faktor STIL 2020/2
faktorSTIL – das Lifestyle Magazin für Göttingen und Südniedersachsen.
faktorSTIL – das Lifestyle Magazin für Göttingen und Südniedersachsen.
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Ausgabe 2 // <strong>2020</strong><br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
Stil<br />
❉ LEBENSART UND WOHNKULTUR IN SÜDNIEDERSACHSEN<br />
Vom Einfachsten das Beste<br />
Crêpes Vonnassiennes<br />
mit Trüffeln<br />
Slow fashion<br />
Nachhaltige Designermode<br />
aus Kassel<br />
Holzminden im Fokus<br />
Eine Reise in die Stadt der<br />
Düfte und Aromen
Der Shop für hochwertige Tapeten und Farben im deutschsprachigen Raum.<br />
Über 60 internationale Premiummarken im Sortiment.<br />
Ein Unternehmen der Victor Stahl Firmengruppe.<br />
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Editorial<br />
In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns intensiv mit einem meiner Lieblings themen: dem Genuss<br />
von gutem Essen. Dazu nehmen wir Sie mit auf die Jagd nach wahren Schätzen in Südniedersachsen ...<br />
Wussten Sie, dass sich hier bei uns in heimischen Gefilden schmackhafte Trüffeln verstecken?<br />
Fabian Sievers und sein Hund Woopee sind wahre Trüffel-Experten und zeigen uns, worauf es<br />
bei der Suche ankommt. Passend dazu waren wir zu Gast bei Werner Freund. Der mehrfach ausgezeichnete<br />
Spitzenkoch im ,französischen Eichsfeld‘ hat uns bei einer guten Flasche Wein sein Lieblings rezept – natürlich<br />
mit Trüffeln – verraten und darüber hinaus, worauf es beim Kochen wirklich ankommt: ,vom Einfachsten<br />
das Beste‘ ab Seite 14.<br />
Vermutlich beschäftigen Sie sich in diesem Jahr auch intensiver in und mit ihren eigenen vier Wänden.<br />
Noch nie haben wir so viel Zeit daheim verbracht ... Und seien wir mal ehrlich: Zuhause ist es doch eh am<br />
schönsten! Ein paar Inspirationen, wie Sie Ihr Heim sogar noch etwas schöner machen, finden Sie in<br />
unseren angesagten Einrichtungstrends für den Herbst ab Seite 22.<br />
COVERFOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA FOTO EDITORIAL: LUKA GORJUP<br />
Keine Lust auf Stubenhocken? Dann begleiten Sie uns ab Seite 40 auf einer Tour durch Holzminden, der<br />
Stadt der Düfte und Aromen, oder folgen Sie unseren Empfehlungen für die abwechslungsreichen Ausflugs ziele<br />
verteilt übers Weserbergland. Und wer doch lieber nur gedanklich auf Reise gehen will, dem sei der Göttinger<br />
Literaturherbst ans Herz gelegt, der dieses Jahr erstmals auch online vom Sofa aus zu erleben ist. So oder so:<br />
Viel Freude bei der Lektüre – und genießen Sie jeden Tag in unserer schönen Region mit Stil!<br />
Elena Schrader, Chefredakteurin<br />
schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: <strong>faktor</strong> Stil Entscheider Medien GmbH, Berliner Str. 10, 37073 Göttingen, Tel. 0551 3098390, Fax 0551 30983911, info@<strong>faktor</strong>-magazin.de, www.<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
Herausgeber: Marco Böhme (V.i.S.d.P.) // Chefredaktion: Elena Schrader (schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de) // Redaktion: Lea van der Pütten (Redaktion), Wolfgang Braun, Anja Danisewitsch, Rupert Fabig, Claudia Kaft<br />
Lektorat: CoLibris-Lektoratsbüro Dr. Barbara Welzel // Grafisches Konzept: Julia Braun // Art-Direktion und Layout: Julia Braun<br />
Vertrieb: Nicole Benseler // Auflage: 7.500 // Druck: Silber Druck oHG<br />
Wir übernehmen für unverlangt eingesendete Texte, Fotos, Zeichnungen etc. keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
Von <strong>faktor</strong> Stil gestaltete Anzeigen sind urheberrechtlich geschützt. Eine anderweitige Verwendung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Heraus gebers und einer Nutzungsentschädigung möglich.<br />
Ein Nachdruck der im <strong>faktor</strong> Stil veröffentlichten Beiträge (auch auszugsweise) ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers möglich.<br />
<strong>faktor</strong>Stil PARTNER
❉<br />
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Inhalt<br />
40<br />
6 Betörende Spurensuche<br />
Ein geschmackvoller Ausflug ins<br />
Trüffelland – mit den Experten<br />
Fabian Sievers und Woopee<br />
14 Vom Einfachsten das Beste<br />
Trüffelrezept von und mit<br />
Spitzenkoch Werner Freund<br />
EINRICHTEN & WOHNEN<br />
18 Die Sitzenbleiber<br />
Shabbylux erschafft Vintage-<br />
Möbel mit Leidenschaft<br />
22 Herbst ist angesagt!<br />
Tipps für ein Wohlfühl-Update in<br />
den eigenen vier Wänden<br />
6<br />
4 Stil<br />
MODE & LIFESTYLE<br />
26 Ein klares Statement<br />
Sophia Schneider-Esleben entwirft<br />
Designermode: fair, biologisch, zeitlos –<br />
und preisgekrönt<br />
34 Perlentaucher<br />
Gehoben: Shopping-Schätze<br />
aus Südniedersachsen<br />
KUNST & KULTUR<br />
26<br />
36 Herbst im Wandel<br />
Göttinger Literaturherbst geht<br />
neue, digitale Wege<br />
40 Ort im Fokus: Holzminden<br />
Reise durch die Stadt der Düfte und Aromen<br />
46 Quer durchs Weserbergland<br />
Ausflugstipps in der Region<br />
50 Der besondere Blick<br />
Pop-Art-Künstler Jim Dine in Göttingen<br />
FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA, MARKUS LUIGS, ILLUSTRATION: STOCK.ADOBE.COM
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Mittwoch: 10.00 – 12.00 Uhr, Freitag: 10.00 – 14.00 Uhr<br />
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Betörende<br />
Spurensuche<br />
Ein geschmackvoller Ausflug ins Trüffelland –<br />
mit den Experten Fabian Sievers und Woopee<br />
TEXT CLAUDIA KLAFT FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
6 Stil
„Ich habe hier einfach mit wenig Aufwand die Natur imitiert,<br />
sodass die Trüffel sagt: Ja, hier wachse ich.“<br />
7 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
8 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Es ist heiß, sehr heiß. Kleine Schweißtropfen<br />
stehen auf der Stirn des schlanken großen<br />
Mannes, der mir gegenübersteht. Bedächtig<br />
streicht er mit seiner Hand über<br />
aufgerichtete Härchen auf seinem Arm,<br />
blickt mich an und sagt: „Jetzt habe ich<br />
Gänsehaut.“<br />
Was Fabian Sievers so völlig die Hitze<br />
vergessen lässt, liegt schwarz, grobwarzig<br />
und erdig in seiner Hand: eine riesige<br />
Trüffel. Kein unbedingt appetitlicher Anblick<br />
– aber der intensive Duft, diese Melange<br />
aus Humus, Rote Bete und Nüssen,<br />
ist für Gourmets unwiderstehlich. „Trüffeln<br />
wollen gefunden werden, um sich zu<br />
verbreiten. Dafür haben sie Geruchsmoleküle<br />
entwickelt, die betörend duften“, erklärt<br />
der 48-jährige Trüffelexperte, grinst<br />
und ergänzt: „Und wenn sie verfaulen,<br />
riechen sie nach Aas, das mögen wiederum<br />
Füchse und Dachse.“ Wie gut, dass<br />
seine Hündin Woopee nur wohlduftende<br />
erschnüffelt. Und dieser Gänsehaut-Fund<br />
ist heute schon der zweite – für ihr Herrchen<br />
eine reiche Ernte. „Die beiden werden<br />
nachher ganz unromantisch eingefroren“,<br />
sagt Sievers und lässt den schwarzen<br />
Schatz in seine umgehängte Tasche<br />
kullern.<br />
E<br />
Seitdem<br />
SEIN WAHRER SCHATZ ABER ist Woopee,<br />
eine Lagotto-Romagnolo-Hündin mit<br />
schönen dichten Locken, die – typischerweise<br />
an Kopf und Beinen lang – „aus<br />
Pflegegründen“ kurz geschoren wurden.<br />
Ein bisschen Erde hängt jetzt aber doch<br />
im Fell, Sievers schaut sie schmunzelnd an<br />
und erzählt: „Als ich mein Unternehmen<br />
2012 gründete, hatte ich endlich einen<br />
