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fokus<br />

der Expo.02 hat das gut geklappt; zur Meuterei ist<br />

es auf alle Fälle nie gekommen.<br />

Was möchten Sie persönlich mit dem ZPK erreichen?<br />

Was sind Ihre Vorstellungen, was Kunst<br />

oder eine solche Institution wie das ZPK in der<br />

Gesellschaft bewirken oder hinterlassen kann?<br />

Das Zentrum Paul Klee hat bereits eine komplexe<br />

gesellschaftliche Vision eingelöst. Es ist<br />

kein «Meteorit», der vom Himmel gefallen ist;<br />

in Form und Inhalt aber überwindet es die klassische<br />

Gattungstrennung des Museums und geht<br />

unerforschte Wege. Die Statuten verpfl ichten uns<br />

ebenso zur Seriosität im konservatorischen und<br />

wissenschaftlichen Umgang mit den 4000 Werken<br />

im Haus wie zu einem undogmatischen und offenen<br />

Umgang mit dem Kosmos «Paul Klee». Daraus ergibt<br />

sich ganz selbstverständlich eine Offenheit gegenüber<br />

Neuem und Experimentellem. Ausserdem<br />

deckt Klees Spektrum Kunstgattungen, Geistes-,<br />

Sozial- und Naturwissenschaften ab – alles hoch-<br />

interessante Felder. Paul Klees Geist und Werk und<br />

Renzo Pianos Wellen mit ihren Wechselausstellungen,<br />

Konzerten, Tanz- und Theateraufführungen<br />

sind die Trümpfe, die wir mit einer guten Gesamtdramaturgie<br />

ausspielen können. Und natürlich<br />

sind die Kinder im Kindermuseum «Creaviva» ein<br />

Segen. Zusammengenommen wirkt das Zentrum<br />

Paul Klee in meiner idealen Vorstellung wie ein sozialer<br />

Knotenpunkt, der unterschiedlichste kollektive<br />

und persönliche Potentiale verbindet und Kontakte<br />

schafft zwischen Vergangenheit, Gegenw<strong>art</strong><br />

und Zukunft, wo sich Besucherinnen und Besucher<br />

ebenso regenerieren wie anregen lassen. Dem<br />

Zentrumsgedanken verpfl ichtet, soll das Programm<br />

gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen und<br />

sp<strong>art</strong>en- und generationenübergreifend sein, ohne<br />

Musen oder Menschen voneinander zu trennen.<br />

Verraten Sie uns ein paar Gedanken über Ihre<br />

Pläne?<br />

Am kommenden 25. Januar stellen wir anlässlich<br />

der Medieninformation zu unserer Robert<br />

Walser-Ausstellung das Jahresprogramm 2007 vor.<br />

Bis dahin sind wir in Vorbereitung. Ich bitte Sie also<br />

noch um etwas Geduld.<br />

Juri Steiner<br />

*1969, promovierter Kunsthistoriker, Zürich/<br />

Lausanne. Von 1993 bis 1998 Kunstkritiker für<br />

die «NZZ». Freier Kurator Kunsthaus Zürich;<br />

Ausstellungen «Dada global», «Arnold Böcklin,<br />

Giorgio de Chirico, Max Ernst» mit Guido Magnaguagno<br />

und «Freie Sicht aufs Mittelmeer»<br />

mit Bice Curiger. 2000-2003 Leitung Arteplage<br />

Mobile du Jura (AMJ) im Rahmen der Expo.02.<br />

2003/04 Konzept und Einführung des neuen<br />

Cabaret Voltaire, Zürich. Co-Kurator Schweizer<br />

Pavillon an der Weltausstellung Expo 2005 Aichi<br />

(Japan). Gastdozent an der Hochschule für Gestaltung<br />

und Kunst Zürich sowie an der Universität<br />

Zürich. In Vorbereitung: «In girum imus nocte<br />

et consumimur igni - Die Situationistische Internationale<br />

(1957-1972)» für das Museum Tinguely,<br />

Basel, April 2006.<br />

6<br />

LITERATUR<br />

walsers betrachtungen zu<br />

schriftstellern und ihren werken<br />

Von Belinda Meier (Bild: zVg)<br />

■ Robert Walser hat sich zeitlebens sehr eingehend<br />

mit Personen und Stoffen der Literaturgeschichte<br />

befasst. Seine dazu niedergeschriebenen<br />

Betrachtungen beweisen deutlich, wie sehr Walser<br />

belesen war und wie gut er darüber Bescheid<br />

wusste, wer und was in Sachen Literatur Rang und<br />

Namen hatte.<br />

Lesen war für Walser eine äusserst kreative Beschäftigung.<br />

Sie bescherte ihm Unterhaltung, die<br />

nicht lenkt, sondern sich frei entfalten und somit<br />

als Quelle neuer Kreativität verstanden werden<br />

kann. Lesen zwingt den Rezipienten demnach nicht<br />

zu einem bestimmten Verständnis, wie er dies im<br />

Prosastück «Meine Bemühungen» formuliert: «Ich<br />

halte gegenüber Büchern sowohl wie Menschen<br />

ein lückenloses Verstehen eher für ein wenig uninteressant<br />

als erspriesslich.»<br />

In die essayistischen Darstellungen Walsers,<br />

die einen spielerischen Umgang mit Sprache ent-<br />

puppen und zwischen anekdotischen Erzählungen,<br />

eindringlichen Dichterporträts, spöttischen Gedichten<br />

und szenischen Collagen abwechseln, soll<br />

nun Einblick gewährt werden. Viel Spass!<br />

Der Kleist-Darsteller «Was braucht es zu einem<br />

Kleist-Darsteller? Offen gesagt, es braucht<br />

sehr viel. Schon alleine die Zunge. Da muss einer<br />

mit seinen Lippen tanzen und mit seiner deutschen<br />

Sprache jonglieren gelernt haben. Einem<br />

Menschenmund schlechthin ist es unmöglich, Verse<br />

von Kleist wie Verse von Kleist zu sprechen. Mache<br />

zehn Jahre lang täglich Atemübungen, dann<br />

wage es, dich an einen Grafen von Strahl oder an<br />

irgend einen anderen Burschen dieser Rasse heranzumachen.<br />

Diese Rasse setzt Zucht voraus, das<br />

bedenke, Schauspieler von heutzutage. Hinterher,<br />

wenn du dich blamiert hast, lächelst du und sagst,<br />

Kleist sei ein rostiges Eisen, Grabbe, das sei was,<br />

Kleist, der sei undramatisch. Weil du keine Grazie<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 49 | Januar 07

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