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Odessa und Ritter Basta - Czerny, Anton

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<strong>Odessa</strong> <strong>und</strong> <strong>Ritter</strong> <strong>Basta</strong><br />

Geschichte <strong>Odessa</strong>s<br />

Die Umgebung von <strong>Odessa</strong> war schon in vorchristlicher Zeit der griechischen Kolonisation besiedelt. Am<br />

Schwarzen Meer war eine griechische Siedlung Odessos.<br />

Im frühen Mittelalter entstand eine kleine slawische Siedlung.<br />

1764 errichteten die Türken hier die Festung Hadschi-Bej. 1)<br />

Im Russisch-Türkischen Krieg 1768 – 1774 wurde Hadschi-Bej 1789 von den Russen erobert <strong>und</strong> kam mit dem<br />

Friedensschluss von Jassi 1792 endgültig an Russland.<br />

An dieser Stelle müssen wir Hadschi Bej kurz verlassen <strong>und</strong> die Geschichte Russlands betrachten.<br />

Russland Geschichte vor Katharina der Großen<br />

Im 9.Jhdt dringen skandinavische Normannen (Wikinger) bis Byzanz vor <strong>und</strong> vermischen sich mit den<br />

Einheimischen zu den Rus (später Russen)<br />

Kiew wird Hauptstadt.<br />

Moskau, zu dieser Zeit ein unbedeutendes Dorf, wurde 1147 erstmals erwähnt <strong>und</strong> erst 200 Jahre später<br />

Zentrum der russischen Staatsidee.<br />

1219 brach Dschingis Khan zu seinem größten <strong>und</strong> längsten Feldzug auf. Auf diesem schlug er 1223 in der<br />

Ukraine bei der Schlacht an der Kalka unter anderem die Russen, die bis zu diesem Zeitpunkt als unbesiegbar<br />

gegolten hatten. Dieser Feldzug führte ihn bis an die Wolga im Süden Russlands. Die russischen Fürsten<br />

werden tributpflichtig.<br />

150 Jahre nach Dschingis Khans Tod zerfiel das Großreich der Mongolen.<br />

Iwan III., der Große 1440 – 1505 ist bis heute mit mehr als 43 Jahren der russische Herrscher mit der längsten<br />

Regierungsdauer. Er befreite Russland endgültig vom tartaro - mongolischen Joch.<br />

Es folgten russische Zaren, wie Iwan IV der Schreckliche (1533 – 1584),<br />

Zar Peter I, der Große (1689 – 1725), er gründet St. Petersburg, das auch die neue Hauptstadt wird.<br />

Das hielt nur kurz, denn Zar Peter II (1727 – 1730) verlegt die Hauptstadt nach Moskau.<br />

Die Nichte Peter des Großen Zarin Anna Iwanowa, (, 1730 – 1740) verlegt die Hauptstadt wieder zurück nach<br />

St. Petersburg.<br />

1762 – 1796 Zarin Katharina II., die Große<br />

Sie wurde 1729 als Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg in Stettin geboren. Sie<br />

war eine Tochter von Fürst Christian August von Anhalt-Zerbst aus dem Geschlecht der Askanier, dem damaligen<br />

preußischen Gouverneur von Stettin <strong>und</strong> dessen Gemahlin Johanna Elisabeth von Holstein-Gottorf.<br />

Katharina war eine politisch geschickte <strong>und</strong> geistvolle Frau, aber moralisch zwielichtig. Die Großfürstin <strong>und</strong><br />

spätere Zarin ist allein schon ein Thema für eine umfangreiche <strong>Ritter</strong>arbeit.<br />

Sie ließ ihren Mann, Zar Peter III. in einem gut geplanten Staatsstreich festnehmen <strong>und</strong> ermorden.2) . Schon 7<br />

Wochen nach Peters Tod wurde Katharina II. am 12. September in der Himmelfahrtskathedrale des Moskauer<br />

Kremls zur Zarin von Russland gekrönt, worauf sie das Land 34 Jahre lang regierte.<br />

1 andere Namen waren Hacibey, Hadschi Bai, Khadzhibei oder Chadzibej<br />

2 Staatsstreich gegen Peter III.]<br />

Am 28. Dezember 1761 starb Elisabeth. So kam Katharinas Ehemann als Zar Peter III. an die Macht. Noch während der Trauertage benahm sich Peter III.<br />

unangemessen albern. Dies verärgerte sowohl Katharina als auch große Teile des russischen Volkes. Katharina forderte ihren Gatten zur Mäßigung auf, im<br />

