FOCUSMONEY_40:2020_Vorschau
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MONEYINSIDE<br />
Foto: D. Gust/FOCUS-MONEY<br />
Alles Öko – oder was?<br />
Wir schreiben das Jahr 2021. Die Szene: ein Gespräch<br />
mit Ihrem Bankberater. „Guten Tag, Herr Maier, Sie<br />
möchten also gern 10 000 Euro anlegen?“„Ja“, antworten<br />
Sie, „und das möglichst renditebringend!“ „Nichts gegen<br />
Rendite“, antwortet darauf Ihr Bankberater, „aber möchten<br />
Sie nicht auch etwas für die Umwelt, die soziale Gerechtigkeit<br />
und die Nachhaltigkeit tun?“„Selbstverständlich“,<br />
werden Sie antworten, Sie möchten ja nicht als<br />
schlechter Mensch dastehen – und schwups hat die EU<br />
ihr Ziel erreicht.<br />
Aber von vorn: Die Europäische Union hat 2019 beschlossen,<br />
dass nachhaltiges Investieren zentraler Bestandteil<br />
jeder Anlageberatung werden muss. In der Verordnung<br />
dazu steht: „Da sich die Union in zunehmendem<br />
Maße mit den katastrophalen und unabsehbaren Folgen<br />
des Klimawandels konfrontiert sieht, müssen dringend<br />
Maßnahmen ergriffen werden, um Kapital zu mobilisieren.“<br />
Ab März 2021 muss daher jeder Anlageberater seinen<br />
Kunden – egal, ob er dazu eine Präferenz hat oder<br />
nicht – fragen, ob er nicht lieber nachhaltige Aspekte bei<br />
seiner Geldanlage berücksichtigen möchte. Zu Neudeutsch<br />
nennt man das „Nudging“ – also „die absichtsvolle<br />
Verhaltenslenkung von Individuen bei gleichzeitiger<br />
Aufrechterhaltung ihrer Wahlfreiheit“.<br />
Nun muss „Nudging“ ja nicht unbedingt etwas Schlechtes<br />
sein – wir alle wollen schließlich, dass unsere Umwelt<br />
sauberer wird, unsere Gesellschaft gerechter und unser<br />
Leben besser. Das Problem ist nur: Was „nachhaltig“ ist,<br />
weiß weder Ihre Bank noch die EU.<br />
Ein Beispiel: Sogenannte Rating-Agenturen – die Gattung,<br />
die Schrottanleihen vor der Finanzkrise mit Bestnoten<br />
versehen hat – urteilen inzwischen in Sachen Nachhaltigkeit.<br />
Bis zu 1000 einzelne Kriterien werden bei<br />
einem einzelnen Unternehmen abgefragt – die müssen<br />
die Agenturen dann aggregieren und zu einer Gesamtnote<br />
zusammenfassen.<br />
Drei Kriterien sind dabei ausschlaggebend: Ist das Unternehmen<br />
gut für die Umwelt? Hält es sich an Sozialstandards?<br />
Und weist es eine gute Unternehmensführung auf?<br />
Sie sehen schon: Das Adjektiv „gut“ ist zweimal verwendet.<br />
Und was gut oder böse ist, darüber stritten sich<br />
schon vor 2000 Jahren die Philosophen. Kein Wunder also,<br />
dass auch die Rating-Agenturen zu keinem eindeutigen<br />
Ergebnis kommen.<br />
So weist der Nachhaltigkeitsindex MSCI-World-SRI mit<br />
Microsoft, Procter & Gamble, Home Depot, Nvida, Roche,<br />
Disney, Tesla, Pepsico, SAP und Salesforce die zehn größten<br />
Positionen im Index aus. Konkurrent Stoxx-Global-<br />
ESG-Leaders führt hingegen Signify, Polymetal International,<br />
Orsted, Vestas Wind, Centrica, Nippon Prologis<br />
Frank Pöpsel,<br />
Chefredakteur<br />
Reit, Agnico-Eagle Mines, Koninklijke DSM, Endesa und<br />
Iberdrola als wichtigste Werte auf. Erste Auffälligkeit: Keine<br />
