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Leseprobe: Ein Hund kommt in die Schule

Leseprobe zu Christine Nöstlinger: Ein Hund kommt in die Schule

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CLUB-TASCHENBUCHREIHE<br />

Band 239


Christ<strong>in</strong>e Nöstl<strong>in</strong>ger, geb. 1936, lebt <strong>in</strong> Wien. Sie<br />

veröffentlichte Gedichte, Romane, K<strong>in</strong>der- und Jugendbücher.<br />

Für ihr Gesamtwerk wurde sie mit der<br />

Hans-Christian-Andersen-Medaille, dem Österrei -<br />

chischen Würdigungspreis für K<strong>in</strong>der- und Jugend -<br />

literatur und dem Astrid-L<strong>in</strong>dgren-Gedächtnispreis<br />

ausgezeichnet.<br />

„Der <strong>Hund</strong> <strong>kommt</strong>“ erhielt den Österreichischen<br />

Staatspreis.<br />

www.obelisk-verlag.at


Christ<strong>in</strong>e Nöstl<strong>in</strong>ger<br />

DER HUND KOMMT<br />

IN DIE SCHULE<br />

Mit Farbbildern von<br />

Helga Demmer<br />

OBELISK VERLAG


Redaktion der Club-Taschenbuchreihe:<br />

Inge Auböck<br />

Umschlaggestaltung: Carola Holland<br />

Neue Rechtschreibung 2006<br />

© 2009 Club Taschenbuchausgabe by Obelisk Verlag,<br />

Innsbruck – Wien<br />

Lizenzausgabe<br />

Berechtigter Abdruck der Kap. 1–3 aus „Der <strong>Hund</strong> <strong>kommt</strong>“,<br />

© 1987 Beltz Verlag, We<strong>in</strong>heim und Basel<br />

Programm Beltz & Gelberg, We<strong>in</strong>heim<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Gesamtherstellung: Druckerei Theiss GmbH,<br />

A-9431 St. Stefan, www. theiss.at<br />

Pr<strong>in</strong>ted <strong>in</strong> Austria<br />

ISBN 978-3-85197-604-5<br />

www. obelisk-verlag.at


Inhalt<br />

Der <strong>Hund</strong> und das Schwarzer-Peter-Schwe<strong>in</strong><br />

Seite 6<br />

Der <strong>Hund</strong> geht zum Theater<br />

Seite 38<br />

Der <strong>Hund</strong> geht <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Schule</strong><br />

Seite 65


1. Kapitel<br />

Der <strong>Hund</strong> und das Schwarzer-Peter-Schwe<strong>in</strong><br />

Als <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der vom <strong>Hund</strong> erwachsen waren und <strong>die</strong><br />

Frau vom <strong>Hund</strong> gestorben war, g<strong>in</strong>g der <strong>Hund</strong> von zu<br />

Hause fort. Für immer und ewig g<strong>in</strong>g er fort.<br />

Er verkaufte das Haus und den Apfelbaumgarten.<br />

Die Briefmarkensammlung und den Fernsehapparat,<br />

<strong>die</strong> Bücher, und das Ölgemälde von der Oma verkaufte<br />

er auch. Mit e<strong>in</strong>em roten Koffer <strong>in</strong> der rechten Vorderpfote<br />

und e<strong>in</strong>er blauen Reisetasche <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken<br />

Vorderpfote g<strong>in</strong>g er fort.<br />

6


Den schwarzen Borsal<strong>in</strong>o hatte er aufgesetzt, und<br />

den gestreiften Schal hatte er um den Hals gewickelt<br />

– dreimal rundherum, damit <strong>die</strong> Enden nicht am Boden<br />

nachschleiften. Um den Bauch hatte sich der<br />

<strong>Hund</strong> <strong>die</strong> grüne Wanderniere gebunden.<br />

In <strong>die</strong> weite Welt h<strong>in</strong>aus wollte der <strong>Hund</strong>.<br />

„Ich habe schon so lange gelebt und noch nicht viel<br />

erlebt“, hatte sich der <strong>Hund</strong> gesagt. Und vielleicht,<br />

hatte er sich dabei gedacht, vielleicht wartet man auf<br />

mich <strong>in</strong> der weiten Welt, vielleicht braucht man mich.<br />

Der <strong>Hund</strong> konnte ja auch allerhand!<br />

Er war geprüfter Tischlermeister und pfiff neun Lieder<br />

perfekt. Er war begabt fürs Rosenveredeln und<br />

fürs Kakteengroßziehen, hatte e<strong>in</strong> Diplom im Rettungsschwimmen<br />

