planet toys 3/20
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
26 planet
CORONA SPEZIAL
planet toys
In einigen Jahren werden sich Historiker den Kopf zermartern, wie der „Krieg“ (E. Macron) gegen das Corona-Virus
zu bewerten ist – als radikaler Entschleuniger oder als Beginn eines Erneuerungsprozesses. Die Basis dafür liefern
offizielle Quellen. Dabei sind es gerade private Tagebücher, Briefe, E-Mails und Fotografien, die ein genaues
Spiegelbild dieser Zeit liefern. Planet Toys druckt Auszüge eines „historischen Briefwechsel“. Aus datenschutzrechtlichen
Gründen haben wir die Namen geschwärztI
Luftschutzbunker, Donnerstag, 30. April 2020
Lieber ,
Ich habe mir nach den ersten Infektionsfällen in im Garten einen Luftschutzbunker ausgehoben, welchen ich
seit nunmehr über 8 Wochen nicht verlassen habe. Wer ist gerade an der Regierung? Was macht der Meeresspiegel? Wie
geht es Greta? Und, wie geht es Kreta? Jetzt schmerzen mir ein wenig die Schenkel vom vielen Klopfen, aber der war
tiefgründig gut.
Wie Sie ja wissen, ist
derzeit mit vielen wichtigen Dingen beschäftigt, gleichwohl sollte dies selbstverständlich
nicht dazu führen, dass ich die Stimme meines unbestrittenen Lieblingsjournalisten nur noch aus der Zeit,
bevor dieses weltverändernde Virus die Macht über uns ergriff, kenne. Das ist eine Einschränkung der Freiheitsrechte,
welche wir nicht akzeptieren sollten. Gerade, wenn es um selbstgemachten Eierlikör, womöglich mit Vanille verfeinert,
geht.
Lieber, hochverehrter
, die Lage scheint ernst. Es steht viel auf dem Spiel: Plätzchen, Eierlikör, Freianzeigen
und kostenlose, zehnseitige PR. Danke Ihnen für diese Angebote, auf welche ich selbstverständlich auch in
diesen, für uns alle, so schweren Zeiten zurückkomme. Vielleicht komme ich für diesen Ausblick auch wieder aus meinem
Bunker. Aber nur vielleicht.
Zunächst wünsche ich Ihnen jetzt aber erst einmal ein schönes Mai-Festival. Ich werde jetzt gleich einen Maibaum in
meinem Noch-Miniaturmodell aufstellen.
Good save the Queen, Prince Philipp und Sie!
Herzlichst von unter Tage
Ihr
Datscha, Samstag, 2. Mai 2020
Lieber !
Ihre Zeilen wühlen mich auf und lassen mich an Oliver Hirschbiegels Film „Der Untergang“ denken, der die letzten Tage
der Schlacht um Berlin thematisiert. Ich will nicht hoffen, dass Sie aufgrund des immensen Drucks auf Sie und
in Ihrem Führer-, pardon, Luftschutzbunker inzwischen paranoid-manische Züge zeigen. Ich weiß als ausgebildeter Psychologe,
der den einen oder anderen Fall in seiner Studienzeit zu sehen bekam, was in solchen Fällen abgeht, aber Sie
schienen mir damals, als wir uns auf dem Dach Ihrer oberirdischen Kommandozentrale trafen, mit einer gesunden Portion
Resilienz ausgestattet zu sein. Andernfalls, lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt bald mit Lithium einstellen,
das geht.
Auf jeden Fall ziehe ich den Hut vor Ihrer organisatorischen und logistischen Meisterleistung, innerhalb kürzester
Zeit ein Refugium ins Erdreich gestampft zu haben, dass, hoffe ich, allen A-, B- und C-Waffen widersteht, um die Machtübernahme
dieser unsichtbaren Aliens zu verhindern. Ich selber muss mich ja mit einer Datscha auf dem Land begnügen,
die zudem noch von zwei meiner derzeit anwesenden Töchtern zu Online-Vorlesungssälen zweckentfremdet wurde. Am besten
wäre es, so scheint es mir manchmal, wenn ich mich hier nur noch auf leisen Sohlen bewegen und erst gar nicht den Mund
aufmachen würde. So sieht die Lage an der Front der nördlichen Verteidigungslinie aus.
Da Ihre Kommunikationsinfrastruktur wohl derzeit noch im Aufbau ist, hier ein kleines kostenloses Update zur Lage der
Nation. „Angie“, die Physikerin mit mathematischem Talent, hat nach wie vor die Zügel in der Hand – ob sie allerdings
schon zum Äußersten gegriffen hat: Wir schaffen das! vermag ich nicht zu sagen. Sie hält aber Kurs und verbittet sich
„Öffnungsdiskussionsorgien“ – bleiben Sie also lieber in Ihrem Bunker. Greta kämpft aktuell im Netz gegen das Steigen
des Meeresspiegels, während Kreta bei mir immer noch schwer angesagt ist. Wenn ich gerade darüber nachdenke, könnte
ich gleich hin.
Angesichts der Anstrengungen an der Front finden wir aktuell natürlich keine Zeit für extensive, gleichsam Thomas
Mannsche Roman-PR, auch wenn Sie sicherlich einen interessanten Titel aufweisen könnte, wenn ich nur an Venedig denke.
Aber auch zwischen den Offensiven des weltverändernden Virus’ und unseren Gegenschlägen finden wir hier und da noch
Zeit, den einen oder Beitrag für unser „Blatt“ zu verfassen. Gerade in höchster Not sind die Kameraden ja geradezu
erpicht darauf, was die oberste Heeresleitung in ihrem Bunker denkt.
Ich weiß, Sie hatten und haben den Kopf voll mit strategischen Überlegungen, weshalb Sie vermutlich auch nicht auf
meine zahlreichen Anfragen und Bitten, doch den Fragebogen zu beantworten, reagieren konnten, aber die Aktiven an
vorderster Linie hätten tatsächlich gerne gewusst, was Feldmarschall im Heeresabschnitt
so denkt – wenn er gerade in
eine neue „Wolfsschanze“ buddelt. Hier also der Fragebogen, gerne können Sie
uns auch noch anderes „Futter“ schicken, um die Rekruten bei Laune zu halten.
Beste Grüße von der Nord-Front!
Ihr