Besonderen in der Politik. Doch die ersten Staatshandlungen Peters III. waren ein Sonderfrieden mit Preußen, der das Ende des Siebenjährigen Krieges bedeutete,<br />

<strong>und</strong> die Einführung eines umfangreichen Reformprogrammes, womit er sich die Feindschaft der konservativen Kräfte des Landes zuzog.<br />

Katharina <strong>und</strong> ihre Vertrauten planten daraufhin einen kühnen Staatsstreich. Sie versicherte sich zuerst der Unterstützung einiger Garderegimenter, in denen u. a.<br />

auch die Gebrüder Orlow dienten, dann ließ sie sich am 9. Juli 1762 zur Kaiserin ausrufen, währenddessen Zar Peter III. für abgesetzt erklärt wurde. Während<br />

Peter flüchtete, wurde Katharina noch am gleichen Tag in der Kasaner Kathedrale durch den Metropoliten Setschin zur Alleinherrscherin Russlands erklärt. Peter<br />

III. wurde gefangengenommen <strong>und</strong> am 17. Juli 1762 ermordet. Nachdem sich die Lage im Lande nach Peters Tod wieder beruhigt hatte, wurde Katharina II. am<br />

12. September in der Himmelfahrtskathedrale des Moskauer Kremls zur Zarin von Russland gekrönt, worauf sie das Land 34 Jahre lang regierte.<br />

Seite 1


Offiziell sind mehr als zwanzig Liebhaber bekannt, dazu kommen noch unzählige Kurzliebschaften. Die meisten<br />

langfristigen Beziehungen gingen nach wenigen Jahren zu Ende. Das Besondere an Katharina II. war jedoch,<br />

dass sich nur die wenigsten ihrer Liebhaber in die Politik der Kaiserin einmischen durften, obwohl sie es oft<br />

versuchten. Trotzdem wurde keiner ihrer Liebhaber nach der Trennung verfolgt, bestraft oder benachteiligt, im<br />

Gegenteil: Die meisten von ihnen bekamen von Katharina großzügige Geschenke.<br />

Grigori Alexandrowitsch Potjomkin<br />

Als ihre große Liebe gilt Fürst Potjomkin, er machte eine steile Karriere im Staatsdienst, war Mitglied des<br />

Reichsrates <strong>und</strong> Präsident des Kriegskollegiums. Potjomkin baute die Schwarzmeerflotte auf <strong>und</strong> gründete die<br />

Städte Sewastopol <strong>und</strong> Cherson. Die beiden sollen sogar heimlich geheiratet haben.<br />

Katharinas aktive Außenpolitik gegenüber Polen <strong>und</strong> der Türkei führt zum territorialen Zuwachs des russischen<br />

Reiches. Während eines Russisch – Türkischen Krieges, es gab deren 11, (auch Russisch-österreichischer<br />

Türkenkrieg genannt) von 1787 bis 1792 eroberten russische Truppen unter der Leitung von Admiral De Ribas<br />

im Jahr 1789 das Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres. Mit dem Friedensschluss von Jassi 1792 geht das<br />

Gebiet endgültig an Russland.<br />

Am 27.Mai 1794 wurde der entscheidende Erlass der Zarin Katharina verabschiedet. In ihm heißt es: „Der<br />

günstigen Lage von Chadschibej Acht gebend, finden wir es für vorteilhaft, hier einen Marine- <strong>und</strong> Handelshafen<br />

zu gründen“.<br />

Denkmal für Katharina II in <strong>Odessa</strong>,<br />

mit dem Erlass zur Gründung von<br />

Hafen <strong>und</strong> Stadt in der Hand.<br />

Noch im September 1794 wurde der Gr<strong>und</strong>stein zum Bau des<br />

Hafens gelegt. Im Jahr darauf wird die Stadt Chadschibej<br />

umbenannt <strong>und</strong> erhält ihren heutigen Namen <strong>Odessa</strong>, nach jener<br />

altgriechischen Kolonie Odessos, die hier gelegen haben soll.<br />

Admiral De Ribas war bis 1797 der erste Statthalter. Sein voller<br />

Name war Don José de Ribas, Neapolitaner mit spanischen <strong>und</strong><br />

irischen Wurzeln. Er wurde von Katharina mit Brillanten dekoriert,<br />

er leitete den Aufbau der Stadt.<br />

Um den Aufbau der Stadt zu fördern, hatte Admiral De Ribas<br />

Vergünstigungen für diejenigen geschaffen, die sich in <strong>Odessa</strong><br />

eine Existenz aufbauen wollten. Neuankömmlinge waren lange<br />

von Steuern befreit, erhielten kostenlos Boden <strong>und</strong> weitere<br />