und e<strong>in</strong> Diplom für Brandbekämpfung.<br />

Er kochte Eiernockerln, Gulasch und Vanillepudd<strong>in</strong>g<br />

tadellos, und im Stricken mit vier verschiedenen<br />

Wollfäden war er ganz große Klasse. Von<br />

Schifffahrt, Landwirtschaft und Sternenkunde verstand<br />

er auch e<strong>in</strong> wenig.<br />

Der <strong>Hund</strong> war also durch und durch gut zu brauchen.<br />

Und kräftig und schnell zu Fuß war er auch.<br />

Und hellhörig und weitsichtig und von äußerst fe<strong>in</strong>em<br />

Geruchss<strong>in</strong>n.<br />

7


Die Sonne g<strong>in</strong>g gerade am Horizont auf und färbte<br />

den Himmel himbeerrot, als der <strong>Hund</strong> das Haus verließ.<br />

Den Haustorschlüssel legte er unter <strong>die</strong> Türmatte.<br />

Das hatte er mit dem Esel, dem er das Haus verkauft<br />

hatte, so ausgemacht.<br />

Bis gegen Mittag wanderte der <strong>Hund</strong> querfelde<strong>in</strong><br />

drauflos. Dann schlugen von irgendwoher Kirchturmglocken<br />

zwölf Mal. „Zeit zum Mittagessen!“<br />

Der <strong>Hund</strong> redete gern mit sich selbst. Das hatte er<br />

sich nicht erst angewöhnt, seit <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der aus dem<br />

Haus waren und se<strong>in</strong>e Frau tot war. Schon als K<strong>in</strong>d<br />

hatte er gern mit sich selbst geredet. Die anderen hatten<br />

ihn deswegen oft ausgelacht. Aber so dumm, dass<br />

er wegen e<strong>in</strong> bisschen Auslachen auf e<strong>in</strong>e liebe Angewohnheit<br />

verzichtet hätte, war er nie gewesen!<br />

Für <strong>die</strong> Mittagsrast suchte sich der <strong>Hund</strong> e<strong>in</strong>en<br />

schattigen Platz unter e<strong>in</strong>em großen Kastanienbaum<br />

aus. Er setzte sich auf <strong>die</strong> blaue Reisetasche. Die zwei<br />

Kissen und <strong>die</strong> Steppdecke waren <strong>in</strong> der Reisetasche.<br />

Da saß er sehr weich drauf. Den roten Koffer legte er<br />

vor sich auf den Boden.<br />

Aus der grünen Wanderniere holte er e<strong>in</strong> Geschirrtuch<br />

und breitete es über den Koffer. Be<strong>in</strong>ahe e<strong>in</strong>en<br />

richtigen Tisch hatte er nun!<br />

8


Dann holte er aus der Wanderniere noch e<strong>in</strong> Messer<br />

und e<strong>in</strong>e Gabel, e<strong>in</strong>en Teller und e<strong>in</strong>e Papierserviette,<br />

e<strong>in</strong>e Flasche Bier und fünf Zipfel Wurst, e<strong>in</strong> Paket<br />

Milch und e<strong>in</strong>en Becher Schokopudd<strong>in</strong>g, e<strong>in</strong> Glas<br />

Sauerkraut und e<strong>in</strong> Stück Zwetschkenkuchen, zwei<br />

Ölsard<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>e Tube Senf, e<strong>in</strong> Eckerl Butter und<br />

drei Scheibchen Käse.<br />

Sonst aß der <strong>Hund</strong> nie so e<strong>in</strong> kunterbuntes Mittagessen!<br />

Das waren bloß <strong>die</strong> Sachen aus se<strong>in</strong>em Eisschrank.<br />

Den hatte er ausgeräumt, bevor er weggegangen<br />

war, denn der Esel hatte sich geweigert, den<br />

Eisschrank<strong>in</strong>halt gegen Aufzahlung von zwei Euro zu<br />

nehmen.<br />

„Lieber <strong>Hund</strong>, was soll ich mit dem Zeug?“, hatte er<br />

gewiehert. „Das kann ich mir <strong>in</strong> <strong>die</strong> Haare schmieren!<br />

Ich fress nur Gras und Heu! Me<strong>in</strong> Bester, für mich ist<br />

das ke<strong>in</strong>en Cent wert!“<br />

Das war gelogen! Ganz gierig hatte der Esel auf <strong>die</strong><br />

Bierflasche und den Schokopudd<strong>in</strong>g und den<br />

Zwetschkenkuchen gel<strong>in</strong>st.<br />

Und da hatte sich der <strong>Hund</strong> gedacht: Zu den Geizigen<br />

soll man geizig se<strong>in</strong>! Damit sie merken, dass sie<br />

mit ihrer Lebensart nicht weiterkommen, und sich ändern!<br />

9


„Dann eben nicht, bester Esel!“, hatte er zum Esel<br />

gesagt.<br />

Der Esel hatte ihm zum Abschied auf den Rücken<br />

geklopft und geme<strong>in</strong>t: „Na ja, so wünsche ich Glück<br />

fürs weitere Leben! Und falls Sie vor Ihrer Abreise<br />

nicht alles aufessen, können Sie es ruhig im Eisschrank<br />

lassen. Ich nehme Ihnen <strong>die</strong> Mühe gern ab,<br />

das Zeug <strong>in</strong> den Abfallkübel zu werfen!“<br />

„Das tät’ dir so passen“, hatte der <strong>Hund</strong> h<strong>in</strong>ter ihm<br />

hergemurmelt. „Ke<strong>in</strong>e Käser<strong>in</strong>de lass’ ich da, ke<strong>in</strong><br />