einzige der Top-10-Aktien ist bei beiden Indizes identisch,<br />
obwohl beide die gleiche Grundgesamtheit analysiert<br />
haben. Zweite Auffälligkeit: Ob Nvida als Grafikkartenhersteller<br />
für Computerspiele nachhaltig ist, darüber<br />
kann man sich vielleicht noch streiten. Aber dass<br />
Polymetal International als eine der führenden Gold- und<br />
Silberbergbaugruppen in Russland und in Kasachstan und<br />
Konkurrent Agnico-Eagle Mines aus Kanada ein Vorbild<br />
in Sachen Nachhaltigkeit sein sollen, darüber kann man<br />
nur noch lachen – wenn’s denn nicht so traurig wäre.<br />
Wie solche Indizes dann zustande kommen? Indem man<br />
addiert, was nicht zu addieren ist. Wie viel CO 2-Einsparung<br />
entspricht der Kennzahl Frauenanteil im Vorstand?<br />
Wie viel zählt veganes Essen in der Kantine im Vergleich<br />
zu einem erhöhten Papierverbrauch? Die Liste ließe sich<br />
noch beliebig fortsetzen und jeder gewichtet sie offensichtlich<br />
anders.<br />
Wird die Welt dadurch besser? Fest steht auf jeden Fall:<br />
Ein riesiger bürokratischer Apparat wird aufgebaut. Jedes<br />
Unternehmen muss einen mehrere hundert Seiten<br />
starken Nachhaltigkeitsreport veröffentlichen: Es fallen<br />
Kosten für Anwälte, Unternehmensberater und die Aufsicht<br />
an. Als hätten wir zu wenig Bürokratie, wird ein neuer<br />
Wasserkopf geschaffen.<br />
In der Folge richten sich börsennotierte Unternehmen<br />
zunehmend an Nachhaltigkeitskriterien aus. Aber hilft<br />
das? Nestlé hat Imageprobleme mit der Wassersparte?<br />
Dann wird sie verkauft. Glencore-Aktionäre begehren wegen<br />
vermehrter Kohleförderung auf? Die Minen werden<br />
abgestoßen.<br />
Das Problem nur: Wenn Nestlé die Wasserrechte verkauft,<br />
kauft sie ein anderer und pumpt das Grundwasser<br />
ab. Wenn Glencore die Kohleminen veräußert, freut sich<br />
ein Private-Equity-Fonds über ein billiges Schnäppchen.<br />
Denn solange Tafelwasser gekauft und Kohle in Entwicklungsländern<br />
benötigt wird, gibt es einen Markt für diese<br />
Güter – egal, ob ihn ein börsennotiertes Unternehmen<br />
oder ein „Heuschrecken-Fonds“ bedient.<br />
Mein Freund Andreas Beck, Mathematiker und Portfolio-Analytiker,<br />
der das Thema auch auf unserem You-<br />
Tube-Kanal Mission Money analysiert, bringt die Problematik<br />
mit einem Satz auf den Punkt: „Facebook ist in<br />
keinem Nachhaltigkeitsindex vertreten, aber solange<br />
selbst Greta Thunberg ihren Instagram-Account pflegt,<br />
wird die Welt nicht besser.“<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong><br />
3
MONEYINHALT<br />
Nr. <strong>40</strong> / 23. September <strong>2020</strong> www.money.de<br />
MONEYTITELTHEMA<br />
36 Jetzt ein Depot sicher aufstellen: Schwächeln<br />
Tech-Aktien weiter? Jetzt Substanzwerte kaufen?<br />
Oder kracht die Börse? Die Antworten auf die<br />
wichtigsten Fragen, die Anleger jetzt stellen<br />
<strong>40</strong> Mischfonds-Depot: Die Fondselite für Ihr Geld:<br />
Das Know-how der besten Geldverwalter,<br />
ge bündelt in fünf Top-Fonds für alle Börsenfälle<br />
44 ETF-Depot: Keep it simple – mit diesen ETF-<br />