Anreize. Zur Zeit der Gründung lebten etwa zweih<strong>und</strong>ert<br />

Menschen in <strong>Odessa</strong>. Nach nur zwei Jahren waren es schon<br />

dreitausend<br />

Seite 2


Das goldene Jahrh<strong>und</strong>ert von <strong>Odessa</strong><br />

1801 übernimmt Zar Alexander I. die Regentschaft in Russland. Er agiert sehr reformfreudig <strong>und</strong> liberal Es<br />

folgt eine stürmische Entwicklung im 19.Jhdt.<br />

Im Jahre 1803 wird der Herzog von Richelieu, Armand Emmanuel du Plessis, duc de Richelieu 3), ein<br />

UrUrgroßneffe des bekannten Kardinals Richelieu als Nachfolger von Admiral De Ribas zum Bürgermeister<br />

von <strong>Odessa</strong> <strong>und</strong> Gouverneur der Region ernannt.<br />

Er war vor der französischen Revolution geflohen <strong>und</strong> 1790 als Freiwilliger in die russische Armee eingetreten<br />

, in der er bis zum Generalmajor aufstieg.<br />

Er diente in der Armee Katharina der Großen gegen die Türken. Vor allem ihm verdankt die Stadt ihr frühes<br />

Wachstum, die Anlagen <strong>und</strong> die Infrastruktur.<br />

Auf ihn gehen die langen unterirdischen Gänge, die Katakomben, zurück. Die tragenden Wände vieler Häuser<br />

bestehen aus Kalkstein, der in den Steinbrüchen unterhalb der Stadt heraus gebrochen wurde. Die Länge der<br />

unterirdischen Gänge beträgt über 2000 km, das entspricht der Entfernung von <strong>Odessa</strong> bis St. Petersburg.<br />

Heute sind die Katakomben ein Touristenziel.<br />

Armand-Emmanuel du Plessis, Duc de Richelieu<br />

Auch seinem Nachfolger, Graf Alexandre Andrault de Langeron verdankt <strong>Odessa</strong> viel, so gründete er 1817 das<br />

Lyceum Richelieu (später dann Neurussische Universität) <strong>und</strong> erklärte <strong>Odessa</strong> zu einem Freihafen. <strong>Odessa</strong><br />

blieb Portofranco, also Freihafen mit dem Recht zum zollfreien Handel bis 1859, also 40 Jahre.<br />

3 Armand du Plessis, vollständig Armand Emmanuel Sophie Septemanie du Plessis (* 25. September 1766 in Paris; † 17. Mai 1822),<br />

Graf von Chinon, seit 1791 5. Herzog von Fronsac, 5. Herzog von Richelieu <strong>und</strong> Pair von Frankreich; war ein französischer <strong>und</strong> russischer<br />

Staatsmann. Er war ein Sohn von Louis Antoine du Plessis, Herzog von Fronsac <strong>und</strong> Enkel des Marschalls de Richelieu (1696–1788). Der<br />

Comte de Chinon, wie der Richelieu-Erbe genannt wurde, wurde mit fünfzehn mit Rosalie de Rochechouart verheiratet, einem<br />

missgestalteten zwölfjährigen Kind, mit der er nie mehr als eine formelle Beziehung hatte. Nach zwei Jahren auswärtiger Reisen wurde er in<br />

die Dragoner aufgenommen <strong>und</strong> erhielt im nächsten Jahr eine Stellung am Hof, wo er einen Ruf für puritanische Einfachheit hatte. Er ging<br />

1790 nach Wien <strong>und</strong> trat als Freiwilliger zusammen mit seinem Fre<strong>und</strong> Prinz Charles de Ligne in die russische Armee ein; am 21. November<br />

erreichte er das russische Hauptquartier in Bender.<br />

Er nahm an der Eroberung Ismajils teil <strong>und</strong> erhielt von der Zarin Katharina II. das Sankt-Georgskreuz <strong>und</strong> ein goldenes Schwert. Nach dem<br />