Brotkrümelchen, ke<strong>in</strong> Wursthäuterl!“<br />

Und der <strong>Hund</strong> hatte se<strong>in</strong>en Schwur gehalten. Ratzekahl<br />

hatte er den Eisschrank geräumt. Sogar <strong>die</strong> Eiswürfel<br />

hatte er aus dem Tiefkühlfach genommen und<br />

zu Wasser tauen lassen.<br />

Der <strong>Hund</strong> aß se<strong>in</strong> kunterbuntes Menü, dann rülpste<br />

er, wickelte <strong>die</strong> Abfälle <strong>in</strong>s Geschirrtuch und stopfte<br />

sie <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wanderniere.<br />

10


Dann sagte er zu sich: „Zeit für den Mittagsschlaf,<br />

me<strong>in</strong>e ich!“<br />

Er legte sich zum Stamm vom Kastanienbaum,<br />

machte <strong>die</strong> Augen zu, klappte <strong>die</strong> Flatterohren über<br />

<strong>die</strong> geschlossenen Augen und versuchte e<strong>in</strong>zuschlafen.<br />

Doch da war e<strong>in</strong>e umheimlich lästige Fliege! Die<br />

setzte sich auf se<strong>in</strong>e Schnauze. Der <strong>Hund</strong> zuckte mit<br />

den Flatterohren, <strong>die</strong> Fliege flog hoch und setzte sich<br />

auf den Bauch und krabbelte dort herum. Und der<br />

<strong>Hund</strong> war am Bauch besonders kitzlig.<br />

Der <strong>Hund</strong> wedelte mit dem Schwanz. Die Fliege<br />

flog vom Bauch weg und setzte sich auf <strong>die</strong> Schnauze.<br />

Der <strong>Hund</strong> zuckte mit den Ohren. Die Fliege setzte<br />

sich wieder auf den Bauch.<br />

Dem <strong>Hund</strong> g<strong>in</strong>g das unheimlich auf <strong>die</strong> Nerven!<br />

Und richtig schläfrig war er ohneh<strong>in</strong> nicht.<br />

„<strong>E<strong>in</strong></strong> Mittagsschlaf ist eigentlich e<strong>in</strong>e saudumme


Sache“, murmelte er und sprang auf. „Seit Jahren halte<br />

ich e<strong>in</strong>en Mittagsschlaf, obwohl ich zu Mittag überhaupt<br />

nicht müde b<strong>in</strong>! Das wird abgeschafft! Alle saudummen<br />

Sachen werden abgeschafft!“<br />

Der <strong>Hund</strong> band sich <strong>die</strong> Wanderniere um, nahm den<br />

Koffer <strong>in</strong> <strong>die</strong> rechte Vorderpfote und <strong>die</strong> Reisetasche<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> l<strong>in</strong>ke und wanderte weiter, querfelde<strong>in</strong> drauflos.<br />

Als <strong>die</strong> Sonne schon recht tief am Himmel stand, kam<br />

er zu e<strong>in</strong>em Wirtshaus. Ganz e<strong>in</strong>sam, mitten auf e<strong>in</strong>er<br />

Wiese, stand das Wirtshaus. Es hatte e<strong>in</strong> rotes Ziegeldach<br />

und weiße Mauern und grüne Fensterläden. Über<br />

der <strong>E<strong>in</strong></strong>gangstür h<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Schild. Zum wilden He<strong>in</strong>rich<br />

stand darauf.<br />

Auf <strong>die</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>gangstür war e<strong>in</strong>e Speisekarte genagelt.<br />

Der <strong>Hund</strong> besah sich <strong>die</strong> Speisekarte genau.<br />

„Vernünftige Speisen, vernünftige Preise“, murmelte<br />

er und öffnete <strong>die</strong> Tür.<br />

H<strong>in</strong>ter der Tür war e<strong>in</strong>e große Stube mit Tischen<br />

und e<strong>in</strong>em Ausschank.<br />

An e<strong>in</strong>em Tisch saßen zwei Hennen und e<strong>in</strong> Hahn,<br />

an e<strong>in</strong>em saß e<strong>in</strong> junger <strong>Hund</strong>, an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>e Katze.<br />

Am Ausschank lehnte e<strong>in</strong> Mensch, e<strong>in</strong>er mit Glatze<br />

und buschigem Schnurrbart. Der sagte und verneigte<br />

12


sich dabei: „Schönen guten Nachmittag, der <strong>Hund</strong>!“<br />

„Schönen guten Nachmittag, wilder He<strong>in</strong>rich“, sagte<br />

der <strong>Hund</strong> und verneigte sich auch. Dann setzte er<br />

sich zu e<strong>in</strong>em freien Tisch bei e<strong>in</strong>em Fenster.<br />

