17.08.2020 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 04 / 2020

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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| Corona<br />

AUFGEFANGEN<br />

IN HARTZ IV<br />

Kleinstunternehmen in der größten Krise<br />

Foto: © slasnyi – stock.adobe.com / Icons: Re Gara – stock.adobe.com<br />

seine private Krankenversicherung<br />

wird nicht komplett übernommen. „Nur<br />

der Basistarif wird abgedeckt“, so Nau.<br />

Auch wenn das Geld nicht ausreicht, Nau<br />

hat ein wenig Erspartes, das ihm zurzeit<br />

noch hilft, die Lücke zu füllen, ist<br />

er trotzdem sehr dankbar, dass es diese<br />

Möglichkeit der Unterstützung gibt.<br />

Im Stich gelassen fühle er sich nicht.<br />

Von der Soforthilfe, die er für seine Soloselbstständigkeit<br />

erhalten hat, kann<br />

er ausschließlich seine Betriebskosten<br />

decken. „Von dem Geld ist noch was vorhanden.<br />

Wenn es aber nun noch länger<br />

dauert, bis ich meine Tätigkeit wieder<br />

richtig aufnehmen kann, weiß ich nicht,<br />

wie es weitergehen soll. Es gibt so viele<br />

Unsicherheiten und unterschiedliche<br />

Auskünfte, wie wir mit der Soforthilfe<br />

verfahren dürfen.“<br />

Bis zu 6.000 <strong>Köln</strong>er<br />

beantragten die<br />

Grundsicherung<br />

Viele Soloselbstständige sind bei den staatlichen Hilfsprogrammen, die wegen der<br />

Corona-Pandemie aufgelegt wurden, durchs Raster gefallen. Um Miete und Lebensmittel,<br />

aber auch Versicherungen zahlen zu können, mussten sie Hartz IV beantragen.<br />

Zwei Betroffene berichten.<br />

Marco Nau ist Masseur. Und eigentlich<br />

könnte er seinen Job wieder ganz normal<br />

ausüben. Doch so einfach ist das nicht.<br />

Der 45-Jährige ist mobil unterwegs, er<br />

massiert die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz.<br />

Zu seinen Kunden gehören große<br />

Unternehmen in <strong>Köln</strong> und die lassen ihre<br />

Mitarbeiter immer noch im Homeoffice arbeiten.<br />

Das wiederum bedeutet auch weiterhin<br />

Leerlauf für Nau.<br />

Dabei hatte er vor der Krise mit seinem Unternehmen<br />

„Massago“ mehr als gut zu tun.<br />

„Mein Kalender war voll“, sagt der Masseur.<br />

Und – obwohl das Leben sich langsam<br />

wieder zu normalisieren scheint – für<br />

den 45-Jährigen bleibt der Shutdown, wie<br />

er zu Anfang war, weiter bestehen. „<strong>Die</strong><br />

großen Unternehmen, wozu auch viele Versicherungsunternehmen<br />

hier in <strong>Köln</strong> gehören,<br />

setzen nach wie vor sehr stark auf Homeoffice-Arbeit“,<br />

erklärt Nau, der in den<br />

letzten Wochen ein Hygiene-Konzept erstellt<br />

hat, das auch von seinen Auftraggebern<br />

als gut befunden wurde. Doch solange<br />

die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten,<br />

kann sein Geschäft nicht wieder anlaufen.<br />

Seit Wochen haben etliche Kleinunternehmer kein Geld<br />

mehr in der Tasche. Sie mussten Hartz IV beantragen.<br />

Hartz IV, um<br />

Lebenshaltungskosten<br />

zu decken<br />

Wie lange dieser Zustand noch andauert,<br />

sei schwer abzuschätzen. Auch deshalb<br />

habe er die Soforthilfe des Bundes und<br />

des Landes NRW dankbar angenommen.<br />

Doch weil Anfang April die Verwendungsmodalitäten<br />

des Geldes verändert wurden,<br />

beantragte Nau direkt Hartz IV, um<br />

seine private Miete und einen Teil seiner<br />

Lebenshaltungskosten decken zu können.<br />

Einen Teil nur deshalb, weil trotz der<br />

Grundsicherung eine Lücke von etwa<br />

800 Euro klafft. 1500 Euro überweist<br />

ihm das Jobcenter insgesamt.<br />

Miete und Heizkosten gehen davon ab.<br />

Zum Leben bleiben 423 Euro. Der Regelsatz<br />

der Grundsicherung. Davon aber<br />

muss er Versicherungen wie seine Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

zahlen,<br />

seine private Altersvorsorge, denn als<br />

Selbstständiger zahlt er nicht in die gesetzliche<br />

Rentenversicherung ein, auch<br />

Nau ist nicht der Einzige, der das Arbeitslosengeld<br />

II, also Hartz IV, beantragen<br />

musste, um überleben zu können, wie eine<br />

Nachfrage beim Jobcenter <strong>Köln</strong> ergab.<br />

„Endgültige und gesicherte Zahlen können<br />

wir aber erst nach drei Monaten herausgeben.<br />

Daher können wir zum jetzigen<br />

Zeitpunkt nur eine Tendenz sehen“,<br />

sagt Sprecherin Katharina Staudt.<br />

Allein im März und April gingen zwischen<br />

5.000 und 6.000 neue Anträge auf<br />

Grundsicherung ein. „Darunter sind etwa<br />

ein Drittel Selbstständige“, wie Staudt<br />

anmerkt.<br />

Der Antrag auf Grundsicherung wurde<br />

verkürzt und insgesamt wurden weniger<br />

Nachweise eingefordert. So wird in<br />

den ersten sechs Monaten vorhandenes<br />

Vermögen nicht überprüft, es müsse lediglich<br />

erklärt werden, dass kein erhebliches<br />

Vermögen vorhanden ist, und die<br />

<strong>Ausgabe</strong>n für Unterkunft und Heizung<br />

werden in dieser Zeit in voller Höhe übernommen.<br />

„Selbstständige müssen bei<br />

der Antragstellung angeben, ob sie in der<br />

nächsten Zeit mit Einkünften rechnen<br />

und in welcher Höhe diese erwartet werden.<br />

<strong>Die</strong>se Prognose wurde stark vereinfacht.<br />

Durch diese Vereinfachungen können<br />

Anträge schneller bearbeitet werden<br />

und der Aufwand für den Antragsteller<br />

wird möglichst gering gehalten“, teilt<br />

Staudt mit.<br />

Wer die sogenannte Corona-Soforthilfe<br />

des Landes NRW erhalten habe, müsse<br />

22 www.diewirtschaft-koeln.de

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