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MASTER-/DIPLOMARBEIT Studien und Arbeiten zu Raum und Licht ...

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<strong>MASTER</strong>-/<strong>DIPLOMARBEIT</strong><br />

<strong>Studien</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeiten</strong> <strong>zu</strong> <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> <strong>Licht</strong><br />

ausgeführt <strong>zu</strong>m Zwecke der Erlangung des akademischen Grades<br />

eines Diplom-Ingenieurs<br />

unter der Leitung<br />

Univ. Prof. Mag.art. Christine Hohenbüchler<br />

e2641<br />

Institut für Kunst <strong>und</strong> Gestaltung<br />

eingereicht an der Technischen Universität Wien<br />

Fakultät für Architektur <strong>und</strong> <strong>Raum</strong>planung<br />

von<br />

Karl Kühn<br />

0174105<br />

Montecuccoliplatz 12/4/6, A-1130 Wien<br />

Wien, am 01.06.2012 _____________________


Architektur <strong>und</strong> <strong>Licht</strong> 5<br />

Feldstudie: The Strip, Las Vegas 49<br />

<strong>Licht</strong> in der bildenden Kunst 63<br />

Weiche Displays 129<br />

Eigene <strong>Arbeiten</strong> 141


Architektur <strong>und</strong> <strong>Licht</strong><br />

<strong>Licht</strong> ist etwas Gr<strong>und</strong>sätzliches. In den meisten frühen Kulturen wurde das <strong>Licht</strong> als göttliche<br />

Quelle des Lebens verehrt. Im Christentum findet sich die Erschaffung des <strong>Licht</strong>s durch Gott am<br />

Beginn der Schöpfungsgeschichte1 . Der Begriff oder das Wesen des <strong>Licht</strong>s findet sich nicht nur<br />

in der Natur, sondern auch im Inneren des Menschen, als Gedankenwelt oder Seele. In diesem<br />

Fall ist <strong>Licht</strong> gleichbedeutend mit Leben. Der antike Philosoph Plotin meinte, dass <strong>Licht</strong> keine<br />

Elemente habe, vollkommen einfach sei, <strong>und</strong> daher die reine Schönheit selbst sein müsste. In der<br />

Hochreligion wurde das <strong>Licht</strong> sogar personalisiert, wie etwa im Fall des Sonngottes Helios der<br />

alten Griechen.<br />

Der englische Theologe Robert Grosseteste schrieb <strong>zu</strong> Beginn des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts:<br />

„Die Schönheit aber ist Einklang <strong>und</strong> Proportion eines Dinges mit sich selbst, <strong>und</strong> aller seiner<br />

einzelnen Teile <strong>zu</strong> sich selbst <strong>und</strong> <strong>zu</strong> allen übrigen <strong>und</strong> <strong>zu</strong>m Ganzen, <strong>und</strong> dieses Ganzen <strong>zu</strong><br />

allen Dingen“ <strong>und</strong> später „Das <strong>Licht</strong> ist an sich schön, weil seine Natur einfach ist, <strong>und</strong> ihm alle<br />

Dinge gleich sind. Darum ist es in höchstem Maß einheitlich <strong>und</strong> in sich durch Gleichheit höchst<br />

harmonisch proportioniert: Schönheit nämlich ist Harmonie der Proportionen.“ 2<br />

Etwa <strong>zu</strong>r selben Zeit schrieb der römisch katholische Kirchenlehrer Thomas von Aquin ein<br />

Ding müsse die folgenden drei Eigenschaften aufweisen um als schön <strong>zu</strong> gelten: integritas<br />

sive perfectio - ein Ding muss alle seine wesentlichen Teile enthalten, debita proportio sive<br />

consonantia - ein Ding muss die richtigen Proportionen seiner Teile aufweisen, <strong>und</strong> claritas -<br />

Klarheit bzw. Reinheit, damit die wesentliche Form durch den Geist des Betrachters scheinen<br />

kann. Diese letztere Bedingung ist eine Referenz auf leuchtende Farben, im Mittelalter vor allem<br />

in Form von Gold <strong>und</strong> Juwelen – die bunten <strong>Licht</strong>spiele der Materialien. Seit der Byzantinik galt die<br />

Farbe als Brücke zwischen der Welt des Geistes <strong>und</strong> der Materie.<br />

1 „Und Gott sprach: Es werde <strong>Licht</strong>! <strong>und</strong> es ward <strong>Licht</strong>.“ Erstes Buch Mose, 1. 3-5<br />

2 Aus Kari Jormakka: Einführung in die Architekturtheorie, Wien 2003, S. 92<br />

5


Nach der Aufklärung, <strong>zu</strong> Beginn der Neuzeit, wird das <strong>Licht</strong> in den westlichen Kulturen<br />

entmystifiziert <strong>und</strong> rationalisiert. Es kommt <strong>zu</strong> einem Paradigmenwechsel: Das <strong>Licht</strong> wird <strong>zu</strong>m<br />

Instrument einer aufklärenden Praxis, <strong>zu</strong> einem Medium der Entzauberung <strong>und</strong> Entlarvung,<br />

mit dem Ziel <strong>Licht</strong> in die gesellschaftlichen <strong>und</strong> naturalen Zusammenhänge <strong>zu</strong> bringen.<br />

Mit gemeinsamer Kraft widmete sich die Wissenschaft nicht <strong>zu</strong>letzt mit Hilfe der neuen<br />

Energiequellen <strong>und</strong> des künstlichen <strong>Licht</strong>s der Durchleuchtung der Welt.<br />

Das erste künstliche <strong>Licht</strong>, das in die Architektur integriert wurde, war das Gaslicht. Wegen<br />

seines hohen Bedarfes an Sauerstoff <strong>und</strong> die beim Verbrennen entstehende Hitze stieß es aber<br />

bald, vor allem im Innenbereich, an seine natürlichen Grenzen. Im Jahr 1879 erfand Thomas Alva<br />

Edison die Glühbirne, ein Jahr später wurde mit der Massenproduktion begonnen. Nach weiteren<br />

zwanzig Jahren waren in den meisten Städten zentrale Elektrizitätswerke errichtet worden, <strong>und</strong><br />

die Glühbirne war für praktisch jeden Privathaushalt verfügbar. Um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende hatte<br />

das elektrische <strong>Licht</strong> das Gaslicht fast gänzlich abgelöst. Als ein paar Jahrzehnte später die<br />

Technologie weit genug entwickelt worden war, um Strom h<strong>und</strong>erte Kilometer weit <strong>zu</strong> leiten,<br />

verschwanden die als unschön <strong>und</strong> gefährlich empf<strong>und</strong>enen Elektrizitätswerke aus den Städten<br />

<strong>und</strong> siedelten sich außerhalb des urbanen <strong>Raum</strong>es an Flüssen, Stauseen <strong>und</strong> Kohlenrevieren<br />

an. Moderne Großkraftwerke konnten damals schon eine ganze Region mit mehreren Städten<br />

versorgen.<br />

Nicht mehr auf das Sonnenlicht <strong>und</strong> seinen Rhythmus angewiesen <strong>zu</strong> sein, bedeutete für den<br />

Menschen gr<strong>und</strong>sätzlich eine enorme Steigerung seiner Produktivität. Die Nacht konnte genutzt<br />

werden. Im letzten Jahrh<strong>und</strong>ert wurden Infrastrukturen geschaffen, die einen Großteil der<br />

bewohnten Teile unseres Planeten mit elektrischer Energie versorgen. Heute sind Elektrizität<br />

<strong>und</strong> künstliches <strong>Licht</strong> in den meisten Ländern der Welt eine Selbstverständlichkeit. Doch die<br />

Aufklärung <strong>und</strong> der Forschritt in weiterer Folge brachten nicht nur <strong>Licht</strong> in die Welt. Denn wo<br />

es <strong>Licht</strong> gibt, gibt es auch Schatten. Der Mensch hat sich von Elektrizität <strong>und</strong> künstlichem <strong>Licht</strong><br />

abhängig gemacht. Ein Stromausfall hat in der heutigen Zeit oft schwerwiegende Konsequenzen.<br />

6<br />

Der Mensch war also schon immer vom <strong>Licht</strong> fasziniert, vielleicht weil er es nie erfassen konnte.<br />

Bis heute ist nicht gänzlich geklärt, was <strong>Licht</strong> eigentlich ist. Es gibt kein naturwissenschaftliches<br />

Modell das ausreicht, um alle Eigenschaften des <strong>Licht</strong>s <strong>zu</strong> beschreiben. Auch in den<br />

Geisteswissenschaften scheiterten alle Versuche das <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong> beschreiben daran, dass es per<br />

se, also in seiner Materialität, nicht wahrgenommen werden kann. Denn das <strong>Licht</strong> zeigt was es<br />

sichtbar macht, aber nie sich selbst. So findet man heute als Definition für den Begriff <strong>Licht</strong> meist<br />

die trockene physikalische Erklärung, das <strong>Licht</strong> sei der sichtbare Teil der elektromagnetischen<br />

Strahlung mit einer Wellenlänge von ca. 380 bis 780 nm.<br />

Auch wenn wir nicht wissen, was das <strong>Licht</strong> nun tatsächlich ist, haben wir dennoch herausgef<strong>und</strong>en<br />

wie man es erzeugen kann. Das künstliche <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> alle darauf basierenden Erfindungen<br />

veränderten das Leben der Menschen wie keine Technologie <strong>zu</strong>vor. Die Abhängigkeit der<br />

Menschen vom Tageslicht wurde weitgehend aufgehoben. Die Nacht konnte <strong>zu</strong>m Tag gemacht<br />

werden. Arbeitszeiten wurden verlängert, das gesellschaftliche Leben verlagerte sich in die<br />

Abendst<strong>und</strong>en.<br />

In der Architektur verursachte das künstliche <strong>Licht</strong> spätestens in der Moderne ein radikales<br />

Umdenken. <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> <strong>Licht</strong> stehen <strong>zu</strong>einander in permanenter Wechselwirkung. Der <strong>Raum</strong><br />

formt das <strong>Licht</strong>, das <strong>Licht</strong> formt den <strong>Raum</strong>. Der neue Lebensstil der Menschen, die Eroberung<br />

der Nacht, verlangte eine neue, erhellte Architektur. Die rapide technische Entwicklung der<br />

Beleuchtungsmedien schuf ständig neue Möglichkeiten für die Baukunst.<br />

In der bildenden Kunst wurde das elektrische <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong> einem neuen Medium. Nachdem die<br />

Materialmalerei die Erkenntnis gebracht hatte, dass ein Kunstwerk nicht nur ein Bild für sich ist,<br />

sondern auch auf seinen Umraum reagiert, wurden <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> <strong>Raum</strong> <strong>zu</strong> den großen neuen Themen<br />

<strong>und</strong> Medien in der Kunst.<br />

7


Catedral de la Seu, Barcelona, fertiggestellt 1448<br />

Tofufa, 2008<br />

8<br />

Beim Planen der gotischen Kathedralen begann man erstmals intensiv über das ästhetische<br />

Verhältnis von <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> <strong>Licht</strong> nach<strong>zu</strong>denken. Es galt Räume <strong>zu</strong> schaffen, die durch spektakuläre<br />

Inszenierung mit Sonnenlicht die Anwesendheit Gottes spürbar machen sollten. Man berief sich<br />

dabei auf die Schriften des heiligen Dionysius Areopagita, der im 5. Jahrh<strong>und</strong>ert sinngemäß<br />

schrieb, dass die göttliche Macht das <strong>Licht</strong> selbst sei, das die Welt erhellt <strong>und</strong> Ursprung <strong>und</strong> Urbild<br />

alles Schönen <strong>und</strong> Wahren auf Erden ist. Die Kirche hatte die Macht des <strong>Licht</strong>s begriffen. Was für<br />

die kleine intellektuelle Elite des Mittelalters bereits ein Medium der Inszenierung war, galt damals<br />

für das weitgehend ungebildete Volk immer noch als heiliges Mysterium.<br />

9


Etienne-Louis Boullée, Entwurf für die Nationalbibliothek, 1785<br />

http://weheartit.com/entry/184890<br />

10<br />

Der französische Revolutionsarchitekt Louis-Etienne Boullée postulierte Ende des achtzehnten<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts in seinem Essay Considerations sur l’importance et l’utilité de l’architecture3 den Satz<br />

„Je fais la lumière” (franz. Ich mache das <strong>Licht</strong>). Damit tritt ins Bewusstsein dass der Architekt<br />

Macht über das <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> seine Effekte hat. Boullée erweiterte damit die klassizistische Dialektik<br />

von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten um ein wirkungsästhetisches Moment <strong>und</strong> schuf so eine neue Perspektive<br />

für die Frage nach dem <strong>Licht</strong> in der Architektur.<br />

3 Etienne-Louis Boullée: Considérations sur l’importance et l’utilité de l’architecture, 1792, Manuskript<br />

11


Etienne-Louis Boullée, Kenotaph für Newton, Entwurfszeichnung, Schnitt: Sternenhimmel in der Kugel, 1784<br />

http://r<strong>und</strong>sicht.wordpress.com/2010/07/14/etienne-louis-boullee/<br />

12<br />

Boullées Entwurf Kenotaph („Ehrenmal“, „Gedenkstätte“) für Isaac Newton aus dem Jahr 1784 gilt<br />

als wegweisender Meilenstein in der Architekturgeschichte. Newton entdeckte im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

unter anderem das Gravitationsgesetz, war Vertreter der Teilchentheorie des <strong>Licht</strong>s <strong>und</strong> erklärte<br />

das Spektrum. Von Newton fasziniert demonstrierte Boullée, dass die Baukunst eine Wissenschaft<br />

ist, die helfen kann, die Gesetze der Natur <strong>zu</strong> erforschen. Der Kenotaph sollte aus einer hohlen,<br />

etwa 150 Meter hohen Kugel bestehen, die auf einem kolossalen r<strong>und</strong>en Ring sitzt. Die Kugel<br />

sollte mit vielen kleineren Öffnungen durchsetzt sein, sodass der Betrachter im Inneren das<br />

Gefühl bekommt den Sternenhimmel <strong>zu</strong> sehen. Boullée verweist auf die Bedeutung des <strong>Licht</strong>s<br />

in Newtons Forschung. Der Entwurf wurde zwar nie umgesetzt, inspirierte aber viele <strong>zu</strong>künftige<br />

Architekten.<br />

13


Postkarte <strong>zu</strong>m Palais de l’Èlectricité im Rahmen der Weltausstellung in Paris, 1900<br />

http://resources21.kb.nl/gvn/POP01/POP01_04223_W.JPG<br />

14<br />

Im Rahmen der Pariser Weltausstellungen in den Jahren 1889 <strong>und</strong> 1900 war die nächtliche<br />

Beleuchtung das zentrale Thema. Vor internationalem Publikum wurden Elektrizitätspaläste als<br />

wirkungsvolle Symbole des Fortschritts, spektakuläre <strong>Licht</strong>experimente <strong>und</strong> Shows, <strong>und</strong> nicht<br />

<strong>zu</strong>letzt der 1889 fertig gestellte Eiffelturm, als illuminiertes Ingenieurskunstwerk, präsentiert.<br />

Der Eiffelturm war in Paris bereits verschrien bevor er errichtet war. Sogar Künstler protestierten<br />

<strong>und</strong> beschimpften das Bauvorhaben als monströs <strong>und</strong> nutzlos. Nach einem Jahr hatten bereits<br />

zwei Millionen Besucher den Turm bestiegen <strong>und</strong> die Einstellung der Bewohner änderte sich<br />

in Positive. Der Eifelturm wurde, vor allem durch Postkarten <strong>und</strong> Fotografien, <strong>zu</strong>m international<br />

bekannten Wahrzeichen der Stadt. Der Turm ermöglichte zwei neue Blicke auf die Stadt: Die<br />

Ansicht beim Betrachten <strong>und</strong> die Aussicht beim Benutzen. Der Eiffelturm prägte nicht nur das<br />

Stadtbild von Paris wie kein anderes Bauwerk, durch den Blick vom Turm erhielt der Besucher<br />

auch eine neue Perspektive auf die ganze Stadt <strong>und</strong> schuf so ungeahnte Möglichkeiten <strong>zu</strong>r<br />

fotografischen Inszenierung.<br />

Das Palais de l’Electricité, ebenfalls in Paris, wurde <strong>zu</strong>r Weltausstellung mit tausenden Glühbirnen<br />

beleuchtet in eine nahe<strong>zu</strong> reine <strong>Licht</strong>erscheinung aufgelöst. Zum ersten Mal verwandelte sich<br />

ein großes Bauwerk in eine <strong>Licht</strong>architektur. Im selben Jahr wurde der Wasserfall im Viktoriapark<br />

von Berlin in farbiges <strong>Licht</strong> getaucht. Durch die Parallelisierung von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> fließendem Wasser<br />

sollten die abstrakten technischen Eigenschaften von Elektrizität sinnlich erfahrbar gemacht<br />

werden. Die Möglichkeiten der Gestaltung mit dem neuen Medium schienen unendlich <strong>zu</strong> sein,<br />

das <strong>Licht</strong> wurde <strong>zu</strong>m zentralen Thema der Gesellschaft.<br />

Die Weltausstellungen blieben auch in den nächsten Jahrzehnten die wichtigsten<br />

Experimentierfelder <strong>und</strong> Präsentationsplattformen der <strong>Licht</strong>spektakel <strong>und</strong> halfen die Entwicklung<br />

des <strong>Licht</strong>s voran<strong>zu</strong>treiben <strong>und</strong> den aktuellen Stand der Wissenschaft <strong>und</strong> Technik ins Bewusstsein<br />

der Menschen <strong>zu</strong> bringen. Viele der eigens geschaffenen Showbauten existierten allerdings<br />

nur für einen kurzen Zeitraum. Bis heute ist nur sehr wenig Dokumentationsmaterial erhalten<br />

geblieben. Die Architekturfotografie wie wir sie heute kennen musste erst noch erf<strong>und</strong>en werden.<br />

15


16<br />

Bruno Taut, Glas Pavillion, Köln, 1914<br />

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Taut_Glass_Pavilion_exterior_1914.jpg<br />

Nach dem ersten Weltkrieg war die Auftragslage für junge Architekten <strong>und</strong> Künstler in<br />

Deutschland <strong>und</strong> Österreich schlecht. Es entstand ein Bündnis der vom Expressionismus<br />

<strong>und</strong> Futurismus geprägten Jugend die gemeinsam utopische Bauten entwarfen, losgelöst<br />

von technischen Vorgaben oder materialspezifischen Eigenschaften. Diese Gruppe trug den<br />

Namen Die gläserne Kette. Mastermind war Bruno Taut (1880 – 1938). Die Mitglieder dieses<br />

geheimb<strong>und</strong>ähnlichen Zusammenschlusses veröffentlichten ihre <strong>Arbeiten</strong> unter Pseudonymen<br />

<strong>und</strong> kommunizierten vor allem per Kettenbrief. Sie publizierten ihre <strong>Arbeiten</strong> in der Zeitschrift<br />

Frühlicht. Einige von ihnen, wie Walter Gropius (1883 - 1969), sollten später namhafte Architekten<br />

werden.<br />

Das Zentrum ihrer Vision war das Glas. Der Mittelpunkt der neuen Städte sollte ein Kristallhaus<br />

sein, symbolisch für die Verknüpfung von Kosmos <strong>und</strong> Erde. Die Spiritualisierung der Architektur<br />

mit ihren kristallinen Utopien entstand aus der Sehnsucht der erschütterten Nachkriegsgeneration<br />

nach Erlösung <strong>und</strong> Frieden. Die Vorstellungen der gläsernen Kette standen am Anfang der<br />

Entwicklung einer transparenten, farbig leuchtenden Architektur des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

17


Erich Mendelsohn, Schocken Department Store, Stuttgart, 1924<br />

http://greaterbuffalo.blogs.com/photos/jn_adamamas/schocken_stuttgart.html<br />

18<br />

Im Jahr 1925 schrieb der Philosoph Ernst Cassirer (1874 - 1945) in seinem Werk Philosophie der<br />

symbolischen Formen über das <strong>Licht</strong>: „Die Entfaltung des mythischen <strong>Raum</strong>gefühls geht überall<br />

von dem Gegensatz von Tag <strong>und</strong> Nacht, von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Dunkel aus“. Für ihn war der Kontrast<br />

von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten eine „physische Gr<strong>und</strong>tatsache“ des Lebens <strong>und</strong> „der innerste Nerv aller<br />

menschlichen Kulturentwicklung“ 4 .<br />

Die Architekten haben die Nacht erst relativ spät für sich entdeckt. In der Literatur wurde die<br />

Mystik der Dunkelheit schon seit vielen Jahrh<strong>und</strong>erten thematisiert, in der Malerei gibt es seit<br />

dem 14. Jahrh<strong>und</strong>ert Nachtdarstellungen, auch in der Musik wurden immer wieder explizit<br />

nächtliche Aufführungen konzipiert. Die Baumeister <strong>und</strong> Architekten begannen erst Ende des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts über das nächtliche Erscheinungsbild ihrer Bauwerke nach<strong>zu</strong>denken. Das liegt<br />

daran, dass erst <strong>zu</strong> dieser Zeit, mit der Einführung der Elektrizität, verlässliche <strong>und</strong> dauerhafte<br />

<strong>Licht</strong>quellen <strong>zu</strong>r Verfügung standen.<br />

Die ersten großen Überlegungen <strong>zu</strong> einer Architektur der Nacht entstanden zeitgleich mit den<br />

Anfängen der klassischen Moderne, die in den 1920er Jahren als umfassender Architekturstil mit<br />

eigenen <strong>Raum</strong>vorstellungen, Konstruktionsweisen, Darstellungsformen <strong>und</strong> Theorien greifbar wird.<br />

Eine der zentralen Anliegen der Moderne war es, das elektrische <strong>Licht</strong> auf<strong>zu</strong>nehmen, <strong>und</strong><br />

insbesondere in den entstehenden Metropolen, wirkungsästhetische Impulse <strong>zu</strong> setzen. Mit<br />

