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Sonder-Rundbrief April 2020_Web

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Hilfe> Armut<br />

Corona-<strong>Sonder</strong>ausgabe<br />

Nr. 1<br />

Apr. /20<br />

Diözese St. Pölten<br />

Der Hunger vor der Tür<br />

Fotos: Caritas, shutterstock<br />

Die Maßnahmen der letzten Wochen<br />

waren für viele von uns unvorstellbar.<br />

Eingeschränkte Bewegungsfreiheit,<br />

minimaler Kontakt zu Familienmitgliedern<br />

und Freunden, das Schließen<br />

von Betrieben und Geschäften,<br />

Einkaufen nur mit Mundschutz und<br />

vieles mehr. Maßnahmen, die Leben<br />

retten können. Maßnahmen, die<br />

darum von vielen in Österreich mitgetragen<br />

wurden und werden.<br />

Ganz anders trifft diese Krise viele<br />

der ärmsten Länder der Welt in<br />

Afrika und Asien. Menschen, die von<br />

Tagelöhnen leben, fallen komplett<br />

um ihre Einkünfte um. Familien, die<br />

auf diese Einkommen angewiesen<br />

sind, haben keine Reserven. Der<br />

Hunger, den viele gerade überwunden<br />

hatten, steht wieder vor der Tür.<br />

Je länger die Krise dauert, desto<br />

schärfer werden die Konsequenzen<br />

vor allem für die Schwächsten<br />

sein. Nur durch internationale Hilfe<br />

kann hier das Schlimmste verhindert<br />

werden. Zu hoffen ist, dass die<br />

oft zitierte Solidarität nicht an den<br />

nationalen Grenzen oder EU-Außengrenzen<br />

endet. „Nur sie kann den<br />

Hunger und Corona besiegen!“<br />

Lukas Steinwendtner<br />

Leiter Auslandshilfe<br />

Lebensmittelverteilung in Faisalabad, Pakistan, für Menschen, die schwer von der Krise<br />

betroffen sind. Besonders in Gegenden, die bisher schon von Hunger betroffen waren,<br />

bringt Corona die Menschen in Gefahr: Denn der Hunger wird schlimmer.<br />

Wichtiger denn je –<br />

Hilfe in Zeiten von Corona<br />

Europa, Asien, Afrika – selten gibt es eine<br />

Katastrophe, die so viele Menschen an so<br />

vielen Orten der Welt gleichzeitig betrifft.<br />

Viele von uns haben die Corona-Maßnahmen<br />

der letzten Wochen hart getroffen.<br />

Doch auch in unseren Partnerländern geht<br />

es jetzt ganz schnell: Die Krankheit breitet<br />

sich aus, die Menschen können und dürfen<br />

nicht mehr arbeiten gehen. Das bedeutet,<br />

sie können ihre Familien nicht mehr versorgen,<br />

denn einen Härtefonds oder Arbeitslosengeld<br />

gibt es nicht. Unsere Partnerorganisationen<br />

versuchen ebenso wie wir,<br />

Abstand einzuhalten und dennoch weiterzuarbeiten.<br />

Was Ausgangssperren und<br />

Beschränkungen in Ländern wie Senegal,<br />

Pakistan oder Albanien bedeuten, erfahren<br />

Sie auf den nächsten Seiten.<br />

Wie so oft in Krisen, trifft es gerade die<br />

armutsbetroffenen Menschen am stärksten.<br />

Armut und Hunger werden wegen der<br />

wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie<br />

in Afrika und Asien wieder ansteigen.<br />

Durch schlechte Gesundheitssysteme ist<br />

zu befürchten, dass die Auswirkungen verheerend<br />

sein werden.<br />

Daher dürfen wir die Menschen, deren tägliche<br />

Mahlzeit bereits jetzt nicht gesichert<br />

ist, nicht allein lassen.<br />

Die vergangenen Jahre haben gezeigt:<br />

Hilfe bewirkt viel, vor allem durch die Unterstützung<br />

von bäuerlichen Familien bei der<br />

Landwirtschaft und Tierhaltung und durch<br />

Maßnahmen gegen akute Unterernährung<br />

von Kindern. Die Caritas unterstützt weltweit<br />

50 Projekte gegen den Hunger. Davon<br />

profitieren 240.000 Menschen.<br />

Unser gemeinsames Ziel muss sein, in<br />

der Krise die Ärmsten nicht im Stich zu<br />

lassen und Caritas-Projekte gegen den<br />

Hunger für weitere Familien zu ermöglichen.<br />

Damit wir den Hunger besiegen!<br />

Caritas St. Pölten Aktuell<br />

Erscheinungsort St. Pölten


Wie eine Getreidebank<br />

durch Krisenzeiten hilft<br />

Interview mit Yaya NDIAYE,<br />

Vorstand der Getreidebank<br />

im Bezirk Nétéboulou:<br />

48 Tonnen<br />

Welche Menge an Getreide ist in der<br />

Getreidebank gelagert?<br />

NDIAYE: Wir haben 48 Tonnen<br />

Mais gespeichert.<br />

Neben der Gefahr durch das Corona-Virus droht den Menschen in den ärmsten Ländern<br />