Grund, mir einen Hund zu kaufen.“ Denn<br />
natürlich brauchte er eine Schnüffelnase<br />
für das Vorhaben, eine insgesamt drei<br />
Hektar große Trüffelplantage anzulegen,<br />
wovon er heute 1,2 Hektar in Eigenregie<br />
bewirtschaftet. Woopee ist ein wertvolles<br />
Unternehmensmitglied, betont Sievers und<br />
erinnert sich stolz, dass sie als acht Wochen<br />
alter, verspielter Welpe schnell lernte, Trüffeln<br />
zu riechen, zu finden und auszugraben.<br />
sind die beiden ein unzertrenn liches<br />
Spitzenteam. Kleine Trüffelerbsen<br />
knabbert Woopee weg, für das Abliefern<br />
der großen bekommt sie ein Leckerli.<br />
ES IST HOCHSOMMER, die Sonne prallt<br />
auf die Trüffelplantage in Langenholzen<br />
bei Alfeld, auf der die noch jungen Bäume<br />
uns keinen Schatten spenden. Und so spazieren<br />
wir schwitzend entlang an den<br />
Hain- und Rotbuchen, Stieleichen und<br />
Haselbäumen, alles Symbiosepartner der<br />
Trüffeln, die von ‚Begleitgehölzen‘ wie<br />
Eibe, Weißdorn, Wildkirschbäumen und<br />
Felsenbirnen flankiert werden. Sievers<br />
lässt seinen Blick in die hügelige Landschaft<br />
schweifen und erklärt: „Ich habe<br />
hier einfach mit wenig Aufwand die Natur<br />
imitiert, sodass die Trüffel sagt: Ja, hier<br />
wachse ich.“ Der Boden, der früher konventionell<br />
bewirtschaftet wurde, ist idealerweise<br />
kalkhaltig. Deshalb griff Sievers vor<br />
sieben Jahren zu, als die hügelige Fläche<br />
zum Verkauf stand. „Hier wollte ich beweisen,<br />
dass auch Deutschland ein Trüffelland<br />
ist“, sagt er und strahlt mit der Sonne<br />
um die Wette.<br />
Der Beweis liegt uns zu Füßen und wir<br />
suchen weiter bergauf etwas Schatten.<br />
➼<br />
9 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
» Immer hieß es, dass<br />
Deutschland kein Trüffelland<br />
ist, aber ich dachte mir,<br />
das lässt sich ändern. «<br />
Aber wieso beschäftigt er sich überhaupt<br />
landwirtschaftlich mit Trüffeln, fragen<br />
wir neugierig. Und er verrät, dass er<br />
ursprünglich auf dem Weg war, Pilz-Sachverständiger<br />
zu werden. Was er dort lernte,<br />
faszinierte ihn: dass die Symbiose von Pilz<br />
und Baum, die Mykorrhiza, ein Mechanismus<br />
ist, der auch künstlich hervorgerufen<br />
werden kann. „Ich habe mich gefragt,<br />
warum dies nur für den Trüffelanbau in<br />
Südeuropa und Frankreich genutzt wird.<br />
Immer hieß es, dass Deutschland kein<br />
Trüffelland ist, aber ich dachte mir, das<br />
lässt sich ändern.“ Und so ließ er Pilz Pilz<br />
sein, wurde zum Trüffel-Sachverständigen,<br />
tauschte sich mit Experten aus und machte<br />
sich selbstständig. Bis heute fußt Sievers’<br />
Geschäftsmodell auf der Beratung zu Anbau,<br />
Trüffelsuchhunden und dem Verkauf<br />
von Trüffelbäumen.<br />
AUF SEINER TRÜFFELPLANTAGE, die<br />
2014 als erste Deutschlands ökozertifiziert<br />
wurde, pflanzte er Setzlinge, die mit<br />
Pilzen heimischer Burgunder- bzw. Sommertrüffeln<br />
mykorrhiziert, also geimpft<br />
waren. „Ich möchte betonen, dass ich<br />
keine Trüffeln züchte, sondern sie kultiviere,“<br />
sagt der Experte und weist genauso<br />
nachdrücklich darauf hin, die Bezeichnungen<br />
nicht durcheinanderzubringen.<br />
Denn: Die französische Wintertrüffel ist<br />
die Périgord-Trüffel, die mit der deutschen<br />
Wintertrüffel nichts zu tun hat.<br />
Schwarze Trüffeln als Périgord-Trüffeln<br />
zu bezeichnen, ist gefährlich, denn fast<br />
alle Trüffeln sind schwarz. Was wir heute<br />
ernten, sind schwarze Sommertrüffeln, die<br />
frühe Varietät der Burgundertrüffel. Am<br />
eindeutigsten sind die lateinischen Tuber-<br />
Bezeichnungen...<br />
Seiner Hündin indes ist der fachmännische<br />
Diskurs zu theoretisch, sie steckt mit<br />
ihrer Nase schon längst unter einem anderen<br />
Baum … Und gräbt ... eine dritte Trüffel<br />
aus! Vergnügt springt sie an ihrem<br />
Herrchen auf und ab. „Wow, das gibt’s<br />
doch nicht! Du bist ja ein tolles Mäuseken!<br />
Komm her, trink was“, ruft Sievers<br />
und hält ihr eine Flasche Wasser hin, aus<br />
der sie gierig schlabbert. „Ihre Nase muss<br />
immer feucht bleiben, damit der Geruch<br />
ihr in der Nase kitzeln kann“, erklärt er.<br />
Zeit für eine Pause.<br />
Wir setzen uns ins schattige Gras am<br />
Waldrand und lauschen dem Trüffelexperten,<br />
was er beim Schnüffeln in der Geschichte<br />
ausgrub: Dass das, was hier und<br />
heute nach Pionierarbeit aussieht, eigentlich<br />
in der Region lange Tradition hat, die<br />
wohl durch die Weltkriege „flöten gegangen<br />
ist“. Mit einer kreisenden Bewegung<br />
deutet Sievers auf die umliegende Landschaft<br />
und erzählt: „Stellen Sie sich vor –<br />
hier war vor über 100 Jahren alles Trüffelgebiet.<br />
Sogar die europäischen Königshäuser<br />
wurden von hier aus beliefert.“<br />
ANGEFANGEN HATTE ES mit den Schweinen<br />
der Bauern, die sich in den Hutewäldern<br />
mit Eicheln und Bucheckern ordentlich<br />
Winterspeck anfutterten – und Trüffeln<br />
ausgruben. Daraufhin witterten findige<br />
Sammler das Geschäft und baten die Bauern<br />
um Pachtgrundstücke. Und was deren<br />
Schweine dort zutage förderten brachten<br />
sie zur Sammelstelle nach Everode. Das<br />
waren, so dokumentieren es historische<br />
Wareneingangsbücher, über 1.000 Kilogramm<br />
pro Jahr! Sievers, der im Landkreis<br />
Nienburg aufwuchs, fand im Dorf-<br />
➼<br />
10 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Trüffelsuche verboten!<br />
In Deutschland ist es derzeit<br />
nicht erlaubt, Trüffeln der freien Natur<br />
zu entnehmen. Dies ist dem Irrglauben<br />
geschuldet, hier gäbe es keine Trüffeln<br />
und die, die es gibt, seien so selten,<br />
dass man sie unbedingt schützen müsse.<br />
Pauschal setzte man also alle Arten<br />
der Gattung Tuber auf die<br />
Rote Liste.<br />
11 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Werden auch Sie zum Trüffelschwein!<br />
Die Art der nachhaltigen Landwirtschaft<br />
findet immer mehr Freunde.<br />
Doch auch die Bäume in Ihrem Garten<br />
können Sie kultivieren lassen!<br />
Fabian Sievers bietet Bodenanalysen<br />
und Anbautipps, verkauft Trüffelbäume<br />
aus heimischem Saatgut und berät,<br />
welcher Hund sich als Partner eignet.<br />
Sein kommerzielles Video bietet<br />
noch weitere Informationen<br />
rund um die Trüffel.<br />
www.leinebergland-trueffel.de<br />
buch von Langenholzen den erstaunlichen<br />
Eintrag: „Einer der Pacht-Antragstellen<br />
hieß Sievers! Ist das nicht ein irrer Zufall?<br />
Wahrscheinlich bin ich nicht mit ihm verwandt<br />
– aber das ist eigentlich auch ganz<br />
egal,“ sagt Fabian Sievers mit leuchtenden<br />
Augen. Witzig findet er den Zufall, dass<br />
sich schon vor Generationen ein Namensvetter<br />
für Trüffeln begeisterte. Er steht auf<br />
und breitet die Arme aus: „Wir sind hier in<br />
Alfeld die nördlichste Trüffelhochburg<br />
Deutschlands!“ Sein freudiger Ausruf<br />
weicht einem nachdenklichen Ton: „Wäre<br />
doch schön, wenn die Stadt das genüsslich<br />
vermarktet ...“ Wir machen uns auf den<br />
Rückweg.<br />
SEINE EIGENEN TRÜFFELN ZU VER-<br />
MARKTEN, dazu reicht die Ernte nicht.<br />
Noch nicht. Vielleicht, so überlegt er, gibt<br />
er heute einen oder zwei an die örtliche<br />
Gastronomie ab. „Die Köche wollen lieber<br />
heute als morgen diese regionale Spezia<br />
lität auftischen“, sagt Sievers, „aber<br />
die Natur braucht ihre Zeit.“ Wie isst er<br />