Modernität assoziierte man die Kombination aus Hochhäusern <strong>und</strong> elektrischem <strong>Licht</strong>. Trotz<br />

des technisch-rationalen Zeitgeistes war der Elektrizität <strong>und</strong> ihren Möglichkeiten eine gewisse<br />

Mystifizierung der Architektur <strong>zu</strong><strong>zu</strong>schreiben.<br />

Der deutsche Architekt Erich Mendelsohn (1887 - 1953) sprach sogar von einer sakralen<br />

Bestimmung der neuen Baukunst. Für ihn sollte diese nicht nur die intellektuelle Rationalität des<br />

Maschinenzeitalters widerspiegeln, sie sollte die neue konstruktive Vernunft der Moderne mit<br />

der Sinnlichkeit des organischen Gefühls <strong>zu</strong>sammenführen. Er schrieb dem <strong>Licht</strong> die Macht <strong>zu</strong>,<br />

den greifbaren materiellen <strong>Raum</strong> durch Einsatz der übersinnlichen Masse des <strong>Licht</strong>s <strong>zu</strong> etwas<br />

Unfassbaren, gleichsam Sakralen, <strong>zu</strong> machen. Auch die neue Geschwindigkeit von Eisenbahn,<br />

Automobil <strong>und</strong> Flugzeug trug da<strong>zu</strong> bei, den <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> seine Erschließung <strong>zu</strong>m zentralen Anliegen<br />

der Moderne <strong>zu</strong> machen <strong>und</strong> verlangte nach elektrischem <strong>Licht</strong>.<br />

4 Ernst Cassierer, Philosophie der symbolischen Formen, in: Ders., Gesamelte Werke, hrsg. V. Birgit Recki, Bd. 12, Darmstadt 2002, S. 113.<br />

19


Le Corbusier, Villa Savoye, 1931<br />

ABgs/Iegl9Mg7zQM/villa3.jpg<br />

http://www.strabrecht.nl/sectie/ckv/09/Internationaal/01.07_Le_Corbusier,_Villa_Savoye_Poissy_1929-31,_terrastuin+opgang_dak.jpg<br />

20<br />

Charles-Édouard Jeanneret-Gris, besser bekannt als Le Corbusier (1887 - 1965), gilt als der<br />

einflussreichste Architekt des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts. Er schrieb 1923 in seinem Manifest<br />

Vers une Architecture Architektur sei „das kunstvolle, korrekte <strong>und</strong> großartige Spiel der unter dem<br />

<strong>Licht</strong> versammelten Baukörper“. Erst wenn das <strong>Licht</strong> die reinen Formen umschmeichelt, fingen<br />

diese <strong>zu</strong> Leben an. 5<br />

Unter reinen Formen verstand Le Corbusier die platonischen Körper Würfel, Kugel, Kegel, Zylinder<br />

<strong>und</strong> Pyramide. Er verweist dabei interessanterweise auf die Baukunst der Antike, obwohl Vers<br />

une Architecture eigentlich als Kampfschrift gegen den Historismus <strong>und</strong> den konservativen<br />

Akademismus <strong>zu</strong> sehen war. Er sagte dem Parthenontempel auf der Akropolis in Athen ein<br />

Maximum an Präzision <strong>und</strong> Ausdruckskraft <strong>zu</strong> <strong>und</strong> sprach von „erhabener Empfindung“ <strong>und</strong><br />

„innerer Erregung“, die von diesem Gebäude ausgingen. Für Le Corbusier stellen die platonischen<br />

Körper in ihrer Präzision, formalen Klarheit <strong>und</strong> proportionalen Harmonie das formal-ästhetische<br />

Pendant <strong>zu</strong>r technischen Rationalität der Maschine dar. Ein reines, klares Bild soll direkt <strong>und</strong><br />

kraftvoll die Sinne ansprechen. Doch erst durch das wirkungsästhetische Spiel von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong><br />

Schatten auf den Baukörpern soll diese Präzision sinnlich erfahrbar gemacht werden.<br />

Anfangs erhielt Le Corbusier nur wenige Aufträge als Architekt <strong>und</strong> so beschäftigte er sich<br />

intensiv mit der Malerei des Kubismus. Le Corbusier war Mitbegründer des Purismus, einer<br />

neuen Kunst, die dem Kubismus nachfolgend, für eine rationale Komposition des Bauwerkes aus<br />

elementaren geometrischen Formen bei Vermeidung rein dekorativer Effekte stand. Der damals<br />

neue Stahlbeton, oft in Form von Fertigteilen, prägte das Bild seiner Architekturen.<br />

In seinem Werk Der Modulor (1942) beschreibt Le Corbusier eine revolutionäre Lehre<br />

<strong>zu</strong>r Erstellung von Architektur, die weder auf dem metrischen noch auf dem imperialen<br />

Maßsystemberuhte, sondern einzig <strong>und</strong> allein auf den Proportionen der Dinge <strong>zu</strong>einander. Le<br />

Corbusier sah die Aufgabe des Architekten im Erstellen von zweckmäßigen, funktionalen <strong>und</strong><br />

wirtschaftlichen Entwürfen, stets unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten der Zeit.<br />

Er verzichtete gänzlich auf das Ornament, das den Selbstzweck über die Funktion stellte. Seine<br />

Architekturlehre basiert auf den geometrischen Gr<strong>und</strong>formen des Rechtecks, des Kreises <strong>und</strong> des<br />

Quaders. Damit schuf er eine Formensprache, die das Spiel mit <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten auf eine klare<br />

<strong>und</strong> schlichte Weise sinnlich erfahrbar machte.<br />

5 Le Corbusier, 1923, aus Jörg H. Gleiter: Architekturtheorie heute, Bielefeld 2008<br />

21


La Tourette, historische Aufnahme<br />

badarchitecture.com / La Tourette, © elyullo<br />

Tourette, historische Aufnahmen<br />

22<br />

Im Jahr 1953 wurde Le Corbusier vom Französischen Dominikanerorder <strong>zu</strong>m Bau eines Klosters<br />

in Èveux, in der Nähe von Lyon beauftragt. Acht Jahre später wurden die Bauarbeiten beendet.<br />

Die Klosteranlage war als geschlossener Konvent konzipiert, wurde aber bereits Ende der 1960er<br />

Jahre auf Gr<strong>und</strong> von Nachwuchsmangel in eine Bildungsstätte umfunktioniert. Das Kloster, das<br />

unter dem Namen Sainte-Marie de La Tourette bekannt wurde, steht heute unter Denkmalschutz.<br />

Pater Marie-Alain Couturier, der Priester, der Le Corbusier beauftragte, legte wie alle Katholiken<br />

großen Wert auf einen sensiblen Umgang bei der Umset<strong>zu</strong>ng des christlichen Gedankengutes in<br />

eine Sakralarchitektur. Le Corbusier empfand zwar Faszination für Klöster <strong>und</strong> das Monastische,<br />

glorifizierte aber industrielle Formen <strong>und</strong> so entstand mit dem Kloster eine Architektur mit dem<br />

Zeitgeist der späten klassischen Moderne, die auf traditionelle Elemente sakraler Baukunst<br />

weitgehend verzichtete – <strong>zu</strong>r Enttäuschung des Ordens, der den asketischen Architekturgedanken<br />

Le Corbusiers kaum nachempfinden konnte. Die Reduktion auf das existenzielle Minimum in der<br />

Architektur <strong>und</strong> die Kargheit der massiven Betons sollten eine Erfahrung des absolut Geistigen<br />

ermöglichen.<br />

23


Manfred Zimmermann<br />

24<br />

Le Corbusier - La Tourette: Konvent<br />

Le Corbusier greift dabei mit seiner Tendenz <strong>zu</strong>m existenzialistischen Minimalismus <strong>und</strong><br />

<strong>zu</strong>m Purismus die Idee der <strong>Licht</strong>metaphorik der gotischen Architektur Frankreichs des 12.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts auf („per visibilia ad invisibilia“). Vertikale <strong>Licht</strong>streifen <strong>und</strong> Fenster erinnern an die<br />

Formensprache der gotischen Kathedralen. Die geometrischen Volumina betont Le Corbusier<br />

durch den Einsatz von Farbe and Wänden <strong>und</strong> Decken. Der erzeugte Effekt ist der des Kontrastes,<br />

der die relativ kleinen <strong>Licht</strong>fenster in den großen dunklen Räumen umso kräftiger wirken lässt.<br />

Auf künstliche Beleuchtung, etwa durch Wand- oder Deckenleuchten wird weitgehend verzichtet,<br />

denn das Leben der Mönche richtet sich nach dem natürlichen Rhythmus von Tag <strong>und</strong> Nacht.<br />

25


26<br />

Ludwig Mies van der Rohe:<br />

Hochhaus Friedrichstraße, Entwurf, 1921<br />

http://www.stylepark.com/de/news/nichts-als-plaene/309187<br />

Mies van der Rohe, Neue Nationalgalerie, Berlin.<br />

Foto: Bauhaus Archiv<br />

Ludwig Mies van der Rohe (1886 - 1969) erkannte anlässlich eines Entwurfes für ein<br />

Bürohochhaus in Berlin dass es bei der Verwendung von Glas nicht mehr auf die Wirkung von<br />

<strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten ankommt, sonder dass das neue, glatte <strong>und</strong> transparente Glas seine Qualität<br />

auch im Spiel seiner <strong>Licht</strong>reflexe hatte.<br />

Van der Rohes moderne Tragkonstruktionen aus Stahl ermöglichten eine hohe Variabilität der<br />

Nutzflächen <strong>und</strong> großflächige Verglasungen der Fassaden. Dieses Konzept war so vielseitig<br />

einsetzbar, dass es auf viele seiner Zeitgenossen großen Einfluss ausübte. Viele heutige<br />

Konstruktionsweisen bauen auf seinen Prinzipien auf. Er erkannte das die Hauptaufgabe der<br />

Moderne darin lag die Architekturtheorie neu <strong>zu</strong> formulieren. Er verknüpfte seine Arbeit an die<br />

aktuellen Tendenzen in den Naturwissenschaften, dem Stand der Technik <strong>und</strong> dem Zeitgeist der<br />

Philosophie.<br />

Das Erscheinungsbild eines Gebäudes mit verspielter Fassade reagiert unmittelbar auf seine<br />

Umwelt. Im reflektierenden Glas spiegelt sich seine urbane Umgebung, aber auch der Himmel.<br />

Je nach Sonnenstand <strong>und</strong> Wetter ist der Charakter eines solchen Bauwerkes anders. An einem<br />

sonnigen Tag beispielsweise spiegelt sich der blaue Himmel in der Fassade, das Bauwerk<br />

wird scheinbar aufgelöst. Nach Sonnenuntergang hingegen zeigt es von Innen beleuchtet<br />

starke Präsenz. Je mehr man sich nähert desto detailierter wird das architektonische Spiel mit<br />

Reflektionen, <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten.<br />

27


Mies van der Rohe, Barcelona Pavillon, 1929<br />

http://bauhaus-online.de/atlas/werke/barcelona-pavillon<br />

28<br />

Mies van der Rohes Barcelona-Pavillon im Rahmen der Weltausstellung 1929 in Barcelona<br />

errichtet. Der damals neuartige Bau wurde <strong>zu</strong>r Hauptattraktion der Ausstellung <strong>und</strong> gilt heute<br />

als eines der bedeutendsten Werke der modernen Architektur. Als Deutscher Pavillon diente<br />

er der Selbstdarstellung der Weimarer Republik in der internationalen Öffentlichkeit. Er sollte<br />

durch seine Neuartigkeit <strong>und</strong> Präzision die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie <strong>und</strong> des<br />

Handwerks symbolisieren. Die Architektur zeichnete sich vor allem durch diese beiden Prinzipien<br />

aus: Der “freie Gr<strong>und</strong>riss” befreite Innenwände von ihrer tragenden Funktionen <strong>und</strong> machte<br />

sie <strong>zu</strong> leichten <strong>Raum</strong>teilern <strong>und</strong> Flächen im <strong>Raum</strong>. Der “fließende <strong>Raum</strong>” verband mit seinen<br />

transparenten raumhohen Glaswänden den Wohnbereich mit dem Außenbereich. Das Dach<br />

ruhte auf filigranen Stahlstützen. Dach <strong>und</strong> Wandflächen umschlossen der <strong>Raum</strong> nicht, sondern<br />

definierten nur optische Grenzen <strong>und</strong> ließen räumliche Zusammenhänge offen. Die Verwendung<br />

edelster Materialien wie Onyx doré, grünem Marmor <strong>und</strong> Travertin, verb<strong>und</strong>en mit großen, in<br />

einer Stahlskelettkonstruktion „schwebenden“ Glasfronten, gaben dem Pavillon Transparenz <strong>und</strong><br />

Großzügigkeit.<br />

Die meisten Außenwände des lichtdurchfluteten Gebäudes bestanden aus raumhohen Fenstern.<br />

Ein homogener Fußbodenbelag zog sich stufenlos durch Innen- <strong>und</strong> Außenraum, sodass Innen<br />

<strong>und</strong> Außen fast grenzenlos miteinander verb<strong>und</strong>en waren. Das subtile <strong>Licht</strong>spiel der Reflektionen<br />

in den edlen Oberflächen, wie den polierten Natursteinplatten, verliehen der Architektur<br />

Leichtigkeit <strong>und</strong> Eleganz. Im Pool vor dem Gebäude spiegeln sich Himmel, Bäume <strong>und</strong> die<br />

Architektur selbst.<br />

Der Pavillon wurde gleich nach Ende der Ausstellung abgerissen. Im Jahr1986 rekonstruierte die<br />

Stadt Barcelona das Bauwerk an seiner ursprünglichen Stelle, auch in Berlin auf dem Dach des<br />

Museums für Gegenwartskunst befindet sich ein Nachbau.<br />

29


30<br />

Wiener Rathaus bei Nacht, ca. 1926 6<br />

http://www.v-like-vintage.net/de/foto_details/<br />

6 Fest-Illumination des Wiener Rathauses Aus Anlass der Fertigstellung des elektr. Wasserkraftwerkes in Opponitz,<br />

durch welches sich die Gemeinde Wien von der bisher <strong>zu</strong>r Erzeugung des elektrischen Stromes nötigen Kohlenlieferungen<br />

des Auslandes unabhängig gemacht hat, wurde am Neujahrstage das Wiener Rathaus durch eine eigens hier<strong>zu</strong> geschaffene<br />

Beleuchtungsanlage mit den von Opponitz hergeleiteten Strom festlich illuminiert.<br />

Das herrschende Verhältnis zwischen künstlichem <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Architektur war allerdings <strong>zu</strong><br />

dieser Zeit im Allgemeinen kein harmonisches. Die klassische Moderne stand für Betonung von<br />

Material, Farbe, Form <strong>und</strong> Konstruktion. Der <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> seine Funktion standen im Einklang mit<br />

den natürlichen Einflüssen von außen, allen voran dem Sonnenlicht. Die Planung mit künstlichem<br />

<strong>Licht</strong> zielte aber auf kräftige nächtliche Effekte. Diese waren meist von der Struktur des<br />

Bauwerks losgelöst <strong>und</strong> kein integrierter Bestandteil der Architektur. Besonders schwierig war<br />

es, Webetafeln <strong>und</strong> Schriftzüge in die strenge Architektur auf harmonische Weise <strong>zu</strong> integrieren.<br />

Nur in seltenen Fällen gelang dies, <strong>und</strong> so waren Leuchtreklamen oft losgelöste, verspielte<br />

Elemente. Viele Theoretiker interpretierten den phantasievollen Einsatz von künstlichem <strong>Licht</strong> als<br />

die Befriedung der Sehnsucht nach einem sinnlichen Gegenpol <strong>zu</strong>r Strenge <strong>und</strong> Nüchternheit der<br />

Moderne.<br />

“Im Ganzen wird man sagen können, dass nun das <strong>Licht</strong> als lebendige, bewegliche Macht die<br />

eigentliche Wirkung der nächtlichen Stadt geworden ist <strong>und</strong> fast von Tag <strong>zu</strong> Tag mehr wird.<br />

[…] Es bleibt […] noch Unendliches als Möglichkeit für die Zukunft übrig: ein wahrer Taumel<br />

des <strong>Licht</strong>es, dem kein erträumter Glanz aus alten Märchen gleichkommt, wird die Großstadt<br />

der Zukunft erhellen. […] eine durchaus phantastische Welt, die im Entstehen ist, ein Reich,<br />

an dem sich die Unzerstörbarkeit, ja die ungebrochene Entwicklungsfähigkeit lebendigster<br />

Kräfte gegenüber der Nüchternheit des zweckhaften Lebens aufs Neue beweist.” 7<br />

Mit der Elektrifizierung veränderte sich das Bild der Städte. Wichtige Straßen wurden beleuchtet<br />

<strong>und</strong> luden so <strong>zu</strong> nächtlichen Spaziergängen ein. Man illuminierte die Fassaden der Prunkbauten.<br />

So wurden Reliefe hervorgehoben <strong>und</strong> Kontraste erzeugt, was die Fassaden noch eindrucksvoller<br />

erscheinen ließ. Schaufenster erstrahlten, die Geschäfte bewarben so ihre Produkte auch<br />

außerhalb der Geschäftszeiten. Das Nachtbild eines Gebäudes wurde ebenso bedeutsam wie<br />

seine Erscheinung tagsüber. Die Nachtfassade erlangte eine ebensogroße Bedeutung wie die<br />

Fassade tagsüber.<br />

7 Walter Ziegler, 1927 aus Marion Ackermann <strong>und</strong> Dietrich Neumann: Leuchtende Bauten, Stuttgart 2006, S. 26<br />

31


32<br />

Berlin im <strong>Licht</strong>, 1928<br />

In den 1920er Jahren wurde die nächtliche Illumination <strong>zu</strong>m zentralen Thema. Architekten<br />

suchten nach avantgardistischen technischen <strong>und</strong> ästhetischen Lösungen. Dabei lassen sich<br />

insbesondere vor dem zweiten Weltkrieg wesentliche Unterschiede zwischen amerikanischer<br />

<strong>und</strong> europäischer Architekturillumination feststellen. Die Wolkenkratzer in den USA verlangten<br />

nach anderen effektvollen Beleuchtungen als die relativ niedrigen, historisch gewachsenen<br />

europäischen Innenstädte.<br />

Gegen Ende der 1920er Jahren erreichte die Debatte um die <strong>Licht</strong>architektur ihren ersten<br />

Höhepunkt. Die klassische Moderne wurde als umfassender Architekturstil mit eigenen<br />

<strong>Raum</strong>vorstellungen, Konstruktionsweisen, Darstellungsformen <strong>und</strong> Theorien greifbar. Es<br />

wurden zahlreiche Überlegungen <strong>zu</strong>m gezielten Einsatz von elektrischem <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong>r Betonung<br />

von Konstruktion, Material, Form, Funktion <strong>und</strong> <strong>Raum</strong> angestellt. Das künstliche <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> das<br />

nächtliche Bild der Architektur stellte eine Möglichkeit dar, der neuen Sachlichkeit der Moderne<br />

fantasievoll entgegen<strong>zu</strong>wirken. Die Beleuchtungsindustrie mit ihrem gigantischen Reklameapparat<br />

wirkte als Katalysator.<br />

Gebäude wurden erstmals ganz <strong>zu</strong> Gunsten ihrer Beleuchtung geplant. So wurde in diesen Fällen<br />

der Gedanke des nächtlichen <strong>Licht</strong>bildes wichtiger als die eigentliche Funktion der Architektur<br />

selbst. Man sprach von einer Richtungsweisung in die Zukunft einer reinen <strong>Licht</strong>architektur. Im<br />

Jahr 1928 wurden im Rahmen der viertägigen Veranstaltung Berlin im <strong>Licht</strong> zahlreiche öffentliche<br />

Bauten <strong>und</strong> Firmengebäude in der ganzen Stadt temporär illuminiert. Es war das bislang größte<br />

<strong>Licht</strong>spektakel im städtischen <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> stellt den ersten Höhepunkt der <strong>Licht</strong>architektur in<br />

Deutschland dar.<br />

33


34<br />

Die Tillergirls in der Haller-Revue, 1926<br />

Doch nicht nur im Außenbereicht veränderte sich das Bild der Städte. Das künstliche <strong>Licht</strong><br />

verlagerte des gesellschaftliche Leben in die Abendst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> schuf völlig neue Möglichkeiten<br />

für das Theater <strong>und</strong> die Oper. Bereits 1802 gelang es dem Pariser Étienne Gaspard Robertson<br />

(1763 - 1837) öffentlich den ersten künstlichen Blitz <strong>zu</strong> zeigen. Ein Jahr später erzeugte man<br />

für Meyerbeers Oper „Der Prophet“ eine künstliche Sonne <strong>zu</strong>r Erleuchtung der Bühne. Michäl<br />

Faraday (1791 - 1867) gelang es Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts ein traditionell weiß gekleidetes<br />

Ballettensemble mit extrem starken Scheinwerfern auf der Bühne in allen Regenbogenfarben<br />

erstrahlen <strong>zu</strong> lassen.<br />

Die dimmbaren <strong>und</strong> somit dynamischen Metalldrahtlampen waren eine Revolution in der<br />

Bühnentechnik. Mit ihrer Hilfe konnten auf der Bühne alle erdenklichen auf das Bühnenbild<br />

abgestimmten <strong>Licht</strong>stimmungen erzeugt werde. Die Kulissenmalerei trat in den Hintergr<strong>und</strong>. Das<br />

gemalte Bild wurde durch das projizierte <strong>Licht</strong>bild fast gänzlich ersetzt. Ein weiterer Nutznießer der<br />

neuen Technik waren die Revuen, die <strong>zu</strong> dieser Zeit ihre Blüte erlebten.<br />

35


36<br />

Times Square bei Nacht, New York, 1928<br />

Fotografie <strong>und</strong> Film spielten eine wesentliche Rolle im Dokumentationsprozess dieser ersten<br />

Architekturbeleuchtungen. Tag- <strong>und</strong> Nachtfassaden eines Bauwerkes verhalten sich oft in einem<br />

Positiv – Negativ Verhältnis. Tagsüber erscheint der Baukörper in seinem vollen Volumen inszeniert<br />

durch Sonnenlicht <strong>und</strong> Schatten. Die Fassade strahlt, die Fenster sind dunkel. Nachts erstrahlen die<br />

