Sonnenstein: Mercy 1 (Leseprobe) YDSUNSM001
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STJEPAN SEJIC<br />
Band 1
Auf ein Neues.<br />
Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich hier schreiben soll. Was soll man einem<br />
Publikum erzählen, das mit der eigenen Arbeit und deren Thematik schon bestens vertraut<br />
ist?<br />
Nun ja, die erste und wohl wichtigste Sache ist, dass ihr <strong>Sonnenstein</strong> vergessen sollt!<br />
Zumindest für einen Moment. Denkt nicht an ein anderes Buch, während ihr Zeit mit<br />
diesem hier verbringt. Man geht mit jedem Buch eine gewisse Art von Beziehung ein und<br />
Betrügen ist keine gute Sache.<br />
Es hört sich sicher zunächst seltsam an, wenn ein Autor seiner Leserschaft etwas Derartiges<br />
sagt. Aber das Vergessen hat einen besonderen Wert, auch wenn dieser nur flüchtig ist.<br />
Vergessen macht es uns möglich, ganz und gar in eine neue Geschichte einzutauchen, ohne<br />
dass wir uns ständig Fragen stellen, wie:<br />
„Ist <strong>Mercy</strong> vergleichbar mit …?“<br />
Diese Frage kann ich euch nämlich schon beantworten, bevor ihr sie überhaupt gestellt<br />
habt:<br />
Kein Stück!<br />
Die beiden Handlungen lassen sich nicht vergleichen, bis dieser neue Erzählstrang zu<br />
einem Ende gefunden hat und ihr beide Geschichten komplett sehen und begreifen könnt.<br />
Daher bitte ich euch, alles, was ihr über <strong>Sonnenstein</strong> wisst, zu vergessen und einfach Spaß<br />
zu haben. Das Buch, das ihr in euren Händen haltet, ist der Beginn einer neuen Reise,<br />
von der wir gerade mal den ersten Schritt tun. Sowohl die unvergesslichen Momente als<br />
auch der letztendliche Einfluss von <strong>Sonnenstein</strong> haben sich über mehrere Ausgaben hinweg<br />
entwickelt. Und genau so wird es mit <strong>Mercy</strong> sein. Wenn ihr euch darauf einlasst, wird es<br />
euch zum Lachen bringen, aber es wird euch auch immer wieder … und wieder … und<br />
wieder eine Träne ins Auge treiben.<br />
<strong>Mercy</strong> erweitert die <strong>Sonnenstein</strong>-Erzählung und führt sie fort, da sie sowohl vor dem Beginn<br />
als auch nach dem Ende von <strong>Sonnenstein</strong> spielt. Es ist eine lange Geschichte. Würden<br />
wir <strong>Sonnenstein</strong> als Der Hobbit bezeichnen, dann wäre <strong>Mercy</strong> wohl Der Herr der Ringe.<br />
Interessanterweise endet auch diese Geschichte mit einem goldenen Ring, so<br />
viel sei schon vorweggenommen.<br />
Was soll ich abschließend noch sagen, außer:<br />
Willkommen bei <strong>Mercy</strong>! Eine Geschichte über zwei Menschen, die sich gemeinsam auf eine<br />
atemberaubende Reise begeben und dabei eine wichtige Lektion lernen. Wenn ihr euch<br />
wirklich auf eure Zukunft einlassen wollt, müsst ihr lernen, euch von den Fehlern eurer<br />
Vergangenheit freizumachen.
ihr kennt die<br />
Geschichte …<br />
Aufgrund seiner<br />
schwierigen<br />
Vergangenheit wird<br />
ein Mann zum<br />
bitteren Zyniker.<br />
Er verbringt<br />
seine Tage allein und<br />
schlecht gelaunt …<br />
Da erscheint<br />
ihm der Geist seiner Ex<br />
mit einer grausigen<br />
Botschaft …<br />
„Heute Nacht werden dich<br />
drei Geister heimsuchen!“<br />
Und so bekommt der<br />
unglückliche Mann die Chance, sich<br />
zu ändern, und zu einem besseren<br />
Menschen zu werden.<br />
Ebenezer<br />
Scrooge – Eine<br />
Weihnachtsgeschichte<br />
von Charles Dickens.
