planet toys 3/20
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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CORONA SPEZIAL
planet toys
Die Stimmung im Rostocker Spielzeuggeschäft Wupatki schwankte seit dem Lockdown zwischen
schwarzem Humor, Sarkasmus und flüchtigem Neid auf Omnichannel-Anbieter. Selbst
wenn Humor heilen sollte, die Wunden, die Covid-19 dem Spielzeughandel schlägt, dürften
spürbare Narben zurücklassen, glaubt Inhaber Mike Saul.
Herr Saul, wie fühlt man sich in einem
„closed land“, das die Touristen aussperrt,
aber doch auf sie sehr angewiesen
ist?
Mike Saul: Diese Frage habe ich mir auch
schon oft selber gestellt. Meistens fühle
ich mich nur verwirrt und hilflos, dann
wieder zu fassungslos und verärgert, um
eine vernünftige Antwort darauf geben
zu können. Auf der einen Seite kann ich
diese Regeln nachvollziehen, Einzelfälle
aber überhaupt nicht. Wenn die Berliner
irgendwann sagen, ihr habt uns den Stuhl
vor die Tür gestellt, weshalb sollen wir
jetzt noch kommen, könnte ich das total
verstehen. Ich finde die Entscheidung zu
kurzsichtig.
Wie stark tangierte der Doppelpack aus
Lockdown und Tourismus-Stopp Ihr Geschäft?
M.S.: Beides trifft uns sehr hart, aber
wie alle anderen Händlern auch, die vom
Tourismus leben. Touristen stellen einen
erheblichen Teil der Kunden dar, die
wir brauchen, um auf den Jahresumsatz
zukommen. Das gilt umso mehr,
seit Weihnachten nicht mehr Weihnachten
ist, jedenfalls vom Umsatz her. Im
Grunde sorgen Touristen für unser Weihnachten
und wenn es sie nicht mehr gibt,
wird es nicht nur eng, sondern sehr eng.
Ich fühle mich aber nicht benachteiligt,
denn anderen Regionen geht es ebenso.
Hegen Sie noch die Hoffnung, dass Sie
bis Ende Jahres die Lücke wieder schließen
können?
M.S.: Nein, und ich befürchte, auch staatliche
Geldgeschenke und Kurzarbeitergeld
helfen am Ende nicht, das wettzumachen.
Außerdem möchte ich zu bedenken
geben, dass die Position Mieten, die
wir Händler in der Regel weiter zahlen,
noch nicht einmal richtig öffentlich diskutiert
worden ist, sieht man vom Unsinn
ab, den Adidas und H&M verzapft haben.
Vermieter sind ja hierzulande heilige Kühe.
Nein, rückläufige Kundenzahlen und
eine Pandemie, wie soll man so eine Lücke
schließen?
Mitte März mussten die meisten Verkaufsstellen
des Einzelhandels schließen.
Wie hat Wupatki die Zeit bis zum
20. April überbrückt? Strandbaden statt
Waldbaden?
M.S.: (lacht) Unser Plan war, die Punkte
unserer ewigen To-do-Liste abzuarbeiten,
zu denen man sonst nicht kommt. Der
Plan ist grandios gescheitert. Wir haben
unsere Kunden gepflegt, sind aber auch
nicht am Strand gewesen.
»Die Pandemie ist für mich
kein Anlass, einen Online-
Shop einzurichten, weil ich
vorkalkuliert bekommen
habe, was das im Jahr kostet
und welchen Aufwand ich
betreiben muss, damit er
funktioniert.«
MIKE SAUL
Inhaber Wupatki
Wie sah denn das Pflegeprogramm aus?
M.S.: Natürlich haben wir in dieser verzwickten
Situation versucht, irgendwie
Umsatz durch unsere Stärke, die Beratung,
zu machen, sei es ganz klassisch
über Telefon oder durch Social Media wie
Facebook und Instagram. Zusätzlich haben
wir eine WhatsApp-Nummer eingerichtet,
um Kontakt zu Kunden leichter
aufzubauen und Fotos zu verschicken.
Der Aufwand, einen Kunden so zu beraten,
ist aber um ein Vielfaches größer als
von Angesicht zu Angesicht. Bis es über
Social-Media-Kanäle zum Kauf kommt,
braucht es einen Einsatz, dass man zu
sich selbst sagte: Mike, lieber jeden Weihnachtsstress
als das noch mal. Aber wir
haben Kunden das Gefühl gegeben, wir
sind in dieser besonderen Situation für
sie da. Die Dankbarkeit, die wir erfahren
haben, war für uns was wirklich Wichtiges.
Was war an Telefon, WhatsApp oder
Facebook so anstrengend bei der Kontaktpflege?
M.S.: Das waren für uns alle vollkommen
neue Arbeitsabläufe, die ständig angepasst
und korrigiert werden mussten.
Das nahm einen Großteil des Tages in
Anspruch. Von diesen Justierungen bekommt
der Kunde erst einmal nicht viel
mit. Am Ende war ich froh, dass dieses
Spektakel ein Ende hatte. Ich hätte nicht
gewusst, ob wir das noch weitere 14 Tage
so weitergemacht hätten, ohne durchzudrehen
und für manche Stunde habe ich
sogar mal Online-Shops beneidet.
Fallen auch Sie jetzt vom Glauben ab?
M.S.: Nein, die Pandemie ist für mich kein
Anlass, einen Online-Shop einzurichten,
weil ich vorkalkuliert bekommen habe,
was das im Jahr kostet und welchen Aufwand
ich betreiben muss, damit er funktioniert.
Ich stelle mir die Frage, was dabei
am Ende netto herauskommt. Eines der
Hauptprobleme bleibt: dass ich meinen
Kunden die Differenz zwischen niedrigeren
Online-Preisen und den Preisen
im Laden nicht mit gutem Grund erklären
könnte. Der Neid auf die Webshops
war anfangs groß und dann sehr flüchtig.
Wie setzen Sie die Hygieneanforderungen
und Schutzmaßnahmen um? Gibt es
Einlasskontrollen bei Ihnen?
M.S.: Bei Wupatki ist es so, dass wir pro
10 m 2 einen Kunden in das Geschäft lassen.
Entsprechend unserer Größe stehen
Einkaufskörbe im Eingang bereit mit der
Bitte, nur dann reinzukommen, wenn ein