SB_18.748NLP
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2018<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Untersuchung zur<br />
Erhöhung der<br />
Prozesssicherheit und<br />
Wirtschaftlichkeit beim<br />
MSG-Schweißen durch<br />
Laserstabilisierung
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1 SYMBOLVERZEICHNIS ................................................................................................................. 2<br />
2 STAND DER TECHNIK UND FORSCHUNG ................................................................................. 3<br />
3 ZIELSTELLUNG UND METHODISCHER ANSATZ ....................................................................... 6<br />
4 LÖSUNGSWEG .............................................................................................................................. 7<br />
5 ARBEITSPAKETE UND ERZIELTE ERGEBNISSE ...................................................................... 8<br />
5.1 AP1 AUFBAU (ISF/LZH) ............................................................................................................ 9<br />
5.2 AP2 REFERENZVERSUCHE (ISF/LZH) ...................................................................................... 20<br />
5.3 AP3 DURCHFÜHRUNG VON SCHWEIßVERSUCHEN MIT VERSCHIEDENEN MSG-SCHWEIßVERFAHREN<br />
MIT LASERSTABILISIERUNG (ISF) .......................................................................................................... 21<br />
5.4 AP 4 ÜBERTRAGUNG AUF DIODENLASER (LZH)......................................................................... 34<br />
5.5 AP5 UNTERSUCHUNGEN BEZÜGLICH DER PROZESSSTABILITÄT UND PRÄZISION DURCH DIE<br />
LASERSTABILISIERUNG (ISF/LZH) ........................................................................................................ 43<br />
5.6 AP 6 INTEGRATION DES LASERSCANNERS (LZH/ISF) ................................................................ 85<br />
5.7 AP 7 BESTIMMUNG DER FÜHRUNGSMÖGLICHKEIT (ISF/LZH) ..................................................... 85<br />
5.8 AP 8 SCHMELZBADBEEINFLUSSUNG (LZH/ISF) ......................................................................... 98<br />
5.9 AP 9 ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG (LZH/ISF) ............................................................... 107<br />
5.10 AP 10 WIRTSCHAFTLICHKEIT (LZH/ISF) ................................................................................. 109<br />
6 GEGENÜBERSTELLUNG VON ERGEBNISSEN UND ZIELSETZUNG ................................... 112<br />
7 VORAUSSICHTLICHER NUTZEN DER ERGEBNISSE FÜR KMU .......................................... 114<br />
8 ERLÄUTERUNG DER KOSTENAUFTEILUNG ......................................................................... 114<br />
9 VERÖFFENTLICHUNGEN UND TRANSFERMAßNAHMEN .................................................... 115<br />
10 EINSCHÄTZUNG ZUR REALISIERBARKEIT DES VORGESCHLAGENEN UND<br />
AKTUALISIERTEN TRANSFERKONZEPTS ..................................................................................... 117<br />
11 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................................... 117<br />
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2 Stand der Technik und Forschung<br />
Das MSG-Schweißverfahren hat sich seit der ersten Anwendung Ende der vierziger Jahre des<br />
letzten Jahrhunderts zu dem am häufigsten eingesetzten Verfahren bei industriellen<br />
Anwendungen entwickelt. Im Laufe der Zeit wurden das Verfahren und der Lichtbogen als<br />
technologisches Werkzeug immer weiterentwickelt, so dass für viele Anwendungsfälle ein<br />
passender Prozess zur Verfügung steht. In Abbildung 1 sind die heute zur Verfügung<br />
stehenden verschiedenen Arbeitsbereiche der Lichtbögen im Strom-Spannungsdiagramm<br />
abgebildet, wobei sich der Arbeitsbereich des Impulslichtbogens vom Kurzlichtbogen bis zum<br />
Sprühlichtbogen erstreckt. In Abhängigkeit von den Strom-Spannungswerten ergibt sich der<br />
Energieeintrag sowie die Abschmelzleistung und dementsprechend der Einsatzbereich.<br />
Abbildung 1: Lage der Lichtbogenbereiche im Strom-Spannungsdiagramm[34]<br />
Ein wesentlicher Meilenstein bezüglich der verbesserten Einsatzmöglichkeiten des MSG-<br />
Prozesses war die Entwicklung der transistorgesteuerten Schweißstromquelle Anfang der<br />
