Der Kampf ums Holz - Verband der Säge- und Holzindustrie Baden ...
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Fotos: Eloi Giera-Bay, Heinz Siebold, Schillinger Beregnungsanlagen<br />
hintergr<strong>und</strong><br />
<strong>Der</strong> <strong>Kampf</strong> <strong>ums</strong> <strong>Holz</strong><br />
Die großen <strong>Säge</strong>werke drücken die kleinen an die Wand –<br />
es sei denn, diese spezialisieren sich.<br />
Von Heinz Siebold<br />
Die baden-württembergischen <strong>Säge</strong>werke leiden unter<br />
den Nachwirkungen von „Cyrill“. Dabei hat <strong>der</strong><br />
Sturm mit diesem Namen im Januar 2007 nicht im<br />
Schwarzwald, son<strong>der</strong>n vor allem im Sauerland, in<br />
Oberbayern <strong>und</strong> in Österreich tausende von<br />
Bäumen umgeworfen. Aber das Sturmholz<br />
ist jetzt in großen Mengen auf dem Markt<br />
<strong>und</strong> zu sehr günstigen Preisen: Zwischen<br />
40 <strong>und</strong> 60 Euro kostet <strong>der</strong> Festmeter<br />
Sturmholz. „Das sind zwanzig<br />
bis dreißig Euro weniger als normal<br />
geschnittenes R<strong>und</strong>holz aus <strong>Baden</strong>-Württemberg“,<br />
sagt Ludwig<br />
Jäger, Geschäftsführer des<br />
<strong>Verband</strong>es d e r sä g e- u n d Ho l z i nd<br />
u s t r i e ba d e n-Württemberg.<br />
Die Konsequenz: Großabnehmer<br />
bedienen sich aus<br />
dem billigen Angebot von<br />
auswärts <strong>und</strong> „hiesige <strong>Säge</strong>werke<br />
sitzen auf dem<br />
<strong>Holz</strong> <strong>und</strong> kriegen es nicht<br />
los. Im Moment leben viele<br />
aus <strong>der</strong> Substanz.“<br />
Denn zugleich sind die<br />
Verkaufspreise für Schnittholz<br />
unter Druck. Konsequenz:<br />
Die <strong>Säge</strong>werke<br />
verdienen am verkauften<br />
<strong>Holz</strong> wenig bis gar<br />
nichts.<br />
Lange geht so was nicht<br />
gut. Das sägeWerk kapp in<br />
Winden im Elztal hat diese<br />
Marktverwerfung nicht<br />
überlebt <strong>und</strong> musste im Januar<br />
Insolvenz anmelden.<br />
Das 1908 gegründete Familienunternehmen<br />
in vierter Generation,<br />
war mit 30 Beschäftigten<br />
das größte <strong>Säge</strong>werk im<br />
Kreis Emmendingen. Doch die<br />
finanziellen Mittel für notwendige<br />
Neuerungen konnten nicht mehr<br />
beschafft werden. Knapp 100.000<br />
Festmeter Stammholz wurden hier<br />
12 Juni 2008
hintergr<strong>und</strong><br />
Branchenriese in Volgelsheim: In <strong>der</strong> elsässischen Filiale <strong>der</strong> Klenk AG kommen jedes Jahr 500.000 Kubikmeter Festholz unters Messer.<br />
jedes Jahr zu Brettern, Balken o<strong>der</strong> Latten<br />
gesägt. „Am schwersten haben es<br />
die mittleren Betriebe“, sagt <strong>Verband</strong>sgeschäftsführer<br />
Jäger, „es gibt eine gefährliche<br />
Zwischenzone, wo man noch<br />
zu klein ist, um richtig kostengünstig zu<br />
sein <strong>und</strong> bereits zu groß, um flexibel in<br />
<strong>der</strong> Nische überleben zu können.“ Das<br />
sägeWerk kapp ist in dieser gefährlichen<br />
Zwischenzone gescheitert. <strong>Der</strong> Insolvenzverwalter<br />
hat keinen Käufer gef<strong>und</strong>en,<br />
<strong>der</strong> Betrieb muss wohl abgewickelt<br />
werden.<br />
Kaum zwanzig Kilometer talaufwärts,<br />
in Oberprechtal, gibt es ein weiteres <strong>Säge</strong>werk:<br />
Ludwig Läufer (48) hat den<br />
Betrieb vor 20 Jahren von seinem Vater<br />
übernommen. Gebaut wurde die <strong>Säge</strong><br />
vor über 100 Jahren gemeinsam von<br />
vier Bauernhöfen. Zwischen Bauernhöfen<br />
<strong>und</strong> Kuhweiden sägen Meister Läufer<br />