Fenster <strong>und</strong> die Mauern verschwinden. Durch den gezielten Einsatz von Architekturlicht kann man<br />

in der Nacht eindrucksvolle Effekte an der Fassade erzeugen. Durch Betonungen <strong>und</strong> das Spiel<br />

von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Schatten im Streiflicht der Architekturscheinwerfer werden die Fassadenornamente<br />

hervorgehoben <strong>und</strong> erhalten eine grafische Qualität. Beim Fotografieren bestimmen Perspektive,<br />

<strong>Licht</strong>verhältnisse <strong>und</strong> Belichtungszeit, Witterung <strong>und</strong> Ausschnitt maßgeblich die entstehende<br />

Aufnahme. Das fotografische Abbild <strong>und</strong> der optische Eindruck des nächtlichen Besuchers<br />

sind niemals identisch. Bei gemalten oder gezeichneten Ansichten ist der Eingriff des Künstlers<br />

offensichtlich. Die Architekturfotografie hingegen ist ein scheinbar objektives Medium. Doch der<br />

künstlerische Blick <strong>und</strong> die Zielset<strong>zu</strong>ngen des Fotografen beeinflussen das Architekturabbild<br />

maßgeblich, <strong>zu</strong> Gunsten oder <strong>zu</strong> Ungunsten des Bauwerks. Durch bestimmte fotografische Stilmittel<br />

können Stimmung <strong>und</strong> Atmosphäre im Foto gezielt erzeugt werden. Mittels Überbelichtung<br />

beispielsweise erscheint das <strong>Licht</strong> der Leuchtreklamen strahlend, <strong>und</strong> die Umgebung heller als mit<br />

dem menschlichen Auge wahrgenommen.<br />

Um 1900 entstand das Genre der nächtlichen Stadtfotografie. Es trug wesentlich da<strong>zu</strong> bei, dass<br />

moderne Städte wie New York oder Paris als illuminierte Metropolen Weltruhm erlangten. Die große<br />

Herausforderung im Fotografieren der damaligen Zeit bestand darin einerseits einen unverbauten<br />

Blick auf die Gebäude <strong>zu</strong> bekommen, andererseits trotz der langen Belichtungszeiten ein scharfes<br />

Bild <strong>zu</strong> machen. Mit dem damaligen Equipement war das viel schwieriger als heute. Es wurde<br />

viel experimentiert <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> der langen Belichtungszeiten mit Mehrfachüberblendungen<br />

gearbeitet. Das war das erste Experimentierfeld der gezielt manipulierten Fotografie. Die kollektive<br />

Wahrnehmung der amerikanischen Großstädte wurde durch die eindrucksvoll inszenierten Nightscapes<br />

(Nachtaufnahmen) der 1920er <strong>und</strong> 1930 Jahre maßgeblich geprägt. Diese waren in zahlreichen<br />

Filmen <strong>zu</strong> sehen. Zu dieser Zeit herrschte in Österreich eine große Amerikafaszination, die sich kulturell<br />

verwurzelte. Amerika galt als gelobtes Land des Wohlstandes, des Fortschritts <strong>und</strong> der Freiheit. Man<br />

begann eine Vielzahl amerikanischer Waren <strong>zu</strong> importieren, die hier<strong>zu</strong>lande früher unbekannt oder<br />

geächtet waren: Luftbefüllte Autoreifen, leicht bekleidete Tiller–Girls, Jazzmusik, Boxkämpfe <strong>und</strong><br />

diverse andere Kulturprodukte, allen voran der Hollywoodfilm als Transfermedium des Amerikanischen<br />

Traumes mit seinen stetig wachsenden Hochhäusern als Sinnbild für eine fortschrittliche Gesellschaft.<br />

Amerikabilder generierten sich in Österreich vor allem über das <strong>Licht</strong> auf den Kinoleinwänden.<br />

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38<br />

Kurfürstenfamm Berlin bei Nacht, 1958<br />

http://verkehrskanzel.de/gallery/photos_so<strong>und</strong>/<br />

Etwa <strong>zu</strong>r gleichen Zeit erklärten die Surrealisten in Paris die nächtliche Stadt <strong>zu</strong>r Inspirationsquelle.<br />

Sie begaben sich auf die Suche nach den verborgenen, unheimlichen Orten der Stadt. Neben der<br />

Kunst des Surrealismus entstehen zahlreiche Bildbände mit fotografischen Aufnahmen der Stadt.<br />

In Deutschland wird im expressionistischen Film Berlin im <strong>Licht</strong>- <strong>und</strong> Schattenspiel als bedrohliche<br />

Stadt gezeigt. Im Film dient die nächtliche Stadt immer wieder als Kulisse für die Szenen in der<br />

Unterwelt. Für die Politik eröffneten die neuen Foto- <strong>und</strong> Filmtechniken ungeahnte Möglichkeiten<br />

der Propaganda. Insbesondere <strong>zu</strong>r Zeit der Weimarer Republik (1919 – 1933) entwickelte man in<br />

Deutschland eine neue charakteristische Bilder- <strong>und</strong> Formensprache. Nach 1933 kommt es rasch<br />

<strong>zu</strong> einer Instrumentalisierung der neuen Medien, aber auch <strong>zu</strong> einer Popularisierung, da Kameras<br />

wurden für jedermann immer erschwinglicher wurden.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg wendete sich der Blick der Fotografen von den Innenstädten ab<br />

<strong>und</strong> wanderte in die Vororte. Die Innenstädte waren zerstört, für eine ansehnliche Beleuchtung<br />

im öffentlichen <strong>Raum</strong> fehlte es an Geld. Was einst in den zwanziger Jahren geschaffen wurde,<br />

musste nun mühsam wieder aufgebaut werden. Der Lebensstandard war drastisch gesunken.<br />

Die Künstler wendeten sich anderen Genres <strong>zu</strong>, flüchteten <strong>zu</strong>rück in die Landschaftsmalerei oder<br />

wandten sich der gegenständlichen Kunst gänzlich ab. Nur sehr wenige Fotografen interessierten<br />

sich für die Dokumentation der zerstörten Städte <strong>und</strong> ihres Wiederaufbaus. Die nächtlichen<br />

Stadtlandschaften wurden erst Ende der 1950er Jahre wieder Gegenstand von Fotografie <strong>und</strong><br />

Malerei.<br />

39


40<br />

Reichsparteitag 1936 - <strong>Licht</strong>dom um das Nürnberger Zeppelinfeld<br />

Auch im Krieg machte man sich das künstliche <strong>Licht</strong> in Form des Scheinwerfers <strong>zu</strong> Nutzen.<br />

Einerseits <strong>zu</strong>m Aufspüren <strong>und</strong> Beleuchten des Feindes, andererseits <strong>zu</strong>r Inszenierung des Krieges.<br />

Im Zweiten Weltkrieg wurde der nächtliche Himmel über den großen Städten mit einem dichten<br />

Netz von Flakscheinwerfen ausgeleuchtet, um die Luftangriffe des Gegners <strong>zu</strong> blenden <strong>und</strong> den<br />

Feind sichtbar <strong>zu</strong> machen. Schon während des Ersten Weltkriegs wurde die Ausleuchtung des<br />

Himmels als neue schreckliche Erfahrung bereits Thema der Künste. Im Nationalsozialismus<br />

wurde der „heilige Effekt“ des von oben herabstrahlenden <strong>Licht</strong>s umgekehrt: Es wurde <strong>zu</strong>m<br />

Himmel empor gestrahlt.<br />

Der <strong>Licht</strong>dom von Albert Speer war die bisher größte raumschaffende Gestalt, die aus<br />

elektrischem <strong>Licht</strong> geschaffen wurde. Speer selbst bezeichnete den <strong>Licht</strong>dom wiederholt als<br />

seine schönste <strong>und</strong> bedeutendste Idee. Er verweist auf den Ritualcharakter der Parteitage,<br />

die im Inneren seiner <strong>Licht</strong>architektur stattgef<strong>und</strong>en haben. Albrecht W. Thöne beschrieb in<br />

seinem 1979 erschienenen Text Das <strong>Licht</strong> der Arier. <strong>Licht</strong>-, Feuer- <strong>und</strong> Dunkelsymbolik des<br />

Nationalsozialismus den <strong>Licht</strong>dom als “eindrucksvollstes <strong>und</strong> originellstes Sakralsymbol der<br />

nationalen Gläubigkeit”. Die massenpsychologische Wirksamkeit der nationalsozialistischen <strong>Licht</strong>-,<br />

Feuer- <strong>und</strong> Dunkelsymbolik erklärte sich der Autor mit dem bewussten Rekurs der Propaganda<br />

auf allgemeine „heidnische, biblische, kirchliche sowie neuere geistes- <strong>und</strong> kulturgeschichtliche<br />

Erlebnistraditionen“. 8<br />

8 „Merkwürdig berührt mich der Gedanke, dass die gelungenste architektonische Schöpfung meines Lebens eine Chimäre<br />

ist, eine immaterielle Erscheinung.“ Speer, Tagebücher, 1975, S. 637 aus “Die Schriften Paul Scheerbarts <strong>und</strong> der <strong>Licht</strong>dom von Albert<br />

Speer – Das grosse <strong>Licht</strong>“ Anne Krauter, Basel, 1997<br />

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2010-2012.com<br />

Foto: 2010-2012.com<br />

42<br />

Shibuya, Tokio, 2011<br />

The Strip, Las Vegas, 2010<br />

Heute zählt <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong> den wichtigsten <strong>und</strong> <strong>zu</strong>kunftsweisenden Gestaltungsmittel der modernen<br />

Architektur. Durch gezielte Mischung von Tageslicht <strong>und</strong> künstlichem <strong>Licht</strong> erhalten Räume<br />

<strong>und</strong> Gebäude eine neue Qualität. Die Wichtigkeit einer durchdachten <strong>Licht</strong>planung <strong>und</strong> die<br />

Möglichkeiten der modernen Beleuchtungstechnologie rücken immer mehr in das Bewusstsein<br />

der Bauherren, Architekten <strong>und</strong> Städteplaner. Ein eindrucksvolles <strong>Licht</strong>design ist heute oft<br />

fixer Bestandteil prestigeträchtiger Architekturprojekte. Prachtvolle nächtliche Inszenierungen<br />

haben außerdem eine hohe Medienwirksamkeit. Die Nachtbilder der Metropolen sind <strong>zu</strong><br />

unverwechselbaren Wahrzeichen geworden. Als mediale Statussymbole repräsentieren sie<br />

Reichtum <strong>und</strong> Fortschritt <strong>und</strong> sind außerdem ein Spiegelbild der urbanen Kultur.<br />

Die Beleuchtung des öffentlichen <strong>Raum</strong>s stellt allerdings oft eine große Herausforderung dar.<br />

Dabei sind ökonomische, ökologische, ergonomische, funktionale <strong>und</strong> ästhetische Aspekte <strong>zu</strong><br />

berücksichtigen. Besonders schwierig ist es die richtige Balance zwischen <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Dunkelheit<br />

<strong>zu</strong> finden. Einerseits gilt es dunkle Zonen <strong>zu</strong> vermeiden, da sie oftmals als bedrohlich empf<strong>und</strong>en<br />

werden, andererseits wirkt auch eine übermäßige Bespielung mit <strong>Licht</strong> störend. Während man<br />

Anfangs nur wenige Repräsentationsbauten wie Kirchen <strong>und</strong> Schlösser beleuchtete, werden<br />

heute praktisch alle wichtigen Zonen des öffentlichen <strong>Raum</strong>es, des Verkehrs <strong>und</strong> des Konsums,<br />

mit <strong>Licht</strong> bespielt <strong>und</strong> inszeniert.<br />

Die markantesten Elemente des modernen nächtlichen Stadtbildes sind heute große<br />

Medienbildschirme, so genannte Screens. Auf diesen werden in erster Linie kurze<br />

Werbesequenzen oder Nachrichten gezeigt. Durch die neuen Entwicklungen im Sektor der LED<br />

Technologie ist es möglich Screens <strong>zu</strong> bauen, die so lichtstark sind, dass sie auch untertags<br />

effektvoll eingesetzt werden können. Bereits in den dreißiger Jahren findet man Filmprojektionen<br />

im öffentlichen <strong>Raum</strong> als Vorläufer dieser Idee. Mittlerweile können ganze Fassaden als Displays<br />

oder Screens verwendet werden. Diese technischen Möglichkeiten werfen heute erneut die Frage<br />

nach der Integration von Werbung in die Architektur auf. Es ist möglich Fassaden <strong>zu</strong> bauen, die<br />

gänzlich ein digitaler Bildschirm sein können. Wie man diese Medienfassaden einordnen soll, ist<br />

unklar. Werbung, Architektur <strong>und</strong> Kunst verschmelzen hier. In vielen Fällen ist sogar unklar ob<br />

diese „digitale Architektur“ unter die Baugesetze oder die Vorschriften für Plakatwerbung fällt. Die<br />

Grenzen zwischen Simulation <strong>und</strong> Wirklichkeit beginnen sich auf<strong>zu</strong>lösen. Manche Architekturen<br />

dienen als den Bildschirm tragende Struktur, der Bildschirminhalt wird <strong>zu</strong>m Gebäudeinhalt.<br />

Das elektrische <strong>Licht</strong> hat im urbanen <strong>Raum</strong> die Grenzen zwischen Kunst <strong>und</strong> Kommerz, Technik<br />

<strong>und</strong> Utopie, Verführung <strong>und</strong> Unterhaltung aufgelöst. Die Idee, das <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong>m zentralen Formgeber<br />

der Architektur <strong>zu</strong> machen, ist nach etwa einem Jahrh<strong>und</strong>ert Wirklichkeit geworden.<br />

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44<br />

Agbar Tower, Barcelona<br />

Architekt Jean Nouvel, 2005<br />

Priska02<br />

Burj Khalifa, Dubai<br />

Das derzeit hächste Gebäude der Welt (828m),<br />

fertiggestellt 2011. Architekt Adrian Smith<br />

malaysianwings.com<br />

Uniqa Tower, Wien, 2004<br />

Architekten Neumann + Partner<br />

Vreni, 2011<br />

Allianz Arena, München, 2005<br />

Architekten Herzog & de Meuron<br />

Nikolaus2001at, 2010<br />

45


Die Erde bei Nacht, Kompositaufnahme aus Satellitenbildern, 2007<br />

Skyline <strong>und</strong> <strong>Licht</strong>verschmut<strong>zu</strong>ng in Hongkong, 2008<br />

46<br />

„In den letzten 30 Jahren nahm die nächtliche Beleuchtung rapide <strong>zu</strong>, denn mehr <strong>Licht</strong> ist mit<br />

Werten wie Wohlstand, Sicherheit oder Modernität besetzt. Und durch die Globalisierung leben<br />

wir mehr <strong>und</strong> mehr in einer 24-St<strong>und</strong>en-Gesellschaft. Das erreichen wir durch künstliches <strong>Licht</strong>”,<br />

erklärt der Berliner Leibniz-Forscher Franz Hölker, der die negativen Folgen der <strong>zu</strong>nehmenden<br />

Beleuchtung erforscht, in einer TV Dokumentation. Das nächtliche Sternenbild verschwand fast<br />

gänzlich aus den Städten. Durch Staub <strong>und</strong> Feuchtigkeit in der Luft wird das <strong>Licht</strong> über der Stadt<br />

gestreut, es verteilt sich diffus <strong>und</strong> trübt den Blick auf das Firmament. Es wird eine künstliche<br />

Dämmerung geschaffen, die die ganze Nacht lang anhält. Man spricht von <strong>Licht</strong>verschmut<strong>zu</strong>ng.<br />

Doch dieses Problem ist nicht nur ein rein ästhetisches. Auch die Natur leidet unter exzessiver<br />

nächtlicher Beleuchtung. Zugvögel werden in die Irre gelockt, Nachtfalter <strong>und</strong> andere<br />

Insekten werden von den heißen <strong>Licht</strong>quellen angelockt <strong>und</strong> verbrennen, die innere Uhr des<br />

Menschen wird gestört. Durch den Mangel an Schlaf wird das Immunsystem gestört <strong>und</strong> die<br />

Anfälligkeit für Krankheiten erhöht. Das größte Problem sind jedoch Energieverbrauch <strong>und</strong><br />

Kohlendioxidemmisionen. Der Treibhauseffekt, die Ölknappheit, der stetig wachsende Konsum <strong>und</strong><br />

der damit verb<strong>und</strong>ene Rohstoffverbrauch sind bekannte Probleme, die <strong>zu</strong>künftige Generationen<br />

über kurz oder lang schwer treffen werden. So spektakulär oder kitschig - das liegt im Auge des<br />

Betrachters - die neuen illuminierten Städte auch sein mögen, Bauherrn <strong>und</strong> Architekten sollten<br />

beim Planen solcher Projekte stets an langfristigen Konsequenzen denken. Besonders wichtig ist<br />

effiziente Leuchtmittel mit geringem Energieverbrauch <strong>zu</strong> verwenden.<br />

Die LED Technologie gilt hier als der größte Hoffnungsträger. Durch die sparsamen Leuchtdioden<br />

soll es in Zukunft möglich sein, den Energieverbrauch der Städte nachhaltig <strong>zu</strong> reduzieren ohne<br />

auf eine eindrucksvolle Beleuchtung verzichten <strong>zu</strong> müssen. Zurzeit sind leistungsstarke LEDs<br />

allerdings noch sehr teuer, <strong>und</strong> auch das <strong>Licht</strong>spektrum der Leuchtdioden ist noch nicht so breit<br />

wie das anderer Leuchtmittel. Doch die Entwicklung in diesem Sektor wird rasch vorangetrieben,<br />

die LED ist zweifellos das Leuchtmittel der Zukunft.<br />

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48<br />

Las Vegas Sign bei Nacht<br />

Feldstudie: The Strip, Las Vegas<br />

Während meines Studiums stieß ich auf das Buch Learning From Las Vegas, das 1972 von der<br />

Architektengruppe Denise Scott Brown, Robert Venturi <strong>und</strong> Steven Izenour verfasst wurde.<br />

Das Werk behandelt die Architektur am Strip, der Hauptstraße von Las Vegas. Unter anderem<br />

werden hier zwei Themen behandelt die sich analytisch mit künstlichem <strong>Licht</strong> im urbanen <strong>Raum</strong><br />

befassen. Einerseits wird auf das nächtliche Stadtbild des Entertainmenteldorados eingegangen,<br />

andererseits setzen sich die Autoren mit der psychischen Wirkung der künstlichen Welt im Inneren<br />

der Hotelcasinos auseinander. Im inneren der Megabauten wird die Nacht mittels künstlichem<br />

<strong>Licht</strong> völlig verdrängt. Die Entertainement- <strong>und</strong> Glückspiellokale der Stadt haben r<strong>und</strong> um die Uhr<br />

geöffnet, der Besucher soll das Gefühl für Zeit verlieren. Ich beschloss Las Vegas <strong>zu</strong> besuchen,<br />

um die Thesen der Autoren auf Ihre Gültigkeit in der Gegenwart <strong>zu</strong> überprüfen, sowie eigene<br />

Erfahrungen an diesem Ort der Extremen <strong>zu</strong> sammeln.<br />

Ich fuhr an einem heißen Juli Nachmittag mit einem Mietwagen von Flagstaff durch die Wüste<br />

Nevadas nach Las Vegas. Bereits mehrere Autost<strong>und</strong>en vor der Stadt werden an auf haushohen<br />

Werbetafeln die Hotelcasinos beworben. Weiters gibt es Werbung für Hubschrauberr<strong>und</strong>flüge,<br />

Abenteuerhochzeiten, diverse Freizeitaktivitäten, Shows <strong>und</strong> Eigenwebung von Anwälten, die einem<br />

im Falle eines Verkehrsdelikts wegen Trunkenheit am Steuer verteidigen wollen. Wie ich beobachten<br />

konnte tendieren viele Autofahrer auf dem Weg nach Las Vegas da<strong>zu</strong> das Tempolimit radikal <strong>zu</strong><br />

überschreiten. Der Resultat der Vorfreude, aber auch der unerträglichen Hitze. Trotz Klimaanlage<br />

ist die Fahrt durch die Wüste nahe<strong>zu</strong> unerträglich. Las Vegas’ eigener Radiosender sorgte für<br />

Ablenkung <strong>und</strong> stimmte mich mit Popmusik <strong>und</strong> unterhaltsamer Werbung auf die Stadt ein.<br />

Kurz vor der Stadt verwandelt sich die schmale, desolate Interstate in einen vierzehnspurigen<br />

Highway. Las Vegas ist eine zwei Millionen Metropole, die durch nur vier B<strong>und</strong>esstraßen<br />

erschlossen wird. Das Navigationsgerät leitet mich durch mehrgeschossige Verkehrsknoten <strong>zu</strong>r<br />

Ausfahrt. Der Stadtrand von Las Vegas weist die für amerikanische Vorstädte typischen Strukturen<br />

auf. Shops, Tankstellen, Fastfoodrestaurants <strong>und</strong> niedrige Wohnblocks wechseln sich ab. Die<br />

sechs bis zwölfspurigen Hauptsraßen sind meist nach den großen Hotels benannt <strong>zu</strong> denen sie<br />

führen. Das Herz von Las Vegas ist der Las Vegas Boulevard, auch bekannt als The Strip, der von<br />

Norden nach Süden die großen Hotels miteinander verbindet.<br />

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Der Strip tagsüber<br />

50<br />

Der Strip kurz nach Sonnenuntergang.<br />

51


Fremont Street, Down Town Las Vegas<br />

://wp.casinoguide.com<br />

52<br />

Tagsüber ist der Strip wie ausgestorben. Die Hitze macht es fast unmöglich, sich <strong>zu</strong> Fuß durch die<br />

Stadt <strong>zu</strong> bewegen. Die meisten Besucher schlafen oder erholen sich untertags von den langen<br />

Nächten. Doch der Betrieb in den Casinos läuft r<strong>und</strong> um die Uhr. Wer sich länger in Las Vegas<br />

aufhält, <strong>und</strong> sich in die Welt der Unterhaltung <strong>und</strong> des Glückspiels wirft, der verliert das Gefühlt für<br />