siebziger Jahre [7]. Hierdurch ergaben sich erweiterte Einsatzmöglichkeiten für den Einsatz<br />
des Lichtbogenschweißprozesses aufgrund der verbesserten Reaktionsgeschwindigkeit bei<br />
dynamischen Beanspruchungen, wie z.B. bei äußeren Störeinwirkungen oder in der<br />
Zündphase. Gleichzeitig bot sich zum ersten Mal die Möglichkeit über die Schweißstromquelle<br />
den Prozessablauf dynamisch zu beeinflussen, was langfristig die Basis für die Entwicklung<br />
der Impulslichtbogentechnik bildete. Weitergehende Entwicklungen befassten sich mit der<br />
Verbesserung der kritischen Zünd- und Endphasen, bei denen durch gezielte<br />
phasenabhängige Steuerung der Energie und der Drahtbewegung eine werkstoffgerechte,<br />
spritzerarme Schweißnaht sichergestellt werden kann [8].<br />
Standen zunächst verfahrenstechnische Probleme im Focus der Entwicklungen, rückten<br />
anschließend immer mehr werkstoffabhängige Aufgabenstellungen in den Vordergrund der<br />
Verfahrensentwicklung. Viele daraufhin entwickelte Lösungsansätze hatten die<br />
Prozessüberwachung des Kurzlichtbogens zum Thema. Mit der Detektion der<br />
Kurzschlussphase und der dadurch entstandenen Möglichkeit einer bedingten Steuerung der<br />
Energieeinbringung konnte die Spritzerbildung reduziert werden [9-11]. Mit der Entwicklung<br />
der leistungselektronisch geregelten, digital gesteuerten Schweißstromquelle Ende der<br />
neunziger Jahre gab es im letzten Jahrzehnt eine sprunghafte Entwicklung von innovativen<br />
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Schweißprozessen, durch die sich neue Anwendungsfelder für das MSG-Schweißverfahren<br />
eröffneten [12-14].<br />
Als eine Alternative zum Lichtbogenschweißen etablierte sich das Laserstrahlschweißen bei<br />
diversen Anwendungen, wie z.B. in der Automobilfertigung. Der Vorteil des<br />
Laserstrahlschweißens liegt in den hohen Einschweißtiefen, den hohen<br />
Schweißgeschwindigkeiten und den daraus resultierenden geringen Wärmeeinflusszonen.<br />
Außerdem weist dieses Schweißverfahren, aufgrund des geringen Bereichs der<br />
Wärmeeinbringung eine hohe Präzision und Prozessstabilität auf. In Abhängigkeit von der<br />
Leistungsintensität der Laserstrahlung am Prozessort kann dieses Verfahren, entsprechend<br />
den Anforderungen der jeweiligen Applikation, entweder zum Wärmeleitungs- oder<br />
Tiefschweißen genutzt werden [15]. Neben den hohen Anforderungen an die<br />
Nahtvorbereitung beim Laserstrahlschweißen sind die hohen Investitionskosten für die<br />
leistungsstarken Strahlquellen und Sicherheitseinrichtungen wesentliche Nachteile.<br />
Durch die Kopplung des Laserstrahlschweißens und des Lichtbogenschweißens zum Laser-<br />
Lichtbogen-Hybridschweißen werden erhebliche Synergieeffekte erzielt. Hierbei werden große<br />
Einschweißtiefen und Prozessgeschwindigkeiten durch den Laserstrahlschweißprozess und<br />
das Ausgleichen von Fügespalten durch den Lichtbogenprozess erreicht. Somit werden die<br />
Nachteile der jeweiligen Verfahren kompensiert, so dass für viele Anwendungsfälle technische<br />
und wirtschaftliche Vorteile erschlossen werden können [16-18]. Weitere Vorteile aus der<br />
Synergie von Laserstrahl- und Lichtbogenschweißen sind hohe Prozessstabilität, geringer<br />
Aufwand für die Nahtvorbereitung, kurze Fertigungszeiten, reduzierte Nacharbeit und damit<br />
geringere Fertigungskosten. Die Nachteile sind die Richtungsabhängigkeit des Prozesses, ein<br />
komplexer Bearbeitungskopf und im Wesentlichen die hohen Investitionskosten für die<br />
leistungsstarken Laserstrahlquellen sowie Sicherheitseinrichtungen verbunden mit den<br />
steigenden Energiekosten [19].<br />
Eine Alternative zum Laser-Lichtbogen-Hybridschweißen bietet das neue lasergeführte und<br />
stabilisierte Lichtbogenschweißen [4]. Hierzu wurde schon frühzeitig beobachtet, dass der<br />
Laserstrahl, auch bei geringer Strahlleistung, stabilisierend auf den elektrischen Lichtbogen<br />
sowohl beim WIG- als auch MSG-Schweißen wirkt und die Energieeinkopplung des<br />
Lichtbogens in das Werkstück verbessert [20-23]. Bei Untersuchungen mit dem WIG-<br />
Schweißprozesses (Stromstärke 70 A) unter Einsatz eines fokussierten CO 2-Laserstrahls (P Las<br />
