Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GUIDE<br />
Travel<br />
„Raus aus dem Stadion,<br />
zwei Stunden volle Tube<br />
bergauf und bergab.<br />
Du übernimmst dich<br />
fürchterlich.“<br />
Benny Karl über seinen Part<br />
beim <strong>Red</strong> Bull Dolomitenmann<br />
A<br />
m Morgen des Rennens gönne<br />
ich mir ein kleines Frühstück,<br />
fahre mit meinem Stadtrad, dem mit dem<br />
Körberl und den Blumen, gemütlich zum<br />
Start und plaudere mit den Teamkollegen.<br />
Wenn die Bergläufer starten, kann ich<br />
noch chillen. Zwei Stunden, bis bei mir<br />
die Schmerzen beginnen.<br />
Beim <strong>Red</strong> Bull Dolomitenmann, dem<br />
härtesten Teambewerb der Welt, bin ich<br />
als Dritter der Wings for Life-Staffel an<br />
der Reihe. Ich stehe im Lienzer Stadion,<br />
die Fans rund um mich sorgen für grandiose<br />
Stimmung. Ich sehe unseren Paragleiter<br />
zu mir herunterschweben. Jetzt<br />
ist volle Konzentration angesagt: Sein<br />
Schirm darf sich beim Abklatschen nicht<br />
in meinem Bike verheddern. Es geht los!<br />
Raus aus dem Stadion, zwei Stunden<br />
volle Tube bergauf und bergab. 16 Kilometer<br />
Uphill, 14 Kilometer Downhill,<br />
1700 Höhenmeter. Wir starten flach über<br />
Wiesen, Schotter und Asphalt zum ersten<br />
Anstieg, hinauf zu jenem Punkt, wo sich<br />
im Winter die Ski-Damen in die Abfahrt<br />
stürzen. Hier merkst du schnell, dass du<br />
den 40er-Schnitt nicht halten wirst. Wenn<br />
du auf diesem Abschnitt auf 8 Stundenkilometer<br />
kommst, ist das schon viel.<br />
Denn es ist richtig steil, 25 bis 30 Prozent.<br />
Und es tut richtig weh.<br />
Seit 2007 bin ich jedes Jahr am Start.<br />
Auch weil ich mittlerweile hier Heimvorteil<br />
Nach dem Abklatsch ist vor dem Aufstieg: Paragleiter Wendelin Ortner übergibt an Benny Karl.<br />
genieße – ich wohne ja in Lienz. Unten<br />
stehen die Leute an der Strecke und<br />
feuern dich an. Auch weiter oben, in den<br />
Kehren: „Geht scho’, Benny, geht scho’!“<br />
Du übernimmst dich fürchterlich – bis<br />
dich niemand mehr sieht. Du hast das<br />
Gefühl, es zerfetzt dir die Lunge. Die<br />
Qualen kann man nicht mit denen beim<br />
Snowboarden vergleichen.<br />
Zur Moosalm hinunter spiele ich meine<br />
Downhill-Qualitäten aus. Bei den richtig<br />
hohen Holzstufen steigen einige Kollegen<br />
ab und tragen ihr Bike. Ich nicht. Need for<br />
Speed liegt mir im Blut.<br />
Das Rennen hat mein Schwiegervater<br />
Werner Grissmann vor mittlerweile mehr<br />
als 30 Jahren erfunden. Und die gesamte<br />
Familie ist im Einsatz: Meine Frau Nina<br />
betreut die VIPs an der Strecke. Meine<br />
Mama versorgt mich am zweiten An stieg<br />
mit Getränken. Es geht über eine Schotterstraße<br />
1100 Höhenmeter hinauf, elendslang,<br />
aber oben mit einem schönen Blick<br />
hinein ins Tal. Und dann noch zusätzliche<br />
150 Höhenmeter mit dem Rad auf den<br />
Schultern durch die Latschen zum Hochsteinkreuz.<br />
Apropos Rad: Ich nehme meistens<br />
das nur vorn gefederte Hardtail. Es ist<br />
leichter, und ich mache lieber bergauf<br />
zwei Minuten gut, als dass ich bergab<br />
eine halbe Minute schneller bin.<br />
Das Mittelstück der Abfahrt ist eine<br />
schnurgerade Herausforderung mit<br />
72 THE RED BULLETIN