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II. Deutsch-französischer Austausch im Bildungssektor - Institut für ...

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<strong>Deutsch</strong>land – Frankreich:<br />

eigentlich ganz nah oder doch so fern?<br />

Ergebnisse eines studentischen Projekts zum aktuellen Stand<br />

des deutsch-französischen Kulturaustauschs unter der Leitung<br />

von Margot Brink und Lénaïck Bidan<br />

Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Romanistik/Latinistik<br />

www.irl.uni-osnabrueck.de


Impressum<br />

Universität Osnabrück 2012<br />

Fachbereich 7: Sprach- und Literaturwissenschaft<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Romanistik/Latinistik<br />

Neuer Graben 40<br />

49069 Osnabrück<br />

Herausgeberinnen Margot Brink, Lénaïck Bidan<br />

Titelblattillustration Felek Akman<br />

Abbildungen privat<br />

Kontakt mbrink@uni-osnabrueck.de<br />

Versand als kostenlose PDF-Datei erhältlich unter<br />

http://www.irl.uni-osnabrueck.de/romanistik<br />

http://www.irl.uni-osnabrueck.de/romanistik/mitarbeiter/mbrink


Inhalt<br />

Margot Brink, Lénaick Bidan<br />

Einleitung / Introduction ..........................................................................................................................2<br />

I. Frankreichbilder und Kooperationen <strong>im</strong> kulturellen Bereich<br />

Dirk Schnieder, Pierre Seidel, Anastysiya Zwenihorodska<br />

Baguette, Baskenmütze, Eiffelturm, Mode, Wein und Käse“ –<br />

das typische Aushängeschild Frankreichs?<br />

Frankreich-Stereotype in der Gegenwart: eine Recherche .......................................................................5<br />

Tobias Bödger, Svenja Langkeit, Sarah Plugge, Sahira Melina Wulf<br />

Kultur macht Medien, Medien machen Kultur – ARTE als Vermittler<br />

zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich? .................................................................................................13<br />

Inga Baer, Merle Deters<br />

Der Französische Film ist mehr als Audrey Tatou und Gérard Depardieu.<br />

Eine Illustration der deutsch-französischen Filmkooperation ................................................................23<br />

Franziska Müller, Magdalena Ullmann<br />

Es lebe die literarische und geistige Beziehung!<br />

Projekte und Programme <strong>im</strong> deutsch-französischen Literaturtransfer ...................................................27<br />

Felek Akman<br />

Die ‚Kunst’ des deutsch-französischen Kunstaustauschs .......................................................................37<br />

Loïc Saunders vom <strong>Institut</strong> français Bremen <strong>im</strong> Interview<br />

Les <strong>Institut</strong>s français – « c’est créer les conditions d’un dialogue » .....................................................42<br />

<strong>II</strong>. <strong>Deutsch</strong>-<strong>französischer</strong> <strong>Austausch</strong> <strong>im</strong> <strong>Bildungssektor</strong><br />

Alexandra Dubuc, Nina Reinking, Jan-Michael Segna, Tabea Suckut<br />

Französisch und <strong>Deutsch</strong> als Fremdsprache – so viel mehr als Schule ..................................................45<br />

Marieke Holst, Julia Schniedergers, Eva-Maria Schrand, Anna-Lena Schwiesselmann<br />

<strong>Institut</strong>ionen und <strong>Austausch</strong>möglichkeiten <strong>im</strong> Hochschulbereich .........................................................57<br />

<strong>II</strong>I. Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>für</strong> die deutsch-französischen Beziehungen<br />

Tuan Anh La, Tobias Barlage<br />

Sport-<strong>Austausch</strong> zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich .......................................................................69<br />

Anna Dinklage, Yvonne Drees, Marie-Christin Grigoleit, Deike Hofmann<br />

Die Freundschaft zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich: Partnerstädte ...............................................77<br />

Bernd Käsebier von der <strong>Deutsch</strong>-französischen Gesellschaft Osnabrück <strong>im</strong> Interview<br />

Die <strong>Deutsch</strong>-Französischen Gesellschaften am Beispiel Osnabrück .....................................................89


2<br />

Margot Brink, Lénaïck Bidan<br />

Einleitung<br />

Der 50. Jahrestag der Unterzeichnung des<br />

deutsch-französischen Freundschaftsvertrages,<br />

des traité de l‘Élysée, der am 22. Januar des<br />

kommenden Jahres gefeiert wird, war <strong>für</strong> uns<br />

Anlass danach zu fragen, wie es auf der Ebene<br />

der Kultur mit den <strong>Austausch</strong>beziehungen zwischen<br />

den beiden Ländern aktuell bestellt ist.<br />

Denn die Intensität und Entwicklungsrichtung<br />

der deutsch-französischen Kulturbeziehungen –<br />

Kultur hier in einem weiten Sinne verstanden –<br />

wird durchaus kontrovers diskutiert, wie das <strong>im</strong><br />

Februar 2012 publizierte Gespräch mit dem<br />

Historiker Pierre Nora und die wenig später<br />

veröffentlichte Entgegnung von Erwin Teufel<br />

und Frank Baasner verdeutlichen1: Während<br />

der eine beklagt, die Nachbarländer und insbesondere<br />

deren intellektuelle Eliten hätten sich<br />

„auseinandergelebt“ und es gäbe ohnehin, nicht<br />

zuletzt aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse,<br />

nicht mehr viel auszutauschen, verweisen Teufel<br />

und Baasner unter dem Titel „Wir haben uns<br />

zusammengelebt“ auf die vielfältigen und sich<br />

stetig entwickelnden Kooperationen gerade <strong>im</strong><br />

Bildungsbereich. Wer hat Recht? Und gibt es<br />

zwischen der deutlich pess<strong>im</strong>istischen Verfallsgeschichte<br />

Noras und der recht opt<strong>im</strong>istischen<br />

Fortschrittsgeschichte Baasners und Teufels<br />

noch eine andere Sicht auf den aktuellen Stand<br />

der deutsch-französischen Beziehungen <strong>im</strong> Bereich<br />

der Kultur?<br />

In einem Rechercheprojekt der Universität Osnabrück<br />

<strong>im</strong> Sommersemester 2012 haben sich<br />

32 Studierende, überwiegend aus Lehramtsstudiengängen<br />

in den ersten beiden Semestern, auf<br />

die Suche nach Antworten auf diese Fragen<br />

begeben.<br />

Ziel war es, den aktuellen Stand des deutschfranzösischen<br />

Kulturaustauschs zu untersuchen.<br />

Dabei sollte kein systematischer Überblick entstehen,<br />

da<strong>für</strong> ist das Feld ohnehin zu weit, son-<br />

Introduction<br />

A l’occasion du cinquantenaire du traité de<br />

l’Élysée, traité d’amitié franco-allemande dont<br />

on fêtera l’anniversaire le 22 janvier prochain,<br />

nous nous sommes posé la question de savoir<br />

quel est l’état actuel des échanges entre les deux<br />

pays dans le domaine de la culture.<br />

En effet, l’intensité et la direction que prennent<br />

les relations franco-allemandes dans le domaine<br />

de la culture – culture au sens large du terme –<br />

fait l’objet de discussions controversées, comme<br />

en témoignent un entretien avec l’historien<br />

Pierre Nora paru en février 2012 et la réponse<br />

que lui ont opposé, peu après, Erwin Teufel et<br />

Frank Baasner. Pendant que l’un déplore que les<br />

pays voisins, et en particulier leurs élites intellectuelles,<br />

se soient éloignés et que, de toute<br />

façon, il n’y ait plus que peu de choses à<br />

échanger, notamment du fait d’une insuffisance<br />

des connaissances linguistiques, E. Teufel et F.<br />

Baasner renvoient aux coopérations variées et<br />

croissantes, notamment dans le domaine de<br />

l’éducation, dans un article intitulé « Nous nous<br />

sommes rapprochés ». Qui a raison ? Et y a-t-il<br />

une troisième voie entre la théorie, pour le<br />

moins pess<strong>im</strong>iste, du déclin telle qu’elle est vue<br />

par P. Nora et celle, très opt<strong>im</strong>iste, du progrès<br />

présentée par F. Baasner et E. Teufel en ce qui<br />

concerne l’état actuel des relations francoallemandes<br />

dans le domaine de la culture ?<br />

32 étudiants, pour la plupart d’entre eux inscrits<br />

en première année et se destinant à une carrière<br />

d’enseignant, ont tenté de répondre à cette question<br />

au cours d’un projet de recherche réalisé à<br />

l’université d’Osnabrück au semestre d’été 2012<br />

et dont le but était d’examiner l’état actuel du<br />

transfert culturel franco-allemand. Il ne<br />

s’agissait pas de dresser un tableau exhaustif de<br />

ce vaste domaine mais plutôt de se concentrer<br />

sur les domaines centraux que sont l’éducation<br />

et la culture puis de rédiger une brochure corre-<br />

1 Pierre Nora: „Man hat sich auseinandergelebt“, in: FAZ vom 16. 2. 2012 (Interview). Erwin Teufel, Frank<br />

Baasner, „Wir haben uns zusammengelebt“, in: FAZ vom 26. 3. 2012 (eine Antwort auf Pierre Nora).


dern die Absicht war es vielmehr, eine auf zentrale<br />

Bereiche der Bildung und der Kultur ausgerichtete<br />

Broschüre zu verfassen, die von den<br />

eigenen Interessen, Erfahrungen und Bedürfnissen<br />

der Studierenden ihren Ausgang n<strong>im</strong>mt, und<br />

dies auch <strong>im</strong> Hinblick auf die zukünftige Berufstätigkeit.<br />

Die vorliegende Publikation bietet insofern<br />

neben vielen praktischen Informationen zu Programmen<br />

und <strong>Institut</strong>ionen, die <strong>für</strong> den deutschfranzösischen<br />

Kulturaustausch relevant sind,<br />

und sicherlich helfen können, eigene <strong>Austausch</strong>projekte<br />

zu entwerfen und zu realisieren,<br />

noch vieles mehr: Interviews mit Akteuren aus<br />

dem <strong>Austausch</strong>bereich (einem Vertreter der<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französischen Gesellschaften, einem<br />

Repräsentanten der <strong>Institut</strong>s français, einem<br />

Städtebotschafter oder einer Lehrerin aus der<br />

Picardie, die sehr engagiert den <strong>Deutsch</strong>unterricht<br />

in ihrer Region fördert). Darüber hinaus<br />

gibt es Erfahrungsberichte und Gespräche mit<br />

Studierenden, die einen binationalen Studiengang<br />

absolviert haben, oder einer jungen Französin,<br />

die in <strong>Deutsch</strong>land mit dem FranceMobil<br />

SchülerInnen auf sehr engagierte Weise <strong>für</strong> die<br />

französische Sprache und Kultur begeistert.<br />

Daneben werden auch die stereotypen Sichtweisen<br />

des Nachbarlandes Frankreich aus deutscher<br />

Warte befragt, deutsch-französische Kooperationen<br />

in den Bereichen von Kunst, Literatur,<br />

Film und Medien präsentiert sowie auf zivilgesellschaftlicher<br />

Ebene Städtepartnerschaften<br />

und <strong>Austausch</strong>programme <strong>im</strong> Bereich des Breitensports<br />

vorgestellt. Letztere verbinden interkulturelles<br />

Lernen, Spracherwerb und Sport und<br />

eignen sich besonders gut dazu, auch die in der<br />

Regel unterrepräsentierte männliche Klientel <strong>für</strong><br />

die französische Sprache und Kultur zu interessieren.<br />

Vorliegende Broschüre richtet sich insofern an<br />

ein breites Publikum, an alle Frankreichinteressierten,<br />

insbesondere aber an SchülerInnen,<br />

StudentInnen, LehrerInnen, Frankoromanisten,<br />

die sich <strong>für</strong> die vielfältigen <strong>Austausch</strong>- und<br />

Kooperationsmöglichkeiten zwischen <strong>Deutsch</strong>land<br />

und Frankreich interessieren. Entsprechend<br />

dieser Zielgruppen liegt der Schwerpunkt in der<br />

spondant aux centres d’intérêt, aux expériences<br />

personnelles et aux besoins des étudiants,<br />

compte tenu de leur orientation professionnelle.<br />

Cette publication propose tout d’abord de nombreuses<br />

informations pratiques sur les programmes<br />

et les institutions d’<strong>im</strong>portance dans le<br />

domaine du transfert culturel franco-allemand.<br />

Ainsi, elle est susceptible de représenter une<br />

aide dans la conception et la réalisation de projets<br />

d’échanges. Mais elle renferme également<br />

des interviews de différents acteurs<br />

s’investissant dans le domaine des échanges<br />

franco-allemands : un membre d’une Société<br />

franco-allemande, un représentant des <strong>Institut</strong>s<br />

français, un ambassadeur de la ville jumelée<br />

d’Angers ou une enseignante de Picardie qui<br />

s’investit en faveur du développement de<br />

l’allemand dans sa région. En outre, cette brochure<br />

comprend des interviews et des reportages<br />

sur des étudiants qui ont suivi un cursus binational<br />

ou sur une jeune Française qui partage<br />

son enthousiasme pour la langue et la culture<br />

française avec les élèves dans le cadre du projet<br />

FranceMobil. Les stéréotypes des Allemands au<br />

sujet de leurs voisins Français y sont également<br />

présentés, de même que des exemples de coopérations<br />

franco-allemandes dans les domaines de<br />

l’art, de la littérature, du cinéma et des médias.<br />

Au niveau social, des jumelages et des programmes<br />

d’échanges sportifs y sont également<br />

décrits. Ces derniers mêlent sport, apprentissage<br />

interculturel et acquisition de la langue. Ils<br />

visent particulièrement à éveiller l’intérêt de la<br />

clientèle masculine, généralement sousreprésentée,<br />

pour la langue et la culture française.<br />

Cette brochure s’adresse à un large public, à<br />

tous ceux qui s‘intéressent à la France, et en<br />

particulier aux élèves, aux étudiants, aux enseignants<br />

et aux gallo-romanistes qui veulent en<br />

savoir davantage sur les nombreuses possibilités<br />

d’échanges et de coopération entre la France et<br />

l’Allemagne. Pour répondre aux attentes de ce<br />

groupe, l’accent a été mis sur la présentation des<br />

institutions et des initiatives en Allemagne.<br />

L’ensemble est organisé en trois parties : une<br />

première consacrée au domaine culturel, ici au<br />

3


4<br />

Darstellung auf denjenigen <strong>Institut</strong>ionen und<br />

Initiativen, die von <strong>Deutsch</strong>land ihren Ausgang<br />

nehmen. Strukturiert ist das gesamte Thema<br />

nach Kooperationen <strong>im</strong> kulturellen Bereich, hier<br />

<strong>im</strong> Sinne des engeren Kulturbegriffs, nach <strong>Austausch</strong>beziehungen<br />

<strong>im</strong> <strong>Bildungssektor</strong> sowie<br />

nach Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements<br />

<strong>für</strong> die deutsch-französischen Beziehungen.<br />

Das Projekt wurde von der Themenfindung über<br />

die inhaltliche Ausgestaltung bis hin zur Titelblattillustration<br />

und Präsentation der Ergebnisse<br />

in einer Abschlussveranstaltung von den<br />

Studierenden auf sehr engagierte Weise durchgeführt.<br />

Unser Dank geht deshalb zunächst an<br />

die Studierenden. Daneben ist aber auch den<br />

Seminar-Gästen Bernd Käsebier (DFG Osnabrück),<br />

Loïc Saunders (<strong>Institut</strong> français Bremen)<br />

und Sandra Schmidt (Universität Clermont-<br />

Ferrand) zu danken, die mit ihren Gesprächen<br />

und Vorträgen unser Projekt bereichert haben.<br />

Und nicht zuletzt geht unser Dank auch an das<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Romanistik/Latinistik der Universität<br />

Osnabrück <strong>für</strong> die finanzielle Unterstützung<br />

des gesamten Vorhabens.<br />

Wir hoffen, dass die Broschüre neben ihrem<br />

praktischen Nutzen verdeutlicht, dass einerseits<br />

durchaus viele Möglichkeiten <strong>im</strong> Bereich des<br />

deutsch-französischen Kulturaustauschs existieren,<br />

eine Vielfalt, die zum Pess<strong>im</strong>ismus keinen<br />

Anlass gibt. Andererseits hoffen wir, dass die<br />

Lektüre Lust macht, selbst <strong>im</strong> Bereich des<br />

deutsch-französischen <strong>Austausch</strong>s aktiv zu werden,<br />

denn dies individuelle Engagement ist,<br />

neben politischen Verträgen und institutionellen<br />

Kooperationsprogrammen, die zentrale Basis<br />

der Freundschaft zwischen Frankreich und<br />

<strong>Deutsch</strong>land.<br />

sens strict du terme ; une deuxième concernant<br />

les échanges et les différentes formes<br />

d’échanges dans le secteur éducatif et une<br />

dernière sur l’engagement civil dans le domaine<br />

des relations franco-allemandes.<br />

Ce travail a été possible grâce à un grand investissement<br />

personnel de la part des étudiants, du<br />

choix des sujets à l’agencement des contenus,<br />

en passant par l’illustration de la couverture et<br />

en allant jusqu’à la présentation des résultats<br />

lors d’une séance de clôture du cours. C’est à<br />

eux que nous a<strong>im</strong>erions tout d’abord adresser<br />

nos remerciements. Nous tenons également à<br />

remercier Bernd Käsebier (DFG Osnabrück),<br />

Loïc Saunders (<strong>Institut</strong> français de Brême) et<br />

Sandra Schmidt (Université de Clermont-<br />

Ferrand) qui ont considérablement enrichi notre<br />

projet par le biais de leurs témoignages et de<br />

leurs interventions. Enfin, nous a<strong>im</strong>erions expr<strong>im</strong>er<br />

notre reconnaissance à l’<strong>Institut</strong> de Romanistique<br />

et de Latinistique de l’Université<br />

d’Osnabrück pour le financement de ce projet.<br />

Nous espérons que, outre son aspect pratique,<br />

cette brochure montre d’une part qu’il existe des<br />

possibilités nombreuses et diverses dans le domaine<br />

des échanges culturels franco-allemands,<br />

une diversité qui ne donne pas de motifs d’être<br />

pess<strong>im</strong>iste. D’autre part, nous espérons que sa<br />

lecture amènera certains à devenir eux-mêmes<br />

actifs dans le domaine des échanges francoallemands<br />

car cet engagement individuel<br />

représente, à côté des traités politiques et des<br />

programmes de coopération institutionnels, la<br />

base de l’amitié entre la France et l’Allemagne.


I. Frankreichbilder und Kooperationen <strong>im</strong> kulturellen Kontext<br />

Dirk Schnieder, Pierre Seidel, Anastasiya Zwenihorodska<br />

„Baguette, Baskenmütze, Eiffelturm, Mode, Wein und Käse“ – das typische<br />

Aushängeschild Frankreichs? Frankreich-Stereotype in der Gegenwart:<br />

eine Recherche<br />

1. Einleitung<br />

Stereotype beeinflussen das Alltagsleben mehr als wir denken: Welche Überzeugungen haben Sie,<br />

wenn Sie über Männer und Frauen nachdenken? Welche über Anhänger verschiedenster Religionen<br />

wie Moslems oder Juden? Über Menschen anderer Nationalitäten? Und inwiefern wird das menschliche<br />

Handeln dabei <strong>im</strong> Alltag von diesen Denkweisen gelenkt?<br />

2012 – ! in einer deutschen Werbung <strong>für</strong> eine Käsesorte: „Comment? Ah…Saint Albray!“, sagt der<br />

Franzose mit Baskenmütze zu dem jungen deutschen Paar in der fromagerie (Käseladen) – <strong>im</strong> Hintergrund<br />

ist französische Musik zu hören.<br />

In den Medien, <strong>im</strong> alltäglichen Leben ebenso wie <strong>im</strong> Bereich des Kulturtransfers spielen Stereotype<br />

eine wichtige Rolle. Ruth Florack, Professorin <strong>für</strong> Neuere deutsche Literatur (Göttingen) und<br />

Dorothee Röseberg, Professorin <strong>für</strong> romanische Landes- und Kulturwissenschaften (Halle), beschäftigen<br />

sich beispielsweise in ihren Publikationen mit der Stereotypenforschung und untersuchen, wie<br />

Stereotype <strong>im</strong> Prozess der Übernahme kultureller Phänomene zwischen verschiedenen Kulturen funktionieren<br />

und sich wandeln. 1<br />

In Anbetracht des Zeitalters des dynamischen Globalisierungsprozesses und der damit verbundenen<br />

zunehmenden weltweiten Verflechtung in allen Bereichen der Gesellschaft stellt sich die Frage, inwiefern<br />

Stereotype in der Wahrnehmung anderer <strong>im</strong>mer noch oder vielleicht sogar verstärkt wirksam sind<br />

oder ob sie sich vielleicht <strong>im</strong> Gegenteil mehr und mehr auflösen. Nicht nur die Frage nach der Aktualität<br />

dieser Stereotype spielt dabei eine wichtige Rolle, sondern auch der Umgang mit ihnen. Um Antworten<br />

auf die genannten Fragen zu finden, erscheint es zunächst sinnvoll, den Terminus „Stereotyp“<br />

von anderen verwandten Begriffen wie „Vorurteil“ und „Klischee“ abzugrenzen.<br />

In dieser Abhandlung werden wir uns dabei auf stereotype Bilder und Vorstellungen über Frankreich<br />

aus deutscher Sicht konzentrieren und diese untersuchen.<br />

1.1 Stereotyp<br />

Der Begriff Stereotyp stammt aus dem Griechischem und setzt sich aus den Wörtern stereós (dt. fest,<br />

haltbar, räumlich) und týpos (dt. -artig) zusammen und hat sich als Schlüsselbegriff, sowohl in den<br />

Sozialwissenschaften als auch in den Sprach- und Literaturwissenschaften, etabliert. Im Allgemeinen<br />

handelt es sich hierbei um „mentale Vereinfachungen von komplexen Eigenschaften oder Verhaltensweisen<br />

von Personengruppen“ 2 , die ungeprüft sind und nicht unbedingt der Realität entsprechen. 3<br />

Diese Ideen, Vorstellungen und Aussagen geben, allen Vereinfachungen und Schematisierungen zum<br />

Trotz, auch Halt und Orientierung in einer komplexen Welt und erleichtern das kollektive Zusammenleben<br />

und die Interaktion mit Menschen anderer sozialer und kultureller Gruppen. 4 Das Stereotyp<br />

1 Vgl. z.B. Florack 2007, Röseberg 2001.<br />

2 www.ikud.de.<br />

3 Ebd. sowie Amossy / Herschberg-Pierrot 1997: 25-30.<br />

4 Bundeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung 2001: 2.<br />

5


6<br />

verweist auf eine gedankliche Konstruktion « qui ne se modifie point, qui reste toujours de même » 5 ,<br />

d.h. Stereotype besitzen einen starren und unbeweglichen Charakter. Stereotype sind jedoch <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

nicht als negativ anzusehen, solange den Menschen bewusst ist, dass es sich bei diesen mentalen<br />

Repräsentationen um starke, schematische Reduzierungen der Realität handelt. 6<br />

Stereotype lassen in Autostereotype und Heterostereotype differenzieren.<br />

Während Autostereotypen verallgemeinernde, reduktionistische Vorstellungen über den eigenen, sozialen<br />

Kulturkreis repräsentieren, beziehen sich Heterostereotypen auf Aussagen über fremde, soziale<br />

Gruppen. Im Rahmen dieses Artikels wird auf die letztere Unterscheidungskategorie Bezug genommen<br />

und näher eingegangen.<br />

1.2 Vorurteil<br />

Der Terminus Vorurteil bezeichnet, ebenso wie der Begriff Stereotyp, einen verallgemeinernden und<br />

vereinfachenden Ausdruck, ohne dass die angenommene Vorstellung überprüft wird. Vorurteile sind<br />

sowohl auf Individuen als auch auf Gruppen bezogen und stehen oft <strong>im</strong> Zusammenhang mit Diskr<strong>im</strong>inierung.<br />

Sie sind daher in Abgrenzung zu Stereotypen mit Emotionen, meist negativer Art, aufgeladen.<br />

Die Vorurteilsforschung, ein wesentlicher Forschungszweig/-aspekt in der Psychologie, konstatiert <strong>im</strong><br />

Rahmen von Untersuchungen, dass Vorurteile gegen best<strong>im</strong>mte Normen, also menschlichen Wertvorstellungen<br />

wie Rationalität, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit, verstoßen. Durch diesen Verstoß<br />

werden Vorurteile generell als negativ angesehen.<br />

Während Vorurteile, ähnlich wie Stereotype, den Menschen durch eine reduktive Realitätswahrnehmung<br />

„Halt und Orientierung in einer unüberschaubaren Welt“ 7 geben, lassen sich in Bezug auf das<br />

Vorurteil weitere Funktionen erkennen.<br />

Zum einen dienen Vorurteile häufig der gesellschaftlichen Gruppenbildung. Dabei entsteht ein positives<br />

Selbstbild der eigenen Gruppe und <strong>im</strong> Gegenzug ein negatives Fremdbild außenstehender Gruppen.<br />

Zum anderen schaffen sie die Basis <strong>für</strong> die Rechtfertigung von Herrschafts- und Machtausübungen.<br />

Für die Revision von Vorurteilen ist ein großes Repertoire von Bildungsmaßnahmen nötig. Als Fallbeispiel<br />

lässt sich die Entwicklung des Nachkriegsdeutschlands anführen: Während die Zeit des Nationalsozialismus<br />

von Antisemitismus und Diktatur geprägt war, transformierte sich durch ein umfassenden<br />

Bildungs- und Umerziehungsprogramm der Alliierten das negative Fremdbild der Franzosen<br />

<strong>im</strong> Laufe der Jahre zur Freundschaft mit den Nachbarländern und zur Errichtung einer Demokratie. 8<br />

1.3 Klischee<br />

In Abgrenzung zu den oben genannten Begriffen tritt vor allem auch das „Klischee“ <strong>im</strong> Alltagsleben<br />

häufig auf und ist ein vielfach erforschter Gegenstand in wissenschaftlichen Publikationen. Laut Definition<br />

wird das Klischee als „Abklatsch, unschöpferische Nachbildung, eingefahrene Vorstellung,<br />

abgegriffene Redewendung“ 9 bezeichnet und wird oft, fälschlicherweise, mit dem Stereotyp gleichgesetzt.<br />

Im Gegensatz zu Stereotypen stellen Klischees allerdings bewusst überzogene Aussagen und<br />

Repräsentationen dar. 10<br />

5 Röseberg 2001: 132.<br />

6 Röseberg 2001: 133-134, sowie www.ikud.de.<br />

7 Bundeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung 2001: 2.<br />

8 Bundeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung 2001: 2-5, sowie Röseberg 2001: 136, Gerrig / Z<strong>im</strong>bardo 2008:<br />

653-658, Brockhaus: mult<strong>im</strong>edial premium 2007.<br />

9 Definition nach: DUDEN online.<br />

10 Brockhaus : mult<strong>im</strong>edial premium 2007.


2. <strong>Deutsch</strong>-französische Stereotype in der Entwicklung<br />

Für die Betrachtung der Entwicklung der Stereotypen ist es angebracht sich zunächst einen Überblick<br />

über die historischen Geschehnisse in den letzten Jahrhunderten zu verschaffen.<br />

Schon seit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit war das deutsch-französische Verhältnis angespannt.<br />

Kriegerische Auseinandersetzungen best<strong>im</strong>mten <strong>im</strong>mer wieder das deutsch-französische<br />

Nachbarschaftsverhältnis.<br />

Der <strong>Deutsch</strong>-französische Krieg in den Jahren 1870-1871, sowie der Erste (1914-1918) und Zweite<br />

Weltkrieg (1939-1945) beförderten Prozess der zunehmenden Entwicklung eines sogenannten Feindbildes.<br />

Zwar ist der Begriff des Feindbildes mit dem Terminus Stereotyp verwandt, jedoch gibt es einige wesentliche<br />

Unterschiede: Ein Feindbild ist ein negatives Vorurteil, welches von politischer Seite instrumentalisiert<br />

wird, um die Bevölkerung <strong>für</strong> sich zu gewinnen und sie auch <strong>für</strong> kriegerische Handlungen<br />

zu mobilisieren. Bei diesen durch Verschwörungstheorien gelenkten Vorstellungen, Einstellungen und<br />

Gefühlen handelt es sich selbstredend nicht um genaue Repräsentationen der Wirklichkeit. Kennzeichnend<br />

<strong>für</strong> ein Feindbild ist, dass <strong>im</strong> Fremden das Negative in den Vordergrund gerückt und ausgehend<br />

von diesem negativen Fremdbild <strong>im</strong> Gegenzug ein positives Selbstbild erzeugt wird. 11<br />

Während vor allem in der Phase des Nationalsozialismus auf der Basis der Ideologie der 'Höherwertigkeit<br />

der arischen Rasse' und einer massiven Manipulation der öffentlichen Meinung, das Bild der<br />

Franzosen in <strong>Deutsch</strong>land verzerrt wurde 12 , zeigen unter anderem Briefe des Schriftstellers Heinrich<br />

Böll, der 1938 in den Reichsarbeitsdienst einberufen worden ist 13 , das auch eine andere, differenziertere<br />

Sichtweise möglich war: „Frankreich ist schön, voll Menschlichkeit und Süße, voll schöner Städte<br />

und Dörfer und angenehmer Menschen, die wirklich menschlich sind; aber darum ist es umso schwerer,<br />

hier Soldat zu sein“ 14 . Im Mittelpunkt seiner Darstellung stehen die Menschlichkeit, die Würde<br />

und die Freiheit als typische französische Eigenschaften. Weitere wichtige positive Charaktereigenschaften<br />

der Franzosen – so Böll – sind unter anderem die Individualität, Höflichkeit, Eleganz, der<br />

Charme und die Raffinesse. Negative Charaktereigenschaften, nach Meinung Bölls, sind hingegen die<br />

Unzuverlässigkeit, Naivität sowie die Kindlichkeit. Auch wenn Bölls Bild der Franzosen nicht frei von<br />

Stereotypen war, unterschied es sich jedoch grundsätzlich von der vorurteilsbehafteten und feindlichen<br />

Einstellung der Mehrheit der <strong>Deutsch</strong>en gegenüber den Franzosen zu diesem Zeitpunkt. 15<br />

Der Elysée-Vertrag, der <strong>im</strong> Jahre 1963 abgeschlossen wurde, festigte bereits bestehende Kooperationen<br />

und Abkommen und diente als Basis <strong>für</strong> die weitere Entwicklung einer deutsch-französischen<br />

Freundschaft. Der Vertrag gilt heute als Meilenstein der Beziehungen zwischen Frankreich und<br />

<strong>Deutsch</strong>land. Seitdem hat sich das Feindbild in ein Freundbild gewandelt, und damit einhergehend<br />

haben sie auch die Stereotype verändert. Der zunehmende interkulturelle <strong>Austausch</strong> der beiden Völker<br />

trägt dazu bei, dass die deutsch-französische Freundschaft gestärkt und verfestigt wird.<br />

Um den gegenwärtigen Zustand der deutschen Stereotype über Franzosen zu analysieren, haben wir<br />

<strong>im</strong> Rahmen dieser Abhandlung eine Umfrage gemacht, deren Ergebnisse wir <strong>im</strong> Folgenden darstellen,<br />

analysieren und interpretieren werden.<br />

3. Aktuelle deutsche Stereotype über Franzosen<br />

„Franzosen sind gute Liebhaber, sind Boule-Spieler und gehen dieser Tätigkeit häufig nach, typische<br />

Speisen und Getränke der Franzosen sind Käse, Schnecken, Froschschenkel und Wein. Ein ausgiebi-<br />

11 Gerrig / Z<strong>im</strong>bardo 2008: 653-658.<br />

12 Renner / Hörner 2009: 63-74.<br />

13 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land: www.hdg.de.<br />

14 Brief von Heinrich Böll vom 24.06.1942, Briefe aus dem Krieg : 1939 - 1945 (Bd. 1), zit. n.<br />

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/politischeliteratur/131424/, (Zugriffsdatum 29.6.2012).<br />

15 Ebd.<br />

7


8<br />

ges Essen ist eine weitere Eigenschaft der Franzosen. Frankreich gilt als Land der Mode und der Modemacher:<br />

Haute Couture und Prêt à porter sind Sammelbezeichnungen <strong>für</strong> starkes Modebewusstsein.<br />

Durch ihre „Schnupfensprache“ werden die männlichen Franzosen von Außenstehenden meist als<br />

arrogant und homosexuell eingestuft.“ – So lauten Stereotype, Vorurteile und Klischees, die vielfach<br />

<strong>im</strong> Internet kursieren. Jedoch ist die Frage, ob diese Einschätzungen auch <strong>im</strong> Alltagsleben so verbreitet<br />

sind.<br />

Das Ziel der Umfrage war es herauszufinden, ob die <strong>Deutsch</strong>en 'auf der Straße' derartig über die Franzosen<br />

denken, wie es in den obigen Beispielen geschildert wird. Die Umfrage wurde in der Innenstadt<br />

Osnabrücks an verschiedenen Wochentagen <strong>im</strong> Mai 2012 durchgeführt; insgesamt wurden 30 Personen<br />

unterschiedlicher Altersgruppen befragt.<br />

3.1 Konzept der Umfrage<br />

Die Befragten gehören jeweils unterschiedlichen Altersklassen an, die nach Lebensabschnitte eingeteilt<br />

sind: 0-17 Jahre, 18-25 Jahre, 26-40 Jahre, 40+. Diese wurden in unterschiedlichen Kategorien<br />

zum Thema „Frankreich und seine Bewohner“ befragt. Zunächst sollten erste Assoziationen zu Frankreich<br />

geäußert werden. Weiterer Bestandteil der Umfrage war es, die Einwohner Frankreichs <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

und anschließend mit Unterteilung nach Geschlecht, anhand einer Auflistung von Charaktereigenschaften<br />

zu kennzeichnen und den ihrer Meinung nach größten Unterschied zwischen<br />

<strong>Deutsch</strong>land und Frankreich zu benennen.<br />

Vor Beginn der Umfrage wurden folgende Hypothesen aufgestellt, die anhand der Umfrageergebnisse<br />

verifiziert bzw. falsifiziert werden sollten:<br />

- Häufige Assoziationen lassen sich <strong>im</strong> Bereich der Speisen und Getränke finden: Baguette, Käse,<br />

Schnecken und Wein.<br />

- Paris, als Stadt der Liebe, und der Eiffelturm werden oft als Symbole Frankreichs angesehen.<br />

- Es lassen sich Unterschiede in den jeweiligen Altersklassen bezüglich der Stereotype aufzeigen.<br />

- Baskenmütze wird als häufigstes modisches Accessoire von den Befragten genannt.<br />

- Typische französische Eigenschaften sind überwiegend positiv.<br />

3.2 Assoziationen<br />

Bei den Assoziationen mit Frankreich wurden von den Befragten am häufigsten die Bereiche „Essen“,<br />

„Kultur“, „Landschaft“ und „Geschichte“ genannt. Somit wurde die anfängliche Hypothese teilweise<br />

insofern bestätigt, dass die Testpersonen Frankreich mit best<strong>im</strong>mten Speisen und Getränken wie Käse<br />

(30%) und Wein (24%) verbinden. Einige Antworten bezogen sich auf bekannte französische Schauspieler<br />

wie Gérard Depardieu, Politiker, wie die aufgrund der französischen Präsidentschaftswahlen<br />

2012 <strong>im</strong> Mittelpunkt der Medien stehenden Kandidaten Nicolas Sarkozy und François Hollande; aber<br />

auch Sportler, besonders Fußballspieler, kamen den Befragten in den Sinn. Ebenso die sogenannte<br />

Baskenmütze, die viele als typisches Accessoire eines Franzosen identifizierten. Auch „Paris“ und<br />

„Eiffelturm“, in Bezug auf die Symbole Frankreichs in der Welt, wurden mit einem Prozentsatz von<br />

48% und 32% genannt. Diese Ergebnisse verifizierten die aufgestellte Hypothese. Entgegen den Erwartungen<br />

wurde Frankreich auch mit Landschaften wie die der französischen Riviera und der Provence<br />

in Zusammenhang gebracht.<br />

Insgesamt gesehen lässt sich erkennen, dass viele Antworten der Testpersonen auf Stereotypen beruhen.<br />

Allerdings lässt sich ebenso festhalten, dass Unterschiede innerhalb der Altersklassen erkennbar<br />

werden: Während die Umfrageergebnisse der Gruppen 0-17 Jahre und 18-25 Jahre größtenteils auf<br />

Stereotypen oder Klischees beruhen, die auch <strong>im</strong> Internet zu finden und in den Medien insgesamt von<br />

Bedeutung sind, lassen sich die Gruppe der 26-40-jährigen und die der 40+-Gruppe nicht unbedingt<br />

von diesen Vorstellungen leiten. Deren geringere Tendenz zur Verwendung von Stereotypen <strong>im</strong> Alltag


lässt sich durch ihren erweiterten Wissenshorizont und eine gewisse, sich daraus ableitende größere<br />

Objektivität hinsichtlich der Realität erklären. Somit lässt sich die zu Anfang aufgestellte Hypothese<br />

bezüglich der Unterschiede in den verschiedenen Altersklassen verifizieren.<br />

3.4 Charakteristika<br />

Bei der Befragung nach der Charakterisierung der Franzosen wurden von den Testpersonen am häufigsten<br />

die Eigenschaften „romantisch“ (22%) „charmant“ (16%) „arrogant“ (10%), „eitel“ (8%), und<br />

„unpünktlich“ (8%) genannt. Somit wurden entgegen unserer Erwartungen, den Franzosen auch negative<br />

Charaktereigenschaften zugewiesen, weshalb die anfängliche Hypothese widerlegt werden muss.<br />

Während die Französinnen überwiegend als „attraktiv“, „sinnlich“ und „stilvoll“ befunden wurden,<br />

wiesen die Befragten den männlichen Einwohnern Frankreichs größtenteils negative Eigenschaften<br />

wie „nervig“, „humorlos“, „hochnäsig“ oder „aufdringlich“ zu. Dies ist insofern interessant, als dass<br />

die Angehörigen der Altersgruppen 0-17 Jahre und 18-25 Jahre die Franzosen zumeist negativ eingeschätzt<br />

haben, während beispielsweise die Befragten der Altersgruppe 26-40 Jahre und 40+ positive<br />

Eigenschaften vergeben haben.<br />

Abb.1: Auswertung der zugewiesenen Charaktereigenschaften<br />

3.5 Unterschiede zwischen <strong>Deutsch</strong>en und Franzosen:<br />

Für die meisten der Befragten war die Beantwortung dieser Frage einer der schwierigsten. Neben typischen<br />

Unterschieden <strong>im</strong> Bereich der Esskultur (Baguette als typisch französisches Gericht vs. Sauerkraut<br />

als typisch deutsches Gericht) und der Zuweisung von Charaktereigenschaften (die Franzosen<br />

sind meist unpünktlich, die deutsche Tugend hingegen ist Pünktlichkeit) waren ausgefallene Antworten<br />

zu finden, wie z. B. der schlechte Fahrstil der Franzosen <strong>im</strong> Kontrast zu dem sicheren Fahrstil der<br />

<strong>Deutsch</strong>en oder auch das Umweltbewusstsein der <strong>Deutsch</strong>en <strong>im</strong> Zuge des Atomausstiegs <strong>im</strong> Vergleich<br />

zu dem mangelnden Umweltbewusstsein der Franzosen. Für die Auswertung dieser Fragestellung war<br />

es vor allem schwierig, die Vielzahl der Antworten zusammenzufassen. Dennoch war dieser Bestandteil<br />

insofern ergiebig, als dass die Bandbreite an Umfrageresultaten einen umfassenden Eindruck von<br />

den persönlichen Einschätzungen der deutsch-französischen Unterschiede geliefert hat. Die „alten“<br />

Stereotype greifen hier offensichtlich nicht mehr ausschließlich. Neue Ideen und Vorstellungen entwi-<br />

9


10<br />

ckeln sich entsprechend der sich verändernden politisch-gesellschaftlichen Situation. Es entstehen<br />

neue Stereotype, über deren Gültigkeit sich heute noch nichts sagen lässt.<br />

3.6 Meinungsdifferenzen innerhalb der verschiedenen Altersklassen<br />

Ein weiterer Analysepunkt in Bezug auf die Umfrage ist auch, inwiefern Meinungsdifferenzen innerhalb<br />

der verschiedenen Altersklassen auftreten. Es wurde deutlich, dass insbesondere innerhalb der<br />

unterschiedlichen Altersklassen zum Teil Meinungsdifferenzen vorherrschen. Um diese zu untersuchen,<br />

werden <strong>im</strong> Folgenden exemplarisch zwei Umfragen aus der Altersklasse 26-40 Jahre vorgestellt.<br />

Die beiden männlichen Befragten gaben an, schon einmal in Frankreich gewesen zu sein und auch<br />

schon Bekanntschaft mit den Anwohnern Frankreichs gemacht zu haben. Weiterhin ist zu konstatieren,<br />

dass sie sich beide in den Domänen <strong>französischer</strong> Film, Musik, Literatur und Politik auskennen.<br />

Jedoch unterscheiden sich die Assoziationen, welche von dem Befragten A und dem Befragten B angegeben<br />

wurden, essentiell voneinander.<br />

Während Befragter A „Käse“, „Musik“, „Liebe“ und „Mode“ mit Frankreich assoziiert, gibt Befragter<br />

B „Dreck“, „hoher Ausländeranteil“ „Jogginghosen“ und „Rechtsextremismus“ an. Er ist der einzige<br />

Befragte, der keine weit verbreiteten Stereotype angibt. Demnach ist zu vermuten, dass Befragter B<br />

schon (aus seiner Warte offensichtlich negative) Erfahrungen in Frankreich gemacht hat und seine<br />

Denk- und Verhaltensweisen nicht von den gängigen Stereotypen geprägt sind. Auch bei der Charakterisierung<br />

der Franzosen gehen die Meinungen der beiden Befragten sehr auseinander: Während Befragter<br />

A die Franzosen als „fantasievoll“, „zuverlässig“, „legere“, „liberal“ und „tolerant“ einschätzt,<br />

hat Befragter B keine Meinung zu diesem Punkt.<br />

Die Frage, die sich folglich ergeben hat, ist, wie zwei Befragte in einer Altersklasse derartig unterschiedliche<br />

Meinungen vertreten können. Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass sowohl der<br />

Befragte A als auch der Befragte B schon von ihrer Kindheit an mit Frankreich in Berührung gekommen<br />

sind. Während der Befragte A als Tourist fast jährlich dort seinen Sommerurlaub verbracht hat<br />

und Frankreich mit seinen positiven Eigenschaften kennenlernte, wuchs der Befragte B an der Grenze<br />

zu Frankreich auf. Es lässt sich folglich erkennen, dass Befragter B ganz spezifische individuelle, ne-<br />

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seinen positiven Erfahrungen ebenso.<br />

Dieses Beispiel zeigt, dass vermutlich die Interaktion von Personen mit Menschen anderer Länder den<br />

Prozess der Stereotypenbildung beeinflusst: Je mehr sich eine Person mit einem fremden Land auseinandersetzt<br />

und in Berührung kommt, desto weniger typische Stereotype werden vertreten.<br />

Abschließend kann man also sagen, dass man unabhängig von der Altersgruppe und den mehr oder<br />

minder verbreiteten Klischees und Stereotypen eine ganz individuelle Meinung zum Thema Frankreich<br />

und seinen Einwohner haben kann. Diese bildet sich zum größten Teil auf der Grundlage der<br />

konkreten Erfahrungen der Personen mit diesem Land.<br />

Alles in allem lässt sich festhalten, dass Stereotype <strong>im</strong>mer noch eine wichtige Rolle in der heutigen<br />

Gesellschaft spielen. Viele Vorurteile, Klischees und Stereotypen, die <strong>im</strong> Internet auftauchen, sind<br />

zumeist deckungsgleich mit den Ergebnissen, die <strong>im</strong> Rahmen der Umfrage erhoben wurden.<br />

Abschließend wird nun noch einmal auf die Darstellung von Stereotypen in den deutschen Medien,<br />

besonders <strong>im</strong> Bereich der Werbung eingegangen.<br />

4. Stereotype in den Medien<br />

Auch heutzutage werden Stereotype besonders <strong>im</strong> Bereich der Werbung verwendet, um die Aufmerksamkeit<br />

der potenziellen Käufer auf die Qualität des Produktes zu lenken. Die eingangs genannte<br />

Werbung <strong>für</strong> die Käsesorte „Saint Albray“ spiegelt diese Tatsache wider: Dort begibt sich ein junges<br />

deutsches Paar auf die Suche nach dem Käse „mit den runden Ecken“. In einer <strong>für</strong> Frankreich typischen<br />

fromagerie werden sie fündig. Der ältere, französische Besitzer des Käseladens macht die Kunden<br />

auf den „herzhaft milden“ Weichkäse aufmerksam.