Mischungen sind Anleger für wirklich jede<br />
Börsenphase bestens gerüstet<br />
46 Ken-Fisher-Depot: Der Milliardär und FOCUS-<br />
MONEY-Kolumnist analysiert zunächst die Börsenlage<br />
und empfiehlt ein chancenorientiertes Depot<br />
48 Zertifikate-Depot: Clevere Zwischenlösung für<br />
Anleger, die mit ihren Börseninvestments erst<br />
einmal vorsichtig abwarten wollen<br />
MONEYWEEK<br />
6 Grenke Leasing: Die Vorwürfe, der Kurssturz, die<br />
Erholung, die Perspektiven<br />
7 Übernahmewelle: Vier Fälle mit Milliardenwert und<br />
was FOCUS-MONEY-Leser davon haben<br />
36<br />
Titel: Jetzt gut strukturiert anlegen<br />
Vier Depots für empfohlene Summen von 15 000 Euro<br />
über 30 000 und 50 000 Euro bis hin zu 100 000 Euro: Wer<br />
jetzt Geld anlegen kann, findet in der FOCUS-MONEY-<br />
Titelgeschichte die Antworten auf die drängendsten<br />
Börsenfragen und die unterschiedlichsten Strategien<br />
für jeden Anlegertyp<br />
Titelthemen sind mit<br />
roten Seitenzahlen<br />
gekennzeichnet<br />
MONEYMAKER<br />
8 Aktien mal anders: Mit der Methode des erfolgreichen<br />
Investors Peter Thiel stöbern Anleger die<br />
wahren Börsenfavoriten der Zukunft auf<br />
14 Digitalisierungs-Chance: IT-Wert Cenit durchlief<br />
schwere Kurszeiten und ist nun extrem günstig<br />
15 Fabasoft: Einträgliches Dokumentenmanagement<br />
16 Dax-Ranking: Welche der 30 wichtigsten deutschen<br />
Börsen-AGs wirklich günstig und aussichtsreich sind<br />
21 Gewinn-Bohrer: Der coronabedingte Trend zum<br />
Do-it-Yourself hilft dem Werkzeughersteller Einhell<br />
22 PVA Tepla: Der Zulieferer für die Chip-Branche<br />
verdient am Boom von Smartphones & Co. bestens<br />
24 Strom fürs Depot: Diese Erneuerbare-Energien-Aktien<br />
profitieren von den neuen Klimazielen der EU<br />
27 Gute Cloud-Geschäfte: Die französische IT-AG<br />
Esker verdient trotz Corona in der Datenwolke top<br />
28 Straße zum Erfolg: Der Lkw-Teile-Lieferant<br />
SAF-Holland bietet trotz starker Rally Chancen<br />
30 Dauerläufer: Diese Werte bringt nichts aus dem Tritt<br />
– sie streben unbeirrt von Kursgipfel zu Kursgipfel<br />
34 Britischer Butler: Serco übernimmt Aufgaben der<br />
öffentlichen Hand – ein 1-a-Wachstumsmarkt<br />
16<br />
Dax-Bewertung: Wer kann mehr?<br />
FOCUS-MONEY hat alle 30 Dax-Mitglieder eingehend und<br />
in allen wichtigen Kennzahlen unter die Lupe genommen. Die<br />
Favoriten des Contests werden ausführlich vorgestellt<br />
4 Inhalt: Fotos: iStock (2), 123RF, L. Richard/Red Bull Content Pool, Depositphotos, Bloomberg<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong>
MONEYMARKETS<br />
52 E-Health: Der Onkel Doktor aus der digitalen Welt<br />
im Trend – mit diesen Unternehmen kommt er zum<br />
Patienten nach Hause<br />
55 Musterdepots: Ein Beispiel zeigt, warum<br />
Goldminen derzeit klotzig Cash einnehmen<br />
56 US-Konsum: Diese Supermarktketten schaffen es,<br />
dem übermächtigen Konkurrenten Amazon Paroli<br />
zu bieten – die Aktien steigen seit Jahren<br />
60 Kering: Der Luxus-Riese steuert unbeirrt durch die<br />
Corona-Krise – besonders die Marke Bottega<br />