der Welt eine Hungersnot infolge des Lockdowns, der Unterbrechung des öffentlichen<br />

Lebens.<br />

500 kg<br />

Reicht diese Menge für eine mögliche<br />

Durchhaltezeit aufgrund der Corona-<br />

Pandemie aus?<br />

NDIAYE: Jede Familie im Dorf kann<br />

max. 500 kg erhalten. Nur wenn die<br />

Periode nicht sehr lang ist, reicht<br />

dieser Bestand, gemeinsam mit den<br />

eigenen Ernteerträgen der Familien.<br />

75 Familien<br />

Wie viele Familien können in der<br />

Getreidebank Mais abholen?<br />

NDIAYE: 75 Familien profitieren von<br />

der Getreidebank. Das Problem ist,<br />

dass die Menschen wegen der<br />

Corona-Pandemie momentan keine<br />

anderen Einkommensquellen als<br />

die Landwirtschaft haben.<br />

Das macht die Ernte und mögliche<br />

Ernteausfälle noch bedeutender.<br />

Corona kennt keine<br />

Grenzen<br />

„Wenn der Lockdown länger andauern<br />

sollte, sterben Menschen an Hunger anstelle<br />

von COVID-19!“, so bringt Amir Irfan<br />

von der Caritas Pakistan bereits Anfang<br />

<strong>April</strong> die Situation auf den Punkt.<br />

Vergleichsweise spät wurden die ersten<br />

Corona-Fälle in Pakistan bekannt und recht<br />

schnell hat die pakistanische Regierung<br />

drastische Maßnahmen gesetzt.<br />

Der „Lockdown“, die Unterbrechung des<br />

öffentlichen Lebens und die Schließung der<br />

Betriebe, gilt auch in Pakistan.<br />

Was bedeutet Corona in einem Land mit<br />

äußerst dürftigem Gesundheitssystem? In<br />

einem Land, in dem bereits vor der Krise<br />

40 Millionen Menschen (ein Fünftel aller<br />

Pakistanis) nicht genug zu essen hatten?<br />

In einem Land, in dem ein Drittel aller<br />

Beschäftigten als Tagelöhner (ohne fixe<br />

Arbeitsverträge) arbeitet? Es bedeutet: Von<br />

ohnedies prekären Lebensbedingungen<br />

braucht es nicht viel in die absolute Krise<br />

zu stürzen.<br />

Ähnlich zu Pakistan gerät auch Senegal<br />

von der Coronakrise zunehmend unter<br />

Druck. Die Auswirkungen auf das soziale<br />

Leben und die Wirtschaft in den betroffenen<br />

Ländern sind enorm.<br />

Durch schwache Gesundheitsstrukturen<br />

und fehlenden Arbeitnehmerschutz sowie<br />

Versicherungssysteme sind Menschen von<br />

der eingeschränkten Bewegungsfreiheit<br />

ganz besonders betroffen. Eingeschränkte<br />

Reisefreiheit im Land, aber auch die Neuverschuldung<br />

der Staaten und zu befürchtende<br />

Rezessionen werden die Stabilität<br />

dieser Länder zusätzlich gefährden.<br />

Der "Stille Tod" durch<br />

mangelnden Zugang zu<br />

Lebensmitteln ist eine reale<br />

Gefahr! Vor allem Kinder<br />

unter fünf Jahren, Kranke<br />

und ältere Menschen sind<br />

bedroht.<br />

Der „Stille Tod“ durch mangelnden Zugang<br />

zu Lebensmitteln ist eine reale Gefahr!<br />

Vor allem Kinder unter fünf Jahren, Kranke<br />

und ältere Menschen sterben zu Hause<br />

und es ist kein Skandal, sondern Teil der<br />

Normalität. Aber es gilt drastisch nach Jean<br />

Ziegler: „Jedes Kind, das an Hunger stirbt,<br />

wird ermordet!“<br />

<strong>Sonder</strong>ausgabe Corona-Nothilfe | Information Nr. 1 | <strong>April</strong> <strong>2020</strong>