„Wollen der <strong>Hund</strong> speisen?“<br />

„Dreimal Wurzelfleisch ohne Kren und e<strong>in</strong> großes<br />

Helles!“, bestellte der <strong>Hund</strong>.<br />

„Dreimal Wurzelfleisch ohne Kren auf e<strong>in</strong>em Teller!“,<br />

rief der Mensch mit Glatze und Schnurrbart zur<br />

Küchentür h<strong>in</strong>, dann nahm er e<strong>in</strong> Bierkrügel und zapfte<br />

das große Helle ab.<br />

„Wohl bekomm’s“, sagte er und stellte das Bierkrügel<br />

auf den Tisch.<br />

Der <strong>Hund</strong> hob das Krügel und trank es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zug<br />

leer. Vom langen Wandern war er durstig geworden.<br />

„Wenn ich noch um e<strong>in</strong>s bitten darf, wilder He<strong>in</strong>rich“,<br />

sagte er dann und rülpste dreimal.<br />

„Der wilde He<strong>in</strong>rich war me<strong>in</strong> Vater“, sagte der<br />

Wirt. „Ich b<strong>in</strong> der sanfte He<strong>in</strong>rich! Ich b<strong>in</strong> nur noch<br />

nicht dazugekommen, das Schild umzumalen!“<br />

Der sanfte He<strong>in</strong>rich lief mit dem leeren Bierkrügel<br />

zum Ausschank.<br />

Aus der Küche kam e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Frau mit e<strong>in</strong>em riesigen<br />

Teller voll Fleisch und gelben und weißen und<br />

13


oten Rübenraspeln drauf. Sie schaute sich um, g<strong>in</strong>g<br />

auf den <strong>Hund</strong> zu und me<strong>in</strong>te: „Wird wohl Ihnen gehören?“<br />

Der <strong>Hund</strong> nickte, nahm ihr den Teller ab und f<strong>in</strong>g zu<br />

mampfen an.<br />

„S<strong>in</strong>d der <strong>Hund</strong> auf Durchreise?“, fragte <strong>die</strong> Frau.<br />

„In <strong>die</strong> weite Welt geht’s“, sprach der <strong>Hund</strong> mit vollen<br />

Backen. „Ich will sehen, ob mich wer brauchen<br />

kann!“<br />

Die Frau holte e<strong>in</strong>e Brille aus der Schürzentasche,<br />

setzte sie auf und schaute den <strong>Hund</strong> genau an, von den<br />

Flatterohrspitzen bis zu den H<strong>in</strong>terpfotenklauen musterte<br />

sie ihn, dann rief sie: „Sanfter He<strong>in</strong>rich, schau<br />

dir den <strong>Hund</strong> e<strong>in</strong>mal an! Den könnten wir doch brauchen,<br />

oder?“<br />

Der sanfte He<strong>in</strong>rich kam mit dem Bierkrügel, stellte<br />

es auf den Tisch, murmelte: „Prost, der <strong>Hund</strong>“, holte<br />

auch e<strong>in</strong>e Brille aus der Schürzentasche, setzte sie<br />

auf und schaute den <strong>Hund</strong> genau an. Von den Flatter -<br />

ohrspitzen bis zu den H<strong>in</strong>terpfotenklauen musterte er<br />

ihn, dann sagte er: „Jawohl, den <strong>Hund</strong> könnten wir gut<br />

brauchen!“<br />

„Tut mir leid!“ Der <strong>Hund</strong> trank das zweite Krügel<br />

leer. „Aber ich will <strong>in</strong> <strong>die</strong> weite Welt. Und ich b<strong>in</strong> erst<br />

14


e<strong>in</strong> paar Stunden gewandert. Die weite Welt ist weiter<br />

weg.“<br />

„Die Welt ist kugelrund, werter <strong>Hund</strong>“, sagte der<br />

sanfte He<strong>in</strong>rich. „Überall ist weite Welt!“<br />

„Dort, wo Sie herkommen, werter <strong>Hund</strong>, ist auch<br />

weite Welt“, sagte <strong>die</strong> Frau. „Das ist e<strong>in</strong>e Standpunktsache!“<br />

15


Die zwei haben eigentlich recht, dachte der <strong>Hund</strong>.<br />

Von guten Argumenten ließ er sich immer überzeugen.<br />

Er wischte sich Bierschaum von der Schnauze und<br />

fragte: „Und wofür könnten Sie mich brauchen?“<br />

„Als Rausschmeißer, werter <strong>Hund</strong>“, sagte der sanfte<br />

He<strong>in</strong>rich. „Ich brauche e<strong>in</strong>en, der <strong>die</strong> Gäste aus<br />

dem Lokal wirft!“<br />

„Se<strong>in</strong> Vater, der wilde He<strong>in</strong>rich, hat das selbst erledigt“,<br />

sagte <strong>die</strong> Frau. „Der war e<strong>in</strong> Mordskerl! Aber<br />

me<strong>in</strong> Mann ist zu schwach. Bierzapfen und Servieren<br />

und Gäste raus werfen, das ist zu viel für ihn, das<br />

schafft er e<strong>in</strong>fach nicht!“<br />

Der <strong>Hund</strong> schaute sich <strong>in</strong> der Wirtsstube um. Die<br />

zwei Hennen und den Hahn, den jungen <strong>Hund</strong> und <strong>die</strong><br />