Veneta startet jetzt durch<br />
64 Chartanalyse: Kaufdruck beim Dax, Chance für<br />
Mutige beim S&P-500 – aber nur mit Absicherung,<br />
massiver Widerstand bei Öl<br />
66 Nachhaltige Aktien: Drei überraschende Nachhaltigkeits-Vorreiter<br />
– Old-Economy-Unternehmen,<br />
die stärker auf Umwelt und Soziales setzen<br />
DSW ANLEGERSCHUTZ<br />
69 Gastbeitrag: Wie Corona Unternehmensstrategien<br />
verändern wird – Risikomanagement und Wertschöpfung,<br />
neu gedacht<br />
69 Experten-Tipp: Gibt es in der Corona-Krise ein<br />
neues Interesse an deutschen Aktien?<br />
30<br />
Unbeirrt von Gipfel zu Gipfel<br />
Diese Ausnahme-Aktien bringt nichts von ihrem<br />
Weg ab. Über viele Jahre erreichten sie stets höhere<br />
Kurse. Mit dabei: Ein Software-Anbieter, ein<br />
Medizintechniker, eine Getränkefirma & mehr<br />
MONEYSERVICE<br />
70 Private Krankenversicherung: Die besten<br />
Tarife ohne Alternativmedizin mit geringer<br />
finanzieller Selbstbeteiligung bei Krankheit<br />
74 Hausrat-Policen: Egal, ob Brand oder<br />
Wasserschaden – welche Assekuranzen<br />
fair mit ihrer Klientel umgehen<br />
MONEYRUBRIKEN<br />
3 MONEYInside<br />
80 Leserbriefe • Impressum<br />
98 Terminkalender: Hornbach im<br />
Höhenflug, Hauptversammlung<br />
bei Volkswagen<br />
MONEYKURSTEIL<br />
81 Zinsen • 83 Fonds<br />
86 Aktien Deutschland<br />
92 Aktien international<br />
96 Zertifikate<br />
97 Neuemissionen<br />
8<br />
Großchancen für Querdenker<br />
Wer anders an Investments herangeht<br />
als der Mainstream, ganz so wie Star-<br />
Investor Peter Thiel, findet sehr früh<br />
sehr aussichtsreiche Aktien. Hier stehen<br />
die Zunkunfts-Champions, die etwa<br />
künftig Organe drucken<br />
60<br />
Luxus-Aktie im Trend<br />
Mit seinem Nobel-Label Bottega Veneta spielt der<br />
französische Luxus-Riese Kering in der obersten<br />
Liga ganz vorn mit. Anleger setzen auf die Aktie,<br />
die jetzt neue Rekordstände anpeilt<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong><br />
Titel: Composing: FOCUS-MONEY 5
M NEYMARKETS<br />
Anleger-Glück: Mit ausgefeilten<br />
Investment-Kombinationen<br />
für unterschiedliche<br />
Summen meistern Anleger<br />
den herausfordernden Markt<br />
Große Marktanalyse plus<br />
Gewinner-Portfolios<br />
JETZT<br />
.<br />
Technologietitel zeigen erste<br />
Schwächen. Folgt nun die Rotation<br />
in Substanzwerte, ein breiter<br />
Aktienrutsch oder läuft es einfach<br />
weiter wie bisher? Vier Top-Depots<br />
für die herausfordernde Zeit<br />
36 Illustration: iStock<br />
Composing: FOCUS-MONEY<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong>
Technologieaktien sind explodiert . .. ... aber noch günstiger als 2000<br />
Seit 2015 hat der US-Wachstums-Index Nasdaq-100<br />
Anders als im Techno-Fieber verdienen viele Wachstumswerte<br />
heute gutes Geld, das Kurs-Gewinn-Ver-<br />
den Dax um 120 Punkte abgehängt, der TecDax um<br />
51 Punkte. Zuletzt gab es Rücksetzer.<br />
hältnis bleibt überschaubar – zumindest im Schnitt.<br />
Nasdaq-100-Stock-Index Vergleich auf US-Dollar-Basis<br />
11.09.2015 = 100<br />
