Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
PORTRÄT |<br />
Mathias Schmid: In der Schweiz zuhause – in Kamerun daheim<br />
Auf der Suche nach Heimat<br />
VON ANJA LAUWINER<br />
Mathias Schmid ist zwar Schweizer, doch<br />
im Herzen Kameruner. Er ist dort aufgewachsen.<br />
«Meine Haut ist zwar weiss, mein<br />
Denken und Handeln aber schwarz.» Nach<br />
einigen Jahren zurück in der Schweiz<br />
ent scheidet er sich, nach Kamerun auszuwandern.<br />
Ein Traumleben – bis zum brutalen<br />
Unfall. Um zu überleben, muss Mathias<br />
Schmid zurück in die Schweiz gebracht<br />
werden.<br />
Als Schweizer Missionarskind wächst<br />
Mathias Schmid mit drei älteren Geschwistern<br />
in Kamerun auf. Seine Eltern engagieren<br />
sich dort in der Entwicklungshilfe. «Ich<br />
bin stolz darauf, meine Kindheit in einem<br />
sogenannten Drittweltland erlebt zu haben.<br />
Dort habe ich gelernt, was im Leben wirklich<br />
zählt.» Der wöchentliche Familieneinkauf<br />
besteht aus einem Besuch auf dem<br />
Strassenmarkt, nur selten findet die Familie<br />
dort europäische Lebensmittel wie Teigwaren.<br />
«Ich liebe die Spontaneität und das<br />
‹In-den-Tag-Hineinleben› der Kameruner.»<br />
Mathias Schmid: «Mittlerweile sind auch unser Herz, unsere Gedanken und Gefühle in der<br />
Schweiz angekommen.»<br />
Holprige Rückkehr ins Unbekannte<br />
Mathias Schmid ist zwölf Jahre alt, als die<br />
Familie in die Schweiz zurückkehrt. Er<br />
findet sich in einer grundlegend anderen<br />
Kultur wieder. «Hier gabs in den Läden<br />
plötzlich massenhaft Teigwaren. Alles war<br />
so durchgeplant und organisiert.» Ein Leben<br />
im Überfluss, welches ihn überfordert. Er<br />
beginnt, Drogen zu konsumieren. «In diesen<br />
Momenten floh ich vor der Realität, denn ich<br />
kam mit meinem neuen Leben nicht mehr<br />
zurecht.» Der christliche Glaube bedeutet<br />
Mathias Schmid nichts – bis zum Tag seiner<br />
Konfirmation. «Gott drückte plötzlich einen<br />
Schalter in mir, und ich begann zu verstehen,<br />
wie sehr er mich liebt. Dies war der Startschuss<br />
meiner echten Gottesbeziehung.»<br />
Motorradunfall überlebt<br />
Er ist in der Schweiz zuhause – doch daheim<br />
fühlt sich Mathias Schmid nicht. Deshalb<br />
entschliesst er sich, nach Kamerun auszu<br />
wandern. Dort lernt er die Kamerunerin<br />
Talata Geneviève Lossou kennen. «Diese<br />
Frau ging mir nicht mehr aus dem Kopf –<br />
und ich ihr auch nicht.» Die beiden heiraten<br />
und werden Eltern, das Familienglück<br />
scheint perfekt – doch dann der Schock.<br />
Auf dem Heimweg von der Arbeit baut<br />
Mathias Schmid einen Motorradunfall.<br />
«Ich schlitterte mit dem Kopf ungeschützt<br />
über den Asphalt.» Im Spital fällt er ins<br />
Koma. Die einzige Überlebenschance ist<br />
ein Transport in die Schweiz. Erst einige<br />
Wochen später erwacht er in der Schweiz<br />
aus dieser tiefen Bewusstlosigkeit.<br />
Geschenk Gottes<br />
Fünf Monate nach dem Unfall in Kamerun<br />
tritt Mathias Schmid aus der Reha-Klinik<br />
aus und gilt als genesen. Dies ist für ihn ein<br />
Geschenk Gottes und ein Wunder. «Für Gott<br />
wäre es ein Leichtes gewesen, mich sterben<br />
zu lassen. Doch er gab mir ‹kleinem Nichts›<br />
eine Aufgabe in dieser Welt, diese möchte<br />
ich erfüllen.» Mathias Schmid möchte seine<br />
Geschichte weitererzählen und Menschen<br />
damit ermutigen. Heute lebt er mit seiner<br />
Familie in der Schweiz. Ein Alltag zwischen<br />
Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein<br />
könnten. «Wir fühlen uns hier immer mehr<br />
daheim, doch unsere Heimat bleibt tief in<br />
unseren Herzen verankert – Kamerun.»<br />
TV-TIPP<br />
FENSTER ZUM SONNTAG<br />
Fremd in der Heimat<br />
Sa, 29. <strong>August</strong><br />
So, 30. <strong>August</strong><br />
16.40 Uhr<br />
18.30 Uhr<br />
12.00 Uhr<br />
17.45 Uhr<br />
12 | <strong>Life</strong> <strong>Channel</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>August</strong> <strong>2020</strong>