Es gab<br />
einmal eine Zeit,<br />
in der ich mich sehr<br />
mit der Figur des<br />
alten Scrooge<br />
identifiziert<br />
habe …<br />
… aus<br />
mehreren<br />
Gründen.<br />
ich meine,<br />
auf gewisse Weise<br />
müssen wir alle mit unseren<br />
Geistern der Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft<br />
fertig werden …<br />
Verschiedene<br />
Geister stehen für<br />
verschiedene<br />
Menschen …<br />
Meine<br />
werden durch<br />
drei wichtige<br />
Frauen aus<br />
meinem Leben<br />
verkörpert …<br />
Na ja …<br />
Vier, wenn ich<br />
Allison mitrechne.<br />
Sie ist so etwas wie mein<br />
Jacob Marley. Sie war<br />
auch immer verdammt gut<br />
darin, mir zu sagen, wenn<br />
ich etwas vermasselt<br />
hatte, und mich<br />
wachzurütteln.
Aber meine<br />
Geister waren nicht die<br />
der Weihnacht … sondern<br />
die von vergangenen<br />
Beziehungen.<br />
Und ja …<br />
genau wie Scrooge<br />
hatte auch ich Angst<br />
vor der Zukunft.<br />
So ist das wohl,<br />
wenn man über den Fehlern<br />
der Vergangenheit brütet<br />
und mit der Gegenwart nicht<br />
fertig wird. Dann sieht die<br />
Zukunft auf einmal ziemlich<br />
düster aus.<br />
Du<br />
hast Angst,<br />
wieder verletzt<br />
zu<br />
werden?<br />
Dann<br />
hast du das<br />
vermutlich auch<br />
verdient!<br />
Und das ist es auch schon. Meine<br />
Geschichte ist im Grunde die eines<br />
Mannes, der lernt, die Vergangenheit<br />
loszulassen und mit der Gegenwart<br />
seinen Frieden zu schliessen …<br />
Das ist<br />
in Ordnung<br />
…<br />
Um am Ende …<br />
ich<br />
werde es<br />
riskieren.<br />
… die Zukunft und<br />
ihre Möglichkeiten<br />
mit offenen Armen<br />
zu begrüssen.<br />
{Kicher}<br />
{Prust}<br />
Verdammt …<br />
im Ernst?
Was?<br />
Ach, nichts!<br />
ich konnte mich nur<br />
nicht entscheiden, ob ich<br />
die Einleitung tiefschürfend<br />
oder einfach nur<br />
albern finde!<br />
ach, fick dich!<br />
ich erzähle meinen<br />
Teil der Geschichte<br />
auf meine Weise.<br />
Wie du meinst.<br />
Lisa, du bist<br />
die Autorin! Du<br />
wirst das alles zu Papier<br />
bringen! Was denkst du:<br />
ist das tiefschürfend<br />
oder albern?<br />
Äh …<br />
Beides … ein<br />
bisschen?<br />
Beides<br />
ist okay für<br />
mich.<br />
Hört mal<br />
kurz zu …<br />
… Meine Liebste hat für<br />
heute Abend ein romantisches<br />
Abendessen geplant und ich habe<br />
nicht vor, zu spät zu kommen …<br />
na ja … wenigstens nicht<br />
viel zu spät.<br />
Also, Anne und<br />
Alan … es wäre toll,<br />
wenn wir die sinnlosen<br />
Unterbrechungen etwas<br />
minimieren könnten. Am<br />
besten erzählt mir jeder<br />
seine Version der<br />
Geschichte.