Nasdaq-100-Stock-Index<br />
%<br />
150<br />
KGV von Technologieaktien weltweit<br />
80<br />
TecDax<br />
100<br />
50<br />
60<br />
<strong>40</strong><br />
S&P-500<br />
Dax<br />
2015 16 17 18 19 <strong>2020</strong><br />
0<br />
–50<br />
1990 95 2000 05 10 15 <strong>2020</strong><br />
20<br />
0<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Quelle: Berenberg<br />
.000EURO<br />
RICHTIG<br />
ANLEGEN<br />
Das war ein Schock aus heiterstem Himmel: Das Corona-Tief<br />
vom März war bei den meisten Technologieaktien<br />
längst ausgebügelt. Viele davon sprangen – gerade weil<br />
die Pandemie ihr Geschäft antrieb – sogar auf immer neue<br />
Hochs. Ein Ende des Booms? Daran wollte niemand denken.<br />
Doch dann war blitzschnell eine Billion Dollar weg. Allein<br />
bei sechs großen US-Techno-AGs verpufften 1000 Milliarden<br />
Dollar Marktwert (Der insgesamt teuerste deutsche Aktienwert<br />
SAP ist insgesamt nur 190 Milliarden Dollar wert!).<br />
Der Einbruch geschah an nur drei Handelstagen Anfang des<br />
Monats. Aber auch zuletzt zeigten die Wachstumswerte wieder<br />
eine lange Zeit nicht gekannte Schwäche.<br />
Bei den sechs US-Werten geht es um die sagenumwobenen<br />
FAANG-Aktien (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und<br />
die Google-Mutter Alphabet) plus den neuen Senkrechtstarter,<br />
den Elektroauto-Pionier Tesla. Dessen Kurs hat sich seit<br />
Jahresanfang verfünffacht. Die Bewertung? Astronomisch –<br />
aber dazu später mehr.<br />
Weil diese Aktien im US-amerikanischen Nasdaq-100-<br />
Index, dem Maß aller Dinge für Wachstumswerte weltweit,<br />
extrem stark vertreten sind, verbuchte dieser Anfang September<br />
mehr als zehn Prozent Verlust – so viel wie seit dem<br />
Corona-Ausverkauf nicht. Auch in traditionelleren Indizes<br />
wie dem S&P-500 oder dem MSCI-World sind Apple & Co.<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong><br />
37
MONEYMARKETS<br />
Mobile Behandlung: an der Börse den Vogel abgeschossen<br />
E-Health<br />
Nicht zu stoppen<br />
Der Onkel Doktor aus der digitalen Welt steht vor Ihrer Tür. Wollen wir ihn<br />
reinlassen? Immer mehr Amerikaner tun es – wie üblich sind sie die Vorreiter<br />
Einsamkeit ist das Allheilmittel. Das soll Corona im<br />
Zaum halten. Im Zeitalter der Pandemie bleiben viele<br />
Menschen unter sich und gehen dem Virus aus dem<br />
Weg. Manche sparen sich sogar den Arztbesuch. In einer<br />
solchen Zeit drehen Unternehmen auf, die auf dem Gebiet<br />
der Telemedizin oder der E-Health Geschäfte machen.<br />
Smartphones und Computer wurden zu den besten<br />
Freunden des Menschen.<br />
Moderne Zeiten. E-Health, Telemedizin oder Virtual<br />
Health ist „die nächste Grenze der Pflegeversorgung“.<br />
Das schreibt die Unternehmensberatung McKinsey &<br />
Company. Auf der Internet-Seite von frontiers.org heißt<br />
es: Durch die Hintertür schleicht sich „ein Umbruch in<br />
Medizin und Gesundheit ein“. Das Modewort für einen<br />
solchen Prozess lautet „Disruption“. Ein nach Unruhe<br />
klingendes Wort für ein Thema und die beteiligten Aktien.<br />
Denn die sind häufig volatil und riskant.<br />
