Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10
ARENA
planet toys
SCHWARZER TAG
FÜR SPIELWAREN?
»Kaufhäuser sind nach
wie vor ein Anziehungspunkt
für viele Verbraucher.
Mit ihrer Schließung
geht ein zentraler
Ort der Begegnung
verloren.«
DOROTHEE WEINHOLD
Teddy-Hermann GmbH
»Wir sehen in der
Restrukturierung des
Konzerns eine echte
Chance, um auch
mittel- und langfristig
Marken wie unsere am
PoS zu präsentieren.«
UDO ROTHER
VP Sales Schleich
JA!
Die Schließung von 62 Karstadt/Kaufhof-Filialen zählt ohne
Frage zu den bitteren Stunden des deutschen Einzelhandels
der jüngeren Geschichte. Kaufhäuser, die in Deutschland
eine lange Tradition aufweisen und einst als glitzernde Tempel
des Kapitalismus (KaDeWe!) galten, sind nämlich nicht
nur aus Sicht der Spielwarenbranche von hoher funktionaler
Bedeutung, sondern sie tragen wesentlich zur Lebensqualität
und Attraktivität in unseren Innenstädten bei. Sie sind nach
wie vor ein Anziehungspunkt für viele Verbraucher. Mit ihrer
Schließung geht ein zentraler Ort der Begegnung verloren.
In der Folge versinken oft Einkaufsstraßen in Trostlosigkeit
oder „verslumen“. Es ist unbestritten, dass seit gut drei Jahrzehnten
der Trend zum Erlebnisshopping geht; es ist ebenfalls
richtig, dass sich Kaufhäuser schwer damit tun, jüngere
Generationen zu erreichen. Und es stimmt wohl auch, dass
viele Probleme hausgemacht sind. Ich nenne hier nur die Verzahnung
von stationär und online, die zu spät kam. Die Corona-Pandemie
dürfte jetzt als Brandbeschleuniger gewirkt
haben. Dennoch folge ich nicht der Auffassung von Branchenexperten,
dass das Kaufhaus ein Auslaufmodell ist. Es gibt
ja erfolgreiche Gegenentwürfe, wie das Beispiel des zweitgrößten
Warenhausbetreibers in Großbritannien, Selfridges,
zeigt. Die Spielwarenbranche trifft dieser finale Lockdown von
62 Touchpoints besonders hart. Kaufhäuser waren und sind
für sie ein bedeutsames Schaufenster zum Kunden. Kaufhäuser
räumten der Ware und hier besonders Plüsch überdurchschnittlich
viel Fläche ein. Die Mitarbeiter auf der Fläche,
aber auch viele Einkäufer waren mit Herzblut dabei. Spielzeug
war dort mehr als nur Ware. Das wussten und spürten
die Kunden. Nach dem Ende des Lockdowns performten ja
auch die Spielwarenabteilungen in den Kaufhäusern überdurchschnittlich.
Ja, es war ein schwarzer Tag für Spielware,
aber nein, ich glaube nicht daran, dass das Kaufhaus ausgedient
hat. Das hieße, dass die deutsche Mittelschicht aufhört
zu existieren, und daran will ich nicht glauben, aber daran,
dass das Kaufhaus vielleicht „trendiger“ werden muss.
jein!
Die angekündigte Schließung von 62 Kaufhof/Karstadt-Filialen
ist aus Sicht der Beschäftigten zweifelsohne ein schwarzer
Tag. Für den Warenhauskonzern an sich kann dieser
Schritt, sich auf Standorte zu konzentrieren, die profitabel
arbeiten, aber auch ein Aufbruch sein. Diverse Beispiele
aus dem europäischen Ausland zeigen, dass das Format
Kauf- und Warenhaus keineswegs ein Auslaufmodell ist.
Im Gegenteil: Zusammen mit der ansässigen Gastronomie
und dem weiteren kulturellen Angebot können sie nach wie
vor ein wichtiger Anziehungspunkt in Städten sein. Nicht
zu unterschätzen ist außerdem das Lebensgefühl, welches
Kauf- und Warenhäuser vermitteln, das für das „Ökosystem
Innenstadt“ und damit auch für die Konsumfreude von
zentraler Bedeutung ist. Als Marke Schleich, die sehr stark
über das Haptische erlebbar wird, wünschen wir uns, dass
es auch weiterhin attraktive Präsentationsflächen für unsere
Produkte in zentralen Innenstadtlagen gibt. Wir sehen in der
Restrukturierung des Konzerns eine echte Chance, um auch
mittel- und langfristig Marken wie unsere am PoS zu präsentieren.
Es ist ja nichts Neues, dass sich die Handelsstruktur
in den vergangenen Jahren enorm verändert hat. Zusätzlich
hat die Corona-Pandemie den Prozess „Wandel im Handel“
beschleunigt. Da sich nicht nur die gesamte Spielwarenbranche
im Umbruch befindet, könnte die aktuelle Situation von
den Verantwortlichen dazu genutzt werden, den Konzern neu
aufzustellen und frische, innovative Formate zu entwickeln.
Hier wäre ein Weg, die Standortvorteile der Häuser zu nutzen
und den immer wichtiger werdenden Erlebnischarakter
auszubauen – nach wie vor zwei riesige Vorteile gegenüber
vielen anderen Marktteilnehmern. Wenn also die Konsolidierung
als Weichenstellung genutzt wird, ist es für Spielzeug
kein komplett schwarzer Tag, sondern möglicherweise auch
ein grüner Tag – nämlich einer, der Chancen aufzeigt.