Tod seines Vaters im Februar 1791 übernahm er den Titel des Herzogs von Richelieu. Er wurde kurz darauf von Ludwig XVI. nach Paris<br />

gerufen; da er aber noch nicht ausreichend Vertrauen am Hof genoss, wurde er nicht in die geplante Flucht nach Varennes eingeweiht. Im<br />

Juli erhielt er von der Nationalversammlung einen Pass, um nach Russland zu gehen. In der russischen Armee stieg er zum Generalmajor<br />

auf, wurde aber durch Intrigen von seinen Feinden zum Rücktritt gezwungen. Auf Anfrage der russischen Regierung wurde sein Name aus<br />

der Emigrantenliste gelöscht. 1803 wurde er Statthalter von <strong>Odessa</strong>. Er unterstützte tatkräftig die 1803 in <strong>Odessa</strong> angekommenen deutschen<br />

Auswanderer, aus denen später die Volksgruppe der Schwarzmeerdeutschen entstand. Er ließ sie im ersten Winter in Kasernen übernachten<br />

<strong>und</strong> sorgte für Landkäufe, um sie anzusiedeln.<br />

1805 wurde Richelieu Generalstatthalter von Cherson, Jekaterinoslaw <strong>und</strong> der Krim, zu der Zeit Neurussland genannt. In den elf Jahren<br />

seiner Verwaltung wuchs <strong>Odessa</strong> zu einer wichtigen Stadt. Er kommandierte im türkischen Krieg von 1806/07 eine Division <strong>und</strong> war häufig<br />

mit Expeditionen in den Kaukasus beschäftigt.<br />

Sein Großvater: Louis-François-Armand de Vignerot du Plessis (* 13. März 1696 in Paris; † 8. August 1788 in Paris), seit 1715 der 3.<br />

Herzog von Richelieu, 3. Herzog von Fronsac, Fürst von Mortagne, 3. Marquis du Pont-Courlay, Graf von Cosnac, Baron von Albret,<br />

Barbezieux, Coze <strong>und</strong> Saugeon sowie Pair von Frankreich, seit 1720 Mitglied der Académie française <strong>und</strong> seit 1748 Marschall von<br />

Frankreich. Er war der jüngste Großneffe des Kardinals Richelieu. 1585 - 1642<br />

Seite 3


Als Freihafen überflügelte <strong>Odessa</strong> sehr bald St. Petersburg als Exporthafen <strong>und</strong> war, man glaubt es kaum,<br />

lange Zeit der größte Getreideexporteur der Welt!<br />

Weitere Impulse erhielt <strong>Odessa</strong> durch den Bau mehrerer Eisenbahnlinien <strong>und</strong> der Eröffnung des Suezkanals<br />

1869.<br />

Die Bevölkerung – wir erinnern uns, sie war zwei Jahre nach der Gründung im Jahre 1794 bei dreitausend -<br />

1829 waren es 50.000, 30 Jahre später bereits 100.000.<br />

Hafen von <strong>Odessa</strong> um 1850, links Potemkinsche Treppe<br />

Auf Einladung der Zarin Katharina der Großen <strong>und</strong> später des Zaren Alexander des Ersten kamen auch<br />

zunehmend Deutsche in das neu erschlossene Gebiet des südlichen Russlands Die deutschen Siedler<br />

erhielten als Geschenk große Gr<strong>und</strong>stücke, wurden zehn Jahre von den Steuern befreit. Als weitere Privilegien<br />

zum Dank für die Erschließung des Landes wurde ihnen die freie Religionsausübung <strong>und</strong> die Befreiung vom<br />

Militärdienst zugesagt.<br />

Die Russlanddeutschen<br />

An dieser Stelle ist ein Bericht über die sog. Russlanddeutschen angebracht:<br />

Ost- <strong>und</strong> Südosteuropa spielte als Ziel deutscher Auswanderer im 18. <strong>und</strong> zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

eine größere Rolle als Nordamerika. Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert standen ca. 100 000 Amerikafahrern 400 000 - 500<br />

000 Auswanderer nach Südosteuropa gegenüber.<br />

Was waren aber die Motive der Auswanderer?<br />

1760 nannte der badische Staatswissenschaftler Justi drei Hauptursachen:<br />

Die erste <strong>und</strong> hauptsächlichste ist wohl eine üble Beschaffenheit der Regierung.<br />

Die zweite Hauptursache besteht in dem Mangel der Gewissensfreiheit.<br />

Die dritte Ursache der Auswanderung ist endlich der Mangel an Nahrung im Lande.<br />