Tag <strong>und</strong> Nacht. Im historischen Kern der Stadt, der Fremont Street wurde die größte LED Screen<br />

Anlage der Welt errichtet. Als gigantisches Dach bedeckt sie die gesamte Straße <strong>und</strong> bildet einen<br />

künstlichen medialen Himmel, der die Nacht <strong>zu</strong>m Tag macht.<br />

53


Spielhalle im NewYork NewYork<br />

54<br />

Am Strip, dem neuen Zentrum der Stadt, sind die meisten neuen Hotels unterirdisch miteinander<br />

verb<strong>und</strong>en, sodass die Besucher nicht ins Freie müssen um sich durchs Zentrum der Stadt<br />

<strong>zu</strong> bewegen. Die Foyers der Hotelcasinos sind taghell erleuchtet <strong>und</strong> mit Musik bespielt. Die<br />

Tageslichtqualität der <strong>Raum</strong>beleuchtung <strong>und</strong> das grelle <strong>Licht</strong> der Screens <strong>und</strong> Automaten<br />

verlangsamt den Ermüdungsprozess der Besucher <strong>und</strong> verlängert somit die Aufenthaltsdauer<br />

in den Casinos. Die labyrinthartigen Innenräume <strong>und</strong> der Außenraum von Las Vegas sind streng<br />

von einander getrennt. Nirgendwo dringt Tageslicht in die Spielhallen, nirgendwo gibt es einen<br />

Fließenden Übergang von Gebäude <strong>und</strong> Außenraum. Die Ausgänge der riesigen Bauten sind<br />

verhältnismäßig klein <strong>und</strong> unscheinbar, so dass der Besucher im Netzwerk der Casinoanlagen<br />

schnell an <strong>Raum</strong>- <strong>und</strong> Zeitgefühl verliert.<br />

St<strong>und</strong>enlang flanierte ich selbst tagsüber durch Casinos, Hotellobbys, Entertainement- <strong>und</strong><br />

Shoppingmalls, Foodcourts <strong>und</strong> Bars, ohne dabei das Sonnenlicht <strong>zu</strong> sehen. Als Besucher<br />

empfängt man hier so viele Reize, dass der Körper permanent Adrenalin ausschüttet. Musik,<br />

<strong>Licht</strong>effekte <strong>und</strong> die unzähligen Menschen geben einen das Gefühl auf einer niemals endenden<br />

Party <strong>zu</strong> sein. Ständig gibt es neues <strong>zu</strong> Entdecken, hinter jeder Ecke warten Überraschungen,<br />

Sensationen, Effekte. Es fiel mir schwer einen Abend in Las Vegas <strong>zu</strong> beenden, schließlich wollte<br />

ich nichts versäumen.<br />

Die Innenräume von Vegas sind in der Tat zeitlos. Das <strong>Licht</strong> ist immer gleich. Auch der <strong>Raum</strong> ist<br />

scheinbar aufgelöst. Die raffinierte Antiarchitektur-Beleuchtung blendet räumliche Grenzen aus.<br />

Wände <strong>und</strong> Decken sind entweder verspiegelt oder absorbieren <strong>Licht</strong>. <strong>und</strong> sind so kaum sichtbar.<br />

Die bunt glühenden Spielautomaten <strong>und</strong> Tische selbst bilden aneinandergereiht Räume <strong>und</strong> Orte.<br />

55


Blackjack Tisch mit virtuellem Croupier im MGM<br />

Die Spielräume selbst sind relativ dunkel <strong>und</strong> angenehm temperiert. Das schwache <strong>Licht</strong><br />

erzeugt ein Gefühl von Privatheit, Geschütztsein, Konzentriertheit <strong>und</strong> Kontrolle. In den meisten<br />

Lokalen darf noch geraucht werden. Der Zigarettenrauch in der Luft unterstützt die typische<br />

Casino - Atmosphäre. Die Rezeptionen der Hotels sind versteckt, eben so der An- <strong>und</strong><br />

Abreisepersonenverkehr. Der Besucher soll nicht daran erinnert werden, dass sein Aufenthalt nur<br />

vorübergehend ist.<br />

Die Casinos in Las Vegas gelten in der Architekturtheorie als Archetyp für öffentliche<br />

Innenräume. Um Bau- <strong>und</strong> Energiekosten insbesondere für Lüftung Kühlung gering <strong>zu</strong> halten,<br />

baute man in die Fläche <strong>und</strong> hielt die <strong>Raum</strong>höhe gering. In manchen kleineren Hallen kann<br />

man mit ausgestrecktem Arm die Decke berühren. In dunklen Räumen mit den grellen bunten<br />

Spielautomaten befindet sich der Besucher stets in einem Horizont aus <strong>Licht</strong>ern, der an das<br />

nächtliche Stadtbild einer Großstadt erinnert.<br />

Als besondere Kuriosität fiel mir ein Black Jack Tisch mit virtuellem Croupier auf.<br />

Das <strong>Licht</strong> des Screens wirkt hier in der Rolle einer Person, der man anscheinend dasselbe<br />

Vertrauen entgegenbringt wie einem echten Menschen.


Werbetafel vor dem Circus Circus<br />

58<br />

Die Leuchtreklamen im Außenraum prägen das typische Stadtbild von Las Vegas. Sie sind so<br />

konzipiert, dass sie je nach Distanz des Betrachters unterschiedliche Information kommunizieren.<br />

Die haushohen Tafeln sind von der Straße aus weiter Entfernung sichtbar, <strong>und</strong> zeigen erst den<br />

charakteristischen Schrift<strong>zu</strong>g bzw. das Logo des beworbenen Gebäudes. Erst beim näher kommen ist<br />

weitere Information ablesbar, die wiederum je nach Wichtigkeit unterschiedlich groß abgebildet ist.<br />

Diese Tafeln haben eine nahe<strong>zu</strong> magnetische Anziehungskraft. Nicht <strong>zu</strong> letzt dadurch, dass<br />

man hin möchte um <strong>zu</strong> sehen wie groß sie tatsächlich ist. Jedes Hotelcasino in Las Vegas wird<br />

wie eine Marke beworben. Die Gestaltung der CI verweist dabei auf das jeweilige Thema der<br />

Gebäudearchitektur.<br />

59


Das anscheinend größte Souvenirgeschäft der Welt.<br />

60<br />

Typische wedding chapel.<br />

61


62<br />

<strong>Licht</strong> in der bildenden Kunst<br />

<strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Farbe sind Vorausset<strong>zu</strong>ng für beinahe jedes Kunstwerk. Ohne <strong>Licht</strong> gäbe es keine Kunst<br />

<strong>und</strong> ohne Farbe keine Malerei. Die Kunst die den Leuchtkörper <strong>und</strong> das ausgehende <strong>Licht</strong> selbst<br />

ästhetisiert veranschaulicht <strong>und</strong> verdeutlicht diese Prinzipien. Jede <strong>Licht</strong>quelle, <strong>und</strong> somit jede<br />

korrespondierende <strong>Licht</strong>form, verfügt über eine eigene Ästhetik. Die bildende Kunst liegt mit wenigen<br />

Ausnahmen im Feld des Visuellen, <strong>und</strong> ist also an das <strong>Licht</strong> geb<strong>und</strong>en. <strong>Licht</strong> ist ein zentrales Thema in<br />

der Malerei. Diese hat sich <strong>zu</strong>nächst auf die Abbildung <strong>und</strong> Darstellung des <strong>Licht</strong>s mit Hilfe von Farbe<br />

konzentriert. Zu den größten <strong>Licht</strong>malern zählen Caravaggio Ende des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts, Rembrandt<br />

im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert, Wright of Derby im 18. <strong>und</strong> William Turner im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die Darstellung<br />

des natürlichen, später auch des künstlichem <strong>Licht</strong>s, in der Malerei erfolgte im Einklang mit den<br />

wissenschaftlichen <strong>und</strong> technischen Entwicklungen der Zeit.<br />

Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571 - 1610) war ein italienischer Maler des Frühbarock, der<br />

sich durch seinen neuartigen <strong>und</strong> realistischen Stil auszeichnete. Inhaltlich behandelte er christliche<br />

Themen, indem er das Profane mit dem Sakralem verknüpfte, <strong>und</strong> erregte so hohes Aufsehen. Er gilt<br />

als Meister des Chiaroscuro, der Hell-Dunkel-Malerei. Caravaggio stellte dramatisierend einfallendes<br />

Schlaglicht ein, um Räume <strong>zu</strong> inszenieren, <strong>und</strong> unterstrich Gesten <strong>und</strong> Bewegungen mit <strong>Licht</strong>effekten.<br />

Seine Technik wurde von Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 - 1669), einem niederländischern<br />

Künstler des Barock aufgegriffen <strong>und</strong> auf seine Weise weiterentwickelt. Rembrandt verwendete<br />

häufig Motive, die bis dahin nicht oder kaum künstlerisch bearbeitet worden waren <strong>und</strong> arbeitete mit<br />

starken Hell-Dunkel-Kontrasten. Auch der Engländer Joseph Wright of Derby (1734 - 1794) studierte<br />

Caravaggios Techniken. Seine Werke befassten sich inhaltlich oft mit den Naturwissenschaften. Er<br />

stellte das <strong>Licht</strong>, als Symbol für die übermenschliche Macht der Wissenschaft, nahe<strong>zu</strong> fotorealistisch<br />

dar. Sein Landsmann der Romantiker Joseph Mallord William Turner (1775 - 1851) beschäftigte<br />

sich in seiner Arbeit ebenfalls mit der Kraft des <strong>Licht</strong>s. Da<strong>zu</strong> ist an<strong>zu</strong>merken, dass Turner unter einer<br />

Krankheit litt, die eine Trübung der Linsen seiner Augen <strong>und</strong> daher eine veränderte Farbwahrnehmung<br />

<strong>zu</strong> Folge hatte. Dementsprechend verwendet Turner eine dumpfe <strong>und</strong> kontrastarme Farbpalette.<br />

Turner hinterließ 20.000 Werke. Er gilt auf Gr<strong>und</strong> seiner schnellen Maltechnik <strong>und</strong> seines Stils als<br />

Vorläufer des Impressionismus. Viele zeitgenössische Maler, wie der 1927 geborene New Yorker Alex<br />

Katz beziehen sich heute noch auf die Hell-Dunkel-Techniken der alten Meister.<br />

63


64<br />

Caravaggio - The Calling of Saint Matthew (1599–1600)<br />

Rembrandt, Die drrei Kreuze, 1653<br />

65


66<br />

Wright of Derby, The Alchemist Discovering Phosphorus, 1771<br />

Wright of Derby, An Experiment on a Bird in an Air Pump, 1768<br />

67


68<br />

William Turner, Light and Colour (Göthe’s Theory), 1843<br />

Vincent van Gogh, Starry Night over the Rhone, 1888<br />

http://www.arthistoryarchive.com/arthistory/expressionism/images/VincentVanGogh-Starry-Night-over-the-Rhone-1888.jpeg<br />

69


70<br />

Alex Katz, City Nights, 1998<br />

http://www.tate.org.uk/collection/AR/AR00012_9.jpg<br />

Gerhard Richter, Kerze, 1982<br />

http://spenceralley.blogspot.com/2011_12_01_archive.html<br />

71


72<br />

Vladimir Tatlin, Relief, 1914 (Metall <strong>und</strong> Leder auf Holz)<br />

Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts löste das <strong>Licht</strong> die Farbe als dominierendes Gestaltungselement des<br />

Bildes ab. Das <strong>Licht</strong> wurde <strong>zu</strong> einem eigenständigen Material, <strong>zu</strong> einem künstlerischen Medium.<br />

Der Wandel von der Repräsentation des <strong>Licht</strong>s <strong>zu</strong>r Realität des <strong>Licht</strong>s wurde vollzogen. <strong>Licht</strong><br />

wurde nicht mehr dargestellt, es wurde <strong>zu</strong>m Gestaltungselement. Marcel Duchamp hat durch die<br />

Einführung von alltäglichen Gebrauchsgegenständen („Readymades“) in das Kunstsystem einen<br />

wesentlichen Beitrag da<strong>zu</strong> geleistet. Nach Duchamp wird ein Alltagsgegenstand <strong>zu</strong>m Kunstwerk<br />

in dem es vom Künstler in einem Kunstraum, also eine Galerie, ein Museum, etc. getragen wird.<br />

Der große Paradigmenwechsel im Nachdenken über das Bild im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert war die<br />

radikale Veränderung <strong>und</strong> Erweiterung der technischen Trägermedien des Bildes. Die<br />

Entwicklung vom Tafelbild <strong>zu</strong>m Bildschirm passierte in drei Phasen: In der ersten Phase wurde<br />

das Bild formal analysiert <strong>und</strong> zerlegt. Beginnen mit Cézanne, der schon behauptete die Sonne<br />

könne nicht dargestellt werden sondern müsse durch Farbe repräsentiert werden, wurden<br />

die formalen Elemente (Linie, Quadrat, Kreis, Quader, Kugel, Kegel,…) sowie die materiellen<br />

Elemente (Leinwand, Farbe,…) untersucht <strong>und</strong> auf diese Elemente reduziert (Impressionismus,<br />

Expressionismus). In der zweiten Phase, als das Bild in seine Elemente zerlegt worden war,<br />

wurden bestimmte Elemente akzentuiert <strong>und</strong> erweitert. Diese Elemente wurde für unabhängig<br />

erklärt. Es entstand die abstrakte Malerei. In der dritten Phase, die der Exklusion <strong>und</strong><br />

Substitution, wurden bestimmte Elemente der Malerei gänzlich weggelassen bzw. durch neue<br />

Materialien ersetzt. (z.B. Leinwand durch Aluminium, braune Farbe durch Holz). Es entstand die<br />

Materialmalerei oder Materialkunst.<br />

Viele Kunsthistoriker sehen den Ursprung der <strong>Licht</strong>kunst in der Materialmalerei des 20. <strong>und</strong><br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts. Die Französischen Kubisten <strong>und</strong> die Russischen Konstruktivisten haben um<br />

1915 begonnen neue Materialien wie Papier, Holz oder Gummi in ihre Malerei ein<strong>zu</strong>führen. Ein<br />

paar Jahre später wurden auch Stahl, Aluminium <strong>und</strong> Glas verwendet. Man erkannte, dass jedes<br />

Material nicht nur über die bildnerischen Qualitäten von Farbe uns Struktur verfügt, sondern auch<br />

auf bestimmte Weise <strong>Licht</strong> absorbiert, bricht <strong>und</strong> reflektiert. So entstanden Techniken, die ein<br />

bewusstes <strong>Arbeiten</strong> mit den lichtspezifischen Eigenschaften der unterschiedlichen Materialien<br />

<strong>zu</strong>lassen.<br />

73


Kasimir Malewitsch: Schwarzes Quadrat auf weißem Gr<strong>und</strong>, 1915<br />

http://www.artchive.com/artchive/T/tatlin/relief.jpg.html<br />

74<br />

Das schwarze Quadrat auf weißem Gr<strong>und</strong> von Kasimir Malewitsch (1879 - 1935) gilt als<br />

Meilenstein in der modernen Malerei <strong>und</strong> wurde <strong>zu</strong>r Ikone der Moderne. Die Arbeit wurde 1915 im<br />

Rahmen einer Gruppenausstellung in einer Moskauer Galerie erstmals öffentlich gezeigt. Obwohl<br />

die Ausstellung damals vernichtende Kritiken erhielt, <strong>und</strong> sie außerdem auf Gr<strong>und</strong> des Krieges<br />

kaum Beachtung fand, markiert sie heute rückblickend den Durchbruch <strong>zu</strong>r gegenstandslosen,<br />

abstrakten Kunst. Malewitsch ist Begründer des Suprematismus (supremus lat. der Höchste), eine<br />

Kunstrichtung, die beim Betrachter die Empfindung der Gegenstandslosigkeit evozieren soll. Die<br />

schwarze Fläche repräsentiert die völlige Gegenstandslosigkeit, selbst die Abwesenheit von <strong>Licht</strong>.<br />

„Als ich 1913 den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge <strong>zu</strong><br />

befreien, stellte ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem<br />

weißen Gr<strong>und</strong>feld … Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die<br />

Empfindung der Gegenstandslosigkeit.” Kasimir Malewitsch.<br />

75


76<br />

Josef Hartwig / Kurt Schwerdtfeger, Reflektorisches <strong>Licht</strong>spiel, 1923<br />

Wassily Kandinsky, Bühnenentwurf, 1928<br />

Bauhausarchiv Dessau<br />

Am Bauhaus sind schon in der Malerei, wie etwa bei Wassily Kandinsky (1866 - 1944) oder Paul<br />

Klee (1849 - 1940), Elemente des Rhythmus <strong>und</strong> der Bewegung sichtbar. Ludwig Hirschfeld-<br />

Mack (1893 - 1965), Josef Hartwig <strong>und</strong> Kurt Schwerdtfeger (1897 - 1966) entwickelten diese<br />

Ansätze als Bewegungen im Realraum weiter. Sie schufen Anfang der zwanziger Jahre große<br />

Bühnenräume, die durch kinetische Skulpturen mit <strong>Licht</strong> bespielt wurden. Zu dieser Zeit gab<br />

es auch die ersten Versuche, Musik bzw. Klang in <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Farbe um<strong>zu</strong>setzen. Mit bewegten<br />

Scheinwerfern <strong>und</strong> zahlreichen Folien <strong>und</strong> Schablonen wurde auf große Flächen rückprojiziert.<br />

So entstanden die ersten bewegten Farblichtbilder, die Vorläufer der zeitgenössischen<br />

computergenerierten „Visuals“. Zeitgleich begann man im Theater ähnlich <strong>zu</strong> arbeiten, die ersten<br />

<strong>Licht</strong>regieplätze entstanden.<br />

77


László Maholy-Nagy <strong>Licht</strong>-<strong>Raum</strong>-Modulator, 1930<br />

www.bauhaus.de<br />

78<br />

László Maholy-Nagy (1895 - 1946) war einer der wichtigsten Lehrenden am Bauhaus <strong>und</strong> die<br />

rechte Hand von Bauhausgründer Walter Gropius (1883 - 1969). Er schlägt vor, die Farbe fast<br />

gänzlich aus der Architektur <strong>zu</strong> entfernen. Materialien wie Beton, Stein, Glas <strong>und</strong> Metall hätten<br />

bereits ihre Eigenfarben, diese sollten <strong>zu</strong>r Gestaltung eines Gebäudes ausreichen. Die klassische<br />

Malerarbeit sei nur noch im Innenraum <strong>zu</strong>r wohnlichen Gestaltung ein<strong>zu</strong>setzen.<br />

Das Entstehen neuer technischer Mittel <strong>und</strong> somit Gestaltungsbereiche habe <strong>zu</strong>r Folge dass<br />

die neuen optischen Apparate wie Scheinwerfer, Reflektor <strong>und</strong> <strong>Licht</strong>reklame neue Formen der<br />

farblichen Gestaltung ermöglichen. Das bisher herrschende Mittel in der farbigen Gestaltung,<br />

das Pigment, wurde abgelöst. Nun galt es bewusst mit den Eigenschaften <strong>und</strong> Qualitäten der<br />

Materialien in Verbindung mit <strong>Licht</strong> farbig <strong>zu</strong> gestalten. Maholy-Nagy publizierte im Jahr 1927<br />

sein Buch Malerei, Fotografie, Film <strong>und</strong> forderte darin eine „Malerei mit <strong>Licht</strong>“, eine Fotografie als<br />

„gestaltete <strong>Licht</strong>erscheinung“ <strong>und</strong> einen Film als „Bewegungsbeziehungen der <strong>Licht</strong>produktion“.<br />

Durch seine Experimente mit dem Gebrauch von <strong>Licht</strong> als direktes Medium stieß er auf das Prinzip<br />

des Fotograms, dem direkten Belichten des Fotopapiers ohne Negativ. Ausgewählte Objekte<br />

werden direkt auf das Fotopapier gelegt <strong>und</strong> manipulieren mit ihren aufliegenden Flächen <strong>und</strong><br />

Schatten das vom Belichtungsgerät strahlende <strong>Licht</strong>. Er suchte nach Malerei mit <strong>Licht</strong> in der<br />

Fotografie, im Film, in der Skulptur, in der Installations- <strong>und</strong> <strong>Raum</strong>kunst.<br />

Maholy-Nagys Verständnis von <strong>Licht</strong> war nicht länger von theosophischen oder okkultistischen<br />

Vorstellungen geprägt, sondern beruhte auf den großen naturwissenschaftlichen Entdeckungen<br />

der Zeit, insbesondere auf Albert Einsteins Relativitätstheorie. Diese veränderte die Vorstellungen<br />

von <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> Zeit nachhaltig. <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> Zeit wurden durch den Begriff <strong>Raum</strong>zeit miteinander<br />

verknüpft. Im erwähnten Buch betonte er dass Film <strong>und</strong> Fotografie der Malerei nun ebenbürtig<br />

sein, wenn nicht sogar von größerer Bedeutung.<br />

Im Jahr 1930 setzte er in seinem <strong>Raum</strong>-Zeit-Modulator oder <strong>Licht</strong>requisit die neue Dialektik<br />

von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> <strong>Raum</strong> in die dritte Dimension um. Der <strong>Raum</strong>-Zeit-Modulator war als dynamische<br />

Skulptur konzipiert, die von internen Glühbirnen <strong>zu</strong>m Leuchten gebracht wurde. Auf bestimmten<br />

Umlaufbahnen bewegten sich verschiedene Metallelemente wie Lochbleche um ein <strong>und</strong>efiniertes<br />

Zentrum <strong>und</strong> erzeugten an den Wänden des abgedunkelten Präsentationsraumes ein <strong>Licht</strong>spiel<br />

von kosmischer Ästhetik. Maholy-Nagy veranschaulichte damit die kulturelle Funktion des neuen,<br />

elektrischen <strong>Licht</strong>s.<br />

79


80<br />

Piero Manzoni, Achrome, 1959<br />

http://www.lifepr.de/attachments/details/id/26587<br />

Yves Klein, IKB 191, 1962.<br />

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bc/IKB_191.jpg<br />

Um 1930 entstanden die ersten bewegten Objekte im Realraum. Es wurde damit begonnen <strong>Licht</strong><br />

nicht mehr als Farbe dar<strong>zu</strong>stellen, sondern tatsächlich mit realem <strong>Licht</strong> <strong>zu</strong> arbeiten. Nach einer<br />