denn seine Trüffeln am liebsten? Ein Grinsen<br />
macht sich in seinem Gesicht breit.<br />
„Ich mag sie nicht wirklich. Ein ordentlicher<br />
Schlag Wildpilz-Pfanne ist mir viel<br />
lieber!“ Doch woher kommt dann seine<br />
Leidenschaft für den exquisiten Fruchtkörper?<br />
„Ganz einfach, weil die Kultivierung<br />
keine schweren Maschinen braucht,<br />
es sich um hochwertige Nahrungsmittel<br />
handelt – und eine Hündin dazugehört.“<br />
Diese kommt gerade wieder hüpfend auf<br />
ihn zugesprungen und liefert erneut einen<br />
Grund für das nächste Leckerli. „Heute<br />
ist unser Glückstag“, sagt Sievers und<br />
strahlt Woopee dankbar an. ƒ<br />
KULINARISCHE TIPPS<br />
Behandeln Sie Trüffeln wie ein Gewürz,<br />
und verwenden Sie sie sparsam. Durch<br />
ihre dominante Note passt die Trüffel<br />
gut zu einfachen Gerichten – schon Paul<br />
Bocuse empfahl Rührei dazu. Der ,Dasist-so-abgefahren‘-Tipp<br />
von Sievers:<br />
Lagern Sie eine Trüffel mit rohen Eiern<br />
in einem abgeschlossenen Gefäß. Wenn<br />
Sie die Eier dann braten, brauchen Sie<br />
keine Trüffel mehr zuzufügen und haben<br />
trotzdem den Geschmack. Besonders<br />
harmonieren auch heimische Wildkräuter<br />
(Löwenzahn, Spitzwegerich, Brennnessel),<br />
zum Beispiel als Salat. Sie<br />
wachsen ganz natürlich, nicht nur auf<br />
der Trüffelplantage.<br />
ILLUSTRATION: STOCK.ADOBE.COM<br />
12 Stil
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» Das Leben besteht aus kleinen<br />
Vergnügungen, die Kunst<br />
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ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Zu Gast beim Freund<br />
oder: vom Einfachsten das Beste<br />
INTERVIEW ELENA SCHRADER FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Es gibt Menschen, die anderen gern<br />
ihre Tür öffnen, bei denen man lange<br />
Abende verbringt, die kurzweilige Geschichten<br />
zu erzählen wissen und auch,<br />
welcher Wein zu welcher Gemütslage<br />
passt. Ein solcher Mensch ist Werner<br />
Freund. Die Leidenschaft fürs Kochen<br />
begleitet den promovierten Bauhistoriker<br />
schon sein Leben lang. Das spüren<br />
und genießen die Gäste in seinem<br />
bereits mehrfach vom Gault Millau ausgezeichneten<br />
Restaurant St. Georges in<br />
Dieterode. <strong>faktor</strong>Stil war zu Besuch<br />
im ,französischen Eichsfeld‘ – und hat<br />
von Freund eines seiner Lieblingsrezepte<br />
erfahren.<br />
Werner, was ist überhaupt das<br />
Wichtigste beim Kochen?<br />
Dass man mit Herz und Seele dabei ist<br />
und Freude dabei hat – nur so kann man<br />
legendäre Gerichte kochen.<br />
Ist dieses Crêpes-Gericht legendär?<br />
Definitiv! Ich habe Crêpes Vonnassiennes<br />
bei meinem guten Freund, dem französischen<br />
Spitzenkoch Georges Blanc, erlernt.<br />
Es ist das Gericht seiner Großmutter Élisa<br />
Blanc, die aus dem Dorf Vonnas stammt,<br />
und sich 1930 als erste Frau überhaupt<br />
einen Michelin-Stern erkochte. Ein absolutes<br />
Leibgericht – besonders mit Trüffeln.<br />
Es sind viele Arbeitsschritte nötig –<br />
wie serviere ich das Essen heiß?<br />
Essen sollte nie ganz heiß gegessen werden.<br />
Es darf auch mal etwas ruhen, dann entfalten<br />
sich die Aromen besser. Und überhaupt:<br />
Heiß und Kalt haben nichts mit Geschmack<br />
zu tun – das sind Empfindungen.<br />
Was zählt, ist aber nur der Geschmack.<br />
Worauf sollte ich beim Kochen mit<br />
Trüffeln generell achten?<br />
Grund sätzlich braucht die Trüffel immer<br />
eine Basis, auf der sie sich entfalten kann.<br />
Man sollte sie maßvoll einsetzen, sonst ist<br />
sie zu explosiv. Und ich würde keine zu<br />
starken Gegenspieler nutzen wie Zwiebeln<br />
oder Knoblauch – ansonsten geht aber eigentlich<br />
alles. Sie ist einfach eine edle Zutat,<br />
mit der man viele Gerichte verfeinern<br />
kann. Wichtig ist nur, dass sie frisch ist: Im<br />
Kühlschrank hält sie ein bis zwei Wochen.<br />
Sommer-, Herbst- oder Wintertrüffeln?<br />
Sie schmecken alle. Die Sommertrüffel ist<br />
vielleicht etwas flacher im Geschmack. Man<br />
kann ihr aber mit etwas Butter nachhelfen.<br />
Was passt sonst noch gut zu Trüffeln?<br />
Ich serviere dazu gern weißen Fisch,<br />
Jakobsmuscheln, Steinbutt, Skrei, ... Ich<br />
persönlich aber esse dazu am liebsten<br />
selbst gemachte Pasta: Etwas gutes Öl,<br />
frische Trüffel, mehr braucht es nicht –<br />
vom Einfachsten das Beste. ƒ<br />
14 Stil
ERLEBEN & GENIESSEN<br />
Crêpes Vonnassiennes<br />
mit Trüffeln<br />
(für 4 – 6 Freunde)<br />
ZUTATEN<br />
500 g Kartoffeln<br />
60 g Trüffel<br />
1 kg frischer Spinat<br />
30 g Pancetta<br />
(luftgetrockneter Bauchspeck)<br />
ca. 12 Bio-Eier<br />
6 Blätter Sauerampfer<br />
Brebis<br />
(franz. Schafsmilchkäse) od. Parmesan<br />
3 EL Mehl<br />
50 ml + 4 EL Milch<br />
7 EL Crème double<br />
gutes Olivenöl, Tafelessig<br />
gute gesalzene Butter<br />
300 g geklärte Butter (Tipp vom Profi:<br />
Ghee – aus dem türkischen Supermarkt)<br />
1 Prise frischer Muskat<br />
Salz / weißer Pfeffer<br />
Crêpe-Teig • Für ihren Anteil im Teig werden die Kartoffeln zunächst als Pellkartoffeln<br />
gekocht, da sie auf diese Art mehr Geschmack einbringen. Anschließend durch eine<br />
Presse in eine Schüssel drücken. 3 ganze Eier und 4 Eiweiß, 50 EL Milch, 3 EL Crème<br />
double, Mehl, weißen Pfeffer und Muskat dazugeben, mit einer Gabel locker verschlagen<br />
und mit etwas Salz abschmecken. Pfanne mit geklärter Butter erhitzen. Dann pro Crêpe<br />
jeweils 1 EL Teig darin schwimmend für 2 bis 3 Minuten ausbacken. Nach der Hälfte der<br />
Zeit einmal wenden. Die fertigen Crêpes bei niedriger Temperatur im Ofen warm halten.<br />
Pancetta-Spinat-Mischung • Pancetta in feine Würfel schneiden und in einer Pfanne in<br />
Olivenöl auslassen. Danach den Spinat dazugeben und in sich zusammenfallen lassen.<br />
Sparsam würzen, da der Speck bereits für die nötige Salzigkeit sorgt. 2 EL Milch dazugeben<br />
und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Anschließend warm halten.<br />
Pochierte Eier • Pro Crêpe jeweils ein Ei in eine kleine Tasse geben. Wasser im Topf mit<br />
einem Teelöffel Salz und einem Schuss Tafelessig zum Kochen bringen und mit einer<br />
Gabel kräftig umrühren, sodass ein Strudel entsteht. Dann das einzelne Ei aus der Tasse<br />
in die Mitte des Strudels gleiten lassen und das Wasser rund um das Ei 3 Minuten lang<br />
in Bewegung halten. Wenn nötig, das Eiweiß hin und wieder leicht mit der Gabel zu<br />
einer Kugel formen. Das fertig pochierte Ei mit dem Schöpflöffel herausnehmen,<br />
ab tropfen lassen und zur Seite stellen.<br />
Trüffel in Butter • Die Trüffel mit einem Hobel in feine Scheiben schneiden. Gesalzene<br />
Butter in einem Topf zerlassen, vom Herd nehmen und die Trüffelscheiben darin ziehen<br />
lassen – das kitzelt noch einmal den vollen Geschmack aus der feinen Knolle heraus.<br />
Sauerampfer-Dressing • 4 EL Crème double mit 2 EL Milch verrühren. Sauerampfer<br />
waschen und fein hacken, mit der Masse vermengen und mit etwas Salz abschmecken.<br />
Anrichten • Crêpe in der Mitte des Tellers platzieren. Mit einem Servierring – das Auge<br />
isst mit – die weiteren Schichten wie folgt darauf anordnen: Pancetta-Spinat-Mischung,<br />
pochiertes Ei, Trüffel in Butter. Zum Schluss noch mit Sauerampfer-Dressing nappieren<br />
(beträufeln) und nach Belieben Brebis und frische Trüffel darüberhobeln.<br />
15 Stil<br />
... das fertige Ergebnis sehen Sie auf dem Cover.<br />
Voilà, bon appétit !