Es gibt auch Schulungen und Sensibilisierung, damit die Bevölkerung gut auf verstärkte<br />

Hygienemaßnahmen achtet. Menschen lernen schnell um – halten Abstand und halten<br />

die Regeln im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein.<br />

Die Caritas-Partnerorganisationen verteilen<br />

Lebensmittel, Schutzmasken und Informationsmaterial,<br />

wie man sich schützen kann.<br />

Unsere Hilfe auch nicht<br />

Beispiele aus Senegal und Pakistan<br />

Dort, wo es Caritas-Projekte gibt, ist die<br />

Widerstandsfähigkeit erhöht. Die Rolle<br />

der Kleinstbauern ist hier wichtig, die<br />

trotz starker Gefährdung die Lebensmittelversorgung<br />

zumindest für sich selber<br />

schaffen.<br />

Dank des Saatguts, das in den Caritas-Projekten<br />

im Senegal eingesetzt und von den<br />

Bauern später selber produziert wird, war<br />

die letzte Ernte (Hirse, Mais und Erdnüsse)<br />

ertragreich genug, dass die Menschen<br />

noch immer davon leben können. Sie<br />

haben einen Teil dieser Ernten in den Getreidebanken,<br />

Getreidespeichern die es<br />

in den meisten Projekten gibt, gelagert.<br />

Das ermöglicht den BäuerInnen, die Bewegungseinschränkungen<br />

in der Corona-<br />

Krise einzuhalten. Die Frauen verwenden<br />

Gemüse aus ihren Gärten. Einige Familien<br />

besitzen auch Hühner, diese decken den<br />

Bedarf an Eiern.<br />

Im Rahmen der Projekte wurde auch der<br />

Zugang zu Wasser erleichtert, das hat die<br />

Hygienebedingungen stark verbessert.<br />

Wegen der Schließung der Wochenmärkte<br />

erhalten Frauen für manche Produkte, wie<br />

zum Beispiel Okra, bessere Preise.<br />

Die Frauen ernten Gemüse aus den Gärten<br />

für den eigenen Bedarf und es wurde in<br />

den Gärten ein Bewässerungsplan für<br />

Frauen, Schüler und Eltern erstellt, um Versammlungen<br />

in Gärten und Schulgärten<br />

zu vermeiden.<br />

Schwierig für die Bevölkerung ist, dass es<br />

momentan kaum möglich ist, Geld mit anderen,<br />

nicht-landwirtschaftlichen Aktivitäten<br />

zu verdienen.<br />

„Auch wenn wir nicht die<br />

ganze Welt retten können,<br />

ein wenig besser machen<br />

können wir sie schon."<br />

Andreas Zinggl, Caritas St. Pölten<br />

Auch die MitarbeiterInnen unserer Partner<br />

haben es nicht leicht: Sie brauchen eine<br />

vom Gouverneur unterschriebene Fahrterlaubnis<br />

mit genauem Zielort, um die Stadt<br />

Tambacounda zu verlassen, sofern sie keine<br />

Familie woanders haben. Einige Außendienstmitarbeiter<br />

hatten auch Schwierigkeiten,<br />

ihre Familien in Tambacounda zu<br />

erreichen und brauchten drei Tage, um<br />

die 450 km von Dakar nach Tambacounda<br />

bewältigen zu können. Diejenigen, die es<br />

nicht schaffen wegzufahren, müssen ihre<br />

Familien durch telefonische Kommunikation<br />

und Geldtransfers unterstützen.<br />

Auch in Pakistan können wir feststellen,<br />

dass sich jene Menschen, die von der<br />

Caritas in den vergangenen Jahren erreicht<br />

wurden, deutlich leichter durch die Corona-<br />

Krise bewegen können.<br />

Ob das Kleinstbauern sind, die in den<br />

letzten Jahren dabei unterstützt wurden,<br />

ihre Produktivität zu verbessern und sich<br />

gegen allerlei Krisen zu schützen oder<br />

andere Menschen, denen geholfen wurde,<br />

sich aus der Armut zu befreien, langfristige<br />

Hilfe zahlt sich in der jetzigen Situation besonders<br />

aus.<br />

Tausende Menschen wurden bereits seit<br />

den ersten Tagen der Krise mit Nothilfepaketen<br />

(Schutzmasken, Informationsmaterial,<br />

Seife und Nahrungsmittel) versorgt.<br />

Auch wenn wir nicht die ganze Welt retten<br />

können, ein wenig besser machen können<br />

wir sie schon.<br />

<strong>Sonder</strong>ausgabe Corona-Nothilfe | Information Nr. 1 | <strong>April</strong> <strong>2020</strong>