Gut!<br />
Dann<br />
fang mal an,<br />
Shakespeare!<br />
Fick dich!<br />
Aber gern,<br />
werte Dame. Es begab<br />
sich im Herbste meiner<br />
Jugend …<br />
{Seufz}<br />
<strong>Mercy</strong><br />
ich fürchte, das kann dauern …
{Seufz}<br />
Jedenfalls …<br />
war es Herbst …<br />
Also!<br />
Ähm …<br />
Hmm …<br />
Uuund?<br />
Das ist<br />
eine ziemlich<br />
seltsame Situation<br />
für mich.<br />
ich<br />
meine …<br />
… Wie ich<br />
es auch drehe und<br />
wende, es gibt keinen<br />
guten Weg, das zu<br />
erzählen.<br />
ist das<br />
wegen … ähm …<br />
ich meine, du hast mir<br />
doch gesagt, dass<br />
Anne Bescheid<br />
weiss …<br />
Ooooh, wie<br />
süss! ich wusste ja<br />
gar nicht, dass du so<br />
rücksichtvoll sein<br />
kannst!<br />
doppelfick<br />
dich!<br />
Hehe!<br />
Reg dich ab,<br />
Alan.<br />
Das ist okay!<br />
Ally<br />
hat mir das<br />
meiste schon<br />
erzählt.<br />
…<br />
ich weiss<br />
Bescheid!<br />
Ja, Anne ist<br />
nicht das Problem.<br />
Du bist es!<br />
Dieser<br />
Teil betrifft<br />
nämlich Ally<br />
und mich!<br />
Und,<br />
nun ja … sie<br />
ist deine Frau,<br />
also …<br />
Dann werde<br />
ich jetzt entscheiden,<br />
wie wir das machen. ich<br />
möchte, dass du es<br />
erzählst, als würdest<br />
du mit jemandem reden,<br />
der absolut nichts<br />
über dich weiss.<br />
Das gilt<br />
für euch<br />
beide.<br />
also …<br />
Was<br />
meint ihr? ihr<br />
redet …<br />
… Und ich<br />
mache das, was ich<br />
am besten kann.
Erzähl es, als würdest du mit<br />
jemandem reden, der absolut nichts<br />
über dich weiss … hm, okay …<br />
Ja … das bekomme ich hin.<br />
Also … Alles<br />
begann mit einem<br />
Skizzenbuch.<br />
Meinem Skizzenbuch.<br />
Alan,<br />
bist du da?<br />
Hallo,<br />
Chris! Ja, komm<br />
rein!
Kommst du<br />
oder nicht?<br />
Ja, ja, schon<br />
gut … Tut mir<br />
leid, ich bin gleich<br />
fertig.<br />
Ach ja … richtig!<br />
ich würde mich wohl auch<br />
nicht darum reissen, da<br />
wieder hinzugehen.<br />
Willst du heute<br />
vielleicht schwänzen …<br />
oder so?<br />
Ähm … Wenn du<br />
das kannst?<br />
Nee, ich<br />
gehe hin.<br />
ich habe<br />
schon genug<br />
verpasst.
Nimmst du<br />
das mit?<br />
Ja.<br />
Hm …<br />
Was<br />
ist mit<br />
deinem Arm<br />
passiert?<br />
… ich habe also<br />
die Hände voll und<br />
mein alter Herr sagt:<br />
„He, Chris, hilf uns mal<br />
mit den Möbeln …“<br />
Am Anfang ging alles<br />
gut. Ein paar Regale, nichts<br />
Grosses, aber dann kam das<br />
verdammte Bett.<br />
Mmh …
Sie zählten Drei-Zwei-Eins,<br />
um das Bett abzusetzen … nur dachte<br />
ich, wir lassen nach Eins los.<br />
... ein<br />
klassisches<br />
Kommunikationsproblem.<br />
Oh,<br />
Scheisse!<br />
Ja … Das habe ich<br />
auch geschrien …<br />
und: verfickte<br />
Vollhorste!<br />
Aber mal im<br />
Ernst …<br />
Hältst<br />
du das<br />
durch?<br />
Das<br />
werden<br />
wir wohl<br />
rausfinden,<br />
was?