Phase, in der man die Beziehung zwischen <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Farbe bzw. <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Material untersuchte,<br />

wurde das <strong>Licht</strong> selbst <strong>zu</strong>m künstlerischen Medium. Die Entwicklung der <strong>Licht</strong>kunst steht im<br />

engen Zusammenhang mit der technischen Entwicklung. Anfangs arbeitete man mit einfachen<br />

Glühlampen.<br />

Eine Weiterentwicklung der <strong>Licht</strong>kunst als eigenständige Kunstform konnte Dank der ständig<br />

wachsenden Technisierung von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Ton stattfinden. Das Feld, das sich direkt auf die<br />

Malerei bezog, hingegen war bald ausgeschöpft. Das Material erlitt also ein ähnliches Schicksal<br />

der Selbstauflösung wie einst die Farbe. Materialien wurden durch Immaterialen ersetzt. In den<br />

Zwanziger Jahren waren materielle Teile nur mehr Hilfsmittel für <strong>Licht</strong>spektakel, in den Sechziger<br />

Jahren wurde das reine <strong>Licht</strong> selbst als reine Farbe <strong>und</strong> als reines Material <strong>zu</strong>m künstlerischen<br />

Medium. Die Entwicklung der <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> Zeit überwindenden Technologien ließ in der Kunst eine<br />

gewisse Sehnsucht nach der Befreiung von Materie entstehen.<br />

1952 begann Yves Klein (1928 - 1962) monochrome Bilder von gänzlich raumlosem Charakter<br />

<strong>zu</strong> malen, <strong>zu</strong>meist in einem speziellen dunklen Ultramarinblau, das er als seine Farbe unter<br />

dem Namen „International Klein Blue“ schützen ließ. Piero Manzoni (1933 - 1963) schuf Ende<br />

der Fünfziger Jahre weiße Bilder aus Gips, die er „Achrome“ (‚Nichtfarbe’ oder ‚ohne Farbe’)<br />

nannte. Manzoni ging es darum, eine vollständig weiße Fläche <strong>zu</strong> schaffen, die in keiner Weise<br />

auf irgendein malerisches Phänomen oder Element bezogen ist, das also außerhalb der<br />

Beschaffenheit der Fläche liegt.<br />

Die monochrome Fläche in der Malerei war also der ultimative Verweis auf die Leere, die<br />

Unendlichkeit <strong>und</strong> die Befreiung der Malerei von der Farbe. Die Immaterialität des <strong>Licht</strong>s wurde<br />

<strong>zu</strong>m Material der Malerei. Es kam <strong>zu</strong> einer gr<strong>und</strong>legenden Veränderung des formalen Aussehens<br />

eines Bildwerkes.<br />

81


Nam June Paikm, Internet Dream, 1994<br />

http://laboscolaire.communaute-emg.net/<br />

82<br />

Nach der Verwendung des <strong>Licht</strong>s in der Tradition des Tafelbildgedankens oder des Abstrakten<br />

begann man in den 1980er Jahren im Bereich der <strong>Licht</strong>kunst gegenständlich <strong>zu</strong> arbeiten.<br />

Das Feld der <strong>Licht</strong>materialien erweiterte erst sich um LED, Laser- <strong>und</strong> Halogenlicht. Film <strong>und</strong><br />

Musik erlaubten eine Weiterentwicklung der Ideen auf elektronischer <strong>und</strong> synthetischer Basis.<br />

Akustische <strong>und</strong> Videosynthesizer9 wurden gebaut.<br />

Heute umfasst die <strong>Licht</strong>kunst zahlreiche Formen: <strong>Licht</strong>kästen, <strong>Licht</strong>projektionen, <strong>Licht</strong>bilder,<br />

<strong>Licht</strong>strahlen, Laserstrahlen, Spiele mit Transparenz, gegenständliche <strong>Licht</strong>objekte,<br />

<strong>Licht</strong>installationen, <strong>Licht</strong>schilder, <strong>Licht</strong>wände, <strong>Licht</strong>felder, <strong>Licht</strong>räume, <strong>Licht</strong>performances…<br />

Der technische Höhepunkt der Gegenwart ist das Mobiltelefon. Zwar hat das Gerät keinen<br />

künstlerischen Hintergr<strong>und</strong> oder Anspruch, dennoch ermöglicht das Konsumergerät mobile<br />

Produktion, Rezension <strong>und</strong> Distribution Bild <strong>und</strong> Ton. Auf technischer Seite hat sich damit die Idee<br />

der Farbmusik aus dem Bauhaus, die perfekte Synchronisierung von Bild <strong>und</strong> Ton erfüllt.<br />

In den 1960er Jahren gewannen Fluoreszenz- <strong>und</strong> Laserlicht als künstlerische Medien<br />

Bedeutung, später Halogen, Gasentladungslampen, UV <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> LED. Zu dieser Zeit gab es<br />

die ersten Ausstellungen <strong>zu</strong>m Thema <strong>Licht</strong>. In den 1980er Jahren gibt es bereits die ersten<br />

Überblicksausstellungen <strong>zu</strong>r <strong>Licht</strong>kunst.<br />

Die Malerei, das zentrale Medium um <strong>Licht</strong> dar<strong>zu</strong>stellen, wurde von einer Kunst, die das<br />

<strong>Licht</strong> selbst verwendete, abgelöst. Farbe wurde ein Phänomen des <strong>Licht</strong>s <strong>und</strong> somit diesem<br />

untergeordnet. Die Anfänge der <strong>Licht</strong>kunst fanden in den USA, insbesondere in Kalifornien statt.<br />

Dan Flavin, James Turrell <strong>und</strong> Keith Sonnier gelten als ihre Hauptvertreter.<br />

9 Ein Videosynthesizer ist ein Gerät, das ohne Kamera-Input mit Hilfe interner Generatoren Video-Output erzeugt.<br />

83


HeHe, Nuage Verte, Helsinki, 2008<br />

http://hehe.org2.free.fr/<br />

84<br />

Ende der sechziger Jahre erlangte das Laserlicht <strong>zu</strong>nehmend an Bedeutung. Jeffrey Shaw war<br />

einer der ersten Künstler, die sich experimentell mit diesem Medium beschäftigten. Er agierte<br />

im Feld des Extended Cinema, <strong>und</strong> entwickelte unter anderem eine <strong>Licht</strong>show, mit der er mit<br />

der Gruppe Genesis drei Jahre auf Tournee ging. Der Einsatz des Lasers in der Popkultur zog<br />

eine Trivialisierung des Mediums mit sich, das es weitgehend für Kunsteinsätze disqualifizierte.<br />

In den 1970er Jahren wurde er Element des popkulturellen Gesamtkunstwerkes <strong>und</strong> verlor<br />

auch in diesem Bereich bald seine avantgardistische Konnotation. Heute sind Lasershows<br />

fixe Bestandteile größerer Bühnenshows, in vielen Großraumdiskotheken sind Lasergeräte <strong>zu</strong>r<br />

Bespielung der Tanzfläche installiert. Das Medium wurde so <strong>zu</strong>m Element der Unterhaltungskultur<br />

<strong>und</strong> in den Augen der Künstler Schritt für Schritt banalisiert. So taucht Laser heute nur noch<br />

selten im Kontext der Kunst auf.<br />

Ein Beispiel für zeitgenössische Laser - Kunst ist die 2008 vom Künstlerduo HeHe (Helen Evens,<br />

Heiko Hansens) installierte Arbeit Nuage Vert (franz. grüne Wolke). Wärmekamera-, Informations-,<br />

<strong>und</strong> Lasertechnologie werden eingesetzt, um Emissionswolken aus den Schornsteinen eines<br />

Wärmekraftwerkes in Helsinki, später einer Müllverbrennungsanlage in Paris, in bewegte<br />

neonartige Gebilde <strong>zu</strong> verwandeln: Ein gesteuerter grellgrüner Laserstrahl wird auf den<br />

Schadstoffausstoß gerichtet <strong>und</strong> zeichnet den Umriss der Schmutzwolke nach.<br />

85


James Turrell, Alta (White), 1966 James Turrell, Afrum Cube, 1966<br />

http://twotapetraces.blogspot.com/2010/09/james-turrell-alta.html<br />

86<br />

Der US-amerikanische Künstler James Turrell (*1943) wuchs in einer Quäkerfamilie unter den<br />

streng religiösen Verhältnissen auf. Er studierte Psychologie <strong>und</strong> Mathematik in Kalifornien.<br />

Er beschäftigte sich intensiv mit dem Verhältnis von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> <strong>Raum</strong>, insbesondere unter<br />

psychologischen Aspekten. Er gilt als Pionier in der künstlerischen Forschung mit <strong>Licht</strong>räumen<br />

<strong>und</strong> Wahrnehmungsmodellen. Seine Installationen bilden die architektonischen Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

für das jeweilige <strong>Licht</strong>experiment. Turrells <strong>Arbeiten</strong> markieren die Grenze zwischen Malerei,<br />

Architektur <strong>und</strong> Installation. Sie behandeln Gegensätze, die einander bisher ausgeschlossen<br />

haben: Fläche <strong>und</strong> <strong>Raum</strong>, Attraktion <strong>und</strong> Repulsion, Evidenz <strong>und</strong> Ungewissheit, Natur <strong>und</strong><br />

Kunst. Turrell überwand die Malerei, ohne ihr sich <strong>zu</strong> entledigen <strong>und</strong> erweiterte die bisher<br />

angenommenen Wahrnehmungsgrenzen des Betrachters. Seine <strong>Arbeiten</strong> erfordern langwierige<br />

Wahrnehmungsprozesse, die den Adaptionsprozess des menschlichen Auges inszenieren.<br />

87


Roden Crater, Luftaufnahme, 1978<br />

Roden Crater, Luftaufnahme, 2007<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Roden_Crater<br />

88<br />

Nachdem James Turell den Pilotenschein gemacht hatte, war er in den 1970er Jahren auf der<br />

Suche nach einem geeigneten Ort für eine projektierte unterirdische <strong>Licht</strong>installation. In der Nähe<br />

von Flagstaff, in der Wüste von Arizona, entdeckte er einen Vulkankrater umgeben von weiter<br />

Steppe. Er kaufte dieses Gebiet <strong>und</strong> nannte es Roden Crater. Er baute unterirdische Stollen,<br />

Schächte <strong>und</strong> Räume ein, <strong>und</strong> schuf ein <strong>Licht</strong>observatorium, das es den Besuchern ermöglicht,<br />

das Phänomen des Sonnenlichts <strong>und</strong> des nächtlichen Sternenhimmels auf einzigartige Weise <strong>zu</strong><br />

erfahren. Die Anlage wurde <strong>zu</strong> seinem größten <strong>und</strong> ambitioniertesten Projekt.<br />

„I don’t have a preference between existing or artificial light. There isn’t any real difference.<br />

In either case, you’re burning a material, and that material releases its characteristic light.<br />

Whether you burn hydrogen, a piece of wood, or tungsten wire, the light reveals what that<br />

material is; it is characteristic of that material at that temperature. There is all natural light,<br />

there is nothing but that.“ James Turrell<br />

89


Roden Crater aus Südwest, 2007<br />

Florian Holzherr, 2003<br />

Das “Auge” des Roden Crater außen, 2009<br />

http://gallery.electaweb.it/albums/userpics/10002/vista_estern<br />

90<br />

“Roden Crater is an extinct volcanic cinder cone, situated at an elevation of approximately<br />

5,400 feet in the San Francisco Volcanic Field near Arizona’s Painted Desert and the Grand<br />

Canyon. The roughly 400,000 year old, 600 foot tall red and black cinder cone is being<br />

turned into a monumental work of art and naked eye observatory by the artist James Turrell.<br />

Working with visual phenomena that have interested man since the dawn of civilization, the<br />

Roden Crater project will bring the light of the heavens down to earth, linking visitors with<br />

the celestial movements of planets, stars and distant galaxies. In addition to exploring the<br />

interplay of light and space in his art, Turrell has looked closely at the design of ancient<br />

observatories as places for visual perception.” 10<br />

10 http://rodencrater.com/about<br />

91


Das “Auge” des Roden Crater innen, 2009<br />

Florian Holzherr, 2003<br />

92<br />

“The Roden Crater project is Turrell’s most ambitious project and is being constructed in a<br />

dormant volcano in the Painted Desert of northern Arizona, northeast of Flagstaff. Turrell<br />

purchased the land with grants from the Guggenheim Fo<strong>und</strong>ation, the Dia Art Fo<strong>und</strong>ation<br />

and others. He is transforming Roden Crater into a space whose art is as much in the light of<br />

space and objects as it is in the spaces created in the crater. It will be your perceptions and<br />

interactions with the space and the ever-changing nature of light created by the light of the<br />

sun, moon, stars and other celestial events that will drive the art. Much like other civilizations<br />

throughout history that have built large structures that embody knowledge... scientific, cultural<br />

and spiritual, so will the Roden Crater project.” 11<br />

11 http://www.lasersol.com/art/turrell/rc_intro.html<br />

93


James Turell, Skyspace, Houston, Texas, 2009<br />

Foto: http://hirambutlergallery.wordpress.com/2010/07/13/jame<br />

94<br />

In seiner Werkserie Skyspaces macht James Turell die Beobachtung eines präzisen Ausschnitts<br />

des Himmels möglich. Der Betrachter sitzt in einem kleinen <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> blickt durch eine<br />

zweidimensional anmutende Blicköffnung nach oben. Diese ist beinahe kantenlos. So wird der<br />

jeweilige Himmelsausschnitt als scheinbar tiefenlose Fläche Teil <strong>und</strong> Zentrum der Architektur.<br />

95


James Turell, Ganzfeld Piece, Venedig Biennale 2011<br />

Foto: http://artisnotdead.blogspot.com/2011/08/no-words-for-james-turrells-ganzfeld.ht<br />

96<br />

In seiner Serie Ganzfeld Pieces beschäftigt sich James Turell mit der völligen Auflösung des<br />

<strong>Raum</strong>es. Der Betrachter betritt einen <strong>Raum</strong> der <strong>zu</strong>r Gänze mit schwachem Dunst <strong>und</strong> dem<br />

dadurch sichtbaren bunten <strong>Licht</strong> gefüllt ist. Jedes Gefühl für die Dimension des <strong>Raum</strong>es geht<br />

verloren, der Rezipient befindet sich im Bild.<br />

97


Videostills aus Präsentationsvideo <strong>zu</strong> The Wolfsburg Projekt, 2009<br />

98<br />

Im Kunstmuseum Wolfsburg realisierte Turell 2009 seine bisher größte begehbare <strong>Licht</strong>installation<br />

für ein Museum, The Wolfsburg Project Eine 700 Quadratmeter umfassende <strong>und</strong> elf Meter hohe<br />

<strong>Raum</strong>–im-<strong>Raum</strong> Installation bildet einen zweiteiligen Hohlraum vom Typ der Ganzfeld Pieces.<br />

Dabei stehen sich zwei komplett leere Räume gegenüber: Der Viewing Space <strong>und</strong> der Sensing<br />

Space. Beide werden mit farbigem Flutlicht <strong>zu</strong>r Gänze gleichmäßig ausgeleuchtet. Vom Viewing<br />

Space aus blickt der Betrachter durch einen Wandausschnitt, der gleichermaßen als Fenster<br />

<strong>und</strong> als Durchgang dient, in den Sensing Space, einen großen begehbaren <strong>Raum</strong>. Vom Viewing<br />

Space aus ist der <strong>Licht</strong>raum des Sensing Space als rechteckiger Ausschnitt, also als Bildfeld,<br />

definiert. Im Sensing Space werden die Grenzen des Bildes aufgelöst, der ganze <strong>Raum</strong> wird <strong>zu</strong>m<br />

begehbaren Erlebnisraum. Hier tritt der Effekt der Ganzfelder ein, das gesamte Blickfeld des<br />

Betrachters wird mit farbigem <strong>Licht</strong> bespielt. Im homogenen Sehfeld wird die Architektur bis <strong>zu</strong>r<br />

Orientierungslosigkeit aufgelöst. Turell spricht von einem „mit den Augen Fühlen“ <strong>und</strong> von einer<br />

ästhetischen, wie geistigen Erfahrung.<br />

99


James Turell, MAKLite, 2004<br />

www.MAK.at<br />

100<br />

Im Jahr 2004 wurde im Wiener Museum für angewandte Kunst die von Peter Noever <strong>und</strong> James<br />

Turell gemeinsam entwickelte permanente <strong>Licht</strong>installation MAKlite eingebaut. Durch gezielte<br />

Ausleuchtung in den Fensterleibungen mit wechselndem Farbton werden Bezüge <strong>zu</strong>m urbanen<br />

Umraum hergestellt.<br />

„In James Turrell’s permanent installation “MAKlite”, intensive light pulsates in the windows<br />

of the MAK. With the unreality of a dream, the brick façade loses its static solidity, appearing<br />

as a shimmering, translucent membrane that hints, wordlessly but emphatically, of transfers<br />

being made: by means of this inner radiance the MAK communicates to the urban<br />

surro<strong>und</strong>ings the complex proceedings being effected within. Permanent installation on the<br />

MAK Façade, since 2004“ 12<br />

12 Werbetext von www.mak.at<br />

101


102<br />

Dan Flavin, Icon V (Coran’s Broadway Flesh), 1962<br />

http://museumuesum.tumblr.com/post/21160995525/dan-flavin-icon-v-corans-broadway-flesh-1962<br />

Dan Flavin, The Diagonal of May 25, 1963<br />

(to Constantin Brancusi), 1963<br />

www.artnet.com<br />

Dan Flavin (1933 - 1996) gilt als der erste, der im Bereich Installation mit elektrischem <strong>Licht</strong><br />

arbeitete. Er inszeniert den standardisierten Leuchtkörper, das Produkt Leuchtstoffröhre, als<br />

Apparat <strong>und</strong> stellt Turrells körperlosem Reflexlicht ein linear verlaufendem Fluoreszenzlicht<br />

gegenüber. Sein <strong>Arbeiten</strong> sind unmittelbar als Kombination von Objekt <strong>und</strong> <strong>Licht</strong> wahrnehmbar.<br />

Schon in einem Frühwerk, der Serie Icons, ist die Tendenz <strong>zu</strong> erkennen, sich vom endlichen<br />

Bildfeld weg<strong>zu</strong>bewegen, <strong>und</strong> das Umfeld, bzw. den <strong>Raum</strong>, mitein<strong>zu</strong>beziehen. In diesen ersten<br />

<strong>Arbeiten</strong> verwendet Flavin Glühlampen, später entdeckt er das Medium Leuchtstoffröhre.<br />

Im Jahr 1963 montierte Flavin eine Leuchtstoffröhre im 45 Grad Winkel an der Wand seines<br />

Ateliers. Man sagt er fiel in diesem Augenblick in Extase <strong>und</strong> benannte seine Arbeit nach<br />

ihrem Entstehungstag die Diagonale vom 25. Mai. Er spezialisierte sich auf das Medium<br />

Leuchtstoffröhre. Seine Inspiration schöpfte der in New York lebende Künstler aus der grellen<br />

Fülle der urbanen <strong>Licht</strong>eindrücke, dennoch konzipierte er stille <strong>Licht</strong>räume, die dem Betrachter<br />

eine Ruhe bieten die er am Ursprung im urbanen <strong>Raum</strong> nicht findet. Flavin bezieht den<br />

Rezipienten in seiner <strong>Arbeiten</strong> mit ein <strong>und</strong> macht ihn explizit durch das Einwirken des <strong>Licht</strong>s selbst<br />

<strong>zu</strong>m Kunstwerk.<br />

103


104<br />

Dan Flavin, Alternating pink and gold, 1967,<br />

bionade aus anonymer Privatsammlung, 2011<br />

Dan Flavin, untitled (to Piet Mondrian through his preferred colors,<br />

red yellow and bluw), 1986 and Dan Flavin,<br />

untitled (to Piet Mondrian who lacked green) 2, 1986.<br />

Stedelijk Museum Amsterdam, Permanente Installation<br />

Rayonism.blogspot.com/2011/03/stedelijk-ro<strong>und</strong>-three.html<br />

105


106<br />

Keith Sonnier, <strong>Licht</strong>installation in der Münchener<br />

Rückversicherungsanstalt, 2002<br />

Keith Sonnier (*1941) bezog in den 1960er Jahren billige Materialien wie Fiberglas, Blei, Fett,<br />

Latex, Draht Aluminium <strong>und</strong> Glas, die <strong>zu</strong>vor im Kunstkontext kaum von Interesse waren, in seine<br />

Arbeit mit ein. Später begann er mit Neonröhren <strong>zu</strong> arbeiten <strong>und</strong> erweiterte somit gemeinsam<br />

mit Flavin <strong>und</strong> Turrell den Skulpturenbegriff. Im Gegensatz <strong>zu</strong> Flavin, der meist mit den industriell<br />

gefertigten genormten Leuchtstoffröhren arbeitete, verwendete Sonnier Neonröhren, die er in<br />

beliebiger Länge <strong>und</strong> Form herstellen lassen konnte.<br />

Keith Sonnier hat da<strong>zu</strong> beigetragen, den Begriff der Plastik auf <strong>Raum</strong>-, <strong>Licht</strong>- <strong>und</strong><br />

Bewegungsphänomene aus<strong>zu</strong>weiten. Sein Frühwerk zeichnete sich durch eine große Vielfalt<br />

an verwendeten Materialien aus, darunter Draht, Stoff, Fils, Wachs, Blei <strong>und</strong> Glas. Diese<br />