Die Konzeption der Werbung geht einher mit der Verwendung von Stereotypen. Der Verkäufer trägt<br />

eine Baskenmütze und leitet eine fromagerie. Dieses Gesamtbild wird mit <strong>französischer</strong> Musik unterlegt.<br />

Ein weiteres Werbebeispiel aus dem Jahr 2011, in dem Stereotype eine wichtige Rolle spielen, ist die<br />

Werbung <strong>für</strong> die Biermarke „Schöfferhofer Weizen“. Diese Werbung gilt seit 14 Jahren als einer der<br />

beliebtesten deutschen Spots. Aufgrund dieser Popularität ist die Werbung oftmals neu interpretiert<br />

worden – das Grundkonzept wurde allerdings <strong>im</strong>mer beibehalten. Besonders interessant ist dabei die<br />

Verknüpfung eines typisch deutschen Produktes, das Weizenbier, mit typisch französischen Eigenschaften<br />

wie Sinnlichkeit und Charme.<br />

In einer Pressinformation erklärt Anica Stief, die in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens<br />

tätig ist, den Werbespot folgendermaßen:<br />

„Der neue Schöfferhofer-Spot [spielt] wieder mit der Anziehungskraft zwischen Mann<br />

und Frau. Bekannte Motive sorgen durch eine moderne, frische Interpretation <strong>für</strong><br />

knisternde St<strong>im</strong>mung. Dieses Mal spielt die verführerische Französin ein kleines Spiel<br />

mit (H)arald. Er lässt sich mit einem Lächeln darauf ein, begibt sich auf „Spurensuche“,<br />

die gespickt mit Erinnerungen ist und ihn schließlich zum Ziel führt: Den prickelnden<br />

Genuss von Schöfferhofer Weizen. Ein Genuss, der bei (H)arald täuschend real das Bild<br />

des verführerischen Bauchnabels der Französin wachruft.“ 16<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Stereotype dazu dienen, eine Verknüpfung<br />

von Produkt und Herkunftsland/Hersteller zu kreieren, indem best<strong>im</strong>mte Assoziationen<br />

mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden und sich somit in Kopf der Zuschauer<br />

verankern. Die Assoziationen verstärken folglich das Bild eines typischen Franzosen. Das<br />

Beispiel der „Saint-Albray“ Werbung verbindet Frankreich mit Baskenmütze und Käse,<br />

der „Schöfferhofer“ Werbespot verbindet den französischen Charme mit dem typisch<br />

deutschen Produkt, Bier.<br />

5. Fazit<br />

Stereotype über Franzosen sind zurzeit <strong>im</strong>mer noch in den Köpfen der <strong>Deutsch</strong>en verankert und werden<br />

vor allem durch die Medien aufrechterhalten. Diese mentalen Vorstellungen sind aber – <strong>im</strong> Gegensatz<br />

zum Feindbild, das über lange Zeit die Sicht des Nachbarlandes dominierte – überwiegend<br />

positiv und nicht abwertend. Die Umfrage zeigte, dass die Vorstellungen gegenüber Franzosen der<br />

Befragten <strong>im</strong> mittleren und hohen Alter aufgrund ihres erweiterten Wissens- und Erfahrungshorizontes<br />

viel weniger auf Vorurteilen, Klischees und Stereotypen beruhen.<br />

Insgesamt muss man sich die Frage stellen, ob die <strong>im</strong>mer noch verbreiteten Stereotype gegenüber<br />

Franzosen auch in Zukunft fortgeschrieben werden. Dies wird sich <strong>im</strong> Verlaufe der Jahre und Jahrzehnte<br />

zeigen. Die eingangs angesprochene Globalisierung, die <strong>im</strong>mer größere D<strong>im</strong>ensionen ann<strong>im</strong>mt,<br />

könnte dazu führen, dass Stereotype, Vorurteile und Klischees durch eine zunehmende Vermischung<br />

von Kulturen weniger stark <strong>im</strong> Alltagsleben präsent sind.<br />

Bibliographie<br />

Amossy, Ruth/ Herschberg-Pierrot, Anne (1997): Stéréotypes et clichés, Paris: Éditions Nathan.<br />

Bundeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung (2001): Informationen zur politischen Bildung. Vorurteile –<br />

Stereotype – Feindbilder. 271. München: Franzis‘ print & media GmbH.<br />

Florack, Ruth (2007): Bekannte Fremde : zu Herkunft und Funktion nationaler Stereotype in der Literatur,<br />

Tübingen: Niemeyer.<br />

16 Presseinformation des Unternehmens „Schöfferhofer“ 2011.<br />

11


12<br />

Gerrig, Richard J./ Z<strong>im</strong>bardo, Philip G. (2008): Psychologie, München: Pearson Studium.<br />

Koch, Ursula E./ Schröter, Detlef/ Albert, Pierre (1994): <strong>Deutsch</strong>-französische Medienbilder. Journalisten<br />

und Forscher <strong>im</strong> Gespräch, München: Verlag Reinhard Fischer.<br />

Renner, Rolf G./ Hörner. Fernand (Hrsg.) (2009): <strong>Deutsch</strong>-französische Berührungs- und Wendepunkte.<br />

Zwanzig Jahre Forschung, Lehre und öffentlicher Dialog am Frankreich-Zentrum, Freiburg:<br />

Frankreich-Zentrum der Universität Freiburg.<br />

Röseberg, Dorothee (2001): Kulturwissenschaft Frankreich, Stuttgart: Klett.<br />

Stief, Anica (2011): (H)arald ist wieder da! Schöfferhofer Weizen interpretiert Werbeklassiker neu,<br />

Frankfurt: Presseinformation.<br />

Internetquellen:<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> interkulturelle Kompetenz und Didaktik (o.J.): Stereotyp und Vorurteil – Definitionen &<br />

Begrifflichkeit, http://www.ikud.de (Zugriff am 03.06.2012).<br />

Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land (o.J.): Heinrich Böll. Schriftsteller,<br />

http://www.hdg.de (Zugriff am 07.06.2012).<br />

Enzyklopädien und Wörterbücher:<br />

Der Brockhaus: mult<strong>im</strong>edial premium; 2007 (CD-ROM).<br />

DUDEN online http://www.duden.de (Zugriff am 03.06.2012).


Tobias Bödger, Svenja Langkeit, Sarah Plugge, Sahira Melina Wulf<br />

Kultur macht Medien, Medien machen Kultur –<br />

ARTE als Vermittler zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich?<br />

1. Überblick einer Auswahl deutsch-<strong>französischer</strong> Medien und deren Beitrag zum<br />

Kulturaustausch<br />

Es gibt viele unterschiedliche Wege, um mit einer Landeskultur in Kontakt zu kommen: Eine Reise ins<br />

jeweils andere Land, ein ‚fremdländisches‘ Gericht, die Begegnung mit Menschen, die in unterschiedlichen<br />

Nationen aufgewachsen sind. Da liegt es nahe, <strong>für</strong> den Kulturtransfer auch die Mittel und Wege<br />

zu nutzen, die uns tagtäglich umgeben: Die Medien, insbesondere Radio, Zeitschriften, Internet oder<br />

das Fernsehen. Eine Vielzahl an solchen „Brückenbauern“ zwischen Kulturen lassen sich auch zwischen<br />

Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land finden. Im Folgenden werden wir eine kurze Übersicht über Existenz<br />

und Ziele von ausgewählten deutsch-französischen Medien und deren Beitrag zum Kulturtransfer<br />

präsentieren.<br />

Im Bereich der Zeitschriften gibt es écoute, ein „Sprachmagazin <strong>für</strong> Frankreichliebhaber“ 1 . Der Name<br />

scheint Programm zu sein: écoute (auf <strong>Deutsch</strong>: „Hör mal zu!“) möchte die Leserschaft auf Frankreich<br />

und dessen Sprache aufmerksam machen und fordert zum Hinhören auf, sobald es um das Nachbarland<br />

an sich und die neuesten Ereignisse geht. Die Zeitschrift, die seit 1984 einmal <strong>im</strong> Monat erscheint<br />

(Auflage: 43.171 Exemplare 2 ), enthält eine ganze Reihe an Übungen, die dem Leser das Erlernen der<br />

Sprache erleichtern sollen. Dabei kann dieser zwischen drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden wählen<br />

und bei jedem Absatz ein Glossar zu Hilfe nehmen. Außerdem wird über aktuelle sowohl politische<br />

als auch gesellschaftliche Themen der beiden Länder informiert und diese werden auch <strong>für</strong><br />

Sprachanfänger ansprechend aufbereitet. 3 Auch <strong>im</strong> Internet ist die Zeitschrift mit einem breiten Angebot<br />

an Übungsmaterial und Neuigkeiten aus <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich vertreten. Neben schriftlichen<br />

Aufgaben gibt es z.B. in der Rubrik „Audio“ Podcasts (inklusive Manuskripten) und Übungen<br />

zum Hörverstehen sowie „Le mot du jour“, eine tägliche Vokabel, die man sich Dank der Einbettung<br />

in eine kleine Geschichte zum Anhören leicht merken kann. 4 Direkter Kulturaustausch „zum Erleben“<br />

findet in der Rubrik „culture“ statt: Franzosen werden auf kulturelle Events in <strong>Deutsch</strong>land aufmerksam<br />

gemacht, wie beispielsweise Kinovorstellungen, Theateraufführungen oder Kunstausstellungen<br />

(„Rendez-vous culturels en Allemagne“ 5 ).<br />

Ein weiteres Magazin, das in dieser Broschüre kurz vorgestellt werden soll, ist die Revue de la Presse,<br />

ein Sprachmagazin mit Originalartikeln aus der frankophonen Presse. Der deutsche Leser wird durch<br />

das monatlich erscheinende Magazin laufend über Neuigkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und<br />

Gesellschaft informiert. Als kleine Sprachstütze gibt es Vokabelhilfen und jeweils zwei Seiten namens<br />

„français facile“, von Muttersprachlern verfasste, leicht verständliche Artikel <strong>für</strong> Anfänger. 6<br />

Noch zu erwähnen sind folgende Magazine, die den deutsch-französischen Kulturtransfer ermöglichen<br />

und bereichern, hier jedoch leider aus Platzgründen nicht näher erläutert werden können: berlin poche<br />

– Le magazine culturel des Francophones de Berlin 7 , Le petit journal – Le journal des Français et<br />

1 Spotlight Verlag 2012a<br />

2 Spotlight Verlag 2012b<br />

3 Spotlight Verlag 2012c<br />

4 Spotlight Verlag 2012d<br />

5 Spotlight Verlag 2012e<br />

6 Schünemann Verlag 2012<br />

7 Chalmont-Faedo / Faedo 2012<br />

13


14<br />

francophones à l’étranger 8 , ParisBerlin – Magazine pour l’Europe 9 und Passerelles: Communication<br />

interculturelle – <strong>Deutsch</strong>-Französisches Journal zu Kultur und Didaktik 10 .<br />

Nun zu einem anderen Bereich des medialen Kulturtransfers: Dem Radio und dessen Beitrag zum<br />

deutsch-französischen Kulturaustausch. Da kein explizites deutsch-französisches Radioprogramm<br />

existiert, wollen wir <strong>im</strong> Folgenden einen internationalen Radiosender aus Frankreich vorstellen. Trotz<br />

der europäischen Ausrichtung ist der Radiokanal RFI sicherlich auch profitabel <strong>für</strong> den deutschen<br />

Französischlerner. Der <strong>im</strong> Jahre 1975 gegründete Sender 11 setzte sich die „weltweite Verbreitung der<br />

französischen Kultur und Sprache“ 12 zum Ziel. Neben Informationen über das aktuelle Tagesgeschehen<br />

in Frankreich gibt es in der Rubrik „Langue française“ das „Journal en français facile“, das aktuelle<br />

Ereignisse relativ einfach formuliert und in ihren jeweiligen Kontext einbettet. 13<br />

Zuletzt wird das Massenmedium Fernsehen in Betracht gezogen, das sowohl Kinder als auch Jugendliche<br />

und Erwachsene <strong>im</strong> alltäglichen Leben umgibt. Auch verschiedenste Aspekte der Kultur können<br />

auf diese Art und Weise visualisiert und aufbereitet werden, um einem breiten Publikum zugänglich<br />

und verständlich gemacht werden zu können. So leistet beispielsweise der Fernsehsender TV5, bestehend<br />

seit 1984, einen Beitrag zur Verbreitung der französischen Sprache und Kultur in der ganzen<br />

Welt. 14 Um das Verständnis der Sachinhalte in der Fremdsprache <strong>für</strong> Lerner zu erleichtern, gibt es die<br />

Möglichkeit, zwischen zehn verschiedenen Untertiteln zu wählen. Der Internetauftritt des Senders<br />

eröffnet ebenfalls viele Möglichkeiten des Spracherwerbs: Wortspiele, Kreuzworträtsel, Quizze und<br />

viele andere Angebote sollen auf spielerische Art Sprache vermitteln. 15 Wie bei den vorher genannten<br />

Medien funktioniert der Kulturtransfer mit Hilfe zweier Schwerpunkte: Zum einen wird der Spracherwerb<br />

gefördert, zum anderen werden aktuelle Themen vermittelt, die Verständnis und Wissen bezüglich<br />

der Strukturen des anderen Landes fördern sollen.<br />

2. ARTE als Beispiel <strong>für</strong> ein Medium des deutsch-französischen Kulturtransfers<br />

Aus der Vielzahl der Medien, die den deutsch-französischen Kulturtransfer repräsentieren wird jedoch<br />

ein Medium oft besonders hervorgehoben. Der Kulturkanal ARTE scheint über den höchsten Bekanntheitsgrad<br />

aller interkulturellen Medien zwischen beiden Ländern zu verfügen und wird daher in diesem<br />

Artikel auch als ein Beispielmedium analysiert. ARTE steht wie kaum eine andere <strong>Institut</strong>ion <strong>für</strong><br />

die deutsch-französische Zusammenarbeit und wird daher von vielen Zuschauern sehr geschätzt. Sein<br />

20-jähriges Bestehen, das in diesem Jahr gefeiert wird, unterstreicht seine interkulturelle Bedeutung<br />

zwischen beiden Ländern, sowie in ganz Europa. Da dazu das Fernsehen in der heutigen Gesellschaft<br />

wohl als wichtigstes Unterhaltungs- und Informationsmedium angesehen werden kann, n<strong>im</strong>mt der<br />

Sender ARTE, als „Produkt des Verschmelzens von deutschen und französischen Programmideen“, 16<br />

eine zentrale Funktion <strong>für</strong> die Kulturvermittlung zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich ein. In diesem<br />

Abschnitt soll zunächst die Entwicklung des Senders, sowie seine Ziele und Umsetzungsprobleme<br />

nachgezeichnet werden. Im weiteren Verlauf wird die Frage gestellt, ob ARTE einen Beitrag zum<br />

deutsch-französischen Kulturtransfer leistet und wenn ja, inwiefern. Diese Frage soll vor allem in<br />

Hinblick auf die Sendung „Karambolage“, die auf die Vermittlung von Kulturbestandteilen beider<br />

8 Éditions lepetitjournal.com 2012<br />

9 All Contents 2012<br />

10 Teixido 2012<br />

11 Radio France Internationale 2012a<br />

12 Mission Europe 2012<br />

13 Radio France Internationale 2012b<br />

14 TV5MONDE SA 2012a<br />

15 TV5MONDE SA 2012b<br />

16 Rothenberger 2008: 107


Länder zielt, beantwortet werden. Der Artikel schließt mit einer kritischen Schlussfolgerung und den<br />

gewonnen Erkenntnissen ab.<br />

2.1 ARTE – Die Entwicklung des deutsch-französischen Kulturkanals<br />

Bereits 1985 hat der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth <strong>für</strong> die Förderung der<br />

audiovisuellen Industrie Europas geworben, um konkurrenzfähiger gegenüber der USA zu sein. Doch<br />

schien die Schaffung eines Kulturkanals kein leichtes Unterfangen zu sein, was sich an der folgenden,<br />

sich über einen langen Zeitraum hinziehenden Entwicklung zeigen sollte. Am 23. Juni 1987 riefen<br />

Späth und der damalige französische Staatssekretär <strong>für</strong> Kultur und Jugend und spätere Kultusminister<br />

Jack Lang daher eine aus 26 Experten bestehende Gruppe zur Planung eines europäischen Fernseh-<br />

Kulturkanals ins Leben, was zugleich die Ausdehnung der deutsch-französischen Zusammenarbeit<br />

bedeutete. 17 Bundeskanzler Kohl und Staatspräsident Mitterrand begrüßten von Anfang an das Projekt<br />

und forderten dessen zügige Realisierung. Die Idee des Kulturkanals stieß in Frankreich <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

auf großen Enthusiasmus, anders als in <strong>Deutsch</strong>land, das sich zu diesem Zeitpunkt mit der Spaltung<br />

zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien in einer Phase des Medienwandels befand:<br />

Es wurde an der Aufgabe und der Mission des Senders sowie an dessen Finanzierung gezweifelt. Auch<br />

die Debatte um die Erhöhung der Rundfunkgebühren, die ab 1988 geführt wurde, und verfassungsrechtliche<br />

Bedenken verlangsamten die Realisierung dieses Projekts. So wollten ARD und ZDF, die<br />

sich später zu je 50% am Sender beteiligen und so dessen Gesellschafter werden, nur an dem Kultursender<br />

mitwirken, wenn dessen Finanzierung durch die Rundfunkgebühren gewährleistet werden<br />

kann. Die Besorgnisse auf deutscher Seite wurden natürlich auch auf <strong>französischer</strong> Seite bemerkt und<br />

es wurde den <strong>Deutsch</strong>en eine fehlende Begeisterung vorgeworfen, die <strong>für</strong> die Realisierung eines solchen<br />

Projekts jedoch dringend von Nöten sei. 18 Mit der Erhöhung der Rundfunkgebühren und dem<br />

Gefühl nun finanziell abgesichert zu sein, wurde dem Projekt letztendlich auch von deutscher Seite<br />

endgültig zugest<strong>im</strong>mt.<br />

Somit konnte am 2. Oktober 1990 mit der Unterzeichnung des „Zwischenstaatlichen Vertrag“ über<br />

den europäischen Kulturkanal durch Vertreter der französischen Republik und der deutschen westlichen<br />

Bundesländer der Durchbruch des Senders verzeichnet werden. Der offizielle Gründungsvertrag<br />

wurde jedoch erst am 20. April 1991 unterzeichnet. 19 Welche Bedeutung diesem Projekt zugeschrieben<br />

wurde, untermalt der anfängliche Etat von 240 Millionen DM, was dem zwölffachen des deutschfranzösischen<br />

Jugendwerks entsprach (1989: 19,1 Millionen DM). 20 Die Finanzierung des Senders<br />

erfolgt auch heute noch in beiden Ländern über Fernsehgebühren (95%) und Sponsoring (5%). 21 Der<br />

Sender ARTE (Association Relative à la Télévision Européenne) wurde tripolar organisiert: Die Sendezentrale,<br />

die Entscheidungen über Programmstrategie, -konzeption und -planung trifft, ließ sich in<br />

Straßburg nieder. Die beiden weiteren Einheiten, die <strong>für</strong> die Förderung der Produktion von Programm<br />

und Filmen, sowie <strong>für</strong> die (Mit-)Finanzierung von diversen Projekten zuständig sind, bilden die nationalen<br />

Sendegesellschaften ARTE France mit Koordinationsstelle in Issy-les-Moulineaux und ARTE<br />

<strong>Deutsch</strong>land mit Sitz in Baden-Baden. 22 ARTE France entwickelte sich dabei aus dem bereits bestehenden<br />

französischen Kultursender LA SEPT. Mit den Niederlassungen in Baden-Baden und in Straßburg<br />

erhoffte man sich darüber hinaus ein Gespür <strong>für</strong> den Nachbarn zu entwickeln, um so die Zusammenarbeit<br />

effizienter zu gestalten.<br />

17 Rothenberger 2008: 32<br />

18 Gräßle 1995: 112, 114-116, 126-131<br />

19 Rothenberger 2008: 32, 105<br />

20 Gräßle 1995: 114<br />

21 Rothenberger 2008: 105<br />

22 Hurtz 2005: 39, Rothenberger 2008: 34, 105<br />

15


16<br />

Im November 1991 fand die erste Programmkonferenz statt, auf der erste Entscheidungen bezüglich<br />

der Programmgestaltung getroffen wurden: Man einigte sich auf den Schwerpunkt „Kultur und Europa“.<br />

Dennoch kam es <strong>im</strong>mer wieder zu Differenzen bezüglich des Programms und der Sendevorstellungen.<br />

23 Die Ausstrahlung der ersten Sendung erfolgte am 30.05.1992, wobei der Ablauf alles andere<br />

als reibungslos verlief: Kassetten wurden vertauscht und Sendungsbeiträge, sowie Untertitel fehlten. 24<br />

Trotzdem war vor allem in <strong>Deutsch</strong>land nach Sendebeginn ein Meinungswandel in Bezug auf den<br />

Kulturkanal festzustellen: Die Vorwürfe, dass ARTE ein Ausdruck von Politikverdrossenheit, Europamüdigkeit<br />

oder sogar ein Spielzeug der Politiker sei, sowie dass ein Sender sowieso keine nationalen<br />

Grenzen abbauen könne, wurden verworfen und somit konnte der anfängliche gebremste Enthusiasmus<br />

abgelegt werden, da ARTE an den Qualitätsbegriff des öffentlich-rechtlichen Fernsehens der<br />

60er und 70er Jahre anknüpfen konnte. 25 In Frankreich gerieten vor allem die deutschen Programmanteile<br />

mächtig in die Kritik: So wurden diese als formal unzureichend, zu alt, ernst, sowie als zu didaktisch<br />

und min<strong>im</strong>alistisch kritisiert. Die französischen Programmanteile wurden von den Franzosen<br />

aber deutlich besser bewertet. Dies wurde auf die größere Vertrautheit mit best<strong>im</strong>mten Sendungen und<br />

Sendeformen, sowie auf den engeren Kulturbegriff zurückgeführt. Darüber hinaus wurden die französischen<br />

Sendungen aber auch <strong>im</strong> Gegensatz zu den deutschen systematisch in der Presse vorgestellt<br />

und der Zuschauer konnte sich demnach auf die Sendung einstellen. 26 Trotz des hohen Finanzaufwandes<br />

verzeichnete ARTE aber nur geringe Einschaltquoten, was dazu führte, dass der Sender <strong>im</strong>mer<br />

wieder in die öffentliche Kritik geriet. 27 Gefährdet sei der Sender aufgrund seines europäischen Symbolgehalts<br />

jedoch nie gewesen, bestätigen die Medienexperten. 28 Im Lauf seiner Entwicklung ging<br />

ARTE des Weiteren auf mehrere Partnerschaften und Kooperationen mit öffentlich-rechtlichen Sendern<br />

anderer Ländern ein, darunter mit Belgien, Schweiz, Spanien, Polen, Österreich, Finnland, Niederlande,<br />

Großbritannien und Schweden, sodass sich ARTE nicht nur zu einem deutsch-französischen<br />

Sender entwickelte, sondern auch tatsächlich ein europäischer Kulturkanal wurde. 29<br />

2.2 Die Ziele von ARTE und ihre Grenzen<br />

Die Internationalität ARTEs spiegelt sich auch stark in dem wieder, was der Sender leisten will. So hat<br />

sich ARTE zum Ziel gesetzt, die europäische Integration zu fördern, indem er medial dazu beitragen<br />

will, dass Menschen verschiedener Nationen sich gegenseitig besser kennenlernen können. 30 Der Kultursender<br />

ARTE versucht aber nicht nur die Annäherung der Völker Europas voranzubringen und deren<br />

Verhältnis zueinander zu verbessern, sondern auch allgemein das Integrationsdenken in den Köpfen<br />

der Menschen zu verankern. Ein Schwerpunkt liegt natürlich besonders auf der Förderung der<br />

deutsch-französischen Beziehung. 31<br />

Der Anspruch ARTEs ist es, „die Dinge aus einem neuen, ungewohnten und überraschenden Blickwinkel<br />

zu betrachten“. 32 Dabei sieht sich ARTE selbst als eine Erweiterung zu den Hauptprogrammen<br />

und versucht, durch das Wecken des kulturellen Interesses und des Entdeckergeistes der Zuschauer die<br />

Fernseh-Gewohnheiten dieser zu durchbrechen. 33 Der Sender möchte die Neugier der Menschen we-<br />

23 Rothenberger 2008: 42-43<br />

24 Rothenberger 2008: 35<br />

25 Gräßle 1995: 144-146<br />

26 Gräßle 1995: 146-148<br />

27 Gräßle 1995: 148<br />

28 Gräßle 1995: 148, Rothenberger 2008: 46<br />

29 Hurtz 2005: 39<br />

30 Hurtz 2005: 40<br />

31 Rothenberger 2008: 74<br />

32 Hurtz 2005: 40<br />

33 Rothenberger 2008: 33, 74f


cken, indem er sich zum einen als Forum <strong>für</strong> aktuelle Diskussionen präsentiert, und zum anderen ein<br />

vielfältiges Programm anbietet. Dies geschieht beispielsweise dadurch, dass Personen mit Engagement<br />

gezeigt werden oder klare Standpunkte vermittelt werden, wobei sich ARTE <strong>im</strong>mer weltoffen präsentiert.<br />

34 Diese Offenheit spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass der Sender versucht, den „regard<br />

croisé“ mittels einer „langue croisée“ <strong>für</strong> den Zuschauer zu verwirklichen und so eine europäische<br />

Fernsehsprache zu entwickeln. 35<br />

Ein weiteres Ziel des Kultursenders ist es auch, schwierige Themen <strong>für</strong> den Zuschauer zugänglich zu<br />

machen sowie einfache Themen nicht auszuschließen. Das Fernsehen hat <strong>im</strong> Gegensatz zu vielen anderen<br />

Medien die Möglichkeit die „Massenpublika auf moderne Art kulturell [zu] bilden“ 36 und hat<br />

somit einen Einfluss auf das Bildungsniveau der Gesellschaft. Diese kultur- und medienpolitische<br />

Forderung kam sowohl in <strong>Deutsch</strong>land als auch in Frankreich beinahe gleichzeitig auf, und zwar zu<br />

der Zeit, als sich erste Annäherungen einer deutsch-französischen Fernsehprogramm-Kooperation<br />

ergaben. Der damalige sozialistische Staatspräsident François Mitterand dachte in Bezug auf ARTE an<br />

eine „éducation télévisuelle“, obwohl er selbst die Gründung eines „kulturellen und erzieherischen<br />

Fernsehprogramms“ anfangs <strong>für</strong> illusorisch hielt. 37<br />

Die Ziele, die der Kultursender ARTE verfolgt, sind also sowohl vielseitig als auch ansprechend und<br />

darüber hinaus versucht der Sender bei der Produktion des Programmes die Mentalitäten, Lebensgewohnheiten<br />

und TV-Darstellungsformen der <strong>Deutsch</strong>en und Franzosen gleichermaßen zu berücksichtigen.<br />

38<br />

Daher ist es umso verwunderlicher, dass ARTE sowohl in <strong>Deutsch</strong>land als auch in Frankreich so geringe<br />

Einschaltquoten hat, obwohl es in beiden Ländern von ungefähr 90% der Haushalte, also 32,5<br />

Millionen Haushalten in <strong>Deutsch</strong>land und 20,7 Haushalten in Frankreich, empfangen werden kann.<br />

ARTE genießt bei der Mehrzahl der Zuschauer einen sehr guten Ruf, da diese mit dem Sender „Qualität,<br />

Tiefe, Kreativität, Objektivität und Offenheit verbinden“ 39 . Deshalb ist es geradezu paradox, dass<br />

trotzdem die Zuschauerquote des Senders am Wochenende in <strong>Deutsch</strong>land bei weniger als 1% liegt. In<br />

Frankreich schafft es ARTE <strong>im</strong>merhin noch auf durchschnittlich passable 5%. 40<br />

Doch woran liegt es, dass ARTE einen so guten Ruf hat, aber nur so wenig geschaut wird? – Ein<br />

Grund da<strong>für</strong> könnte sein, dass <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich zwar Nachbarländer sind, sie sich aber<br />

möglicherweise doch zu fremd sind. Die Zuschauer der beiden Länder interessieren sich eher <strong>für</strong> das,<br />

was mit ihnen direkt zu tun hat und in ihrer unmittelbaren Nähe passiert. Zudem stellen die unterschiedlichen<br />

Fernsehgewohnheiten der verschiedenen Nationalitäten möglicherweise ein Problem dar.<br />

In <strong>Deutsch</strong>land beginnt das Abendprogramm beispielsweise um 20.15 Uhr, in Frankreich hingegen<br />

erst um 20.55 Uhr, sodass ARTE einen Kompromiss schließen musste und die Programmzäsur auf<br />

20.45 Uhr gesetzt hat. 41<br />

Ein großes Problem des Kultursenders ist auch die Gewährleistung seiner Zweisprachigkeit. Aus diesem<br />

Grund tauchen <strong>im</strong> Programmschema kaum Moderationen auf. Dies hat wiederum zur Folge, dass<br />

dem Zuschauer prominente Gesichter fehlen, die diesen an sich und somit den Sender binden. 42 Des<br />

Weiteren ist ARTE kein „Berieselungsmedium“ 43 , sondern ein anspruchsvoller, intellektueller Sender<br />

34 Hurtz 2005: 40, Rothenberger 2008: 90f<br />

35 Rothenberger 2008: 92<br />

36 Hahn 1997: 215<br />

37 Hahn 1997: 213-215<br />

38 Rothenberger 2008: 32<br />

39 Hurtz 2005: 39<br />

40 Hurtz 2005: 39<br />

41 Hurtz 2005: 39f<br />

42 Hurtz 2005: 40<br />

43 Rothenberger 2008: 77<br />

17


18<br />

mit teilweise außergewöhnlichem Programm, welches <strong>für</strong> viele zu wenig Unterhaltung bietet, zu unübersichtlich<br />

und zu ernst ist. Um das Autorenrecht zu bewahren, wird <strong>im</strong> Programm viel mit Untertiteln<br />

und Übersetzungen gearbeitet, was viele Menschen als zu anstrengend empfinden. Außerdem hat<br />

das anspruchsvolle Programm zur Folge, dass viele der Zuschauer hauptsächlich aus „höheren berufssoziologischen<br />

Schichten“ 44 stammen. Nicht zu vergessen ist die Konkurrenz durch den ebenfalls interkulturellen,<br />

aber in deutscher Sprache ausgestrahlten Kulturkanal 3sat, bei dem be<strong>im</strong> Zuschauen<br />

keine Sprachprobleme auftreten. 45<br />

Ein erster Versuch den Problemen ARTEs zu begegnen, war die Entwicklung eines neuen publikumsfreundlicheren<br />

Programmschemas und eines neuen Senderdesigns <strong>im</strong> Jahr 2004. 46 Am 7. Januar 2012<br />

wurde schließlich nochmals ein neues, attraktiveres Programmschema gestartet, das dem Zuschauer<br />

durch seine klare Struktur und Übersichtlichkeit den Zugang ins Programm erleichtern soll. Dabei<br />

sollen sich die drei „identitätsstiftenden Grundwerte“ 47 ARTEs – Kreativität, Engagement und Offenheit<br />

– als Leitideen durch das gesamte Programm ziehen, das nach Véronique Cayla und Gottfried<br />

Langenstein, Präsidentin und Vize-Präsident des Senders, „mehr denn je Lust am Entdecken weckt<br />

und die Zuschauer anregt, gemeinsam mit uns neue Horizonte zu erkunden“ 48 . Mit Hilfe des neuen<br />

Programmschemas, das die Vermittlung von Kultur und den Blick auf die Gesellschaft in den Mittelpunkt<br />

stellt, will ARTE „seine Unverwechselbarkeit in der deutschen, französischen und europäischen<br />

Medienlandschaft bekräftigen“ 49 und ein breites Band an zugleich anspruchsvollen Zuschauern gewinnen.<br />

Dank des Zusammenspiels mit dem Internet bietet ARTE zudem innovative Möglichkeiten <strong>für</strong> die<br />

Zuschauer und Internetnutzer und leistet damit den ersten Schritt zu einem Medium, das Fernsehen<br />

und Internet in Zukunft stark verbindet. Dieser Schritt ist in einer digitalen Zukunft, an der ARTE als<br />

kreativer Kultursender teilhaben möchte, sehr wichtig. 50<br />

2.3 Die Sendung „Karambolage“ als Beispiel <strong>für</strong> interkulturellen <strong>Austausch</strong> bei ARTE<br />

Insgesamt umfasst das Programm von ARTE Themenabende, Dokumentationen, Spiel-und Fernsehfilme,<br />

Musik- und Theaterübertragungen und Informationssendungen. Dabei geht es vor allem darum,<br />

„andere Menschen, Regionen und Lebensarten zu entdecken, Kultur in Europa zu erleben und die<br />

politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Welt von heute besser zu verstehen“. 51<br />

Bei ARTE gibt es hierzu ein Format, dass sich mit best<strong>im</strong>mten Fragen befasst, die die Eigenarten der<br />

Franzosen und <strong>Deutsch</strong>en behandeln: Warum riecht die Küche der Franzosen <strong>für</strong> die <strong>Deutsch</strong>en nach<br />

Chlor und <strong>für</strong> die Franzosen einfach nur sauber? Wie kommen die Franzosen ohne Kuchengabel aus?<br />

Wer hätte gedacht, dass das Croissant ursprünglich nicht aus Frankreich stammt? Und warum trägt<br />

man den Ehering links vom Rhein links und rechts vom Rhein rechts?<br />

Die Französin Claire Doutriaux rief die Sendung „Karambolage“ 2004 ins Leben. Seit Januar desselben<br />

Jahres wird die Sendung in <strong>Deutsch</strong>land sonntags um 19.30 Uhr und in Frankreich um 20.00 Uhr<br />

ausgestrahlt. Die Idee kam Claire Doutriaux, nachdem sie selber 15 Jahre in <strong>Deutsch</strong>land gelebt hat,<br />

denn „jeder, der mit zwei Kulturen, zwei Sprachen lebt, führt einen ständigen inneren Dialog“. 52 „Karambolage“<br />

ist die Möglichkeit diesem Dialog Ausdruck zu geben und ihn zu teilen. Die zwölfminüti-<br />

44 Rothenberger 2008: 85<br />

45 Rothenberger 2008: 105<br />

46 Hurtz 2005: 40<br />

47 Cayla / Langenstein 2011<br />

48 Cayla / Langenstein 2011<br />

49 Cayla / Langenstein 2011<br />

50 Cayla / Langenstein 2011<br />

51 Bartel 2012<br />

52 Arte 2008


ge Sendung entsteht bei ARTE France in einem Außenstudio in Vanves bei Paris. Hinter der Verwirklichung<br />

steckt ein kleines, deutsch-französischsprachiges Team, das mit beiden Kulturen vertraut ist.<br />

Mit Hilfe von Grafiken, An<strong>im</strong>ationen und Zeichentrick wird auf die Kuriositäten beider Länder aufmerksam<br />

gemacht. Dadurch entsteht eine lebendige, fröhliche und bunte Form. Nach Doutriaux ist der<br />

Ton der Sendung dabei leicht, beschwingt, humorvoll, teilweise ein wenig absurd und frech, mit ein<br />

wenig Selbstironie. 53 Um dabei nicht in Klischees und Stereotype zu verfallen, gilt das Interesse<br />

hauptsächlich konkreten Details und Rubriken, die in der Sendung wechselnd behandelt werden: der<br />

Gegenstand, das Symbol, das Wort, der Alltag, der Brauch und die Bildanalyse. 54 Diese werden genau<br />

beobachtet und beschrieben, erst danach erlauben sich die Journalistin und ihr Team vielleicht eine<br />

Interpretation zu formulieren. Bei Erklärungen oder Filmsequenzen werden der Franzose und der<br />

<strong>Deutsch</strong>e stets von ein und demselben Mann gespielt. So wird kein best<strong>im</strong>mtes Bild von dem typischen<br />

Franzosen oder dem typischen <strong>Deutsch</strong>en vermittelt. Die Sendung soll beide Kulturen einander<br />

näher bringen und nicht pädagogisch sein. 55<br />

Bei dem Gegenstand „Eierpieker“ sieht es in der Sendung dann beispielweise so aus: Der Eierpieker<br />

ist den Franzosen vollkommen unbekannt und in der französischen Küche nicht üblich. Will der <strong>Deutsch</strong>e<br />

ein Ei kochen, n<strong>im</strong>mt er selbstverständlich den Eierpieker zur Hand, taucht das Ei in das heiße<br />

Wasser und bekommt nach einigen Minuten ein vollständig erhaltenes Ei ohne Risse, weil die Luft<br />

vollständig entweichen konnte. Dank des Eierpiekers wohlgemerkt. Auch der Franzose hat da so seine<br />

Mittelchen, um das Ei nicht zum Aufplatzen zu bringen: So mancher versucht es mit einer Prise Salz<br />

<strong>im</strong> Wasser, einem Schuss Essig-Essenz oder, wenn das nicht hilft, mit einem dre<strong>im</strong>inütigen Gebet.<br />

Und heraus kommt ein geplatztes oder rissiges Ei, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen. 56<br />

Am Ende einer jeden Sendung steht das Rätsel: Hier haben die Zuschauer eine Minute Zeit ein Bild zu<br />

betrachten und nach einem Indiz zu suchen, welches verrät, ob die dargestellte Szenerie aus Frankreich<br />

oder <strong>Deutsch</strong>land stammt. Dies bringt nach Doutriaux die Sendung auf den Punkt: Der Zuschauer<br />

muss genau hinschauen, um ein Detail zu entdecken, wie es das Team von „Karambolage“ ebenfalls<br />

tut. 57 Bei der Auflösung nehmen insgesamt bis zu 100 000 Zuschauer teil.<br />

„Karambolage“ wird in beide Sprachen synchronisiert und hat in <strong>Deutsch</strong>land rund 100 000 und in<br />

Frankreich rund 250 000 Zuschauer. Dieser Unterschied kommt einerseits dadurch zustande, dass<br />

ARTE in Frankreich zu einem der sechs gesetzlichen Kanäle gehört und andererseits durch die bereits<br />

angesprochene fehlende Resonanz in <strong>Deutsch</strong>land <strong>im</strong> Vergleich mit Frankreich.<br />

2006 erhielt das Format den Adolf-Gr<strong>im</strong>me-Preis in der Wettbewerbskategorie „Spezial“. Dass hier<br />

eine besondere Form des Kulturtransfers und des sich einander Näherbringens geleistet wird, erkennt<br />

die Jury sehr treffend, denn gerade weil sich „die deutsche ‚Gemütlichkeit’ und das französische ‚Savoir<br />

vivre’ hier nicht zu einem europäischen Lebensgefühl zusammenraufen müssen, wirkt „Karambolage“<br />

<strong>im</strong> Sinne des ARTE-Sendungsbewusstseins so integrativ.“ 58 Und jeder, der schon eine längere<br />

Zeit in dem jeweils anderen Land gelebt hat, wird sicherlich einige Anekdoten, bekannte Situationen<br />

und Antworten auf viele Fragen aus zahlreichen Bereichen des kulturellen Lebens bei „Karambolage“<br />

wiederfinden.<br />

53 Arte 2008<br />

54 Doutriaux 2007: 5<br />

55 Arte 2008<br />

56 Delvaux 2009<br />

57 Arte 2008<br />

58 Gr<strong>im</strong>me Preis o.J.<br />

19


20<br />

3. Kritische Schlussfolgerung und Ergebnisse<br />

All diese Ausführungen münden wiederum in der Frage, ob ARTE einen Beitrag zum Kulturtransfer<br />

leisten kann. Trotz des guten Rufes schauen nur wenige ARTE, weil dessen Programm oft als zu anspruchsvoll<br />

gilt. Hat ARTE also seine Mission, die europäische Integration und die Annäherung der<br />

Völker zu fördern, aufgrund eines zu ernsten Programms verfehlt?<br />

Mit der Sendung „Karambolage“, die als ein Beispiel in diesem Artikel vorgestellt wurde, kann der<br />

Vorwurf eines zu elitären Fernsehens jedoch widerlegt werden. Sie zeigt, dass Kulturtransfer auch auf<br />

eine leicht-verständliche, ansprechende und dynamische Weise möglich ist. Mit ihrer humorvollen,<br />

teils ironischen Art stellt sie dem Zuschauer die Besonderheiten der Franzosen und <strong>Deutsch</strong>en vor.<br />

Auch durch ihren Alltagsbezug und ihre klare Struktur wird die Sendung selbst <strong>für</strong> Kinder zugänglich<br />

und erfordert keine besonderen Vorkenntnisse. Mit dem Rätsel am Ende einer jeden Sendung weckt<br />

sie zudem die Neugier und den Entdeckergeist und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, die erworbenen<br />

Kenntnisse über das Nachbarland in praktischer Form anzuwenden. Es ist also durchaus legit<strong>im</strong> „Karambolage“<br />

als ein Beispiel zu nennen, das einen Kulturaustausch ermöglichen kann, ohne zu anspruchsvoll<br />

und kompliziert zu wirken. Auch die Auszeichnung des Adolf-Gr<strong>im</strong>me-Preises macht dies<br />

deutlich.<br />

Es kann also bestätigt werden, dass ARTE mit seinem auf ein breites Publikum abzielenden Programm<br />

durchaus in der Lage ist, einen Beitrag zum interkulturellen Transfer zu leisten. Auch auf die in diesem<br />

Artikel hingewiesenen Probleme, die bei der Realisierung des selbst erhobenen Auftrags der Kulturvermittlung<br />

auftauchen, reagiert der Sender <strong>im</strong>mer wieder mit innovativen Ideen und Kompromissen,<br />

um möglichst ein großes Spektrum an Zuschauern zu erreichen. Trotzdem bleibt die Tatsache der<br />

geringen Einschaltquoten bestehen, sodass sich gefragt werden muss, ob die mäßigen Zuschauerzahlen<br />

auf das allgemein geringe Interesse am Nachbarland zurückzuführen sind oder ob Rezipienten einfach<br />

nur auf dem Vorurteil eines zu ernsten und anspruchsvollen Programms beharren, ohne ARTE und sein<br />

durchaus attraktives Programm konkret zu kennen.<br />

Um letztlich von einem bedeutsamen Beitrag zum Kulturtransfer sprechen zu können, müsste Arte<br />

sicherlich noch breitere Rezipientenschichten erreichen. Aber in diesem Punkt besteht nach wie vor<br />

ein Mangel. So ist abschließend zu sagen, dass der Kulturkanal mit seinem Programm zwar eine überzeugende,<br />

der modernen Gesellschaft angepasste Grundlage <strong>für</strong> die Ermöglichung des Kulturaustausches<br />

bietet, es aber dennoch an der Nachfrage fehlt. Insofern kann nur eingeschränkt von einem wesentlichen<br />

Beitrag zum Kulturaustausch gesprochen werden, auch wenn das große und vielversprechende<br />

Engagement des Senders nochmals deutlich zu betonen ist.


Literaturverzeichnis<br />

Monographien<br />

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TV5MONDE (2012b): Langue française. (Zugriff am 11.06.2012).