Chris Connelly<br />
war der erste Freund<br />
von einigen wenigen, die<br />
ich an der Uni hatte.<br />
Es begann ganz zufällig. ich zog<br />
in das billige Studentenwohnheim, in<br />
dem er bereits lebte. Er sah mich und<br />
tat das, was für ihn ganz typisch war …<br />
Er bot mir Hilfe an.<br />
Hä?<br />
Hilfe?<br />
Kann ich dir helfen?<br />
ich meine, falls du hier<br />
einziehst … und nicht<br />
gerade dabei bist,<br />
die Sachen zu<br />
klauen?<br />
He, Kumpel, kann<br />
ich dir helfen?<br />
Hehe …<br />
ja, ich<br />
könnte wirklich<br />
etwas Hilfe<br />
gebrauchen,<br />
danke!<br />
ich bin<br />
Chris!<br />
Alan!<br />
ist das ein<br />
Star Trek-<br />
Hoodie?<br />
Ja, bist du ein<br />
Trekkie?<br />
Teilzeit-<br />
Trekkie.<br />
Wenn man bedenkt, wie wichtig<br />
und manchmal ausgesprochen<br />
seltsam unsere Freundschaft<br />
sein würde, nahm sie einen<br />
wirklich banalen Anfang …<br />
Aber banal muss nicht<br />
schlecht sein.<br />
Äh, Alan …<br />
ich muss jetzt<br />
wirklich gehen.<br />
Hä?<br />
Oh, klar, Alter!<br />
Vielen Dank<br />
noch mal!
ich hätte zu dieser Zeit gern<br />
etwas mehr Langeweile und<br />
Banalität gehabt …<br />
Kein Ding!<br />
Und, ähm …<br />
Halt die Ohren<br />
steif, ja?<br />
Klar.<br />
Da, das<br />
ist er …<br />
Aber<br />
leider war<br />
ich zu dieser Zeit<br />
in aller Munde.<br />
Diese schrägen,<br />
perversen Zeichnungen,<br />
die überall zu sehen<br />
sind, das war er.<br />
Nein … ich<br />
meine, klar. Die<br />
hängen sie auf,<br />
aber er hat sie<br />
gezeichnet.<br />
Niemals!<br />
Das waren<br />
ein paar andere<br />
Freaks, ich<br />
habe sie gesehen.<br />
Kennst du<br />
Sarah Benes? Die<br />
Kleine von Phil<br />
Bowler?<br />
Nicht<br />
wirklich, nein …<br />
ist ja auch egal!<br />
ich habe jedenfalls gehört,<br />
dass er sie gezeichnet hat … und<br />
wenn man sich seine anderen Zeichnungen<br />
ansieht, kann man sich vorstellen,<br />
warum Bowler es jetzt auf ihn<br />
abgesehen hat.<br />
ich habe<br />
etwas ganz<br />
anderes<br />
gehört.<br />
Alter, ich<br />
sag’s dir … der<br />
Kerl ist schwul.<br />
Er hat einen von<br />
Bowlers Kumpels<br />
angemacht und dafür<br />
haben sie sich<br />
revanchiert.<br />
für jemanden,<br />
der auf Schwänze<br />
steht, zeichnet der<br />
aber echt viele<br />
Girls!<br />
Du hast die<br />
Zeichnungen<br />
noch nicht<br />
gesehen?<br />
{Seufz}<br />
Also, diese Jungs<br />
haben die Skizzen kopiert<br />
und auf dem ganzen<br />
Campus aufgehängt.<br />
Was für<br />
Zeichnungen?<br />
Oooh,<br />
Alter … da<br />
hast du was<br />
verpasst!<br />
Schau dich<br />
einfach mal um,<br />
die tauchen immer<br />
wieder auf.<br />
Krankes<br />
Zeug, oder?<br />
Aha! ich habe<br />
mich schon gefragt,<br />
woher die kommen.<br />
Oh, du armes<br />
unschuldiges Mädchen!<br />
Vielleicht sollte ich dir<br />
mal die wunderbare<br />
Welt der Hentai<br />
zeigen!<br />
Beeil<br />
dich,<br />
Alter!<br />
Schon gut!<br />
Bin fertig!<br />
Also ja …<br />
die Uni.<br />
Mein erster Monat<br />
auf diesem kleinen<br />
Campus hatte mich<br />
sehr unsanft eine<br />
wichtige Lektion<br />
gelehrt …
Es gibt zwei<br />
todsichere Wege, um<br />
Aufmerksamkeit zu<br />
erregen …<br />
Entweder macht<br />
man etwas<br />
Grossartiges …<br />
… oooder man<br />
blamiert sich bis<br />
auf die Knochen!<br />
Auf mich<br />
traf Letzteres<br />
zu …<br />
… Aber nicht aus<br />
freien Stücken.<br />
Du stehst<br />
auf richtig<br />
kranke<br />
Scheisse?<br />
… Dann ruf<br />
Alan „SM“ Benson<br />
an!<br />
’Tschuldigung!<br />
Wa… He!<br />
Die Studenten<br />
der Uni hatten alle<br />
möglichen Namen<br />
dafür … Aber ich …<br />
… ich nannte es<br />
Scribble-Gate!