Konstruktionen waren auf Gr<strong>und</strong> ihrer ephemeren Komponenten oft kurzlebig. Sonnier zählt <strong>zu</strong><br />

den Vertretern der New Sculpture, welche eine ganzheitliche Wahrnehmung fordern, indem sie<br />

dem Betrachter auch das haptische Erfahren ihrer Werke ermöglichen.<br />

107


http://acegallery.net<br />

108<br />

Keith Sonnier, BA-O-BA VI, 1969<br />

Ende der 1960er Jahre beginnt Sonnier <strong>Licht</strong> ein<strong>zu</strong>setzen. Er kombiniert Neonröhren <strong>und</strong><br />

Glühlampen oft mit kontrastierenden Materialien, wie fließenden Textilien <strong>und</strong> erzeugt so starke<br />

Kontraste in der Materialität. Später experimentiert er mit Stroboskop- <strong>und</strong> Schwarzlicht.<br />

Eine seiner besonders wichtigen <strong>Arbeiten</strong> sind die BA-O-BA Stücke (= haitianisch für <strong>Licht</strong>oder<br />

Farbbad, kann auch als “im Mondlicht baden” interpretiert werden). Dabei handelt es sich<br />

<strong>zu</strong>meist rechtwinklige Wandarbeiten aus Glas oder Spiegelglasscheiben mit farbigen Neonröhren,<br />

die <strong>Raum</strong>volumen suggerieren. Sonniers Installationsarbeiten beziehen den Betrachter durch<br />

integrierte Spiegel <strong>und</strong> projizierte <strong>Licht</strong>er in die <strong>Arbeiten</strong> mit ein. Der Besucher der Installation<br />

erzeugt ein Feedback.<br />

109


Keith Sonnier, Permanente <strong>Licht</strong>installation Pfarrkirche St. Franziskus, Steyr 2001<br />

Foto www.dioezese-linz.at<br />

110<br />

Im Jahr 2001 realisierte Sonnier in der Pfarrkirch St.Franziskus in Styer eine permanente<br />

<strong>Licht</strong>installation. In seiner Höhenerstreckung konkurriert St. Franziskus nicht mit den<br />

umliegenden Wohntürmen, sondern bleibt in der Augenhöhe der Menschen. Anstatt eines<br />

Turmes bildet nun ein sechs Meter hoher <strong>Licht</strong>kubus das Wahrzeichen des Stadtteiles.<br />

Der Kubus aus grünem Glas spiegelt die Häuser wieder <strong>und</strong> reflektiert das Sonnenlicht.<br />

Die <strong>Licht</strong>installation im Inneren bildet das zentrale Erkennungszeichen des Ortes. Mit einer<br />

einfachen, zeichenhaften Form, der schleifenförmigen Bewegungen der bunten Neonröhren<br />

geht der amerikanische <strong>Licht</strong>künstler Keith Sonnier auf den Fisch als Glaubenssymbol <strong>und</strong><br />

Geheimzeichen der ersten Christen ein.<br />

“Beim Aussuchen der Formgebung für die Kapelle ging ich viele verschiedene<br />

Gesichtspunkte meiner gestalterischen Sprache durch, kam aber ständig auf eine<br />

einfache, zeichenhafte Form <strong>zu</strong>rück: die Schleife im <strong>Raum</strong>. Ich begann mich auf das<br />

alte, geheimnisvolle christliche Symbol des Fisches <strong>zu</strong> besinnen, <strong>und</strong> wie Christen es<br />

als geheimes Zeichen in den Sand malten um ihren Glauben <strong>zu</strong> bekennen <strong>und</strong> sich vor<br />

Unterdrückung <strong>zu</strong> schützen.” Keith Sonnier13 13 www.dioezese-linz.at<br />

111


112<br />

Keith Sonnier, <strong>Licht</strong>weg, Installation am Flughafen München<br />

Keith Sonnier’s <strong>Licht</strong>installation Lightway am Münchner Flughafen ist mit 1,2 km Länge eine der<br />

längsten künstlerischen <strong>Licht</strong>installationen der Welt. Eine Vielzahl an bunten Leuchtstoffröhren<br />

wurde in die Architektur des langen schlauchartigen Ganges integriert. Glastafeln, Spiegel <strong>und</strong><br />

Aluminiumbleche brechen <strong>und</strong> streuen das bunte Neonlicht. Die spannungsreiche Komposition<br />

von <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Farbe, die ständig wechseln, macht die langgestreckte Ebene <strong>zu</strong>m Erlebnisraum.<br />

Der Rhythmus des realen <strong>Raum</strong>es <strong>und</strong> dessen Funktion wird passagenweise mit <strong>Licht</strong> <strong>und</strong><br />

Spiegeln aufgenommen <strong>und</strong> so in ein neues Erscheinungsbild transformiert.<br />

Diese <strong>Licht</strong>er tauchen den Besucher in ein “<strong>Licht</strong>bad”. So wird der Besucher Teil der Installation.<br />

Unter den verschieden färbigen <strong>Licht</strong>quellen sieht sich der Rezipient in den Spiegeln als immer<br />

neue Erscheinung.<br />

“Die Absicht des Künstlers bei der Entwicklung des <strong>Licht</strong>-Kunstwerkes für dieses Projekt<br />

war es, ein Ambiente <strong>zu</strong> schaffen, das dem Betrachter hilft, den Stress der Reise leichter <strong>zu</strong><br />

ertragen. Der Flughafen ist die erste <strong>und</strong> letzte Station für ankommende <strong>und</strong> abfliegende<br />

Passagiere. Dieser Ort sollte einen bleibenden ersten <strong>und</strong> letzten Eindruck hinterlassen.” 14<br />

14 http://www.munich-airport.de<br />

113


114<br />

Bruce Nauman, My Name as Thought it Were Written on the Surface of the Moon, 1968<br />

http://mellabrown.tumblr.com/post/3449274229/bruce-nauman-my-name-as-though-it-were-written-on<br />

Bruce Nauman (*1941) zählt zwar nicht <strong>zu</strong> den klassischen <strong>Licht</strong>künstlern, dennoch ist er für die<br />

<strong>Licht</strong>kunst von großer Bedeutung. Das Spektrum seiner <strong>Arbeiten</strong> ist breit <strong>und</strong> beinhaltet grelle<br />

Neoninstallationen, Monitor – <strong>und</strong> Projektionsarbeiten, bis hin <strong>zu</strong> nüchternen Erfahrungsräumen<br />

mit schwacher Fluoreszenzbeleuchtung. Nauman trotzte der traditionellen Vorstellung, dass jeder<br />

Künstler einen bestimmtem Stil haben müsse. Bei Nauman hat das <strong>Licht</strong> mehr eine funktionale<br />

Bedeutung, die <strong>Raum</strong>erfahrung steht im Vordergr<strong>und</strong>. Der Betrachter wird mit seinem Geist <strong>und</strong><br />

seinem Körper in spürbaren Be<strong>zu</strong>g mit seinen Installationen <strong>und</strong> Skulpturen gebracht.<br />

In den 1960er Jahren stieg die Zahl der Künstler, die sich mit <strong>Licht</strong> auseinandersetzten, rapide an.<br />

Materialität, Ästhetik <strong>und</strong> Inhalt waren mannigfaltig. <strong>Licht</strong> wurde <strong>zu</strong> einem künstlerischen Material.<br />

Neonlicht gewann als Werbeelement im öffentlichen <strong>Raum</strong> <strong>zu</strong>sehends an Bedeutung. Meistens<br />

wurden Neonröhren im künstlerischen Kontext jedoch nicht als Zitat aus der Webewelt eingesetzt.<br />

Auffällig ist, dass die <strong>Arbeiten</strong> der US Westkünsten Künstler wie Turrell oder Sonnier von den<br />

dortigen topografischen Verhältnissen, der Weite des Landes mit seinem natürlichen, weichen,<br />

klaren Sonnenlicht geprägt sind („nature light“), die <strong>Arbeiten</strong> der New Yorker Ostküsten Künstler<br />

um Dan Flavin, <strong>zu</strong> denen auch Bruce Nauman zählt, hingegen in der Tradition der urbanen Ästhetik<br />

der scharf konturierten grellen farblich standardisierten Neonreklamen stehen („city light“). Beide<br />

<strong>Licht</strong>qualitäten leiten sich jedenfalls aus dem topografischen Umfeld der Künstler ab. In beiden<br />

Fällen wird das alltägliche <strong>Licht</strong> in ein künstlerisches Medium transformiert.<br />

115


Bruce Nauman - Green light Corridor 1970-71<br />

Solomon R. Guggenheim Museum, New York,Panza Collection<br />

Giorgio Colombo, Milano<br />

Jonathan Hordle www picturedesk com<br />

116<br />

Links: Bruce Naumen, 100 Live and Die, 1984, Benesse Art House, Naoshima<br />

Rechts: Bruce Nauman, sex and death double 69, Installationsansicht,<br />

Hamburger Bahnhof, 2010<br />

Todd Lappin, 2008<br />

117


Olafur Eliasson, The Weather Project, 2003 – 2004, Tate Modern, London<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Olafur_Eliasson<br />

118<br />

Wie auch schon Turrell begreift auch der dänische Künstler Olafur Eliasson (*1967) <strong>Licht</strong>räume<br />

ebenfalls als Wahrnehmungsmodelle. Seine Installationen sollen den Betrachter die Natur<br />

des <strong>Licht</strong>s näher bringen <strong>und</strong> erfahrbar machen. Seine <strong>Arbeiten</strong> weisen dabei oft die Ästhetik<br />

naturwissenschaftlicher Experimente <strong>und</strong> physikalischer Gesetzmäßigkeiten auf. Anders als bei<br />

den Amerikanischen <strong>Licht</strong>künstlern der vorigen Generation, die ihre <strong>Licht</strong>quellen <strong>zu</strong> Gunsten einer<br />

makellosen überwältigenden Ästhetik verbergen, zeigt Eliasson nachvollziehbar die Konstruktion<br />

<strong>und</strong> klärt den Betrachter auf.<br />

Im Jahr 2003 wurde seine Arbeit The Weather Project im Tate Modern in London installiert. Die<br />

wesentliche Komponente der Installation ist eine künstliche Sonne, die den Ausstellungsraum in<br />

den Farbtönen einer aufgehenden Sonne bespielt.<br />

119


Olafur Eliasson, Yellow Fog, Am Hof, Wien, 2008<br />

www.kunstdirektionwien.at<br />

120<br />

Im Jahr 2008 installierte Eliasson die Arbeit Yellow Fog an der Fassade des Hauptgebäudes<br />

der Österreichischen Elektrizitätswirtschfts-AG in Wien. Zur Abenddämmerung wird die Fassade<br />

täglich für eine St<strong>und</strong>e in gelben Nebel getaucht. Der Platz, Am Hof, an dem sich das Gebäude<br />

befindet, soll <strong>zu</strong> einer Bühne in der Stadt werden, auf der ein Spiel aus Nebel, <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> Wind<br />

entsteht, das einerseits einen fließenden Übergang des Gebäudes in seinen urbanen Kontext<br />

erzeugt, andererseits den Übergang vom Tag <strong>zu</strong>r Nacht thematisiert.<br />

121


OlafurEliasson, Façade for Harpa Reykjavik Concert Hall and Conference Centre, 2011<br />

http://www.olafureliasson.net/works/Harpa_11.html<br />

122<br />

Im Jahr 2011 wurde das Konzerthaus Harpa in Reykjavik eröffnet. Die Fassade wurde von<br />

Eliasson entworfen. Sie besteht aus einer Wabenstruktur aus dichroitischem Glas, das je nach<br />

Temperatur <strong>und</strong> Luftfeuchtigkeit sein Farbe <strong>und</strong> Transparenz ändert <strong>und</strong> auf die wechselnden<br />

Tageslichtfarben reagiert.<br />

123


Olafur Eliasson, 360° room for all colors, 2002<br />

http://lookintomyowl.com/images/olafur_eliasson-360degree_room_for_all_colours-2002.jpg<br />

http://wiki.arch.ethz.ch/twiki/bin/view/RZM/Med<strong>Raum</strong>e.html<br />

http://nyclovesnyc.blogspot.com/2008/06/room-for-all-colors-olafur-eliasson-at.html<br />

124<br />

Eliassons Arbeit 360 Degrees Room For All Colours besteht aus einer zylinderförmigen<br />

Stahlkonstruktion, deren Wände mit Projektionsstoff bespannt sind. Die Panorama-Situation kann<br />

als Referenz auf die Landschaftsmalerei des Neunzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts gelesen werden, aber<br />

auch als Referenz auf James Turrells Ganzfeld-Pieces. Der Betrachter kann in diesem <strong>Raum</strong> das<br />

gesamte Farbspektrum erleben.<br />

125


126<br />

Dan Graham, Creek Cross Labyrinth, 2007, Skulpturenpark Köln<br />

Karl Rüdiger<br />

Dan Graham – Creek Cross Labyrinth 2001,<br />

Skulpturenpark Köln<br />

Karl Rüdige<br />

Der Amerikaner Dan Graham (*1942) zählt <strong>zu</strong> den wichtigsten Vertretern der Konzeptkunst. Er<br />

war Galerist, Kunsttheoretiker, Fotograf, Filmemacher, Performance <strong>und</strong> Installationskünstler. In<br />

den 1970er Jahren arbeitete er an Video <strong>und</strong> Filmarbeiten sowie Performances <strong>zu</strong>r Erforschung<br />

der Wahrnehmung von <strong>Raum</strong> <strong>und</strong> Zeit, der Körperlichkeit <strong>und</strong> medialer Interaktion mit Focus auf<br />

deren soziologischen <strong>und</strong> psychologischen Aspekten.<br />

International bekannt wurde Graham in den 1980er Jahren durch seine zweiweggespiegelten<br />

Glaspavillons, zwei davon realisierte er bei der documenta 8 in Kassel. Grahams Einwegspiegelpavillons<br />

thematisieren das vielfältige Spiel der Transparenzen <strong>und</strong> Reflexionen. Diese entmaterialisieren<br />

scheinbar die Umgebung, den Betrachter <strong>und</strong> die Pavillonarchitektur selbst. Mit Glas, Spiegelglas,<br />

Holz <strong>und</strong> Stahl konstruiert Graham schlichte Räume, die außen <strong>und</strong> innen erfahrbar sind. Die „twoway-mirrors“,<br />

also die Zweispiegelgläser erzeugen je nach <strong>Licht</strong>einfall <strong>und</strong> Witterung mehr oder<br />

weniger starke Transparenzen <strong>und</strong> Spiegelungen.<br />

Über seine Pavillons schreibt Dan Graham:<br />

„Meine Pavillons sollen innen <strong>und</strong> außen erfahrbar sein. Je nach den <strong>Licht</strong>verhältnissen <strong>zu</strong><br />

einem bestimmten Zeitpunkt können sie aussen spiegeln <strong>und</strong> die Gegenwart der Betrachter<br />

im Innern des Pavillons verbergen, oder sie sind innen <strong>und</strong> aussen <strong>zu</strong>gleich durchsichtig<br />

<strong>und</strong> spiegelnd. Sie zeigen dem Betrachter dessen eigenen Körper <strong>und</strong> sich selbst als<br />

wahrnehmendes Subjekt, geben ihm aber auch die Möglichkeit, andere Personen <strong>zu</strong><br />

beobachten, die wiederum sich selbst wahrnehmen.<br />

Die Beziehung von innen nach aussen befindet sich aufgr<strong>und</strong> der wahrnehmungsbezogenen<br />

Eigenschaften der Materialien, aus denen die Pavillons bestehen, in ständigem Fluss,<br />

abhängig von den Wolken, der Sonne <strong>und</strong> anderen Eigenschaften der Umgebung. Diese<br />

Veränderungen wirken sich ihrerseits auf das vom Betrachter Wahrgenommene aus, sowie<br />

darauf, wie er sich selbst, andere Betrachter, die Landschaft <strong>und</strong> das Material / die Struktur<br />

des Pavillons wahrnimmt.” 15<br />

15 Aus Dan Graham - Anmerkungen <strong>zu</strong> meinen Zweispiegel-Pavillons<br />

127


128<br />

Nicolas Poussin, Mariä Himmelfahrt, 1926<br />

Johann Samuel Halle, Magie oder die Zauberkräfte der Natur, 1784<br />

Weiche Displays<br />

Unter weichen Displays versteht man im Allgemeinen Projektionsflächen <strong>und</strong> Volumina, die nicht<br />

aus Feststoffen bestehen. Da<strong>zu</strong> zählen Materialien wie Dampf, Wolken, Nebel oder Rauch, auf die<br />

projiziert werden kann. Der Begriff der weichen Displays wurde 2011 von Gunnar Schmidt in die<br />

Kunst- <strong>und</strong> Medientheorie eingeführt. Mittels <strong>Licht</strong>strahlen werden auf diese nahe<strong>zu</strong> immateriellen<br />

Displays Schriftzüge oder Bilder projiziert. Vorläufer dieser Methode sind bereits in den magischen<br />

Theatern des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>zu</strong> finden.<br />

Der Rauch nimmt unter den atmosphärischen Trübungen wie Nebel, Dunst <strong>und</strong> Wolken einen<br />

Sonderstatus ein. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den kalten <strong>und</strong> feuchten eben genannten ist der Rauch als<br />

Produkt des Feuers meist eine Referenz auf ein menschliches kulturelles Handeln wie Kochen,<br />

Heizen, Produzieren oder Kriegführen. Rauch zeigt Prozesse an, die etwas verändern. In der<br />

Moderne wurden aufsteigende Rauchschwaden <strong>zu</strong> einem Symbol der Industrie <strong>und</strong> des Krieges.<br />

In der christlichen Ikonografie findet sich die Vorstellung des Aufstiegs der Seele in Form<br />

einer Rauchwolke. In Nicolas Poussins Mariä Himmelfahrt (1626) wird die heilige Jungfrau von<br />

dunklem Rauch hinaufgetragen, der vom Alter ausgeht. Es wird vermutet, dass die Heiligung des<br />

Rauches auf die Biblische Offenbarung <strong>zu</strong>rück geht wo er als Medium für das Gebet dient. Der<br />

Rauch wirkt als Symbol für den transzendalen Leib Christi, gleichzeitig nutzt der Gläubige ihn als<br />

Gebetsmedium.<br />

129


Ètienne-Gaspard Robertsonn, Mémories Récréatifs KOMMA Scientifiques et Anecdotiques, ca 1832<br />

130<br />

Zur Zeit der Aufklärung im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert treten die mit dem Rauch assoziierten<br />

Vergänglichkeitsmetaphern <strong>und</strong> Transvormationsvorstellungen in den Hintergr<strong>und</strong>. Es entstehen<br />

multimediale Vorführungen, angesiedelt zwischen Show, Religion, Magie, Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Schauerromantik, die unter dem Gattungsnamen Phantasmagorie16 <strong>zu</strong>sammengefasst<br />

werden. Der Mittelpunkt solcher Vorführungen war eine Rauchprojektion, eine Abbildung einer<br />

verstorbenen Person oder geisterhaften Figur. Der Rauch war <strong>zu</strong>gleich Medium der Täuschung<br />

<strong>und</strong> der Aufklärung. Wie lange es Rauchprojektionen schon gibt, ist unbekannt. Die ersten<br />

Beschreibungen des Verfahrens mit einer laterna magica auf Rauch <strong>zu</strong> projizieren findet man<br />

gegen Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Zu dieser Zeit wurden Rauchprojektionen populär, später<br />

gerieten sie in Vergessenheit <strong>und</strong> tauchten erst im Kontext der Avantgardekunst des beginnenden<br />

20 Jahrh<strong>und</strong>erts wieder auf.<br />

Rauchprojektionen gelten auf Gr<strong>und</strong> ihrer starken Aura als Meilenstein in der Geschichte der<br />

Ikonografie <strong>und</strong> wegen ihres mystischen <strong>und</strong> metaphysischen Charakters als Gegenpol <strong>zu</strong>r hohen<br />

Kunst. Die Vorführungen dieser Technik hatte in ihren Anfängen eine Aura des Mystischen <strong>und</strong><br />

des Okkulten. Nicht selten kam es vor, dass die Zuseher angsterfüllt ihre Degen zückten als in<br />

einer Rauchwolke eine geisterhafte Gestalt erschien.<br />

Die Phantasmagorie wird vornehmlich im Kontext der Anti-Aufklärung gesehen, propagiert<br />

durch religiöse Enthusiasten <strong>und</strong> Phantasten <strong>und</strong> spielt in der Entwicklung der frühen<br />

Massenunterhaltung eine zentrale Rolle. Gleichzeitig führt der wissenschaftliche Zugang <strong>zu</strong>r<br />

natürlichen Magie scheinbar übernatürliche Phänomene auf rationale Ursachen <strong>zu</strong>rück. Viele<br />

Bildungsbürger oder katholische Gelehrte waren sich der spiritualitätslosen Künstlichkeit ihrer<br />

Vorführungen bewusst, nur das ungebildete Publikum lies sich täuschen <strong>und</strong> konnte Präsenz <strong>und</strong><br />

Repräsentation, Sein <strong>und</strong> Schein, nicht unterscheiden.<br />

16 Eine Phantasmagorie (von altgriechisch φάντασμα phantasma „Trugbild“ sowie altgriechisch ἀγορά agora<br />

„Versammlung“) bezeichnet wörtlich die Darstellung von Trugbildern vor Publikum. Allgemeiner versteht man darunter ein<br />

Truggebilde oder Gaukelbild. In der Kunst versteht man darunter die Darstellung von Trugbildern, <strong>zu</strong>m Beispiel in fantastischen<br />

Bildern oder auf der Bühne. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Phantasmagorie<br />

131


Foto: Mara Eggert<br />

132<br />

Adolf Luther, Bühnenbild <strong>zu</strong> “Tristan <strong>und</strong> Isolde”, Frankfurter Oper, 1977,<br />

Adolf Luther, Fokussierender <strong>Raum</strong>, 1968<br />

Auch im Theater wurde das neue Illusionsmedium eingesetzt. Das Erscheinen der geisterhaften<br />

Gestalten während Inszenierungen von Schiller, Shakespeare oder Lessing rief überemotionale<br />

Reaktion wie Zwischenrufe, Schluchzen, Weinen <strong>und</strong> sogar Ohnmachten hervor. Derartige<br />

Verhaltensweisen wurden damals als durchaus angemessen betrachtet. Dieses Spiel mit den<br />