PROFIL MIT <strong>STIL</strong><br />
Leidenschaft und gute Geschichten<br />
❉<br />
Seit nunmehr zehn Jahren verwöhnt der Feinkostladen Viani Alimentari & Panificio die Göttinger mit<br />
ausgesuchten Spezialitäten aus Italien und dem mediterranen Raum. Und die Leidenschaft für gutes<br />
Essen, gute Zutaten und gute Geschichten wächst und wächst – wie auch die Angebotsauswahl.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Schon früh am Morgen erfüllt der Duft von frisch gebackenem<br />
Brot die Lange-Geismar-Straße in Göttingen.<br />
Die runden Bistrotische auf dem schmalen<br />
Gehweg vor dem Ladengeschäft warten bereits auf erste<br />
Gäste. Noch ist es ruhig in der Innenstadt – doch Johnny,<br />
der italienische Bäcker aus Asti, steht in der Backstube<br />
des Viani Panificio und folgt seiner Leidenschaft: Brot und<br />
Focaccia nach original italienischen Rezepten zu backen.<br />
Es ist eine alte Handwerkskunst fernab von modernen Fertigungstechniken.<br />
Johnnys Erfahrung entscheidet, wann<br />
der Teig lange genug geruht hat und wie lange er anschließend<br />
im Ofen backt.<br />
ALS VOR ÜBER ZEHN JAHREN die Idee eines Ladengeschäfts<br />
mit italienischen Spezialitäten und Backwaren in<br />
den Köpfen von Remo Viani, CEO Viani Importe, und Ralf<br />
Bernd, Geschäftsführer von Viani Food, reifte, wussten<br />
beide: In allem, was sie tun, muss die italienische Seele zu<br />
spüren sein. „Zu unserem allerersten selbst gemachten<br />
Produkt – der Focaccia Genovese – gibt es natürlich auch<br />
eine Geschichte“, erzählt Ralf Bernd mit einem verschwörerischen<br />
Lächeln, wie die Erfolgsstory ihren Anfang nahm.<br />
„Es war, wie es immer ist in Italien: Einer kennt jemanden, der<br />
jemanden kennt …“ Und so spürte Remo Viani den Bäcker<br />
Marcello im Hafen von Genua auf, der wie jeher traditionell<br />
und mit Mehl aus einer alten Mühle seine Focaccia Genovese<br />
zubereitete. Jeden Morgen um vier Uhr ging Viani für<br />
lange Zeit in die Backstube und lernte, wie eine besondere<br />
Brotkruste und die Leichtigkeit des Teigs entstehen. Zurück<br />
in Göttingen stand der Sohn von Antonio Viani, dem Gründer<br />
von Viani Importe, erneut Tag für Tag in der Backstube,<br />
um echte Focaccia Genovese zu backen.<br />
„Es ist spannend, an einem Jubiläum wie diesem auf die<br />
vergangenen Jahre zurückzublicken“, sagt Bernd, während<br />
er genüsslich einen Cappuccino trinkt. „Wir hatten überhaupt<br />
keine Ahnung vom Einzelhandel, wir konnten bis<br />
dahin nur Großhandel“, erzählt der Geschäftsführer, der<br />
bereits seit 1999 Teil des Familienunternehmens ist, das seit<br />
1973 italienische Feinkostwaren importiert und deutschlandweit<br />
Restaurants und Feinkostläden beliefert. „Wir wussten<br />
nur: Es würde ein Konzept aus ursprünglichen Produkten,<br />
der italienischen Lebensweise und unserem Wissen sein –<br />
und natürlich Storytelling.“ Denn das gehöre seit jeher zu<br />
Viani wie die Sonne zu den Stränden Liguriens. „Da sind wir<br />
hoffnungslos“, sagt der gebürtige Nordhesse lachend.<br />
UND DER ERFOLG GIBT DEM KONZEPT RECHT: Seit<br />
letztem Jahr eröffnen von Hamburg über Berlin bis nach<br />
München Viani-Food-Geschäfte, in denen das ,Rezept‘ aus<br />
Göttingen weiterentwickelt wird. Die Focaccia, welche dort<br />
verkauft werden, sind die Focaccia von Johnny. Von der<br />
Langen-Geismar aus gehen die frischen Gebäcke, saftig und<br />
herzhaft duftend, auf die Reise durch die Republik. Und das<br />
Pesto, das in den sieben neuen Filialgeschäften verkauft<br />
wird, ist ebenfalls jenes, das in Göttingen produziert wird.<br />
Pesto Genovese ist im Übrigen das zweite Produkt, das
PROFIL MIT <strong>STIL</strong><br />
Klein Italien in Göttingen Johnny, der Bäcker aus Asti, und Viani-Food-Geschäftsführer Ralf Bernd stehen gemeinsam für<br />
Qualität und einzigartige Geschichten.<br />
seit zehn Jahren in Göttingen und immer noch von Hand<br />
her gestellt wird – selbstverständlich nicht ohne eine Story:<br />
Antonio Viani brachte 1973 das Rezept seiner Großmutter<br />
aus Italien mit nach Deutschland. Das Geheimnis dieses<br />
unsagbar köstlichen Pestos ist das gleiche wie beim Brot-<br />
& Focaccia backen: gute Zutaten und das richtige Timing.<br />
Frisches Basilikum, Pinienkerne, Walnüsse, Knoblauch,<br />
Olivenöl, Meersalz und Parmesan. Mehr braucht es nicht.<br />
Doch Focaccia und Pesto waren erst der Anfang. „Wir<br />
wollen unseren Fokus noch mehr auf die Vielfalt italienischer<br />
Brote legen und sie bekannter machen. Deshalb haben<br />
wir uns mit ,Leila liefert‘ zusammengetan – so können<br />
sich die Göttinger ihr Brot direkt an die Haustür bringen lassen“,<br />
erzählt Bernd und bittet Johnny, der gerade frisches<br />
Focaccia aus dem Ofen holt, in fließendem Italienisch um<br />
eine Kostprobe.<br />
BEI VIANI VORBEIZUSCHAUEN, ist ein wenig wie Urlaub<br />
in Italien – man trifft sich und erfährt ganz neben bei, dass<br />
hier selbst Tomaten eine Geschichte haben. „Wir haben das<br />
Privileg, schöne Orte und Plätze zu finden und Geschichten<br />
zu erzählen. Mehr machen wir eigentlich nicht“, sagt Bernd<br />
mit einem Augenzwinkern. Und herrliche Produkte zu entwickeln:<br />
Seit einiger Zeit gibt es im Kühlregal des Panificio<br />
außerdem jeden Tag frischen Pizzateig für den heimischen<br />
Back ofen, dazu eine Tomatensauce aus San-Marzano-<br />
Tomaten, frischer Mozzarella und eine Flasche Wein – so lebt<br />
italienisches Flair selbst im Süden Niedersachsens.<br />
VIANI GÖTTINGEN<br />
Lange-Geismar-Str. 21, 37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 381 195 67<br />
www.viani.de<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo. bis Fr. 10.00 – 19.00<br />
Sa: 9.00 – 16.00
EINRICHTEN & WOHNEN<br />
Die<br />
Sitzenbleiber<br />
TEXT RUBERT FABIG<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA / SHABBYLUX<br />
Den Vintage-Look als Trend zu bezeichnen, ist ein Understatement. Kaum ein Stil hält<br />
sich in den vergangenen Jahren so beständig. Entsprechende Möbel sind zeitlos und<br />
daher fast immer angesagt – in zahllosen Häusern, Wohnungen und nun auch in Praxen.<br />
Medical Instinct, Medizintechnikhersteller mit Sitz in Lenglern, hat die Marke<br />
