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Die Neue Hochschule Heft 4/2020

Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Hochschulzulassung

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16 Fachaufsätze<br />

„Damit stellen viele Seminar- und<br />

Abschlussarbeiten , so wie sie Stand heute<br />

konzipiert sind, keine adäquate Form der<br />

Kompetenzüberprüfung mehr dar.“<br />

zu Entwicklungen, die die Grundlage unserer Gesellschaft<br />

im Umgang mit wissenschaftlichen Werken<br />

an sich verändern werden.<br />

Sollte KI so ausgereift sein, führt die digitale<br />

Disruption dazu, dass das in der jetzigen Form<br />

bewährte Hochschulwesen ins Wanken gerät. Nicht<br />

nur der uns bekannte Umgang mit wissenschaftlichem<br />

Fachwissen und Veröffentlichungen oder mit<br />

dem Urheberrecht wird dann beispielweise ein anderer<br />

sein müssen. Auch die Ausbildung der Studierenden<br />

im Allgemeinen und speziell im Hinblick auf<br />

die vermittelten Kompetenzen zum wissenschaftlichen<br />

Arbeiten und Schreiben werden überdacht<br />

werden müssen.<br />

Sofern eine ausgereifte KI zukünftig in der Lage ist,<br />

wissenschaftliche Arbeiten per Knopfdruck zu generieren,<br />

muss bei eingereichten schriftlichen Arbeiten<br />

generell angezweifelt werden, ob diese überhaupt<br />

eigenständig von den Studierenden verfasst wurden.<br />

In dem wichtigen Kompetenzfeld zum wissenschaftlichen<br />

Arbeiten wird die Eigenleistung der Studierenden<br />

damit nur schwer überprüfbar sein. Damit stellen<br />

viele Seminar- und Abschlussarbeiten, so wie sie<br />

Stand heute konzipiert sind, keine adäquate Form<br />

der Kompetenzüberprüfung mehr dar.<br />

Unsere Empfehlungen<br />

Wie können sich <strong>Hochschule</strong>n zukünftig neu<br />

ausrichten? <strong>Die</strong>se Fragestellung kann nur unter<br />

Berücksichtigung der durch den Bologna-Prozess<br />

vorgegebenen Zielsetzung der Output-Orientierung<br />

beantwortet werden. Aus Sicht der Autorinnen<br />

können folgende Handlungsempfehlungen formuliert<br />

werden, die im jeweiligen fachlichen Kontext<br />

und für jede Fachdisziplin naturgemäß unterschiedlich<br />

zu bewerten und zu nutzen sind.<br />

a. Das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten wird<br />

auch weiterhin eine wichtige Kompetenz sein,<br />

die die Studierenden während ihrer Studienzeit<br />

erwerben sollten. Jedoch ist der Kompetenzerwerb<br />

nur noch dann sinnvoll überprüfbar,<br />

wenn rein deskriptive und synthetisierende,<br />

auf vorhandene Literaturquellen bezogene<br />

Arbeiten vermieden werden. <strong>Die</strong> Aufgabenstellungen<br />

für wissenschaftliche Arbeiten<br />

müssen zukünftig auf projekt- und problembasierte<br />

Fragestellungen ausgerichtet sein, die<br />

mehr kreative Eigenleistungen der Studierenden<br />

erfordern, welche nicht mehr durch KI<br />

gelöst werden können. <strong>Die</strong> Problemlösungskompetenz<br />

muss somit zukünftig noch stärker<br />

im Fokus stehen.<br />

b. Sofern dies nicht möglich ist, sollten Prüfungsformen<br />

gewählt werden, die eine persönliche<br />

Überprüfung der zu erreichenden Kompetenzen<br />

in den Vordergrund stellen. Im Rahmen einer<br />

qualitativ hochwertigen Hochschulausbildung<br />

werden dann zeit- und betreuungsintensivere<br />

Prüfungsformen, z. B. mündliche Prüfungen<br />

und Präsentationen, einen höheren Stellenwert<br />

erhalten müssen.<br />

c. Sozialkompetenzen sind Stärken, bei denen sich<br />

der Mensch klar von der KI abgrenzen kann.<br />

Somit sollten sie bei der Entwicklung zukünftiger<br />

Veranstaltungs- und Prüfungsformen im<br />

Fokus stehen. Projektarbeiten in (idealerweise<br />

interdisziplinär besetzten) Teams stellen eine<br />

Prüfungsform dar, die zukünftig einen höheren<br />

Stellenwert bekommen muss.<br />

d. Modulübergreifend muss die Digital Literacy<br />

als eigenständiges Themenfeld zur Förderung<br />

der Digitalkompetenz in allen Studiengängen<br />

gestärkt werden. Ergänzend dazu sollten ethische<br />

und urheberrechtliche Aspekte in Hochschulmodulen<br />

stärker berücksichtigt werden. <strong>Die</strong><br />

Einführung eines Verhaltens- und Ehrenkodexes,<br />

der in den Prüfungsordnungen fest verankert<br />

ist (inklusive Sanktionen wie der Exmatrikulation),<br />

und die Schaffung verantwortlicher<br />

Stellen in der Organisation werden dringend<br />

empfohlen, siehe auch die in den USA an einigen<br />

<strong>Hochschule</strong>n etablierten Offices of Research<br />

Integrity.<br />

e. Bei allen Ansätzen ist der Rollenwechsel für<br />

Lehrende hin zu Lernbegleitern und Coaches<br />

04 | <strong>2020</strong> DNH

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