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Hänicher Bote | Juni-Ausgabe 2020

Hänicher Bote | Juni-Ausgabe 2020 mit den gewerblichen Sonderthemen "Erlebnis Dübe

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18 DEPONIE JÜDENBERG

Interview mit Dr. Dr. Dieter Feldhaus

Deponie-Deal: Ein abgekartetes Spiel?

(Gräfenhainichen/HäBo/db). Wie

sich schon herumgesprochen hat, will

die Firma Papenburg unmittelbar neben

Ferropolis auf dem Grundstück

des Tonwerks Jüdenberg eine Deponie

der Klasse 1 errichten. Deshalb

hat sich der Hänicher Bote mit Dr.

Dr. Dieter Feldhaus, dem Geologie-

Fachmann der Bürgerinitiative Natur

auf der Kippe e.V., unterhalten.

Hänicher Bote

Bote

17. Juni 2020

HäBo: Herr Dr. Feldhaus, der Antrag

auf Genehmigung ist beim

Landkreis Wittenberg eingereicht,

die Unterlagen sollen aber immer

noch nicht vollständig sein. Papenburg

soll aber bereits mit dem Bau

der Deponie begonnen haben. Das

zumindest behauptet die Bürgerinitiative

„Natur auf der Kippe“.

Dr. Feldhaus: Das ist richtig. Die

Bürgerinitiative und Bürgermeister

Enrico Schilling haben diese Bauarbeiten

angezeigt. Die zuständigen

Behörden unseres Landkreises haben

dann auf der geplanten Deponiefläche

kon trolliert. Das Ergebnis der Kontrolle

war für alle überraschend: Alles

gut – keine zielgerichteten Bauarbeiten

erkennbar.

Aber wer hat nun recht? Was sind

die Fakten, mit denen sich jeder

Gräfenhainicher seine eigene Meinung

bilden kann. Was passiert auf

dem Grundstück des Tonwerks zwischen

Jüdenberg und Ferropolis

zurzeit?

Es wird weiterhin Ton und Sand abgebaut

mit dem Ziel der Vermarktung.

Der Sandabbau dient entsprechend

der aktuell gültigen Genehmigung

von 2019 aber auch der Herstellung

der Mulde, in der die geplante Deponie

errichtet werden würde. Mit

der vorhandenen Abbautechnologie

fahren Straßenfahrzeuge direkt zum

Ort der Beladung, deshalb müssten

für die 40-Tonner mit Schüttgut-

Auflieger extra Baustraßen errichtet

werden. Hier jedoch wird die gesamte

Fläche auf dem Sand abgebaut und als

Baustraße genutzt. Diese entstehen in

diesem Fall durch Aufschüttung von

Bauschutt. In Bayern und Rheinland-

Pfalz dürfen Baustraßen nur aus aufbereitetem

Bauschutt hergestellt werden.

In Sachsen-Anhalt gibt es dafür

leider keine Vorgaben. Das führt

dazu, dass unbearbeiteter Bauschutt

verwendet wird, der sehr große Brocken

von Beton mit Armierungsstahl,

Mauerresten, Glas, Fliesen, Holz sowie

Metall- und Plastikrohre enthält.

Die damit errichteten Baustraßen sind

dann bis zu zwei Meter dick. Außerdem

wird immer wieder Bauschutt

neben den Baustraßen in extra angefertigten

Gruben verbuddelt. Bau-

Das Luftbild vom März 2020 zeigt in der unteren Hälfte den Sandabbau und damit einen Teil der geplanten Deponiefläche.

Die rosa Flächen sind Baustraßen aus Bauschutt. Im Bereich der grauen Fläche am unteren Rand wurde die Baustraße mit

verunreinigtem Ton und Sand überdeckt. Am oberen Bildrand ist Jüdenberg zu sehen.