Wege der Auswanderer 4)<br />

Die Auswanderer nach Russland zogen größtenteils über Land nach Lübeck, wo sie sich in einem Lager<br />

sammelten. Über die Ostsee führte der Weg nach St. Petersburg <strong>und</strong> dann über Land an die Wolga.<br />

Ulm war hauptsächlicher Versammlungsort für die Auswanderer nach Ungarn, Siebenbürgen oder das<br />

Schwarzmeergebiet. Auf großen Flusskähnen, den „Ulmer Schachteln“, fuhren die Auswanderer zunächst<br />

nach Wien, von dort weiter nach Budapest. Dort begann der Weg über Land in die Siedlungsgebiete Ungarns<br />

<strong>und</strong> Siebenbürgens. Auswanderer in die Gebiete am Schwarzen Meer fuhren weiter Donau abwärts <strong>und</strong><br />

4 Werber in russischen Diensten waren in den Hauptauswandergebieten unterwegs <strong>und</strong> erhielten für jeden gewonnenen Auswanderer eine Kopfprämie.<br />

Teilweise versuchten sie auch den Auswandererstrom umzulenken. So wird von Werbern in Ulm berichtet, die den Auswanderungswilligen vor den Toren der<br />

Reichsstadt die Pässe abnahmen, in denen als Ziel Ungarn eingetragen war. Ein Werbeunternehmer aus Reutlingen lotste zum Beispiel diese Leute in sein<br />

Quartier in der »Goldenen Sonne«, zahlte ihnen ein Handgeld, lockte mit viel günstigeren Bedingungen <strong>und</strong> überredete sie zur Auswanderung nach Russland.<br />

Dann änderte er die Pässe <strong>und</strong> stellte Gruppen für die Reise nach Lübeck zusammen (Schippan, 1999, S. 48).<br />

Am kürzesten war der Landweg in die neuen preußischen Gebiete Polens, nach Süd- <strong>und</strong> Westpreußen. In der Gegend von Lodz entstanden<br />

Schwabenkolonien, die bis 1945 bestanden.<br />

Ulm war hauptsächlicher Versammlungsort für die Auswanderer nach Ungarn, Siebenbürgen oder das Schwarzmeergebiet. Auf großen Flusskähnen, den<br />

»Ulmer Schachteln« (L5), fuhren die Auswanderer zunächst nach Wien, von dort weiter nach Budapest. Dort begann der Weg über Land in die<br />

Siedlungsgebiete Ungarns <strong>und</strong> Siebenbürgens (L6, L7). Auswanderer in die Gebiete am Schwarzen Meer fuhren weiter Donau abwärts <strong>und</strong> schließlich über<br />

das Meer nach <strong>Odessa</strong>, auf die Krim oder noch weiter nach Osten in die Kaukasusregion.<br />

Seite 4


schließlich über das Meer nach <strong>Odessa</strong>, auf die Krim oder noch weiter nach Osten in die Kaukasusregion.<br />

Zwischen 1802 <strong>und</strong> 1859 wandern 110.000 Deutsche in den Süden Russlands, das Schwarzmeergebiet ein,<br />

großteils Schwaben (Württemberger), Elsässer <strong>und</strong> Badener (Deutschland!). Bekannte Begriffe sind<br />

Schwarzmeerdeutsche oder Donauschwaben.<br />

Ab 1803 erfolgt die Ansiedlung von Deutschen aus Schwaben in <strong>Odessa</strong>. Die evangelische Gemeinde wird<br />

gegründet, ebenso eine Großliebentaler Kolonie. Auf der Krim siedeln sich Schwaben aus Calw an. Im Laufe<br />

von nur zehn Jahren wurden mehr als dreißig deutsche Siedlungen in der Umgebung von <strong>Odessa</strong> gegründet.<br />

1897 lebten in der Stadt mehr als zehntausend Deutsche.<br />

Die Kaufmannsfamilie Horny<br />

Im Heiratsregister der Stadt <strong>Odessa</strong> (Marriage Records) findet sich eine Hochzeit zwischen Carl Horny (sen.)<br />

<strong>und</strong> Maria Rosina Stratz am 16.November 1840<br />

Carl Horny (jun.) wurde am 7.Okt. 1841 geboren, war in <strong>Odessa</strong> erfolgreicher Kaufmann <strong>und</strong> Gildemeister.<br />