Shabbylux auf den Markt gebracht und sorgt für individuelle und emotionale Akzente.<br />
❉<br />
Ich bin zweimal in der Schule sitzen<br />
geblieben, ich weiß viel über Stühle“,<br />
sagt Jan Worlitz scherzhaft, als wir<br />
im Konferenzzimmer seines Unternehmens<br />
in Bovenden Platz nehmen. Der<br />
51-Jährige ist Gründer und Geschäfts führer<br />
von Medical Instinct, einem weltweit<br />
agierenden Implantologieunternehmen, das<br />
seit nun über zwei Jahren auch erfolgreich<br />
in Sitzmöbeln macht. Shabby lux<br />
heißt die Marke, die – im wahrsten Sinne<br />
des Wortes – Möbel zum Sitzenbleiben<br />
bietet. Ein Thema, mit dem sich Worlitz ja<br />
nun einmal auskennt, über das er viel<br />
erzählen kann – was der Göttinger Unternehmer<br />
auch hörbar gern tut. Wenn er<br />
etwa von „charakterstarken Möbeln zum<br />
Leben, die das Sitzen zum Erlebnis machen“<br />
spricht, schwingt einerseits der<br />
Marketing experte mit. Andererseits ist<br />
offenkundig, dass hier einer mit Leidenschaft<br />
am Werk ist – und das mit Erfolg.<br />
„ALLES, WAS AUS LEIDENSCHAFT ENT-<br />
STEHT, hat gute Chancen“, sagt der charismatische<br />
Göttinger zufrieden, dessen<br />
Eltern und Großeltern bereits ein Textilgeschäft<br />
betrieben haben. Als Anbieter<br />
chirurgischer Dentalprodukte sind Jan<br />
Worlitz und sein Team häufig bei Praxen<br />
und Kliniken zu Besuch. „Es ist auffällig,<br />
dass sich viele Ärzte bei der Auswahl der<br />
Möbel für ihre Wartezimmer offenbar nur<br />
recht wenig Gedanken machen ➼<br />
18 Stil
19 Stil
EINRICHTEN & WOHNEN<br />
Mit Herzblut in Handarbeit Für die Fertigung der Produkte – ob Stühle, Sessel und Sofas – greift Shabbylux auf das Know-how<br />
echter Profis zurück, die auch exklusive Möbelketten in den USA beliefern und Premiumhotels ausstatten.<br />
20 Stil
EINRICHTEN & WOHNEN<br />
»Alles, was aus Leidenschaft<br />
entsteht, hat gute Chancen. «<br />
beziehungsweise häufig auf zweckmäßiges<br />
08/15 setzen.“ Dabei sei der Eindruck<br />
der Patienten vom Warteraum ein entscheidendes<br />
Kriterium. „Zähne haben<br />
sehr viel mit Ästhetik zu tun. Wenn die<br />
Praxis und das Wartezimmer keine<br />
schönen Impressionen bieten, suggeriert<br />
das nicht unbedingt, am richtigen Ort zu<br />
sein.“ Möbel könnten auch ein Eisbrecher<br />
sein, so Worlitz. Die Idee einer<br />
eigenen Sitz möbelkollektion war geboren.<br />
Eine genaue Marktanalyse schenkte<br />
sich der Dentalkaufmann, „denn letztlich<br />
besitzt jede Praxis oder Klinik ein<br />
Wartezimmer – der Markt ist also vorhanden.“<br />
Zudem seien Möbel emotionale<br />
Produkte, über die Menschen gern<br />
sprechen, und zunehmend Ausdruck von<br />
Individualität.<br />
STYLISCH SIND SIE, die Vintage- Look-<br />
Produkte von Shabbylux, ob Stühle, Sofas<br />
oder Zeitungsständer. Zeitlos, irgendwie<br />
,anders‘ und vor allem ungemein bequem.<br />
Irgendwie anders sind auch die<br />
Namen: Da gibt es beispielsweise den<br />
,Strike‘, einen puristischen Stuhl mit klassischem<br />
Baseball-Stitching. Oder den<br />
maskulin anmutenden ,Cowboy‘ mit gebürstetem<br />
Stahlrahmen. Jeder Name ist<br />
Programm. Und trotz aller Unkonventionalität<br />
– die individuellen Modelle fügen<br />
sich ohne Weiteres in Wohnräume und<br />
Geschäftsbereiche ein. Und Praxen, klar.<br />
„JEDES UNSERER MÖBELSTÜCKE wird<br />
in Europa – teils nach Kundenwunsch –<br />
mit sehr viel Handarbeit individuell gefertigt.<br />
Eigent lich ist jeder Stuhl ein Unikat“,<br />
erklärt Worlitz, dessen Showroom nahe<br />
des Göttinger Bahnhofs angesichts des<br />
Kollektionswachstums bald zu klein sein<br />
wird. Ausgesuchtes Büffelleder, erlesene<br />
Samtstoffe und recyceltes oder aus nachhaltigem<br />
Anbau stammendes Holz: Auch<br />
das meint der Geschäftsführer, wenn er<br />
leidenschaftlich davon spricht, Emotionen<br />
und besonders Werte transportieren zu<br />
wollen. Apropos individuell: „Nicht jeder<br />
Stuhl ist für jeden Menschen und jede Statur<br />
gleichermaßen geeignet, genauso wie<br />
es verschiedene Schuhgrößen und Formen<br />
gibt“, so Worlitz. „Deswegen mischen wir<br />
beim Shabbylux-Look immer wieder Designs,<br />
Sitzhöhen, Farben und Materialien.“<br />
Ein Stuhl, so einzigartig wie jeder Mensch?<br />
In jedem Fall einer zum Sitzenbleiben. Und<br />
das gerne auch mehr als zweimal. ƒ<br />
21 Stil
Herbst<br />
ist angesagt !<br />
Die kühlere Jahreszeit steht vor der Tür: Zeit für ein Wohlfühl-Update in den eigenen vier Wänden!<br />
Doch wie in der Mode, so gibt es auch beim Einrichten nicht nur den einen Stil.<br />
Lassen Sie sich von den Trends der Saison <strong>2020</strong>/2021 inspirieren und dazu ermutigen,<br />
Neues auszuprobieren. Sie alle haben in diesem besonderen Jahr übrigens eines gemein:<br />
Sie machen unser Zuhause behaglich – und nachhaltiger.<br />
TEXT LEA VAN DER PÜTTEN<br />
So geht klassischer Skandi!<br />
• oberstes Gebot: Natürlichkeit!<br />
• Materialien wie helles Massivholz,<br />
Fell und Leinen und ausgewählte<br />
Industrial-Elemente<br />
• klare, unkomplizierte und aufs<br />
Wesentliche reduzierte Formen<br />
• wenige, ausgesuchte Accessoires<br />
• vor allem Weiß und nur wenig<br />
zartes Grün oder Blau als Farbhingucker<br />
– und neu im Herbst <strong>2020</strong>:<br />
kombiniert mit Terrakotta, Rost,<br />
Orange oder Ziegelrot<br />
22 Stil<br />
Japandi!<br />
Minimalismus & Wohlfühlen<br />
In diesem Jahr stehen zwei Schlagworte ganz<br />
klar im Fokus: Umweltverträglichkeit und<br />
Zukunftsfähigkeit, und so hält auch die Liebe<br />
zum angesagten Skandi-Style weiter an (siehe<br />
Kasten) – doch er bekommt ab sofort einen<br />
neuen, japanischen Dreh! Während der skandinavische<br />
Stil in erster Linie für seinen minimalistischen,<br />
coolen Kern bekannt ist, steht die<br />
japanische Einrichtung für reduzierte Ästhetik<br />
und Wohlbefinden. Kombiniert man beide Stile,<br />
entsteht ein schlichtes und wohnliches Zuhause,<br />
das auf die wesentlichen Dinge reduziert ist und<br />
dennoch Wärme ausstrahlt … – kurz: Japandi.<br />
Natur pur, filigrane Möbel, schlichte Formen,<br />
funktional, weniger ist mehr – so entsteht<br />
der perfekte Mix aus Gemütlichkeit und<br />
futuristischem Minimalismus.