Klischees der Nekromantie, der Totenbeschwörung, wurde immer auch als wissenschaftliches<br />

Amüsement angekündigt. Dennoch fiel es den meisten Zusehern schwer, die Illusionen rein<br />

rational <strong>und</strong> nüchtern <strong>zu</strong> rezipieren. Ziel der Vorführungen war weder Belehrung noch Bekehrung<br />

sondern den Zuschauer mit seinem ganzen Sensorium in Anspannung <strong>zu</strong> versetzen.<br />

Die Rauchprojektion um 1800 ist also weder Theater oder Protokino, noch Magie oder<br />

Religion, sie ist das Urmodell des Special Effect. Obwohl dieser sich damals immer in einem,<br />

<strong>zu</strong>meist narrativen, Kontext befindet, wirkt er <strong>zu</strong>erst <strong>und</strong> vor allem aus sich heraus. Er übersteigt<br />

Alltagserfahrungen, Erwartungen <strong>und</strong> gewohnte Wahrnehmungsmuster <strong>und</strong> ist daher so stark,<br />

dass er das Erzählerische unterbricht <strong>und</strong> als eine Erfahrung für sich selbst steht.<br />

Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts verliert die nun allgemein bekannte Rauchprojektion ihren<br />

Sensationswert <strong>und</strong> gerät in Vergessenheit. Zum Teil liegt das an der Logik von Special Effect<br />

Evolutionen. Neue Effekte müssen die alten immer übertreffen um <strong>zu</strong> funktionieren <strong>und</strong> einer<br />

erlebbaren Sensation gerecht <strong>zu</strong> werden. Andererseits ist vermutlich auch die industrielle<br />

Revolution für den Niedergang der Rauchprojektion mitverantwortlich. Nach der Optimierung der<br />

Dampfmaschine, auch Feuermaschine, durch James Watt, entsteht eine Industriegesellschaft,<br />

die auf Verbrennung basiert. Der Rauch aus den Fabriksschloten <strong>und</strong> Lokomotiven wird <strong>zu</strong>r<br />

Alltagsästhetik <strong>und</strong> trivialisiert seine religiöse <strong>und</strong> magische Semantik. Der Rauch wurde <strong>zu</strong>m<br />

Abfallprodukt.<br />

1954 entstand die Arbeit Rauch zwischen Glas des deutschen <strong>Licht</strong>- <strong>und</strong> Kinetikkünstlers<br />

Adolf Luther (1912 - 1990). Dem zwischen zwei Glasplatten aufsteigenden Rauch weist Luther<br />

eine Rolle <strong>zu</strong>, die sich wie er sagt „für die Artikulierung des <strong>Raum</strong>es“ eignet. Der <strong>Raum</strong> wird an<br />

<strong>Licht</strong>funktion erfahrbar. Rauch ist für Luther ein Index für eine transoptische Realität: Wo kein<br />

Display ist, ist <strong>Licht</strong> nicht sichtbar. Rauch macht <strong>Licht</strong> sichtbar. Luther stellt das Rauchen <strong>und</strong><br />

die Bewegungen des Rauches in den Kontext der Kunst. Im Jahr 1968 installiert er erstmals die<br />

Arbeit Fokussierender <strong>Raum</strong>. Zahlreiche Hohlspiegel werden aufgestellt <strong>und</strong> darüber Projektoren<br />

angebracht. Zigarettenrauch <strong>und</strong> Staubpartikel werden in den von Spiegeln erzeugten <strong>Licht</strong>kegeln<br />

sichtbar. Die Kegel wirken einerseits räumlich, andererseits werden sie durch die Bewegungen<br />

des Rauches als kinetisches Phänomen erlebbar.<br />

133


134<br />

Anthony McCall: Line Describing a Cone, 1973 (24. Minute), Whitney Museum, 2002<br />

Im Jahr 1973 revolutioniert Anthony McCall (*1946) mit seiner Arbeit Line Describing a Cone das<br />

Kino. Durch den Rauch der Zigaretten <strong>und</strong> Zigarren im Kinosaal wird die dicke Luft des Kinoraums<br />

selbst <strong>zu</strong>r Projektionsfläche. Im Format eines 16mm Film wird <strong>zu</strong>erst ein kleiner weißer Punkt auf<br />

die Leinwand projiziert. Im Verlauf von 30 Minuten wird dieser Punkt <strong>zu</strong> einer Linie die einen Kreis<br />

formt. Im Kinosaal bildet die Projektion des Kreises vom Projektor bis <strong>zu</strong>r Leinwand einen Kegel.<br />

Das Kinobild wurde dreidimensional, der Kinoraum <strong>zu</strong>r Projektionsfläche.<br />

Die Vorführung dieser Arbeit gilt als Geburtsst<strong>und</strong>e des Extended Cinema. Für Ausstellungen in<br />

Museen musste McCall seine Arbeit immer öfter adaptieren. Der Wechsel der Präsentationsorte<br />

der Arbeit ging mit einem Wandel der Display-Ästhetik einher. Der Zigarettenrauch wurde durch<br />

künstlichen Nebel so genannter Hazer Maschinen ersetzt, der Filmprojektor durch digitale<br />

Videobeamer. Das digitale Bild ist im Gegensatz <strong>zu</strong>m Filmbild absolut stabil <strong>und</strong> zitterfrei, die<br />

Projektion ist geräuschlos. Für McCall korrespondiert das Filmbild in seiner Körnigkeit <strong>und</strong><br />

sichtbaren Verletzbarkeit mit der Rauheit staubiger <strong>und</strong> verrauchter Fabrikhallen, das störungsfreie<br />

digitale Bild hingegen mit der Reinheit des White bzw. Black Cubes.<br />

McCall schreibt über die digitale Version von Line Describing a Cone:<br />

„Sie wird keine Makel haben. Sie wird lautlos sein. Sie wird den Titel Line Describing a Cone<br />

2.0 tragen, wodurch sie nicht als Remake ausgezeichnet ist, sondern als eine zweite Version.<br />

Sie wird nicht die Filmversion ersetzen. Es mag sein, dass 2.0 im Laufe der Zeit größeres<br />

Publikum bekommt als die Filmversion. Oder es kann sein, dass 2.0 die Menschen <strong>zu</strong>r<br />

Filmversion <strong>zu</strong>rückführt.“<br />

135


136<br />

Olafur Eliasson, Beauty, 1993<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>m Rauch, der in der semantischen Tradition biblischer <strong>und</strong> profaner<br />

Höllenvorstellungen steht, obliegt den Wolken <strong>und</strong> dem Nebel eine erhabene Konnotation.<br />

Nebel, ob in Schwaden, Meeren, Schleiern oder Wänden, Dunst- <strong>und</strong> Dampfwolken ist, als<br />

Ausfall der Vision, mit Reaktionen der Melancholie basierend auf einer gespenstischen<br />

Bilderlosigkeit verknüpft. Der Medientheoretiker Marshall McLuhan (1911 - 1980) beschreibt die<br />

Projektionskunst im Zusammenhang mit Nebel als Befüllen des Nullmediums Dampfschleier mit<br />

Halluzinationen. Der Künstler inszeniert so<strong>zu</strong>sagen den Zweikampf zwischen Bilderlosigkeit <strong>und</strong><br />

Screen. Er macht projizierte Bilder <strong>zu</strong> flüchtigen Erscheinungen.<br />

In der Geschichte dienten Wolken fast ausschließlich <strong>zu</strong>r Projektion von Schriftbotschaften.<br />

Dampfprojektionen hingegen empfingen Bilder oder <strong>Licht</strong>spiele <strong>und</strong> sind somit direkte ästhetische<br />

Verwandte der Rauchprojektionen. Diese wurden immer im Innenraum eingesetzt, Nebel hingegen<br />

eignet sich <strong>zu</strong>r Ausdehnung ins Freie <strong>und</strong> wurde so ein wichtiges Element in der Freiluftkunst.<br />

“Der Begriff der Nebelbilder findet sich seit dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert in zwei Formen, beide<br />

thematisieren ein dramatisches Spiel von Erscheinen <strong>und</strong> Verschwinden sowie von Schärfe<br />

<strong>und</strong> Undeutlichkeit:<br />

1) „Bilder einer laterna magica, die […] auf einer Wand erscheinen <strong>und</strong> durch Veränderungen<br />

in der Stellung der Laterna magica <strong>zu</strong>m allmählichen oder plötzlichen Erscheinen, <strong>zu</strong>m<br />

nebelhaften Verschwimmen oder Verschwinden gebracht werden“ <strong>und</strong><br />

2) Zwei Projektionen werden so ausgerichtet, dass die Bilder annähernd entlang der<br />

gleichen optischen Achse übereinander projiziert werden. Das <strong>Licht</strong> des einen Projektors<br />

wird im gleichen Maße gedimmt, wie das des anderen aufgeblendet wird. Auf diese Weise<br />

kommt nicht nur ein gleitender Übergang zwischen den beiden Bildern <strong>zu</strong>stande, es wird<br />

auch ein Blur-Effekt beim Überlagerungsvorgang erzeugt. […] In beiden Fällen spielt neben<br />

Unschärfe <strong>und</strong> Schärfe die Bewegung eine wesentliche Rolle. Unschärfe <strong>und</strong> Bewegung<br />

sollen Information nicht reduzieren, sondern […] Lebendigkeit evozieren. 17<br />

17 Gunnar Schmidt – Weiche Displays, 2011 S. 93,<br />

137


138<br />

Rosângela Rennó, Experiência de Cinema, 2004<br />

„Dampf versetzt den Betrachter in einen neuen Wahrnehmungs<strong>zu</strong>stand, an einem Ort, wo<br />

eine prekäre Balance zwischen den Bekannten <strong>und</strong> Unbekannten herrscht. Die Realitäten<br />

befinden sich in jenem Moment der Wahrnehmung in der Bewegung; widersprüchlich,<br />

beharrlich <strong>und</strong> elegant. So sehr das Publikum durch den Dampf verändert wird, so sehr<br />

verändert das Publikum den Dampf. […] Dampf-Installationen sind Ereignisse, in denen<br />

Reaktionen nicht diktiert werden, mit denen nicht intendiert wird, nur eine Sicht eine Realität<br />

<strong>zu</strong> werfen. Ästhetische Erfahrung steht allen <strong>zu</strong>r Verfügung […] Alte Bedeutungen bleiben<br />

erhalten <strong>und</strong> werden auf höherer Bewusstseinsstufe reintegriert. Dampf ist für mich eine<br />

Manifestation des kollektiven Traums.” 18<br />

Die hippieske Philosophie der späten Siebziger gilt heute als naiv, ihre ästhetische Kernaussage<br />

hat sich jedoch bis heute gehalten: Die Kunst wurde von der intellektuellen Geistigkeit befreit um<br />

in reiner Sinnlichkeit wirken <strong>zu</strong> können.<br />

„Da die Dampfschwaden ästhetische Zufallsereignisse sind <strong>und</strong> in ihrer ambivalenten<br />

Doppeleigenschaft als Bildraum <strong>und</strong> Bildvernichter fungieren, kann nicht mehr davon<br />

gesprochen werden, dass darin Botschaften enthalten sind, die auf einen Sender verweisen.<br />

Der Rezipient muss daher keine Verstehensleistung erbringen.“ 19<br />

In den frühen Nebelinstallationen werden alltägliche Materialien <strong>und</strong> Phänomene kunstwürdig<br />

gemacht. Der Transformationsprozess des Gewöhnlichen in etwas Ungewöhnliches erzeugt<br />

durch die Entkoppelung von ihrem ursprünglichen Sinn neue Wahrnehmungssituationen,<br />

die den Rezipienten da<strong>zu</strong> einladen soll, ein Geschehen außerhalb seiner gewohnten<br />

Wahrnehmungsmuster <strong>zu</strong> erkennen <strong>und</strong> <strong>zu</strong> genießen. Die mit Nebel <strong>und</strong> Dunst bespielten Räume<br />

sind betretbare Bilder, Erlebnisräume die einen traumartigen Wahrnehmungs<strong>zu</strong>stand hervorrufen<br />

sollen. Dieser Effekt findet seinen intensiven Höhepunkt im „Kollektiven Traum“ der Technokunst<br />

der 1980er Jahre. Anfang der 90er verschwinden utopische Nebel <strong>und</strong> Laserstrahlen aus Kunst<br />

<strong>und</strong> Popkultur. Künstler wie Olafur Eliasson greifen die klassische Ästhetik des Schönen wieder<br />

auf <strong>und</strong> legen dabei die wissenschaftlichen Komponenten <strong>und</strong> Konstruktionen offen.<br />

18 Joan Brigham: Steam Screens, 1979<br />

19 Gunnar Schmidt: Weiche Displays, 2011, S 111<br />

139


140<br />

Eigene <strong>Arbeiten</strong><br />

141


Fluid Sculpture #22, 2005<br />

Analogfotografie<br />

9 x 13 cm<br />

142<br />

Fluid Sculptures ist eine Fotoserie, die während meiner künstlerischen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit<br />

Nebel entstand. Die Arbeit behandelt die Nebelwolke als Trägermedium für reines <strong>Licht</strong> <strong>und</strong><br />

verzichtet auf die Projektion eines Bildes. Die Wolke selbst ist das Bild in seiner skulpturalen<br />

räumlichen Erscheinung, sichtbar gemacht durch die Projektion von reinem weißen <strong>Licht</strong>.<br />

143


Fluid Sculpture #7, 2005<br />

Analogfotografie<br />

9 x 13 cm<br />

144<br />

Fluid Sculpture #9, 2005<br />

Analogfotografie<br />

9 x 13 cm<br />

145


iding a cloud / hiding in a cloud, 2006<br />

Lambdaprints auf Aluminium<br />

je 30 x 40 cm<br />

146<br />

Das Dyptichon Riding a Cloud / Hiding in a Cloud ist der Versuch den menschlichen Körper mit<br />

der Nebelwolke als dynamische Skulptur in Interaktion <strong>zu</strong> bringen. Die scheinbare Bändigung der<br />

Wolke im tollkühnen Sprung im ersten Bild verweist auf einen präzisen <strong>und</strong> kontrollierten Umgang<br />

mit dem Material, der Sturz im zweiten Bild in die Wolke zeigt das diese zwar geringfügig auf den<br />

bewegten Körper reagiert, aber kaum Spielraum für Interaktion <strong>zu</strong>lässt.<br />

“Fallen als Experiment: Im gezeigten Dyptichon geht es um den Aufstieg <strong>und</strong> Fall im<br />

physikalischen Sinn des Wortes. Dem Sprung folgt der Fall, dem Aufstieg der Abstieg,<br />

dem Sieg die Niederlage, der Manie die Depression. Der bildhauerisch unbezwingbare<br />

Werkstoff Nebel wird im ersten Bild gebändigt. Die Figur des Künstlers reitet auf der Wolke<br />

<strong>und</strong> triumphiert. Im zweiten Bild ist der unausweichlich erfolgte Absturtz <strong>zu</strong> sehen. Die<br />

Schwerkraft hat den Künstler bezwungen. Er stürzt in die Wolke <strong>und</strong> verschwindet vor dem<br />

Auge des Betrachters.” 1<br />

1 Kristin Dittrich, Kuratorin des 2. internationalen Fotografiefestivals Leipzig, 2008<br />

147


Duetto Nébuleux, Videostills, 2008<br />

148<br />

Gemeinsam mit den ChoreografInnen <strong>und</strong> Tänzern Luise Wagner <strong>und</strong> Ingo Reulecke arbeitete ich<br />

an einer Performance, die Nebelwolke <strong>und</strong> Körper in Interaktion bringen sollte. Die Tänzerinnen<br />

sollten den Nebel als mittanzendes Objekt mit ihren Körpern tänzerisch interpretieren.<br />

Für diese Performance entwickelte ich spezielle Kostüme, die Nebelanzüge. Ich präparierte<br />

Einwegoveralls in dem ich an den Oberseiten der Extremitäten kleine Öffnungen schnitt. In<br />

ein Hosenbein eines Performers wurde ein Schlauch eingeführt, der mit einer Nebelmaschine<br />

verb<strong>und</strong>en war. Auf diese Weise wurde Nebel unter die Overalls der Tänzer geblasen, der durch<br />

die kleinen Öffnungen an Armen <strong>und</strong> Beinen austrat <strong>und</strong> so eine Wolke erzeugte, die erst den<br />

Körper des Tänzers umhüllte, <strong>und</strong> dann langsam aufstieg. Die Lufttemparatur war während den<br />

Performances ein wesentlicher Faktor, da der Nebel je nach Temparatur langsamer oder schneller<br />

aufstieg oder sank. Je nachdem veränderte sich die Choreografie.<br />

149


150<br />

Nebelan<strong>zu</strong>g<br />

Der Nebelan<strong>zu</strong>g wurde 2008 entwickelt. Er sollte es möglich machen, den Körper in direkte<br />

Interaktion mit künstlichem Nebel <strong>zu</strong> bringen. Es erschien mir besonders spannend den Körper<br />

<strong>zu</strong>r Quelle des Mediums <strong>zu</strong> machen. Ich entwickelte also einen An<strong>zu</strong>g, eine zweite Haut, unter der<br />

sich der Nebel sammeln konnte, der durch einen Schlauch in ein Hosenbein geblasen wurde. In<br />

dieser Haut befanden sich mehrere kleine Öfnnungen an Armen <strong>und</strong> Beinen, sodass der Akteur<br />

mit gezielten Bewegungen Nebel austreten lassen konnte, <strong>und</strong> mit seinen Extremitäten in der Luft<br />

Spuren aus dem ausströmenden Nebel bilden konnte.<br />

Der An<strong>zu</strong>g besteht aus einem luftdichtem aber athmungsaktiven Chemieschutzoverall, mit den<br />

vorhin erwähnten hin<strong>zu</strong>gefügten Öffnungen, einer Nebelmaschine, einem Kühlrohr mit Fuß aus<br />

klarlackiertem Stahlrohr <strong>und</strong> einem PVC Panzerschlauch <strong>zu</strong>r Verbindung der Nebelmaschine mit<br />

dem An<strong>zu</strong>g.<br />

Nebelan<strong>zu</strong>g (Fog Suit), 2008<br />

Ausstellungsansicht Galerie Vujasin Wien, 2008<br />

151


Performance mit dem Nebelan<strong>zu</strong>g, MUSA, Wien, 2009<br />

Polaroids <strong>zu</strong>r Dokumentation von Gregor Titze<br />

152<br />

Performance mit dem Nebelan<strong>zu</strong>g, MUSA, Wien, 2009<br />

Polaroids <strong>zu</strong>r Dokumentation von Gregor Titze<br />

153


Performance mit dem Nebelan<strong>zu</strong>g<br />

Tanzmedienakademie Kunstfest Weimar, Viehauktionshalle, 2008 1<br />

Digitalfotografien<br />

1 Die Performance wurde im Rahmen der Tanzmedienakademie am Kunstfest Weimar 2008 aufgeführt. Es war das finale<br />

einer siebenteiligen Gesamtperformance an der insgesammt vier Choreografen, zwölf Tänzer, vier Medienkünstler <strong>und</strong> ein Komponist<br />

mitwirkten. Für die Aufführung wurde gemeinsam mit Choreograph <strong>und</strong> Tänzer Ingo Reulecke eine Choreographie mit einem Trio,<br />

zwei Duette <strong>und</strong> einer Soloperformace entwickelt.<br />

154<br />

155


Performance mit dem Nebelan<strong>zu</strong>g<br />

Tanzmedienakademie Kunstfest Weimar, Viehauktionshalle, 2008<br />

Digitalfotografie<br />

156<br />

Performance mit dem Nebelan<strong>zu</strong>g<br />

Tanzmedienakademie Kunstfest Weimar, Viehauktionshalle, 2008<br />

Digitalfotografie<br />

157


Wolken bearbeiten, MUSA, Wien, 2009<br />

Performance<br />

Polaroids <strong>zu</strong>r Dokumentation von Gregor Titze<br />

158<br />

159


Ohne Titel (aus der Serie “Working on Clouds”), 2009, Ausstellungsansicht Galerie Vujasin, Wien<br />

Lambda Print auf Aluminium<br />

je 70 x 100 cm<br />

160<br />

161


Ohne Titel (Seduction of a Beverage Vending Machine)<br />

2009<br />

Inkjetprint auf Washi von Videostill<br />

14 x 24,5 cm<br />

162<br />

Ohne Titel<br />

Nirgendwo konnte ich eine derartige Dichte an Menschen, Architektur, <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> So<strong>und</strong><br />

wahrnehmung wie in Tokio, insbesondere im Shopping- <strong>und</strong> Entertainementbezirk Shibuya.<br />

Die neben dem Bahnhof Shibuyas gelegene Alle-Gehen-Kreu<strong>zu</strong>ng, bekannt als Symbol der<br />

Geschäftigkeit <strong>und</strong> Enge Tokios, wird <strong>zu</strong> abendlichen Spitzenzeiten pro Ampelphase von bis<br />

<strong>zu</strong> 15.000 Menschen überquert. Die Kreu<strong>zu</strong>ng bildet das Zentrum des Stadtteils. Ein weiteres<br />

Viertels ist der Hügel Dogenzaka. Er ist Tokios Zentrum des Nachtlebens mit vielen Diskotheken<br />

<strong>und</strong> St<strong>und</strong>enhotels, sogenannten Love - Hotels. Die Farb- <strong>und</strong> <strong>Licht</strong>welt in den Einkaufsstraßen<br />

ist auffallend greller <strong>und</strong> seduktiver als man es in Europe gewohnt ist. Die Werbung ist hier<br />

auf einzigartige Weise mit der Architektur verschmolzen. Architektur <strong>und</strong> <strong>Licht</strong> sind nicht mehr<br />

voneinander <strong>zu</strong> trennen. Ich habe gelesen dass das menschliche Gehirn beim Gehen durch<br />

die Stadt den Großteil der Reize <strong>und</strong> Informationen der Umwelt aus seiner Wahrnehmung<br />

herausfiltert. Da in Tokio ungewohnt viele Reize existierten, benötigte ich eine gewisse Zeit um<br />

mich an die Dichte an visueller <strong>und</strong> akustischer Information <strong>zu</strong> gewöhnen. Ich durchlebte diese<br />