Katze schaute er an. Er fand sie alle ziemlich nett.<br />

Und er hatte ke<strong>in</strong>e Lust, e<strong>in</strong>en von ihnen zu packen,<br />

aus der Wirtsstube zu tragen und vor <strong>die</strong> Tür zu setzen.<br />

„Ich glaube, das ist ke<strong>in</strong> Job für mich“, sagte er.<br />

„Es geht nicht um solche Gäste, wie sie jetzt hier<br />

s<strong>in</strong>d“, sagte <strong>die</strong> Frau. „Die s<strong>in</strong>d schon <strong>in</strong> Ordnung!<br />

Aber am Abend, da <strong>kommt</strong> allerhand Gelichter!<br />

Schläger und Spieler und Bolde aller Sorten!“<br />

16


„Wenn das so weitergeht, be<strong>kommt</strong> me<strong>in</strong> Lokal e<strong>in</strong>en<br />

schlechten Ruf“, sagte der sanfte He<strong>in</strong>rich. „Und<br />

dann kommen <strong>die</strong> anständigen Leute nicht mehr. Und<br />

dann s<strong>in</strong>d wir bald e<strong>in</strong>e Spelunke!“<br />

Der <strong>Hund</strong> schleckte se<strong>in</strong>en Teller leer und überlegte:<br />

Nun ja, eigentlich hätte ich mir was anderes vorgestellt!<br />

Bolde rauswerfen ist neu für mich. Und Gelichter<br />

habe ich me<strong>in</strong> Lebtag lang überhaupt noch nicht<br />

gesehen. Ich kann also etwas erleben!<br />

Der <strong>Hund</strong> schob der Frau den sauber geschleckten<br />

Teller h<strong>in</strong> und sagte: „O.k! Ich nehme den Job an!“<br />

Der sanfte He<strong>in</strong>rich und se<strong>in</strong>e Frau freuten sich<br />

mächtig. Bezahlen musste der <strong>Hund</strong> fürs Wurzelfleisch<br />

und fürs Bier nichts, denn Kost und Quartier,<br />

sagte der sanfte He<strong>in</strong>rich, habe er nun frei.<br />

„Und <strong>die</strong> Bezahlung“, sagte <strong>die</strong> Frau, erfolge nach<br />

Leistung. „Pro rausgeworfener Bold, pro entferntem<br />

Gelichter je fünf Euro, wenn Sie damit e<strong>in</strong>verstanden<br />

s<strong>in</strong>d“, sagte <strong>die</strong> Frau.<br />

Der <strong>Hund</strong> nickte. H<strong>in</strong>ter Geld war er ja sowieso<br />

nicht her.<br />

Arbeitsbeg<strong>in</strong>n war für den <strong>Hund</strong> jeden Tag bei Sonnenuntergang.<br />

Arbeitsschluss war jeden Tag um Mitternacht.<br />

Zu tun hatte er nicht viel.<br />

17


Er saß an e<strong>in</strong>em Tisch, trank Bier oder mampfte<br />

Salzstangen, las Zeitung oder döste vor sich h<strong>in</strong>,<br />

machte sich Gedanken oder pfiff leise, und wenn der<br />

sanfte He<strong>in</strong>rich zu ihm kam und „Tisch drei“ oder<br />

„Tisch sieben“ oder „Tisch e<strong>in</strong>s“ murmelte, dann erhob<br />

sich der <strong>Hund</strong>, um bei Tisch e<strong>in</strong>s oder Tisch drei<br />

oder Tisch sieben Ordnung zu schaffen.<br />

Zum richigen „Rausschmeißen“ kam er fast gar<br />

nicht, denn alles, was an Bolden und Gelichter <strong>in</strong> der<br />

Wirtsstube herumhockte, war höchstens halb so groß<br />

und halb so breit wie der <strong>Hund</strong> und verdrückte sich<br />

schleunigst zur Tür h<strong>in</strong>aus, wenn der <strong>Hund</strong> bloß auf<br />

den Tisch zutrottete.<br />

Erst am fünften Arbeitstag hatte der <strong>Hund</strong> e<strong>in</strong>en<br />

echten „Rausschmiss“. Da kam e<strong>in</strong> junger bunter<br />

<strong>Hund</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wirtschaft. Obwohl <strong>in</strong> der Stube noch<br />

viele freie Tische waren, setzte er sich zu e<strong>in</strong>er alten<br />

Katze an den Tisch.<br />

18


Die Katze aß Ölsard<strong>in</strong>en <strong>in</strong> Thunfischsoße. Der junge<br />

bunte <strong>Hund</strong> grapschte sich e<strong>in</strong>e Ölsard<strong>in</strong>e von ihrem<br />