Inga-F. Baer, Merle Deters<br />

Der Französische Film ist mehr als Audrey Tautou und Gérard Depardieu.<br />

Eine Illustration der deutsch-französischen Filmkooperation<br />

1. Einleitung<br />

„Obwohl <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich bis weit ins 20. Jahrhundert eine Erbfeindschaft<br />

trennt, pflegt <strong>Deutsch</strong>land zu keinem anderen Filmland traditionell so enge und<br />

schillernde Verbindungen wie zu Frankreich.“ 1<br />

Wie das Zitat es bereits andeutet, waren die deutsch-französischen Beziehungen bis nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg alles andere als harmonisch, sondern von den Ereignissen der vielen kriegerischer Konflikte<br />

der Vergangenheit überschattet. Doch spätestens mit dem Elysée-Vertrag wurde diesem Zustand der<br />

Abneigung und Missachtung ein Ende gesetzt und die Freundschaft sowie Zusammenarbeit beider<br />

Länder auf vertraglicher und symbolischer Ebene besiegelt. Seitdem gingen beide Staaten wieder aufeinander<br />

zu und beteiligten sich an zahlreichen Kooperationen in allen Bereichen des politischen und<br />

kulturellen Lebens, so auch <strong>im</strong> Rahmen der Filmkunst. Deswegen soll <strong>im</strong> Folgenden aufgezeigt werden,<br />

was die deutsch-französische Freundschaft in Bezug auf den Film ausmacht, indem aktuelle Projekte<br />

der Zusammenarbeit präsentiert werden.<br />

2. Kooperationen auf institutioneller Ebene<br />

2.1 Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Filmakademie<br />

Als ersten Punkt soll die <strong>Deutsch</strong>-Französische Filmakademie vorgestellt werden. Diese <strong>Institut</strong>ion<br />

geht auf die Initiative der damaligen Staatschefs Gerhard Schröder und Jacques Chirac zurück, die sie<br />

mithilfe der französischen Ministerin <strong>für</strong> Kultur und Kommunikation, Catherine Tasca, und dem Bundesbeauftragten<br />

<strong>für</strong> Kultur und Medien, Michael Naumann, am 26. Juni 2000 ins Leben gerufen haben.<br />

Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Filmakademie, unter der Aufsicht des Centre National de la Cinématographie<br />

(CNC) und des Beauftragten <strong>für</strong> Kultur und Medien (BKM), hat es sich zur Aufgabe gemacht, die<br />

europäische Filmkultur, insbesondere die deutsch-französische Zusammenarbeit zu stärken, und dies<br />

vor allem auf den Ebenen von Produktion, Vertrieb und Verleih, und das gemeinsame deutschfranzösische<br />

Filmkulturerbe zu pflegen.<br />

Der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Filmakademie liegt folgender 'Mini-Traité'' zugrunde: Es existiert ein<br />

Fond in der Höhe von 1,5 Millionen Euro, in den je zu gleichen Teilen das CNC und die Filmförderungsanstalt<br />

(FFA) einzahlen. Mithilfe dieses Fonds können Produzenten deutsch-<strong>französischer</strong> Filme<br />

finanziell unterstützt werden. Um diese Unterstützung in Anspruch nehmen zu können, gibt es ein<br />

besonderes Auswahlverfahren, dem jeweils drei französische und drei deutsche Experten beiwohnen,<br />

die die Vorschläge der Produzenten begutachten und anschließend eine Präferenz angeben. In der Regel<br />

liegt die Höhe der finanziellen Förderung zwischen 50 000 und 300 000 Euro pro Film.<br />

2.2 Das deutsch-französische Filmtreffen<br />

Zurückgehend auf die <strong>Deutsch</strong>-Französische Filmakademie wurde auch das deutsch-französische<br />

Filmtreffen ins Leben gerufen, das seit 2003 jährlich <strong>im</strong> November abwechselnd in französischen bzw.<br />

1 Filmmuseum Potsdam: „<strong>Deutsch</strong>-französische Filmbegegnungen“, http://filmmuseumpotsdam.de<br />

/<strong>im</strong>ages/12783_17004_Franzosen2009.pdf (Zugriff am 19.06.2012), S.3.<br />

23


24<br />

deutschen Städten stattfindet. Ziel und Aufgabe dieser bilateralen filmografischen Kulturbegegnung ist<br />

neben der Stärkung der deutsch-französischen Freundschaft natürlich besonders die Präsentation der<br />

Filmbranche beider Länder. Die Filme, die während des Festivals gezeigt werden, widmen sich dementsprechend<br />

häufig deutsch-französischen Themen.<br />

Allerdings ist anzumerken, dass Filme aller möglichen Kategorien entstehen bzw. von der Filmakademie<br />

gefördert werden, sodass das während des Festivals dargebotene Spektrum vom Dokumentarfilm<br />

bis zur kommerziellen Komödie reicht.<br />

Außerdem gehören nicht nur Erstlingswerke zu den präsentierten Filmen, sondern es gibt auch sogenannte<br />

'Stammkunden' wie z. B. Roman Polanski, Mathieu Amalric, Lars von Trier oder Danis Tanovi<br />

, die bereits öfter finanzielle Mittel des bilateralen Koproduktionsabkommens von der <strong>Deutsch</strong>-<br />

Französischen Filmakademie erhalten haben. Zu den bekanntesten Werken, die durch französischdeutsche<br />

Zusammenarbeit entstanden sind, zählen in neuerer Zeit Der Ghostwriter, Die Schachspielerin,<br />

Small World und Carlos – Der Schakal.<br />

So wie die Filmakademie versteht sich auch das Filmtreffen sowohl als ein politisches Symbol als<br />

auch als ein konkretes Forum <strong>für</strong> den Gedankenaustausch auf kultureller Basis.<br />

3. Kooperationen auf Bildungsebene<br />

3.1 Universitäre Bildung: Atelier Ludwigsburg-Paris<br />

Ebenfalls auf das Wirken der <strong>Deutsch</strong>-Französische Filmakademie geht die Gründung des Ateliers<br />

Ludwigsburg-Paris zurück. Jenes zeichnet sich durch eine Bildungszusammenarbeit zwischen La<br />

Fémis, einer französischen Filmhochschule in Paris, und der Filmakademie Baden-Württemberg aus<br />

Ludwigsburg aus, wobei hier ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Produktion und Vertrieb<br />

gelegt wird. Das Atelier Ludwigsburg-Paris hat folgende Zielsetzungen formuliert: Den Teilnehmern<br />

sollen umfangreiche und praxisbezogene Kenntnisse über die europäische Filmwirtschaft mit dem<br />

Fokus auf Stoffentwicklung, Finanzierung, Produktion, Vertrieb und Marketing vermittelt werden.<br />

Des Weiteren soll realisiert werden, dass sich nach und nach ein Netz der Zusammenarbeit <strong>für</strong> junge<br />

Produzenten beider Nationen organisiert, das auch die Kontaktaufnahme zur Filmbranche vereinfachen<br />

soll. Und nicht zuletzt sollte erwähnt werden, dass das Atelier Ludwigsburg-Paris es sich auch<br />

zur Aufgabe gemacht hat, die deutsche und französische Sprache sowie das interkulturelle Interesse zu<br />

fördern.<br />

Bei der Teilnahme an dem Atelier handelt es sich um eine Weiterbildung während eines Kalenderjahres,<br />

die jährlich (seit 2001) 18 Studierende aus ganz Europa in Anspruch nehmen.<br />

Die Seminare zu oben erwähnten Themen werden in der Regel von Experten aus der Filmwirtschaft<br />

geleitet, womit eine Vermittlung von ausführlichem Fachwissen garantiert wird. Abgerundet wird das<br />

Lehrangebot durch Exkursionen (z.B. Besuch des Fernsehsenders ARTE in Straßburg), Workshops mit<br />

bekannten Persönlichkeiten oder Kennern der Filmindustrie, Vorlesungen und Festivalbesuchen (z.B.<br />

die internationalen Festspiele von Berlin und Cannes). Zum Abschluss der Weiterbildung steht ein<br />

Kurzfilmprojekt auf dem Plan, das von dem deutsch-französischen Fernsehsender ARTE und dem<br />

SWR unterstützt wird. Die Teilnehmer, in der Funktion eines Produzenten, arbeiten in binationalen<br />

Teams an der Fertigung eines Kurzfilmes auf Grundlage eines vorgegebenen Themas.<br />

Vor der Aufnahme in das Atelier Ludwigsburg-Paris findet ein Bewerbungsverfahren mit Aufnahmeprüfungen<br />

statt; die Auswahlkommission setzt einen Abschluss einer Filmhochschule, berufliche Erfahrung<br />

in der Filmbranche sowie Sprachkenntnisse (deutsch, französisch und englisch) voraus.


3.2 Kooperationen <strong>für</strong> Schüler und Lehrer<br />

Nachdem nun ein Bildungsprojekt auf Hochschulebene beschrieben wurde, sollen nun Möglichkeiten<br />

<strong>für</strong> eine deutsch-französische Kulturbegegnung <strong>im</strong> Bereich des Films <strong>für</strong> Schüler und ihre Lehrer aufgezeigt<br />

werden.<br />

3.2.1 Cinéfête<br />

Als erste Möglichkeit soll das Jugendfilmfest Cinéfête vorgestellt werden. Jedes Jahr (seit 2000) geht<br />

das Festival des französischen Films auf Tournee, während derer es ungefähr 120 Kinos in knapp 100<br />

deutschen Städten besucht. Der Besuch dauert in der Regel eine Woche. Unterstützt und initiiert wird<br />

dieses Kulturereignis u. a. vom <strong>Institut</strong> français in <strong>Deutsch</strong>land, der Bundeszentrale <strong>für</strong> politische<br />

Bildung und weiteren regionalen Partnern. Die Schirmherrschaft <strong>für</strong> das Filmfest Cinéfête haben die<br />

16 Kultusminister der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land übernommen.<br />

Während der Zeit des Jugendfilmfestes werden in den teilnehmenden Kinos französische Filme in<br />

ihrer Originalfassung gezeigt, wobei diese von deutschen Untertiteln begleitet werden um Verständnisprobleme<br />

zu verhindern. Mit gut zehn ausgewählten Filmen gestaltet sich das Programm in der Tat<br />

abwechslungsreich, sodass <strong>für</strong> jede Altersstufe und <strong>für</strong> jeden Geschmack etwas dabei ist. Cinéfête<br />

ermöglicht einmal <strong>im</strong> Jahr einen Französischunterricht aus einer anderen Perspektive und eröffnet<br />

dadurch einen besonderen Blick auf Film, Kultur und Sprache – Französisch lernen mal anders!<br />

Das Filmfestival ist auch in dem Sinne gut durchdacht und organisiert, dass den Lehrkräften pädagogisches<br />

Arbeitsmaterial <strong>für</strong> die Vor- bzw. Nachbereitung der Filme bereitgestellt wird. Jenes legt besonderen<br />

Wert auf die Erarbeitung sprachlicher Phänomene sowie die Aneignung von Besonderheiten<br />

landesspezifischer Art. Seit 2010 bestehen die Arbeitsunterlagen zur Förderung des Interesses und<br />

Verständnis <strong>für</strong> Filmkunst auch aus Fragen zu filmanalytischen Gesichtspunkten.<br />

3.2.2 KINEMA<br />

Als letztes gemeinsames Projekt soll KINEMA genannt werden, das sich zunächst durch eine Regionalpartnerschaft<br />

zwischen der Haute-Normandie und Niedersachsen rund um Film und Kino auszeichnet.<br />

Die Schirmherrschaft trägt die deutsche Schauspielerin Hanna Schygulla (bes. bekannt durch den<br />

Film Auf der anderen Seite). Ähnlich der Zielformulierungen der bereits dargestellten Konzepte wird<br />

auch hier der Schwerpunkt auf eine filmpädagogische Erziehung und interkulturelles Lernen gelegt.<br />

Des Weiteren definiert sich das Projekt darüber, dass es einen regen Dialog zwischen den Teilnehmern<br />

ins Zentrum stellt. Zentrale Bedeutung haben in dieser binationalen Zusammenarbeit zwei von einer<br />

Jury ausgewählte Filme, sowohl ein <strong>französischer</strong> als auch ein deutscher, wobei es sich (zumeist) um<br />

Erstlingswerke junger Regisseure beider Staaten handelt. Oft verbindet beide Filme ein gemeinsames<br />

Thema.<br />

Nun noch einige Worte zum Ablauf von KINEMA: Als Erstes wird jeder teilnehmenden Lerngruppe<br />

eine Partnergruppe zugewiesen, die zumeist über das Internet kommunizieren und sich austauschen.<br />

Auf diese Weise werden deutsch-französische Teams gebildet. Anschließend werden die beiden ausgesuchten<br />

Werke angeschaut und <strong>im</strong> Unterricht behandelt, wobei die deutschen Schüler verstärkt mit<br />

dem französischen Film arbeiten und die französische Lerngruppe mit dem deutschen Beitrag. Zur<br />

Förderung des interkulturellen Interesses werden <strong>im</strong> Folgenden deutsch-französische Zweiergruppen<br />

formiert, die über das Internet eine Tandem-Aufgabe mit Bezug auf das gemeinsame Themengebiet<br />

beider Filme erarbeiten. Während der KINEMA-Phase haben die Lerngruppen auch oft die Möglichkeit<br />

den Regisseur oder den Produzenten persönlich zu treffen und ihn das zu fragen, was während der<br />

Behandlung der Filme, aufgefallen ist bzw. als besonders empfunden wurde.<br />

25


26<br />

Den Höhepunkt und Abschluss des Projektes bilden ein Treffen der Lerngruppen (je 6 Vertreter), währenddessen<br />

noch das eine oder andere entworfen wird (kleine Theaterszenen, Dreh einer Kurzszene<br />

etc.), das abschließend den Teilnehmenden vorgeführt wird.<br />

Der Treffpunkt wechselt sich jährlich, ein Jahr in Frankreich, das andere Jahr in <strong>Deutsch</strong>land.<br />

Genau wie Cinéfete ist KINEMA ein Mittel den Französischunterricht wieder aufregender zu gestalten,<br />

neue Perspektiven aufzuzeigen und spielerisch über das Interesse zur Filmkunst Sprachkenntnisse zu<br />

erwerben und zu vertiefen.<br />

4. Zusammenfassung<br />

Wie wir <strong>im</strong> Vorangehendem aufzeigen konnten, haben sich die deutsch-französischen Beziehungen<br />

trotz großer Anfangsschwierigkeiten sehr ins Positive gewandelt. Auch der Film als Kulturelement hat<br />

zu dieser Verständigung beigetragen und bildet nach wie vor eine kulturelle Basis <strong>für</strong> den lebendigen<br />

<strong>Austausch</strong> beider Länder, der auch von staatlicher Seite finanziell intensiv unterstützt wird.<br />

Wir hoffen, dass wir Ihnen aufzeigen konnten, dass Filmkunst sehr gut als Vermittler beider Kulturen<br />

dienen kann. Des Weiteren bleibt anzumerken, dass jeder Film stets mehr transportiert als bloß eine<br />

Geschichte � jeder (ästhetisch gestaltete) Film spricht seine eigene Sprache und sollte als Kunstwerk<br />

betrachtet werden. Daher wird der Film als Unterrichtsmedium <strong>im</strong>mer wichtiger und bietet eine etwas<br />

andere Möglichkeit interkulturelles Lernen mit Spracherwerb und filmanalytischen Kenntnissen zu<br />

verbinden.<br />

Literatur<br />

Online-Quellen<br />

Filmmuseum Potsdam: „<strong>Deutsch</strong>-französische Filmbegegnungen“,<br />

http://filmmuseumpotsdam.de/<strong>im</strong>ages/12783_17004_Franzosen2009.pdf (Zugriff am<br />

19.06.2012).<br />

<strong>Deutsch</strong>es Filminstitut - DIF e.V. : „Die DEFA-Story“, http://www.filmportal.de/thema/film-in-derddr<br />

(Zugriff am 19.06.2012).<br />

CCC Filmkunst: http://www.ccc-film.de/ (Zugriff am 19.06.2012).<br />

Auswärtiges Amt & Ministère des Affaires étrangères: „<strong>Deutsch</strong>-französische Zusammenarbeit“,<br />

http://www.france-allemagne.fr/<strong>Deutsch</strong>-Franzosische-Filmakademie,4203.html (Zugriff am<br />

19.06.2012).<br />

L'association „les rendez-vous franco-allemands du cinéma“: „Das deutsch-französische Filmtreffen“,<br />

http://www.das-rendez-vous.org/41.0.html (Zugriff am 19.06.2012).<br />

Filmakademie Baden-Württemberg GmbH: „Atelier Ludwigsburg-Paris“, http://atelier-ludwigsburgparis.de/de/startseite.html<br />

(Zugriff am 19.06.2012).<br />

Neue Kamera Filmtheater Betriebs-GmbH: „Cinéfete“, http://www.kamerafilmkunst.de/filme/cinefete/<br />

(Zugriff am 19.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> français: „Cinéfête“, http://www.institut-francais.fr/cinefete/?lang=fr (Zugriff am 19.06.2012).<br />

„KINEMA“, http://www.kinema.fr/ (Zugriff am 19.06.2012)


Franziska Müller, Magdalena Ullmann<br />

Es lebe die literarische und geistige Beziehung! Projekte und Programme<br />

<strong>im</strong> deutsch-französischen Literaturtransfer<br />

Im Folgenden soll ein kleiner Überblick darüber gegeben werden, welche Programme und Organisationen<br />

sich <strong>für</strong> eine Förderung des deutsch-französischen Literaturaustausches einsetzen und wie dieser<br />

sich konkret gestaltet. Darüber hinaus möchten wir Sie neugierig machen und motivieren, die Literatur<br />

unseres Partnerlandes Frankreich zu entdecken.<br />

Dazu stellen wir zunächst die vom Goethe-<strong>Institut</strong> organisierten Bibliothekspartnerschaften vor, die<br />

auf regionaler Ebene französischsprachige bzw. deutschsprachige Literatur den BürgerInnen zugänglich<br />

machen. Des Weiteren möchten wir auf zwei interessante Literaturpreise, den Franz Hessel-Preis<br />

und den Prix des lycéens allemands, sowie auf das Georges-Arthur Goldschmidt-Programm, ein<br />

Förderungsprogramm <strong>für</strong> deutsch-französische Übersetzer, und das Theaterfestival Perspectives hinweisen.<br />

Auch <strong>im</strong> Bereich Literatur gibt es vorherrschende Vorurteile, die mitunter einen Leser davon abhalten<br />

können, tiefer in das unbekannte Literaturmeer eines fremden Landes einzutauchen. Des Weiteren sind<br />

die Kanones der bekannten und wertgeschätzten Werke, die <strong>im</strong> Ausland Ansehen genießen, nur ein<br />

winziger Teil dessen, was eine Nationalliteratur zu bieten hat. Laut Robert Bosch <strong>Institut</strong>, ist es vorwiegend<br />

die gebildete Oberschicht Frankreichs, die deutsche Literatur konsumiert. Ein Vorwurf hält<br />

sich in Frankreich hartnäckig: <strong>Deutsch</strong>e Literatur ist zu anspruchsvoll und hat stets einen bildenden<br />

Charakter, da <strong>im</strong>mer wieder die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte als zentrales Motiv<br />

auftaucht. 1<br />

Oftmals wird die Literatur eines Landes aus der Perspektive der Leser des anderen Landes auf eine<br />

kleine Anzahl von Klassikern oder Bestsellern reduziert. Wer deutsche Literatur nur mit den klassischen<br />

Werken Goethes oder Schillers oder aber mit wenigen neueren Erscheinungen, wie Der Vorleser<br />

von Bernhard Schlink oder Das Parfüm von Patrick Süskind, gleichsetzt, erfasst freilich nur einen<br />

sehr kleinen Ausschnitt aus dem breiten Spektrum. Damit wollen wir nicht sagen, dass diese Autoren<br />

und ihre Werke unbedeutend <strong>für</strong> die deutsche Literatur sind. Im Gegenteil! Es sind wichtige Werke,<br />

und es ist fraglos positiv, dass sie auch <strong>im</strong> Ausland Anerkennung genießen. Aber sie repräsentieren<br />

lediglich einige der zahlreichen Facetten, die die deutschsprachige Literatur zu bieten hat. Das gleiche<br />

gilt selbstverständlich <strong>für</strong> alle Literaturen, auch <strong>für</strong> die französische. Denken Sie doch selbst einmal<br />

nach: Welche Autoren oder Werke <strong>französischer</strong> Autoren fallen ihnen spontan ein, die sie kennen und<br />

bestenfalls gelesen haben? Namen wie Albert Camus, Jean Paul Sartre oder auch Antoine de Saint-<br />

Exupéry mit Der kleine Prinz sind wohl jedem ein Begriff. Darüber hinaus assoziiert man auf deutscher<br />

Seite französische Literatur häufig mit Thematiken wie Liebe und Sexualität, so das Robert<br />

Bosch <strong>Institut</strong> weiter.<br />

Der Franz Hessel-Preis, ein deutsch-<strong>französischer</strong> Literaturförderpreis,<br />

versucht eben diesen Vorurteilen oder verengten Perspektiven<br />

entgegenzuwirken und die Facetten und den Reichtum<br />

der Literatur des Nachbarlandes vorzustellen. Ziel ist es, aktuelle<br />

Tendenzen der Gegenwartsliteratur <strong>im</strong> Nachbarland zu präsentieren.<br />

Die dort prämierten Werke werden nach der Auszeichnung in<br />

die jeweils andere Sprache übersetzt. Das klingt einfach, logisch<br />

1 Hurtz, 2005<br />

27


28<br />

und schön. Aber es ist ein komplexeres und problematischeres Unterfangen als man vielleicht denken<br />

würde. Hier setzt das Georges-Arthur Goldschmidt-Programm an, ein Förderprogramm <strong>für</strong> junge<br />

deutsche und französische Übersetzer, in denen sie gemeinsam an der treffenden Übersetzung arbeiten.<br />

Auch auf Schulebene setzt man sich aktiv da<strong>für</strong> ein, Schülerinnen und Schüler <strong>für</strong> zeitgenössische<br />

französische Literatur zu begeistern, ohne dabei auf die engen Vorgaben des Lehrplans begrenzt zu<br />

sein. Dies geschieht beispielsweise durch den Prix de lycéens allemands, bei dem die Schülerinnen<br />

und Schüler selbst zu Literaturkritikern werden und ein Werk ihrer Wahl prämieren können.<br />

Abschließend, wollen wir Ihnen das seit 1987 in Saarbrücken stattfindende Theaterfestival Perspectives<br />

vorstellen. Dieses interessante Festival bietet die Möglichkeit auf dramatischer, literarischer und<br />

musikalischer Ebene deutsche und französische Kultur aktiv zu erleben. Außerdem lädt ein Aufenthalt<br />

in Saarbrücken aufgrund seiner geographischen Nähe zu Frankreich selbstverständlich zu einem kurzen<br />

oder aber auch längeren Abstecher in unser Nachbarland ein, und aktiver lässt sich ein deutsch<strong>französischer</strong><br />

<strong>Austausch</strong> gewiss nicht gestalten!<br />

Goethe-<strong>Institut</strong> Bordeaux: Begründer der deutsch-französischen Bibliothekspartnerschaft<br />

Um Literatur aus einem anderen Land überhaupt konsumieren zu können, muss sie dem Leser zugänglich<br />

sein. Welche Organisationen kümmern sich um den literarischen <strong>Austausch</strong> der Nachbarländer<br />

Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land?<br />

2003 wurde zum ersten Mal in der deutschfranzösischen<br />

Freundschaftsgeschichte ein Partnerschaftsabkommen<br />

zwischen einer französischen und<br />

einer deutschen Bibliothek geschlossen. Durch das<br />

Engagement des Goethe-<strong>Institut</strong> Bordeaux haben<br />

sich in den vergangenen Jahren 13 weitere Bibliothekskooperationsgemeinschaften<br />

gebildet.<br />

Das Goethe <strong>Institut</strong> setzt sich da<strong>für</strong> ein, die deutsche Sprache und Kultur <strong>im</strong> Ausland bekannt zu machen<br />

und darüber hinaus über die deutsche Gegenwartsgesellschaft und Mentalität zu informieren. Es<br />

steht jeder Bibliothek unterstützend zur Seite, die sich <strong>für</strong> eine Kooperationsgemeinschaft mit einer<br />

Bibliothek des Partnerlandes interessiert. Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweilige Bibliothek groß<br />

oder klein ist oder ob sie sich auf ein best<strong>im</strong>mtes literarisches Feld spezialisiert hat, denn: Ziel dieses<br />

Kooperationsabkommens ist es, ein interaktives Netzwerk zwischen deutschen und französischen Bibliotheken<br />

aufzubauen. Dies geschieht in Form gegenseitiger Unterstützung bezüglich des Informationsaustauschs<br />

und des Weiterleitens von Anfragen. Gemeinsame Websites der Partnerbibliotheken<br />

bieten jedem interessierten Bibliotheksnutzer die Möglichkeit sich stetig über vergangene und anstehende<br />

aktuelle Ankündigungen oder Veranstaltungen zu informieren. Die Partnerbibliotheken bemühen<br />

sich durch regelmäßig gemeinsam organisierte Projekte, wie z.B. Autorenlesungen und Ausstellungen,<br />

das Interesse <strong>für</strong> die Literatur des Partnerlandes zu wecken. Selbstverständlich unterstützen die<br />

Partnerbibliotheken sich gegenseitig, wenn es darum geht, Literaturbestände auszutauschen, und stehen<br />

sich beratend zur Seite, wenn es um den Einkauf neuer Werke geht. Dadurch gelingt es auch Werke<br />

fernab der Bestsellerlisten <strong>im</strong> Partnerland zu etablieren und vorzustellen.<br />

Ein weiterer Kernpunkt des Kooperationsabkommens stellt die Schulung der Bibliothekare dar, die <strong>im</strong><br />

Rahmen eines <strong>Austausch</strong>programms die Möglichkeit erhalten Berufserfahrungen in der Partnerbibliothek<br />

zu sammeln und deren Bibliotheksbetrieb kennenzulernen.<br />

Auch werden attraktive Studienreisen oder auch Sprachkurse <strong>für</strong> die Mitarbeiter angeboten. Eine<br />

Übersicht darüber, welche Bibliotheken in einem Kooperationsverhältnis mit einer französischen Part-


nerbibliothek stehen, finden Sie auf der Internetseite des Goethe <strong>Institut</strong>s unter<br />

http://www.goethe.de/ins/fr/lp/wis/bib/bps/deindex.htm.<br />

Vermittler zwischen zwei Kulturen: Der Franz Hessel-Preis<br />

Der Franz Hessel-Preis ist ein deutsch-<strong>französischer</strong> Literaturpreis, der nach Franz Hessel benannt<br />

worden ist. Franz Hessel war ein bedeutender Schriftsteller, Lektor und Übersetzer und somit ein<br />

wichtiger Vermittler zwischen den Kulturen <strong>Deutsch</strong>lands und Frankreichs. Der Literaturpreis wurde<br />

<strong>im</strong> Jahr 2010 ins Leben gerufen, um den literarischen <strong>Austausch</strong> zwischen den Franzosen und <strong>Deutsch</strong>en<br />

zu fördern. Stifter des Preises sind die deutsche Stiftung Genshagen und der französische Kooperationspartner<br />

Villa Gillet, ein Literaturhaus.<br />

Der Preis wird jedes Jahr – in <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich abwechselnd – von einer zehnköpfigen<br />

deutsch-französischen Jury an jeweils eine/n deutsche/n und eine/n französische/n Autor/in vergeben,<br />

zusammen mit einem Preisgeld in der Höhe von 10 000 EUR.<br />

Um eine Nominierung erhalten zu können, ist eine aktuelle, noch nicht übersetzte Veröffentlichung<br />

des Autors, der Autorin notwendig. Die Auszeichnung trägt außerdem dazu bei, dass die prämierten<br />

Werke in die jeweils andere Sprache übersetzt und dann auch <strong>im</strong> Nachbarland veröffentlicht werden.<br />

Literarische Werke, die die Gegenwart reflektieren und die zu einem Einblick ins andere Land einladen,<br />

werden bei den Nominierungen insbesondere berücksichtigt.<br />

Bei der ersten Verleihung 2010 vergaben der deutsche Kulturminister Bernd Neumann und der französische<br />

Kulturminister Frédéric Mitterand den Literaturpreis an Kathrin Röggla <strong>für</strong> ihren Erzählband<br />

die alarmbereiten und an die französische Schriftstellerin Maylis de Kerangal <strong>für</strong> ihren Roman Naissance<br />

d'un pont.<br />

Die Stiftung Genshagen mit Sitz <strong>im</strong> Schloss Genshagen<br />

(Berlin) wurde 1993 gegründet. Die Stifter sind das<br />

Land und die Bundesregierung von Brandenburg, die<br />

durch den Beauftragten der Bundesregierung <strong>für</strong> Kultur<br />

und Medien (Ministère de la Culture et de la Communication)<br />

vertreten sind. Zwecks „Förderung der Völkerverständigung<br />

und des Dialogs in Politik, Wissenschaft und Kultur“ 2 zwischen <strong>Deutsch</strong>land, Frankreich<br />

und zunehmend auch Polen, organisiert die Stiftung Genshagen in Kooperation mit inländischen<br />

sowie ausländischen Partnern Projekte wie Tagungen und Seminare, und auch Projekte <strong>für</strong> Jugendliche.<br />

Die Projekte werden in den beiden Arbeitsbereichen „Kunst- und Kulturvermittlung in Europa“<br />

und „Europäischer Dialog“ durchgeführt.<br />

Die Stiftung Genshagen möchte nun erstmals die Möglichkeit schaffen, die Gewinnerautoren des<br />

Franz Hessel-Preises des Jahres 2011 <strong>für</strong> einen Arbeitsaufenthalt <strong>im</strong> Schloss einzuladen, damit dort<br />

Lesungen stattfinden können und die Autoren eine Möglichkeit zum <strong>Austausch</strong> erhalten. Die beiden<br />

Preisträger sind Thomas Melle und Céline Minard.<br />

2 Stiftung Genshagen, Quelle: http://www.stiftung-genshagen.de/baseportal/maintemplate_neu?<br />

lang=dt&i=1&include=anzeigeinhalte_neu (Zugriff am 25.06.2012)<br />

29


30<br />

Der deutsche Autor Melle schildert mit seinem Werk Sickster die Hektik des Großstadtlebens:<br />

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Die französische Autorin Minard gehört mit ihrem Werk, So long, Luise, zu den interessanten<br />

Nachwuchsautorinnen der Gegenwart. Hier ein kleiner Auszug ihres Romans:<br />

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3 Rowohlt, Leseprobe aus Sickster: http://www.rowohlt.de/fm/131/Melle_Sickster.pdf (Zugriff am<br />

22.06.2012)<br />

4 Le Blog ePagine, Quelle:http://blog.epagine.fr/index.php/2011/09/so-long-luise-de-celine-minard/ (Zugriff<br />

am 18.06.2012)


Die Jury seid ihr! Der Prix des lycéens allemands<br />

Der Prix des lycéens allemands ist der Preis der deutschen Gymnasiasten: Schüler wählen ein französisches<br />

Werk, dessen Autor dann <strong>für</strong> den Literaturpreis nominiert wird. Die Absicht des Projekts ist es,<br />

SchülerInnen die französische Literatur näher zu bringen. Die Initiative ermöglicht ihnen auch, einige<br />

Schriftsteller persönlich zu treffen.<br />

Der Preis wird seit dem Jahr 2004 von der Kulturabteilung der französischen Botschaft in Berlin und<br />

dem Bureau du Livre de Jeunesse in Frankfurt am Main organisiert. Der Ernst Klett Verlag unterstützt<br />

das Projekt, indem das Preisgeld zur Verfügung gestellt wird. Auch die Kulturministerien der Bundesländer<br />

unterstützen das Projekt.<br />

Im ersten Jahr beteiligten sind rund 200 Klassen und <strong>im</strong> aktuellen<br />

Schuljahr 2012 nahmen rund 500 Schüler an diesem Projekt teil.<br />

<strong>Deutsch</strong>e Gymnasiasten bekommen bundesweit die gleichen vier<br />

ausgewählten Werke aktueller, zeitgenössischer Jugendromane, die<br />

sie dann in einigen Monaten lesen. Zur Unterstützung werden <strong>im</strong> Unterricht Fragen geklärt und diskutiert.<br />

Für die Unterrichtsgestaltung bekommen die Lehrer ideenreiche Beihefte, die zur Bearbeitung<br />

der Werke dienen sollen.<br />

Nachdem nun das beste Buch best<strong>im</strong>mt worden ist, wird ein Schüler gewählt. Dieser muss dann das<br />

favorisierte Buch erst auf Französisch und dann auf <strong>Deutsch</strong> verteidigen. Das geschieht auf Schulebene.<br />

Im nächsten Schritt trifft sich die Schülerjury auf Bundeslandebene, um über den Favoriten zu<br />

diskutieren. Letztlich wählt die Schülerjury jedes Bundeslandes einen Vertreter, der mit anderen Schülern<br />

aus anderen Bundesländern zusammen die Bundesjury bildet. Die Bundesjury verleiht dann den<br />

französischen Literaturpreis auf der Leipziger Buchmesse an den Autoren ihres Lieblingsromans.<br />

Ein weiterer Vorteile dabei ist, dass die SchülerInnen auf der Buchmesse neue Bücher kennenlernen<br />

und vielleicht an<strong>im</strong>iert werden, diese zu lesen.<br />

Der Preisträger bekommt eine Auszeichnung und seit 2011 ein Preisgeld in der Höhe von 5 000 EUR.<br />

In den vorangegangenen Jahr kam das Preisgeld der Übersetzung ins <strong>Deutsch</strong>e zugute.<br />

2012 wurde Anne-Laure Bondoux <strong>für</strong> ihr Werk Zeit der Wunder mit dem Prix de lycéens allemands<br />

ausgezeichnet. In dem Buch geht es um die Geschichte des Jungen Koumaïl, der aus den Kriegswirren<br />

des Kaukasus bis nach Frankreich flieht und nie den Mut und den Glauben an das Glück verliert. Ein<br />

Buch darüber, wie weit Träume tragen, wie es auf dem Klappentext heißt. Hier ein Ausschnitt daraus:<br />

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5 Das Zitat aus dem Werk Die Zeit der Wunder von Anne-Laure Bondoux ist folgender Quelle entnommen:<br />

http://www.carlsen.de/web/junge-erwachsene/buch?tn=158241 (Zugriff am 18.06.2012).<br />

31


32<br />

Um Worte ringen: Georges-Arthur Goldschmidt-Programm<br />

Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmedium. Sie verbindet, aber sie kann dort, wo sie nicht<br />

ausreichend beherrscht wird, bekanntlich auch zu Missverständnissen führen. Ob ich nun einen Frosch<br />

oder eine Katze <strong>im</strong> Hals stecken habe, ist <strong>für</strong> eine gegenseitige Verständigung ein ausschlaggebendes<br />

Detail. Und ein Blick in ein Lexikon reicht aus, um zu verstehen, dass ein Wort nicht gleich ein Wort<br />

ist. Ein Wort kann in gleicher Schreibweise unterschiedliche Bedeutungen annehmen, so z.B. das<br />

Wort Schloss, das einerseits als Vorrichtung zum Verschließen oder aber auch als ein Bauwerk verstanden<br />

werden kann. Angesichts dieser einzelsprachlichen und übersprachlichen Zwickmühlen und<br />

Mehrdeutigkeiten, zeigt sich die besondere Aufgabe und Tragweite von Übersetzungsarbeiten. Gleiches<br />

gilt <strong>für</strong> die Verantwortung, die ein Übersetzer bei seiner Arbeit auf sich n<strong>im</strong>mt. Erfolg oder Misserfolg<br />

eines international verbreiteten literarischen Werks sind eng mit der Qualität der Übersetzung<br />

verknüpft. Es geht nicht nur darum, die korrekte Übersetzung zu finden – NEIN! –, es geht vielmehr<br />

darum, genau die Worte zu finden, die den Kern der Originalfassung möglichst detailgetreu wiedergeben<br />

können, ohne dabei qualitative, inhaltliche und rhetorische Einbußen hinzunehmen. Dazu muss<br />

der Text allerdings erst einmal verstanden sein. Nun ist es aber so, dass Texte mannigfaltig lesbar und<br />

interpretierbar sind. Basierend auf dem subjektiven Horizont des Lesers ist es beinahe unmöglich von<br />

einem festen Textsinn auszugehen. Zwischen Original und Übersetzung findet sich somit <strong>im</strong>mer eine<br />

gewisse nicht zu umgehende Differenz. Beauftragt man zwei verschiedene Übersetzer mit der Übersetzung<br />

eines Textes, können als Resultat zwei völlig unterschiedliche Übersetzungen entstehen. Ein<br />

komplett identisches Resultat wird bei größeren und komplexeren Texten wohl nie geben. Dies ist ein<br />

eindeutiges Indiz <strong>für</strong> die Pluralität der Lesarten. Die Übersetzung ist folglich nicht mit dem originalen<br />

Werk gleich zu setzen, sondern vielmehr der Weg zu diesem. 6 Und dennoch:<br />

„Übersetzen heißt […] zugänglich und verfügbar machen, was ansonsten aus<br />

sprachlichen Gründen nur einem begrenzten Leserkreis vorbehalten bliebe […].“ 7<br />

Das Georges-Arthur Goldschmidt-Programm zielt darauf ab, den interkulturellen Übersetzungsaustausch<br />

zwischen Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land zu fördern. Insgesamt zehn junge Nachwuchsübersetzer<br />

aus <strong>Deutsch</strong>land, Frankreich und der Schweiz erhalten <strong>im</strong> Rahmen dieses Stipendiums die Chance das<br />

Verlagswesen <strong>Deutsch</strong>lands und Frankreichs kennenzulernen. Darüber hinaus n<strong>im</strong>mt natürlich auch<br />

die Schulung und Verbesserung der eigenen übersetzerischen Kenntnisse und Fähigkeiten einen wichtigen<br />

Stellenwert innerhalb des Konzeptes ein. Dies geschieht durch gemeinsames, aktives Zusammenarbeiten<br />

an einem aktuellen noch nicht in die Partnersprache übersetzten literarischen Werk. Während<br />

des dre<strong>im</strong>onatigen Förderprogramms, absolvieren die ausgewählten Jungübersetzer zunächst<br />

Einführungsseminare, die in Berlin und Paris abgehalten werden. Des Weiteren sieht das Programm<br />

Besuche <strong>französischer</strong> und deutscher Verlage vor, bei denen die Programmteilnehmer einen Einblick<br />

in die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Verlage erhalten und ihre Netzwerke <strong>im</strong> Übersetzungs-<br />

und Verlagsbereich ausbauen können. Außerdem beinhaltet das Georges-Arthur Goldschmidt-<br />

Programm Übersetzungsworkshops, in denen die Stipendiaten ihre Fähigkeiten und Kenntnisse vertiefen,<br />

ausweiten und gemeinsam an Übersetzungen arbeiten. Standpunkte werden ausgetauscht, es wird<br />

debattiert, diskutiert und neue Perspektiven werden eröffnet. Erst, wenn der größtmögliche Konsens<br />

bezüglich einer Übersetzung gefunden wurde, wird diese verschriftlicht.<br />

Getragen wird das Georges-Arthur Goldschmidt-Programm vom <strong>Deutsch</strong>-Französischen-Jugendwerk<br />

und der Frankfurter Buchmesse. Auf <strong>französischer</strong> Seite wird das Programm vom Bureau Internatio-<br />

6 Ortega y Gasset (1937), in Hirdt 1995: 14.<br />

7 Ortega y Gasset (1937), zit. n. Hirdt 1995: 11.


nal de l’Édition Française unterstützt, das sich maßgeblich <strong>für</strong> den internationalen Vertrieb <strong>französischer</strong><br />

Literatur einsetzt.<br />

Das Förderprogramm erhält seinen Namen von dem renommierten Schriftsteller und Übersetzer Georges-Arthur<br />

Goldschmidt, der zahlreiche deutsche Werke, darunter unter anderem Werke von Kafka,<br />

Nietzsche oder Goethe, ins Französische übersetzt hat und <strong>für</strong> seine Tätigkeit mehrfach ausgezeichnet<br />

wurde. Der in <strong>Deutsch</strong>land geborene Goldschmidt emigrierte in der Zeit des Nationalsozialismus nach<br />

Frankreich und fand dort seine neue He<strong>im</strong>at. Sein literarisches und kulturelles Engagement <strong>im</strong><br />

deutsch-französischen Dialog, brachte ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Osnabrück ein, die<br />

ihn als einen „einzigartigen Grenzgänger und Brückenbauer“ 8 zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich<br />

würdigte.<br />

Ein Übersetzungsbeispiel aus Marcus Maltes Kr<strong>im</strong>inalroman, Garden of Love, Paris: Zulma 2007:<br />

J‘AURAIS dû me douter qu’il y avait qu’un putain de fantôme pour<br />

m’envoyer ses voeux.<br />

Il y avait longtemps que je n’attendais plus de lettres de personne.<br />

Même à cette période de l’année. J’avais coupé tous les ponts et je<br />

ne voyais pas qui se serait donné la peine de ramer pour venir<br />

jusqu’à moi.<br />

Tout ça pour dire que je jetais un oeil à ma boîte environ tous les<br />

trente-six du mois, juste pour savoir combien je devais aux uns et<br />

aux autres. C’est presque un hasard si j’ai découvert le paquet.<br />

Ç’aurait pu se faire encore plus tard. 9<br />

Übersetzt aus dem Französischen von Eva Nothhaft:<br />

ICH hätte mir denken können, dass außer einem gottverdammten Phantom keiner auf die<br />

Idee kommen würde, mir Neujahrsgrüße zu schicken.<br />

Schon seit langem erwartete ich keine Briefe mehr, von niemandem. Nicht einmal in<br />

diesen Tagen des Jahres. Ich hatte alle Brücken hinter mir abgebrochen und konnte mir<br />

nicht vorstellen, wer sich die Mühe machen sollte, sich bis zu mir durchzukämpfen.<br />

Kurzum, ich warf nur alle Jubeljahre mal einen Blick in meinen Briefkasten, um zu<br />

wissen, wie viel ich dem einen oder anderen schuldete. Es ist fast ein Zufall, dass ich das<br />

Paket entdeckt hab. Hätte noch später passieren können. 10<br />

8 Zeitung Universität Osnabrück, Quelle: http://www2.uni-osnabrueck.de/pressestelle/zeitung/Ausgabe97-<br />

6/Ehre.html (Zugriff am 18.06.2012)<br />

9 Malte : 2007, Quelle: http://www.bief.org/fichiers/operation/3522/media/7663/Brochure%<br />

20Goldschmidt%20BAT%20pour%20site.pdf, (Zugriff am 18.06.2012), S.60-62<br />

10 Nothhaft, Quelle:<br />

http://www.bief.org/fichiers/operation/3522/media/7663/Brochure%20Goldschmidt%20BAT%<br />

20pour%20site.pdf, (Zugriff am 18.06.2012), S.61-63<br />

33


34<br />

Aus dem Exper<strong>im</strong>ent wurde Tradition: Das Theaterfestival Perspectives<br />

Das Theaterfestival Perspectives fand erstmals 1987 in Saarbrücken statt und war zunächst als ein<br />

Exper<strong>im</strong>ent angedacht.<br />

Aufgrund des einschlagenden Erfolges erfreut es sich seitdem einer bis heute andauernden Beliebtheit.<br />

Es bietet lebendiges französisches und deutsches Theater und fördert auf diese Weise den kulturellen<br />

<strong>Austausch</strong> zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich. Der Veranstaltungsort könnte auf Grund seiner<br />

geographischen Lage kaum besser gewählt sein. Die Grenzstadt SaarBRÜCKEn fungiert <strong>im</strong> wahrsten<br />

Sinne des Wortes als kulturelle Theaterbrücke zwischen Frankreich, Luxemburg und <strong>Deutsch</strong>land.<br />

Das Festival lädt alle theaterbegeisterten Besucher ein, die Kunst des darstellenden Spiels des Nachbarlandes<br />

kennenzulernen.<br />

Jedes Jahr aufs Neue wird auf den Bühnen des Festival Perspectives ein facettenreiches, bilinguales<br />

Programm angeboten, sodass unabhängig vom individuellen Geschmack ein jeder Besucher fündig<br />

wird. Neben zeitgenössischen Theaterdarstellungen und Kabarettdarbietungen finden sich auch Tanzperformances,<br />

Zirkusvorführungen, sowie Gesang und Improvisationen auf dem Programm. Dabei<br />

erhalten nicht nur Künstler oder Theaterkompanien, die sich bereits einen Namen gemacht haben, eine<br />

Chance ihre Darstellungen aufzuführen. Auch Neulingen bietet sich hier die Chance ihre Stücke vor<br />

großem Publikum darzubieten.<br />

Ein vielfältiges Angebot mit Grenzen: Eine Einschätzung des deutschfranzösischen Literaturtransfers<br />

Es gibt ein breites Spektrum an Programmen und <strong>Institut</strong>ionen, die den deutsch-französischen Literaturaustausch<br />

fördern: Dies reicht von Bibliothekspartnerschaften über Literaturpreise bis hin zu Übersetzungsförderungen<br />

und Theaterfestivals. Aber nicht allen dürften die Programme und Veranstaltungen<br />

zugänglich sein. Einige Veranstaltungen sind ortsgebunden und die Anreise ist somit mit erheblichen<br />

Kosten verbunden. Außerdem dürfte gerade <strong>für</strong> die ältere Generation und teilweise auch <strong>für</strong> die<br />

SchülerInnen das Problem bestehen, dass sie nicht <strong>im</strong>mer an die Informationen gelangen. Dies liegt<br />

vor allem daran, dass die aktuellen Informationen in Form von Flyern oder Aushängen überwiegenden<br />

<strong>im</strong> angrenzenden Umfeld verteilt und ausgehängt werden. Insbesondere ältere Generationen haben<br />

oftmals keinen Internetzugang und auch in den Schulen wird oftmals nicht ausreichend über die existierenden<br />

Möglichkeiten informiert.<br />

Auch die von uns getroffene Auswahl bezüglich der Projekte und Programme innerhalb des deutschfranzösischen<br />

Literaturtransfers reflektiert nur einen kleinen Anteil dessen, was tatsächlich auf literarischer<br />

Ebene passiert und angeboten wird. Es gibt Hürden, aber diese können und sollen überwunden<br />

werden! Wir hoffen deshalb, dass wir Sie begeistern und Sie dazu zu motivieren konnten, eventuell<br />

doch den einen oder anderen Weg in Kauf zu nehmen, um selbst aktiv am deutsch-französischen Literaturaustausch<br />

teilzunehmen. In diesem Sinne: Es lebe die literarische und geistige Beziehung!<br />

Weitere Informationen und nützliche Links finden Sie in der Literaturliste. Recherchieren Sie nach<br />

Belieben und Sie werden sehen, dass es noch eine Menge zu entdecken gibt.