<strong>und</strong> neun Beschäftigte r<strong>und</strong> 17.000<br />
Festmeter Stammholz im Jahr. Und<br />
zwar hauptsächlich Douglasie. Diese<br />
Kiefernart, im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t aus<br />
Nordamerika nach Europa eingeführt,<br />
ist in den letzten Jahren für die Gestaltung<br />
von Außenfassaden o<strong>der</strong> Gartenhäusern<br />
sehr beliebt geworden. In Freiburgs<br />
ökologischem Musterstadtteil<br />
Vauban zum Beispiel. Douglasie soll das<br />
beste <strong>Holz</strong> für Dachstühle sein, es ist<br />
haltbarer als an<strong>der</strong>e Tannenhölzer <strong>und</strong><br />
besser imprägnierbar.<br />
Nischenprodukte wie Mondphasenholz<br />
retten die „Kleinen“<br />
„Wir sind flexibler als die großen <strong>Säge</strong>werke“,<br />
verrät Ludwig Läufer sein Erfolgsrezept.<br />
Die Umstellung seiner Gattersäge<br />
von <strong>der</strong> einen auf die an<strong>der</strong>e <strong>Holz</strong>art fällt<br />
ihm leichter als den Großbetrieben.<br />
Denn „rotes“ <strong>und</strong> „weißes“ Tannenholz<br />
muss wegen <strong>der</strong> Hackschnitzel <strong>und</strong> <strong>Säge</strong>späne<br />
für die Papierproduktion strikt getrennt<br />
werden. Papierholz ist reines<br />
Weißholz. Flexibilität heißt für Ludwig<br />
Läufer: „Bei uns kann <strong>der</strong> Zimmerer anrufen<br />
<strong>und</strong> zwei Balken für den nächsten<br />
Tag bestellen, genau die, die er braucht.“<br />
Passgenaue Produktion würde man das<br />
an<strong>der</strong>swo nennen. Bretter <strong>und</strong> Balken sägen<br />
allein reicht übrigens auch in einem<br />
solchen kleinen Betrieb längst nicht aus<br />
für die Wertschöpfung: <strong>Holz</strong> wird auch<br />
bei Läufer weiterbearbeitet, zunächst in<br />
einer Anlage getrocknet <strong>und</strong> bei Bedarf<br />
im Profil vorgehobelt.<br />
Die Abnehmer für <strong>Holz</strong> aus Läufers <strong>Säge</strong><br />
sind <strong>der</strong> klassische Zimmerer <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Bauherr für das Eigenheim. Eventuell mit<br />
Spezialwünschen, „Mondphasenholz“<br />
Fortsetzung auf Seite 14<br />
Konnte nicht mithalten: Das <strong>Säge</strong>werk<br />
Kapp in Winden schloss im Januar.<br />
Juni 2008 13<br />
▲<br />
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neu<br />
hintergr<strong>und</strong><br />
Flexibler als die Großen: <strong>Säge</strong>werker Ludwig Läufer aus Oberprechtal setzt inzwischen auf<br />
Nischenprodukte, „Mondphasenholz“ zum Beispiel. Mit Erfolg.<br />
etwa. Das in <strong>der</strong> Neumondphase geschlagene<br />
<strong>Holz</strong> ist keine esoterische Spielerei.<br />
Auch die nüchternen Forstwirte <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
bodenständige <strong>Säge</strong>meister Ludwig Läufer<br />
sind davon überzeugt, dass es weniger<br />
anfällig ist für Insektenbefall, insgesamt<br />
dichter <strong>und</strong> stabiler. Er habe dazu eigens<br />
zwei Stapel <strong>Holz</strong> verglichen <strong>und</strong> sei durch<br />
die Beobachtungen bestätigt worden,<br />
dass Mondholz eine bessere Qualität hat.<br />
„Das haben schon unsere Vorfahren gewusst“,<br />
sagt Ludwig Läufer, „Mondholz<br />
arbeitet weniger, es bleibt im verbauten<br />
Zustand besser stehen.“<br />
So wie sein kleines <strong>Säge</strong>werk besser stehen<br />
bleibt, weil <strong>der</strong> Betreiber sich mit <strong>der</strong><br />
Nische zufrieden gibt <strong>und</strong> mit Spezialauf-<br />
trägen gut zurechtkommt. „Man darf<br />