Das Geschäft mit E-Health lief lange schleppend, auch<br />
weil diese Methode eher zögerlich angenommen wurde.<br />
Mit einem Arzt oder einem anderen Experten über digitale<br />
Kanäle zu kommunizieren, ist nicht jedermanns Sache.<br />
Die Corona-Pandemie hat das geändert (s. Grafik<br />
S. 53). Nach elf Prozent der Amerikaner, die 2019 Telegesundheit<br />
nutzten, sollen es jetzt schon 46 Prozent sein.<br />
Dieser Wandel lässt sich auch pekuniär fassen.<br />
Sparen und kassieren. „Vor Covid-19 beliefen sich die<br />
jährlichen Gesamteinnahmen der Telehealth-Anbieter in<br />
den USA auf geschätzte drei Milliarden US-Dollar, wobei<br />
sich die größten Anbieter auf das Segment der „virtuellen<br />
Notfallversorgung“ konzentrierten, schreibt McKinsey.<br />
Und weiter: „Mit der beschleunigten Einführung der<br />
Telemedizin durch Verbraucher und Anbieter und der<br />
Ausweitung der Telemedizin über die virtuelle Notfallversorgung<br />
hinaus könnten bis zu 250 Milliarden US-Dollar<br />
52 Foto: 123RF<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong>
MONEYMARKETS<br />
Renommierte Marken:<br />
nachhaltige Nachhaltigkeitsanstrengungen<br />
Nachhaltigkeitskonzept<br />
Grüne Vorreiter<br />
Old Economy und umweltschädlich? Das war gestern! FOCUS-MONEY kennt drei<br />
Konzerne, die sich neu definieren. Das Credo: Gut für die Welt, noch besser für Ihr Geld<br />
Für billiges Fleisch wird vieles in Kauf genommen und<br />
bei der Produktion in Drittländern arbeiten Beschäftigte<br />
unter unsicheren Arbeitsbedingungen, die man in<br />
Industriestaaten nicht hinnähme – trotz öffentlicher Kritik<br />
schien es lange so, als ob sich große Konzerne von<br />
manchen kritikwürdigen Geschäftsmethoden kaum abbringen<br />
lassen würden. Nachhaltigkeitskonzepte galten<br />
lange Zeit in vielen Branchen als schwierig umsetzbar.<br />
Mit McDonald’s, L’Oréal und Hugo Boss beweisen aber<br />
ausgerechnet drei Unternehmen der Old Economy, dass<br />
ein gigantisches Umdenken stattfindet. Ein gutes Zeichen<br />
für die (soziale) Umwelt – aber auch für Anleger. Denn es<br />
wird immer dringlicher für Unternehmen, sich der Nachhaltigkeit<br />
zu verschreiben. Wem das gelingt, der sammelt<br />
Pluspunkte – vor allem bei der jungen umweltbewussten<br />
Kundschaft respektive den Anlegern von morgen, die das<br />
Konsumverhalten der Zukunft bestimmen werden und<br />
schon jetzt in eine nachhaltigere Richtung lenken.<br />
UN-Nachhaltigkeitsziele als Vorbild. Natürlich, im Vergleich<br />
zu einem Modelabel wie Veja, das seit der Gründung<br />
2005 rein vegan produziert, hört es sich etwas mau<br />
an, wenn Hugo Boss erst in der Sommerkollektion <strong>2020</strong><br />
mit dem ersten rein veganen Anzug punkten kann. Zudem<br />
legt der Mode-Riese erst seit 2014 einen jährlichen<br />
Nachhaltigkeitsbericht vor. Nichtsdestotrotz wurde die<br />
Luxus-Marke durch Klimadebatten & Co. dazu bewegt,<br />
ambitionierte Umweltziele anzustreben.<br />
Gleich drei Zielen aus den UN Sustainable Development<br />
Goals hat sich der Fashion-Riese verschrieben:<br />