Literatur<br />

Pr<strong>im</strong>ärliteratur<br />

Hirdt, Willi (Hg. 1995): Übersetzen <strong>im</strong> Wandel der Zeit: Probleme und Perspektiven des deutschfranzösischen<br />

Literaturaustausches. Tübingen: Stauffenburg-Verlag.<br />

Hurtz, Nicole (2005): Modell mit Mehrwert. Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen. Bestandsaufnahme<br />

und Empfehlungen. Stuttgart: ifa (Überblick über Kulturbeziehungen bis 2005,<br />

Kunst, Medien, Wissenschaft und Schule; gegen Portokosten be<strong>im</strong> <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Auslandsbeziehungen<br />

online zu bestellen; ifa-Dokumente; 1/2005).<br />

Online-Quellen<br />

Bureau International de l’Édition Française, <strong>Deutsch</strong>-Französischen-Jugendwerk, Frankfurter Buchmesse<br />

(2011): „Georges-Arthur Goldschmidt-Programm“,<br />

http://www.bief.org/fichiers/operation/3522/media/7663/Brochure%20Goldschmidt%20BAT<br />

%20pour%20site.pdf (Zugriff am 14.06.2012).<br />

<strong>Deutsch</strong>e Kultur International: „Stiftung Genshagen“, http://www.deutsche-kulturinternational.de/de/org/organisationen/stiftung-genshagen.html<br />

(Zugriff am 15.06.2012).<br />

<strong>Deutsch</strong>landradio Kultur (8.12.2011): „Solche Preise sind sehr hilfreich. Der Schriftsteller Thomas<br />

Melle über den Franz-Hessel-Preis und seine Bedeutung“,<br />

www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1623976/ (Zugriff am 02.06.2012).<br />

Die Bundesregierung: „Der Franz Hessel-Preis“, www.bundesregierung.de/.../12/2010-12-10-franzhessel-preis.html<br />

(Zugriff am 06.06.2012).<br />

Goethe-<strong>Institut</strong>: „Souffle“, http://www.souffle.asso.fr/de/grands-litterature.htm (Zugriff am<br />

19.06.2012).<br />

Goethe <strong>Institut</strong>: „Bibliothekspartnerschaften“, http://www.goethe.de/ins/fr/lp/wis/bib/bps/deindex.htm<br />

(Zugriff am 03.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> Francais Berlin: „Lesung Franz-Hessel-Preis“, http://www.institutfrancais.de/berlin/termine-<br />

610/termine-1659/buch-629/lesung-franz-hessel-preis,19284.html (Zugriff am 06.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> Français: „Prix de lycéens allemands“, http://www.institutfrancais.de/prixdeslyceens/?lang=de<br />

Zugriff am 18.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> Français: http://www.institutfrancais.de/2-2-Projets-federaux (Zugriff am 18..06.2012).<br />

Kulturpreise: „Franz-Hessel-Preis“,<br />

http://www.kulturpreise.de/web/preise_info.php?cPath=6_102&preisd_id=20276 (Zugriff am<br />

06.06.2012).<br />

Marcus Malte „Garden of love“ Coverabbildung: http://www.renaudbray.com/ImagesEditeurs/PG/1093/1093103-gf.jpg<br />

(Zugriff am 19.09.2012).<br />

Nordwest-Zeitung NWZ Online (26.01.2012): „Der Favorit wird zweisprachig verteidigt.“,<br />

http://www.nwzonline.de/Region/Kreis/Ammerland/Bad_Zwischenahn/Artikel/2788097/Favor<br />

it-wird-zweisprachig-verteidigt.html (Zugriff am 18.06.2012).<br />

Pages de France: „Die Welt der französischen Literatur“, http://www.pagesdefrance.de/websale7/Solong,-Luise.htm<br />

shopid=pagesdefrance&act=product&prod_index=95-4254&cat_index=2-<br />

3976 (Zugriff am 18.06.2012).<br />

Praymont (o.J.): „Franz Hessel: Philosophy, lit, etc.“,<br />

http://praymont.blogspot.de/2011/10/one-of-interesting-characters-from.html (Zugriff am<br />

18.06.2012).<br />

Rowohlt Verlag: „Thomas Melle: Sickster“, http://www.rowohlt.de/fm/131/Melle_Sickster.pdf (Zugriff<br />

am 22.06.2012).<br />

35


36<br />

Stiftung Genshagen: http://www.stiftunggenshagen.de/baseportal/maintemplate_neu?lang=dt&i=0&include=anzeigeinhalte_neu(Zugriff<br />

am 02.06.2012).<br />

Theaterfestival Perspectives: Perspectives http://www.festival-perspectives.de/ (Zugriff am<br />

06.06.2012).<br />

Zeitung Universität Osnabrück http://www2.uni-osnabrueck.de/pressestelle/zeitung/Ausgabe97-<br />

6/Ehre.html (Zugriff am 14.06.2012).


Felek Akman<br />

Die Kunst des deutsch-französischen Kunstaustauschs<br />

1. Einleitung<br />

Im kommenden Jahr 2013 jährt sich die Unterzeichnung des <strong>Deutsch</strong>-Französischen Freundschaftsvertrag<br />

oder auch unter dem Titel Élysée-Vertrag bekannt, welcher am 22. Januar 1963 von Charles<br />

de Gaulle und Konrad Adenauer unterzeichnet wurde, zum 50. Mal. Der Vertragsabschluss bekräftigte<br />

maßgeblich die Absicht beider Länder den deutsch-französischen <strong>Austausch</strong> und die Zusammenarbeit<br />

auf den verschiedenen Ebenen wie Politik, Wirtschaft, Bildung aber auch in der Gesellschaft, Kultur<br />

bis hin zur Kunst, die allerdings <strong>im</strong> Vertrag nicht explizit erwähnt wurde, stetig zu fördern.<br />

Dieser Artikel wird sich auf den Bereich der Kunst konzentrieren und folgenden Fragestellungen<br />

nachgehen: Gibt es Organisationen oder Gruppen, die den künstlerischen <strong>Austausch</strong> zwischen Frankreich<br />

und <strong>Deutsch</strong>land fördern? Gibt es gegenseitige Ausstellungsmöglichkeiten und welche Künstler<br />

unterstützen diese? Ist die Zivilgesellschaft ernsthaft an diesem <strong>Austausch</strong> interessiert und sind es eher<br />

die Franzosen oder doch die <strong>Deutsch</strong>en, die den ihn fördern? Und wie verhält es sich mit der Jugend in<br />

Bezug auf das Interesse an Kunst <strong>im</strong> interkulturellen <strong>Austausch</strong>? Und schließlich ist auch zu klären,<br />

wie die Beziehung zu bewerten ist und ob es mögliche Verbesserungsvorschläge geben könnte.<br />

2.1 Engagierte Organisationen und <strong>Institut</strong>e<br />

Künstlerinnen und Künstler sind wahrscheinlich nicht die ersten Akteure, an die man denkt, wenn man<br />

sich mit so einem wichtigen <strong>Austausch</strong>, wie dem zwischen Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land auseinandersetzt.<br />

Doch lässt sich durchaus sagen, dass gerade die Künstler und die mit Kunst befassten <strong>Institut</strong>ionen<br />

in den letzten Jahren einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, den interkulturellen Dialog<br />

zwischen Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land aufrechtzuerhalten und weiter zu fördern.<br />

So gibt es beispielsweise ein Künstlerprogramm des <strong>Deutsch</strong>-Französischen Jugendwerks (DFJW),<br />

das jungen Kunstinteressierten einen Einblick ins Nachbarland ermöglicht. Sie lernen die Sprache und<br />

Kultur Frankreichs kennen und haben gleichzeitig die Möglichkeit erste Berufserfahrungen zu sammeln.<br />

Voraussetzung ist ein Alter von unter 30 Jahren.<br />

Auch der <strong>Deutsch</strong>-Französische Kulturrat (DFKR) ermöglicht durch die Vergabe sechsmonatiger<br />

Stipendien ähnliche Erfahrungen zu sammeln. Dabei nehmen verschiedenste Künstler sowohl aus den<br />

darstellenden als auch aus den bildenden Künsten, die Gelegenheit wahr, in Kultureinrichtungen beider<br />

Länder erste Eindrücke zu gewinnen. Außerdem unterstützt das DFKR den <strong>Austausch</strong> junger<br />

<strong>Deutsch</strong>er und Franzosen, aber auch Luxemburger mit der 2004 gegründeten deutsch-französischluxemburgischen<br />

Jugendzeitung Extra, die bereits eine Millionen Leser erreicht. 1<br />

Ebenso wie der DFKR vergibt der <strong>Deutsch</strong>e Akademische <strong>Austausch</strong>dienst (DAAD) Stipendien an<br />

junge französische Künstler und Architekten, um Erfahrungen an deutschen Kunst- und Musikhochschulen<br />

zu sammeln. Außerdem ist es gleichzeitig eine Anlaufstelle <strong>für</strong> Künstler aus aller Welt, um<br />

Berlin als künstlerischen Schaffensort kennen zu lernen und um sich mit anderen Künstlern austauschen<br />

zu können.<br />

Auch in Stuttgart ist eine ähnliche <strong>Institut</strong>ion seit 1990 vertreten, und zwar die Stiftung Akademie<br />

Schloss Solitude, die seit ihrem Bestehen 49 Stipendien an französische Künstler vergab, um ihre<br />

Akademie zu besuchen.<br />

1 Weitere Informationenunter: http://www.dfkr.org/veroeffentlichungen/deutsch-franzoesischejugendzeitung-extra.html.<br />

37


38<br />

Das Goethe-<strong>Institut</strong> führt Stipendien-Programme <strong>für</strong> internationale Kulturvermittler durch, bietet Informationsreisen<br />

<strong>für</strong> Journalisten und speziell auf die Besucher zugeschnittene Besucherprogramme<br />

an.<br />

Auf <strong>französischer</strong> Seite bemüht sich die École nationale supérieure des beaux-arts, interessierte deutsche<br />

Künstler <strong>für</strong> ihre Hochschulen zu begeistern.<br />

Zwischen dem Musée d'Orsay und den Staatlichen Museen Berlin-Stiftung Preußischer Kulturbesitz<br />

und der Alten Nationalgalerie herrscht ein reger Gemäldeaustausch. Weitere Museen, die diesem<br />

Trend folgen, sind die Réunion des Musées Nationaux und die Staatlichen Museen zu Berlin oder auch<br />

die Musées en Haute Normandie und der Museumsverband <strong>für</strong> Niedersachsen und Bremen e.V.<br />

Das DFJW organisiert gemeinsam mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land<br />

(Bonn), der Direktion des Musée de France (Paris) und dem Royal de l'Armée et d'Histoire Millitaire<br />

<strong>Austausch</strong>programme <strong>für</strong> erfahrene, wissenschaftliche Volontäre aus <strong>Deutsch</strong>land und seinen Nachbarländern<br />

Belgien und Frankreich, es vergibt aber auch Stipendien. Darüber hinaus unterstützt das<br />

DFJW Projekte junger Berufstätiger sowie von Amateuren aus dem Bereich Kunst und Kultur, wie<br />

beispielsweise das deutsch-französische forum junger kunst (forum franco-allemand des jeunes artistes),<br />

welches 1987 gegründet wurde:<br />

„Ziel war und ist eine Intensivierung der kulturellen Kooperation zwischen <strong>Deutsch</strong>land<br />

und Frankreich. Die verschiedenen Ateliers dienen der gegenseitigen Inspiration und<br />

ermöglichen den jungen Künstlern beider Länder den künstlerischen Ausdruck des<br />

Nachbarn kennenzulernen und wertzuschätzen.“ 2<br />

Das forum befindet sich seit 20 Jahren in Bayreuth und zwar <strong>im</strong> Zentrum, einem internationalen Jugendkulturzentrum,<br />

welches regelmäßig Events <strong>im</strong> Bereich Musik, Theater und ähnlichem einen<br />

Raum bietet. 3 Die jungen Künstler zwischen 18 und 30 Jahren nehmen <strong>für</strong> zehn Tage an Ateliers oder<br />

Projektgruppen von max<strong>im</strong>al 20 Personen teil, in welchen sie von erfahrenen renommierten Künstlern<br />

betreut werden. So fanden bereits 150 deutsch-französische Projekte statt, in denen <strong>im</strong>mer neue Kunstformen<br />

erlernt und ausprobiert wurden. Als Ausdruck ihrer Annäherung an das Nachbarland und zur<br />

Förderung des interkulturellen Dialogs <strong>im</strong> Kontext der Kunst führt das Musiktheater-Atelier jedes Jahr<br />

eine Aufführung mit bis zu 100 TeilnehmerInnen auf. 4 Es entstanden sogar schon CDs und Fernsehaufnahmen<br />

wie zum Beispiel Cinderella, Hänsel und Gretel oder Der Bürger als Edelmann. 5<br />

Speziell <strong>im</strong> Bereich der bildenden Kunst werden Comic-Workshops angeboten: Sie befassen sich mit<br />

der Entwicklung von Storyboards, bieten theatrale Improvisationsübungen an, die das Geschichten<br />

erzählen sowie die genaue Wahrnehmung von M<strong>im</strong>ik und Gestik der Figuren verbessern helfen sollen.<br />

Die Workshops werden von Berlinern Künstler wie mawil (Comiczeichner) und KLUB7 unterstützt. 6<br />

2.2 <strong>Deutsch</strong>land als Kunstmetropole wird <strong>im</strong>mer populärer bei den Franzosen<br />

Vor allem Berlin ist in den letzten Jahren als Kunstmetropole <strong>im</strong>mer beliebter geworden, nicht nur,<br />

aber auch wegen der günstigen Lebenshaltungskosten. Zahlreiche französische Künstler wie Valérie<br />

Favre, Sopie Calle, Bernard Frize oder Mathieu Mercier schätzen die Großstadt, die dank des DAAD<br />

bereits Besucher wie Pierre Huyghe, Anri Sala, Paola Yacoub und Michel Lasserre empfangen konnte.<br />

2 http://www.dfjw.org/kultur-vermitteln.<br />

3 Für weiter Informationen zu den Veranstaltungen, s.: http://www.das-zentrum.de/index.php/<br />

VERANSTALTUNGEN.html.<br />

4 http://www.dfjw.org/kultur-vermitteln.<br />

5 Aktuelle Veranstaltungen s.: http://www.forum-forum.org/workshops.html.<br />

6 Aktuelle Veranstaltungen <strong>im</strong> Rahmen der Bildenden Kunst s.: http://www.forum-forum.org/bildende-<br />

kunst.html.


Zurzeit stellt der bekannte französische Maler Emmanuel Bornstein, ein ehemaliger Student der bereits<br />

erwähnten École nationale supérieure des beaux-arts und der Universität der Künste Berlin, seine<br />

Werke <strong>im</strong> <strong>Institut</strong> français in Dresden aus. Er gilt als Vorzeigekünstler, der sich in seinem künstlerischen<br />

Schaffensprozess von der Geschichte und Mythologie <strong>Deutsch</strong>lands inspirieren lässt und bereits<br />

Ausstellungen in Paris, Toulouse, Leipzig, Köln, Berlin und Ottawa hatte und somit (nicht nur)<br />

den künstlerischen <strong>Austausch</strong> auf europäischer Basis deutlich unterstützt. 7<br />

Es sind berühmte Künstler wie Arman, Yves Klein und Robert Filou, die seit 1960 die deutschen Museen<br />

mit ihren Werken bereichern. Später waren es dann auch die Werke François Morreletts, Daniel<br />

Burens und Christian Boltanskis. Aus dem Bereich der zeitgenössischen Kunst lassen sich beispielsweise<br />

Philippe Parreno, Dominique Gonzalez-Foerster und Pierre Huyghe nennen, die ebenfalls in<br />

<strong>Deutsch</strong>land rezipiert und geschätzt werden.<br />

2.2.1 Ausstellungen <strong>französischer</strong> Künstler in <strong>Deutsch</strong>land<br />

Auf der diesjährigen dOCUMENTA 13 in Kassel mit dem Motto: Der Tanz war sehr frenetisch, aufbrüllend,<br />

gerasselt, klingend, verdreht rollend und dauerte (<strong>für</strong>) lange Zeit sind Pierre Huyghe und<br />

beispielsweise auch Claire Plentecost vertreten, die auch schon 2007 hier ausstellten.<br />

Pierre Hughye schmückt die diesjährige dOCUMENTA mit einer Installation der besonderen Art: Ein<br />

Hund (spanischer Podenco) mit einem rosaroten Bein führt die Besucher durch einen Kräutergarten<br />

zur Skulptur einer unbekleideten Frau, deren Gesicht von einem Bienenstock bedeckt wird. Im Garten<br />

befindet sich eine Person, eventuell der Gärtner oder doch ein Penner. Wie <strong>im</strong>mer die Installation von<br />

Huyghes genau zu deuten sein mag, auf alle Fälle verwischt sie bewusst die Ebenen von Leben und<br />

Kunst, von Alltäglichem, scheinbar Natürlichem und künstlerischer Inszenierung. 8<br />

2.2.2 Ausstellungen deutscher Künstler in Frankreich<br />

Zurzeit lässt sich Gerhard Richters Retroperspektive <strong>im</strong> Centre Pompidou (Le Centre National d'art et<br />

de Culture Georges Pompidou) in Paris besichtigen. Die Ausstellung umfasst alle 130 malerischen<br />

Werke des in Frankreich sehr beliebten und geschätzten deutschen Künstlers seit den 60er Jahren. Die<br />

Ausstellung wird außerdem von der Neuen Nationalgalerie in Berlin unterstützt. 9<br />

Die wichtigste Ausstellung in den letzten Jahren war die Rebecca-Horn-Ausstellung in Nîmes (2001)<br />

und die Georg-Baselitz-Ausstellung <strong>im</strong> Musée des Beaux-Arts in Nancy sowie <strong>im</strong> Espace Croix-<br />

Baragnon in Toulouse (2001/2002). 10<br />

7 Die aktuelle Ausstellung lässt sich <strong>im</strong> Zeitraum vom 11.05.-19.07.2012 in Dresden besichtigen. Informationen<br />

folgender Internetquelle entnommen: http://www.institutfrancais.de/dresde/kalender-690/kultur-<br />

1685/Arts-plastiques,696/emmanuel-bornstein-grotesk,19347.html.<br />

8 Die Zeit Online berichtet von Pierre Huyghes Installation: http://www.zeit.de/2012/24/Documenta-<br />

Huyghe.<br />

9 Die Ausstellung ist noch bis zum 24.9.2012 zu besichtigen,<br />

http://www.kunstaspekte.de/index.php?action=termin&tid=76152.<br />

10 Hurtz 2005: 21.<br />

39


40<br />

3. Bewertung<br />

„Kunst und Kultur sowie ihre <strong>Institut</strong>ionen können dazu dienen, die metaphysische<br />

Unbehaustheit des modernen Menschen zu thematisieren und ihn so in ein Verständnis<br />

von Welt und Gesellschaft einzubetten, das über den herkömmlichen und<br />

unbefriedigenden Materialismus hinausgeht. [...] Wir müssen Kunst und Kultur als einen<br />

fundamentalen Wert unseres Lebens betrachten.“ 11<br />

So äußerten sich am 3. März 2012 der Präsident des <strong>Deutsch</strong>-Französischen Kulturrates (Haut-<br />

Conseil Culturel Franco-Allemand), Thomas Ostermeier, unter anderem auch künstlerischer Leiter der<br />

Schaubühne Berlin, und der ehemalige Kultusminister, Jacques Toubon, ganz allgemein zur Thematik<br />

der Kunst. Damit wollten die Sprecher auch die Wichtigkeit des Kunstaustauschs zwischen Frankreich<br />

und <strong>Deutsch</strong>land besonders hervorheben, da ihrer Meinung nach Kunst eine fundamentale Rolle in den<br />

beiden Ländern spielen sollte.<br />

Resümierend lässt sich festhalten, dass ein ständiger <strong>Austausch</strong> auf der Ebene der Kunst zu beobachten<br />

ist. Viele junge Leute werden durch die zahlreichen <strong>Austausch</strong>programme angeregt, sich ihr Nachbarland<br />

anzusehen und gleichzeitig <strong>für</strong> ihre Passion, die Kunst, zu lernen. Das Goethe-<strong>Institut</strong> besitzt<br />

in Paris sogar eine eigene Galerie, wo es jungen und noch unbekannten Künstlern ermöglicht wird,<br />

ihre Werke auszustellen. Diese Kooperation scheint sehr vielversprechend und ermöglicht einigen<br />

jungen Künstlern vielleicht sogar den erfolgreichen Einstieg in die französische Kunstszene.<br />

Es gibt zahlreiche Ausstellungen von Franzosen auf deutscher Seite, aber auch anders herum, die gut<br />

besucht werden. Dabei sind die Franzosen vor allem an der Fotokunst interessiert.<br />

Zwar sieht die Resonanz insofern recht positiv aus, trotzdem sollte man sich weiterhin bemühen, den<br />

Kunstaustausch zu fördern und die notwendigen Mittel und Rahmenbedingung da<strong>für</strong> einzufordern. Die<br />

Kunst ist ein ästhetisches Mittel zur Verständigung zwischen Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land, dieser <strong>für</strong><br />

Europa entscheidenden Länder, und sollte weiterhin attraktiv und lebendig bleiben. Die beiden Staaten<br />

sollten sich ständig nach den Interessen des Partnerlandes erkundigen und gemeinsam neue Ziele und<br />

Herausforderungen definieren. Die Kultur sollte nicht vereinheitlicht werden, ganz <strong>im</strong> Gegenteil, das<br />

würde das Interesse eher mindern, da<strong>für</strong> aber sollte <strong>im</strong> Gegenzug das kulturelle Verständnis umso<br />

intensiver gefördert werden, indem die kulturelle Vielfalt des anderen Landes dargeboten und ständig<br />

<strong>für</strong> diese geworben wird.<br />

Dass das Interesse an einer Aufrechterhaltung des deutsch-französischen Kunstaustauschs nicht stagniert,<br />

zeigt auch das 2012 veröffentlichte Manifest des <strong>Deutsch</strong>-Französische Kulturrates: Der DFKR<br />

möchte in der EU-Kommission eine Diskussion darüber initiieren, ob man einen neuen Status <strong>für</strong> Stiftungen<br />

nach europäischen Recht festlegen sollte, um mehr Aufmerksamkeit auf europäische Stiftungen<br />

zu lenken und so gemeinnützige Aktionen <strong>im</strong> Bereich der Kunst und Kultur zu fördern. Darüber<br />

hinaus fordert der <strong>Deutsch</strong>-Französische Kulturrat die Einführung eines Artikels über Kunst und Kultur<br />

in der europäischen Verfassung. 12<br />

11 Siehe Pressemitteilung vom 1. März 2012: http://www.dfkr.org/veroeffentlichungen.html.<br />

12 Siehe Manifest vom 27. Februar 2012: http://www.dfkr.org/veroeffentlichungen.html.


Literatur<br />

Sekundärliteratur<br />

Hurtz, Nicole: Modell mit Mehrwert. Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen, Bestandsaufnahme<br />

und Empfehlungen. Stuttgart: ifa, 2005, 18-21.<br />

Online-Quellen 13<br />

deutsch-französisches forum junger kunst (2012a): http://www.forum-forum.org/workshops.html.<br />

deutsch-französisches forum junger kunst (2012b): http://www.forum-forum.org/bildende- kunst.html.<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französischer Kulturrat (2012): EXTRA: Ein erfolgreiches grenzüberschreitendes Jugendprojekt.<br />

http://www.dfkr.org/veroeffentlichungen/deutsch-franzoesische-jugendzeitung-extra.html.<br />

Frankfurter Rundschau (2002): Künstlerportäts (51): Bruno Serralongue.<br />

http://www.manifesta.org/manifesta4/de/press/pressm85.html.<br />

Gabler Verlag (Hg.) (2012), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Amsterdamer Vertrag,<br />

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/3299/amsterdamer-vertrag-v7.html.<br />

Gauthier, Jeanne-Marguerite / Gauthier, Hélène (2012): Emmanuel Bornstein: Maskeraden.<br />

http://www.institutfrancais.de/dresde/kalender-690/kultur-1685/Artsplastiques,696/emmanuel-bornstein-grotesk,19347.html.<br />

Lamiral, Annie / Langenfeld, Michael (2012): Kultur vermitteln. http://www.dfjw.org/kulturvermitteln.<br />

Ostermeier, Thomas / Toubon, Jacques (2012): Stellungnahme des <strong>Deutsch</strong>-Französischen Kulturrats<br />

zur aktuellen Situation der Kultur in Europa, http://www.dfkr.org/veroeffentlichungen.html.<br />

Zentrum (2012): http://www.das-zentrum.de/index.php/VERANSTALTUNGEN.html.<br />

13 Für alle Quellen gilt folgendes Datum <strong>für</strong> den letzten Zugriff: 29.06.2012<br />

41


42<br />

Les <strong>Institut</strong>s français – « c’est créer les conditions d’un dialogue »<br />

Interview de M. Loïc Saunders, attaché de coopération pour le français et directeur des cours l’<strong>Institut</strong><br />

français de Brême, menée par Alexandra Dubuc le 29 mai 2012<br />

A. Dubuc: M. Saunders, vous travaillez à l’<strong>Institut</strong> français de Brême comme attaché de coopération<br />

pour le français et directeur des cours. Quelles sont vos motivations pour travailler et pour vous engager<br />

dans le domaine de l’échange culturel entre la France et l’Allemagne ? Et quelles sont vos relations<br />

personnelles à la langue allemande ?<br />

L. Saunders: C’est s<strong>im</strong>ple, ça fait presque vingt ans que je fais ça et pour résumer je peux dire que<br />

c’est toute ma vie. On peut dire que je suis un produit de l’amitié franco-allemande. Dans ma famille,<br />

il y a une longue tradition d’apprentissage de l’allemand. Mon grand-père était écossais et il a rencontré<br />

ma grand-mère qui était française à Vienne, en Autriche, en 1937. J’ai fait de l’allemand à<br />

l’école comme première langue et, comme chez nous, il y a cette d<strong>im</strong>ension écossaise, j’étais toujours<br />

plus attiré par l’Allemagne.<br />

J’ai donc découvert l’Allemagne avec les jumelages (l’échange entre ma ville natale et une ville du<br />

Bade-Wurtemberg). Il se trouve que j’ai passé le baccalauréat l’année où le mur de Berlin est tombé,<br />

en 1989, et je me suis très vite retrouvé à Leipzig, c’était alors encore la Karl Marx Universität : à une<br />

époque où le besoin de français était pour ainsi dire explosif puisque du jour au lendemain on est passé<br />

du russe à l’anglais et bien sûr au français.<br />

J’ai ainsi commencé très jeune à travailler comme assistant et puis, très vite, l’<strong>Institut</strong> français de Rostock<br />

m’a donné des responsabilités d’enseignant et de formateur. Depuis, j’ai fait la moitié de ma carrière<br />

dans un <strong>Institut</strong> français, en partie en Allemagne – et l´autre moitié comme professeur<br />

d´Allemand en France ! Après, du point de vue personnel, j’ai aussi épousé une Allemande et mes<br />

enfants sont binationaux.<br />

A.D.: Quels sont les tâches et les objectifs que les <strong>Institut</strong>s français poursuivent en Allemagne ?<br />

L.S.: Si on veut résumer en deux mots : c’est créer les conditions d’un dialogue. Moi, je suis toujours<br />

un peu dans une logique de réconciliation entre la France et l’Allemagne puisque, comme je vous le<br />

disais, ma famille a été marquée par l’histoire franco-allemande, notamment par la guerre, mais aussi<br />

par la réconciliation mais je crois qu’aujourd’hui on est dans une nouvelle phase de la relation francoallemande.<br />

Je dirais que pendant quarante ans on a réussi à régler les problèmes de la guerre mais,<br />

aujourd’hui, on est en situation de devoir régler les problèmes de la paix. Puisqu’on constate que<br />

l’Allemagne est devenue moins intéressante pour la France et pour les Français, et vice versa : que la<br />

France n’est pas toujours très intéressante pour les Allemands, mais notre travail c’est, à tous les<br />

niveaux, de susciter la curiosité pour la France, de soutenir les centaines d’initiatives de coopération<br />

franco-allemandes et d´en encourager de nouvelles.<br />

Mon domaine, c’est les écoles et le français, mais l´<strong>Institut</strong> français d´Allemagne intervient dans tous<br />

les domaines, par exemple la photographie, le cirque, le cinéma. Il y a besoin de cette structure, de cet<br />

encadrement pour donner un nouveau souffle : nous avons coutume de dire qu’il y a beaucoup<br />

d’arguments rationnels en faveur de l’apprentissage de l’allemand en France, et du français en Allemagne,<br />

mais peut-être l’émotion a-t-elle un peu disparu. Alors que la curiosité, ça relève de l’affectif,<br />

cette d<strong>im</strong>ension affective est un petit peu ternie ces dernières années, enfin depuis une vingtaine


d’années : on constate bizarrement que la chute du Mur de Berlin et la réunification marquent dans les<br />

deux pays le début d’un déclin. Et c’est paradoxal : on n’a pas d’explication. On essaie donc de<br />

chercher d’autres voies pour rendre un petit peu l’émotion et le plaisir de se connaître.<br />

A.D. : Quant à l’histoire des <strong>Institut</strong>s français – pouvez-vous nous dire comment se sont développées<br />

et transformées ces institutions au cours de leur histoire en Allemagne ?<br />

L.S. : Ce qui est <strong>im</strong>portant à savoir c’est que, depuis la Première Guerre mondiale, il y a une volonté<br />

de réconciliation. Même si on remonte avant la Première Guerre mondiale, il y a toujours eu une forte<br />

influence de l’université française sur les intellectuels allemands ou plutôt des intellectuels français sur<br />

l’université allemande et des artistes et des penseurs allemands sur les intellectuels français. Des gens<br />

comme Maurice Barrès, qui sont connus pour être des nationalistes presque sanguinaires, étaient des<br />

adorateurs de l’Allemagne et aussi bien de la musique de Wagner, de la philosophie de Nietzsche, du<br />

kantisme. Bon, lui, il n’est pas politiquement correct, mais quand on pense à quelqu’un comme Romain<br />

Rolland, c’est quelqu’un qui, dès les années 1920, avec Aristide Briand, avec Stresemann, et<br />

bien d´autres, ont défini le projet de coopération franco-allemande, d’amitié franco-allemande.<br />

Le premier <strong>Institut</strong> français en Allemagne (il y a plusieurs chiffres) c’est en 1922. A la base, c’étaient<br />

des structures universitaires, donc de recherche et d’enseignement de la langue. Puis, les <strong>Institut</strong>s français<br />

se sont éloignés des universités, avec pour priorité la coopération culturelle. Aujourd’hui, on est<br />

revenu à un équilibre entre le culturel et le linguistique. Bien sûr, les <strong>Institut</strong>s ont augmenté en nombre<br />

suite à la politique de réconciliation d’après-guerre: on a donc <strong>im</strong>planté partout en Allemagne des <strong>Institut</strong>s.<br />

La première rupture se situe dans les années 1990, quand on a été en nécessité d’ouvrir des<br />

<strong>Institut</strong>s dans les nouveaux Länder (Leipzig, Dresde, Erfurt, Magdebourg, Rostock), on en a dû en<br />

fermer à l’Ouest (dans la région, c’est l’époque de la fermeture de l’<strong>Institut</strong> français à Hanovre).<br />

A.D. : Revenons maintenant à l’<strong>Institut</strong> français de Brême : Dans l’ensemble des objectifs divers, de<br />

quels domaines êtes-vous vous-même responsable et quelles sont vos tâches concrètes ?<br />

L.S. : Je me pose souvent la question (rires).Je suis attaché de coopération pour le français et directeur<br />

des cours. En gros, j’ai deux fonctions. Une qui est locale : à l’<strong>Institut</strong> français de Brême, on donne<br />

des cours de français dont je suis le directeur. Cela signifie organiser un programme de cours cohérent,<br />

innovant ; ainsi que former de façon continue les professeurs, vendre les cours (faire de la publicité et<br />

du marketing) et, de plus en plus, conquérir de nouveaux publics, ce qui est le plus difficile. Notre chef<br />

à Berlin dit : « Votre cible, maintenant, c’est le skateur de 15 à 24 ans. » Il dit cela car on constate<br />

dans les écoles que le français intéresse surtout des filles (qui ne font pas beaucoup de skateboard ?)<br />

mais qui lisent des livres ou qui a<strong>im</strong>ent bien les films avec Fabrice Lucchini... Je dirais que, pour<br />

élargir notre public, il faudrait faire changer l´<strong>im</strong>age que les jeunes ont du français, et c’est très difficile.<br />

En revanche, ce qui marche bien à Brême et partout en Allemagne, c’est le marché des entreprises<br />

: vendre du français dans les entreprises, faire des cours à la carte. Brême est une cité commerçante<br />

depuis toujours et le fait est qu’il y a beaucoup d’entreprises travaillant avec la France.<br />

Par ailleurs, le centre de cours de l´<strong>Institut</strong> français de Brême travaille en étroite collaboration<br />

avec l’Université de Brême, dans le cadre du Fremdsprachzentrum. Le fait est qu’à Brême, le<br />

Fremdsprachzentrum, à sa fondation, a souhaité collaborer avec les trois instituts culturels : le Goethe<br />

<strong>Institut</strong>, l’<strong>Institut</strong>o Cervantès et l’<strong>Institut</strong> Français. Aujourd’hui, tous les étudiants qui font du français,<br />

à part les romanistes, prennent leurs cours de français à l’<strong>Institut</strong>.<br />

Je suis aussi attaché de coopération pour le français. Ma compétence n’est ici pas locale mais régionale,<br />

c’est-à-dire que je suis responsable du Land de Brême et du Land de Basse-Saxe.<br />

43


44<br />

A.D. : Est-ce qu’il y a des programmes particuliers pour les professeurs à l’<strong>Institut</strong> français de<br />

Brême ?<br />

L.S. : Dans ce qu’on appelle la coopération linguistique et éducative pour le français, il y a toujours<br />

deux aspects. En Allemagne, il y a un aspect fédéral : nous proposons les mêmes projets partout en<br />

Allemagne (le DELF, Cinéfête, le Prix des lycéens allemands, etc.). Au niveau régional, il y a des<br />

partenaires et des interlocuteurs qui ont pour fonction d’an<strong>im</strong>er la formation continue des professeurs,<br />

plus particulièrement ce qui relève du Zentralabitur où, tous les ans, on renouvelle un programme très<br />

ambitieux. Nous pouvons intervenir pour aider le professeur à s’approprier le programme. La différence<br />

entre ces deux aspects, c’est qu’au niveau fédéral, ce sont les Français qui proposent et qui cherchent<br />

des partenariats, alors qu’au niveau régional, ce sont les collègues de Brême et de Basse-Saxe<br />

qui y travaillent, et qui peuvent nous demander un soutien ou une contribution.<br />

A.D. : Organisez-vous aussi des échanges au niveau scolaire pour les élèves et les professeurs ?<br />

L.S. : Nous assurons la promotion des programmes de l’O.F.A.J. en faisant des journées<br />

d’informations où nous réunissons les boursiers O.F.A.J. quand ils sont à Brême, c’est ce qu’on peut<br />

aussi appeler un Selbstläufer. Si, à l’inverse, une école a besoin d’un partenaire en France, c’est souvent<br />

difficile de répondre à la demande car je n’ai pas tous les contacts nécessaires.<br />

A.D. : Et puis, ma dernière question portera sur l’état actuel des transferts culturels francoallemands<br />

: Comment jugez-vous cet état actuel ? Et voyez-vous des tendances spécifiques de<br />

changement et développement concernant le futur des échanges franco-allemands ?<br />

L.S. : En Allemagne, c’est tellement riche et dense que c’est difficile de voir des tendances. Ma<br />

spécialité, c´est l´enseignement du français et je constate que les professeurs arrivent bien à associer la<br />

modernité et le renouvellement avec une certaine tradition. Il y a des professeurs de français qui connaissent<br />

mieux que moi la chanson française ou la littérature de jeunesse, parce que ce sont des passionnés.<br />

Ils jouent un rôle de passeur et permettent aux jeunes Allemands d´être exposés à une langue<br />

et à des œuvres vra<strong>im</strong>ent actuels.<br />

En ce qui concerne plus particulièrement l’échange culturel, l´<strong>Institut</strong> français veille à ce que tous les<br />

domaines soient concernés. On peut citer des succès emblématiques, tel celui de Zaz, encore inconnue<br />

quand l´<strong>Institut</strong> l´a invitée en 2010, et qui a aujourd´hui vendu 200 000 albums en Allemagne.<br />

Mais il faut aussi retenir que nombre de projets, de spectacles, de rencontres se produisent en dehors<br />

de la coopération institutionnelle. C´est le signe.d´un intérêt mutuel, de relations vivaces, et c´est surtout<br />

la garantie que « l´amitié franco-allemande » ne soit pas seulement un slogan, mais une réalité<br />

vécue au jour le jour.<br />

A.D. : Je vous remercie pour cet entretien.


<strong>II</strong>. <strong>Deutsch</strong>-<strong>französischer</strong> <strong>Austausch</strong> <strong>im</strong> <strong>Bildungssektor</strong><br />

Alexandra Dubuc, Nina Reinking, Jan-Michael Segna, Tabea Suckut<br />

Französisch und <strong>Deutsch</strong> als Fremdsprache – so viel mehr als Schule<br />

1. Einleitung/Introduction<br />

Im Folgenden möchten wir ein paar Eindrücke der aktuellen schulischen Bildungslandschaft vermitteln.<br />

Wir gehen dabei vom Gegenwartsbefund aus, der zeigt, dass Spanisch <strong>im</strong> Trend liegt und die<br />

Schülerzahlen in Bezug auf das Erlernen von <strong>Deutsch</strong> und Französisch bestenfalls nur stagnieren,<br />

teilweise auch zurückgehen. Wie kann man also SchülerInnen <strong>für</strong> die deutsche bzw. französische<br />

Sprache motivieren und diesem rückläufigem Trend entgegenwirken? Auf der Suche nach Antworten<br />

auf diese Leitfrage, haben wir Möglichkeiten einer neuen Motivation betrachtet und sind auf den<br />

Französischunterricht an Grundschulen näher eingegangen. Danach folgt die Vorstellung des Francemobil,<br />

das ebenfalls <strong>für</strong> neue Motivation sorgen könnte. Im zweiten Teil geht es um aktuelle schulische<br />

<strong>Austausch</strong>programme, DFJW, BILD / GUEZ, Brigitte-Sauzay sowie das Comenius-Projekt. Diese<br />

Programme stellen eine Ergänzung zum Französischunterricht dar und werden daher in dieser Arbeit<br />

erwähnt, um deren Wichtigkeit hervorzuheben. Zum Schluss stellen wir eine Sammlung praktischer<br />

Informationen <strong>für</strong> LehrerInnen vor, um die vielfältigen <strong>Austausch</strong>- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> Lehrkräfte zu präsentieren. Dazu gehört das Jules-Verne-Programm, ein <strong>Austausch</strong>programm <strong>für</strong><br />

Lehrer, sowie Le stage de perfectionnement linguistique, pédagogique et culturel. Als lebendigen Abschluss<br />

bieten wir einen Einblick in die Arbeitswelt einer französischen <strong>Deutsch</strong>lehrerin aus der Picardie<br />

(Frankreich), die zu den genannten Themen Stellung n<strong>im</strong>mt.<br />

Wir hoffen, ihre bisherigen Kenntnisse und Erfahrungen zu deutsch-französischen Beziehungen bereichern<br />

zu können und wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.<br />

2. Die neue Motivation/ La nouvelle motivation<br />

2.1 Französisch-Unterricht <strong>im</strong> Grundschulalter 1<br />

Was in Zentral- und Ostdeutschland noch selten anzutreffen ist, wird in einigen Teilen Westdeutschlands<br />

schon als selbstverständlich angesehen: Der Französisch-Unterricht an Grundschulen. Er hat<br />

viele Erscheinungsformen, ob als gelegentliche Arbeitsgemeinschaft oder als geregelter Fremdsprachenunterricht,<br />

entlang der westlichen Grenze kommen Kinder häufig schon sehr viel früher in Berührung<br />

mit der französischen Sprache 2 .<br />

Nun mag man sich vielleicht fragen, weswegen wird in Nordrhein-Westfahlen, Rheinland-Pfalz und<br />

Baden-Württemberg darauf Wert gelegt und in weiten Teilen <strong>Deutsch</strong>lands nicht? Die gängigste Antwort<br />

wäre wahrscheinlich die geographische Nähe zu Frankreich, von Magdeburg aus ist der Weg<br />

bedeutend weiter als von Baden-Baden. Doch gerade an dem Punkt muss in einem Zeitalter des Vergessens<br />

und des Verdrängens der alten Verbindung und der Freundschaft zu Frankreich angesetzt<br />

werden. Kaum ein Jugendlicher entsinnt sich noch des Elysée-Vertrages und dessen weitreichender<br />

Bedeutung <strong>für</strong> beide Länder. Das Bewusstsein, dass ganz <strong>Deutsch</strong>land ein Partnerland von Frankreich<br />

ist und nicht nur ein Teil, muss gestärkt werden, und damit auch die Erkenntnis, dass gesellschaftliche,<br />

1 Dieser Teil ist von Jan Michael Segna verfasst worden.<br />

2 http://www.ofaj.org/sites/default/files/Weisung-Grenznah<strong>Austausch</strong>2011-2012.pdf, (Zugriffsdatum<br />

26.6.2012).<br />

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46<br />

kulturelle und ideologische Nähe relevanter ist als geographische. Die beste Basis, die <strong>für</strong> ein solches<br />

Ziel gelegt werden kann, ist ein Verständnis der französischen Sprache, ohne die jede weitere Annäherung<br />

nicht fruchten kann.<br />

Die Problematik ist offensichtlich: Weniger und weniger Schülerinnen und Schüler wählen in der<br />

Schule Französisch. Stattdessen wird sehr häufig Spanisch ausgewählt, da diese als Trendsprache und<br />

moderner gilt. Dieser Entwicklung könnte der Französisch-Unterricht an Grundschulen entgegenwirken,<br />

indem er da<strong>für</strong> sorgt, dass die Kinder schon mit dieser Sprache in Berührung kommen, bevor eine<br />

Wahlmöglichkeit besteht. Er zielt somit darauf ab, dass in dem Moment, in dem sich die Kinder und<br />

Jugendlichen zwischen Spanisch und Französisch entscheiden müssen, die französische Sprache zumindest<br />

in Ansätzen schon bekannt ist und daher bevorzugt angewählt wird.<br />

Zu erwähnen ist auch, dass schon umfangreiche Unterrichtsmaterialien vorhanden sind, die sich mit<br />

dem Französisch-Unterricht an Grundschulen befassen. Diese reichen von einfachen Grammatikübungen<br />

über Kennenlernspiele bis hin zu geeigneten Liedern. Der Fokus liegt dabei selbstverständlich auf<br />

altersangemessenem, spielerischem Lernen und unterscheidet sich erheblich von dem Fremdsprachenunterricht<br />

<strong>für</strong> höhere Altersstufen. 3<br />

Eine andere Möglichkeit wäre auch, dass Französisch-AG-System auszubauen. Diese werden in einigen,<br />

auch ostdeutschen Gebieten bereits angeboten, genießen jedoch keine sehr hohe Popularität, da<br />

Eltern oft nicht hinreichend über die Angebote informiert sind, oder von den Kosten, die mit den Arbeitsgemeinschaften<br />

verbunden sein können, abgeschreckt werden. Um dieses Hindernis zu beseitigen,<br />

müsste ein verbesserter Informationsfluss gewährleistet werden und nach Möglichkeiten gesucht<br />

werden, Zuschüsse <strong>für</strong> Französisch-AGs zu bekommen, um deren Kosten zu senken.<br />

Abschließend kann gesagt werden, dass der Französisch-Unterricht an Grundschulen eine große Chance<br />

ist, das Interesse von vielen Kindern und Jugendlichen an dieser Sprache zu wecken – und wo Interesse<br />

an der Sprache ist, ist auch Interesse an dem Land und der Kultur. Natürlich bedarf es noch der<br />

Opt<strong>im</strong>ierung und Abst<strong>im</strong>mung, doch der Grundstein ist in einigen Gebieten <strong>Deutsch</strong>lands längst gelegt,<br />

nun gilt es, diesen auszubauen und auf ganz <strong>Deutsch</strong>land auszudehnen. Diese Zusammarbeit besteht<br />

bisher leider noch nicht, da jedes Bundesland derlei Belange selbstständig organisiert.<br />

3 http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/franz/gs-fr/, (Zugriffsdatum 26.6.2012).


