Jagdverpachtung - Tiroler Jägerverband
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geflüsterten Worte: „Geh, Wastl, sei<br />
gscheid und schau, daß d’ heimkommst!<br />
Fünf Stunden lang hör i di<br />
scho umeinandwetzen auf dem<br />
Bankl’! In solcher Kälten die dritte<br />
Nacht! So was kann doch kein<br />
Mensch aushalten! Geh weiter, Wastl,<br />
geh heim!”<br />
„Heimgehn, so? Du hast leicht reden!”<br />
stotterte Wastl mit klappernden<br />
Zähnen. „Frieren tut’s mich zwar, daß<br />
ich mein, ich fall zu lauter Glasscherben<br />
auseinander. Aber was will ich<br />
denn machen? Der Fuchs muß g’liefert<br />
werden. Hast es ja selber g’hört,<br />
wie mir dein Vater aufgschpielt hat!<br />
Wenn ich den Fuchs net bring, bin<br />
ich meinen Dienst los.”<br />
Schauernd an allen Gliedern ließ er<br />
sich wieder auf die Bank fallen. -<br />
„Meinetwegen! So frier i halt zum<br />
Eiszapfen. Am Morgen kann mi dei’<br />
Vater dann in Ruhe abschlagen!”<br />
Aus Nannerls bedrückter Seele<br />
schwoll wieder ein tiefer Seufzer.<br />
„O mein Gott! Daß man sowas verlangt<br />
von einem Menschen!” Dann<br />
schloß sich lautlos das Fenster.<br />
Hatte sie das Gespräch nur abgebrochen,<br />
weil sie weiter keinen Rat wußte?<br />
Oder war es ihr am offenen Fenster<br />
zu kalt geworden? Denn zu allem<br />
Frost der Nacht begann noch ein böser<br />
Wind über den Schnee einherzufahren<br />
und trieb die scharf stechenden<br />
Eisnadeln gegen das Haus und<br />
dem Wastl an die Nase.<br />
Der schauerte und vergrub die frostglühenden<br />
Ohren unter dem aufgestülpten<br />
Joppenkragen.<br />
Doch plötzlich streckte er wieder den<br />
Hals und lauschte. „Was ist denn jetzt<br />
das? Es ist grad, als wär’s Nannerl wieder<br />
aufgstanden und tät sich anziehen?<br />
Jetzt? Um zwei in der Früh?” - Er<br />
hörte aus dem Zimmer ein Geräusch<br />
wie von heimlichen Schritten, sah am<br />
Fenster einen dünnen Schein aufleuchten,<br />
als wäre ein Streichholz angezündet<br />
worden, und dann vernahm<br />
er ein schwaches Knistern. Das dauerte<br />
eine Weile. Und nun klirrte das<br />
Fenster wieder.<br />
„Wastl . . . ?”<br />
So flink, als wäre jählings alle Erstarrung<br />
aus seinem Körper gewichen,<br />
schwang sich Wastl auf die Bank und<br />
faßte heftig die Hand des Mädels:<br />
„Nannerl, Nannerl . . .”<br />
„Weißt, Wastl, ich denk mir nichts<br />
Schlecht’s dabei . . . aber ich kann<br />
dich halt nicht länger in dieser grausigen<br />
Kälte sitzen lassen.”<br />
„Nannerl, Du guet’s Nannerl!”<br />
„Ganz derbarmen tust mich! Schau,<br />
drum bin ich aufgstanden und hab<br />
Feuer g’macht in Ofen . . . in Gottsnamen,<br />
so steig halt rein ein bissel<br />
und wärm dich auf, daß du es nachher<br />
wieder ein paar Stunden in der<br />
Kälte aushalten kannst.”<br />
„Nannerl! Mein lieb’s Nannerl! Tausendmal<br />
sag ich Vergeltsgott . . .”<br />
Unter diesen stammelnden Worten<br />
hatte Wastl schon sein Gewehr zum<br />
Fenster hineingeschoben. Als er<br />
glücklich auf den Dielen stand, wollte<br />
er seinen Dank von neuem beginnen.<br />
Aber das Nannerl schob ihn von<br />
sich, schloß das Fenster und zischte:<br />
„Um Gottswillen, sei still und red<br />
kein Wort! Wenn der Vater aufwacht .<br />
. . jesses Maria!”<br />
Diesem drohenden Bilde gegenüber<br />