nachhaltige/r Konsum und Produktion (Nr. 12), Maßnahmen<br />
zum Klimaschutz (Nr. 13) und die Knüpfung von geeigneten<br />
Partnerschaften (Nr. 17) zur Erreichung dieser<br />
beiden Ziele. Die Bemühungen tragen Früchte: 2019 wurde<br />
Hugo Boss bereits zum dritten Mal in den Dow-Jones-<br />
Sustainability-Index aufgenommen und im Deutschland<br />
Test <strong>2020</strong> als nachhaltigstes Unternehmen der Modebran-<br />
66 Fotos: Can Stock Photo, Hugo Boss, L‘Oréal, VectorStock<br />
Composing: FOCUS-MONEY<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong>
MONEYSERVICE<br />
Feuersbrunst: Wenn es<br />
in der Wohnung brennt,<br />
ist die Einrichtung meist<br />
nicht zu retten<br />
Studie<br />
DAS INVENTAR<br />
FAIR VERSICHERT<br />
Brand, Wasserschaden, Einbruchdiebstahl: Der Verlust von Hausrat kann mächtig ins<br />
Geld gehen. Umso wichtiger ist eine Versicherung, die sich im Ernstfall als fairer Partner<br />
erweist. FOCUS-MONEY hat die Branche erneut auf den Prüfstand gestellt<br />
ie Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Rein rechnerisch<br />
kommt es in Deutschland alle 36 Sekunden<br />
D<br />
zu einem Schaden, der über die sogenannte Verbundene<br />
Hausratversicherung reguliert wird. Feuer, Einbruchdiebstahl,<br />
Leitungswasser, Sturm/Hagel: Allein 2019 zahlten<br />
die Versicherer rund 1,24 Milliarden Euro an ihre Kunden<br />
aus. Die durchschnittliche Schadenhöhe stieg gegenüber<br />
dem Vorjahr erneut um gut fünf Prozent auf mehr als<br />
1<strong>40</strong>0 Euro. Besonders teuer sind die Folgen von Kriminalität:<br />
Zwar sank die Zahl der Delikte das vierte Jahr in Folge,<br />
doch ein Wohnungseinbruch schlägt mittlerweile im<br />
Schnitt mit 3200 Euro zu Buche – ein Plus von gut zwölf<br />
Prozent gegenüber 2018. Dabei reicht das Spektrum vom<br />
einfachen Fahrraddiebstahl – falls mitversichert – bis zum<br />
ausgeräumten Tresor mit dem Familienschmuck.<br />
Wichtige Absicherung. Die Risiken sind also beträchtlich.<br />
Trotzdem verzichtet nach Angaben des Gesamtverbands<br />
der Deutschen Versicherungswirtschaft immer noch jeder<br />
vierte Haushalt auf diese wichtige Police. Die Betroffenen<br />
stehen dann im Ernstfall ohne Schutz da und haben außer<br />
dem ideellen auch noch den finanziellen Verlust zu tragen.<br />
Doch wie steht es um die, die eine Hausratversicherung<br />
haben? Sind sie der Meinung, von ihrem Vertragspartner<br />
fair behandelt zu werden?<br />
Überzeugendes Ergebnis. Um diese Frage zu klären, hat<br />
FOCUS-MONEY das Analysehaus ServiceValue zum nunmehr<br />
fünften Mal mit einer Studie zur Fairness der Hausratversicherer<br />
beauftragt. Die Kölner Experten werteten<br />
dazu mehr als 3200 Kundenurteile aus. Die gute Nachricht:<br />
Die Branche konnte gegenüber dem Vorjahr erneut<br />
zulegen. „Die Besseren punkteten dabei noch etwas<br />
stärker als die Schwächeren“, bilanziert ServiceValue-<br />
Geschäftsführer Dr. Claus Dethloff. Der Abstand innerhalb<br />
der insgesamt <strong>40</strong> bewerteten Versicherer hat sich<br />
74 Foto: Adobe Stock<br />
FOCUS-MONEY <strong>40</strong>/<strong>2020</strong>