2.2 Das FranceMobil 4<br />

Ein Besuch an der Gesamtschule in Bad Oeynhausen!<br />

Eines Tages <strong>im</strong> Juni 2012 mache ich mich auf den Weg nach Bad Oeynhausen, um dabei zu sein,<br />

wenn Armelle aus Nordfrankreich die Schüler der Gesamtschule <strong>für</strong> Frankreich und Französisch begeistert.<br />

Armelle ist 25 Jahre alt und betreut eines der 12 FranceMobil, die seit 2002 durch verschiedene Regionen<br />

<strong>Deutsch</strong>lands touren, jede Menge französische Literatur, Musik, Spiele, moderne Lernmedien<br />

und Ideen <strong>im</strong> Gepäck. Als ich ankomme, werde ich in den Klassenraum einer 5. Klasse geführt. Dort<br />

hat Armelle bereits mit ihrem Programm begonnen. Sie steht vor den ca. 20 in einem Halbkreis sitzenden<br />

Schülern, die erst nach den Sommerferien Französisch als Fremdsprache wählen können. Es gilt<br />

also, den Schülern die Sprache schmackhaft zu machen, ihnen zu zeigen, dass Französisch gar nicht so<br />

schwer ist, dass sie erste Wörter sogar schon verstehen und sprechen können. Deshalb stellt Armelle<br />

sich am Anfang auf Französisch vor und an<strong>im</strong>iert die Fünftklässler dann, sich selbst auch vorzustellen.<br />

Die nötigen Vokabeln schreibt sie an die Tafel, hier und da korrigiert sie, wenn ein Schüler etwas<br />

falsch ausspricht. In einer zweiten Runde fragt Armelle „Ca va?“ und schreibt mehrere Antwortmöglichkeiten<br />

an die Tafel, die sie dann vorliest. Am Ende der Runde hat jeder Schüler auf Französisch<br />

erzählt, wie es ihm geht.<br />

Hinter sich, an die Tafel, hat Armelle eine große französische Flagge gehängt, daneben eine Landkarte<br />

von Frankreich. Sie zeigt den Schülern, wo genau sie herkommt, nämlich aus einer Kleinstadt nördlich<br />

von Paris, in der Region Picardie. Daraufhin an<strong>im</strong>iert sie die Schüler, von Städten oder Regionen zu<br />

erzählen, die sie in Frankreich kennen, vielleicht aus einem Familienurlaub.<br />

In der 6. Klasse, die Armelle in der darauffolgenden Stunde betreut, zeigt sich, dass die Schüler auch<br />

schon einige Städte in Frankreich kennen und diese teilweise sogar auf der Landkarte zeigen können.<br />

Als nächstes bietet Armelle an, Fragen zu beantworten, woraufhin sich eine Schülerin sofort meldet –<br />

sie habe gehört, dass die Franzosen so fies seien, ob das denn st<strong>im</strong>me. Lachend und kopfschüttelnd<br />

entkräftet Armelle dieses Vorurteil, das ich persönlich zum ersten Mal gehört habe.<br />

4 Dieser Teil ist von Tabea Suckut verfasst worden.<br />

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48<br />

Die Spiele, die Armelle <strong>im</strong> weiteren Verlauf der Stunde mit den unteren Klassen spielt, hat sie auf den<br />

Lernstand der jeweiligen Schüler abgest<strong>im</strong>mt. Doch alle Spiele haben gemeinsam, dass die Klasse in<br />

zwei Gruppen aufgeteilt wird, die gegeneinander antreten. Man kann sofort den Wettkampfgeist <strong>im</strong><br />

Klassenraum spüren – die Schüler sind motiviert, wollen, dass ihre Gruppe gewinnt und geben sich<br />

deshalb umso mehr Mühe! Armelle hat ein Frankreich-<strong>Deutsch</strong>land-Memory vorbereitet, das sowohl<br />

<strong>für</strong> die 5. als auch <strong>für</strong> die 6. Klasse geeignet ist. Die Memory-Pärchen, die es aufzuspüren gilt, bestehen<br />

<strong>im</strong>mer jeweils aus der typisch französischen und der typisch deutschen Ausprägung eines Phänomens:<br />

Vom Pausengetränk „Orangina vs. Apfelschorle“ (hierzu erklärt Armelle, dass in Frankreich gar<br />

keine Apfelschorle getrunken wird – die Schüler sind sehr erstaunt!), über den Lieblingssnack „Croque<br />

Monsieur vs. Currywurst“. Von bekannten Fußballstars „Franck Ribéry vs. Lukas Podolski“ bis<br />

hin zu den Staatsoberhäuptern. ‚François Hollande‘ sprechen die Schüler der 5. Klasse wie das Land<br />

Holland mit einem Hauchlaut am Anfang des Wortes aus. Armelle sagt: „Hört noch mal genau hin,<br />

wie ich das Wort ausspreche: ‚O-L-L-A-N-D‘. Wo war der Unterschied zu eurer Aussprache?“<br />

Später <strong>im</strong> Gespräch erzählt mir Armelle, dass sie mit dem FranceMobil auch viele Grundschulen ansteuert.<br />

Ein Spiel, das speziell auf Grundschüler zugeschnitten ist, das sie aber auch mit der 5. Klasse<br />

spielt, in der ich hospitiere, ist das „Rate mal, welches Wort!“-Spiel. Armelle liest verschiedene mots<br />

transparents (Wörter, bei denen sich die Aussprache <strong>im</strong> Frz. und <strong>im</strong> Dt. sehr stark ähnelt) auf Französisch<br />

vor und die Gruppe, die zuerst das richtige Wort auf <strong>Deutsch</strong> nennt, erhält einen Punkt. Dabei<br />

geht Armelle von leicht (une planète) nach schwer (un papier) vor. Den Schülern macht das Ratespiel<br />

sichtlich Spaß und sie zögern nicht, ihre Antworten zu nennen.Ein Spiel, das sich gut <strong>für</strong> die 6. oder<br />

auch <strong>für</strong> die 7. Klasse eignet, da es mindestens ein paar Monate französischen Spracherwerbs voraussetzt,<br />

funktioniert folgendermaßen: Armelle schreibt das französische Alphabet an die Tafel (einmal<br />

links außen und einmal rechts außen) und buchstabiert es zunächst mit den Schülern gemeinsam. Dann<br />

bekommen beide Gruppen die Aufgabe, jeweils auf ihrer Tafelseite hinter jeden Buchstaben eine<br />

ihnen bekannte französische Vokabel zu schreiben. Armelle kontrolliert anschließend, ob die Wörter<br />

richtig geschrieben sind. Für jede fehlerfrei geschriebene Vokabel erhält die jeweilige Gruppe einen<br />

Punkt. Während der kreativen Schreibphase stellen die Schüler ein bisschen verdutzt fest, dass sie gar<br />

kein französisches Wort kennen, das mit ‚k‘ beginnt. Sie fragen ihren Lehrer, ob das mit rechten Dingen<br />

zugehe. Der schmunzelt, überlegt kurz und erklärt dann, dass es wirklich so gut wie kein Wort <strong>im</strong><br />

Französischen gibt, das mit einem ‚k‘ beginnt, da der ‚k‘-Laut <strong>im</strong> Französischen durch das ‚c‘ abgebildet<br />

wird.<br />

Die beiden Französich-Lehrer, mit denen ich ins Gespräch komme, wirken sehr erfreut über den Besuch<br />

des FranceMobils und die Art und Weise, wie Armelle mit den Schülern arbeitet. Die Lehrerin,<br />

die das FranceMobil an die Schule eingeladen hat (denn es kommt nicht automatisch zu jeder Schule,<br />

an der Französisch unterrichtet wird), beteuert, sie habe alles da<strong>für</strong> getan, dass das FranceMobil ihre<br />

Schule besucht und werde es auch in den kommenden Jahren wieder einladen. Über das <strong>Institut</strong><br />

Français habe sie vom FranceMobil erfahren. Ich frage Armelle, wie sie darauf gekommen ist, sich<br />

um einen Job be<strong>im</strong> Programm FranceMobil zu bewerben. Sie erzählt mir daraufhin, sie habe zunächst<br />

Wirtschaft, <strong>Deutsch</strong> und Englisch in Marseille studiert, sei aber nach dem Studium mit ihrem <strong>Deutsch</strong><br />

nicht zufrieden gewesen. Also habe sie zuerst acht Monate lang eine Fremdsprachenassistenz in<br />

<strong>Deutsch</strong>land gemacht. Nach weiteren Praktika in Stuttgart und Köln, habe sie das Programm France-<br />

Mobil entdeckt und sei nun schon beinahe am Ende der 12 Arbeitsmonate angelangt, was sie sehr bedaure,<br />

da ihr die Arbeit mit den Schülern unglaublich viel Spaß mache. Sie sei gemeinsam mit einer<br />

anderen Französin <strong>für</strong> den Bereich Nordrhein-Westfalen zuständig, wohne zurzeit in Düsseldorf und


steuere von da aus ca. 3 Schulen pro Woche an, darunter auch einige Grundschulen. Sie habe den<br />

Lehrerjob <strong>für</strong> sich entdeckt und versuche nun, als Quereinsteigerin <strong>im</strong> deutschen Schulwesen anzufangen.<br />

Für Muttersprachler gebe es da gute Chancen, berichtet Armelle, und eine Freundin von ihr habe<br />

es schon geschafft.<br />

Die Schüler sind sichtlich begeistert von Armelle, die ganz souverän und sympathisch die Stunden<br />

gestaltet und sicherlich dem einen oder anderen Schüler die Angst vor der Fremdsprache n<strong>im</strong>mt und<br />

auf ganz natürliche Art und Weise <strong>für</strong> ihr Land und ihre Sprache begeistert. Sie redet mit den Schülern<br />

eine Mischung aus <strong>Deutsch</strong> und Französisch, versucht so viel wie möglich auch auf Französisch zu<br />

erklären und dabei mit M<strong>im</strong>ik und Gestik zu verdeutlichen, was sie meint. Gymnasiasten über<br />

deutsch-französische Lehrangebote an den Universitäten zu informieren, genauso wie über die Möglichkeiten<br />

eines Hochschulstudiums in Frankreich, Stipendien und Praktika, gehört auch zu Armelles<br />

Aufgaben. Es gilt dabei auch, den Schülern aufzuzeigen, was <strong>für</strong> große Vorteile die Beherrschung der<br />

französischen Sprache in der Arbeitswelt mit sich bringt.<br />

Das Programm FranceMobil, das vor kurzem in Berlin sein 10-jähriges Bestehen gefeiert hat, wird<br />

von der französischen Botschaft, der Robert-Bosch-Stiftung und dem <strong>Institut</strong> Français unterstützt. Ein<br />

deutsches Pendant in Frankreich gibt es übrigens auch, das <strong>Deutsch</strong>-Mobil.<br />

Alle weiteren Informationen (auch zu Bewerbungsmöglichkeiten) findet man auf den Seiten<br />

http://www.institutfrancais.de/francemobil/ und http://www.deutschmobil.fr/ .<br />

3. Aktuelle <strong>Austausch</strong>programme/ Les programmes actuels d’échange scolaire<br />

3.1 OFAJ/DFJW und BILD/GUEZ<br />

L’Office Franco-Allemand de la Jeunesse, ou <strong>Deutsch</strong>-Französische Jungendwerk, est une organisation<br />

créée en 1963 par le Traité de l’Elysée, conclu entre Konrad Adenauer, au nom de la République<br />

Fédérale d’Allemagne et le Général de Gaulle, au nom de la République Française. Basée à Paris et à<br />

Berlin, l’organisation a pour but d’encourager et de renforcer les liens franco-allemands auprès des<br />

jeunes en soutenant les projets et échanges scolaires, universitaires, professionnels ainsi que des jumelages,<br />

stages, rencontres culturelles et linguistiques.<br />

L’OFAJ – DFJW est financée à part égale par l’Etat allemand et l’Etat français. En 2011, le montant<br />

des aides gouvernementales accordées à l’organisation s’élevait à 20,8 millions d’euros.<br />

Plusieurs programmes sont organisés pour les élèves de Grund- Haupt- et Realschule, de Gymnasium<br />

(élèves du pr<strong>im</strong>aire et du secondaire), pour les étudiants ainsi que pour des jeunes avec ou sans<br />

emploi. D’autres programmes sont également destinés aux an<strong>im</strong>ateurs, enseignants, etc. Il y a la possibilité,<br />

par exemple, d’effectuer un séjour à l’école ou à l’université dans le pays partenaire, de prendre<br />

des cours de langue ou de perfectionnement, de participer à des activités sportives, artistiques, cul-<br />

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50<br />

turelles etc. ou de suivre une formation pour pouvoir, par la suite, encadrer des rencontres francoallemandes.<br />

La plupart du temps, ces programmes se déroulent en Allemagne ou en France, mais ils peuvent<br />

également avoir lieu dans d’autres pays comme en Europe de l’Est, du Sud-est et dans le monde méditerranéen.<br />

Pour plus d’informations, vous pouvez consulter le site de L’OFAJ – DFJW aux adresses suivantes:<br />

http://www.dfjw.org/ (de) ou http://www.ofaj.org/(fr)<br />

Le Bureau International de Liaison et de Documentation, basé à Paris, et son association-sœur, la Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> übernationale Zusammenarbeit, basée à Bonn, sont le résultat d’un désir de rapprochement<br />

et de réconciliation entre la France et l’Allemagne après la guerre de 1945 ainsi que d’une volonté<br />

de réaliser une unité européenne.<br />

Ainsi, les deux associations proposent aux adolescents allemands et français âgés de 10 à 18 ans des<br />

rencontres interculturelles dans les deux pays ; pour les jeunes de 18 à 27 ans, des séminaires portant<br />

sur des thèmes de sociétés franco-allemands. Des formations d’an<strong>im</strong>ateurs et d’an<strong>im</strong>ateurs-interprètes,<br />

des conférences-débats, des colloques ainsi que la publication d’une revue Dokumente/ Document sont<br />

également proposés.<br />

Le BILD – GÜZ travaille en étroite collaboration avec l’OFAJ – DFJW et la plupart des programmes<br />

proposés font l’objet d’une aide financière de ce dernier.<br />

La revue Dokumente/ Document bénéficie aussi d’un soutien financier de la part des Ministères des<br />

Affaires Etrangères français et allemand. Elle regroupe des informations sur l’actualité en France et en<br />

Allemagne ainsi que des analyses sur les sujets touchant à l’unité franco-allemande.<br />

Pour plus d’informations, vous pouvez consulter les sites : http://www.guez-dokumente.org/ (de),<br />

http://www.bild-documents.org/ (fr) et http://www.dokumente-documents.info/.<br />

3.2. Brigitte-Sauzay-Programm<br />

Brigitte-Sauzay ist der Name eines <strong>Austausch</strong>programms <strong>für</strong> Schüler der Klassen 8 bis 11, das <strong>im</strong><br />

Rahmen des <strong>Deutsch</strong>-Französischen Jugendwerkes angeboten wird. Es erfreut sich großer Beliebtheit<br />

und hat sich zum Ziel gesetzt, das Verständnis, die Freundschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

der Jugendlichen aus beiden Ländern zu stärken.<br />

Der Aufenthalt <strong>im</strong> jeweiligen Nachbarland beträgt zwei Monate (<strong>für</strong> die 8. Klassen) und drei Monate<br />

(<strong>für</strong> die 9.-11. Klassen) und ist <strong>für</strong> die Franzosen in <strong>Deutsch</strong>land von März bis Mai/Juni und <strong>für</strong> den<br />

Auslandsaufenthalt der <strong>Deutsch</strong>en von September bis November desselben Jahres vorgesehen. Die<br />

<strong>Austausch</strong>schüler verbringen die Zeit erst in der Familie des einen, dann des anderen <strong>Austausch</strong>partners.<br />

Während des Aufenthaltes sind die Gastschüler verpflichtet, sechs aufeinander folgende Wochen<br />

die Schule zu besuchen und, sofern möglich, sich in den Unterricht einzubringen. Dies beinhaltet<br />

ebenso das Mitschreiben von Klausuren, das Anfertigen von Hausaufgaben, wie auch die bloße Anwesenheitspflicht.<br />

Die Bewerbung <strong>für</strong> dieses Programm ist denkbar einfach: Interessenten wenden sich an ihre Französisch-Lehrkräfte,<br />

die diese bei den nötigen Schritten unterstützen und auch bei der Suche nach einem<br />

geeigneten <strong>Austausch</strong>partner behilflich sein können. Dabei gibt es natürlich auch die Möglichkeit, sich<br />

persönlich um einen Partner zu kümmern, häufig läuft die Suche jedoch über die Landesschulbehörde<br />

und die <strong>Institut</strong>ionen des Partnerlandes. Ein weiterer Vorteil dieser Organisation ist auch deren recht<br />

geringer Kostenaufwand, da die Aufenthaltskosten <strong>im</strong> Partnerland aufgrund der Beherbergung des<br />

<strong>Austausch</strong>schülers <strong>im</strong> eigenen Land gänzlich entfallen. Auch gibt es die Möglichkeit, einen Antrag<br />

be<strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>-Französischen-Jugendwerkes auf Fahrtkostenerstattung zu stellen.


Ein großes Problem in Bezug auf dieses <strong>Austausch</strong>programm ist jedoch, dass es nach wie vor nicht<br />

ausreichend bekannt ist. So kommt es <strong>im</strong>mer wieder vor, dass viele potenziell Interessente von dieser<br />

Möglichkeit gar nicht erfahren und ihnen diese Chance dementsprechend verwehrt bleibt. Um diesem<br />

Problem entgegenzuwirken, muss bei den Lehrkräften angesetzt werden, die ihre Schüler und Schülerinnen<br />

über diese Möglichkeit in Kenntnis setzen und bei der etwaigen Organisation begleiten sollten.<br />

Die zentrale Rolle der Lehrkräfte als Vermittler <strong>für</strong> dieses interkulturelle <strong>Austausch</strong>programm wird<br />

offensichtlich, wenn man sich die obligatorischen Erfahrungsberichte der ehemaligen <strong>Austausch</strong>teilnehmer<br />

durchliest. Im ersten Satz wird fast grundsätzlich erwähnt, dass die Schüler von ihren Lehrkräften<br />

auf „Brigitte Sauzay“ aufmerksam gemacht wurden.<br />

Für nähere Informationen besuchen sie bitte die Homepage des Brigitte-Sauzay- <strong>Austausch</strong>programmes:<br />

http://www.dfjw.org/brigitte-sauzay-programm.<br />

3.3 Das Comenius-Projekt/ Le projet Comenius 5<br />

Um eine Zeit <strong>im</strong> Ausland zu verbringen, bieten sich <strong>für</strong> Schülerinnen und Schüler zahlreiche Möglichkeiten.<br />

Dazu gehört auch das <strong>Austausch</strong>programm Comenius, benannt nach dem Philosophen,<br />

Theologen und Pädagogen Johann Amos Comenius (1592-1670), der mit seinem Denken <strong>für</strong> Freiheit<br />

und Erfahrung mit fremden Ländern und Kulturen steht.<br />

Welche spezifischen Ziele verfolgt nun also das Comenius-Programm? Durch die verschiedenen, am<br />

<strong>Austausch</strong> beteiligten Mitgliedsländer wird es Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften ermöglicht,<br />

auf unkomplizierte Art und Weise Partnerschaften zwischen Schulen aufzubauen und zu intensivieren<br />

und eine gewisse Zeit <strong>im</strong> Ausland zu verbringen, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten.<br />

Dadurch entsteht eine Förderung des Fremdsprachenlernens vor Ort sowie ein Erlernen neuer Methoden.<br />

Lehrer/innen und Schüler/innen tragen somit zur europäischen Zusammenarbeit bei.<br />

An dieser Stelle ist es mir wichtig, meine eigenen Erfahrungen mit diesem Programm vorzustellen.<br />

Als Schülerin in der elften Klasse am Gymnasium Graf-Friedrich Schule in Diepholz (Niedersachsen)<br />

habe ich in den Jahren 2005/2006 aktiv an einem Comenius-Projekt teilgenommen. Es waren Gymnasien<br />

aus Frankreich, Italien, Griechenland und Tschechien beteiligt. Für alle Schulen und deren beteiligten<br />

Schüler/innen und Lehrer/innen gab es ein zentrales Thema, zu dem während der gemeinsamen<br />

Besuche, aber auch während des Jahres fächerübergreifend gearbeitet wurde. In jedem Jahr wurde eine<br />

Schule als organisierende Instanz ausgewählt. Dabei suchten alle Beteiligten Themen aus und organisierten<br />

die <strong>Austausch</strong>aufenthalte der befreundeten Schüler/innen und Lehrer/innen aus dem Ausland.<br />

So geschah es, dass sich <strong>im</strong> März 2006 alle Beteiligten aus Frankreich, Italien, Tschechien und Griechenland<br />

in Diepholz trafen und zu einem Thema eine Woche lang arbeiteten. Außerdem wurden viele<br />

Fahrten unternommen, z.B. nach Hamburg und Bremen, um das Land und dessen Vorzüge zu präsentieren.<br />

In einem Gegenbesuch hatte ich die Chance, <strong>für</strong> zehn Tage nach Italien zu reisen. Ich habe<br />

noch heute Kontakt zu meiner <strong>Austausch</strong>partnerin. Dieses Projekt bietet die Möglichkeit auch mit<br />

Ländern, deren Sprache man nicht spricht, in Kontakt zu treten. Wir verständigten uns auf Englisch.<br />

Abschließend kann ich dazu sagen, dass ich durch dieses <strong>Austausch</strong>programm Erfahrungen sammeln<br />

konnte, die ich niemals missen möchte, und ich kann deshalb nur jedem/jeder empfehlen, an diesem<br />

attraktiven <strong>Austausch</strong>programm teilzunehmen.<br />

Informationen zu diesem Programm bietet der Internetauftritt der Kultusministerkonferenz:<br />

http://www.kmk-pad.org/programme/comenius.html#c5021.<br />

5 Dieser Teil ist von Nina Reinking verfasst worden.<br />

51


52<br />

4. Praktische Informationen <strong>für</strong> Lehrer/ Informations pratiques pour les enseignants<br />

4.1 Jules Verne – ein <strong>Austausch</strong>programm <strong>für</strong> Lehrer/ Un programme d’échange pour les<br />

enseignants<br />

Dieses <strong>Austausch</strong>programm richtet sich an französische Fremdsprachenlehrer/innen in ihrem He<strong>im</strong>atland,<br />

die mit dem <strong>Austausch</strong>programm Jules Verne die Möglichkeit haben, <strong>für</strong> ein Jahr in <strong>Deutsch</strong>land<br />

zu unterrichten und somit persönliche Kontakte zu knüpfen, sowie Freund- und Partnerschaften zwischen<br />

Schulen aufzubauen.<br />

Zu den Zielen des <strong>Austausch</strong>programms gehört die Verbesserung der <strong>Deutsch</strong>kenntnisse, die Verbesserung<br />

der pädagogischen Qualifikation durch das Kennenlernen anderer Konzepte und Methoden<br />

sowie die Anbahnung und Vorbereitung eines <strong>Austausch</strong>projektes zwischen den beteiligten Schulen.<br />

Teilnehmen können Lehrkräfte aller Schulformen und Fächer der Pr<strong>im</strong>är- sowie Sekundärstufe an<br />

öffentlichen Schulen, vorausgesetzt werden hier<strong>für</strong> jedoch gute <strong>Deutsch</strong>kenntnisse auf dem Niveau B2<br />

des europäischen Referenzrahmens. Eine Lehrkraft, die sich <strong>für</strong> die Teilnahme an dem Programm<br />

entscheidet, wirkt dann als Französischlehrer/in oder in anderen Fächern, die unterrichtet werden können<br />

oder wollen, mit und gestaltet somit einen Teil des Schullebens. Außerdem können weitere pädagogische<br />

Projekte durchgeführt werden. Dieses Mobilitätsprogramm wird zwischen den französischen<br />

Regionen und den deutschen Bundesländern organisiert.<br />

Um jedoch eine Basis <strong>für</strong> dieses Programm zu schaffen, muss es genügend deutsche Schulen geben,<br />

die sich zur Verfügung stellen und bereit sind, ausländische Lehrkräfte aufzunehmen und ihnen bei<br />

den ersten Schritten und der Eingewöhnung sowie der weiteren Arbeit <strong>im</strong> Ausland betreuend zur Seite<br />

zu stehen. Für dieses Programm können sich interessierte Schulen bewerben und somit am europäischen<br />

<strong>Austausch</strong> teilnehmen, um auf diese Weise interessante und kulturell sehr bereichernde Beziehungen<br />

zu knüpfen.<br />

Ist Ihre Schule interessiert? Informieren Sie sich unter: http://bildungsserver.berlinbrandenburg.de/jules_verne.html<br />

oder auf <strong>französischer</strong> Seite:<br />

http://www.education.gouv.fr/cid50124/le-programme-de-mobilite-internationale-jules-verne-pourles-enseignants.html.<br />

4.2 Le stage de perfectionnement linguistique, pédagogique et culturel<br />

Le stage de perfectionnement linguistique, pédagogique et culturel est un stage proposé par le Ministère<br />

français de l’Éducation nationale. Il est destiné aux professeurs d’allemand du pr<strong>im</strong>aire (école<br />

pr<strong>im</strong>aire) et du secondaire (collège et lycée) ainsi qu’aux enseignants d’autres matières en section<br />

européennes. Se déroulant de fin juin à fin août (la durée ainsi que les dates changent chaque année), il<br />

permet aux professeurs de perfectionner leur langue, d’améliorer leurs compétences culturelles et de<br />

découvrir de nouvelles façons d’enseigner et d’évaluer les élèves.<br />

Durant ces stages, les professeurs, alors stagiaires, réfléchissent à l’enseignement de l’histoire allemande<br />

en découvrant une ville puis en considérant les aspects didactiques. Ils doivent également discuter<br />

de la façon d’amener les élèves à travailler à un projet tout en conservant les aspects linguistiques.<br />

On peut aussi leur demander d’analyser un sujet historique, culturel ou langagier d’actualité. Ils<br />

sont amenés à travailler en binôme avec un professeur allemand et sont logés chez l’habitant pendant<br />

toute la durée de leur séjour (http://www.ciep.fr/stageslinguistic/index.php).


5. Interview d’Isabelle Tournache, 40 ans, professeur d’allemand dans un collège d’une petite<br />

ville en Picardie (à environ 150km au nord de Paris) 6<br />

Nous: Bonjour! Tu es professeur d’allemand au collège depuis maintenant quinze ans. Quelle était ta<br />

motivation pour devenir professeur d’allemand?<br />

Isabelle Tournache : Je suis devenue professeur d’allemand car j’a<strong>im</strong>e beaucoup la langue allemande<br />

(c’est ma 1 ère langue vivante et j’ai de la famille en Allemagne) et je voulais enseigner cette langue.<br />

Nous: Tergnier, la petite ville où tu enseignes, est jumelée avec deux villes en Allemagne – Wolfhagen,<br />

près de Kassel et Triptis, près de Jena. Il existe des échanges scolaires avec ces deux villes. Vous avez<br />

fêté le 30ème anniversaire du jumelage avec Wolfhagen l’année dernière. Qu’avez-vous fait pour célébrer<br />

l’évènement?<br />

I. Tournache : Nous avons travaillé sur un projet franco-allemand avec les correspondants. Il<br />

s’agissait de réaliser une publicité franco-allemande à partir d’un produit qui symboliserait le 30 ème<br />

anniversaire de notre amitié. Les élèves français ont travaillé avec leurs correspondants allemands et<br />

ont eu de très bonnes idées ! Certains ont choisi des gâteaux, d’autres un stylo, d’autres un parfum…et<br />

les slogans ont été écrits sur des t-shirts dans les deux langues !<br />

En Allemagne, nous avons continué le projet en demandant aux élèves de rédiger un magazine en<br />

l’honneur du 30 ème anniversaire; les rubriques (historique du jumelage/ présentation des villes partenaires/<br />

interviews d’enseignants et d’élèves ayant participé au jumelage...) ont été distribuées aux tandems<br />

franco-allemands et les élèves ont travaillé à la rédaction du magazine.<br />

Sur le plan officiel, nous avons accueilli une délégation de l’école partenaire allemande et une délégation<br />

de notre collège est venue à Wolfhagen lorsque nous y étions avec les élèves.<br />

Nous: D’après toi, quels sont les objectifs d’un échange scolaire ?<br />

I. Tournache : Combattre les préjugés sur l’autre, découvrir une autre culture, s’ouvrir et devenir un<br />

citoyen européen, progresser en allemand….<br />

Nous: Que penses-tu de l’évolution de l’intérêt pour l’allemand dans ton collège pendant ces quinze<br />

dernières années? Quel en est l’état actuel?<br />

I. Tournache : L’allemand souffre toujours de préjugés, beaucoup d’élèves et de parents pensent que<br />

c’est une langue difficile, pas très jolie à entendre et peu utile sur le marché du travail.<br />

6 Dieser Teil ist von Tabea Suckut verfasst worden.<br />

53


54<br />

Nous: As-tu l’<strong>im</strong>pression que les filles choisissent plus fréquemment l’allemand comme langue<br />

étrangère que les garçons?<br />

I. Tournache : Pas vra<strong>im</strong>ent, j’ai des classes où j’ai parfois plus de garçons….<br />

Nous: Tu es une professeur très engagée car non seulement tu t’occupes des cours d’allemand au<br />

collège, mais tu donnes également des cours dans une école pr<strong>im</strong>aire deux fois par semaine. Que faistu<br />

avec les tout petits?<br />

I. Tournache : Je leur fais découvrir la culture allemande (die Schultüte/ les coutumes de Noël/Pâques/<br />

le Saint Martin/ chants et comptines …) et je leur enseigne la langue allemande à travers<br />

des situations de communication authentiques telles que „faire connaissance“/ „parler de ses<br />

goûts“….<br />

Nous: Chaque année, vers le 21 janvier (date du traité de l’Élysée de 1961), il y a les « semaines franco-allemandes<br />

» au collège. Que se passe-t-il pendant ces semaines au collège et dans la ville de<br />

Tergnier ?<br />

I. Tournache : Je m’efforce à cette période de l’année, en collaboration avec l’assistante allemande,<br />

de faire découvrir l’allemand dans notre collège mais aussi à des personnes extérieures au collège (les<br />

enfants des pr<strong>im</strong>aires, les habitants de Tergnier à la médiathèque….) . Nous accueillons des classes de<br />

pr<strong>im</strong>aire à qui nous proposons des activités linguistiques où ils manipulent des mots anglais et allemands<br />

(famille/ couleurs / saisons…brefs des mots transparents). Il y a aussi des ateliers an<strong>im</strong>és parfois<br />

par mes élèves où les jeunes élèves peuvent apprendre quelques expressions allemandes, par exemple<br />

commander un déjeuner.<br />

Nous proposons aussi des activités aux élèves de 5 ème afin qu’ils découvrent la langue allemande en<br />

s’amusant et la choisissent peut être en 4 ème comme deuxième langue étrangère.<br />

La cantine du collège propose un repas allemand. Il est <strong>im</strong>portant aussi de toucher des personnes extérieures<br />

au collège car l’allemand n’est pas une matière scolaire que l’on ne trouve que dans les livres<br />

mais c’est une langue vivante ! Avec l’assistante, nous proposons donc des lectures publiques, des<br />

chants à la médiathèque …..<br />

Certaines années, nous avons assisté à un opéra en langue allemande comme Die Zauberflöte.<br />

Nous: Tu es non seulement professeur d’allemand, mais aussi coordinatrice pour l’enseignement de<br />

l’allemand en pr<strong>im</strong>aire dans le département de l’Aisne en Picardie. En quoi consiste ton travail à ce<br />

poste?<br />

I. Tournache : Je propose aux enseignants des écoles pr<strong>im</strong>aires des formations pour enseigner la<br />

langue allemande à travers la chanson, le sport ou les arts. Je donne des cours d’allemand aux enseignants<br />

qui désirent se remettre à niveau et passer ensuite un examen pour enseigner l’allemand à leurs<br />

élèves de pr<strong>im</strong>aire. Je donne des conseils aux enseignants pour réaliser leurs cours et les adapter à<br />

l’âge de leurs élèves. Je fais des interventions de quelques heures dans des classes pour faire découvrir<br />

l’allemand.<br />

Nous: Que penses-tu de l’attitude qu’a ta région face à l’Allemagne?<br />

I. Tournache : Les préjugés sont encore très présents, peut-être est ce une conséquence du traumatisme<br />

de la Première guerre mondiale car la Picardie a été très touchée mais je pense que beaucoup de<br />

villes picardes ont des jumelages qui existent depuis longtemps et qui sont le signe d’une forte amitié<br />

entre notre région et l’Allemagne…<br />

Nous: Et quelle <strong>im</strong>pression as-tu de l’état actuel des relations franco-allemandes en général?


I. Tournache : Je pense que sur le plan politique, elles sont très bonnes, le couple franco-allemand<br />

fonctionne bien dans la politique européenne. Mais sur le plan de l’éducation nationale, de mauvais<br />

choix sont faits pour des raisons d’économie ! Apprendre les langues vivantes coûte cher, le gouvernement<br />

préfère se concentrer sur l’enseignement de l’anglais mais oublie de former les enseignants<br />

et oublie que nos élèves doivent maîtriser plusieurs langues pour trouver un travail en Europe !<br />

Nous: Tu as deux enfants qui apprennent tous les deux l’allemand, non seulement à l’école, mais aussi<br />

à la maison, car ton mari est également professeur d’allemand et a des origines allemandes. Vous êtes<br />

donc une famille très germanophile ;-) ! Ton mari et toi, vous connaissez l’Allemagne depuis les assistanats<br />

que vous avez faits en 1993/1994, lui à Dortmund, et toi à Bad Homburg. A<strong>im</strong>eriez-vous<br />

vivre en Allemagne, un jour?<br />

I. Tournache : Oh oui, on y pense de plus en plus !!!!!<br />

Nous: Merci beaucoup pour cet entretien!<br />

I. Tournache : De rien ;-) !<br />

6. Fazit/Conclusion<br />

Es gibt viele interessante Angebote und Möglichkeiten – sie müssen nur entdeckt werden! Da<strong>für</strong> ist es<br />

sehr wichtig, dass Fremdsprachenlehrer <strong>im</strong>mer gut informiert sind und ihre Schüler so kompetent beraten<br />

können. Einerseits sollten die Schulen selbst durch verschiedene <strong>Austausch</strong>programme den interkulturellen<br />

Kontakt ihrer Schüler fördern und eine gute Informationspolitik betreiben. Andererseits<br />

scheitert die aufwendige Organisation solcher Programme und Projekte oft am Zeitmangel, also an der<br />

derzeitigen Stundenbelastung <strong>für</strong> Lehrer. Gerade deshalb ist es enorm wichtig, die globale Vernetzung<br />

sowie die kürzeren und vielfältigeren Kommunikationswege, die opt<strong>im</strong>ale Voraussetzungen <strong>für</strong> eine<br />

weiterhin fruchtbare französisch-deutsche Zusammenarbeit bieten, auch zu nutzen. Ein längerer Brief-<br />

bzw. Email-Kontakt vor dem eigentlichen Besuch der Gastfamilie können gute Vorbereitungen auf<br />

den <strong>Austausch</strong> sein. Das ständige Interesse am Nachbarn ist wichtig, also müssen Situationen geschaffen<br />

werden, die das Interesse der Schüler wecken und fördern. Das Thema Unterschiede/ Gemeinsamkeiten<br />

kann da<strong>für</strong> z.B. ein Ausgangspunkt sein.<br />

Es geht auch darum, gemeinsam in Europa kreativ zu werden und sich gemeinsam mit seinen Nachbarn<br />

in Europa zuhause zu fühlen, Europa mitgestalten zu wollen. Um dies zu fördern, ist gemeinsame,<br />

themenorientierte Projektarbeit zu empfehlen (s. Comenius-Programm). Ebenso wichtig sind Reisen<br />

<strong>im</strong> eigenen Land und in die europäischen Nachbarländer, also auch Frankreich bzw. <strong>Deutsch</strong>land.<br />

Für die Schulzeit ist der Schüleraustausch da<strong>für</strong> der ideale Rahmen, denn über die wertvollen kulturellen<br />

Erfahrungen hinaus, die ein <strong>Austausch</strong> bieten kann, lernen wir durch den direkten Kontakt am<br />

meisten voneinander und von der jeweiligen Fremdsprache!<br />

Literatur<br />

Onlinequellen:<br />

BILD – GÜZ: http://www.bild-documents.org/ (fr), http://www.dokumente-documents.info/, (Zugriffsdatum<br />

22.06.2012).<br />

Bildungsserver des Bundeslandes Berlin-Brandenburg (2012): „Jules-Verne-Programm“,<br />

http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/jules_verne.html (o. auf <strong>französischer</strong> Seite:<br />

55


56<br />

http://www.education.gouv.fr/cid50124/le-programme-de-mobilite-internationale-jules-vernepour-les-enseignants.html),<br />

(Zugriffsdatum: 29.06.2012).<br />

Centre international d’études pédagogiques (2012), „Stages de perfectionnement linguistique, pédagogique<br />

et culturel », http://www.ciep.fr/stageslinguistic/index.php), (Zugriffsdatum<br />

22.06.2012).<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französisches-Jugendwerk: http://www.dfjw.org/ ou http://www.ofaj.org/, (Zugriffsdatum<br />

22.06.2012).<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französisches-Jugendwerk:„Brigitte-Sauzay-Programm“, http://www.dfjw.org/brigittesauzay-programm,<br />

(Zugriffsdatum 22.06.2012).<br />

Fédération des Maisons Franco-Allemandes: „<strong>Deutsch</strong>Mobil“, http://www.deutschmobil.fr/, (Zugriffsdatum:<br />

29.06.2012).<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> übernationale Zusammenarbeit – GÜZ: http://www.guez-dokumente.org/ (de), (Zugriffsdatum:<br />

29.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> français: „FranceMobil“, http://www.institutfrancais.de/francemobil/ (Zugriffsdatum<br />

22.06.2012).<br />

Kultusministerkonferenz, Pädagogischer <strong>Austausch</strong>dienst (2012): „Comenius – das europäische Programm<br />

<strong>für</strong> schulische Bildung“,<br />

(http://www.kmkpad.org/programme/comenius.html#c5021[M1]), (Zugriffsdatum:<br />

29.06.2012).


Marieke Holst, Julia Schniedergers, Eva-Maria Schrand, Anna-Lena Schwiesselmann<br />

<strong>Institut</strong>ionen und <strong>Austausch</strong>möglichkeiten <strong>im</strong> Hochschulbereich<br />

1. Einleitung<br />

Vor der Entscheidung zu einem Auslandsaufenthalt in Frankreich bzw. ins französischsprachige Ausland<br />

werfen sich <strong>für</strong> Studierende viele verschiedene Fragen auf: „Welche verschiedenen Studien- oder<br />

Arbeitsmöglichkeiten gibt es <strong>im</strong> Ausland?“, „Wer hilft mir bei der Organisation?“, „Welche <strong>Institut</strong>ionen<br />

bieten Unterstützung an?“ und „Was bringt mir das überhaupt?“.<br />

Der folgende Artikel soll Antworten auf diese Fragen geben und die wichtigsten <strong>Institut</strong>ionen und<br />

Organisationen diesbezüglich vorstellen.<br />

Hierzu soll zunächst auf das <strong>Deutsch</strong>-Französische Jugendwerk und die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule<br />

eingegangen werden. Die Organisation ERASMUS als die Bekannteste <strong>für</strong> Studienaufenthalte<br />

<strong>im</strong> Ausland wird <strong>im</strong> Nachfolgenden vorgestellt. Praktische Erfahrungen können <strong>im</strong> Ausland in Form<br />

von Praktika oder einer Fremdsprachenassistenz gesammelt werden. Diesen Aspekt thematisiert der<br />

nächste Abschnitt. Zusätzlich liefert dieser Artikel Interviews und Erfahrungsberichte mit konkreten<br />

Informationen von derzeitigen bzw. ehemaligen Studentinnen eines deutsch-französischen Studiengangs.<br />

Abschließen soll unsere Darstellung mit einem Plädoyer <strong>für</strong> den Auslandsaufenthalt, der vielleicht<br />

noch die letzten Zweifel beiseite räumt.<br />

2. <strong>Deutsch</strong>-Französisches Jugendwerk (DFJW)<br />

Die Pflege interkultureller Beziehungen sowie eine gute Kooperation sind sehr wichtig <strong>für</strong> ein freundschaftliches<br />

Verhältnis zweier Nachbarländer zueinander, von dem beide Seiten in vielerlei Hinsicht<br />

profitieren können. Dabei ist es sicherlich förderlich schon früh anzusetzen und bereits Jugendliche<br />

und Kinder <strong>für</strong> verschiedenste Kulturaustauschmöglichkeiten zu begeistern, um so das Verhältnis zu<br />

jungen Leuten anderer Länder zu intensivieren. 1<br />

Eben dies ist eines der Hauptziele des Office Franco-Allemand pour la Jeunesse (OFAJ), welches in<br />

<strong>Deutsch</strong>land <strong>Deutsch</strong>-Französisches Jugendwerk (DFJW) heißt. Es handelt sich hierbei um eine internationale<br />

Organisation zur Förderung der deutsch-französischen Zusammenarbeit, deren Gründung auf<br />

den „Élysée-Vertrag“ von 1963 zurückgeht. Mit Niederlassungen in Berlin und Paris ist das DFJW der<br />

zentrale Ansprechpartner <strong>für</strong> die verschiedensten Bereiche des <strong>Austausch</strong>es zwischen den beiden Ländern.<br />

Die Ziele, die das DFJW verfolgt, sind vielfältig. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass eines stets<br />

<strong>im</strong> Fokus ihrer Arbeit steht, nämlich „die Bande zwischen der deutschen und französischen Jugend<br />

enger zu gestalten und ihr Verständnis <strong>für</strong>einander zu vertiefen“. 2 Getreu diesem Motto ist man z.B.<br />

darauf bedacht, Kinder und Jugendliche <strong>für</strong> die jeweils andere Sprache des Partnerlandes zu begeistern,<br />

sich <strong>für</strong> interkulturelles Lernen einzusetzen und grundlegende Fähigkeiten <strong>für</strong> das Zusammenleben<br />

in Europa zu vermitteln.<br />

Doch auf welche Art und Weise kann letztendlich eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele erfolgen<br />

und welche Rolle n<strong>im</strong>mt das DFJW dabei konkret ein? – Jegliche Aktionen, Begegnungen und Projekte<br />

kultureller, politischer, freundschaftlicher oder anderweitiger Art, bei denen Menschen beider Nationalitäten<br />

zusammentreffen, können dazu beitragen, die deutsch-französischen Beziehungen zu vertie-<br />

1 Schröder, Chirac (2003): Gemeinsame Erklärung zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrages, Absätze 14-16<br />

und 19.<br />

2 (Zugriff am 12.06.2012).<br />

57


58<br />

fen und sollen somit intensiv gefördert werden. 3 So sind Partnerschaften zwischen Städten und Regionen,<br />

ein <strong>Austausch</strong> <strong>im</strong> Berufsbereich oder auch Sportbegegnungen der beiden Länder gute Möglichkeiten,<br />

das Verhältnis zueinander und insbesondere auch den Blick auf das jeweilige Partnerland positiv<br />

zu prägen. Darüber hinaus können gemeinsame Forschungsarbeiten, Fachseminare und Sprachkurse<br />

völlig neue Türen öffnen und so Bezüge zum anderen Land herstellen.<br />

Für junge Leute besteht vor allem jedoch die Möglichkeit durch einen Schüler- bzw. Studentenaustausch<br />

oder auch durch einen Job bzw. ein Praktikum in das Leben in Frankreich bzw. <strong>Deutsch</strong>land<br />

einzutauchen. Auf diese Weise bekommen sie die Chance, die andere Kultur und Sprache, die Menschen,<br />

deren Gewohnheiten und somit den gesamten mode de vie des anderen Landes intensiv kennen<br />

zu lernen. 4<br />

Das DFJW hat es sich somit zur Aufgabe gemacht, eine unterstützende und beratende Funktion bei<br />

der Vor- und Nachbereitung solcher Projekte und Begegnungen einzunehmen. Zum Kompetenzzentrum<br />

der deutschen und französischen Regierung erklärt, übern<strong>im</strong>mt es in entlastender Funktion auch<br />

Aufgaben auf internationalen staatlichen Ebenen wie beispielsweise die thematische Vorbereitung<br />

eines deutsch-französischen Regierungsgipfel-Treffens.5 Das DFJW bietet darüber hinaus Hilfestellung<br />

bei pädagogischen und sprachlichen Problemen, indem sie z.B. die Organisation und Finanzierung<br />

von Sprachkursen unterstützen. Besonders hervorzuheben ist schließlich, dass sie zusätzlich zahlreiche<br />

weitere Projekte mit finanziellen Mitteln fördern.6<br />

So wurde mit einem Jahresbudget von rund 20 Millionen Euro, das sich zu gleichen Anteilen aus Mitteln<br />

der französischen und deutschen Regierung zusammensetzt, seit der Gründung mehr als acht Millionen<br />

jungen Franzosen und <strong>Deutsch</strong>en durch rund 300 000 Programme eine intensive und prägende<br />

<strong>Austausch</strong>erfahrung ermöglicht. 7<br />

Im Bereich des Hochschulsektors bietet das DFJW ebenfalls seine Unterstützung <strong>für</strong> verschiedene<br />

Projekte an. Gerade <strong>für</strong> Studierende stellt die Finanzierung eines – meist doch sehr kostspieligen Auslandsaufenthaltes<br />

– oft ein großes Hindernis dar und der Traum, wertvolle Erfahrungen <strong>im</strong> Ausland zu<br />

sammeln, droht nicht selten zu platzen. Eben hier setzt das DFJW an und bietet Studierenden Stipendien<br />

<strong>für</strong> verschiedene Projekte:<br />

• <strong>Deutsch</strong>-<strong>französischer</strong> Forschungsaufenthalt an einer französischen Universität<br />

• Vorbereitung von Abschlussarbeiten in Frankreich<br />

• Studienreferendare, die ihre Kompetenzen <strong>für</strong> den Fremdsprachenunterricht durch einen Frankreichaufenthalt<br />

verbessern möchten<br />

• Studienaufenthalte in Frankreich <strong>für</strong> Studierende an Hochschulen <strong>für</strong> Musik, Theater bzw.<br />

Kunst und Design<br />

• studiengebundene Praktika mit einer Mindestdauer von vier Wochen.<br />

Durch ihre Beratungsarbeit und die finanziellen Förderprogramme leistet das DFJW einen wichtigen<br />

Beitrag dazu, Studierenden die Mobilität auf internationaler Ebene zu erleichtern, um so ihr theoretisches<br />

Wissen auch praktisch anzuwenden und ihre Fachgebiete einmal in einem völlig anderen Umfeld<br />

kennen zu lernen. 8<br />

3 Trouillet (1981): Das deutsch-französische Verhältnis <strong>im</strong> Spiegel von Kultur und Sprache, 400-403.<br />

4 Guerry, Papendieck (2009): Historischer Abriss über das DFJW.<br />

5 Bock (2008): 3.<br />

6 (Zugriff am 12.06.2012).<br />

7 (Zugriff am 18.06.2012).<br />

8 (Zugriff am 14.06.2012).


3. Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule (DFH)<br />

Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule ist ein Verbund von Mitgliedshochschulen aus <strong>Deutsch</strong>land<br />

und Frankreich. Sie ist netzwerkartig strukturiert und weist nur wenige Merkmale einer ‚gewöhnlichen’<br />

Hochschule auf, so ist die deutsch-französische Hochschule zwar selbst rechtsfähig, sie besitzt<br />

jedoch weder einen eigenen Campus noch eigene Lehrkräfte.<br />

Gegründet wurde die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule <strong>im</strong> Jahr 1997 durch einen Regierungsbeschluss<br />

zwischen den Regierungen der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land und der Französischen Republik,<br />

das sogenannte We<strong>im</strong>arer Abkommen. Seit 1987 gab es bereits das <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschulkolleg<br />

(DFHK), was schon ähnliche Ziele wie die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule verfolgte und<br />

somit ihre Vorgängereinrichtung war. Im Jahr 1999 wurde dann schlussendlich das Sekretariat der<br />

DFH in Saarbrücken, dem einzigen Standort der Hochschule, eingeweiht und die Arbeit aufgenommen.<br />

Das übergeordnete Ziel der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Hochschule ist die Stärkung der Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich auf Hochschulebene. Dies wird durch die Förderung verschiedener<br />

Programme und Bereiche umgesetzt:<br />

Den Hauptbereich der Arbeit der DFH n<strong>im</strong>mt die Förderung von deutsch-französischen, also binationalen,<br />

<strong>im</strong> Einzelfall auch von trinationalen Studiengängen, ein. Diese müssen verschiedene Kriterien<br />

erfüllen: Zum einen müssen die Absolventen des Studienganges entweder bi- bzw. trinationale Abschlüsse<br />

erwerben oder einen gemeinsamen Abschluss der beteiligten Länder; zum anderen sollte die<br />

universitäre Ausbildung gleichgewichtig in zwei Ländern geschehen, wobei aber sowohl Inhalte als<br />

auch Notengebung der beiden Bildungssysteme aufeinander abgest<strong>im</strong>mt sein müssen. Darüber hinaus<br />

sollte eine gemeinsame Studiengruppe bestehend aus <strong>Deutsch</strong>en und Franzosen möglichst während<br />

der gesamten Studiendauer gemeinsam unterrichtet werden, um den Bezug zur Partnersprache und -<br />

kultur auch <strong>im</strong> Freizeitbereich herzustellen. Des Weiteren sollten die Studierenden sowohl sehr gute<br />

allgemeine als auch fachsprachliche Kenntnisse in beiden Sprachen erwerben. Außerdem verpflichten<br />

sich die beteiligten Universitäten Praktika <strong>im</strong> Ausland zu fördern, ihre Studierenden hinreichend auf<br />

die Auslandsaufenthalte vorzubereiten und sie auch nach Beendigung des Studiums bei der Eingliederung<br />

ins Berufsleben zu unterstützen.<br />

Im Studienjahr 2011/12 werden 135 bi- und trinationale Studiengänge mit fast 5000 Studenten betreut.<br />

Für diese Studiengänge stellt die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule nach einer gründlichen Prüfung<br />

durch eine Kommission Infrastrukturmittel bereit und die Studenten erhalten während ihres Studiums<br />

<strong>im</strong> Ausland monatlich eine Mobilitätsbeihilfe von 270 �.<br />

Neben diesen binationalen Studiengängen werden auch Doktoranden unterstützt, sofern in ihrer Arbeit<br />

eine Kooperation zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich besteht. Diese erhalten während ihres Auslandsaufenthaltes<br />

eine Mobilitätsbeihilfe von 600 � <strong>im</strong> Monat.<br />

Darüber hinaus fördert die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule auch gemeinsame Vorhaben von deutschen<br />

und französischen Hochschulen <strong>im</strong> Bereich der Forschung und Entwicklung, sowie Kooperationen<br />

zwischen Hochschulen und anderen deutsch-französischen Einrichtungen. Von Zeit zu Zeit werden<br />

von der DFH auch gemeinsame Sommerschulen organisiert oder interkulturelle Bewerbertrainings<br />

durchgeführt.<br />

Finanziert wird die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule hauptsächlich durch Zuschüsse der beiden Regierungen,<br />

<strong>im</strong> Jahr 2011 lag das Gesamtbudget bei 11 Mio. �, davon je 5,5 Mio. aus <strong>Deutsch</strong>land und<br />

Frankreich. In <strong>Deutsch</strong>land ergibt sich diese Summe aus Zahlungen des Bundesministeriums <strong>für</strong> Bildung<br />

und Erziehung, der Bundesländer und des Auswärtigen Amtes. In Frankreich zahlen das Mi-<br />

59


60<br />

nistère des Affaires étrangères et européennes und das Ministère de l’Enseignement supérieur et de la<br />

recherche. 9<br />

Im Folgenden werden anhand eines Interviews und eines Erfahrungsberichtes zwei deutschfranzösische<br />

Studienprogramme vorgestellt, die von der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Hochschule gefördert<br />

werden.<br />

3.1 Interview mit Inis W. über den deutsch-französischen Diplomstudiengang European Business<br />

Programme (EBP) (heute Bachelor/Master), geführt von Anna-Lena Schwiesselmann<br />

Wie war der Studiengang genau aufgebaut?<br />

Ines W.: Im ersten Semester waren alle Studenten des Studiengangs European Business Programme<br />

(EBP) an ihrer He<strong>im</strong>atuni. Das zweite absolvierten dagegen alle geschlossen an der Partneruni, sodass<br />

alle Franzosen des Studiengangs in <strong>Deutsch</strong>land waren und alle deutschen Studenten, sowie einige<br />

weitere beispielsweise aus Spanien, in Frankreich an der Partneruni. Für das dritte und vierte Semester<br />

ist dann die eine Hälfte von uns wieder nach <strong>Deutsch</strong>land zurückgekehrt, wobei das vierte aus einem<br />

Praktikum bestand. Ich verbrachte dieses Jahr zusammen mit der anderen Hälfte in Frankreich. Im<br />

fünften, sechsten und siebten Semester wurde dann getauscht. Diejenigen, die das siebte Semester in<br />

Frankreich verbrachten, mussten dementsprechend ihre Diplomarbeit ebenfalls dort schreiben, während<br />

die andere Hälfte <strong>im</strong> achten Semester nach Frankreich zurückkehrte und dort ihre Abschlussprüfung<br />

absolvieren musste.<br />

Wie bist Du auf die Möglichkeit zu so einem Studiengang aufmerksam geworden?<br />

I. W.: Ich habe sehr viel <strong>im</strong> Internet recherchiert und mir zudem <strong>im</strong> Studienführer sämtliche Studiengänge<br />

herausgesucht, in denen ein Aufenthalt in Frankreich möglich war.<br />

Wie hieß die Organisation mit der Du dieses Studium absolvieren konntest?<br />

I. W.: Das lief komplett über die Fachhochschule. Diese schließt individuell Partnerverträge mit der<br />

ausländischen Uni ab, hat also quasi ein internes Netzwerk. Zudem war es ein dualer Studiengang. Ich<br />

war somit automatisch auch bei der DFH eingeschrieben.<br />

Durch welche Organisationen bzw. Einrichtungen wurdest Du während Deines Aufenthalts unterstützt?<br />

I. W.: Zunächst einmal natürlich durch die DFH, von der ich einen Mobilitätszuschuss erhalten habe.<br />

Des Weiteren konnte ich die Auslandsstudienbeihilfe von Erasmus in Anspruch nehmen. Während der<br />

Semester, in denen ich in Bordeaux studiert habe, bekam ich zudem Auslandsbafög. Durch die Caisse<br />

d’allocation familiale bekam jeder auf Antrag einen Wohngeldzuschuss, der je nach Größe der Wohnung<br />

und Kosten pro Quadratmeter variierte.<br />

Gab es anfangs Verständnisprobleme, aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Fächer auf Französisch<br />

unterrichtet wurden?<br />

I. W.: Die Professoren haben sich zu Beginn sehr viel Mühe gegeben, langsam zu sprechen und gegebenenfalls<br />

Sachverhalte zu wiederholen. Ab dem dritten Semester wurde das Tempo allerdings deut-<br />

9 Die Informationen zur <strong>Deutsch</strong>-Französischen Hochschule sind der Internetseite www.dfh-ufa.org, insbesondere<br />

dem dort herunterladbaren Artikel „Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule, Modell <strong>für</strong> ein Netzwerk<br />

bilateraler integrierter Kooperationen“ von Jochen Hellmann entnommen.


lich angezogen und es musste sehr viel mitgeschrieben werden. Dabei hat es mir geholfen, dass ich in<br />

der Schule bereits <strong>für</strong> ein Jahr in Frankreich war.<br />

Wir mussten zudem sehr viel in Gruppen arbeiten und Präsentationen halten. Dies waren <strong>im</strong>mer multikulturelle<br />

Gruppen und es wurden zum Teil auch Unterschiede in der Arbeitseinstellung deutlich.<br />

Wir <strong>Deutsch</strong>en waren sehr auf Pünktlichkeit bedacht und haben uns ziemlich viel Stress gemacht. Die<br />

Franzosen und Spanier sahen das wesentlich entspannter, konnten aber trotzdem zur rechten Zeit ihre<br />

Präsentationen halten.<br />

Bei Erasmus-Studenten gilt oft das Vorurteil, man würde fast nur mit anderen ausländischen Studenten<br />

zusammen kommen und wenig Kontakt zu Franzosen haben. Wie war es in Deinem Studiengang?<br />

I. W.: Im zweiten Semester, als alle französischen Studenten des Studiengangs in <strong>Deutsch</strong>land waren<br />

und wir dort, hatte ich tatsächlich hauptsächlich mit deutschen, spanischen oder englischen Studenten<br />

zu tun. Wir verständigten uns aber in der Regel auch untereinander auf Französisch, da es ja unser<br />

gemeinsames Ziel war, unsere Sprache zu verbessern. Da es doch sehr studiengangsintern zuging,<br />

hatten wir hier also eher wenig Kontakt zu französischen Studenten, was sich aber <strong>im</strong> dritten Semester<br />

komplett änderte. Ab hier waren die Hälfte von uns ja Franzosen. Die Uni in Bordeaux bemühte sich<br />

aber auch sehr um Kontaktaufnahmen. So wurden beispielsweise von der Uni aus Partys veranstaltet<br />

oder eine „Weinrallye“ durch die umliegende Gegend organisiert.<br />

Wo warst Du untergebracht?<br />

I. W.: Anfangs in einer kleinen Einz<strong>im</strong>merwohnung. Hierdurch bin ich durch einen Aushang am<br />

schwarzen Brett meiner He<strong>im</strong>atuni aufmerksam geworden. Die Vermieter dort vermieten recht gerne<br />

an deutsche Studenten. Die Wohnungen werden zudem unter uns Studenten weitervermittelt, da ja<br />

<strong>im</strong>mer ein Wechsel stattfindet zwischen denen, die gerade in <strong>Deutsch</strong>land studieren, und denen, die<br />

gerade in Frankreich sind.<br />

Während meines Studiums in Paris, hatte ich eine sehr teure winzige Wohnung, <strong>für</strong> die ich einen französischen<br />

Bürgen benötigte. Hier kam mir wiederum mein Schuljahr in Frankreich zu Gute, da mein<br />

<strong>Austausch</strong>vater einsprang und <strong>für</strong> mich bürgte.<br />

Am Ende haben wir sogar mit ein paar Studenten gemeinsam eine ganze Haushälfte mieten können.<br />

Studentenwohnhe<strong>im</strong>e haben wir eher gemieden, da diese in keinem guten Zustand waren.<br />

Hattest Du große Unkosten durch Studiengebühren, Miete etc.?<br />

I. W.: Von den Studiengebühren wurden wir ausländischen Studenten befreit. Durch die vielen schon<br />

angesprochenen Unterstützungsmöglichkeiten und dadurch, dass die Praktika entlohnt wurden, waren<br />

die Kosten ziemlich ausgeglichen, wobei ich natürlich das Auslandsbafög später zurückzahlen musste.<br />

Welche Vorteile hat Dir dieser Studiengang <strong>im</strong> weiteren Verlauf Deines Lebens gebracht?<br />

I. W.: Zunächst einmal hatte ich keine Probleme, einen Job zu finden. In meinem Fall war es sogar so,<br />

dass mir die Stelle angeboten wurde, wo ich derzeit arbeite. Man ist natürlich schon gefragt auf dem<br />

Arbeitsmarkt, wenn man gute Fremdsprachenkenntnisse vorweisen kann und schon einmal gezeigt<br />

hat, dass man <strong>im</strong> Ausland ganz alleine zurechtkommen kann.<br />

Man wird weltoffener und engagierter, man arbeitet gern mit multikulturellen Gruppen zusammen und<br />

man hat auch kein Problem damit, <strong>im</strong> Job auch mal ins Ausland zu gehen.<br />

Und nun die letzte Frage: Würdest Du anderen empfehlen, auch einen derartigen Studiengang zu<br />

wählen?<br />

61


62<br />

I. W.: Sofort! Das ist einfach <strong>im</strong>mer ein Pluspunkt gegenüber vergleichbaren nationalen Studiengängen.<br />

Nähere Informationen zu dem Studiengang unter: www.fh-münster.de/ebp. Er wird inzwischen als<br />

Bachelor/Master angeboten, gleicht aber <strong>im</strong> Wesentlichen dem zuvor existierenden Diplomstudiengang.<br />

3.2 „<strong>Deutsch</strong>-Französische Studien in Regensburg und Clermont-Ferrand“ – ein Erfahrungsbericht<br />

von Rebecca Z., zusammengefasst von Eva-Maria Schrand<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französische Studien, was soll das denn sein? Diese Frage stellen sich wahrscheinlich viele<br />

Abiturienten, die <strong>im</strong> Dschungel von tausenden von Studiengängen nach einem passenden <strong>für</strong> sie suchen.<br />

Man sollte sich jedoch nicht von diesem wenig aussagekräftigen Titel abschrecken lassen, denn<br />

dieser Studiengang ist sehr vielfältig und facettenreich.<br />

Die Universität Regensburg bietet also in Zusammenarbeit mit der Université Clermont-Ferrand den<br />

Studiengang „<strong>Deutsch</strong>-Französische Studien“ bzw. « Études franco-allemandes » an.<br />

Ich persönlich bin durch die Internetseite der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Hochschule auf diesen Studiengang<br />

aufmerksam geworden und habe mich darauf beworben, weil ich die Ausbildung <strong>im</strong> Kultur- und<br />

Wirtschaftsbereich mit der intensiven Verbesserung meiner Sprachfähigkeiten in Französisch kombinieren<br />

wollte. Ein weiterer großer Vorteil war hier natürlich der Erwerb sowohl eines französischen<br />

als auch eines deutschen Abschlusses.<br />

Nach meiner schriftlichen Bewerbung wurde ich zu einem persönlichen Gespräch eingeladen, in welchem<br />

ich verschiedene Fähigkeiten unter Beweis stellen sowie mein spezielles Interesse am Studiengang<br />

erläutern musste. Darüber hinaus musste ich an einem Multiple-Choice Sprachtest teilnehmen<br />

und einen Aufsatz auf Französisch schreiben. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Bewerbungsverfahrens<br />

konnte ich mich dann schließlich endgültig einschreiben.<br />

Meine ersten beiden Studiensemester verbrachte ich gemeinsam mit meinen deutschen Kommilitonen<br />

in Regensburg, während der französische Teil unserer Studiengruppe in Clermont-Ferrand studierte. In<br />

<strong>Deutsch</strong>land hatten wir zunächst die Möglichkeit, uns <strong>für</strong> zwei der Bereiche Literaturwissenschaft,<br />

Sprachwissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu entscheiden. Ich selbst habe hier Wirtschaft und<br />

Literatur belegt. Innerhalb dieser Module hatten wir nochmals eine große Wahlfreiheit, was einerseits<br />

gut war, um verschiedene Themen auszuprobieren, andererseits aber auch problematisch, da man sich<br />

zu wenig spezialisiert hat. Zusätzlich hierzu mussten wir noch Sprachpraxiskurse in Französisch besuchen,<br />

hauptsächlich zusammen mit den Lehramtsstudenten unserer Universität.<br />

Mein zweites Studienjahr verbrachte ich dann zusammen mit meiner gesamten Studiengruppe, also<br />

auch mit den Franzosen, in Clermont-Ferrand. Dort konnten wir uns nur zwischen einem literarischen<br />

und einem wirtschaftlichen, welches ich wählte, Profil entscheiden. Wir hatten sehr wenig Wahlmöglichkeiten<br />

und somit war unser Stundenplan genau festgelegt. Hierdurch bekamen wir jedoch schnell<br />

guten Kontakt zu den französischen Studenten, die uns oft behilflich waren und mit denen wir auch in<br />

der Freizeit viel unternahmen. Allgemein war das Verhältnis zwischen <strong>Deutsch</strong>en und Franzosen sehr<br />

gut, wir waren <strong>im</strong>mer ‚gut durchmischt’ und wurden auch an der Universität komplett gleich behandelt.<br />

Diese Gleichbehandlung führte wegen der unterschiedlichen Sprachniveaus allerdings zu Schwierigkeiten<br />

in der Bewertung von Klausuren. Die Klausuren waren in Frankreich auch ganz anders als in<br />

<strong>Deutsch</strong>land, sie bestanden fast nur aus Reproduktion, da<strong>für</strong> war die Anzahl aber viel größer, was in<br />

den Klausurenphasen zu sehr viel Stress führte. Während der Vorlesungszeit hatten wir auch wesent-


lich mehr Wochenstunden, jedoch gab es fast nur Frontalunterricht, das gesamte System war verschulter,<br />

sodass man sich erst einmal daran gewöhnen musste. Aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen<br />

den Universitäten wurden mir alle Kurse angerechnet und auch die Noten wurden ins deutsche<br />

System umgerechnet, was einen weiteren wesentlichen Vorteil <strong>im</strong> Vergleich zum Erasmus-Programm<br />

darstellt. Zudem bekam ich während dieser Zeit von der DFH monatlich eine Mobilitätsbeihilfe von<br />

270 �.<br />

Nach den Auslandssemestern habe ich zwei Praktika abgeleistet, eines in einer Kulturorganisation in<br />

Caen und eines am <strong>Institut</strong> français in Bremen. Hier bestand meine Hauptarbeit <strong>im</strong> Schreiben von<br />

Pressemitteilungen, in der Aktualisierung der Internetseite und in der Betreuung von Künstlern und<br />

Ausstellungen.<br />

Mein drittes Studienjahr verbrachte ich dann wiederum in Regensburg, diesmal jedoch mit der gesamten<br />

Studiengruppe. Hier gewöhnte ich mich schnell wieder an das deutsche Studiensystem und machte<br />

von meiner Wahlfreiheit Gebrauch. Ich belegte viele Kurse <strong>im</strong> wirtschaftlichen Bereich, konnte aber<br />

auch Vorlesungen in Literatur oder Politik besuchen, wodurch man Kontakte zu Studierenden der<br />

verschiedenen <strong>Institut</strong>e knüpfen konnte.<br />

Aus all dem hat sich <strong>für</strong> mich ergeben, dass ich beruflich gerne in Kulturinstitutionen oder in Wirtschaftsunternehmen<br />

in der Öffentlichkeitsarbeit tätig werden möchte. Allerdings gibt auch hier viele<br />

verschiedene Möglichkeiten, das heißt man kann <strong>im</strong> Verlagswesen oder in der Politik tätig werden und<br />

natürlich auch Masterstudiengänge in all diesen Bereichen anschließen.<br />

Als Abschluss habe ich sowohl den deutschen Bachelor als auch die französische Licence erhalten,<br />

was zum Arbeiten und zum weiteren Studium in beiden Ländern berechtigt.<br />

Sowohl dieser binationale Abschluss als auch die Weiterentwicklung in der Sprache und in der Persönlichkeit<br />

zählen zu den großen Vorteilen meines Studienganges. Auch der ständige Kontakt zu französischen<br />

Muttersprachlern und das Schulen der eigenen Organisations- und Anpassungsfähigkeit sind<br />

sehr wichtig. Allerdings braucht man aufgrund der großen Wahlmöglichkeiten viel Eigeninitiative und<br />

eine genaue Vorstellung von seinem späteren Berufsfeld, ansonsten läuft man Gefahr, zu unspezialisiert<br />

zu bleiben.<br />

Trotz dieses kleinen Nachteils würde ich diesen Studiengang jedoch auf jeden Fall weiterempfehlen,<br />

da man sich vor allem sprachlich sehr stark weiterentwickelt. 10<br />

4. Das Hochschulprogramm ERASMUS<br />

ERASMUS ist ein Hochschulprogramm der Europäischen Union. Seit der Gründung 1987 fördert es<br />

die „grenzüberschreitende Mobilität von Studierenden und Dozenten“. 11 Von dem Programm haben<br />

bisher über 1,5 Millionen Studenten profitiert.<br />

Ein Auslandsaufenthalt ist in den 27 EU-Ländern möglich. Außerdem nehmen folgende Länder teil:<br />

Island, Liechtenstein und Norwegen, die zur europäischen Wirtschaftszone gehören, sowie die Türkei,<br />

Schweiz und Kroatien. Seit 2007 gehört das <strong>Austausch</strong>programm zum EU-Bildungsprogramm <strong>für</strong><br />

Lebenslanges Lernen (LLP) und fördert neben einem Auslandsstudium und -praktikum <strong>für</strong> Studierende<br />

auch Gastdozenturen, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen <strong>für</strong> Hochschulpersonal und Intensivprogramme.<br />

Unter letztgenannten Programmen versteht man die EILC-Erasmus Intensive Language Courses. Diese<br />

werden <strong>für</strong> Auslandsaufenthalte in Ländern, deren Sprachen in Europa am wenigsten weit verbreitet<br />

sind, angeboten. Für englisch-, deutsch-, französisch- und spanischsprachige (Kastillianisch) Länder<br />

gibt es das EILC-Angebot nicht.<br />

10 Für weitere Informationen siehe www.ike-eie.org.<br />

11 Akademisches Auslandsamt: Erasmus Handbuch, 2011.<br />

63


64<br />

Ein ERASMUS-Studierender kann ein Studienabkommen während des Auslandsaufenthaltes erwarten.<br />

Dies ist eine Vereinbarung zwischen dem Studierenden und der He<strong>im</strong>at- und Gasthochschule, die<br />

die Einzelheiten des geplanten Auslandsstudiums sowie der geplanten Studienleistungen erfasst. Außerdem<br />

wird die Gasthochschule am Ende des Auslandsstudiums eine unterzeichnete Abschrift der<br />

Studiendaten aushändigen. In diesem Dokument (Transcript of Records) werden die Ergebnisse und<br />

erzielten Leistungen vermerkt. Die Leistungen sollen gemäß dem Studienabkommen in vollem Umfang<br />

akademisch durch die He<strong>im</strong>athochschule anerkannt werden. Für die Anerkennung der <strong>im</strong> Ausland<br />

erworbenen Leistungen sind die Prüfungsämter der Studiengänge zuständig. Wichtig ist es, alle<br />

Fragen zur Anerkennung oder zur Punkteverteilung vor dem Auslandsaufenthalt zu klären.<br />

Bevor sich ein Studierender um einen ERASMUS-Studienaufenthalt bewirbt, ist es wichtig, sich über<br />

verfügbare Studienplätze zu informieren. Mögliche Studienplätze werden zwischen den einzelnen<br />

Fachbereichen der He<strong>im</strong>athochschule und dem Fachbereich der jeweiligen Gasthochschule geschlossen.<br />

Bei dem ERASMUS-Koordinator des Fachbereichs können sich Studierende über Bewerbungsmöglichkeiten,<br />

-unterlagen und -fristen informieren. Die Bewerbungsfristen liegen in der Regel zwischen<br />

Januar und März <strong>für</strong> das darauf folgende akademische Jahr. Die nötigen Bewerbungsunterlagen<br />

erhält man be<strong>im</strong> Koordinator. Diese sollen später zusammen mit dem Papierausdruck der Online-<br />

Bewerbung dort wieder abgegeben werden. Der Koordinator prüft <strong>im</strong> Anschluss die Bewerbungsunterlagen<br />

und bewirbt den Studierenden, <strong>im</strong> Falle einer Annahme, <strong>für</strong> einen Platz an der Gasthochschule.<br />

Die endgültige Entscheidung über Annahme oder Ablehnung trifft die Gasthochschule mithilfe der<br />

eingereichten Bewerbungsunterlagen. Bei einer Zusage der Gasthochschule wird der Koordinator des<br />

Fachbereichs an der He<strong>im</strong>athochschule die nötigen Unterlagen an das Akademische Auslandsamt weiterleiten,<br />

welches auch <strong>für</strong> die Bewilligung und Verwaltung eines Mobilitätszuschusses, der Lebenshaltungs-<br />

und Reisekosten abdecken soll, zuständig ist. 12<br />

5. Praktische Erfahrungen<br />

5.1 Auslandspraktika<br />

Der Alltag der Studierenden ist oft von sehr viel wissenschaftlichem Lernen, Forschungsarbeiten und<br />

Theorie geprägt. Da sehnen sich die meisten von ihnen das ein oder andere Mal danach, das Erlernte<br />

wirklich einmal umzusetzen und so praktische Erfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig steigen die Anforderungen<br />

der späteren Arbeitgeber an ihre Nachwuchskräfte <strong>im</strong> Kontext einer sich zunehmend globalisierenden<br />

Arbeitswelt. So sind ein sicherer Umgang mit Menschen verschiedener Nationalitäten<br />

und Kulturen und vor allem Erfahrungen auf dem internationalen Arbeitsmarkt in vielen Branchen zu<br />

einem wichtigen Einstellungskriterium geworden.<br />

Vor diesem Hintergrund und natürlich aufgrund der vielfältigen und hervorragenden Chancen und<br />

Erfahrungen, die sich durch einen Praxisaufenthalt <strong>im</strong> Ausland ergeben, steigt der Wunsch junger<br />

Erwachsener, ein Auslandspraktikum zu absolvieren <strong>im</strong>mer mehr. 13<br />

Doch zu Beginn stehen alle, die den Entschluss gefasst haben, ein solches Praktikum absolvieren zu<br />

wollen, vor der großen Frage: Wie finde ich einen Praktikumsplatz <strong>im</strong> Ausland?<br />

Da Praktika in Frankreich nicht so weit verbreitet sind wie in manch anderen Ländern, ist es vor allem<br />

dort sehr schwierig, eine Praktikumsstelle zu bekommen. Im Folgenden werden Tipps und Hinweise<br />

12 Die Informationen sind den Broschüren „Wege ins Ausland“, „Informationen zum Studierendenaustausch<br />

mit Partnerhochschulen in Europa“ und dem „ERASMUS-Handbuch“ (2011) des Akademischen Auslandsamtes<br />

der Universität Osnabrück entnommen.<br />

13 Vgl. „Bewerber mit Auslandserfahrung gelten als zielstrebig“ (Sobull: 1997).


gegeben, auf welche Art und Weise die Suche und die anschließenden ersten Schritte zum Auslandspraktikum<br />

– insbesondere bezogen auf Frankreich – leichter gelingen können.<br />

Zunächst ist Eigeninitiative gefragt, z.B. indem man versucht, ggf. vorhandene persönliche Kontakte<br />

zu aktivieren und Bekannte auf mögliche Praktikumsplätze anzusprechen. Darüber hinaus gibt es viele<br />

international agierende Unternehmen, bei denen man sich um Praktikumsstellen an verschiedenen<br />

Standorten auf der Welt bewerben kann. Auch Partnerstädte des He<strong>im</strong>atortes wie z.B. Angers, die<br />

französische Partnerstadt Osnabrücks, können bei solchen Angelegenheiten oft weiterhelfen und sogar<br />

konkret ein Praktikum vermitteln.<br />

Eine hervorragende Chance bietet vor allem auch das Internet mit diversen Jobbörsen, in denen oft<br />

auch Auslandspraktika inseriert werden. Für den Raum <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich ist folgende Seite<br />

sehr hilfreich: http://connexion-emploi.com – die deutsch-französische Jobbörse. Hier werden zahlreiche<br />

aktuelle Jobs und Praktika verschiedener Unternehmen und <strong>Institut</strong>ionen angeboten, die stets <strong>im</strong><br />

deutsch-französischen Zusammenhang stehen. Außerdem findet man auf dieser Seite einen sehr interessanten<br />

Ratgeber mit vielen Informationen zu verschiedenen Themen rund um das Leben und Arbeiten<br />

in <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich. 14<br />

Vielen sind sicherlich auch diverse kommerzielle Agenturen wie Step-in oder Travelworks bekannt.<br />

Diese vermitteln Auslandspraktika gegen ein Entgelt, welches von Anbieter zu Anbieter variiert. In<br />

der Regel beinhaltet deren Leistung neben der Zuweisung eines Praktikumsplatzes auch eine umfassende<br />

Vorbereitung und Betreuung. 15<br />

Darüber hinaus gibt es auch studentische Organisationen, die Studierenden verschiedenster Fachbereiche<br />

Auslandspraktika vermitteln. „AIESEC“ beispielsweise bietet Studierenden eine sehr große Bandbreite<br />

an möglichen Arbeitsbereichen <strong>im</strong> Ausland und eine intensive Betreuung vor, während und<br />

nach dem Praktikum. Auch von dieser Organisation werden jedoch Vermittlungsgebühren erhoben. 16<br />

War die Suche nach einem Praktikumsplatz schließlich erfolgreich, so gilt es weitere Punkte zu bedenken:<br />

Wie finanziere ich meinen Aufenthalt und welche weiteren Schritte sind nun zu gehen?<br />

Es besteht die Möglichkeit, sich mit einer bereits bestehenden Praktikumszusage um finanzielle Förderung<br />

in Form von Stipendien zu bewerben. Verschiedene <strong>Institut</strong>ionen wie ERASMUS oder das DFJW<br />

ermöglichen durch ihre finanzielle Förderung jährlich vielen jungen Leuten ein Praktikum <strong>im</strong> Ausland.<br />

17<br />

Für die Vorbereitungen eines Aufenthaltes in Frankreich, ist es wichtig zu wissen, dass vor Beginn des<br />

Praktikums eine Praktikumsvereinbarung, die sogenannte Convention de stage, zwischen dem Praktikanten,<br />

dessen zukünftigen Arbeitgeber und der Ausbildungseinrichtung des Praktikanten (z.B. die<br />

Universität) geschlossen werden muss. Diese Vereinbarung ist vom französischen Gesetzgeber vorgegeben<br />

und klärt alle rechtlichen sowie organisatorischen Aspekte wie beispielsweise Inhalte des Praktikums<br />

und auch die Verantwortungen der drei beteiligten Parteien. Gleichzeitig muss hier auch eine<br />

bestehende Versicherung des Praktikanten <strong>für</strong> die Zeit des Praxisaufenthaltes nachgewiesen werden. 18<br />

Zur allgemeinen Vorbereitung des Praktikums ist es sicherlich auch empfehlenswert, sich durch Erfahrungsberichte<br />

weitere Tipps und Anregungen zu holen, die den eigenen Auslandsaufenthalt positiv<br />

beeinflussen können.<br />

Ein Praxisaufenthalt <strong>im</strong> Ausland kann intensiv prägen und bringt sehr viele positive und wertvolle<br />

Erfahrungen <strong>für</strong> den Absolventen mit sich. Diese können nicht nur förderlich sein <strong>für</strong> die eigene Per-<br />

14 http://www.connexion-emploi.com/de/ratgeber> (Zugriff am 15.06.2012).<br />

15 Nähere Informationen unter www.stepin.de und www.travelworks.de.<br />

16 www.myaiesec.net/cms/aiesec/AI/Western%20Europe%20and%20North%20America/GERMANY<br />

/Studenten_neu/Internationale_Praktika/> (Zugriff am 16.06.2012<br />

17 Nähere Informationen s. Artikel ERASMUS und DFJW.<br />

18 Französische Regierung (2006): Décret pour l’égalité des chances, Artikel 1-3.<br />

65


66<br />

sönlichkeitsentwicklung, sondern vor allem bereiten sie auch auf spätere Anforderungen in der Berufswelt<br />

vor, was z.B. durch die Verbesserung der fremdsprachlichen Kenntnisse und die Entwicklung<br />

interkultureller Kompetenzen und eines ausgeprägten Verständnisses <strong>für</strong> Menschen verschiedener<br />

Nationalitäten erfolgen kann. 19<br />

Getreu dem Motto „Viele Wege führen nach Rom“ können, wie aus den Ausführungen dieses Textes<br />

hervorgeht, mit ein wenig Raffinesse, viel Initiative und intensiver Vorbereitung die verschiedensten<br />

Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um schließlich einen Praktikumsplatz <strong>im</strong> Ausland und somit die<br />

Chance auf eine großartige Auslandserfahrung zu erhalten. 20<br />

5.2 Fremdsprachenassistenz<br />

Die Anlaufstelle <strong>für</strong> alle Interessierten eines Auslandsaufenthalts als Fremdsprachenassistent/in ist der<br />

Pädagogische <strong>Austausch</strong>dienst (www.kmk-pad.org). Hier finden sich sämtliche Informationen zu<br />

diesem Thema, wobei die wichtigsten <strong>im</strong> Folgenden dargelegt werden sollen.<br />

Ziel eines solchen Aufenthalts ist es natürlich zunächst einmal, seine Fremdsprachenkenntnisse zu<br />

verbessern, aber auch, mehr über die andere Kultur zu erfahren und seine landeskundlichen Kenntnisse<br />

auszubauen. Die Fremdsprachenassistenz bietet die Möglichkeit einer praxisnahen Vertiefung des<br />

bisher <strong>im</strong> Rahmen des (Lehramts-)Studiums Erlernten. Hierbei bekommt man zudem einen Einblick in<br />

die Erziehungs- und Unterrichtsmethoden des Ziellandes, die sich zum Teil doch erheblich von den<br />

hier bekannten Methoden unterscheiden. Ein sehr wichtiges Ziel ist es aber auch, bei den Schülern das<br />

Interesse an <strong>Deutsch</strong>land und an der deutschen Sprache zu wecken. So leistet die Fremdsprachenassistenz<br />

auch einen wichtigen Beitrag zum deutsch-französischen <strong>Austausch</strong>.<br />

In der Regel werden die FSA <strong>im</strong> Sekundarbereich eingesetzt, seltener auch in der Pr<strong>im</strong>arstufe. Sie<br />

unterstützen hier in ca. zwölf Stunden pro Woche den <strong>Deutsch</strong>unterricht, wobei die Hauptleitung <strong>im</strong>mer<br />

der Fachkraft obliegt. Dabei können Übungen zur Sprache und Landeskunde durchgeführt, aber<br />

auch Rollenspiele oder mündliche Prüfungssituationen erprobt werden. In Kleingruppen wird zwischendurch<br />

die Konversation geübt. In der Zeit außerhalb des Unterrichts stellen FSA Übungen oder<br />

Anschauungsmaterial zusammen. Außerdem sind hier noch weitere Angebote <strong>für</strong> die Schüler möglich,<br />

wie beispielsweise eine Theater-AG, eine Sprechstunde oder ein <strong>Deutsch</strong>-Club.<br />

Eine Assistenz in Frankreich verläuft über eine Dauer von sechs Monaten, wobei vom Gastland ein<br />

Unterhaltszuschuss von 750 � geleistet wird, der die Lebenshaltungskosten decken soll. Um die Unterkunft<br />

muss sich der FSA allerdings selbst kümmern. Bewerbungstermin <strong>für</strong> eine Fremdsprachenassistenz<br />

in Frankreich ist der 1. Dezember.<br />

Teilnehmen können Lehramtsstudierende, die mindestens vier Semester studiert haben, sowie Bewerber/Innen<br />

mit der ersten oder zweiten Staatsprüfung <strong>für</strong> das Lehramt. Auch Studierende anderer Studiengänge<br />

können nach Vollendung des vierten Semesters teilnehmen. Französisch sollte entweder das<br />

Studien- bzw. Schwerpunktfach des Bewerbers sein oder aber er weist durch entsprechende Nachweise<br />

gute Sprachkenntnisse vor. Das Antrittsalter ist dabei auf max<strong>im</strong>al 29 Jahre beschränkt.<br />

Nach erfolgter Bewerbung findet ein Bewerbungsgespräch bei der zuständigen Kultusbehörde statt,<br />

wo der Bewerber zum Beispiel seine Ausdrucksfähigkeit in der Muttersprache, aber auch seine<br />

Fremdsprachenkenntnisse unter Beweis stellt. Nachdem Ende April bis Ende Mai ein Zwischenbescheid<br />

über den Stand der Vermittlungen mitgeteilt wird, erfolgt die endgültige Schulzuweisung dann<br />

<strong>im</strong> Juli/August. Der Bewerber darf selbstverständlich Wünsche <strong>für</strong> seine Zielregion äußern, die nach<br />

19 He<strong>im</strong>ann (2010): Entwicklung interkultureller Kompetenz durch Auslandspraktika, 53-58.<br />

20 Ein Teil der Informationen zu diesem Kapitel sind der Broschüre Wege ins Auslandspraktikum (2011)<br />

des Akademischen Auslandsamtes der Universität Osnabrück entnommen.


den Möglichkeiten berücksichtigt werden, erklärt sich aber durch die Bewerbung bereit eine Stelle an<br />

jedem Einsatzort des Ziellandes anzunehmen. 21<br />

6. Vom Nutzen und Vorteil des Auslandsaufenthalts<br />

Verbringt ein Studierender Zeit <strong>im</strong> Ausland, kann er dabei sehr viel gewinnen. Im Folgenden sollen<br />

verschiedene Vorteile eines Auslandsaufenthalts vorgestellt und näher erläutert werden.<br />

Der Sprung ins Ausland bietet die Möglichkeit zum Erwerb wertvoller und umfassender Fremdsprachenkenntnisse.<br />

Wo lernt man besser eine Fremdsprache als in dem jeweiligen Land? Durch den Auslandsaufenthalt<br />

wird nicht nur das Hörverstehen, sondern auch die Lese-, Sprech- und Schreibkompetenz<br />

trainiert. Oft geschieht dies ganz unbewusst nebenbei.<br />

Während der Auslandszeit trifft der Studierende auf ganz verschiedene Personen und vielleicht sogar<br />

auf eine <strong>für</strong> ihn ganz neue Kultur. Hierbei werden wichtige interkulturelle Kompetenzen erworben:<br />

Sich in Offenheit und Toleranz <strong>im</strong> Umgang mit anderen Kulturen zu üben, ist gerade in einer zunehmend<br />

globalisierten Welt entscheidend. Das Kennenlernen anderer Menschen und Kulturen, bedeutet<br />

außerdem den eigenen persönlichen Horizont zu erweitern. Studierende werden angeregt, über die<br />

eigene Kultur und das Herkunftsland nachzudenken und sie lernen so möglicherweise, Dinge in einem<br />

neuen Licht zu betrachten.<br />

Weiterhin bietet ein Auslandsaufenthalt die Chance viel über sich selber zu lernen und die Persönlichkeit<br />

zu entwickeln. Durch das Bewältigen neuer, fremder und herausfordernder Situationen gewinnt<br />

der Studierende an Selbstständigkeit und lernt gleichzeitig seine Schwächen und Stärken kennen.<br />

Die während des Auslandsaufenthalts geknüpften Kontakte können sich zu intensiven Freundschaften<br />

entwickeln oder auch <strong>für</strong> das zukünftige Berufsleben nützlich sein.<br />

Neben all den oben genannten Vorteilen erscheint einer noch sehr wichtig: Wenn man aufgeschlossen<br />

und flexibel ist, kann ein Auslandsaufenthalt zu einem unvergesslichem Erlebnis werden. 22<br />

Literatur<br />

Akademisches Auslandsamt der Universität Osnabrück (2011): ERASMUS-Handbuch.<br />

Akademisches Auslandsamt der Universität Osnabrück (2011): Informationen zum Studierendenaustausch<br />

mit Partnerhochschulen in Europa.<br />

Akademisches Auslandsamt der Universität Osnabrück (2011): Wege ins Ausland.<br />

Akademisches Auslandsamt der Universität Osnabrück (2011): Wege ins Auslandspraktikum.<br />

Bock, Hans Manfred (2008): „Modell oder Solitär? 45 Jahre <strong>Deutsch</strong>-Französisches Jugendwerk“. In:<br />

Lendemains – Etudes comparées sur la France 132,<br />

http://periodicals.narr.de/index.php/lendemains/article/view/321/130 (Zugriff am 25.06.2012),<br />

132-142.<br />

Französische Regierung (31. August 2006): „Décret n° 2006-1093 du 29 août 2006 pris pour l'application<br />

de l'article 9 de la loi n° 2006-396 du 31 mars 2006 pour l'égalité des chances. Texte 28“,<br />

in: Journal Officiel de la République.<br />

He<strong>im</strong>ann, Korinna (2010): Entwicklung interkultureller Kompetenz durch Auslandspraktikum:<br />

Grundlinien eines didaktischen Handlungskonzepts <strong>für</strong> die Berufsausbildung, Berlin: Lit-<br />

Verlag.<br />

21 http://www.kmk-pad.org/fileadmin/Dateien/download/VEROEFFENTLICHUNGEN/FSABros_2012.pdf<br />

(Zugriff 10.06.2012).<br />

22 http://www.auslandsjahr.org/vorteile-eines-auslandsjahres.html (Zugriff 10.06.12).<br />

67


68<br />

Trouillet, Bernard (1981): Das deutsch-französische Verhältnis <strong>im</strong> Spiegel von Kultur und Sprache.<br />

<strong>Deutsch</strong>es <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> internationale Pädagogische Forschung – Studien und Dokumentationen<br />

zur vergleichenden Bildungsforschung, Band 20, Weinhe<strong>im</strong>: Beltz Verlag.<br />

Online-Quellen<br />

Guerry, Anaïs / Papendieck, Ulrike (2009): Historischer Abriss über das DFJW. Treffpunkt Europa,<br />

http://www.treffpunkteuropa.de/Historischer-Abriss-uber-das-DFJW (Zugriff am 12.06.2012).<br />

Hellmann, Jochen: Die <strong>Deutsch</strong>-Französische Hochschule, Modell <strong>für</strong> ein Netzwerk bilateraler integrierter<br />

Kooperationen, http://www.dfh-ufa.org/de/ueber-die-dfh/deutsch-franzoesischehochschulpolitik/<br />

(Zugriff am 19.06.12).<br />

Schröder, Gerhard / Chirac, Jacques (2003): Gemeinsame Erklärung zum 40. Jahrestag des Elysee-<br />

Vertrages, http://www.france-allemagne.fr/Gemeinsame-Erklarung-zum-40,1129.html (Zugriff<br />

am 14.06.2012).<br />

Sobull, Dagmar (1997): „Bewerber mit Auslandserfahrung gelten als zielstrebig“. Berliner<br />

Zeitung (Ausgabe v. 1. Nov.), http://www.berliner-zeitung.de/archiv/personalchefsschaetzen-erwerb-von-schluesselqualifikationen-nachfrage-nach-praktikumsplaetzen-steigtbewerber-mit-auslandserfahrung-gelten-als-zielstrebig,10810590,9357904.html<br />

(Zugriff am<br />

15.06.2012).<br />

http://www.connexion-emploi.com/de/ratgeber (Zugriff am 15.06.2012).<br />

http://www.dfh-ufa.org (Zugriff am 19.06.12).<br />

http://www.myaiesec.net/cms/aiesec/AI/Western%20Europe%20and%20North%20America/GERMA<br />

NY/Studenten_neu/Internationale_Praktika/ (Zugriff am 16.06.2012).<br />

http://www.dfjw.org (Zugriff am 18.06.2012).<br />

http://www.kmk-pad.org/fileadmin/Dateien/download/VEROEFFENTLICHUNGEN/FSABros_<br />

2012.pdf (Zugriff 10.06.12).<br />

http://www.auslandsjahr.org/vorteile-eines-auslandsjahres.html (Zugriff 10.06.12)


<strong>II</strong>I. Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>für</strong> die<br />

deutsch-französischen Beziehungen<br />

Tuan Anh La, Tobias Barlage<br />

Sport-<strong>Austausch</strong> zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich<br />

Sie sind Trainer/in (z. B. einer Fußballmannschaft) und wollen einen <strong>Austausch</strong> mit einem französischen<br />

Verein organisieren. Warum ausgerechnet ein <strong>Austausch</strong> über den Sport? Und warum mit<br />

Frankreich? Und wenn Sie erst einmal das Interesse Ihrer Spieler/innen geweckt haben, wie gehen Sie<br />

dann am besten vor?<br />

Mit diesen und weiteren Fragen haben wir uns befasst und werden <strong>im</strong> Folgenden Antworten, Tipps<br />

und Ideen geben.<br />

1. Warum ausgerechnet ein deutsch-französisches <strong>Austausch</strong>projekt in Verbindung mit Sport?<br />

Sport ist gerade <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche eines der am besten geeigneten Mittel, um sie <strong>für</strong> einen<br />

internationalen <strong>Austausch</strong> zu motivieren. Er hat einen sehr hohen pädagogischen Wert und ermöglicht<br />

die Annäherung unter jungen Menschen, da sie gemeinsame Aktivitäten machen, an denen sie Spaß<br />

haben. Hinter dem Punkt „Sport und Spaß“ versteckt sich bei einem deutsch-französischen <strong>Austausch</strong><br />

aber noch vieles mehr, was den Kindern und Jugendlichen zunächst gar nicht bewusst zu sein vermag:<br />

Es geht natürlich auch um das Kennenlernen einer fremden Kultur und einer anderen Sprache. Doch<br />

auch darüber hinaus zeigen sich noch weitere wichtige Aspekte und Gründe, an einem deutschfranzösischen<br />

<strong>Austausch</strong> teilzunehmen, wie sich <strong>im</strong> Folgenden zeigen wird.<br />

1.1. Nutzen und Ziele eines <strong>Austausch</strong>es zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich<br />

Zunächst trägt die Teilnahme an einem internationalen <strong>Austausch</strong> besonders <strong>im</strong> Kindes- und Jugendalter<br />

dazu bei, seine eigene Persönlichkeit weiter zu entfalten und über sich selbst hinauszuwachsen. Die<br />