Wenn man mal von den Gerüchten<br />
absieht, die sich darum rankten, war<br />
die Sache eigentlich ziemlich simpel.<br />
ich zeichnete in der Uni-Cafeteria vor<br />
mich hin, als Sarah Benes, ein nettes<br />
Mädchen, das ich kaum kannte, mich<br />
ansprach und fragte, ob ich ihr mal<br />
meine Zeichnungen zeigen würde …<br />
ich wich aus und bot ihr<br />
stattdessen dummerweise an, sie<br />
zu zeichnen, was sie begeistert<br />
annahm. Hier hätte die Geschichte<br />
enden können, aber dieses Glück<br />
war mir nicht vergönnt.<br />
Wie sich herausstellte, hatte<br />
Sarah einen festen Freund.<br />
Einen jähzornigen Muskelprotz<br />
im sechsten Semester,<br />
der einen ziemlich grossen<br />
Freundeskreis hatte …<br />
Er und seine Kumpels haben mir<br />
mein Skizzenbuch abgenommen …<br />
vermutlich, um es zu verbrennen.<br />
Aber nachdem sie es sich<br />
angesehen hatten, hatten sie<br />
eine andere idee.<br />
Und so brach der<br />
Shitstorm über mich<br />
herein.<br />
… Und so sprach<br />
sich schnell herum,<br />
dass irgendein Kerl<br />
seine Freundin<br />
angemacht hätte.<br />
Ein Skizzenbuch ist so etwas wie das<br />
Tagebuch eines Künstlers. Zumindest war es<br />
das für mich. Und in diesem Fall war es das<br />
Tagebuch eines jungen BDSM-Begeisterten,<br />
der leidenschaftlich gern entsprechende<br />
Designs entwarf.<br />
ich hatte niemals vor,<br />
diese Seite von mir mit<br />
meiner Umwelt zu teilen.<br />
Die Entscheidung trafen<br />
andere für mich.<br />
ich verstehe,<br />
dass ihre Persönlichkeitsrechte<br />
verletzt wurden und<br />
es niemanden etwas angeht,<br />
was Sie privat tun. Da es ruchbar<br />
wurde, müssen wir Sie<br />
bis auf Weiteres … freistellen.<br />
Die Mitarbeiterin im Studienamt sprach zwar von<br />
einer Freistellung, aber ja, sie suspendierten<br />
mich für zwei Wochen.<br />
Bis etwas Gras über die Sache gewachsen sei,<br />
sagte sie. Und sie meinte es gut …
… leider funktionierte<br />
es nicht.<br />
Wie sich herausstellte,<br />
war so ein Stigma in der<br />
Uni genauso machtvoll<br />
und hartnäckig wie in<br />
der Schule.<br />
Es war nur noch schlimmer, weil<br />
es nicht nur ein Gerücht war …<br />
das hätte man schnell vergessen.<br />
Aber die Zeichnungen waren ein<br />
Beweis und hinterliessen einen<br />
bleibenden Eindruck. Ausserdem<br />
liessen sie sich endlos kopieren.<br />
ich wurde zu<br />
einem Dauerwitz mit<br />
Lachgarantie. Und die<br />
Lacher gingen auf<br />
meine Kosten.<br />
ich wurde zu<br />
einem Meme, mit dem sich<br />
andere effektiv von ihren<br />
eigenen Fehlern ablenken<br />
und besser fühlen<br />
konnten …<br />
… Sie zeigten<br />
auf mich und sagten:<br />
„He, ich bin vielleicht<br />
ein Loser, aber<br />
SM-Benson ist viel<br />
schlimmer!“<br />
