Leseprobe_Fo_Christian VII.
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Ich betrat das Gebäude durch den Künstlereingang<br />
und befand mich gleich auf der Hinterbühne. Maschinisten<br />
und Beleuchtungstechniker beendeten gerade<br />
den Bühnenaufbau; sie entzündeten die zahllosen Kerzen<br />
auf den Lüstern, die sie anschließend emporhievten.<br />
Dann erfuhr ich, dass eine Opera buffa im italienischen<br />
Stil mit vielen Akrobaten, Tänzerinnen und natürlich<br />
Sängern gegeben wurde. Ich begab mich in die Kulissenloge<br />
des Bühnenmeisters, der mir seinen Sitz überlassen<br />
wollte; ich jedoch bat ihn zu bleiben und mir einen<br />
Stuhl zu besorgen. So konnte ich die Aufführung direkt<br />
von der Bühne aus verfolgen.<br />
Es war das erste Mal, dass ich einem Schauspiel beiwohnte,<br />
und ich war überwältigt von den szenischen<br />
Effekten, die aufeinanderfolgten wie auf einem Zauberkarussell.<br />
Das Orchester spielte die Ouvertüre und<br />
begleitete die Tanzeinlagen; es bestand aus unglaublich<br />
vielen Musikern. Von einem Augenblick zum andern<br />
änderte sich die Szenerie: Von oben wurden Prospekte<br />
heruntergelassen, von den Seiten schoben sich Palastmauern<br />
auf die Bühne, von unten stiegen Fenster und<br />
Portale empor. Von meinem Platz aus konnte ich die<br />
Maschinerie von allen Seiten beobachten. Sprachlos und<br />
fasziniert entdeckte ich die technischen Tricks hinter<br />
allen Veränderungen. Inmitten dieser Zauberwelt bewegten<br />
sich Darsteller und Tänzer mit unglaublicher<br />
Leichtigkeit. Mir wurde klar, dass es sich hier um ein<br />
Gesamtkunstwerk handelte, bei dem Malerei, Maschinerie,<br />
Musik und Tanz einer einzigen schöpferischen<br />
Fantasie entstammten. Ich war, so viel steht fest, bis ins<br />
Mark erschüttert.<br />
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