Jugendlichen haben die Möglichkeit, ihre interkulturelle sowie ihre Sozialkompetenz zu steigern, d. h.<br />

in Zusammenarbeit mit Menschen fremder Kulturen Eigenschaften wie Respekt, Toleranz, Flexibilität,<br />

Sprachfertigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Selbstbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Unvoreingenommenheit<br />

uvm. zu entwickeln.<br />

Bei einem deutsch-französischen <strong>Austausch</strong> haben die Teilnehmer/innen weiterhin die Chance, durch<br />

das Leben in einer französischen Familie und in einem französischen Verein wichtige Aspekte der<br />

französischen Kultur kennenzulernen sowie Sprachkenntnisse zu erwerben bzw. die vorhandenen<br />

Sprachkompetenzen zu vertiefen. Sie lernen ein bedeutendes europäisches Land aus einer anderen<br />

Perspektive als der des typischen Urlaubers kennen und können somit das berühmte „savoir vivre“<br />

hautnah miterleben. Und nicht zuletzt: Ein internationaler <strong>Austausch</strong> bietet weiterhin die Gelegenheit,<br />

persönliche Freundschaften <strong>im</strong> Nachbarland zu knüpfen, die ggf. <strong>für</strong> sehr lange Zeit halten können.<br />

1.2. Organisation eines <strong>Austausch</strong>es<br />

Bevor ein <strong>Austausch</strong> organisiert werden kann, muss man natürlich einen Partner mit gleichem Interesse<br />

finden. Hilfe erhalten Sie hierbei vor allem vom <strong>Deutsch</strong>-Französischen Jugendwerk (DFJW), aber<br />

auch von der <strong>Deutsch</strong>en Sportjugend (DSJ) oder vom Comité National Olympique et Sportif Français<br />

(CNOSF). Die genannten Organisationen unterstützen Sie bei der Suche nach einem <strong>Austausch</strong>partner<br />

69


70<br />

und geben auch Hilfestellung bezüglich der Organisation und der finanziellen Förderung eines solchen<br />

Projektes (Genaueres hierzu s. weiter unten).<br />

Vorbereitung<br />

Wenn Sie einen geeigneten Partner(-verein) gefunden haben und nun als nächsten Schritt die Vorbereitung<br />

<strong>für</strong> das <strong>Austausch</strong>projekt beginnen möchten, dann sollten Sie bei der Organisation auf folgende<br />

Punkte achten:<br />

Ort der Begegnung: Findet der <strong>Austausch</strong> in <strong>Deutsch</strong>land, Frankreich oder an einem Drittort statt?<br />

Die Zusammensetzung der Gruppe ist essentiell: Die Anzahl der Teilnehmer/innen, das Mindest-<br />

/Höchstalter, das (sportliche) Niveau und die Sportart müssen festgelegt werden. Auch sollte das Verhältnis<br />

zwischen <strong>Deutsch</strong>e und Franzosen ausgeglichen sein.<br />

Die Unterbringung der Teilnehmer in Gastfamilien, Jugendherbergen, Zeltlager usw. muss genauestens<br />

geplant werden.<br />

Zeitraum und Dauer des Ereignisses sollten festgelegt werden.<br />

Der materielle Rahmen: Was soll auf die Fahrt mitgenommen werden (z.B. Trainingsausrüstung) und<br />

wie soll die Ausrüstung transportiert werden?<br />

Der finanzielle Rahmen: Kalkulation der Ausgaben, Aufstellung eines Budgets, mögliche Finanzierungsquellen<br />

<strong>für</strong> das Projekt gewinnen<br />

Für Versicherung und Haftung muss vor der Abreise gesorgt sein. Erkunden Sie sich rechtzeitig<br />

über die Rechte und Pflichten ihres Ziellandes!<br />

Generell dauert ein <strong>Austausch</strong> mindestens vier Tage, <strong>für</strong> An- und Abreise wird jeweils ein halber Tag<br />

eingerechnet. Dies führt dazu, dass der Sportaustausch meist über ein verlängertes Wochenende oder<br />

in den Ferien stattfindet. Dementsprechend müssen Sie sich nach den französischen Ferien erkundigen,<br />

da diese nicht unbedingt deckungsgleich sind mit unseren Schulferien. (Den französischen Schulferienkalender<br />

finden Sie auf der Internetseite der DFJW; s. weiter unten).<br />

Während einer deutsch-französischen Begegnung werden die Teilnehmer/innen beider Vereine mit<br />

einer anderen Kultur konfrontiert. Während Ihrer Vorbereitungsphase kann die Interaktion zwischen<br />

den beiden Vereinen und die Reaktion gegenüber dem Kennenlernen des anderen Landes nicht vorhergesehen<br />

werden. Dieser Aspekt kann aber über Erfolg und Misserfolg des <strong>Austausch</strong>es entscheiden,<br />

weswegen es wichtig ist, dass Ihr Betreuerteam gut zusammenarbeitet und auf Probleme oder<br />

Wünsche der Teilnehmer/innen eingeht.<br />

Da <strong>im</strong> Mittelpunkt der Begegnung der Dialog zwischen den Menschen zweier Kulturen steht, sollten<br />

die Teilnehmer/innen regelmäßig Hilfestellung und Anregungen zur Reflexion der gemachten Erfahrungen<br />

von ihren Betreuern erhalten.<br />

Programm erstellen<br />

Damit Ihr <strong>Austausch</strong> erfolgreich ablaufen kann, benötigen Sie ein kinder- und jugendgerechtes Programm,<br />

welches Sie vorher mit Ihrem Partnerverein ausgearbeitet haben. Beide Vereine müssen hinsichtlich<br />

der Ausrichtung und des Inhalts des Programms einverstanden sein. Idealiter sollte es zusammen<br />

mit den Teilnehmer/innen erstellt werden. Ein Vorbereitungstreffen mit dem Partnerverein<br />

wäre diesbezüglich opt<strong>im</strong>al, ist aber nicht zwingend notwendig. Das DFJW bietet in diesem Rahmen<br />

Informations- und Auswertungstagungen <strong>für</strong> deutsche und französische Vereine an (die genauen Termine<br />

finden Sie auf der unten genannten Homepage).<br />

So könnte Ihr Programm beispielsweise aussehen:


Samstag<br />

- Ankunft der Gruppe<br />

- Empfang und Kennenlernen<br />

- Unterbringung in den Gastfamilien<br />

Sonntag<br />

- Gemeinsames Training<br />

- Sprachan<strong>im</strong>ation<br />

- Stadtbesichtigung<br />

Montag<br />

- deutsch-französische Stadtrallye<br />

- Fußball-/Handball-/Leichtathletik-/Judo-<br />

/… Turnier<br />

- deutsch-<strong>französischer</strong> Spezialitätenabend<br />

Dienstag<br />

- Tag in den Gastfamilien<br />

- Ausflug und Besichtigung der Umgebung<br />

- Boule-/Pétanqueturnier<br />

Mittwoch<br />

- Freundschaftsspiel/-wettkampf in deutschfranzösisch<br />

gemischten Mannschaften<br />

- Schw<strong>im</strong>mbad<br />

- Abschiedsabend und selbst gestalteter Wochenrückblick<br />

Donnerstag<br />

- Rückreise<br />

Das DFJW unterstützt Sie bei der Planung und Vorbereitung Ihres <strong>Austausch</strong>es. Auf seiner Homepage<br />

finden Sie alle Informationen, die Sie benötigen, um eine deutsch-französische Begegnung zu realisieren.<br />

2. Finanzierungsmöglichkeiten<br />

Die Finanzierung eines deutsch-französischen Sportaustausches setzt sich größtenteils aus Teilnehmerbeiträgen<br />

und aus dem Budget des Vereins zusammen. Zusätzlich können Sie bei Ihrer Stadt, Ihrem<br />

Landkreis, bei einem Städtepartnerbüro und anderen lokalen <strong>Institut</strong>ionen Fördermitteln beantragen.<br />

Zuschüsse erhalten Sie prinzipiell auch von der <strong>Deutsch</strong>en Sportjugend und vom Comité National<br />

Olympique et Sportif, die auf die Mittel des DFJW zurückgreifen.<br />

Hier erhalten Sie einen kleinen Informationsüberblick über die drei genannten Hauptorganisationen:<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französisches Jugendwerk (DFJW)<br />

Das DFJW ist Ihr erster Ansprechpartner, wenn Sie einen französisch-deutschen Sport-<strong>Austausch</strong><br />

planen möchten. Dies ist eine internationale Organisation <strong>im</strong> Dienst der deutsch-französischen Zu-<br />

71


72<br />

sammenarbeit mit Sitz in Paris und Berlin. Seine Gründung geht auf den Élysée-Vertrag von 1963<br />

zurück.<br />

„Das DFJW hat die Aufgabe, die Beziehungen zwischen Kindern, Jugendlichen, jungen<br />

Erwachsenen und <strong>für</strong> die Jugendarbeit Verantwortlichen [in Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land]<br />

zu vertiefen. Zu diesem Zweck trägt es zur Vermittlung der Kultur des Partners bei. […]<br />

[Es fördert] das interkulturelle Lernen, unterstützt die berufliche Qualifizierung, stärkt<br />

gemeinsame Projekte <strong>für</strong> bürgerschaftliches Engagement, sensibilisiert <strong>für</strong> die besondere<br />

Verantwortung <strong>Deutsch</strong>lands und Frankreichs in Europa und motiviert junge Menschen,<br />

die Partnersprache zu erlernen.“ 1<br />

„Das DFJW ist ein Kompetenzzentrum <strong>für</strong> die Regierungen beider Länder. Es fungiert als<br />

Berater und Mittler zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen und den Akteuren der<br />

Zivilgesellschaft in <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich.“ 2<br />

Das DFJW wendet sich an alle junge Menschen, ganz egal welche Interessen und Hobbys sie haben:<br />

ob Schule, Universität, Beruf, Ausbildung oder Kultur, Sport, Freizeit. Es ist eine Plattform <strong>für</strong> Projekte<br />

aus den unterschiedlichsten Interessenbereichen.<br />

Beispiele:<br />

• das „Programm Voltaire“ (Schulaustausch zwischen deutschen und französischen Schülern der<br />

9. oder 10. Klasse, die jeweils sechs Monate bei einem <strong>Austausch</strong>partner leben, dort zur<br />

Schule gehen, und diesen <strong>im</strong> Anschluss auch <strong>im</strong> eigenen Land beherbergen)<br />

• Buchhandel und Verlagswesen, Journalismus, Literaturübersetzung (Bereich: Beruf)<br />

• „Programm Einstein“ (Bereich: Wissenschaft)<br />

Das Ziel des DFJW ist es verstärkt neue Zielgruppen anzusprechen und Jugendlichen dabei zu helfen,<br />

aktive und engagierte Staatsbürger zu werden.<br />

Das DFJW bietet Ihnen also die Möglichkeit, an Aktivitäten in allen Interessenbereichen teilzunehmen<br />

und eigene Ideen und Projekte <strong>im</strong> Kontext deutsch-<strong>französischer</strong> Begegnungen fördern zu lassen. Es<br />

verfolgt das Ziel, Jugendlichen dabei zu helfen, aktive und engagierte Staatsbürger zu werden. (Weitere<br />

Informationen finden Sie unter http://www.dfjw.org/)<br />

1 http://www.forum-forum.org/unsere-trager-und-partner.html (Zugriff: 23.06.2012)<br />

2 http://www.ofaj.org/node/47118 (Zugriff: 23.06.2012)


<strong>Deutsch</strong>e Sportjugend (DSJ)<br />

Ihr zweiter Ansprechpartner ist die <strong>Deutsch</strong>e Sportjugend. Sie bündelt die Interessen von über 10 Millionen<br />

Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen bis zum Alter von 27 Jahre, die in über 91 000<br />

Sportvereinen in 16 Landessportjugenden, 54 Jugendorganisationen der Spitzenverbände und 10 Jugendorganisationen<br />

der Sportverbände mit besonderen Aufgaben organisiert sind. Damit ist die DSJ<br />

der größte freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe in der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land.<br />

„Mit ihren Mitgliedsorganisationen und deren Untergliederungen gestaltet die <strong>Deutsch</strong>e<br />

Sportjugend <strong>im</strong> gesamten Bundesgebiet flächendeckend Angebote <strong>im</strong> Bereich Sport mit<br />

der Zielsetzung, junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Im<br />

internationalen und europäischen Kontext konzipiert, veranstaltet und fördert die DSJ<br />

Jugendaustauschprogramme und Qualifizierungsmaßnahmen <strong>für</strong> Jugend- und Fachkräfte<br />

sowie die Neu- und Weiterentwicklung von <strong>Austausch</strong>programmen.“ 3<br />

Das Fundament der Arbeit der DSJ sind die Kooperationsprojekte mit einzelnen Mitgliedsorganisationen.<br />

Dabei sind besonders solche Projekte von Bedeutung, die modellhafte Lösungen entwickeln und<br />

erproben, die <strong>für</strong> die Mitgliedsorganisationen der DSJ insgesamt relevant sind. Seit 2009 wird jährlich<br />

ein Jahresthema festgelegt, das in besonderer Weise bearbeitet wird.<br />

Diese vier Profile dienen der Angebotsentwicklung als Orientierungsrahmen:<br />

• Sportliche Kompetenz<br />

• Soziales Engagement<br />

• Internationale Aktivität<br />

• Erfahrungsraum <strong>für</strong> Engagierte<br />

Alle Aufgaben und Projekte der DSJ werden mindestens einem der aufgelisteten Punkte zugeordnet.<br />

(Vertiefende Informationen finden Sie auf http://www.dsj.de/).<br />

3 http://www.dsj.de/deutsche-sportjugend/ (Zugriff: 23.06.2012)<br />

73


74<br />

Comité National Olympique et Sportif Français (CNOSF)<br />

Finanzielle Hilfsmittel können Sie auch vom CNOSF<br />

bekommen. Es fördert die fundamentalen Prinzipien und<br />

Werte der Olympischen Spiele und unterstützt die<br />

französischen Mannschaften, die an Spielen und<br />

Wettkämpfen mitwirken, bei der Organisation. Dabei<br />

bekommt das CNOSF Hilfe vom Internationalen<br />

Olympischen Komitee (franz.: CIO).<br />

Außerdem wählt das CNOSF diejenigen französischen<br />

Städte aus, die <strong>für</strong> eine Kandidatur zum Austragungsort<br />

der Olympischen Spiele in Frage kommen. Es vereint die<br />

96 nationalen Sportföderationen und die 180 000<br />

Sportverbände Frankreichs und ist somit der Repräsentant der französischen Sportbewegung.<br />

3. Sprachan<strong>im</strong>ation<br />

Hat man <strong>für</strong> den <strong>Austausch</strong> soweit alles geklärt, bleibt natürlich eine Sache nicht zu vergessen: die<br />

Sprache. Kommunikation stellt <strong>für</strong> den binationalen <strong>Austausch</strong> eindeutig ein entscheidendes Problem<br />

dar. Braucht man Sprachkenntnisse, um an einer deutsch-französischen Begegnung teilnehmen zu<br />

können? Neben non-verbalen Verständigungsmitteln über Gestik, M<strong>im</strong>ik, Verhaltensweisen oder Körperhaltung<br />

spielt Sprache eine zentrale Rolle bei einem internationalen <strong>Austausch</strong>: Denn neben dem<br />

Kennenlernen einer fremden Kultur, persönlichen Erfahrungen, Sport und Spaß ist ein wichtiges Ziel<br />

eben auch der Erwerb bzw. die Weiterentwicklung der Sprachfähigkeiten. Da auch Schulkenntnisse<br />

nicht unbedingt ein Garant <strong>für</strong> eine erfolgreiche Kommunikation darstellen, empfiehlt es sich, gerade<br />

während eines Aufenthaltes <strong>im</strong> Ausland, in diesem Falle in Frankreich, die entsprechende Sprache<br />

explizit zu schulen.<br />

Da<strong>für</strong> bietet sich Sprachan<strong>im</strong>ation an: Bei der Sprachan<strong>im</strong>ation geht es vor allem darum, das Interesse<br />

von <strong>Austausch</strong>teilnehmer/innen spielerisch auf die fremde Sprache zu lenken und in ihnen Lust auf<br />

Kommunikation zu wecken, ohne dabei wie Schule oder ein herkömmlicher Sprachkurs zu wirken.<br />

Sprachan<strong>im</strong>ation ermöglicht den Teilnehmer/innen Kommunikationsstrategien und -kompetenzen zu<br />

entwickeln und sich so der zu erlernenden Sprache zu öffnen.<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> Sprachan<strong>im</strong>ation ist, dass in der Begegnung Betreuer eingesetzt werden, die möglichst<br />

Sprachkenntnisse in beiden Sprachen vorweisen und spezifische Methoden der Sprachan<strong>im</strong>ation<br />

kennen. Geht es außerdem noch darum, die Sprache in Verbindung zur Kultur des Landes zu bringen,<br />

sollten ebenfalls gewisse Kenntnisse über die jeweilige Kultur vorhanden sein.<br />

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass die Fortschritte Jugendlicher in einer Sprache weitgehend von außersprachlichen,<br />

nämlich von psychosozialen Faktoren abhängen: Die persönliche Fähigkeit, Kontakt<br />

herzustellen, die Angst, sich durch Fehler lächerlich zu machen, das Überschätzen des Sprachlichen in<br />

seiner Bedeutung <strong>für</strong> die Kommunikation, das Unterschätzen der eigenen Möglichkeiten, in der<br />

Fremdsprache zurechtzukommen, spielen eine erhebliche Rolle. Im Allgemeinen trauen sich die Jugendlichen<br />

nicht, in der anderen Sprache zu kommunizieren, da sich die sehr schulische Vorstellung<br />

hartnäckig in ihren Köpfen festgesetzt hat, man könne nur mit guten Sprachkenntnissen einen wirklichen<br />

Kontakt zu Jugendlichen anderer Nationalitäten herstellen.<br />

Sprachan<strong>im</strong>ation zeigt, dass dies nicht st<strong>im</strong>mt: Kenntnisse in der Sprache des Partners sind nicht Voraussetzung,<br />

um an einem deutsch-französischen Sport-<strong>Austausch</strong> teilzunehmen. Vielmehr ist die Be-


gegnung der ideale Ort um sich der fremden Sprache zu nähern. Es ist durchaus möglich, eine<br />

sprachliche D<strong>im</strong>ension in ein binationales Programm einzubeziehen, ohne dabei einen Sprachkurs <strong>im</strong><br />

herkömmlichen Sinne zu veranstalten, der die Jugendlichen eher abschrecken würde. Die Begegnungssituation<br />

fördert in der Tat die natürliche Kommunikation zwischen den Teilnehmern, und durch<br />

genau diese Art direkter Kommunikation wird die Einführung von Sprachan<strong>im</strong>ation ermöglicht.<br />

Sprachan<strong>im</strong>ation ist sozusagen ein Mittel zum Zweck; sie nutzt die Kontaktsituation, um die Jugendlichen<br />

zur Kommunikation zu ermutigen und ihren Spracherwerb zu fördern.<br />

Sprachan<strong>im</strong>ation wird jeden Tag angeboten. Sie durchzieht unterschwellig (informell) den gesamten<br />

Tag eines Sportaustausches und kommt zu jeder sich bietenden Gelegenheit zur Anwendung, so wird<br />

beispielsweise durch die Unterbringung in einer fremden Familie schon die Offenheit gegenüber der<br />

anderen Sprache gefördert. In den gemeinsamen (formellen) Phasen mit der Gesamtgruppe werden<br />

spezifische Methoden (z. B. Spiele oder Lernen <strong>im</strong> Tandem) eingesetzt, die das sprachliche Lernen in<br />

Hinsicht auf folgende drei Grundthemen fördern: Abbau von Hemmungen, Spracherwerb, Systematisierung.<br />

Wie bereits oben erwähnt, ist es von pr<strong>im</strong>ärer Bedeutung, mögliche Hemmungen der Kinder abzubauen<br />

und somit ihre Motivation <strong>für</strong> die Annäherung an die neue Sprache zu wecken und dabei Spaß und<br />

Freude in den Mittelpunkt des Spracherwerbs zu stellen. Man muss ihnen dabei helfen, psychosoziale<br />

Hemmschwellen zu überwinden und ihnen die Angst vor dem Fremden, vor der ungewohnten Sprache<br />

zu nehmen, indem man ihnen zeigt, dass Kommunikation auch mit geringen Sprachkenntnissen möglich<br />

ist. Dabei soll ihnen die Partnersprache dadurch attraktiv gemacht werden, dass sie nun als Mittel<br />

zur Kommunikation erlebt wird und nicht als bloßes Schulfach.<br />

Erst dann geht es weiter zum nächsten Punkt ‚Spracherwerb‘. Während des Sport-<strong>Austausch</strong>es hören<br />

und sehen die Jugendlichen viel, doch ohne Unterstützung können sie kaum etwas von dieser Fülle an<br />

Sprachinformationen behalten. Mithilfe von Wiederholungsspielen oder dem gemeinsamen Erstellen<br />

von Plakaten o. ä. durchlaufen die Teilnehmer/innen einen auditiven und visuellen Speicherprozess,<br />

der wichtig ist, um vor allem den sprachlichen Input wirkungsvoll zu verarbeiten. Gleichzeitig lernen<br />

die Jugendlichen, Lern- und Kommunikationsstrategien zu entwickeln und diese hinterher auch anwenden<br />

zu können: Sie sollen die Notwendigkeit der Sprache als Mittel <strong>im</strong> Umgang mit konkreten<br />

Situationen erkennen und schließlich in diesen Kommunikationssituationen auch selbstständig handeln<br />

können.<br />

Zum Abschluss geht es um die Systematisierung des Erlernten: Die Jugendlichen tragen in einer letzten<br />

gemeinsamen Sitzung alles zusammen, was sie während des Sport-<strong>Austausch</strong>es gelernt haben. Das<br />

neu erworbene Wissen wird dann strukturiert und den Teilnehmer/innen wird aufgezeigt, was sie alles<br />

an neuen Erkenntnissen dazugewonnen haben. Das Interesse liegt darin, das Erworbene abzuleiten und<br />

schließlich in anderen Situationen anwenden zu können, sodass die Jugendlichen schließlich wieder<br />

offen <strong>für</strong> neue Kommunikationsprozesse sind.<br />

Der große Vorteil von Sprachan<strong>im</strong>ation ist, dass sie spielerisch stattfindet und sie prinzipiell von jedem<br />

Betreuer oder Trainer durchgeführt werden kann, sofern gewisse Grundkenntnisse der Partnersprache<br />

vorhanden sind. Sie kann aber auch professionell, von DFJW geschulten Verantwortlichen<br />

organisiert sein.<br />

Ein s<strong>im</strong>ples Beispiel <strong>für</strong> ein solches Spiel zum Einstieg wäre zum Beispiel das Kreisspiel: Die Teilnehmer<br />

laufen <strong>im</strong> Kreis. A ruft einen Buchstaben und wirft B einen Ball zu. B wählt die Sprache<br />

<strong>Deutsch</strong> oder Französisch und wirft den Ball zu C, der ein Wort mit dem genannten Buchstaben in der<br />

gewählten Sprache, eventuell zu einer best<strong>im</strong>mten Kategorie, sagt, und den Ball danach weiter spielt<br />

usw.<br />

75


76<br />

Es gibt eine Vielzahl solcher Spielideen, die wir an dieser Stelle nicht alle auflisten können. Online<br />

können Sie aber be<strong>im</strong> DFJW unter http://francoallemand.franceolympique.com/art.php?id=8819 kostenlos<br />

eine CD explizit zum Thema Sprachan<strong>im</strong>ation mit unzähligen Möglichkeiten finden.<br />

4. Fazit<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass Sport ein sehr gut geeignetes Mittel ist, um Jugendliche <strong>für</strong><br />

einen deutsch-französischen <strong>Austausch</strong> zu motivieren. Er ist vor allem eine gute Möglichkeit, männliche<br />

Teilnehmer <strong>für</strong> das Erlernen der jeweiligen Sprache anzuregen, da sich erwiesenermaßen eher<br />

Mädchen <strong>für</strong> Fremdsprachen interessieren als Jungen.<br />

Die Organisation eines Sport-<strong>Austausch</strong>es zwischen den beiden Ländern bedarf zwar einer gewissen<br />

Planung, damit seine Ziele, wie z. B. das Erlernen interkultureller Kompetenzen oder die Vertiefung<br />

von Sprachfertigkeiten opt<strong>im</strong>al erreicht werden, aber Trainer/innen sind dabei keineswegs auf sich<br />

allein gestellt. Denn die oben vorgestellten Organisationen (DFJW, DSJ und CNOSF) bieten nicht nur<br />

finanzielle Hilfe, sondern unterstützen Sie auch bei der Planung eines solchen <strong>Austausch</strong>es. Vor allem<br />

bieten sich diese Begegnungen in Kombination mit Sprachan<strong>im</strong>ation an, die zunächst gezielt den Abbau<br />

von Hemmungen und Sprachblockaden vorantreiben soll. So entsteht opt<strong>im</strong>aler Spracherwerb.<br />

Erfahrungsberichte zeigen durchweg, dass ein internationaler <strong>Austausch</strong> gerade <strong>im</strong> Kindes- und Jugendalter<br />

große Vorteile mit sich bringt. Die Teilnehmer/innen sind, je nach Länge des <strong>Austausch</strong>es,<br />

ihren Mitschüler/innen interkulturell oft aufgeschlossener, weltoffener und gerade was die Sprachfähigkeiten<br />

betrifft, verschaffen sie sich einen Vorteil, weil sie die zu erlernende Sprache nun einmal außerschulisch<br />

praktizieren können und somit ihren Nutzen wesentlich mehr zu schätzen wissen. Im<br />

letzten Satz ist ein Bruch – bitte umformulieren.<br />

Literatur<br />

Internetquellen:<br />

Zugriff <strong>für</strong> alle: 22. 6. 2012:<br />

http://www.dfjw.org/<br />

http://www.dsj.de/<br />

http://franceolympique.com/art/144-partenaires.html<br />

http://francoallemand.franceolympique.com/art.php?id=8819<br />

http://www.dfjw.org/search/node/sport<br />

http://www.dfjw.org/die-olympischen-spiele-und-der-sport-be<strong>im</strong>-dfjw<br />

http://www.dsj-frankreichaustausch.de/<br />

http://francoallemand.franceolympique.com/cat.php?id=2105<br />

http://francoallemand.franceolympique.com/art.php?id=9147<br />

http://www.dfjw.org/paed/langue/sa.html#inhalt<br />

http://www.dialog-inter-kultur.de/Sprachan<strong>im</strong>ation_JuR_<strong>im</strong>pulse_Roesch.pdf<br />

http://www.dfjw.org/sites/default/files/Definition%20Sprachan<strong>im</strong>ation.pdf<br />

CD Sprachan<strong>im</strong>ation in deutsch-französischen Begegnungen © OFAJ/DFJW, 2002.


Anna Dinklage, Yvonne Drees, Marie-Christin Grigoleit, Deike Hofmann<br />

Die Freundschaft zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich: Partnerstädte<br />

1. Einleitung<br />

Die deutsch-französischen Beziehungen waren über einen sehr langen Zeitraum durch die sogenannte<br />

„Erbfeindschaft“ gekennzeichnet. Verschärft wurde diese Feindschaft insbesondere durch den<br />

<strong>Deutsch</strong>-Französischen-Krieg (1870-1871). Allerdings entwickelte sich <strong>im</strong> Zuge der Aussöhnung nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg eine beispielhafte Freundschaft zwischen diesen beiden Ländern. Einen wichtigen<br />

Grundstein hier<strong>für</strong> legten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle <strong>im</strong> Januar 1963 mit der Unterzeichnung<br />

des Élysée-Vertrags.<br />

Die beiden Länder sind in der Folge <strong>im</strong>mer enger zusammengewachsen. Der erfolgreiche Abschluss<br />

des Élysée-Vertrags war Motivation <strong>für</strong> die Gründung zahlreicher Städtepartnerschaften, gab den Anstoß<br />

da<strong>für</strong>, <strong>im</strong> Bildungssystem die jeweils andere Sprache fest zu verankern, und bildete vor allem die<br />

Grundlage <strong>für</strong> eine intensive politische Zusammenarbeit in Europa, wie man u.a. am Beispiel von Angela<br />

Merkel und Nicolas Sarkozy sehen konnte.<br />

Bereits <strong>im</strong> Jahre 1640 war zum allerersten Mal die Rede von der deutsch-französischen „Erbfeindschaft“.<br />

Gründe waren beispielsweise die 47 Jahre dauernden Kriege unter Ludwig XIV. Folge dieser<br />

Kriege war, dass Frankreich die Regionen Elsass und Lothringen annektierte. Hiermit begann ein langer<br />

Machtkampf um diese Gebiete.<br />

Fortgesetzt wurde die Feindschaft auch während der Napoleonischen Kriege bis hin zum <strong>Deutsch</strong>-<br />

Französischen Krieg, der die „Erbfeindschaft“ besiegelte. Nach der Niederlage Frankreichs <strong>im</strong> Jahre<br />

1871 wurde das <strong>Deutsch</strong>e Reich <strong>im</strong> Schloss Versailles gegründet. Die Entscheidung, die <strong>Deutsch</strong>e<br />

Reichsgründung hier stattfinden zu lassen, sprach <strong>für</strong> sich. Durch diese weitere Demütigung schien es<br />

unmöglich, dass diese beiden Länder sich jemals wieder annähern könnten. Erst nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg entwickelte sich langsam, aber stetig eine auf Annäherung und Versöhnung basierende<br />

deutsch-französische Beziehung.<br />

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde – in Anknüpfung an erste Verträge zur wirtschaftlichen<br />

und kulturellen Annäherung in den 50er Jahren – durch den Élysée-Vertrag ein großer Schritt in<br />

Richtung Freundschaft getan. Mit der Annäherung von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer wurde<br />

die Versöhnung vorangetrieben. Der Vertrag gab den Ländern die Möglichkeit, das Geschehene zu<br />

reflektieren und eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.<br />

Das Vertragsprogramm umfasst zum Beispiel, die Verpflichtung der Regierungen beider Länder enger<br />

zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig ausreichend zu informieren. Ein weiterer Punkt ist, dass die<br />

wirtschaftliche Kooperation ausgeweitet und verbessert werden soll. Im Bereich der Bildung ist vorgesehen,<br />

dass in den Ländern die jeweils andere Sprache in der Schule unterrichtet werden soll. Dies<br />

sollte den Grundstein <strong>für</strong> eine bessere Zusammenarbeit insbesondere der jungen Generation legen, die<br />

als Hoffnung und Garant <strong>für</strong> die weitere Aussöhnung der beiden Länder angesehen wurde. In der Folgezeit<br />

wurde der Élysée-Vertrag durch weitere bilaterale Abkommen ausgebaut und spezifiziert.<br />

So kann man abschließend sagen, dass sich nach einer jahrhundertelangen „Erbfeindschaft“ aus zwei<br />

Erzfeinden eine Freundschaft entwickelt hat, die heute in Europa nicht mehr wegzudenken ist.<br />

1.1 Sinn und Zweck einer Städtepartnerschaft<br />

Die wichtigsten Ziele einer Städtepartnerschaft sind es wohl, von der jeweils anderen Seite durch Gemeinschaft<br />

und Zusammenarbeit zu profitieren, die Freundschaft zwischen den Ländern zu erfahren<br />

und zu pflegen und Vorurteile so gar nicht erst entstehen zu lassen. Somit sind die Ziele nicht nur auf<br />

77


78<br />

den wirtschaftlichen oder politischen <strong>Austausch</strong> bezogen, sondern ebenso auf den <strong>Austausch</strong> kultureller<br />

Güter. Es finden sich freiwillig Menschen zusammen, die Interesse an der anderen Kultur zeigen<br />

und sich somit über Grenzen hinweg verständigen.<br />

Vor dem Eingehen einer Partnerschaft, liegen evtl. Freundschaftsbeziehungen zwischen einzelnen<br />

Bürgern dieser Städte vor, die die Partnerschaft erst ins Leben rufen. Es muss allerdings geprüft werden,<br />

ob die beiden Städte ähnliche Eigenschaften haben. Gibt es keine Beziehungen zwischen Bürgern<br />

der beiden Städte, so gibt es auch die Möglichkeit sich eine Partnerschaft über eine überörtliche Organisation<br />

vermitteln zu lassen.<br />

Wollen zwei Städte eine Partnerschaft eingehen, gibt es Musterverträge, um diese zu besiegeln. Von<br />

jetzt an kann diese Partnerschaft gepflegt werden. Möglichkeiten hier<strong>für</strong> sind u.a. der <strong>Austausch</strong> <strong>im</strong><br />

Bereich der Vereine, Schulen, Musikgruppen oder auf der politischen Ebene.<br />

1.2 Verstärkung der Partnerschaft durch Partnerstädte<br />

Die deutsch-französischen Freundschaftsbeziehungen sind sehr ausgeprägt, vor allem auf politischer<br />

Ebene. Durch den bereits erwähnten Élysée-Vertrag wurden Richtlinien aufgestellt, die ein Handeln<br />

innerhalb der Europäischen Union regeln. Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land sollen stets <strong>im</strong> gemeinsamen<br />

Interesse handeln und wichtige außenpolitische Entscheidungen nicht ohne gegenseitiges Einverständnis<br />

treffen.<br />

Eine große Unterstützung zur Stärkung dieser Partnerschaft wird durch Partnerstädte geleistet. Wenn<br />

auf politischer Ebene so eng zusammengearbeitet wird, dann ist es förderlich, wenn auch die Völker<br />

sich kennen und zusammenarbeiten. Es sollte dementsprechend auch <strong>für</strong> Kommunen, also <strong>für</strong> die Bürger,<br />

auf kultureller Ebene ein <strong>Austausch</strong> stattfinden. Ein Mittel, um dies zu erreichen, sind da Städtepartnerschaften.<br />

Erwähnenswert ist an dieser Stelle eine ganz besondere und lebendige Städtepartnerschaft: Die Dreieckspartnerschaft<br />

zwischen Osnabrück, Angers und Haarlem. Sie ist u.a deshalb so besonders, weil es<br />

sich diese drei Städte leisten sogenannte Städtebotschafter zu beschäftigen. Der Einsatz dieser Städtebotschafter,<br />

der 1964, direkt nach Unterzeichnung der Partnerverträge beschlossen wurde, ist in<br />

Frankreich und <strong>Deutsch</strong>land einzigartig. Zweck ist die Förderung und vor allem die Vertiefung der<br />

Freundschaft.<br />

Hier stellt sich die Frage, wer als Städtebotschafter in Frage kommt. Hauptsächlich sind dies junge<br />

Menschen der Partnerstädte, die evtl. gerade Abitur gemacht oder ihr Studium beendet haben. Voraussetzung<br />

ist allerdings, die Sprache des jeweiligen Partnerlandes ausreichend zu beherrschen. Sie kommen<br />

jeweils <strong>für</strong> ein Jahr aus ihrer He<strong>im</strong>atstadt in die Partnerstadt, um dort Verwaltungsaufgaben <strong>im</strong><br />

Bezug auf die Städtepartnerschaft zu übernehmen. Außerdem betreuen und entwickeln sie Projekte,<br />

um die Freundschaft zu pflegen.<br />

Aktuell ist Adrien Clémenceau aus Angers in Osnabrück zu Gast und Lea Grüter wurde von Osnabrück<br />

nach Angers geschickt. Die beiden stehen in ständigem Kontakt und unterstützen sich gegenseitig


ei ihren Aufgaben. Sehr viele Informationen über die Tätigkeiten eines Städtebotschafters haben wir<br />

bei einem persönlichen Gespräch mit Adrien Clémenceau bekommen. 1<br />

2. Organisation von Städtepartnerschaften<br />

2.1 Wer organisiert die Partnerschaft?<br />

Städtepartnerschaften fallen in den Kompetenzbereich der Kommunen. Sie kümmern sich um die<br />

Verwaltung, um die Durchführung und die Unterstützung von Veranstaltungen, die <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Städtepartnerschaft stattfinden. Außerdem best<strong>im</strong>men sie, welche Veranstaltungen erfolgen, helfen bei<br />

deren Finanzierung und bei der Herstellung von Kontakten. 2<br />

Die Kommune hat verschiedene Möglichkeiten die Verwaltung der Städtepartnerschaft zu organisieren.<br />

Damit die Partnerschaft erfolgreich und lebendig wird, ist es wichtig, Bürger aktiv in die Planung<br />

mit einzubeziehen. Eine Möglichkeit kann deshalb die Bildung eines Partnerschaftskomitees sein, in<br />

dem Vertreter der verschiedenen <strong>Institut</strong>ionen der Stadt zusammenkommen. Es kann sich dabei um<br />

Vertreter der Schulen, Hochschulen, der Jugendarbeit oder der Kirchen handeln. Von Vorteil sind<br />

auch Vertreter der Öffentlichkeitsarbeit, damit Informationen über Veranstaltungen schnell verbreitet<br />

werden können. 3<br />

2.2 Die offizielle Städtepartnerschaft<br />

Eine Städtepartnerschaft ist weder genehmigungs- noch meldepflichtig. Dennoch werden 90 % aller<br />

Städtepartnerschaften offiziell geschlossen, das heißt, die Partnerstädte haben einen Partnerschaftsvertrag<br />

unterzeichnet. Das ermöglicht den Städten Zugang zu EU-Fonds und zur finanziellen Unterstützung<br />

von Bund und Ländern. Oft wird auf dem Ortseingangsschild auf die Städtepartnerschaft hingewiesen.<br />

4<br />

2.3 Die Partnerschaftsurkunde<br />

Die Partnerschaftsurkunde sieht vor, durch gemeinsame Aktivitäten die Bürger der beiden Städte einander<br />

näher zu bringen. Die Partnerschaft hat das Ziel, ein besseres Verständnis zwischen den Nationen<br />

zu schaffen und ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Die Tatsache, dass es über<br />

2 400 Städtepartnerschaften zwischen <strong>Deutsch</strong>land und Frankreich gibt, 5 zeigt, dass Europa auf dem<br />

Weg ist, zusammenzuwachsen. Um ein dauerhaftes Verständnis zu garantieren, wird besonders Wert<br />

auf die Einbindung der Jugend gelegt. Jährlich sollen Besuche von Delegationen zwischen den Städten<br />

stattfinden, zum Beispiel in Form eines Schüler- oder Studentenaustausches. Andere Möglichkeiten<br />

sind kulturelle Programme (Theater und Musik), touristische Aktivitäten oder sportliche Wettbewerbe<br />

1 Zum Interview, s. 4. Kapitel in diesem Artikel.<br />

2 Woesler 1998: 10.<br />

3 Woelser 1998: 11.<br />

4 Woesler 1998: 10.<br />

5 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/deutsch-franzoesische-verstaendigung-wir-haben-unszusammengelebt-11698459.html<br />

(Zugriff am 16.06.2012).<br />

79


80<br />

sowie die Zusammenarbeit von Bibliotheken und Museen, außerdem Kooperationen in wirtschaftlichen<br />

und infrastrukturellen Bereichen. Zudem verpflichten sich die Städte zur finanziellen Unterstützung<br />

der Aktivitäten, die zuvor von der Kommunalverwaltung be<strong>für</strong>wortet werden müssen. 6<br />

2.4 Wie findet man eine Partnerstadt?<br />

Städtepartnerschaften entstehen oft durch bereits bestehende Kontakte meist wirtschaftlicher oder<br />

bildungsinstitutioneller Art, durch die beide Städte voneinander profitieren können. Es können aber<br />

auch Städtepartnerschaften gegründet werden, die nicht auf informellen Kontakten basieren. Wenn<br />

eine Kommune an einer transnationalen Partnerschaft interessiert ist, kann sie ihr Gesuch be<strong>im</strong> RGRE<br />

(Rat der Gemeinden und Regionen Europas) aufgeben. Das Gesuch sollte einen Steckbrief über die<br />

Kommune enthalten, damit eine geeignete Partnerstadt gefunden werden kann. 7 Der Rat der Gemeinden<br />

und Regionen Europas ist eine europaweite Organisation der kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften.<br />

8 Er soll <strong>im</strong> weiteren Verlauf noch näher dargestellt werden. Der RGRE gibt die<br />

Zeitschrift Europa kommunal heraus, in der die Gesuche der Städte veröffentlicht und auch neu gegründete<br />

Städtepartnerschaften bekannt gegeben werden. Eine weitere Möglichkeit stellt die Kontaktaufnahme<br />

mit den jeweiligen Botschaften des Wunschlandes oder die eigene Botschaft in diesem Land<br />

dar.<br />

Die Kommunen können sich nun über die verschiedenen Interessenten informieren und sich beraten,<br />

bevor sie eine Entscheidung <strong>für</strong> eine Stadt treffen, die ebenfalls ein Gesuch aufgegeben hat. Eine Partnerschaft<br />

kommt letztendlich durch den Beschluss beider kommunaler Parlamente zustande. Bevor die<br />

Partnerschaftsurkunde unterzeichnet wird, wird zu einem offiziellen Treffen eingeladen, bei dem sich<br />

die Bürgermeister und andere politische Vertreter kennenlernen. Verläuft das Treffen und der Beschluss<br />

des Parlaments erfolgreich, steht einer Unterzeichnung nichts mehr <strong>im</strong> Weg. 9<br />

2.5 Der RGRE und das IPZ als unterstützende Organisationen <strong>für</strong> Städtepartnerschaften.<br />

2.5.1 Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE)<br />

Die Unterstützung der Kommunen bei der Partnerschaftsarbeit stellt ein großes Aufgabengebiet des<br />

Rates der Gemeinden und Regionen Europas dar, denn die heute europaweite Organisation der kommunalen<br />

und regionalen Gebietskörperschaften hat ihre Wurzeln in der französisch-deutschen Freundschaft.<br />

1951 wurde sie von französischen und deutschen Bürgermeistern in Genf gegründet, um Städtepartnerschaften<br />

zu festigen und eine Annäherung und eine bessere Verständigung zwischen den<br />

Völkern Europas zu bewirken. Zur damaligen Zeit, als Europa noch <strong>im</strong> Entstehen war, vermochte<br />

dieses Anliegen noch ein neues zu sein, heute ist es nicht nur eines der wichtigsten Ziele der deutschfranzösischen<br />

Freundschaft, sondern der gesamten Europäischen Union. Der Erfolg des RGREs zeigt<br />

sich in der Ausweitung der Städtepartnerschaften über den gesamten Globus, die auch von der Organisation<br />

unterstützt werden. Der Rat repräsentiert heute etwa 100 000 kommunale Gebietskörperschaften<br />

6 Informationen zu diesem Absatz sind der Partnerschaftsurkunde entnommen.<br />

7 Woesler 1998: 9.<br />

8 http://www.rgre.de/vorstellung.html (Zugriff am 12.06.2012).<br />

9 Woesler 1998: 9ff.


zu 55 nationalen Kommunalverbänden aus 40 europäischen Ländern. Sein Sitz befindet sich in Paris,<br />

er hat zusätzlich aber auch ein eigenes Büro in Brüssel, um enger mit der Europäischen Union zusammenzuarbeiten.<br />

Der Rat unterstützt die Kommunen mit Informationsmaterial zum Beispiel in<br />

Form von Förderbriefen und Erfahrungsaustausch. So erhalten die Kommunen einen Einblick in Fördermöglichkeiten<br />

und -voraussetzungen der EU. 10<br />

2.5.2 Das <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> europäische Partnerschaften und internationale Zusammenarbeit (IPZ)<br />

Im Zusammenhang mit der europäischen Unterstützung von Städtepartnerschaften ist auch das <strong>Institut</strong><br />

<strong>für</strong> europäische Partnerschaften und internationale Zusammenarbeit (IPZ) zu erwähnen. Das <strong>Institut</strong><br />

ist Mitglied in der Europäischen Bewegung und wurde <strong>im</strong> März 1990 als Nachfolger der 1982 entstandenen<br />

Arbeitsgemeinschaft Internationaler Partnerschaft gegründet. Es ist ein eingetragener gemeinnütziger<br />

Verein. Das IPZ berät Kommunen, Partnerschaftskomitees, Schulen, Jugendorganisationen<br />

und Bildungseinrichtungen in Praxisfragen zur Städtepartnerschaft, aber auch in Fragen zur internationalen<br />

Zusammenarbeit, bzw. Europaarbeit. Außerdem bietet es Informationsseminare zur Partnerschaftspraxis<br />

und EU-Jugendforen an und informiert über Förderprogramme der EU. Die kostenpflichtigen<br />

Seminare werden in den Kommunen bei Nachfrage angeboten.<br />

(Informationen sind auf der Homepage des IPZ auf www.ipz-bonn.de zu entnehmen)<br />

3. Städtepartnerschaft am Beispiel von Osnabrück und Angers<br />

3.1 Die Entstehung der Städtepartnerschaft zwischen Osnabrück und Angers<br />

Osnabrück ist eine Stadt <strong>im</strong> Nord-Westen <strong>Deutsch</strong>lands, befindet sich <strong>im</strong> Bundesland Niedersachsen<br />

und ist Verwaltungssitz des Landkreises Osnabrück. Die ungefähre Einwohnerzahl von Osnabrück<br />

beträgt 163.000 Einwohner. 11 Angers liegt <strong>im</strong> Westen Frankreichs, ist die Hauptstadt des Départements<br />

Maine-et-Loire in der Region Pays de la Loire und hat schätzungsweise 156 000 Einwohner.<br />