aber nicht stehen bleiben“, sagt Läufer<br />
auch, „man muss immer schauen, was<br />
sich tut.“ Ein Zulieferer für Baumärkte<br />
o<strong>der</strong> Palettenhersteller will er nicht werden,<br />
da sei man schnell in einer Abhängigkeit,<br />
die auf Dauer nicht gut sei, weil<br />
<strong>der</strong> Großabnehmer ähnlich wie die Lebensmitteldiscounter<br />
ständig Druck auf<br />
die Preise <strong>und</strong> Konditionen <strong>der</strong> Lieferanten<br />
ausüben.<br />
Familienbetriebe können<br />
nicht mehr mithalten<br />
Wer mit den Großen mithalten will,<br />
muss wachsen. Die Ho l z W e r k e do l d in<br />
Buchenbach, das wohl bekannteste <strong>Säge</strong>werk<br />
<strong>der</strong> Region, ist stetig aus einer kleinen<br />
zu einer „etwas größeren“ <strong>Säge</strong> gewachsen,<br />
wie man sich im Unternehmen<br />
bescheiden äußert. <strong>Der</strong> Familienbetrieb<br />
do l d beschäftigt am Stammsitz Buchenbach<br />
250 Mitarbeiter <strong>und</strong> verarbeitet<br />
350.000 Festmeter <strong>Holz</strong> pro Jahr. Gesägt<br />
wird mit mo<strong>der</strong>ner Computertechnik,<br />
Abfälle gibt es nicht, Späne <strong>und</strong> Reste<br />
werden für Hackschnitzelheizungen <strong>und</strong><br />
Pellets aufgearbeitet. Ein eigenes Blockheizkraftwerk<br />
<strong>und</strong> ein großes Pelletswerk<br />
sind weitere Standbeine des Familienbetriebes.<br />
do l d produziert Massivholzplatten<br />
für Baufachmärkte <strong>und</strong> die Möbelindustrie.<br />
„Vom Binnenmarkt kommen zu<br />
wenige Impulse“, sagt do l d-Personalleiter<br />
<strong>und</strong> Pressesprecher Patrick Rapp.<br />
Sprich: Es wird zu wenig gebaut. Die Firma<br />
do l d hat sich mit einem zugekauften<br />
Werk in Estland ein neues Standbein im<br />
Zukunftsmarkt Osteuropa gesichert.<br />
Zu den ganz großen <strong>der</strong> Branche gehört<br />
dagegen die kl e n k ag, beheimatet<br />
im schwäbischen Oberrot, die 2002 auch<br />
im elsässischen Volgelsheim nahe<br />
Breisach ein großes Werk errichtet hat,<br />
das 550.000 Festmeter <strong>Holz</strong> verarbeiten<br />
kann. <strong>Der</strong> Konzern insgesamt zersägt pro<br />
Jahr dreieinhalb Millionen Festmeter<br />
R<strong>und</strong>holz, außer in Oberrot in Gaildorf,<br />
Wolfegg <strong>und</strong> im brandenburgischen Baruth.<br />
Ein neues Werk in Leutkirch ist in<br />
Planung, das allein soll noch einmal fast<br />
1,5 Millionen Festmeter <strong>Holz</strong> verarbeiten.<br />
Für die kl e n k ag, <strong>der</strong>en Chef Eugen<br />
Klenk im März seinen 90. Geburtstag<br />
feierte, erarbeiten 1.600 Menschen<br />
560 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Zusammen<br />
mit <strong>der</strong> en e r g i e baden-Württemberg<br />
(enbW) wurde im vergangenen Jahr<br />
die enbW klenk <strong>Holz</strong>energie gm bH zum<br />
Bau <strong>und</strong> Betrieb von Biomasse-Heizkraftwerken<br />
gegründet. Und gemeinsam mit<br />
dem Markgrafen von <strong>Baden</strong> betreibt man<br />
die Wald pl u s gm b H, eine Dienstleistungsfirma<br />
für die Waldbewirtschaftung.<br />
Festmeter<br />
Ein Festmeter (fm) entspricht 1 Kubikmeter (m³)<br />
fester <strong>Holz</strong>masse, d. h. ohne Zwischenräume in<br />
<strong>der</strong> Schichtung. Das entsprechende Maß mit<br />
Zwischenräumen ist <strong>der</strong> Raummeter (rm).<br />
14 Juni 2008
Juni 2008<br />
hintergr<strong>und</strong><br />
Am Konzern ist die Westlb mit 20 Prozent<br />
beteiligt.<br />
kl e n k-Schnittholz geht zu 40 Prozent<br />
in den Export, viel davon in die USA.<br />
Doch da gibt es seit zwei Jahren ein Problem:<br />