Ferm Living<br />
Cluster Tables<br />
Gerade Linien und quadratische<br />
Formen machen den Kontrast zu den<br />
zierlichen und dünnen Metallbeinen und den<br />
soliden Oberflächen aus. Die Wohnzimmertische<br />
sind in einem minimalistischen und zeitlosen<br />
Design gehalten und stylisch – egal, ob Sie die<br />
drei Tische zusammengeschoben, freistehend<br />
in einer Gruppe oder separat in unterschiedlichen<br />
Räumen platzieren.<br />
www.meinewand.de<br />
457,18 €<br />
Was zum Anfassen,<br />
organisch und rund<br />
Für Materialien gilt diesen Herbst:<br />
Hauptsache nicht glatt! Neben geriffelten,<br />
gesteppten oder gefransten Stoffen sorgen<br />
vor allem dreidimensionale geometrische<br />
Muster und schimmernde Oberflächen wie<br />
Samt für eine elegante und gemütliche<br />
Atmosphäre mit dem gewissen Etwas.<br />
Ein gemütliches Heim, das Ruhe und Sicherheit<br />
vermittelt, ist gerade in diesem turbulenten Jahr in – und<br />
somit ist es auch kein Wunder, dass <strong>2020</strong> die Weichheit<br />
abgerundeter Möbel aus den Achtzigerjahren zurückkommt.<br />
Runde und geschwungene Linien wirken<br />
einladend, raffiniert und dynamisch und lassen die<br />
Räume gleichzeitig größer erscheinen.<br />
FOTOS/ILLUSTRATIONEN: STOCK.ADOBE.COM<br />
Grüner wird’s nicht – draußen wird drinnen<br />
Unser Wunsch nach der freien Natur ist <strong>2020</strong> –<br />
speziell durch den Shutdown – noch größer geworden.<br />
Aus diesem Grund dürfen sie in keiner Wohnung<br />
mehr fehlen: zahlreiche Zimmerpflanzen – und zwar<br />
echte. Sie reinigen nicht nur die Luft und machen<br />
aus jeder Stadtwohnung eine echte Oase, sondern<br />
sorgen unabhängig von jedem Einrichtungsstil für<br />
die richtige Gemütlichkeit.<br />
23 Stil
Laut Pantone-Farbinstitut<br />
heißt die Trendfarbe des<br />
Jahres Classic Blue, ein zeitloselegantes,<br />
tiefes Blau, das zum<br />
Träumen anregt und Souveränität<br />
und Optimismus vermitteln<br />
soll – da sind wir doch dabei!<br />
Farbwelten: Natur pur<br />
Auch was die Farben angeht, orientiert man sich<br />
an der Natur. Von der diesjährigen Pantone-Trendfarbe<br />
,Classic Blue‘ (siehe Kasten) bis hin zu kräftigeren<br />
Erd- und beruhigenden Grüntönen ist alles dabei – Hauptsache<br />
weich, natürlich und urban. Absolut im Trend: Karamell. Ein eleganter<br />
Ton, der Braun und Gelb mit einem Hauch von Rosa verbindet. In<br />
Kombination mit anderen neutralen Farben, aber auch mit warmem<br />
Weiß, macht Karamell auch einen minimalistischen Stil einladend.<br />
Die würzige Trendfarbe Zimt verleiht dem Zuhause sofort einen<br />
Hauch von Wärme.<br />
Grün feiert ein Comeback, aber Achtung: Einige Nuancen sind für den<br />
Herbst zu kalt! Olivgrün ist hingegen optimal, denn es ist näher an<br />
warmen Farben. Damit können Sie auch die Wände streichen, um<br />
Ihrem Zuhause einen mediterranen Charakter zu verleihen und ein<br />
Gefühl der Ruhe zu vermitteln.<br />
Tipp: Grüntöne wirken am intensivsten in Verbindung mit Naturmaterialien<br />
wie Echtholzmöbeln, Pflanzen und Flechtdekorationen oder<br />
auch Textilien aus Baumwolle und Leinen.<br />
Tapete: Trailing Orchid - Blumentapete von Osborne & Little,<br />
glatte Vliestapete, www.meinewand.de<br />
Neue Arbeitswelt?<br />
Im Göttinger Gewerbegebiet gibt es<br />
derzeit eine Weltneuheit zum Testen und<br />
Diskutieren: der Steh-Sitz-Arbeitsplatz,<br />
der unter der Decke verschwindet.<br />
Platzsparend und ergonomisch relevant,<br />
– und per App in unterschiedliche<br />
Höhen fahrbar. Termine zur Besichtigung<br />
in der Struckmeier-Ausstellung<br />
gibt’s unter: Tel. 0551 50669-0.<br />
24 Stil
Zu Hause im Office<br />
Das Arbeiten von Zuhause ist aus verschiedenen<br />
Gründen während der Corona-Pandemie eine mehr als<br />
gute Lösung – und viele sind jetzt auch richtig auf den<br />
Geschmack gekommen. Homeoffice als Trend also, der<br />
sich auch nach Corona weiter halten wird. Um so wichtiger,<br />
dass die Umgebung für das häusliche Schaffen auch optimal<br />
angepasst wird: Ein großer Schreibtisch, ein ergonomischer<br />
Stuhl, eine praktische Aufbewahrung und Technik<br />
und vor allem das richtige Licht sind wesentlichste Voraussetzungen.<br />
Aber auch einige Wohlfühl-Accessoires<br />
sollten nicht fehlen, denn die Arbeitsatmosphäre im<br />
Homeoffice ist entscheidend – wie zum Beispiel das Begrünungssystem<br />
,Flower House‘: eine pfiffige Möglichkeit,<br />
dem Arbeitsplatz zusätzliches Grün hinzuzufügen, das<br />
dabei in luftige Höhe wandert. Das System wird mit vier<br />
Multiklemmen sicher befestigt, so können beruhigende<br />
Pflanzen auf dem Schreibtisch installiert werden.<br />
www.struckmeier-aktuell.de<br />
316,25 €<br />
Zeitlos kariert<br />
Ein zeitloses und doch<br />
polarisierendes Muster<br />
steht auch diesen Herbst<br />
im Trend – Karo.<br />
Modern interpretiert sorgt der karierte Dauerbrenner<br />
für angenehme Gemütlichkeit und die richtige Stimmung<br />
in der kalten Jahreszeit. Aber Achtung: nicht übertreiben.<br />
Ein Kissen hier und eine Decke für das<br />
Sofa dort reichen völlig aus. In Schwarz-Weiß passt<br />
es auch prima in den modernen Skandi-Style.<br />
FOTOS/ILLUSTRATIONEN: STOCK.ADOBE.COM<br />
Modernität trifft auf Klassizismus<br />
Um das Zuhause nicht zu minimalistisch und steril zu<br />
belassen, werden nun neoklassische Elemente wie<br />
antike Statuen aus dem alten Griechenland ins Spiel<br />
gebracht. Dezent eingesetzt, können zum Beispiel<br />
klassische Bodyshape-Vasen oder Bilder von antiken<br />
Kunstwerken ihrer Wohnung im Handumdrehen ein<br />
neues, raffiniert opulentes Leben einhauchen.<br />
www2.hm.com (Quelle: H&M Home)<br />
25 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
Ein klares<br />
Statement<br />
Sophia Schneider-Esleben (Foto) ist Modedesignerin. Doch sie entwirft unter ihrem<br />
eigenen Label ‚sse‘ nicht einfach nur neue Kollektionen für die nächste Saison.<br />
Sie setzt ein klares Statement: Ihre Mode ist fair, biologisch, zeitlos – und preisgekrönt.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH<br />
FOTOGRAFIE SARAH MEHLER<br />
❉<br />
26 Stil
FOTO: MARKUS LUIGS<br />
27 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
G<br />
Gerade ist das letzte Fotoshooting für die<br />
Frühjahr-/Sommerkollektion 2021 beendet.<br />
Für Sophia Schneider-Esleben wird es<br />