Ein kleines Stück<br />

Sicherheit<br />

Die Menschen im Dorf Sinthiaoulin Bananding im Bezirk Nétéboulou im Senegal sind bereits<br />

mehrere Jahre Teil eines Caritas-Projekts. Begonnen haben die DorfbewohnerInnen mit<br />

der Schulung von Modellproduzenten, die seit Projektstart Saatgut produzieren und andere<br />

Produzenten weiterbilden. Als nächstes wurde im Jahr 2018 eine Getreidebank gebaut.<br />

Eine Getreidebank ist ein fest gemauerter Getreidespeicher, wo ein Teil der Ernte sowie<br />

Saatgut für schlechte Zeiten eingelagert werden kann.<br />

Bereits die Ernte der letzten Saison konnte eingelagert werden, genauso die heurige.<br />

Vorher gab es im Dorf nur traditionelle Lagerung. Dabei war das Getreide Nagetieren und<br />

Insekten ausgesetzt, was zu Verlusten führte. Anfang 2019 brachte der Vorstand der Getreidebank,<br />

Yaya Ndiaye, persönlich Erdnüsse als Dankeschön zur Caritas Tambacounda,<br />

weil er von der Getreidebank in seinem Dorf so begeistert war. Die Getreidebank hat 22 Mitglieder,<br />

davon 7 Frauen. Sogar die Kassiererin ist eine Frau! Für die Mitgliedschaft musste<br />

jede Familie 50 kg Getreide bringen, das bildete das Anfangskapital.<br />

Außerdem wurde eine Weiterbildung organisiert, wo sie über den Schutz des Getreides vor<br />

Krankheiten, und über die Lagerung von lebenswichtigem Saatgut lernten. Außerdem haben<br />

die Mitglieder im Herbst 2019 neben der Bestellung ihrer eigenen Felder zusätzlich auf<br />

einem Gemeinschaftsfeld Hirse, Erdnüsse und Mais angebaut und dafür einen Mikrokredit<br />

aufgenommen. Dank dieser Maßnahmen sind die Menschen im Dorf zumindest eine Zeit<br />

lang besser gegen die bevorstehende Hungerkrise gewappnet.<br />

Die DorfbewohnerInnen wechseln sich jetzt ab, wenn sie in den Gemeinschaftsgärten<br />

arbeiten, damit auch dort so viel Abstand wie möglich gehalten werden kann.<br />

Gute Nachrichten<br />

von unseren Freiwilligen<br />

Mittlerweile sind alle internationalen<br />

Freiwilligen wieder gut zu Hause in<br />

Österreich angekommen. Obwohl<br />

alle ihren Einsatz frühzeitig abbrechen<br />

mussten, haben sie die Partnerorganisationen<br />

in den Bereichen<br />

der Ernährungssicherheit, Kommunikation<br />

und IT großartig unterstützt.<br />

Sie haben sich toll eingebracht und<br />

hoffen, dass sie ihre Einsätze nach<br />

der Pandemie beenden können.<br />

Leben verändern<br />

durch Schenken mit Sinn<br />

Auch wenn wir Ostern heuer vielleicht<br />

nicht persönlich mit unseren<br />

Familien oder Freunden verbringen<br />

konnten, ist es doch schön in<br />

Gedanken zusammen zu sein und<br />

einander eine Freude zu machen.<br />

Durch Schenken mit Sinn haben Sie<br />

ein außergewöhnliches Geschenk<br />

für Ihre Lieben, zum anderen helfen<br />

Sie konkret Menschen in Not. Mit<br />

einer Hühnerschar beispielsweise<br />

können Sie das Leben einer Familie<br />

in Afrika nachhaltig verbessern.<br />

www.schenkenmitsinn.at<br />

Spendenkonto<br />

der Caritas St. Pölten:<br />

IBAN: AT28 3258 5000 0007 6000<br />

BIC: RLNWATWWOBG<br />

Bestellung der Länderinformation<br />

und Auskunft: 02742 844 455<br />

spendenservice@caritas-stpoelten.at<br />

Impressum:<br />

Medieninhaberin und Herausgeberin: Caritas St. Pölten | Für den Inhalt: L. Steinwendtner, A. Zinggl, A. Bokor, C. Gaar, S. Modelhart<br />

Grafik: Sigrid Brandl | Hersteller: Gradwohl Melk | Verlagspostamt: Amstetten | Erscheinungsort: 3100 St. Pölten, Hasnerstraße 4

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