Seite 5<br />

(Zitat aus der Chronik des hohen Reyches Aquae<br />

Thermae, Band IV):<br />

„Zu Ende der 80er Jahre des 19.Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

übersiedelte er nach Österreich, um wie es damals hieß.<br />

„unter ihm sympathischen Verhältnissen die Früchte<br />

seiner Tätigkeit zu genießen“, er wurde Privatier.<br />

Im Windmond a.U. 1596 (profan 1896) betrat der spätere<br />

Rt. <strong>Basta</strong> zum ersten Mal die Schwefelburg der Aquae<br />

Thermae.<br />

Sofort eingenommen von Schlaraffia wurde er am<br />

13. Eismond a.U. 1597 als Prüfling angemeldet, im<br />

Hornung zum Knappen Nr. 60, im Lenzmond zum Junker<br />

<strong>Basta</strong> erkürt <strong>und</strong> am 10. Ostermond derselben Jahrung<br />

zum Rt. <strong>Basta</strong> der Hetzmajor geschlagen. Am<br />

5. Lethemond a.U. 1597 saß er bereits als Herrlichkeit<br />

auf dem hohen Thron. (Zitat Ende)<br />

Ja, so schnell ging das damals!<br />

In diese Zeit fällt auch die Gründung des <strong>Basta</strong>-Ordens.<br />

In der Jahrung 41/42 machte Rt. <strong>Basta</strong> eine Weltreise,<br />

bei der er alle zehn damals bestehenden<br />

ahamerikanischen Reyche besuchte.<br />

In der <strong>Ritter</strong>arbeit des Rt. Bo-Schawa der Insulaner aus dem h.R. Neostadia, profan mein Schulkollege<br />

Ing.Hans Hubeny, der in seiner <strong>Ritter</strong>arbeit die versunkenen Reyche an der Adria beschrieb, wird vom<br />

versunkenen Reych TERGESTE ( 118, Triest) berichtet:<br />

Zitat Beginn Das h.R. Tergeste war bekannt für die Ausrichtung großer Feste.


Zum 15.Stiftungsfest, zu Pfingsten a.U.49 (1908), führte das Reych die im ganzen Uhuversum berühmt<br />

gewordenen Schlaraffenfahrt mit dem Luxus Vergnügungsdampfer „Thalia“ von Triest nach Bremen durch.<br />

Über 100 Sassen aus allen Teilen des Universums nahmen daran teil, unter anderem der bekannte <strong>Ritter</strong><br />

<strong>Basta</strong> der Hetzmajor. Die Fahrt dauerte 1 Monat. In der Glasveranda des Schiffes wurde eine vollständige<br />

Burg aufgebaut, in der auch Festsippungen abgehalten wurden. Zitat Ende<br />

Am 14. Wonnemond a.U. 52 fand in der Aquae Thermae die Ursippenfeier für Rt. <strong>Basta</strong> statt:<br />

Am 23. Lethemond a.U. 53 trat <strong>Ritter</strong> <strong>Basta</strong> seinen letzten Ritt gen Ahall an.<br />

Das Grab unseres <strong>Ritter</strong>s <strong>Basta</strong> befindet sich am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 17d, Reihe 3, Nummer 7).<br />

Im Jahr von Rt.<strong>Basta</strong>s Tod zählte man bereits 160 <strong>Basta</strong>-<strong>Ritter</strong><br />

<strong>Odessa</strong> am Ende des 19.Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

1881 besteigt Alexander III. den Thron. Ein offen gegen Deutschland geführter „Panrussissmus“ beginnt.<br />

1887 erlässt Alexander III. ein Manifest: „Russland muss den Russen gehören“. Die Namen deutscher<br />

Siedlungen werden russifiziert.<br />

Nach einer Volkszählung im Jahre 1897 leben 390.000 Deutsche an der Wolga, 342.000 im Süden<br />

Russlands, 237.000 im Westen Russlands <strong>und</strong> 18.000 in Moskau.<br />

Eine große Auswanderungswelle beginnt. Die Schiffe, die früher Getreide führte, führen jetzt Auswanderer.<br />

Zwischen 1901 <strong>und</strong> 1911 wandern 105.000 deutsche Siedler aus Russland nach Amerika.<br />