Teller. Die Katze fauchte ihn böse an, aber der<br />

junge bunte <strong>Hund</strong> scherte sich nicht darum und<br />

grapschte sich noch e<strong>in</strong>e Ölsard<strong>in</strong>e vom Teller der<br />

Katze.<br />

Die Katze kreischte: „Wirt, Wirt, man schaffe mir<br />

den <strong>Hund</strong>sflegel aus me<strong>in</strong>em Teller!“<br />

„Tisch fünf, der bunte <strong>Hund</strong> bei der Katze!“, flüsterte<br />

der sanfte He<strong>in</strong>rich dem <strong>Hund</strong> zu.<br />

Der <strong>Hund</strong> stand auf und g<strong>in</strong>g zu Tisch fünf.<br />

Der junge bunte <strong>Hund</strong> grapschte sich <strong>die</strong> letzten<br />

zwei Ölsard<strong>in</strong>en vom Teller der Katze, steckte sie <strong>in</strong>s<br />

Maul und schaute dem <strong>Hund</strong> entgegen, als habe er gar<br />

ke<strong>in</strong>e Angst. Ganz frech schaute er und rief: „Na,<br />

Alter! Passt dir vielleicht was nicht?“


Mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen schnellen Schwanzschlag hätte<br />

der <strong>Hund</strong> den jungen bunten <strong>Hund</strong> vom Stuhl fegen<br />

können. Mit e<strong>in</strong>er Pfote, ohne dabei <strong>in</strong>s Schnaufen<br />

zu kommen, hätte der <strong>Hund</strong> den jungen bunten <strong>Hund</strong><br />

k. o. schlagen können. Aber der junge bunte <strong>Hund</strong> er<strong>in</strong>nerte<br />

den <strong>Hund</strong> an se<strong>in</strong>en jüngsten Sohn! Die gleiche<br />

freche rosa Schnauze hatte er! Und <strong>die</strong> gleichen<br />

scheckigen Spitzohren! Und den gleichen lockigen<br />

R<strong>in</strong>gelschwanz!<br />

Der <strong>Hund</strong> dachte: Ja, ja! Grad so könnte me<strong>in</strong><br />

Jüngster da sitzen! Frech und ohne Manieren! Nix<br />

wie stänkern und angeben und Scheiß bauen! Aber<br />

tief dr<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er <strong>Hund</strong>eseele ist er doch e<strong>in</strong> herzensguter<br />

<strong>Hund</strong>skerl!<br />

Darum sagte der <strong>Hund</strong> freundlich zum jungen bunten<br />

<strong>Hund</strong>: „Junge, mach ke<strong>in</strong>en Stunk, es lohnt<br />

nicht!“<br />

Der junge bunte <strong>Hund</strong> bl<strong>in</strong>zelte zum <strong>Hund</strong> hoch.<br />

Se<strong>in</strong>e rosa Schnauze zuckte e<strong>in</strong> bisschen, se<strong>in</strong>e scheckigen<br />

Spitzohren zitterten enorm, und der lockige<br />

R<strong>in</strong>gelschwanz spielte Klapperschlange.<br />

Genau wie me<strong>in</strong> Jüngster, dachte der <strong>Hund</strong>. Scheißangst<br />

haben, aber frech tun!<br />

Der junge bunte <strong>Hund</strong> zündete sich e<strong>in</strong>e Zigarette<br />

20


an und blies dem <strong>Hund</strong> drei Rauchkr<strong>in</strong>gel auf <strong>die</strong><br />

Schnauze.<br />

Der <strong>Hund</strong> nahm ihm <strong>die</strong> Zigarette aus dem Maul<br />

und drückte sie im Aschenbecher ab. Dann packte er<br />

den jungen bunten <strong>Hund</strong> ganz sacht im Genick, trug<br />

ihn vor <strong>die</strong> Tür und setzte ihn <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wiese.<br />

„Lauf heim, Junge“, sagte er freundlich. „Du gehörst<br />

ja längst <strong>in</strong> <strong>die</strong> Heia, de<strong>in</strong>e Mami macht sich<br />

Sorgen um dich!“<br />

„Alter Trottel!“, japste der junge <strong>Hund</strong> und wieselte<br />

davon.<br />

Der <strong>Hund</strong> g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wirtsstube zurück.<br />

„Bravo, <strong>Hund</strong>“, riefen e<strong>in</strong> paar Gäste.<br />

„Echt Profiarbeit“, lobte ihn der sanfte He<strong>in</strong>rich.<br />

Aber der <strong>Hund</strong> war ziemlich traurig. Weil ihn der<br />

junge bunte <strong>Hund</strong> so sehr an se<strong>in</strong>en jüngsten Sohn er<strong>in</strong>nert<br />

hatte, kam es ihm nun ganz so vor, als habe se<strong>in</strong><br />

eigener Sohn zu ihm „alter Trottel“ gesagt.


