikes durch besondere Rahmenkonstruktionen<br />
eine optimierte Kühlung<br />
bietet (Airflow etc).<br />
Nun altern Akkus durch die Chemie,<br />
aber auch auf natürliche Art und Weise.<br />
Wann ist diese Altersgrenze erreicht? Davon<br />
spricht man bei Lithium-Ionen-Akkus,<br />
wenn sie nur noch über 70–80 %<br />
ihrer ursprünglichen Kapazität verfügen,<br />
was in etwa 1000 vollen Ladezyklen entspricht.<br />
Ein voller Ladezyklus ist erreicht,<br />
wenn der Akku von unter 50 % geladen<br />
wurde, ein halber Ladezyklus bei einer<br />
Ladung über 50 % Ladezustand.<br />
Allerdings gibt es auch die sogenannte<br />
„kalendarische Alterung“, bei der nach<br />
ca. 6–7 Jahren erkennbare Degenerationserscheinungen<br />
auftreten können. Degenerative<br />
Veränderungen innerhalb einer<br />
Batteriezelle sind der Eigenart des Ionenstroms<br />
geschuldet: Lade- und Entladevorgänge<br />
basieren auf dem Ionenfluss<br />
zwischen den Polelektroden und dem<br />
Anlagern von Ionen an der aktiven Elektrodensubstanz.<br />
Hierbei treten am sogenannten<br />
Separator, einer Trennschicht<br />
zwischen Akku-Anode und -Kathode,<br />
über längere Zeit unregelmäßige Ablagerungen<br />
an der Anode auf.<br />
Bemerkbar machen sich dauerhaft erhöhte<br />
Innenwiderstände der Akkuzellen<br />
bei erreichen der Altersgrenze durch eine<br />
verringerte Reichweite, deutlich frühere<br />
Abschaltung und deutlich erhöhte Ladezeiten<br />
des Akkus. Bei einer Kapazität von<br />
60 % dauert die Ladezeit dann schon<br />
eine gefühlte Ewigkeit, wobei der Akku<br />
dann auf Tour ohnehin mit einem frühen<br />
Abschalten nervt. Zeit für Recycling.<br />
Last but not least verliert der Akku mit<br />
jedem Lade-/Entladevorgang einen kleinen<br />
Teil seiner Kapazität. Entscheidend<br />
ist dabei der Energiedurchsatz, also die<br />
gesamt abgegebene Energie während der<br />
täglichen Nutzung. Noch entscheidender<br />
für die Lebensdauer bei Li-Ionen-Akkus<br />
sind allerdings extreme Ladezustände,<br />
die die Alterung beschleunigen: extrem<br />
leere oder volle Akkus. Es ist besser einen<br />
Akku nie ganz leer zu fahren, sondern<br />
maximal auf 15–20% (in etwa ein „Balken“).<br />
Genauso wie es die Lebenserwartung<br />
erhöht, den Akku immer nur bis zu<br />
80–85% vollzuladen. Klingt blöd, denn<br />
auf einer Tour will man ja möglichst viel<br />
Reichweite haben, aber es gibt auch kurze<br />
Touren, wo man eigentlich keinen vollen<br />
Akku braucht und mit 80 % Ladung<br />
sein Auslangen findet. Oder man fährt<br />
ohnehin auf größeren Touren mit zweitem<br />
Akku und tauscht früher. Besonders<br />
clever ist hier das Bosch-Dual-Battery<br />
System, bei dem zwei Akkus jeweils<br />
scheibchenweise immer für kurze Zeit<br />
entladen und so im Betrieb deutlich weniger<br />
belastet werden.<br />
Was tut dem Akku also wirklich gut,<br />
sodass er lange seine Kapazität behält?<br />
Wie ihr seht, ist eine Menge Physik und<br />
Chemie im Spiel, aber wenn man ein<br />
paar Regeln beachtet, halten eure Akkus<br />
definitiv länger. Im Kasten im Anschluss<br />
(bitte umblättern) haben wir für euch die<br />
Basics zusammengefasst! Gute Fahrt!<br />
Tipps vom<br />
Experten für<br />
mehr Fahrspaß<br />
und Reichweite:<br />
z.B. den<br />
Akku nie ganz<br />
voll (!) laden.<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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