Vermutlich habe ich<br />
so einigen das Leben<br />
erleichtert …<br />
ich würde<br />
gern sagen,<br />
dass es mir nichts<br />
ausmachte, einsam<br />
zu sein.<br />
Aber der<br />
idealisierte einsame<br />
Wolf, dem alles egal<br />
ist, täuscht das ja<br />
oft nur vor.<br />
Die ganze Scheisse<br />
dauerte über zwei Monate.<br />
in<br />
Wahrheit sind<br />
Ausgrenzung,<br />
Hohn und<br />
Einsamkeit …<br />
… Ständiger<br />
Spott …<br />
… Eine üble Belastung.<br />
Nun … zumindest ich litt<br />
sehr darunter.<br />
Zwei Monate hören sich vielleicht<br />
nicht lange an … aber für mich waren<br />
sie wie eine kleine Ewigkeit.<br />
Wie ich schon<br />
sagte … ich<br />
litt sehr.<br />
Was ist<br />
mit deinem Arm<br />
passiert?<br />
ich bin auf<br />
eine Schere<br />
gefallen.<br />
Stellt sich die<br />
Frage ...
… Warum erzähle ich das alles?<br />
ich will ganz sicher<br />
kein Mitleid …<br />
… Und auch niemandem die Schuld zuschieben.<br />
Die Freunde von Sarah hatten es bald satt, mich<br />
zu demütigen. Aber wie bei jedem guten Meme<br />
waren es andere, die es aufgriffen und<br />
weiter verbreiteten.<br />
Nein. ich erzähle das alles, weil ich<br />
erklären will, warum ich in diesem November<br />
so mies drauf war …<br />
… Ein zurückgezogener,<br />
zynischer,<br />
misstrauischer<br />
Misanthrop.<br />
im Nachhinein<br />
schien mich nur<br />
ein Wunder aus<br />
meinem Trübsal<br />
reissen zu<br />
können …<br />
?
Aber wie sich<br />
herausstellte, brauchte<br />
ich kein Wunder, sondern<br />
nur eine verwandte Seele …<br />
jemand, der meine Sprache<br />
sprach.<br />
ist<br />
das für ein<br />
Pony-Fetisch-<br />
Outfit?
Wie kann man einem gebrochenen Herzen beibringen, wieder zu vertrauen? Wie kann man die<br />
Vergangenheit abstreifen, um einer neuen Zukunft entgegenzugehen? Warum muss man immer<br />
pinkeln, nachdem man gefesselt wurde?<br />
Für Anne und Alan gilt es mehr als nur diese Fragen zu beantworten – und diese wundervolle<br />
Fortsetzung der <strong>Sonnenstein</strong>-Reihe begleitet das Paar dabei, wie sie in die Tiefen ihrer Beziehung<br />
und die Freuden des BDSM vordringen.<br />
Diese Vorgeschichte der Erzählung von Ally und Lisa widmet sich den (Vor-)Leben der einzelnen<br />
Charaktere und brilliert mit einfühlsamen Momenten, geizt nicht mit sexy Szenen und beweist,<br />
dass es in Schlaf- und BSDM-Hinterzimmern durchaus (wenngleich vielleicht unfreiwillig) lustig<br />
zugehen kann. Auch die Dialoge zwischen den Figuren sprühen vor Witz, Ironie und Verbalerotik.<br />
Wie immer sind die Zeichnungen von Stjepan Sejic opulent und sinnlich, und die Figuren sympathisch<br />
und vielschichtig. Zusätzlich beweist der Zeichner und Autor auch hier wieder, dass er die Szene<br />
kennt und weiß, worauf es beim BDSM wirklich ankommt.