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Neue Ideen für unser Wien - Nr.: ZZ 39

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<strong>Wien</strong>er<br />

COVID-Wahlen<br />

Diesmal FPÖ – keine Frage<br />

Von Lothar Höbelt<br />

Die Entscheidung bei der <strong>Wien</strong>-Wahl ist mir selten<br />

so leicht gefallen wie heuer: Als „lebenslänglicher“<br />

Fan des Bürgerblocks habe ich meist die<br />

Meinung vertreten, dass es letzten Endes nahezu<br />

gleichgültig ist, ob man jetzt blau oder schwarz wählt.<br />

Ein politisches Resultat, wie man es sich wünscht,<br />

kann ohnehin nur zustande kommen, wenn beide endlich<br />

einmal zusammenarbeiten. Seit Ibiza, oder besser<br />

gesagt: seit den panikartigen Reaktionen auf ein zwar<br />

peinliches, aber inhaltlich ziemlich belangloses Video<br />

muss man sich derlei Hoffnungen offenbar <strong>für</strong> geraume<br />

Zeit – wie es so schön heißt – „abschminken“. Seit<br />

Kurz – und zwar anders<br />

als Schüssel 2002 ohne<br />

jeden sachlichen Grund<br />

– die Koalition aufgekündigt<br />

und die Grünen ins<br />

Parlament zurück- und dann sogar in die Regierung<br />

geholt hat, ließe es sich hingegen nur schwer argumentieren,<br />

warum man die ÖVP da<strong>für</strong> in absehbarer<br />

Zeit mit einer Stimme belohnen sollte (bei aller<br />

persönlichen Wertschätzung <strong>für</strong> diverse ihrer Elder<br />

Statesmen, vielleicht sogar <strong>für</strong> das eine oder andere<br />

Regierungsmitglied).<br />

Was den unglückseligen H.-C. Strache betrifft:<br />

Wir wollen uns da nicht auf das Niveau der Juristen<br />

mit all ihren peinlichen Sandkastenspielchen<br />

um Wohnsitz etc. begeben. Der Mann kann einem<br />

wegen seines tiefen Falls wirklich leid tun. Ein gelungenes<br />

Lebenswerk zerstört wegen eines besoffenen<br />

Nachmittags, das ist eine disproportionale Pönale. Da<br />

haben andere wirklich mehr angestellt, als bloß ungeschützt<br />

zu plappern, und sind vom Schicksal besser<br />

behandelt worden. Aber die persönliche Tragik wiegt<br />

den verursachten Kollateralschaden nicht auf, wie er<br />

durch miserables Krisenmanagement noch erheblich<br />

vergrößert worden ist. Denn es ist wenig wahrscheinlich,<br />

dass Strache am fraglichen Wochenende im Mai<br />

28 ZUR ZEIT | <strong>39</strong>/2020<br />

Strache wird der FPÖ weniger<br />

schaden als gewünscht, denn er<br />

spricht vermehrt Nichtwähler an.<br />

Am 11. Oktober gilt es, die 100 Sitze im <strong>Wien</strong>er Rathaus neu zu ve<br />

2019 so ganz unvorbereitet von der Hiobsbotschaft<br />

überrascht worden ist. Es wäre seine verdammte<br />

Pflicht und Schuldigkeit gewesen, da rechtzeitig Vorsorge<br />

zu treffen und <strong>für</strong> diverse Szenarien entsprechende<br />

Absprachen und Strategien<br />

zu entwickeln. Davon<br />

abgesehen kann man Straches<br />

Rücktrittsrede immerhin noch<br />

eine gewisse Würde zubilligen.<br />

Doch seither gilt: „Si tacuisses...“ Wenn er jetzt<br />

mit einer eigenen Liste in <strong>Wien</strong> antritt, begibt er sich<br />

– diesmal völlig freiwillig – ein zweites Mal in die Rolle<br />

des Sündenbocks. Er wird der FPÖ zwar vermutlich<br />

weniger schaden als gemeinhin angenommen, weil er<br />

vor allem potenzielle Nichtwähler ansprechen dürfte,<br />

aber der Schadensvorsatz ist wohl gegeben. Man kann<br />

es drehen und wenden, wie man will: Es bleibt diesmal<br />

absolut nur die FPÖ. Ein Gegengewicht zur herrschenden<br />

Orthodoxie war selten so nötig wie heute,<br />

wo schwarze Eigentümer und grüne Journalisten einträchtig<br />

am medialen Einheitsbrei rühren.<br />

Freilich war auch selten eine Wahl so perspektivenlos.<br />

Letzteres liegt zum einen am Themenfeld:<br />

Seit einem halben Jahr beherrscht das Thema COVID<br />

das öffentliche Leben, weil es eben massiv auch das<br />

private Dasein der Bürger in Mitleidenschaft zieht.<br />

Sicher ist nur: Regierungen wurden nahezu weltweit<br />

<strong>für</strong> „hartes Durchgreifen“ belohnt. Über die Wünschbarkeit<br />

von Rot–Grün braucht man von bürgerlicher<br />

Seite gar nicht erst viele Worte zu verlieren. Das ei-<br />

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