nun, nach vielen Wochen mit vollgepacktem<br />
Terminkalender, wieder etwas ruhiger.<br />
Zeit zum Durchatmen und Inspirationensammeln.<br />
„Ideen fliegen mir eigentlich immer<br />
zu“, sagt die junge Modedesignerin<br />
aus Kassel und Inhaberin des Label ‚sse‘,<br />
welches gleichermaßen für ihre Initialen<br />
‚Sophia Schneider-Esleben‘ als auch ihre<br />
Unternehmensphilosophie ‚slow smart<br />
eco‘ steht. „Es ist ein fortlaufender Prozess<br />
– so, wie auch meine Kollektionen<br />
von Saison zu Saison aufeinander aufbauen,<br />
sodass alles miteinander kombinierbar<br />
ist.“ Das Interview findet über Live-View<br />
statt – dennoch schafft sie schnell eine<br />
angenehme Atmosphäre. Sie sitzt entspannt<br />
vor ihrem Bildschirm und lächelt<br />
erwartungsvoll. Im Hintergrund sind Teile<br />
der neues ten Kollektion zu sehen. Sie<br />
ist sichtlich über das Interesse an ihrer<br />
Person und ihrer Arbeit erfreut – wobei<br />
sie anscheinend lieber über die Intention<br />
für ihr Schaffen redet als über sich selbst.<br />
ALSO REDEN WIR ÜBER ‚SSE‘. Ihre Kollektionen<br />
fallen auf. Schneider-Esleben<br />
setzt auf einfache, reduzierte Schnitte und<br />
schafft mit großzügigen Prints ein besonderes<br />
Alleinstellungsmerkmal, kombiniert<br />
mit einer einzigartigen Familiengeschichte:<br />
Vor zwei Jahren fielen der jungen Designerin<br />
die Aquarelle ihres Großvaters<br />
Paul Schneider-Esleben, eines renommierten<br />
Architekten der Nachkriegszeit, wieder<br />
in die Hände. „Ich dachte mir: Warum<br />
nutze ich nicht diese Zeichnungen<br />
für meine Mode? So habe ich gleichzeitig<br />
eine einzigartige Geschichte zu meinen<br />
Entwürfen“, erzählt die 32-Jährige von<br />
diesem entscheidenden Erlebnis ihrer bisherigen<br />
Laufbahn. Der Fundus, aus dem<br />
sie schöpfen kann, ist groß: An die 4.000<br />
Aquarelle fand die junge Erbin im Nachlass<br />
des 2005 verstorbenen Stararchitekten.<br />
Für die Winterkollektion 2019/20<br />
wählte sie aus all diesen ein Aquarell der<br />
berühmten Haniel Garage in Düsseldorf<br />
aus den Jahren 1949 bis 1953 – Kennern<br />
der Architekturszene ist dieser Bau ein<br />
Begriff. Doch es verbindet sie noch mehr<br />
mit den Entwürfen zukünftiger Bauten.<br />
Als kleines Mädchen saß Sophia oft stundenlang<br />
im Büro ihres Großvaters und<br />
zeichnete, während Paul Schneider-Esleben<br />
am Reißbrett saß.<br />
2015 BEGANN DIE STUDIERTE Modedesignerin<br />
zunächst, eine nachhaltige<br />
Marke für Kindermode aufzubauen. Doch<br />
die Mütter zeigten ein noch größeres Interesse<br />
an Mode für sich selbst – und so<br />
wandelte sich die Kollektion. Seit 2019<br />
entwirft Schneider-Esleben Designermode<br />
für Frauen und Männer gemixt mit<br />
unisex-Modellen – „ageless, seasonless,<br />
im business casual style.“<br />
➼<br />
28 Stil
29 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
„Mode ist politisch.“<br />
Die Nachfrage und das Bewusstsein für<br />
nachhaltige Mode wachsen, weiß Schneider-Esleben.<br />
„Für mich war von Anfang<br />
an klar, dass ich mit meiner Mode ein<br />
Zeichen setzen will und deshalb auch<br />
ausschließlich in Europa produziere, fair<br />
und nachhaltig“, sagt die Designerin. Ihre<br />
Stoffe lässt sie mit trinkbaren Biofarben<br />
färben und mit 100 % Women Power nähen.<br />
Und sie sagt: „Mode ist politisch.“<br />
WENN MAN HEUTE ÜBER TRENDS und<br />
Fashion redet, dann kommt man nicht<br />
mehr an Themen wie Umweltverschmutzung,<br />
Überproduktion und Arbeitsbedingungen<br />
vorbei, oder sollte es zumindest<br />
nicht. „Natürlich soll Mode Spaß machen,<br />
so wie gutes Essen“, sagt Schneider- Esleben.<br />
„Die fast fashion der Billigketten ist dagegen<br />
wie zu viel Fett und zu viel Zucker:<br />
Das ist nicht gesund – wie ein Zuckerkick,<br />
der schnell wieder verfliegt.“ Und<br />
ebenso, wie in der Ernährung ein Trend<br />
zur vegetarischen und veganen Lebensweise<br />
zu beobachten ist, so findet auch in<br />
der Bekleidungs industrie ganz langsam<br />
ein Wertewandel statt. Niemand braucht<br />
einen übervollen Kleiderschrank. Laut<br />
FOCUS online wird jedes fünfte gekaufte<br />
Kleidungsstück so gut wie nie getragen.<br />
Schaut man sich im Gegenzug die Arbeitsbedingungen<br />
in Ländern wie Bangladesch<br />
oder Indien an, wo Menschen unter unwürdigsten<br />
Bedingungen für reiche Industrienationen<br />
billigste Kleidung produzieren,<br />
sollte das einen jeden zum Nachdenken<br />
anregen. Brauchen wir so viel Konsum?<br />
Ganz abgesehen von den Chemikalien, die<br />
für die Produktion verwendet werden und<br />
die selbst nach mehreren Waschgängen<br />
noch Rückstände zurücklassen – auf der<br />
Haut und in der Umwelt.<br />
„Mir ist es wichtig, zeitlose Mode zu<br />
entwerfen!“, sagt die gebürtige Hamburgerin<br />
mit einem Lächeln auf den Lippen.<br />
„Zeitlos heißt vor allem, dass die Schnitte<br />
vielen Frauen stehen und diese die Sachen<br />
noch in 15 Jahren im Schrank hängen<br />
haben – und dann soll es sein, als wären<br />
sie erst gestern voller Begeisterung neu<br />
gekauft worden.“ Genau das sei auch der<br />
Schlüssel ihrer Kollektionen: Denn Nachhaltigkeit<br />
beschränke sich nicht allein auf<br />
die Herstellung und die Langlebigkeit der<br />
Stoffe, sondern eben auch auf die Schnitte.<br />
Schneider-Esleben selbst ist dafür lebendes<br />
Vorbild. Ihr ältestes Teil im Kleiderschrank<br />
ist ein Windbreaker, den sie sich<br />
mit 15 Jahren geleistet hat. „Ich habe<br />
immer, auch schon als Jugendliche, nur<br />
gekauft, was mein Herz höher schlagen<br />
lässt“, erzählt sie.<br />
➼<br />
30 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
Zur Person<br />
Sophia Schneider-Esleben ist Tochter<br />
einer Architektin und eines Fotografen<br />
und die Enkelin des Architekten Paul<br />
Schneider-Esleben. Ihr Onkel ist Florian<br />
Schneider – Mitgründer der legendären<br />
Band Kraftwerk. In einem so kreativen<br />
Umfeld aufgewachsen, studierte sie<br />
Modedesign und ist zudem ausgebildete<br />
Schneiderin und Schnittdirektrice. Mit<br />
27 Jahren gründete sie ihr eigenes Label<br />
und engagiert sich seitdem für mehr<br />
Bewusstsein im Konsum von Kleidung.<br />
Ihr Modelabel wurde mehrfach als ökologisch,<br />
fair und nachhaltig ausgezeichnet.<br />
Als Ambassador für ‚fashion revolution‘<br />
engagiert sie sich zum Beispiel für ein<br />