<strong>Der</strong> amerikanische Hausbau ist<br />
massiv eingebrochen. „kl e n k muss jetzt<br />
sein <strong>Holz</strong> in den heimischen Markt reindrücken“,<br />
berichten Vertriebsleute. Dadurch<br />
erhöht sich <strong>der</strong> Druck auf die kleinen<br />
<strong>Säge</strong>werke zusätzlich, denn sie können<br />
ihre höheren Einkaufspreise nicht<br />
an den K<strong>und</strong>en weitergeben, verlieren<br />
also Geld. „Es kann sein, dass es zu weiteren<br />
Marktbereinigungen kommt“,<br />
fürchtet <strong>Verband</strong>sgeschäftsführer Jäger.<br />
„Denn es gibt eindeutig Überkapazitäten.“<br />
Und irgendwo wollen die großen<br />
Werke wie kl e n k, kl a u s n e r o<strong>der</strong> bi n d e r-<br />
H o l z ihr R<strong>und</strong>holz her bekommen.<br />
Doch <strong>der</strong> Wald wächst nicht beliebig.<br />
Jedes Jahr können im baden-württembergischen<br />
Wald r<strong>und</strong> sieben Millionen<br />
Festmeter nachgewachsenes <strong>Holz</strong> geerntet<br />
werden. Die <strong>Säge</strong>werkskapazitäten<br />
sind dank <strong>der</strong> Expansion <strong>der</strong> großen<br />
Werke aber auf elf Millionen angewachsen.<br />
Und bald, vermutlich schon im dritten<br />
Quartal dieses Jahres, wird das Sturmholz<br />
aus dem Sauerland weitgehend aufgebraucht<br />
sein. Dann wird es einen<br />
<strong>Kampf</strong> um jeden heimischen Stamm geben,<br />
bei dem die Großen mit ihrer Marktmacht<br />
die Nase vorn haben <strong>und</strong> die Klei-<br />
nen leer ausgehen werden. Die Insolvenz<br />
des sägeWerks kapp könnte dann, wie<br />
Windens Bürgermeister Clemens Bieniger<br />
befürchtet, als Menetekel für die<br />
gesamte Branche gelten: „Es gibt einen<br />
Verdrängungswettbewerb <strong>der</strong> Großsägewerke,<br />
die solche Familienbetriebe durch<br />
ihre überzogene Preispolitik vom Markt<br />
eliminieren wollen.“<br />
<strong>Der</strong> <strong>Verband</strong> <strong>der</strong> <strong>Säge</strong>- <strong>und</strong> <strong>Holz</strong>industrie<br />
schätzt die Lage so ernst ein, dass er<br />
die Politik zum Handeln aufgefor<strong>der</strong>t<br />
hat. Unterstützt wird er dabei von <strong>der</strong><br />
Landtagsfraktion <strong>der</strong> Bündnisgrünen, die<br />
in einer Anfrage die Landesregierung<br />
zum Handeln auffor<strong>der</strong>t. „Die regionale<br />
Verwertung <strong>und</strong> Vermarktung von R<strong>und</strong>holz<br />
<strong>und</strong> damit die Stärkung <strong>der</strong> in <strong>Baden</strong>-Württemberg<br />
ansässigen Betriebe ist<br />
auch aus Klimaschutzgründen erstrebenswert<br />
<strong>und</strong> sollte zumindest bei wirtschaftlich<br />
vergleichbaren Bedingungen<br />
seitens <strong>der</strong> Forstverwaltung bevorzugt<br />
werden“, for<strong>der</strong>n unter an<strong>der</strong>em die<br />
Abgordneten Edith Sitzmann (Freiburg)<br />
<strong>und</strong> Reinhold Pix (Breisgau-<br />
Hochschwarzwald). Es müsse dringend<br />
vermieden werden, dass „eine zentrale<br />
Verkaufsorganisation“, wie sie seit <strong>der</strong><br />
Verwaltungsreform teilweise eingeführt<br />
wurde, „die Großeinkäufer bei Preis,<br />
Qualität o<strong>der</strong> Rahmenbedingungen sei es<br />
bewusst o<strong>der</strong> unbewusst bevorzugt.“ Die<br />
Antwort <strong>der</strong> Regierung steht noch aus. n<br />
Sturmschäden im Sauerland: Das von „Cyrill“ im Januar 2007 entwurzelte <strong>Holz</strong> kommt<br />
jetzt massenhaft auf den Markt. Und verdirbt die Preise.<br />
Die Industriemesse<br />
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