Seit 1964 besteht eine Städtepartnerschaft zwischen Osnabrück und Angers. 12<br />

Die Stadt Osnabrück und ebenso dessen Partnerstadt Haarlem in den Niederlanden hatten den<br />

Wunsch, Kontakt zu einer französischen Stadt herzustellen, um eine Städtepartnerschaft ins Leben zu<br />

rufen. Der damalige französische Botschafter hörte von diesem Wunsch und schlug die Stadt Angers<br />

vor, <strong>für</strong> die sich die damaligen Räte der Städte letztendlich auch entschieden. Am 3. September 1964<br />

wurde <strong>im</strong> Friedenssaal des Osnabrücker Rathauses vom damaligen Oberbürgermeister Kelch aus Osnabrück,<br />

dem Bürgermeister Cremers aus Haarlem und dem Oberbürgermeister Turc aus Angers der<br />

Dreierpartnerschaftsvertrag unterzeichnet. 13<br />

10 Informationen sind der Homepage des RGRE http:www.rgre.de/ zu entnehmen.<br />

11 http://www.osnabrueck.de/5038.asp (Zugriff am 18.06.2012).<br />

12 http://www.angers.fr/decouvrir-angers/angers-en-chiffres/index.html (Zugriff am 18.06.2012).<br />

13 Informationen sind den Broschüren zu den Städtepartnerschaften der Stadt Osnabrück entnommen (<strong>im</strong><br />

Rathaus erhältlich).<br />

81


82<br />

3.2 Städtebotschafter <strong>im</strong> <strong>Austausch</strong>: Freundschaft kennt keine Grenzen – L’amitié ne connait<br />

pas de frontière<br />

Eine bislang einmalige <strong>Institut</strong>ion in der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land ist der <strong>Austausch</strong> von Städtebotschafterinnen<br />

und Städtebotschaftern. Die Stadt Osnabrück regte diese Tradition nach Abschluss der<br />

Partnerschaftsverträge 1964 an. Die Städte Angers, Haarlem und Osnabrück beschlossen, zur Förderung<br />

und Vertiefung ihrer Partnerschaft jungen Menschen die Möglichkeit zu geben ein Jahr lang in<br />

den jeweiligen Stadtverwaltungen der Partnerstädte zu arbeiten. Die Städtebotschafter kann man auch<br />

als Vertreter ihrer He<strong>im</strong>atstädte bezeichnen. Ihre Aufgaben sind demnach die dort anfallenden Tätigkeiten<br />

in Bezug auf die Städtepartnerschaft. Dieser Städtebotschafteraustausch erweiterte sich mit den<br />

Jahren auf die anderen Städtepartnerschaften Osnabrücks, Derby (Großbritannien), Çanakkale (Türkei)<br />

und Twer (Russland). 14<br />

Städtebotschafter können junge Leute werden, die über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen und<br />

zudem bereit sind, ein Jahr in der jeweiligen Partnerstadt zu arbeiten und zu wohnen. Bislang haben<br />

dieses Angebot bereits fast 150 junge Männer und Frauen genutzt. Aufgaben der Städtebotschafter<br />

sind beispielsweise die Vorbereitung von Projekten in Bezug auf den Schüleraustausch und die Organisation<br />

von Vereinsbegegnungen, ebenso der Empfang und die Betreuung von Gästen aus der jeweiligen<br />

Partnerstadt, die Übernahme von Stadtführungen, zudem Dolmetschertätigkeiten bei offiziellen<br />

Empfängen, die Übersetzung der Korrespondenz mit der Partnerstadt, außerdem Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Auch die Organisation von Bürgerreisen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Städtebotschafter,<br />

ebenso wie die Vermittlung von Praktikumsstellen und auch Wohnmöglichkeiten, sowie<br />

die Vorstellung der Partnerstadt in Schulen und Vereinen.<br />

In Osnabrück findet eine wichtige Zusammenarbeit des Städtebotschafters aus Angers mit der Volkshochschule<br />

Osnabrücker Land (VHS) statt. Die VHS vermittelt zusammen mit dem Büro <strong>für</strong> Städtepartnerschaften<br />

und auch der Universität Osnabrück, Referentinnen und Referenten aus Frankreich,<br />

die bei verschiedenen Veranstaltungen über ihr Land und ausgewählte Aspekte der französischen Kultur<br />

und Politik informieren. Eine weitere Tätigkeit des Städtebotschafters ist die Zusammenstellung<br />

eines Veranstaltungskalender von Angers, der über die Angebote bzw. Veranstaltungen dort informiert.<br />

Auf der Internetseite der Stadt Osnabrück 15 findet man viele Informationen zu aktuellem Themen<br />

wie Gastfamiliensuche oder den neuesten von den Städtebotschaftern vorbereiteten Aktionen, wie<br />

die Ende des Jahres stattfindende Bürgerreise.<br />

Der heutige Städtebotschafter aus Angers heißt Adrien Clémenceau und die Städtebotschafterin aus<br />

Osnabrück, die sich noch bis Oktober in Angers befindet, heißt Lea Grüter. 16<br />

14 http://www.osnabrueck.de/18805.asp (Zugriff am 18.06.2012).<br />

15 http://www.osnabrueck.de/4872.asp (Zugriff am 2.6.12).<br />

16 Im Rathaus Osnabrück erhältliche Broschüren.


4. Interview mit dem Städtebotschafter Adrien Clémenceau vom 24. Mai 2012 (vorbereitet und<br />

geführt von Anna Dinklage, Yvonne Drees, Marie-Christin Grigoleit und Deike Hofmann)<br />

Wir: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich als Städtebotschafter zu bewerben?<br />

Adrien Clémenceau: In der Schule hatte ich <strong>Deutsch</strong> als 2. Fremdsprache, an der ich eigentlich <strong>im</strong>mer<br />

viel Spaß hatte. Ich hatte während des Studiums eine gute <strong>Deutsch</strong>lehrerin und machte zwei Monate<br />

Praktikum in <strong>Deutsch</strong>land.<br />

Nachdem ich von der Suche nach einem neuen Städtebotschafter hörte, sah ich meine Chance länger<br />

in <strong>Deutsch</strong>land zu bleiben und so meine Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Im Ausland lernt man<br />

eine Sprache schneller und mein Praktikum war mir zu kurz, denn ich hatte viel Spaß in <strong>Deutsch</strong>land<br />

und ich habe wirklich Gefallen an <strong>Deutsch</strong>land gefunden. Die Bewerbung war verbunden mit einem<br />

Motivationsschreiben und zwei Interviews mit dem ehemaligen Städtebotschafter zur Prüfung der<br />

<strong>Deutsch</strong>kenntnisse, die zum Glück reichten. [...] Ein anderer Punkt, der mir einen Vorteil bei der Bewerbung<br />

zum Städtebotschafter brachte, war meine Liebe zu meiner Stadt. Ich vertrete Angers mit<br />

Stolz. Außerdem reise ich gerne und habe eine Vorliebe <strong>für</strong> Sprachen.<br />

Wir: Können Sie uns einige allgemeine Informationen zum „Beruf“ des Städtebotschafters nennen, da<br />

dieser nun wirklich nicht sehr bekannt ist? Und welches sind Ihre Aufgaben als Städtebotschafter?<br />

Adrien Clémenceau: Es sind insgesamt fünf Städtebotschafter <strong>im</strong> Rathaus vertreten. Die anderen vier<br />

stammen aus Haarlem (Niederlande), Derby (Großbritannien), Çanakkale (Türkei) und Twer (Russland).<br />

Im Allgemeinen bleiben Städtebotschafter vom 1. Oktober eines Jahres bis Ende September des<br />

folgenden Jahres, danach folgt der nächste Städtebotschafter.<br />

Die Städtebotschafter gibt es in <strong>Deutsch</strong>land nur in Osnabrück und in Frankreich nur in Angers, doch<br />

es hat sich als gute Möglichkeit zur Verstärkung der Partnerschaft erwiesen. Diesen Beruf des Städtebotschafters<br />

üben Männer oder Frauen zwischen 18 und höchstens 30 Jahren aus. Es ist eine gute Gelegenheit<br />

<strong>für</strong> die Jugendlichen ihre Stadt, also in meinem Fall Angers, zu vertreten und es bringt auch<br />

deren Städte etwas, nämlich guten Kontakt zu <strong>Deutsch</strong>land, und viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit.<br />

Die Städtebotschafter gibt es schon von Anfang an, das bedeutet seit dem Vertragsschluss <strong>im</strong><br />

Jahre 1964. Im Laufe der Jahre wurde es dann zu einer nicht mehr wegzudenkenden Tradition.<br />

Zu den Aufgaben der Städtebotschafter gehört die Beantwortung Anfragen, ob wir ein Projekt übernehmen<br />

oder einfach nur unterstützen wollen, z.B. <strong>im</strong> Bereich Sport, Soziales oder auch bei Schüleraustauschprojekten.<br />

Also, wenn man Hilfe bei der Organisation von Aktionen in Bezug auf Frankreich<br />

und <strong>Deutsch</strong>land benötigt, kann man sich an den aktuellen Städtebotschafter wenden.<br />

Auch eine Zusammenarbeit mit Politikern ist gefragt. Am Anfang der Maiwoche waren sieben Ratsmitglieder<br />

aus Angers anwesend, die dort die Verantwortlichen <strong>für</strong> die Themen Energie, Mobilität,<br />

Volkshochschulbildung, Bildung <strong>im</strong> Allgemeinen und noch weiteren Themengebieten sind. Sie trafen<br />

sich hier mit Vertretern dieser Gebiete aus Osnabrück um sich auszutauschen, da<strong>für</strong> diente ich teilweise<br />

als Dolmetscher. Das Thema „Alternative Energien“, zu denen vor allem auch Photovoltaik-<br />

Anlagen, Windkraftanlagen oder das Passiv-Haus gehören, ist <strong>für</strong> die Abgeordneten aus Angers sehr<br />

interessant. Aus diesem Grund gab es ein zusätzliches Treffen, bei dem die Fachleute aus Osnabrück<br />

die Interessenten aus Angers informierten und ihre Fragen beantworteten.<br />

Auch <strong>für</strong> Gruppen, die von Angers nach Osnabrück fahren, übern<strong>im</strong>mt ein Städtebotschafter die Organisation,<br />

das beinhaltet Unterkunft, Freizeitangebote und auch sonstige persönliche Bedürfnisse.<br />

Weitere Aufgaben sind Übersetzungen, zu denen auch die Durchsicht der Tageszeitung aus Angers<br />

zählt, um <strong>im</strong>mer über den aktuellsten Stand informiert zu sein.<br />

Außerdem ist eine meiner Aufgaben die Weiterführung der Projekte meiner Vorgänger. Ein Treffen,<br />

einmal <strong>im</strong> Jahr, an dem alle Interessierten teilnehmen können, ist eines dieser Projekte, wobei die<br />

83


84<br />

Treffen abwechselnd in Osnabrück und Angers veranstaltet werden sollen. Es soll eine Dauer von ca.<br />

vier Tagen haben und mit einem kulturellen <strong>Austausch</strong> verbunden sein, aber es geht auch darum, sich<br />

kennen zu lernen, Spaß zu haben und einfach Zeit miteinander zu verbringen.<br />

Wir: Wie können Schüler/Studierende/Interessenten Kontakt nach Angers aufnehmen und evtl. an<br />

einem <strong>Austausch</strong>programm teilnehmen?<br />

Adrien Clémenceau: Auch die Organisation von Wohnungen oder Gastfamilien in Angers <strong>für</strong> Studenten,<br />

die beispielsweise am Erasmus-Programm teilnehmen, gehört zu den Aufgaben eines Städtebotschafters.<br />

Ebenso geben wir Praktikumsinformationen und sind behilflich bei der Vermittlung von<br />

Praktikumsstellen. In meinem Fall geschieht das alles in großer Zusammenarbeit mit der dortigen<br />

Städtebotschafterin <strong>für</strong> Osnabrück, Lea Grüter. Sie ist mir <strong>im</strong>mer eine große Hilfe und es herrscht ein<br />

reger Kontakt aufgrund der Projekte.<br />

Auch betreue ich Schülergruppen aus Angers, die eingeladen und <strong>im</strong> Friedenssaal empfangen werden,<br />

denn es ist wichtig, gute Beziehungen zwischen den Nachbarländern zu erhalten, so wie ich es bei<br />

solchen Veranstaltungen auch <strong>im</strong>mer wieder betone. Auch Stadtführungen bzw. Rathausführungen auf<br />

Französisch werden von mir übernommen, ebenso die Besichtigung des Marienkirchenturms. All dies<br />

findet statt, damit die Schüler aus Angers ihre Partnerstadt in <strong>Deutsch</strong>land kennen lernen.<br />

Der Besuch in Schulen ist eine weitere meiner Aufgaben, dort gestalte ich den Unterricht und stelle<br />

meine He<strong>im</strong>atstadt vor. Doch nicht nur ich gehe in die Schulen, sondern die Städtebotschafterin aus<br />

Derby begleitet mich. In den Schulen wird dann auch über allgemeine Informationen zu dem Thema<br />

Partnerstädte geredet, beispielsweise wozu diese „Verbindung“ überhaupt gut ist. Auch der Lerneffekt<br />

soll bei solchen Besuchen nicht außen vor bleiben, das „Lernen vor Ort“ ist ein beliebtes Situationsspiel,<br />

um den Schülern Französisch beizubringen. Das kann so ablaufen, dass ich einen Verkäufer<br />

spiele und die Schüler müssen eine Karte <strong>für</strong> die Metro kaufen. Ich bin der Meinung, dass interaktives<br />

Lernen um einiges besser ist als die Schüler einfach nur zuhören zu lassen.<br />

Auch ein Projekt mit der Jugendwerkstatt Dammstrasse läuft aktuell, denn die Arbeit mit Jugendlichen,<br />

die nicht mehr in die Schule gehen und zum Teil keinen Abschluss haben, ist ebenfalls wichtig.<br />

In Angers gibt es eine ähnliche Organisation wie die Jugendwerkstatt. Derzeit werden nun Treffen<br />

zwischen der französischen und der deutschen Organisation in die Wege geleitet und es soll gemeinsam<br />

ein Projekt, ein Event oder Ähnliches ins Leben gerufen werden. Die Leiter der Jugendwerkstatt<br />

aus Osnabrück fahren zu diesem Zweck nächsten Monat nach Angers, um dort schon mal auszukundschaften,<br />

was man machen kann, und natürlich um einige Dinge <strong>für</strong> die Fahrt zu klären und zu organisieren.<br />

Wir: Welche aktuellen Projekte gibt es noch?<br />

Adrien Clémenceau: Ein gerade erst vollendetes Projekt war der „Angerstag“ bei der Maiwoche, also<br />

einen Tag der der Stadt Angers gewidmet war. Jeder der Städtebotschafter hatte einen Tag <strong>für</strong> seine<br />

Stadt. Um den Tag zu gestalten, wurde Kontakt mit Gruppen aus Angers, zum Beispiel Musikern,<br />

aufgenommen. Mit einem mir zur Verfügung gestellten Budget habe ich dann Musiker wie die Rockband<br />

Daria eingeladen. 17<br />

Auch Lesungen in den Kindergärten zusammen mit den anderen Städtebotschaftern werden <strong>im</strong>mer<br />

mal wieder durchgeführt. Das kann man sich so vorstellen, dass beispielsweise die Geschichte der<br />

Bremer Stadtmusikanten vorgelesen wird. Dies geschieht abwechselnd in der jeweiligen Muttersprache<br />

des Städtebotschafters und die Kinder sollen dann die Wörter erkennen. Die Wörter auf Russisch,<br />

17 Vgl. Osnabrücker Zeitung vom 19. Mai 2012 oder http://www.noz.de/artikel/64090839/heier-sound-inallen-ecken.


Türkisch, Englisch und Französisch sollen den Bildern der Tiere zugeordnet werden, während die<br />

Geschichte vorgetragen wird.<br />

Im nächsten Monat ist ein Afrika-Festival in Osnabrück geplant, welches in der Zeit vom 1. Juni bis<br />

zum 1. Juli stattfinden wird. Auch ich als Städtebotschafter möchte mich an diesem Festival beteiligen.<br />

Die Partnerstadt Bamako (Mali) von Angers liegt <strong>im</strong> Westen Afrikas. Also soll eine Verbindung<br />

zwischen Bamako und Osnabrück aufgrund der Partnerschaft von Osnabrück zu Angers hergestellt<br />

werden.<br />

In diesem Jahr ist auch noch ein <strong>Austausch</strong> <strong>für</strong> behinderte Judoka des Sutthausener Judovereins geplant.<br />

Bei dieser Organisation gibt es einige Besonderheiten, da man vorher abklären muss, welche<br />

zusätzlichen Vorkehrungen in Angers <strong>für</strong> die Menschen mit Behinderung getroffen werden müssen.<br />

Auch die Freizeitplanung in Angers ist wichtig, denn die Judoka sollen nicht nur zusammen ihren<br />

Sport ausüben, sondern auch ein abwechslungsreiches Programm geboten bekommen.<br />

Das hörte sich bis jetzt ja eigentlich alles ganz positiv an, doch leider läuft nicht <strong>im</strong>mer alles so gut.<br />

Ein geplantes Motorradtreffen musste vor kurzem ausfallen, da letztendlich zu wenige Interessenten<br />

sich wirklich anmeldeten. Dies ist zudem kein Einzelfall. Es ist <strong>im</strong>mer sehr schade, wenn mehrere<br />

Monate Organisation umsonst waren, da es zu wenige Teilnehmer gibt. Bei einem geplanten Kanuausflug<br />

war die Teilnehmerzahl in Angers zu gering und daher mussten wir diese Aktion auch leider wieder<br />

absagen. Manchmal ist es aber eben einfach so, dass die Vereine vor Ort nicht genügend Teilnehmer<br />

zusammen bekommen, andere Gründe sind aber bedauerlicherweise auch <strong>im</strong>mer häufiger Geldmangel.<br />

Andere Projekte laufen aber weiterhin gut und regelmäßig. An jedem zweiten Montag <strong>im</strong> Monat gibt<br />

es von 18-20Uhr eine Radiosendung namens „Freundschaft kennt keine Grenzen“ bei OS-Radio auf<br />

der Frequenz 104,8. In dieser Sendung informieren die anderen Städtebotschafter und ich euch über<br />

die verschiedensten Themen, vor allem natürlich über die wichtigsten Ereignisse in unserer He<strong>im</strong>atstadt.<br />

Dazu zählen Sportereignisse oder neue Bands.<br />

Die vom 3. bis 9. September stattfindende Bürgerreise nach Angers wird nach der nun beendeten Ausschreibung<br />

mit 27 Teilnehmern stattfinden.<br />

Ein ganz toller Aspekt hinsichtlich der Arbeit der Städtebotschafter ist, dass jeder seine eigenen Ideen<br />

in die Reisen und auch in die anderen Events mit einbringen kann, denn jeder Städtebotschafter hat<br />

andere Ideen und Vorlieben und ist an keine Vorgaben gebunden, er soll nur die Partnerschaft der<br />

Städte lebendig machen und erhalten.<br />

Wir: Wie beurteilen Sie den derzeitigen Stand der <strong>Austausch</strong>- und Freundschaftsbeziehungen zwischen<br />

<strong>Deutsch</strong>land und Frankreich? Wie Sie auf <strong>Deutsch</strong>land, als Land <strong>für</strong> einen längeren Aufenthalt<br />

gekommen sind, wissen wir ja bereits, aber wie ist Ihre und die allgemeine Einstellung in Angers zu<br />

Osnabrück/<strong>Deutsch</strong>land bzw. zum <strong>Deutsch</strong> lernen?<br />

Adrien Clémenceau: Also erstmals möchte ich die Stadt Osnabrück loben, die Leute hier sind <strong>im</strong>mer<br />

nett, es ist leicht mit ihnen in Kontakt zu treten und sie verbreiten eine gute St<strong>im</strong>mung. Außerdem<br />

habe ich hier <strong>im</strong> Rathaus ein sehr nettes Team, mit dem man viel erleben kann. Dadurch, dass Osnabrück<br />

eine Studentenstadt ist, in der man viel und gut feiern kann, gibt es auch viele tolle Veranstaltungen.<br />

Neben der Maiwoche gibt es zum Beispiel noch den Herbstmarkt oder den Weihnachtsmarkt. Das<br />

einzige, was mir wirklich in Osnabrück fehlt, ist ein richtiger Fluss, denn ich fahre sehr gerne Kanu.<br />

Mhm, die Beurteilung der Beziehungen „franco-allemand“ ist keine leicht zu beantwortende Frage.<br />

Also, ich finde es gibt eine gute Organisation <strong>für</strong> die bilingualen unter uns, denn es gibt viele Projekte.<br />

Aber es fällt auf, dass es viele Franzosen gibt, die noch nie in <strong>Deutsch</strong>land waren und es daher auch<br />

sehr schnell verurteilen. Viele kennen <strong>Deutsch</strong>land einfach zu wenig, das ist auch ein großes Problem<br />

in Angers. Außerdem geht die Tendenz in Angers eher zum Spanisch als zum <strong>Deutsch</strong> lernen über,<br />

85


86<br />

denn diese Sprache ist ebenfalls romanisch und <strong>für</strong> uns einfacher zu erlernen. Es ist wirklich schwer,<br />

die Franzosen <strong>für</strong> <strong>Deutsch</strong>land zu begeistern, doch auch die guten politischen Beziehungen zwischen<br />

Merkel und Sarkozy zeigen, dass eine gute Beziehung möglich ist. Es ist also sehr wichtig, viele Treffen<br />

zwischen den Bewohnern aus Angers und denen aus Osnabrück in die Wege zu leiten, damit diese<br />

gute Beziehungen, die bereits seit 48 Jahren bestehen, auch weiterhin bestehen bleiben.<br />

(Hautnah haben wir während des Interviews eine der Aufgaben des Städtebotschafters beobachten<br />

können. Ein Mann aus Angers machte eine Fahrradtour von Angers nach Oslo, hatte eine Gastfamilie<br />

<strong>für</strong> den Aufenthalt in Osnabrück eingeplant, die ihm dann aber wenige Stunden vor seiner Ankunft aus<br />

Krankheitsgründen absagen musste. Nun suchte er Hilfe be<strong>im</strong> Städtebotschafter denn, er brauchte eine<br />

Bleibe <strong>für</strong> die Nacht. Adrien kümmerte sich sofort um den Mann und suchte ein passendes Hotel heraus.)<br />

5. Aktuelle deutsch-französische Projekte<br />

5.1 Aktuelle Projekte der Städtepartner Osnabrück-Angers<br />

Jährlich findet eine Bürgerreise abwechselnd nach Angers bzw. Osnabrück statt. 2012 geht es vom 3.<br />

bis 9. September nach Angers und die Osnabrücker Bürger haben so die Möglichkeit, die französische<br />

Partnerstadt kennen zu lernen. Das Programm reicht von Besichtigungen des Likörhauses „Giffard“<br />

über Wein- und Sektproben bis zu Straßenfesten und einer Kreuzfahrt auf der Loire. 18<br />

Ein weiteres Projekt der Stadt Osnabrück besteht darin, über den Radiosender „osradio 104,8“ auf<br />

derFrequenz 104,8 jeden zweiten Montag <strong>im</strong> Monat ab 18h das zweistündige Hörfunk-Magazin<br />

„Freundschaft kennt keine Grenzen“ anzubieten, in dem aktuelle Berichte und Musik aus der He<strong>im</strong>at<br />

der Städtepartner gesendet werden.<br />

In Bezug auf die Schule und die kulturelle Bildung sowie die sprachliche Förderung, lässt sich die seit<br />

2011 eingeführte „Begleitung der Städtebotschafter <strong>im</strong> Unterricht während interkultureller Projekttage“<br />

beispielhaft erwähnen. Im letzten als auch in diesem Jahr arbeiteten die Städtebotschafter Osnabrücks,<br />

Abby Campbell aus Derby (Großbritannien) und Adrien Clémenceau aus Angers (Frankreich),<br />

<strong>im</strong> Fremdsprachenunterricht mit. Dabei sollten während der Projekttage nicht nur das Interesse <strong>für</strong> die<br />

Kulturen geweckt werden, sondern Sprachkenntnisse angewendet und vertieft werden. Vom normalen<br />

Schulalltag wurde <strong>für</strong> einen Moment einmal Abstand genommen und die 7.-10. Klassen konnten mit<br />

Spaß die französische Sprache und Kultur erleben.<br />

5.2 Aktuelle Projekte zwischen französischen und niedersächsischen Städten 19<br />

Bezüglich der aktuellen Projekte zwischen französischen und deutschen Städten innerhalb Niedersachsens<br />

lässt sich folgendes festhalten: Wenn eine französische Partnerstadt vorhanden ist, dann bestehen<br />

in den meisten Städten Beziehungen zwischen den örtlichen Schulen und deren jeweiligen Partnerstädten<br />

in Frankreich. Oftmals existiert auch in der nächstgrößeren Stadt eine <strong>Deutsch</strong>-Französische Gesellschaft,<br />

an die man sich bezüglich aktueller Veranstaltungen, auch vertrauensvoll wenden kann.<br />

Kommen wir nun zu einigen aktuellen Beispielen deutsch-<strong>französischer</strong> Projekte, an denen wir als<br />

Studierende, SchülerInnen oder einfach als interessierte BürgerInnen auch aktiv teilnehmen können:<br />

Die Stadt Soltau bietet <strong>im</strong> organisatorischen Verbund mit den örtlichen Sportvereinen einen jährlich<br />

<strong>im</strong> Wechsel mit der Partnerstadt Laon stattfindenden Leichtathletikaustausch an. In Oldenburg hinge-<br />

18 S. Aushang: Bürgerreise.<br />

19 Informationen auf Anfrage bei den Servicecentern der jeweiligen Städte.


gen standen in diesem Jahr bei dem Internationalen Freundschaftstreffen <strong>im</strong> Mai (17. bis 20. Mai)<br />

hauptsächlich die Beziehungen zwischen Oldenburg und seiner Partnerstadt Cholet <strong>im</strong> Fokus. Eine<br />

Gästegruppe von 167 Personen aus Cholet war zu Gast. Der Großteil der Beziehungen ist über Jahre<br />

und teils Jahrzehnte gewachsen, die ursprünglichen Kontakte bestehen zumeist auf sportlicher Ebene,<br />

daher gibt es Kontakte <strong>im</strong> Bereich Judo, Fechten und bei den Sportschützen.<br />

Ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> den sportlichen <strong>Austausch</strong> ist der Ort Melle. Dieser hat mit seiner gleichnamigen<br />

Partnerstadt Melle (in der Region Poitou-Charentes <strong>im</strong> Westen Frankreichs) ein <strong>Austausch</strong>projekt,<br />

bei dem jedes Jahr zu Pfingsten ein Jugendfußballturnier zwischen den örtlichen Vereinen stattfindet.<br />

Der Austragungsort wechselt jedes Jahr, 2013 geht es nach Melle, Frankreich.<br />

Und ein letztes Beispiel <strong>für</strong> die vielfältigen <strong>Austausch</strong>projekte zwischen deutsch-französischen Partnerstädten<br />

sei hier genannt: Die Stadtjugendpflege Goslar biete 2012 zwei Jugendbegegnungen <strong>für</strong><br />

junge Menschen <strong>im</strong> Alter zwischen 14 und 17 Jahren an. Hierbei handelt es sich zum einen um eine<br />

Begegnung mit Jugendlichen aus allen Partnerstädten (Arcachon, Windsor and Maidenhaid, Beroun,<br />

Brzeg) zum Thema „Erneuerbare Energien“, zum anderen um ein Treffen in Arcachon mit Jugendlichen<br />

aus Frankreich, Belgien und <strong>Deutsch</strong>land zum Thema „Comic“.<br />

6. Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Städtepartnerschaften nicht nur ein wichtiges Element der<br />

deutsch-französischen Verständigung sind sondern ebenso ein zentrales Mittel zur Umsetzung der<br />

Forderungen des Élysée-Vertrags darstellen. Zunächst lässt sich festhalten, dass das Konzept der Städtepartnerschaften<br />

auf deutsch-<strong>französischer</strong> Ebene gut funktioniert, was sich zunächst einmal an der<br />

Vielzahl existierender Partnerschaften ablesen lässt. Wenn man die Aktivität der oben aufgeführten<br />

Partnerschaften reflektiert, so zeigt sich jedoch auch, dass die Umsetzung auf lokaler Ebene sehr unterschiedlich<br />

ist. Während die einen regelmäßig Reisen und Aktionen anbieten, die anderen Schulpartnerschaften<br />

pflegen, treffen andere wiederum nur auf Verwaltungsebene zusammen. Und natürlich<br />

gibt es auch viele deutsche Städte, die keine französische Partnerstadt haben.<br />

Osnabrück ist in Bezug auf die Pflege der Partnerstadtkontakte durchaus beispielhaft, weist eine Vielfalt<br />

an kulturellem <strong>Austausch</strong> auf und bemüht sich, die Menschen zusammenzuführen. Im Gegensatz<br />

dazu konnten viele andere Städte auf Anfrage keine Konzepte vorlegen und der <strong>Austausch</strong> scheint<br />

dem punktuellen und zufälligen Engagement Einzelner überlassen zu bleiben. Angesichts der Tatsache,<br />

dass nur zehn von dreizehn Städten sich auf die Frage zurückmeldeten, welche aktuellen Projekte<br />

es derzeit gibt, und davon sogar nur vier (!) einen Plan aktueller <strong>Austausch</strong>vorhaben vorlegen konnten,<br />

ist das Ergebnis eher ernüchternd. Hieraus kann man schließen, dass es vielfach recht schade ist, wie<br />

es um die Aktivität der Partnerstädte steht, und es gäbe in manchen Städten noch viele Möglichkeiten,<br />

die Zusammenarbeit zu verbessern.<br />

Es gibt zahlreiche Wege die Freundschaft zwischen deutschen und französischen Städten aufrechtzuerhalten.<br />

Freundschaft verbindet, Freundschaft kennt keine Grenzen – doch Freundschaften wollen<br />

gepflegt werden und deshalb müssen wir und unsere Gemeinden die Initiative ergreifen und sie wieder<br />

neu aufblühen lassen.<br />

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88<br />

Literatur<br />

Pr<strong>im</strong>ärquellen<br />

Interview mit dem Städtebotschafter Adrien Clémenceau am 24.05.2012, <strong>im</strong> Städtepartnerschaftsbüro<br />

des Rathauses Osnabrück.<br />

Sekundärliteratur<br />

Woesler, Dietmar M. (1998): Städtepartnerschaften in der Praxis. Handbuch <strong>für</strong> Städte- und Schulpartnerschaften.<br />

Bonn: Europa Union Verlag.<br />

Online-Quellen<br />

<strong>Deutsch</strong>-französisches Internetportal: „Geschichte der deutsch-französischen Zusammenarbeit“,<br />

http://www.france-allemagne.fr/Geschichte-der-deutsch,1501.html (Zugriff am 16.06.2012).<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> europäische Partnerschaften und internationale Zusammenarbeit: „Wir über uns – IPZ:<br />

Gemeinsame Grenzen“, http://www.ipz-bonn.de/6.html (Zugriff am 12.06.2012).<br />

Online Lexikon: http://www.lexikus.de/J-K-Weiser-Vater-und-Sohn/Johann-Konrad-Weiser-der-<br />

Vater/Die-franzoesischen-Raubkriege (Zugriff am 16.06.2012).<br />

Rat der Gemeinden und Regionen Europas: „Der RGRE stellt sich vor“,<br />

http://www.rgre.de/vorstellung.html (Zugriff am 12.06.2012).<br />

Stadt Angers: http://www.angers.fr (Zugriff am 18.06.2012).<br />

Stadt Osnabrück: http://www.osnabrueck.de (Zugriff am 18.06.2012).<br />

Stadt Osnabrück: „On-Air Partnerstädte <strong>im</strong> Radio“, http://www.osnabrueck.de/33398.asp (Zugriff am<br />

16.6.2012).


Die <strong>Deutsch</strong>-Französischen Gesellschaften am Beispiel Osnabrück.<br />

Ein Gespräch mit Bernd Käsebier, geführt von Marie-Christin Grigoleit am 15. Mai 2012<br />

Bernd Käsebier ist Beiratsmitglied der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Gesellschaft (DFG)<br />

Osnabrück, Bundeskassenführer der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -<br />

lehrer (VdF), Vorsitzender des Regionalverbandes Niedersachsen-Bremen der VdF,<br />

war bis 2011 Französischlehrer am Graf-Stauffenberg-Gymnasium Osnabrück und<br />

Fachberater <strong>für</strong> Französisch in der Schulaufsicht der Niedersächsischen Landesschulbehörde,<br />

Regionalabteilung Osnabrück.<br />

M.-C. Grigoleit: Sie waren schon bei der Gründung der <strong>Deutsch</strong>-Französischen Gesellschaft (DFG)<br />

vor nun genau 25 Jahren dabei. Was war und ist heute <strong>im</strong>mer noch ihre persönliche Motivation, sich<br />

<strong>für</strong> den deutsch-französischen <strong>Austausch</strong> zu engagieren?<br />

B. Käsebier: Es hat natürlich einerseits mit meinem Beruf zu tun. Ich bin Französischlehrer und habe<br />

ich mich auch deshalb dann <strong>für</strong> die DFG engagiert, die, ich muss sagen – erst – vor 25 Jahren gegründet<br />

worden ist. 1964, ein Jahr nach dem Élysée-Vertrag, hat Osnabrück bereits eine Partnerschaft mit<br />

Angers geschlossen und da wurde es höchste Zeit, dass hier auch auf lokaler Ebene eine DFG gegründet<br />

wurde, wie überall in der Bundesrepublik.<br />

M.-C. Grigoleit: Was ist überhaupt eine DFG? Welche Ziele verfolgen die Mitglieder der DFG <strong>im</strong><br />

Allgemeinen und die DFG Osnabrück <strong>im</strong> Besonderen?<br />

B. Käsebier: Also Ziel der DFG allgemein ist die Förderung des Verständnisses zwischen den beiden<br />

Völkern. Und dann das, was wir heute auch <strong>im</strong> Fremdsprachenunterricht als Leitziel haben: Förderung<br />

der Interkulturalität, das heißt, beide Kulturen auf lokaler Ebene zusammenzuführen. Vor allen Dingen<br />

natürlich auch ein Zusammenführen - etwa hier am Beispiel von Osnabrück – der <strong>im</strong> Osnabrücker<br />

Raum lebenden Franzosen mit den hier lebenden <strong>Deutsch</strong>en aus verschiedenen Berufsschichten. Es<br />

soll also kein Interessensverband, etwa der Lehrer oder Professoren sein, sondern möglichst viele Bürger<br />

aus verschiedensten Schichten zusammenbringen. Kulturelle Veranstaltungen werden und wurden<br />

organisiert. Es geht auch um das Zusammenleben, <strong>im</strong> Sinne der convivialité oder der Gemütlichkeit,<br />

bei gemeinsamen Veranstaltungen, z.B. einfach bei einer gemeinsamen Weinprobe, einem Boulespiel<br />

oder einer Fahrradtour, aber eben auch bei kulturellen Veranstaltungen wie Lesungen, Chansons-<br />

Abenden und Ähnlichem.<br />

M.-C. Grigoleit: Was waren die Rahmenbedingungen und die Gründe <strong>für</strong> die Entstehung der DFG in<br />

Osnabrück?<br />

B. Käsebier: Die DFG Osnabrück entstand aus einem sehr CDU nahen Bereich. Sie kennen möglicherweise<br />

das Hermann Ehlers-Studentenwohnhe<strong>im</strong>. Und dort war auch eine sogenannte Hermann Ehlers-Akademie,<br />

in der regelmäßig Vorträge stattfanden. Und einer der Vortragenden war Mitglied der<br />

DFG in Kiel, der häufig zu Frankreich über das Loire-Tal, die Provence oder die Tapisserie de Bayeux<br />

oder so etwas vortrug. Zu diesen Vorträgen kamen Menschen der verschiedensten Schichten zusammen,<br />

das war ein richtiges pêle-mêle, das empfand auch der Osnabrücker Bürgermeister, und da sagte<br />

man sich: „Also, eine DFG können wir hier auch gründen“. Das war zunächst erstmal die Initiation.<br />

M.-C. Grigoleit: Was haben Sie jetzt speziell als Mitglied der DFG in Osnabrück <strong>für</strong> Aufgaben?<br />

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90<br />

B. Käsebier: Ich hatte verschiedene Aufgaben. Jetzt bin ich <strong>im</strong> Beirat, der den Vorstand in seiner Arbeit<br />

unterstützt. Ich habe damals mit einer Kommission unter Leitung eines Juristen von der Universität<br />

Osnabrück die Satzung mitgeschrieben und dann war ich mal Kassenprüfer, oder Ähnliches, was<br />

man in so in einem ganz normalen Verein halt macht. Dazu gehört eben mithelfen, Veranstaltungen<br />

und Ausflüge oder Ähnliches zu organisieren.<br />

M.-C. Grigoleit: Welche Rolle spielen die DFGs aus Ihrer Sicht <strong>für</strong> die deutsch-französische Freundschaft?<br />

B. Käsebier: Es gibt ja DFGs <strong>im</strong> gesamten Bundesgebiet, es gibt auch eine VDFG, eine Vereinigung<br />

der DFGs, und die ist der Dachverband, der auch auf nationaler und binationaler Ebene Tagungen,<br />

Besprechungen organisieren kann. Dieser Dachverband vergibt Preise <strong>für</strong> das Engagement in best<strong>im</strong>mten<br />

Wettbewerben (z. B. den mit 2.000 EUR dotierten Jugend-Theater-Preis), zeichnet Leute<br />

aus, die sich um die deutsch-französischen <strong>Austausch</strong> besonders verdient gemacht haben (z. B. den<br />

mit 10.000 EUR dotierten Elsie-Kühn-Leitz-Preis und auch den mit 3.000 EUR dotierten Joseph-<br />

Rovan-Preis), und schafft dann dadurch, dass er nun eben diese große Mitgliederzahl hinter sich hat,<br />

natürlich auch Kontakte zu den beiden Regierungen bzw. ihren Botschaften.<br />

M.-C. Grigoleit: Wie werden Sie von politischer Seite in Ihren Aktivitäten in finanzieller, sowie ideeller<br />

Hinsicht unterstützt?<br />

B. Käsebier: Also, finanziell nicht. Aber in ideeller Weise schon, das zeigt sich z.B. daran, dass unser<br />

erster Präsident ehemaliger Oberbürgermeister von Osnabrück war und von daher auch die politische<br />

D<strong>im</strong>ension abdeckte und natürlich auch die Beziehungen zur Stadt Osnabrück knüpfte. Und man muss<br />

auch sagen, die Stadt Osnabrück ist auf dem Vereinssektor recht rege. Sie unterstützt ideell Ausländervereine<br />

und binationale Gesellschaften (z.B. neben der DFG auch die <strong>Deutsch</strong>-Polnische oder die<br />

<strong>Deutsch</strong>-Italienische Gesellschaft) indem sie sie z. B. zum alljährlich stattfindenden Fest der Kulturen<br />

einlädt und ihnen damit die Gelegenheit bietet, sich bekannt zu machen und Mitglieder zu werben.<br />

C. Grigoleit: Welche aktuellen Projekte verfolgt die DFG Osnabrück?<br />

B. Käsebier: Wir sind mitgliedermäßig etwas geschrumpft <strong>im</strong> Laufe der Jahre, das hat mit der Altersstruktur<br />

zu tun, es kommen wenig neue Menschen hinzu. Und da ist natürlich das finanzielle Polster<br />

auch relativ gering. Wir mussten also von daher unser Programm etwas einschränken. Wir haben jetzt<br />

sehr viele Veranstaltungen wie z.B. die table ronde, wo sich Leute, <strong>Deutsch</strong>e und Franzosen, zum<br />

zwanglosen Gespräch treffen. Darüber hinaus sollen auch wieder kulturelle Abende stattfinden. Damit<br />

sich die Mitglieder untereinander besser kennen lernen können, ist z. B. <strong>für</strong> den 15. Juli ein Boule-<br />

Turnier geplant.<br />

Und was ganz wichtig ist: Die DFG organisiert und finanziert seit etwas mehr als 20 Jahren den Französischunterricht<br />

an den Grundschulen. Das heißt, es werden Arbeitsgemeinschaften von Studenten<br />

und Studentinnen der Romanistik abgehalten, die Kinder spielerisch an das Französische heranführen.<br />

Und das wird an vier oder fünf Standorten hier in Osnabrück betrieben und ist etwas, was sich lange<br />

hält und was wir uns auch wirklich auf die Fahnen schreiben können. Das hat auch damit zu tun, dass<br />

damals - Ende der 80er Jahre - Osnabrück neben Hannover und Braunschweig vom Kultusministerium<br />

als Standort <strong>für</strong> Französisch als erste Fremdsprache eingerichtet wurde. Diese Einrichtung hat die<br />

DFG von Anfang an mit unterstützt.<br />

M.-C. Grigoleit: Inwiefern sind die ursprünglichen Zielsetzungen der DFG Osnabrück bereits in die<br />

Realität umgesetzt worden und gibt es Bereiche, in denen die DFG Probleme hat, ihre Interessen und<br />

Ziele durchzusetzen, sei es durch mangelnde Finanzierung oder mangelndes Interesse?


B. Käsebier: Wie schon angedeutet, je geringer die Mitgliederzahl, desto geringer ist die finanzielle<br />

Ausstattung. Und es ist ja nicht so, dass wir regelmäßig irgendwelche Zuwendungen bekämen von<br />

anderer Seite, sondern die DFG wird getragen von ihren Mitgliedern, und wenn wir wenig Geld zur<br />

Verfügung haben, dann schränkt das auch die Möglichkeiten ein. Was übrigens den Französischunterricht<br />

angeht, so zahlen die Eltern dieser Grundschulkinder, die an den Sprach-AGs teilnehmen, einen<br />

Beitrag und auch das <strong>Deutsch</strong>-Französische Jugendwerk unterstützt diese Tätigkeit mit entsprechenden<br />

Beträgen, sodass dies also ein Bereich ist, der sich selbst trägt. Und ich hoffe auch den beteiligten<br />

Studenten und Studentinnen viel Freude macht.<br />

Das Interesse an den DFGs ist in gewisser Weise erlahmt, das ist aber nicht nur lokal, sondern auch<br />

bundesweit zu beobachten. Die deutsch-französische Freundschaft ist ja doch quasi eine Selbstverständlichkeit<br />

geworden. Und auch wenn es hier und da knirscht, glaubt man, nicht mehr so viel Neues<br />

darin zu entdecken zu können. Deshalb ist es dann auch schwierig bei der Werbung um Mitglieder.<br />

Viele Ältere sind ausgeschieden, Neue kommen nicht, weil sie sich denken „Was ist eine DFG – das<br />

muss ich nicht haben“. Andererseits hat sich gerade ein paar Kilometer von uns entfernt, in Ibbenbüren,<br />

eine neue DFG gebildet, die ganz aktiv zu sein scheint und ähnliche Ziele verfolgt wie wir.<br />

Wir erleben gerade, dass es in der deutsch-französischen Politik auch gewisse Probleme gibt, obwohl<br />

ich gerade eben in den Nachrichten hörte, dass Präsident Hollande den Bürgermeister von Nantes,<br />

Jean-Marc Ayrault zum neuen französischen Premierminister ernannt hat. Und was ist an dem Menschen,<br />

den niemand bei uns kennt, dran? – Er ist ehemaliger <strong>Deutsch</strong>lehrer und nicht nur germanophon<br />

sondern auch germanophil und da erhofft man sich dann doch wieder eine bessere Beziehung<br />

zwischen den beiden Staaten. Und vielleicht gibt das auch wieder Anlass, neue Mitglieder <strong>für</strong> die DFG<br />

zu gewinnen und Interesse zu wecken.<br />

M.-C. Grigoleit: Zu guter Letzt, wie beurteilen Sie den derzeitigen Stand der <strong>Austausch</strong>- und Freundschaftsbeziehungen<br />

zwischen den beiden Ländern?<br />

B. Käsebier: Ich finde sie nach wie vor sehr vorbildlich. Ich habe selbst bei uns an der Schule fast 30<br />

Jahre den <strong>Austausch</strong> mit einer Schule in unserer Partnerstadt Angers geleitet und begleitet. Wir hatten<br />

das Glück, collège und lycée <strong>im</strong> gleichen Hause zu haben, sodass wir zwei Begegnungen pro Jahr<br />

durchführen konnten. Was ein bisschen schwierig geworden ist, ist, dass von <strong>französischer</strong> Seite die<br />

Zahl der <strong>Deutsch</strong> lernenden Schüler zurückgegangen und damit unsere Partnerschaft etwas ins Hintertreffen<br />

geraten ist. Dennoch ist es <strong>für</strong> mich angesichts der Vergangenheit <strong>im</strong>mer noch unfassbar, was<br />

alles durch die Aussöhnung mit den französischen Nachbarn <strong>im</strong> Westen auf europäischer Ebene hat<br />

geschaffen werden können. Die deutsch-französische Freundschaft hat die Zusammenarbeit in Europa<br />

beflügelt und nicht zuletzt auch die Aussöhnung mit den polnischen Nachbarn <strong>im</strong> Osten möglich gemacht.<br />

Wie schön wäre es, wenn dieses friedliche europäische Zusammenleben als Modell <strong>für</strong> die<br />

Beendigung des seit Jahrzehnten anhaltenden Konfliktes zwischen Israel und Palästina dienen könnte…<br />

M.-C. Grigoleit: Wir danken <strong>für</strong> das Gespräch!<br />

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