Nach Mitternacht, als <strong>die</strong> letzten Gäste gegangen<br />

waren und der sanfte He<strong>in</strong>rich und se<strong>in</strong>e Frau <strong>die</strong><br />

Wirtsstube auskehrten und frische Tischtücher auflegten,<br />

nahm der <strong>Hund</strong> e<strong>in</strong>en Bogen Papier und schrieb<br />

e<strong>in</strong>en Brief. Er schrieb:<br />

Lieber jüngster Sohn!<br />

Hoffentlich geht es Dir gut! Hoffentlich<br />

s<strong>in</strong>d alle sehr freundlich zu Dir!<br />

Ich denke oft an Dich und habe Dich sehr, sehr<br />

lieb. De<strong>in</strong> Vater<br />

Der <strong>Hund</strong> steckte den Brief <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kuvert, schrieb<br />

<strong>die</strong> Adresse vom jüngsten Sohn darauf, klebte e<strong>in</strong>e<br />

Briefmarke <strong>in</strong> <strong>die</strong> rechte obere Ecke und steckte den<br />

Brief <strong>in</strong> den Briefkasten neben der Haustür. Dann war<br />

ihm e<strong>in</strong> bisschen weniger traurig zumute.<br />

In der ganzen Gegend hatte sich bald herumgesprochen,<br />

dass beim „Wilden He<strong>in</strong>rich“ e<strong>in</strong> „Rausschmeißer“<br />

angestellt sei, e<strong>in</strong> ganz großer, ganz breiter, ganz<br />

kräftiger. Darum mied das Gelichter das Wirtshaus,<br />

und <strong>die</strong> Bolde kamen auch kaum mehr; und wenn sie<br />

kamen, dann benahmen sie sich so, als ob sie gar ke<strong>in</strong>e<br />

wären.<br />

22


Nur h<strong>in</strong> und wieder verirrte sich e<strong>in</strong> harmloser Stänkerer<br />

<strong>in</strong> das Wirtshaus. Oder jemand trank e<strong>in</strong> Glas<br />

Bier zu viel und schlug dann e<strong>in</strong> wenig Krach.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>mal kam auch e<strong>in</strong>er, e<strong>in</strong> roter Hahn, der fraß für<br />

drei und trank für vier und hatte dann ke<strong>in</strong> Geld bei<br />

sich. Aber bei dem nützte auch das „Rausschmeißen“<br />

nichts.<br />

Der <strong>Hund</strong> dachte daran, se<strong>in</strong>en Job aufzukündigen.<br />

„Man braucht mich ja hier nicht wirklich“, sagte<br />

er zu sich. „Und e<strong>in</strong>fach so dahocken, als Drohung<br />

und Abschreckung, das ist ja auch ke<strong>in</strong>e Lebensaufgabe!“<br />

23


Geld hatte der <strong>Hund</strong> übrigens erst sehr wenig ver<strong>die</strong>nt,<br />

denn der sanfte He<strong>in</strong>rich bezahlte nur <strong>die</strong> „echten<br />

Rausschmisse“. Wenn sich der <strong>Hund</strong> drohend<br />

erhob und e<strong>in</strong> bisschen knurrte, e<strong>in</strong>en Stänkerer zu<br />

vertreiben oder e<strong>in</strong>en lauten Süffel zum Schweigen<br />

zu br<strong>in</strong>gen, dafür zahlte der sanfte He<strong>in</strong>rich ke<strong>in</strong>en<br />

Cent. „Das ist doch ke<strong>in</strong>e Arbeit“, erklärte er dem<br />

<strong>Hund</strong>.<br />

Den <strong>Hund</strong> ärgerte das, nicht wegen dem Geld, aber<br />

geizige Leute konnte er nun e<strong>in</strong>mal nicht ausstehen.<br />

Am Ende der dritten Arbeitswoche, an e<strong>in</strong>em verregneten<br />

Samstag, waren am Abend nur wenige Gäste im<br />

Lokal.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong> alter Esel und e<strong>in</strong> Hahn tranken an der Theke<br />

ihr Bier, e<strong>in</strong> Katzenpaar saß im schummrigen W<strong>in</strong>kel<br />

und schleckte Schokoeis, und beim Stammtisch lümmelten<br />

drei <strong>Hund</strong>e, e<strong>in</strong> Pfau und e<strong>in</strong> Kalb und besprachen<br />

<strong>die</strong> Weltlage.<br />

Der <strong>Hund</strong> hockte an se<strong>in</strong>em Platz und gähnte vor<br />

sich h<strong>in</strong>.<br />

Da kam e<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong> zur Tür here<strong>in</strong>. <strong>E<strong>in</strong></strong> mittelgroßes<br />

rosiges, nicht sehr altes, nicht sehr junges Hausschwe<strong>in</strong>.<br />

Ansche<strong>in</strong>end war es auf e<strong>in</strong>em Moped ge-<br />

24


kommen, denn es hatte e<strong>in</strong>en Helm unter dem Arm<br />

und e<strong>in</strong>en Nierenschutz um den Bauch. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Umhängetasche<br />

hatte es auch.<br />

Das Schwe<strong>in</strong> g<strong>in</strong>g zum Kleiderständer, hängte den<br />