Das goldene Jahrh<strong>und</strong>ert ist zu Ende.<br />

Eine Volkszählung 1914 ergibt 2,416.000 in Russland lebende Deutsche<br />

Kunst, Kultur <strong>und</strong> Wissenschaft in <strong>Odessa</strong><br />

Nicht nur wirtschaftlich war <strong>Odessa</strong> eine bemerkenswerte Stadt, auch auf den Gebieten der Kunst, der<br />

Architektur <strong>und</strong> der Wissenschaft hat <strong>Odessa</strong> viel zu bieten, wobei das folgende nur als ein kleiner<br />

Querschnitt zu sehen ist.<br />

Die Oper in <strong>Odessa</strong><br />

Seite 6


Sie gilt wegen ihres architektonischen Prunks als eines der schönsten Opernhäuser der Welt. Der Saal ist für<br />

seine unvergleichliche Akustik berühmt. Außen ist die Oper unverkennbar das Werk der beiden Wiener<br />

Architekten Fellner <strong>und</strong> Helmer. Ihr Entwurf im Stil des Wiener Barocks wurde bei einem internationalen<br />

Wettbewerb gewählt. Peter Tschajkowski mit seiner Oper Pique Dame, Nikolai Rimski Korssakow <strong>und</strong><br />

Alexander Glasunow führten ihre Werke unter eigener Leitung dort auf.<br />

Die F<strong>und</strong>amente der Oper mussten vor 2000 kostspielig saniert werden, das das Gebäude wegen der<br />

Katakomben langsam absackte. Erst 1800 Stahlbetonsäulen brachten die Bewegung zum Stillstand.<br />

Die Potjomkin’sche Treppe.<br />

Mit ihren 192 Stufen ist sie ein einzigartiger Eingang vom Hafen zum historischen Zentrum der Stadt. Erbaut<br />

1841 hieß sie „Gigantische Treppe“ oder „Nikolajtreppe“, später Richelieu-Treppe oder Boulevard-Treppe.<br />

Erst seit 1955 trägt sie zum Gedenken an die Ereignisse der ersten russischen Revolution im Jahr 1905 den<br />

Namen Potemkinsche Treppe. Ein Arbeiterstreik <strong>und</strong> eine gleichzeitig ausgebrochene Meuterei der Matrosen<br />

auf dem Panzerkreuzer „Potjomkin von Tauris“ führte zu einer großen Protest-Demonstration, bei deren<br />

Niederschlagung etwa 2000 Menschen ums Leben kamen.<br />

Der berühmte Stummfilm von Sergej Eisenstein aus dem Jahr 1924 gibt diese Ereignisse eindrucksvoll<br />

wieder. Die achteinhalb-Minuten-Sequenz mit dem die Treppe hinunterrollenden Kinderwagen, den Soldaten<br />

mit aufgepflanzten Bajonetten ist vielleicht die berühmteste Szene der Filmgeschichte.<br />

Viele bekannte Künstler <strong>und</strong> Schriftsteller wurden in <strong>Odessa</strong> geboren:<br />

Der Geiger David Oistrach,<br />

Der berühmte Konzertpianist Shura Cherkassky, er ging schon mit 16 Jahren auf Tournee, war 25 Jahre der<br />

bekannteste Pianist, bis ihm Arthur Rubinstein den Rang ablief.<br />

Seite 7


Die Jazz-Legende Leonid Utjosow<br />

Denkmal von Leonid Utjosow mit Jk.Toni, dem Verfasser dieser <strong>Ritter</strong>arbeit<br />

Die Schriftsteller Ilja Ilf <strong>und</strong> Jewgeni Petrow mit ihrem Roman „Die zwölf Stühle“.<br />

Nikolai Gogol schrieb hier seinen Roman „Die toten Seelen“.<br />

Sein Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Förderer, der Dichter Alexander Puschkin lebte hier, ihm zu Ehren wurden zwei Denkmäler<br />

<strong>und</strong> eine Straße gewidmet,<br />

In <strong>Odessa</strong> arbeitete <strong>und</strong> unterrichtete der russische Chemiker Dmitrij Mendelejew, dem Begründer des<br />

Periodensystems der chemischen Elemente, also die Anordnung der Elemente nach steigenden<br />

Atommassen.<br />

Der Physiker George Gamow wurde in den USA zum anerkannten Physiker. Er erforschte die Struktur der<br />

Atomkerne, er förderte die Vorstellung vom expandierenden Weltall <strong>und</strong> prägte die Bezeichnung „Big Bang“<br />

für den Urknall.<br />

Seite 8


<strong>Odessa</strong> heute<br />

Schlaraffen, hört!<br />

Als Verfasser dieser <strong>Ritter</strong>arbeit möchte ich einige persönliche Eindrücke dieser Stadt anfügen:<br />