Gewöhnungsphase äußerst euphorisch <strong>und</strong> untersuchte Shibuya als einen vom künstlichen <strong>Licht</strong><br />

geprägten Ort mit der Kamera. Beim abentlichen Flanieren durch die menschendruchströmten<br />

Einkaufsstraßen habe ich meinen Weg durch die Stadt aus meiner Perspektive festgehalten. Aus<br />

bestimmten Videostills entstand eine Reihe von <strong>Arbeiten</strong> die sich mit der Ästhetik der Urbanität<br />

Tokios auseinandersetzen. Mit der Videokamera erforschte ich die Stadt nach Details die über<br />

die Qualität verfügten als pars pro totoum die Ästhetik der Stadt <strong>zu</strong> repräsentieren. Aus vielen<br />

St<strong>und</strong>en Videomateriel wurden einige Videostills ausgewählt die ich auf feines japanisches Washi<br />

Papier druckte.<br />

163


Ohne Titel (Hotel 15)<br />

2009<br />

Inkjetprint auf Washi von Videostill<br />

14 x 24,5 cm<br />

164<br />

Ohne Titel (Hotel Beatwave)<br />

2009<br />

Inkjetprint auf Washi von Videostill<br />

14 x 24,5 cm<br />

165


Ohne Titel (aus der Serie Tokyo Prints), 2010<br />

Karl Kühn & Patrick Wagner<br />

Radierung / Fotogravur von Videostill auf Somerset Bütten<br />

53 x 76 cm<br />

166<br />

Die Serie Tokyo Prints entstand in Kooperation mit Patrick Wagner (*1980). Er lebte einige<br />

Monate in Tokio <strong>und</strong> führte während dieser Zeit ein Tagebuch in Form von stichwortartigen<br />

Textnotitzen. Aus diesen machte er Lithografien.<br />

Ich hielt mich im Zuge einer Japan Reise etwa eine Woche in Tokio auf, wo ich einiges an<br />

Foto- <strong>und</strong> Videomaterial herstellte. Ich wählte Videostills aus, die als Vorlage für Fotogravuren<br />

dienten, die gemeinsam mit Herrn Wagners Texten auf große Papierbögen gedruckt wurden. Die<br />

entstandenen <strong>Arbeiten</strong> beinhalten also die Blicke zweier Personen auf die Stadt. Herrn Wagners,<br />

in Form von Text, <strong>und</strong> meine, in Form von Bildern.<br />

167


Ohne Titel (aus der Serie Tokyo Prints), 2010<br />

Karl Kühn & Patrick Wagner<br />

Radierung / Fotogravur von Videostill auf Somerset Bütten<br />

53 x 76 cm<br />

168<br />

Ohne Titel (aus der Serie Tokyo Prints), 2010<br />

Karl Kühn & Patrick Wagner<br />

Radierung / Fotogravur von Videostill auf Somerset Bütten<br />

53 x 76 cm<br />

169


170<br />

171


DADSSA (Die Ausstellung die sich selbst ausstellt), 2005<br />

Axel Koschier <strong>und</strong> Karl Kühn<br />

Installationsansichten, Ordinariat für Medienübergreifende Bild-, Ton- <strong>und</strong> <strong>Raum</strong>gestaltung, Universität für<br />

Angewandte Kunst Wien, 2005<br />

172<br />

173


Feedbackstudie, 2007<br />

Digitalfotografie<br />

Axel Koschier <strong>und</strong> Karl Kühn<br />

174<br />

Die Ausstellung die sich selbst ausstellt, 2007<br />

Konzeptzeichnung<br />

175


176<br />

das synthie modul, Ohne Titel (UV-Polaroid), 2004<br />

Die Performancegruppe das synthie modul wurde 2002 von Karl Kühn, Bernhard Rasinger,<br />

Axel Koschier <strong>und</strong> Gregor Titze in Wien gegründet. Die Gruppe arbeitete mit analogen, digitalen<br />

<strong>und</strong> Hybrid- Synthesizern <strong>und</strong> erzeugte elektronische Experimental- <strong>und</strong> Tanzmusik. Für jede<br />

Live-Performance wurde eine spezielle Installation konzepiert. Die beiden Architektur- <strong>und</strong><br />

Kunststudenten Koschier <strong>und</strong> Kühn widmeten sich der installativen Arbeit mit <strong>Raum</strong>, <strong>Licht</strong> <strong>und</strong><br />

Projektionen, der Infrastrukturtechniker Rasinger sorgte für die notwenige elektrische Versorgung<br />

der <strong>Licht</strong>- <strong>und</strong> Tonanlagen <strong>und</strong> war für die hochkomplexe Verkabelung der Geräte Verantwortlich<br />

<strong>und</strong> Fotograf Gregor Titze widmete sich einzelnen Details. In die <strong>Raum</strong>installationen wurden<br />

Leuchtkörper, UV-aktive Materialien, Videoprojektionen <strong>und</strong> Screens integriert.<br />

Neben der Arbeit mit den Instrumenten entwickelte die Gruppe eine eigene Installationsästhetik.<br />

Die Geräte, die auf selbstangefertigten Gestängen montiert waren, wurden mit Leuchtkörpern <strong>und</strong><br />

<strong>Licht</strong>reflektierenden Materialien präpariert. Wichtiges Gestaltungselemente <strong>zu</strong>r Ästhetisierung der<br />

Installationen war Schwarzlicht <strong>und</strong> Materialien die auf dieses visuell reagierten. Die Performer<br />

selbst trugen spezielle Anzüge (Synthanzüge) mit glänzender schwarzer Oberfläche <strong>und</strong> einigen<br />

hellen fluoreszierenden Musterungen <strong>und</strong> Details. Die Gruppe verzeichnete etwa ein Duzend<br />

Liveauftritte. 1<br />

1 Ein Großteil der wöchentlichen Sessions im eigenen Tonstudio wurde mehrspurig Mitgeschnitten. Das Archiv der<br />

Aufnahmen erfasste im November 2011 0,72 Terrabyte. Einige Aufnahmen <strong>und</strong> Videoclips wurden im Internet, auf YouTube,<br />

MySpace <strong>und</strong> Ampster, veröffentlicht. Es erschien auch eine LP in einer exklusiven Auflage von 1 Stück, das dem schwedischen DJ<br />

Magnus geschenkt wurde, den die Band nie persönlich kennengelernt hatte. Die Gruppe hielt sich von der Musikerszene fern <strong>und</strong><br />

verstand sich als Kunstband. Kommerzieller Erfolg trag demgemäß nicht ein, trotzdem konnte die Band in der Wiener Kunstszene<br />

großen Anklang finden.<br />

177


178<br />

Synthkubus, Installation, 2005 - 2011, Ausstellungsansichten, Künstlerhaus Wien 2009<br />

Der Synthkubus gilt als die bekannteste Installation von das synthie modul. Sie wurde in mehreren<br />

Varianten gezeigt. Es handelt sich um eine etwa 3 x 3 x 2.4 m große Konstruktion, bestehend<br />

aus einem Rahmen aus 20mm Formrohren, die mit Eckelmenten verschraubt werden können.<br />

An jedem oben horizontal verlaufenden Gestänge ist ein Jalousiekasten montiert. Die Lamellen<br />

können herabgelassen werden <strong>und</strong> bilden so Wände. Mit je einer Handkurbel pro Wand können<br />

die Jalousien geöffnet <strong>und</strong> geschlossen werden. An diesen Stangen sind weiters an den<br />

Innenseiten je zwei 120cm UV-Leuchtstoffröhren montiert. Der Kubus definiert den <strong>Raum</strong> in<br />

dem sich die Instrumente, die Performer <strong>und</strong> der Tonmeister mit dem Hauptmischpult befinden. In<br />

den Kubus führt ein Starkstromkabel, hinaus zwei XLR Audiokabel. Das installierte Gerätesetup<br />

besteht aus vier Synthstationen. Jede dieser Stationen wurde von einem der Performer<br />

<strong>zu</strong>sammengestellt. Eine Synthstation besteht aus mehreren Synthesizern <strong>und</strong> Eingabegeräten,<br />

einem Mischpult, einem Funkkopfhörersystem <strong>und</strong> einigen Tuningdevices.<br />

Die vier Synthstationen sind über MIDI-, C/V Trigger- <strong>und</strong> analoge Audioschnittstellen miteinander<br />

verb<strong>und</strong>en. Im Rahmen des so<strong>und</strong>:frame fesivals 2009 installierte das synthie modul den<br />

Synthkubus im Wiener Künstlerhaus ohne eine Liveperformance <strong>zu</strong> geben. Die komplette Anlage<br />

war eingeschaltet, das brummen <strong>und</strong> knistern der leerlaufenden Geräte war <strong>zu</strong> hören. 1<br />

1 Folgende Geräte waren im Künstlerhaus 2009 installiert worden: BONTEMPI GERÄT / NO SERIAL / UNIQUE<br />

MODIFICATION BY ‘DAS SYNTHIE MODUL’ . CASIO DG-20 / serial number: 12062846. EMU EMAX MODEL 1000 / serial<br />

number: 2413 . MAM VF11 II-BAND VOCODER / . erial number: V111303001 . OBERHEIM OB-12 / serial number: 1163600<br />

ROLAND JX-8P / serial number: 616186 . ROLAND PG-800 / serial number: 620900 YAMAHA PSR-300 / serial number: 0153798 .<br />

YAMAHA PSS-580 / serial number: 035175 . YAMAHA FM SOUND GENERATOR FB-01G / UNIQUE ITEM WITH NO SERIAL<br />

NUMBER . YAMAHA MG10-2 / serial number: LI6 N89. ROLAND SH 2000 / serial number: 639937 . CASIO PT-30 / serial<br />

number: Y2040725 . CASIO SA-20 / serial number: K651328 (T430839) . CASIO VL1-TONE / serial number: 1 D205A. CASIO<br />

Casiotone MT-140 / serial number: Y026657. CASIO TB-1 / serial number: I2000803. ELTA 9215 / serial number: C05008615.<br />

LEVIS MC-2000A / NO SERIAL / UNIQUE ITEM, MODIFIED BY ‘DAS SYNTHIE MODUL’ . KORG MS2000B / serial number:<br />

000440 ROLAND JX-3P / serial number: 386781 . ROLAND PG 200 / serial number: 336100 . STYLOPHONE 350S / NO SERIAL<br />

/ UNIQUE MODIFICATIION BY ‘DAS SYNTHIE . MODUL’. YAMAHA PSS-570 / serial number: 049403 . YAMAHA PSR-200<br />

/ serial number: 0268955 . YAMAHA PSR-3 / serial number: 0016264 . YAMAHA FM SOUND GENERATOR FB-01G / serial<br />

number: 03665 . BEHRINGER EURORACK UB1204FX-PRO / serial number: N0541345160 / DATE CODE: 0507 . AKAI MPC2000<br />

/ serial number: B9745-10783 . ARP 2600 / serial number: 36200084 . BOSS PC-2 / serial number: 406100 . CASIO RAP-1 / serial<br />

number: 12476012 . KORG VC-10 / serial number: 160792. LINN DRUM LM II / serial number: 482 / MIDIFIED BY J.L. COOPER<br />

. MANDALA SYNTHESIA / serial number: 728B3 . MACKIE 1202-VLZ PRO / serial number: (21)BU129023 . NOVATION BASS<br />

STATION / serial number: 0007361 . ROLAND KD-7 / serial number: IW32706 . ROLAND SBX-2080 / serial number: 460262 .<br />

SIMMONS SDS 1 / serial number: 10691 . SIMMONS SDS 8 / serial number: 82469 . SIMMONS SDS 9 / serial number: 001964<br />

. SIMMONS SDS V / serial number: 001500 . ANTARES ATR-1A / serial number: 1030608452 . BEHRINGER ULTRA VOICE<br />

DIGITAL VX2496 / serial number: L0213580158 / DATE CODE 0103 .CASIO DG-7 / serial number: I026205A . CONTROL<br />

SYNTHESIS DB9 / serial number: 1268 LEXICON MX 200 / serial number: .NOVATION BASS STATION / serial number: 0005157<br />

. MAM SLM82 / serial number: S823999006 . MFB-SYNTH LITE 2 / serial number: 07391 . RED SOUND DARK STAR XP2 / serial<br />

number: 01764 . ROLAND G-77 / serial number: 590224 . ROLAND GR-77B / serial number: 600520 . YAMAHA CS2X / serial<br />

number: QX01040 . YAMAHA PSS-590 / serial number: 0049318 .<br />

179


das synthie modul, Synthkubus, Installationsansicht Kunsthalle am Karlsplatz Project Space, 2006<br />

Gregor Titze<br />

das synthie modul, Liveperformance, so<strong>und</strong>:frame dimensions Festival, Ottakringerbrauerei, 2010,<br />

so<strong>und</strong>:frame<br />

180<br />

das synthie modul, Liveperformance, so<strong>und</strong>:frame dimensions Festival, 2010<br />

so<strong>und</strong>:frame<br />

181


Ohne Titel (aus der Serie Linien), 2011<br />

Inkjetprint auf Washi,<br />

14 x 21 cm<br />

182<br />

In meiner Serie Linien beschäftige ich mich mit dem Medium der CAD basierenden Zeichnung.<br />

CAD Programme dienen Architekten in erster Linie <strong>zu</strong>r Herstellung von Zeichnungen <strong>und</strong> Plänen.<br />

Der Computer ermöglicht es hochkomplexe Zeichnungen an<strong>zu</strong>fertigen, die aus einer beinahe<br />

unendlichen Anzahl von Linien bestehen können.<br />

Ich erzeugte dreidimensionale CAD Modelle, bestehend aus mehreren Zehntausend schwarzen<br />

Linien <strong>und</strong> untersuchte sie auf ihre ästhetischen Qualitäten. Besonders spannend war es für mich<br />

dabei durch unterschiedlich feine Schattierungen <strong>und</strong> deren <strong>Licht</strong>-Schatten-Wirkung räumliche<br />

Tiefe <strong>zu</strong> erzeugen.<br />

Ohne Titel (aus der Serie Linien), 2011<br />

Inkjetprint auf Washi,<br />

14 x 21 cm<br />

183


Ohne Titel (aus der Serie Linien), 2011<br />

Inkjetprint auf Washi,<br />

14 x 21 cm<br />

184<br />

Ohne Titel (aus der Serie Linien), 2011<br />

Inkjetprint auf Washi,<br />

14 x 21 cm<br />

185


186<br />

187


188<br />

189


Abbildungsnachweis<br />

Contents<br />

8 Tofufa, 2008<br />

10 http://weheartit.com/entry/184890<br />

12 http://r<strong>und</strong>sicht.wordpress.com/2010/07/14/etienne-louis-boullee/<br />

14 http://resources21.kb.nl/gvn/POP01/POP01_04223_W.JPG<br />

16 http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Taut_Glass_Pavilion_exterior_1914.jpg<br />

18 http://greaterbuffalo.blogs.com/photos/jn_adamamas/schocken_stuttgart.html<br />

20 ABgs/Iegl9Mg7zQM/villa3.jpg<br />

20 http://www.strabrecht.nl/sectie/ckv/09/Internationaal/22<br />

24 Manfred Zimmermann<br />

26 http://www.stylepark.com/de/news/nichts-als-plaene/309187<br />

26 Bauhaus Archiv<br />

28 http://bauhaus-online.de/atlas/werke/barcelona-pavillon<br />

30 http://www.v-like-vintage.net/de/foto_details/<br />

38 http://verkehrskanzel.de/gallery/photos_so<strong>und</strong>/<br />

42 2010-2012.com<br />

44 Priska02<br />

44 malaysianwings.com<br />

45 Vreni, 2011<br />

45 Nikolaus2001at, 2010<br />

52 http://wp.casinoguide.com<br />

69 http://www.arthistoryarchive.com/arthistory/expressionism/images/<br />

70 http://www.tate.org.uk/collection/AR/AR00012_9.jpg<br />

71 http://spenceralley.blogspot.com/2011_12_01_archive.html<br />

74 http://www.artchive.com/artchive/T/tatlin/relief.jpg.html<br />

76 Bauhaus Archiv<br />

78 www.bauhaus.de<br />

80 http://www.lifepr.de/attachments/details/id/26587<br />

80 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bc/IKB_191.jpg<br />

82 http://laboscolaire.communaute-emg.net/<br />

84 http://hehe.org2.free.fr/<br />

86 http://twotapetraces.blogspot.com/2010/09/james-turrell-alta.html<br />

88 http://en.wikipedia.org/wiki/Roden_Crater<br />

90 Florian Holzherr, 2003<br />

90 http://gallery.electaweb.it/albums/userpics/10002/vista_estern<br />

92 Florian Holzherr, 2003<br />

94 http://hirambutlergallery.wordpress.com/2010/07/13/jame<br />

96 http://artisnotdead.blogspot.com/2011/08/no-words-for-james-turrells-ganzfeld.ht<br />

100 www.MAK.at<br />

102 http://museumuesum.tumblr.com/post/21160995525/dan-flavin-icon-v-corans-broadway-flesh-1962<br />

102 www.artnet.com<br />

104 bionade aus anonymer Privatsammlung, 2011<br />

105 Rayonism.blogspot.com/2011/03/stedelijk-ro<strong>und</strong>-three.html<br />

108 http://acegallery.net<br />

110 www.dioezese-linz.at<br />

114 http://mellabrown.tumblr.com/post/3449274229/bruce-nauman-my-name-as-though-it-were-written-on<br />

116 Giorgio Colombo, Milano<br />

116 Jonathan Hordle www picturedesk com<br />

117 Todd Lappin, 2008<br />

118 http://en.wikipedia.org/wiki/Olafur_Eliasson<br />

120 www.kunstdirektionwien.at<br />

122 http://www.olafureliasson.net/works/Harpa_11.html<br />

190<br />

124 http://lookintomyowl.com/images/olafur_eliasson-360degree_room_for_all_colours-2002.jpg<br />

124 http://wiki.arch.ethz.ch/twiki/bin/view/RZM/Med<strong>Raum</strong>e.html<br />

124 http://nyclovesnyc.blogspot.com/2008/06/room-for-all-colors-olafur-eliasson-at.html<br />

126 Karl Rüdiger<br />

126 Karl Rüdige<br />

132 Mara Eggert<br />

180 Gregor Titze<br />

180 so<strong>und</strong>:frame<br />

181 so<strong>und</strong>:frame<br />

Abbildungen ohne Angaben (c) Karl Kühn<br />

Literaturliste<br />

Marion Ackermann: Leuchtende Bauten, Stuttgard 2006<br />

Roland Barthes: La chambre claire (Die helle Kammer), Paris 1980<br />

Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt am Main 1966<br />

Samuel Becket: Das gleiche nocheinmal anders / Texte <strong>zu</strong>r bildenden Kunst, Frankfurt am Main 2000<br />

Beatrice von Bismarck: Bruce Nauman, Bonn 1998<br />

Le Corbusier: Le Modulor (Der Modulor), Paris 1956<br />

Dan Flavin: Die Architektur des <strong>Licht</strong>s, New York, 1999<br />

Josef Früchtl: Ästhetik der Inszenierung, Frankfurt am Main 2001<br />

Ulrike Gehring: Bilder aus <strong>Licht</strong>, Heidelberg 2006<br />

Peter Geimer: Ordnungen der Sichtbarkeit, Frankfurt am Main 2002<br />

Wolfgang Häusler / Conrad Lienhardt: Keith Sonnier. Skulptur - <strong>Licht</strong> - <strong>Raum</strong>, München 2003<br />

Kari Jormakka: Geschichte der Architekturtheorie, Wien 2003<br />

Wassily Kandinsky: Punkt <strong>und</strong> Linie <strong>zu</strong> Fläche, München 1926<br />

Walter Koschatzky: Die Kunst der Zeichnung, Salzburg 1977<br />

Anne Krauter: Die Schriften Paul Scheerbarts <strong>und</strong> der <strong>Licht</strong>dom von Albert Speer – Das grosse <strong>Licht</strong>, Basel, 1997<br />

Daniel Marzona: Minimal Art, Bonn 2004<br />

Daniel Marcus Mendelowitz: Mendelowitz’s Guide to drawing, New York 1976<br />

Laszlo Moholy-Nagy: Malerei Fotografie Film, Köthen 1927<br />

Bruce Nauman / Susan Cross: Bruce Nauman Theaters of Experience, 2003<br />

Manfred Pernice / Dr. Elenore Stoffel: 10 Jahre Skulpturenpark Köln, Köln 2007<br />

Herbert Read: Geschichte der modernen Malerei, München/Zürich 1959<br />

Markus Schroer: Räume, Orte, Grenzen, Frankfurt am Main 2006<br />

Gunnar Schmidt: Weiche Displays, Berlin 2011<br />

Tanizaki Jun’ichiro: In’ei-raisan (Lob des Schattens), 1933<br />

Paul Virilio: Esthétique de la dispartion (Ästhetik des Verschwindens), Paris 1980<br />

Paul Virilio: L’inertie polaire (Rasender Stillstand), Paris 1990<br />

VVS Saarbrücken: Mehr <strong>Licht</strong>, Berlin 1999<br />

Peter Weibel, Gregor Jansen: <strong>Licht</strong>kunst aus Kunstlicht, Karlsruhe 2005<br />

Hans M. Wingler: Das Bauhaus 1919 - 1933. Weimar - Dessau - Berlin <strong>und</strong> die Nachfolge in Chicago seit 1937, Dessau 1968<br />

Herta Wolf: Paradigma Fotografie, Frankfurt am Main 2002<br />

Kunstmuseum Wolfsburg: Olafur Eliasson. <strong>Arbeiten</strong> mit <strong>Licht</strong>. 1991 - 2004, Wolfsburg 2004<br />

Peter Zumthor: Architektur Denken, Baden Schweiz 1998<br />

191


Besonderer Dank gilt meiner Familie<br />

für Ihre Unterstüt<strong>zu</strong>ng während meiner <strong>Studien</strong>zeit.<br />

Weiters danke ich<br />

meinen Fre<strong>und</strong>en, Kollegen, Lehrenden <strong>und</strong> Arbeitgebern<br />

für ihren hochgradigen Input.

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