schien auch Wastl die Notwendigkeit<br />
des strengsten Schweigens zu begreifen.<br />
Aber da er seine Dankbarkeit und<br />
sein aufschwellendes Glück doch irgendwie<br />
äußern mußte, schlang er die<br />
Arme um Nannerls Hals und suchte<br />
ihren Mund. Doch sie entwand sich<br />
ihm und zischte schmollend: „Geh,<br />
Du Narr, was machst denn da? Dein<br />
ganzer Schnauzbart hängt ja voller<br />
Eis! Meinst vielleicht, so ein tropfender<br />
Kuß ist ein Vergnügen? Ah, da<br />
dank ich schön!” Bei diesen Worten<br />
schob sie ihn zur Bank, die neben<br />
dem glutspeienden Ofen stand, zog<br />
ihm die Fäustlinge von den Händen<br />
und die Pudelmütze vom Kopf und<br />
zupfte das schmelzende Eis aus dem<br />
Schnurrbart.<br />
Ganz leise knisterte das Feuer in dem<br />
kleinen eisernen Ofen, dessen Platte<br />
in matter Röte zu glühen begann.<br />
Und da kam nun für das junge, in leises<br />
Geflüster versunkene Paar eine<br />
warme Stunde, so warm, daß Nannerl,<br />
als die dritte Morgenstunde<br />
schlug, seufzend meinte:<br />
„Wastl, mir scheint, jetz tut’s dich<br />
aber g’wiß nimmer frieren. Jetzt<br />
kannst es draußen schon wieder aushalten<br />
bis zum Morgen.”<br />
Wastl aber schien anderer Meinung<br />
zu sein. „Nannerl! Geh, Nannerl,<br />
schau . . .” Er ergriff wieder heftig die<br />
Hand des Mädels.<br />
„Nein, Bua, sei gscheid! Weißt, wenn<br />
du den Fuchs nicht bringst, wie willst<br />
dann mit dem Vater reden? Komm,<br />
sei gscheid, ich mach dir’s Fenster auf<br />
und hilf dir raus.”<br />
Um diese harte Entscheidung einigermaßen<br />
zu mildern, drückte sie dem<br />
Grollenden noch einen letzten festen<br />
Kuß auf den Mund. - „So! Jetzt ist’s<br />
aber genug!” Und Nannerl ging auf<br />
das Fenster zu, durch dessen klare<br />
Scheiben man den Schnee im Mondschein<br />
glänzen sah. Eben wollte sie<br />
die Hand nach dem Riegel strecken,<br />
da stammelte sie erschrocken:<br />
„Maria und Josef! Wastl! Der Fuchs!”<br />
Wastl sprang auf und packte die Flinte.<br />
„Wo ist er?” Da sah er auch schon<br />
mit eigenen Augen den roten Schleicher,<br />
der, mit der geschmorten Katze<br />
zwischen den Zähnen, gegen die<br />
Hecke schnürte. „Manderl, wart, jetzt<br />
komm ich dir -”<br />
Das Nannerl kreischte in hellem Entsetzen:<br />
„Jesses Maria! Wastl! Was tust<br />
denn da!”<br />
Aber Wastl hörte nichts mehr.<br />
Er dachte nicht an das geschlossene<br />
Fenster, nicht an den Raum, in dem<br />
er sich befand. Er sah nur auf dreißig<br />
Schritte da draußen den flüchtenden<br />
Fuchs - und schon krachte der Schuß.<br />
Das böllerte, als wollte das ganze<br />
Haus in Trümmer fallen. „Hat’n scho!<br />
Gott sei Lob und Dank!” jubelte der<br />
Wastl, als der Fuchs sich überpurzelte<br />
und verendet liegen blieb.<br />
Aber dieser Jubel blieb dem glücklichen<br />
Schützen zur Hälfte im Halse<br />
stecken. Denn als ihm der dicke, das<br />
ganze Stübchen füllende Pulverdampf<br />
in die Nase quoll, und als er das laute<br />
Schluchzen des Mädels hörte, begriff<br />
er jählings, was er angestellt hatte.<br />
Sprachlos und zitternd bemerkte er<br />
Gepolter, das sich im Hause hören<br />
ließ. Jetzt wurde die Tür der Stube<br />
aufgerissen, und der Förster stand mit<br />
1/99 JAGD IN TIROL 24<br />
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