Im Brachmond a.U.150 (profan Juni 2009) im habe ich im Rahmen einer Ukraine-Reise einige Tage in <strong>Odessa</strong><br />

verbracht, um die Stadt heute zu erleben.<br />

Die Potjomkin’sche Treppe hat leider durch ungeschickte <strong>und</strong> unverantwortliche Bauten ihren ursprünglichen<br />

Reiz verloren. Zwischen der Treppe <strong>und</strong> dem Meer hat man ein hohes Hotel, ein Autohaus <strong>und</strong> Betonbauten<br />

für Hafenbehörden errichtet. Wo man früher direkt ans Meer kam, muss man heute eine Unterführung unter<br />

der der Küste entlangführenden Schnellstraße nehmen.<br />

Die Potjomkin’sche Treppe heute<br />

Neben vielen modernen Bauten gibt es natürlich noch ungepflegte Gebäude, auch die Straßen haben<br />

teilweise noch Schlaglöcher.<br />

Die Stadt besticht jedoch durch ihre großzügig angelegten Boulevards mit bis zu acht Meter breiten<br />

Gehsteigen. Fast alle Straßen haben Alleen, teilweise in Vierer-Reihen. Immer wieder drängt sich ein Vergleich<br />

mit Paris auf. Andere Stadtviertel könnten auch in Wien sein.<br />

Die Gartenanlagen sind schön gepflegt <strong>und</strong> verstärken den Eindruck einer grünen Stadt.<br />

Als Perle des Schwarzen Meeres wird <strong>Odessa</strong> bezeichnet, bunt <strong>und</strong> glitzernd von der Entstehung an:<br />

Gegründet von einer Deutschen,<br />

gebaut unter der Leitung eines Spaniers, Admiral José de Ribas,<br />

regiert von einem Franzosen, dem Herzog Richelieu als ihren ersten Bürgermeister.<br />

Seite 9


Ein prächtiger Uhu in <strong>Odessa</strong><br />

Die Wurzeln von <strong>Odessa</strong> reichen bis zu den ersten Griechen, die dort siedelten. Außer ihnen haben viele<br />

Völker ihre Spuren dort hinterlassen: Deutsche, Italiener, Franzosen, Bulgaren, Juden <strong>und</strong> andere.<br />

Ihre Nachkommen leben heute in <strong>Odessa</strong> friedlich miteinander.<br />

<strong>Odessa</strong> ist heute mit 1 Million Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Ukraine, Sitz der ukrainischen Marine,<br />

hat umfangreiche Industrien <strong>und</strong> Werften 5. Die Infrastruktur, das Verkehrswesen, Banken, Apotheken,<br />

Restaurants, fünf Bühnen, 20 Museen haben westlichen Standard.<br />

Die Ukraine ist mit 603.000 km² etwa doppelt so groß wie Deutschland <strong>und</strong> größer als Frankreich. Sie hat mit<br />

46 Millionen Einwohnern etwa die Hälfte der Einwohner Deutschlands<br />

Noch fehlt der Stadt <strong>Odessa</strong> <strong>und</strong> dem Land das Geld für großzügigen Ausbau. Aber es wird nur eine Frage von<br />

wenigen Jahren sein, dass <strong>Odessa</strong> sich wirklich als die Perle des Schwarzen Meeres präsentieren wird.<br />

<strong>Anton</strong> <strong>Czerny</strong> / Jk.Toni<br />

Diese <strong>Ritter</strong>arbeit ist online unter http://odessa.czerny.at oder http://czerny.at/odessa abrufbar<br />

Druckexemplare können über odessa@czerny.at angefordert werden<br />

5<br />

Russische Marine]<br />

Die russische Marine mit ihrer Schwarzmeerflotte ist bis heute der wichtigste Arbeitgeber in der Region <strong>und</strong> finanziert 25 Prozent des Stadtbudgets. Alleine<br />

für die Pacht des Militärhafens für die Schwarzmeerflotte zahlt Russland 100 Millionen US-Dollar jährlich an die Ukraine.<br />

1997 Vertrag zwischen der Ukraine <strong>und</strong> Russland über den Verbleib der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol 2017 Der Vertrag über den Verbleib der<br />

russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol läuft aus.<br />

Seite 10

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