Life Channel Magazin Juli 2020
Scheitern
Scheitern
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THEMA |<br />
Zeit nehmen, uns tatsächlich auf so ein<br />
Bänkli zu setzen und zuzuhören. Inwiefern<br />
das Scheitern dieser Menschen selbstverschuldet<br />
ist oder nicht, spielt gar nicht mehr<br />
so eine Rolle. Man hat totalen Schiffbruch<br />
erlebt, alleine ist kein Herauskommen<br />
mehr. Übrigens: Im Wort Schiffbruch gründet<br />
die Bedeutung von Scheitern. Das<br />
imposante Holzschiff zerschellt an der<br />
Brandung, was übrig bleibt sind einzelne<br />
Scheiter.<br />
Rettung aus der Gefahrenzone<br />
Zurück zu unserer Biketour. Nach gründlichem<br />
Abwägen entscheiden wir uns schweren<br />
Herzens, die Rega zu kontaktieren. Wie<br />
peinlich! Zaghaft erklären wir unsere Situation<br />
und versuchen zu beschreiben, wo wir<br />
ungefähr feststecken. Am anderen Ende<br />
nichts von Vorwürfen, sondern Bestätigung<br />
für die Richtigkeit unseres Entscheides<br />
anzurufen. Das ganze Gebiet sei mit keinem<br />
einzigen Weg erfasst, an ein Weiterkommen<br />
nicht zu denken. Bergung aus der Gefahrenzone<br />
ist jetzt angesagt. Wie beruhigend und<br />
tröstlich eine so verständnisvolle Stimme<br />
sein kann! Bald darauf vernehmen wir<br />
rotierende Propellergeräusche, Hilfe naht!<br />
Via Handy und Direktschaltung zum Piloten<br />
lotsen wir den Heli in unsere Nähe, bis sie<br />
uns entdecken und den Bergretter an einer<br />
Seilwinde herunterlassen können. Dieser<br />
sichert uns und erklärt das weitere Vorgehen.<br />
Unter anderem müssten wir die Bikes<br />
wohl hierlassen und zu späterem Zeitpunkt<br />
via SAC über die Felswand bergen lassen.<br />
Okay, Hauptsache wir sind noch unversehrt.<br />
Und schon hakt der Bergretter uns an der<br />
Seilwinde ein und der Heli fliegt uns ins Tal.<br />
Scheitern für Fortgeschrittene<br />
Ebenfalls als Rettung aus der Gefahrenzone<br />
könnte man die Geschehnisse rund um<br />
Jesus bezeichnen, insbesondere natürlich in<br />
der Passionsgeschichte. Diese beinhaltet<br />
quasi die theologische Sicht des Scheiterns.<br />
Denn auf den ersten Blick scheiterte dieser<br />
Galiläer kläglich am Kreuz. Die von vielen<br />
erwartete Befreiung aus der römischen<br />
Unterdrückung erwies sich als Träumerei<br />
und endete jäh am Kreuz. Da hing sie nun,<br />
die ersehnte Erwartung auf Veränderung. In<br />
Form einer blutüberströmten, leidenden<br />
Figur, mit dem eigenen Tod ringend mit der<br />
schlussendlich totalen Kapitulation: «In<br />
deine Hände gebe ich meinen Geist.»<br />
An diesem tiefsten Punkt der Geschichte<br />
liegt aber auch der eigentliche Turnaround.<br />
Jesus erwacht drei Tage später von den<br />
Toten zum Leben und macht damit ein für<br />
alle Mal klar: Mir ist alle Macht gegeben.<br />
Am Kreuz ist Jesus mit und für all mein<br />
Versagen und Scheitern gestorben. Genau<br />
genommen hat auch mein persönliches<br />
Scheitern, sei es noch so kleinlich oder<br />
tiefschürfend, diesen Jesus ans Kreuz genagelt.<br />
Aber Er hat es freiwillig hingenommen.<br />
Durch seine Auferstehung haben wir heute<br />
eine Adresse, wo wir mit all unserem Versagen<br />
und Scheitern hinkönnen. Bei Ihm darf<br />
ich meine Zielverfehlungen ungeschönt<br />
bekennen und erleben, wie Er mir vergibt<br />
und mich wieder aufrichtet. Viele biblische<br />
Geschichten untermalen dies eindrücklich.<br />
Beispielsweise nachdem Petrus Jesus<br />
verleugnete, lesen wir davon, wie Jesus<br />
unmittelbar nach seiner Auferstehung die<br />
Frauen am Grab beauftragt, sogleich die<br />
Jünger und Petrus über Seine Auferstehung<br />
zu informieren. Ich bin überzeugt, dass<br />
Jesus hier Petrus explizit erwähnt, weil Er<br />
die Kämpfe, Schmerzen und Enttäuschungen<br />
sieht, die Petrus rund um sein Scheitern<br />
bewegten.<br />
Wenn es denn ein «Scheitern für Fortgeschrittene» gibt,<br />
dann lässt sich dies bei Jesu Umgang mit Gescheiterten und<br />
insbesondere bei seinem eigenen Leiden, Sterben und Auferstehen finden.