Helm an e<strong>in</strong>en Haken, schüttelte Wassertropfen aus<br />

dem Schwe<strong>in</strong>sleder und fummelte am Nierenschutz<br />

herum.<br />

Der sanfte He<strong>in</strong>rich wieselte rasch zum <strong>Hund</strong>.<br />

„Schnell“, flüsterte er. „Werfen Sie das Schwe<strong>in</strong><br />

h<strong>in</strong>aus!“<br />

„Was haben Sie gegen das Schwe<strong>in</strong>?“, fragte der<br />

<strong>Hund</strong>. „Es ist nicht betrunken, es stänkert nicht, es<br />

schaut nicht nach Gelichter und Bold aus!“<br />

„Das Schwe<strong>in</strong> spielt“, flüsterte der sanfte He<strong>in</strong>rich.<br />

„Na und?“ Der <strong>Hund</strong> schaute kugelrund. „Spielen<br />

wird man doch dürfen!“<br />

„O Gotterl e<strong>in</strong>s“, seufzte der sanfte He<strong>in</strong>rich. „Sie<br />

kapieren aber auch gar nichts! Das Schwe<strong>in</strong> spielt<br />

Karten und knöpft dabei den Leuten das Geld ab!“<br />

Das Schwe<strong>in</strong> hatte sich <strong>in</strong>zwischen an e<strong>in</strong>en Tisch<br />

gesetzt. Es rief: „Herr Wirt, bitte e<strong>in</strong>en Kamillentee<br />

mit Honig und Zitrone!“<br />

„Me<strong>in</strong> Lokal ist ke<strong>in</strong>e Spielhölle“, flüsterte der<br />

sanfte He<strong>in</strong>rich. „Los! Raus mit der Sau!“<br />

25


Der <strong>Hund</strong> g<strong>in</strong>g zum Schwe<strong>in</strong>. Das Schwe<strong>in</strong> lächelte<br />

ihm freundlich zu.<br />

Der <strong>Hund</strong> fand, man könne e<strong>in</strong> freundlich lächelndes,<br />

nasses Schwe<strong>in</strong> nicht so e<strong>in</strong>fach aus dem Trockenen<br />

jagen. Er dachte: Vielleicht verwechselt der Chef<br />

das Schwe<strong>in</strong>! Schließlich habe ich doch auch e<strong>in</strong> wenig<br />

Beobachtungsgabe, und mir <strong>kommt</strong> das Schwe<strong>in</strong><br />

sehr nett vor!<br />

„S<strong>in</strong>d das Schwe<strong>in</strong> beruflich unterwegs?“, fragte<br />

der <strong>Hund</strong>.<br />

Das Schwe<strong>in</strong> nickte. „Ich b<strong>in</strong> Vertreter für Knöpfe“,<br />

sagte das Schwe<strong>in</strong>.<br />

Es klappte <strong>die</strong> Umhängetasche auf und holte etliche<br />

Kartons heraus. Zwirnknöpfe, Hornknöpfe, Lederknöpfe,<br />

Metallknöpfe und Plastikknöpfe waren auf<br />

<strong>die</strong> Kartons genäht.<br />

„Me<strong>in</strong>e Musterkollektion“, sagte das Schwe<strong>in</strong>.<br />

„Wenn Sie Interesse haben an Knöpfen, kann ich Ihnen<br />

<strong>die</strong> Preise und <strong>die</strong> Lieferzeiten nennen!“<br />

„Sehr nett von Ihnen“, sagte der <strong>Hund</strong>. „Aber im<br />

Moment habe ich alle Knöpfe, <strong>die</strong> ich brauche!“<br />

Der <strong>Hund</strong> lief zum Ausschank. „Irrtum, Chef“, flüsterte<br />

er dem sanften He<strong>in</strong>rich zu. „Der Beruf vom<br />

Schwe<strong>in</strong> ist nicht Spieler! Es ist Knopfvertreter!“<br />

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„Das ist doch nur Tarnung“, flüsterte der sanfte<br />

He<strong>in</strong>rich zurück. „Harmlos tut es, freundet sich an<br />

und nimmt dann <strong>die</strong> Leute aus!“<br />

Ne<strong>in</strong>-ne<strong>in</strong>-und-noch-neunmal-ne<strong>in</strong>, dachte der<br />

<strong>Hund</strong>. Das Schwe<strong>in</strong> hat e<strong>in</strong>en sanften Blick und e<strong>in</strong>e<br />

nette Stimme! Das Schwe<strong>in</strong> ist nicht bös! Das<br />

Schwe<strong>in</strong> ist nicht niederträchtig!<br />

Der <strong>Hund</strong> holte e<strong>in</strong>en Teebeutel aus der Lade, tat<br />

ihn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Teetasse und ließ aus der Espressomasch<strong>in</strong>e<br />

siedendes Wasser <strong>in</strong> <strong>die</strong> Tasse laufen.<br />

„He, <strong>Hund</strong>“, sagte der sanfte He<strong>in</strong>rich. „Was tun<br />

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