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lgbb_02_2020

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es in jedem Heft seit 2001 „Jahrtausend-Texte“,

seit 2007 „Geflügelte Worte“ von Klaus Bartels zu

lesen. Bei der Zeitschriftenschau, die ich nun schon

mehrere Jahrzehnte lang viermal im Jahr für die ZS

Forum Classicum mache, war Klaus Bartels immer

und meist mehrfach pro Termin dabei, in der ZS

Antike Welt hatte er quasi immer das letzte Wort,

seine Rubrik, nur eine Seite lang, fand der Leser

immer am Ende eines jeden Heftes, auf Seite 97,

zuletzt in Heft 3,2020. Der brillante Stilist verfiel

bei allen seinen Sprachglossen und Kulturnachrichten

nie in einen Expertenduktus und schrieb doch

immer höchst gelehrt. Schöner lässt sich, nach

meinem Empfinden, Wissen nicht vermitteln.

Die Zitatensammlung „Veni vidi vici”, die erstmals

im Jahre 1966 in der Reihe 'Lebendige Antike' in

Zürich in Größe und Umfang eines Vokabelheftes

erschienen war und in der Folge fünf unveränderte

Neuauflagen erlebt hat, präsentiert sich seit ihrer

7. Auflage von 1989 grundlegend erneuert und

wesentlich erweitert: Aus dem schmalen Bändchen

von gut achtzig Seiten ist durch den Zuwachs

vieler Jahre ein stattlicher Band mehr als doppelten

Umfangs geworden. 2019 erschien die 16.

Auflage im Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt/

Mainz. Kein Sammler „Geflügelter Worte” kommt

seit Jahrzehnten an Klaus Bartels vorbei und sein

Name steht in einer Reihe mit Erasmus (Adagia),

G. Büchmann (Zitatenschatz des deutschen Volkes),

A. Otto (Die Sprichwörter und sprichwörtlichen

Redensarten der Römer), J. Werner, P. Flury

(Lateinische Sprichwörter und Sinnsprüche des

Mittelalters), D. Liebs (Lateinische Rechtsregeln

und Rechtssprichwörter) und A. Fritsch (Index

sententiarum ac locutionum. Ein Handbuch lateinischer

Sätze und Redewendungen).

Als ich mich ab Anfang der 1990-er Jahre bei

mehreren Zeitungsjahresprojekten der FAZ und

SZ, unter dem Namen Zeitung in der Schule initiiert

vom Aachener IZOP-Institut, beteiligte - mit

meinem LK Latein (später auch GK) natürlich, da

kam mir Klaus Bartels quasi zu Hilfe. Bei der Suche

nach Argumenten, warum gerade Schülerinnen

und Schüler eines Oberstufenkurses Latein eine

anspruchsvolle Tageszeitung im Unterricht, gar

noch ein Jahr lang, mit Gewinn lesen sollten und

daraus lernen könnten, traf ich speziell mit den

Sprach-Glossen von Klaus Bartels bei Schulleitung,

Eltern, Kollegen und Veranstalter den Nagel

auf den Kopf.

Und dann gab es diese Zeitungsartikel alle auch

leicht auffindbar in Buchform: Die „Streiflichter“-

Sammlungen aus der „Neuen Zürcher Zeitung“:

Sokrates im Supermarkt (1986, 3. Auflage 1997);

Eulen aus Athen (1988); Zeit zum Nichtstun

(1989); Homerische Allotria (1993); Internet à la

Scipio (2004) und die Wortgeschichten-Sammlungen

aus der „Stuttgarter Zeitung“: Wie Berenike

auf die Vernissage kam (1996, 3. Auflage

2004); Wie der Steuermann im Cyberspace landete

(1998); Wie die Murmeltiere murmeln lernten

(2001); Trüffelschweine im Kartoffelacker (2003);

Die Sau im Porzellanladen, Verlag Philipp von

Zabern, Mainz 2008.

„Die Literatur und Kultur der Antike, das war für

Klaus Bartels nicht Bildungsgut, sondern etwas,

das noch heute lebendig ist. Etwas, das uns angeht

– und uns verpflichtet. In mehreren hundert

brillant geschriebenen Artikeln hat er den Leserinnen

und Lesern der NZZ ab den 1970er Jahren

Fluchtlinien aufgezeigt, die von Themen und

Begriffen der Gegenwart in die Antike führen, in

zahlreichen Büchern ging er den Spuren nach, die

uns über die Sprache mit einer Vergangenheit verbinden,

die unsere gemeinsame Vergangenheit ist

und die Gegenwart geformt hat.” (Thomas Ribi in

seinem Nachruf in der NZZ)

Manfred Fuhrmann schrieb einmal: „Wer gern

den nicht selten verzwickten Wegen des Kulturaustauschs

nachspürt, von denen unsere Sprache

zeugt, wer die dort gespeicherte kollektive Erinnerung

zu seiner eigenen zu machen wünscht, oder

wer bisweilen plötzlich stutzt und sich über die

Lautgestalt oder Bedeutung eines Wortes wundert,

das ihm bislang nie sonderlich aufgefallen

ist: Sprachfreunde dieser Art kommen bei Bartels

auf ihre Rechnung.”

Schließlich ist mit dem Namen Klaus Bartels noch

ein Romführer ganz spezieller Art verbunden: ein

steinerner Stadtführer sozusagen und in der Fülle

der Romliteratur eine Besonderheit. Es sprechen

die Steine Roms von Obelisken und Brunnen,

Tempeln und Basiliken, Triumphbögen und Brücken,

Palästen und Bürgerhäusern, Statuen und

Grabmälern - und sie sprechen alle lateinisch. Das

Buch „Roms sprechende Steine. Inschriften aus

zwei Jahrtausenden”, gesammelt, übersetzt und

erläutert von Klaus Bartels, erschien im Jahr 2000

und dann 2018 in 5., durchgesehener Auflage im

Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz.

In 14 Spaziergängen wird der Leser durch den inneren

Stadtbereich Roms geführt – von Inschrift

zu Inschrift. Die Sammlung ist zweisprachig gehalten

und das ist recht so, denn manche Inschriften

sind so gebrochen und verschliffen, so abgekürzt

und verschlüsselt, dass auch ein geübter Lateiner

sich am Ende seines Lateins sieht. Manchmal

spricht gar eine Säule oder ein Obelisk in eigenem

Namen. Der Autor hat ca. 200 Inschriften – die ältesten

aus der Zeit des Augustus, die jüngsten aus

dem Heiligen Jahr 1983/84, die meisten aus dem

päpstlichen Rom seit der Renaissance – vor Ort

transkribiert, präzise übersetzt und mit wertvollen

Erläuterungen versehen.

Die Zentralbibliothek Zürich hat aus der fortgesetzten

Sammeltätigkeit des Autors in einer „Online-Ressource”

gegen 600 (!) weitere in verschiedener

Hinsicht interessante Inschriftentexte sowie

gegen 200 dokumentarische Abbildungen, diese

meist zu den in der Buchpublikation enthaltenen

Inschriften, im Internet zugänglich gemacht. Diese

600 Inschriften sind – anders als in seinem Buch –

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