Foto: privat

schuttverwertung ist halt ein sehr lukratives

Geschäft. In den Bereichen,

in denen der Ton ausgebaut ist, wurde

„rekultiviert“. Das heißt, es wurden

Bäumchen gepflanzt. Unter der

Pflanzschicht, die aus mit Bauschutt

verunreinigtem Ton

besteht, wurde häufig

flächendeckend

Bauschutt aufgetragen.

Mit Rekultivierung,

so wie es

für Bergbaufolgelandschaften

verstanden

wird, hat

das wohl nicht viel

zu tun.

Was bedeutet das?

Beim immer

noch betriebenen

Sandabbau muss

jetzt der vorher verbuddelte

Bauschutt Dr. Dieter Feldhaus

wieder ausgebaut werden, damit man

den Sand verkaufen kann. Der Bauschutt

wird dann aber gleich wieder

als flächendeckende Baustraße eingebaut.

Wo die vermeintliche Baustraße

nicht mehr benötigt wird, wird sie mit

noch mehr Bauschutt und danach mit

verunreinigtem Ton und Sand überdeckt.

Danach wird alles mehrfach

verdichtet. Auf diese Art entsteht

ganz zufällig schon mal die Aufstandsfläche

der noch in der Prüfung

des Antrags steckenden Deponie.

Was sagen unsere Aufsichtsbehörden

im Landkreis zu diesen Tatsachen?

Das Verbuddeln von Bauschutt, welches

von mehreren Bürgern über

einen Zeitraum von mehr als zehn

Jahren mehrfach angezeigt wurde,

konnte bei den jährlichen Kontrollen

der zuständigen Behörde nicht festgestellt

werden. Wie

auch, wenn an der

Oberfläche nichts

zu sehen ist und

man keine weiteren

Untersuchungen

anstellt. Alle

Baustraßen müssen

nach Beendigung

der Sandgewinnung

zurückgebaut

– das heißt wieder

entfernt – werden.

Was aber, wenn sie

doch gar nicht mehr

zu sehen sind? Mit

dem Auftragen

von Materialien im

Sandabbau wurden die Baustraßen

ganz einfach überdeckt und so gleich

die Höhe der Aufstandsfläche der

Deponie mit dem entsprechenden Gefälle

hergestellt. Unsere Kontrollbehörden

haben sich vom Betreiber erklären

lassen, dass es keinen kausalen

Zusammenhang der vorgenommenen

Verfüllung zum Deponieabbau gäbe

und dass die Oberfläche nicht hinreichend

genau eingemessen sei.

Unsere Kontrollbehörden akzeptieren

diese Aussage ohne weitere

Nachprüfungen?

Unsere im Landkreis zuständige Behörde

stellte fest, dass das eingesetzte

Material als Untergrund für eine Deponie

ungeeignet ist. Die Baustraße

und die sorgfältig angefertigte Überdeckung

müssten also im Fall der

Genehmigung des Deponiebaus wieder

ausgebaut werden.

Das klingt ja gar nicht so schlecht.

Das stimmt. Aber, so unsere Behörde

weiter, der Betreiber könnte unter

Umständen auch nachweisen, dass

dieser Untergrund als Aufstandsfläche

für die geplante Deponie uneingeschränkt

geeignet ist.

Und wer weist dann die Eignung

nach?

Natürlich der Betreiber, wer denn

sonst! Welches Ergebnis ist da wohl

zu erwarten? Für uns als Bürgerinitiative

ergibt sich aus den genannten

Tatsachen, dass die Firma Papenburg

mit den ersten Schritten des Deponiebaus

begonnen hat, die Verstöße

gegen Genehmigungen und gute Sitten

bewusst fortsetzt und die Aufsichtsbehörden

unseres Landkreises

dies scheinbar nicht zur Kenntnis

nehmen wollen.

Das klingt, als brauchen Sie bei

diesem Kampf gegen die Deponie

möglichst viele Mitstreiter. Herr Dr.

Feldhaus, wir bedanken uns recht

herzlich für das ausführliche Gespräch.

Weitere Informationen finden Sie auf

der Webseite der Bürgerinitiative

„Natur auf der Kippe“ unter www.

aufderkippe.org.

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