= 300 W) wurde nachgewiesen, dass eine unregelmäßige Wanderung des<br />
Lichtbogenfußpunktes nicht mehr auftritt. Ferner konnte die Schweißgeschwindigkeit,<br />
aufgrund des Stabilisierungseffektes, um das 4-fache gesteigert werden. Der<br />
Stabilisierungseffekt zeigt sich weiterhin in der Einschnürung des Lichtbogens durch eine<br />
Reduzierung des Lichtbogendurchmessers, die durch eine Stromdichteverteilung bestimmt<br />
wurde [24]. Als Resultat dieser Messungen konnte eine Verringerung des Querschnitts im<br />
Stromkanal, im Vergleich zu einem einfachen Lichtbogen, um den Faktor 4 ermittelt werden,<br />
was folglich beim laserunterstützen Lichtbogen zu einer Erhöhung der Stromdichte führt. Als<br />
Ursache für die Stabilisierung des elektrischen Lichtbogens durch Laserstrahlung werden in<br />
der Literatur verschiedene Wechselwirkungsmechanismen genannt, wie z.B. ionisierende<br />
Wirkung der Laserstrahlung, thermische Aktivierung und damit Freisetzen von Elektroden aus<br />
der Werkstückoberfläche, die Induzierung von Metalldampf durch die Laserstrahlung oder die<br />
Steigerung der Leitfähigkeit im Lichtbogen durch Absorption der Laserstrahlung<br />
(optogalvanischer Effekt) [4]. Der Einfluss und das Auftreten dieser Mechanismen sind von<br />
einer Vielzahl von Parametern abhängig, von denen aber die Laserleistung, die<br />
Laserwellenlänge und Schutzgasart eine signifikante Bedeutung haben [25-28].<br />
Seite 4
Im Rahmen des BMBF-Projektes FÜLAS wurde vom LZH in Kooperation mit Industriepartnern,<br />
unter Nutzung des Stabilisierungseffektes, ein neues Schweißverfahren entwickelt, bei dem<br />
ein Laser mit geringer Leistung in Kombination mit dem Metallschutzgasschweißverfahren<br />
zum Einsatz kommt [29]. Die Entwicklung des Lasergeführten und –stabilisierten MSG-<br />
Schweißens (LGS-MSG) zielt auf eine Verringerung von Nachteilen des reinen<br />
Lichtbogenprozesses. Dazu gehören ein großer Bauteilverzug, geringe<br />
Schweißgeschwindigkeit und Prozessstabilität durch das Wandern des Lichtbogenfußpunktes.<br />
Um diesen Problematiken zu begegnen wird Laserstrahlung mit einer Wellenlänge eingesetzt,<br />
welche auf das Argon im Schutzgas abgestimmt ist. Diese wird von einem Diodenlaser<br />
mittlerer Leistung (400 W) emittiert. Die Strahlung tritt in Wechselwirkung mit dem<br />
Lichtbogenplasma und erzeugt aufgrund des optogalvanischen Effekts eine Erhöhung der<br />
Leitfähigkeit im Plasma [30]. Aufgrund der erhöhten Leitfähigkeit wird der Lichtbogen entlang<br />
der Strahlachse stabilisiert. Dieser Effekt ist so ausgeprägt, dass durch eine seitliche<br />
Auslenkung der Laserstrahlung sogar der Lichtbogen der Strahlung folgt und ebenfalls<br />
ausgelenkt wird (Abbildung 2) [31].<br />
Abbildung 2: Auswirkung der Auslenkung der Laserstrahlung auf den Einbrand [4]<br />
Eine technische Nutzung ist in zweierlei Hinsicht möglich. Die Stabilisierung erlaubt es die<br />
Schweißgeschwindigkeit zu erhöhen, wodurch schneller und damit mit weniger Verzug und<br />
höherer Produktivität geschweißt werden kann. Außerdem toleriert der Lichtbogen ein höheres<br />
Maß an Störungen. Beispielsweise können Nähte fehlerfrei überschweißt werden, was zu<br />
einer Verringerung von kostspieligen Nacharbeiten führt. Neben der Stabilisierung ist auch die<br />
Auslenkbarkeit und damit die Positionierbarkeit des Lichtbogens ein großer Vorteil. So kann<br />
der Lichtbogen bei Kehlnähten in die Kehle gezwungen werden, was ebenfalls Schweißfehler<br />
verringert [32]. Diese technischen Vorteile konnten beim Schweißen von “Crash-Boxen” in<br />
ihrem Zusammenspiel beobachtet werden. Die Schweißgeschwindigkeit konnte von 0,8 m/min<br />
auf 1,6 m/min verdoppelt werden. Der Verzug wurde deutlich reduziert und die Nähte wiesen<br />
keine Fehler auf [6].<br />
Aufgrund der geringen Laserstrahlleistung um den Faktor 10 bis 100 sind beim LGS-MSG-<br />
Schweißverfahren gegenüber dem Lichtbogen-Laserstrahlhybridschweißverfahren die<br />
Investitionskosten wesentlich geringer. Ferner basiert die Wärmeeinbringung in das Werkstück<br />
im Wesentlichen auf den MSG-Prozess. Die Laserstrahlung trägt somit nicht energiemäßig<br />
zum Schweißprozess bei, sondern dient lediglich zur Stabilisierung des Lichtbogenprozesses<br />
[4].<br />
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