nachhaltiges Kassel und unterstützt<br />
inhabergeführte regionale Geschäfte.<br />
Frankfurter Str. 133a, 34121 Kassel<br />
www.schneider-esleben.com<br />
31 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
„Ich bin sehr froh, dass sich das<br />
Image von nachhaltiger Mode<br />
gewandelt hat und ihm nicht<br />
mehr das Müsliriegel-Image der<br />
1980er-Jahre anhaftet.“<br />
Dass dies alles nicht nur Lippenbekenntnisse<br />
sind, sondern gelebte Überzeugung,<br />
zeigen die zahlreichen Auszeichnungen,<br />
die das noch recht junge Ein-Frau-Startup<br />
bereits erhalten hat. Seit 2019 ist ‚sse‘<br />
PETA-zertifiziert – also mit einem Label<br />
für vegane Mode. Dafür sind bei Schneider-Eslebens<br />
Mode selbst die Etiketten und<br />
die Knöpfe an der Kleidung gezielt ausgewählt<br />
und frei von tierischen Produkten.<br />
Auch das Netzwerk Deutscher Mode- und<br />
Textildesigner e. V. zeichneten sie als Nachwuchsdesignerin<br />
für Nachhaltigkeit aus.<br />
DOCH MODE LEBT VOR ALLEM auch<br />
von neuen Trends. Lässt sich das mit<br />
dem Gedanken der Nachhaltigkeit verbinden?<br />
Die Antwort lautet eindeutig ja.<br />
Allerdings werden Trends anders als in<br />
der Vergangenheit interpretiert. Zukünftig<br />
wird es noch stärker darum gehen,<br />
welche Materialen umweltschonend eingesetzt<br />
werden können oder wie veganes<br />
‚Leder‘ atmungsaktiver und recycelbar<br />
produziert werden kann.<br />
„Ich bin sehr froh, dass sich das Image<br />
von nachhaltiger Mode gewandelt hat<br />
und ihm nicht mehr das Müsli riegel-<br />
Image der 1980er-Jahre anhaftet“, sagt<br />
die Wahlkasslerin mit einem verschmitzten<br />
Grinsen. Ihre Mode ist angesagt und<br />
gefragt. Junge deutsche Schauspielerinnen<br />
tragen ihre Kollek tion selbstbewusst<br />
bei Fotoshootings und auf dem roten<br />
Teppich in Berlin. Namen wie Clelia<br />
Sarto, Marion Kracht, Kristin Suckow,<br />
Esther Roling, Saralisa Volm, Dennis<br />
Schigiol, Jonathan Berlin, Artjom Gilz<br />
oder Paula Schramm fallen dabei in einem<br />
Satz. „Man merkt, dass die Hose<br />
von einer Frau gemacht ist“, sagte erst<br />
letztens Clelia Sarto zu ihr. Das hat<br />
Sophia Schneider-Esleben gefallen. Da<br />
kann sie sich entspannt zurücklehnen<br />
und weitere Pläne und Ideen reifen lassen<br />
– so wie eine künftige Zusammenarbeit<br />
mit dem deutschen Maler Emil<br />
Schult, der seine Werke gern mit ihrer<br />
Designermode vereint sehen möchte. Es<br />
scheint, als wäre Sophia Schneider-Eslebens<br />
bisheriger Erfolg erst der Anfang. ƒ<br />
32 Stil
MODE & LIFESTYLE<br />
Tipps für den Kauf<br />
nachhaltiger Mode<br />
• auf Labels wie fair wear<br />
oder GOTS achten<br />
• PETA vegan approved<br />
bevorzugen<br />
• Gespräche mit<br />
Einzelhändlern führen<br />
• Zeitschrift: Brigitte be green<br />
Sich auf Blogs über neue<br />
Trends informieren:<br />
> www.fairknallt.de<br />
> www.diekonsumentin.de<br />
> www.green-lifestyle-magazin.de<br />
33 Stil
❉<br />
SPOIL YOURSELF<br />
Perlentaucher<br />
<strong>faktor</strong>Stil hat sich in Südniedersachsen umgeschaut und ein paar echte Schätze gehoben ...<br />
FOLLOW ME<br />
Die optimale Leuchte, um lauschige Abende bei angenehmer<br />
Lichtatmosphäre zu genießen: die Akkuleuchte FOLLOW ME<br />
von Marset. Ihr Äußeres erinnert an die gute alte Petroleumlampe<br />
oder an Campingleuchten. Mit ihrem hölzernen<br />
Henkel und ihrem opalweißen, pilzförmigen Schirm wirkt<br />
sie wie das formschöne moderne Pendant dazu. Da sie<br />
über einen integrierten Akku verfügt, kommt FollowMe von<br />
Marset ohne Kabel aus.<br />
Preis: 179 €<br />
Uta von Schenck – Lichtkultur<br />
Theaterstraße 3, 37073 Göttingen<br />
www.uta-von-schenck.de<br />
Das Riedenburger Dolden Hell ist ein klassisches<br />
Helles – veredelt mit feinstem Aromahopfen, der<br />
fruchtige Noten von Maracuja und roten Früchten<br />
mitbringt, die von honigartigen Malznoten<br />
umspielt werden.<br />
Preis: 3,19 €<br />
Bottles Göttingen<br />
Lange-Geismar-Str. 55, 37073 Göttingen<br />
www.bottles-goettingen.de/shop<br />
„Weil Geld etwas<br />
Sündiges ist, muss<br />
es verschleudert<br />
werden.“<br />
COCO CHANEL<br />
DORAFF (dog – giraffe)<br />
Multifunktions-Sitzmöbel für Kinder aus Polyethylen,<br />
erhältlich in den Farben Rot, Hellblau und Gelb.<br />
Das Design stammt von Ben van Berkel / UN Studio.<br />
Das Stück, das auch als Hocker für Erwachsene<br />
dienen kann, misst 67 x 55 x 28 cm. Erhältlich bei<br />
Tavola in Göttingen.<br />
Preis: 159 €<br />
Tavola • Kurze-Geismar-Straße 38, 37073 Göttingen<br />
www.eu.alessi.com/products/doraff-seat<br />
34 Stil
SPOIL YOURSELF<br />
EISBLAUER HANDSTRICK-PULLOVER<br />
aus hochwertiger Wolle/Mohair-Mischung<br />
Preis: 259 €<br />
Friederike Lohrengel Modedesign<br />
Burgstr. 22/23, 37073 Göttingen<br />
VON HALLERS GIN<br />
ist ein aromatischer, unverwechselbarer<br />
und purer Gin, verfeinert mit frischen,<br />
handgepflückten Botanicals wie Kalmus, auch<br />
deutscher Ingwer genannt, Zitronenverbene<br />
und einer besonderen Fuchsienart aus dem<br />
Botanischen Garten in Göttingen.<br />
Preis: 29,99 €<br />
Hardenberg Distillery<br />
Vorderhaus 2, 37176 Nörten-Hardenberg<br />
www.instagram.com/vonhallersgin<br />
www.keilerladen.de<br />
SORTIDO SELECCAO<br />
Handwerklich hergestellte Kekse in nostalgischer<br />
Verpackung, die an alte Zeiten erinnert –<br />
hergestellt von der Traditionsfirma Paupério,<br />
im Norden Portugals, deren Rezepte und<br />
Qualitätsvorstellungen seit 1874 bestehen.<br />
Die knusprige, abwechslungsreiche<br />
Gebäck mischung besteht aus hellen, mit Schokolade<br />
überzogenen Keksen – eine köstliche,<br />
überraschende Mischung.<br />
Preis: 7,90 €<br />
Viani Alimentari<br />
Lange-Geismar-Straße 21, 37073 Göttingen<br />
www.viani.de/de/pauperio-250-g<br />
ILLUSTRATIONEN: STOCK.ADOBE.COM<br />
LIGHTFOLD<br />
Handgefaltete Wandleuchte aus nur einem<br />
einzigen Bogen Papier – made in Göttingen.<br />
LightFold ist mit Magneten ohne Werkzeug in<br />
Sekundenschnelle angebracht. Sie überzeugt<br />
durch minimalistisches Design und stimmungsvolles<br />
Licht. Das widerstandsfähige Papier wird<br />
am Tegernsee auf einer Maschine aus dem Jahre<br />
1886 produziert, ist langlebig, farbecht und<br />
hat eine wunderbare Haptik.<br />
Preis: 159,90 €<br />
LightFold Manufaktur<br />
www.lightfold.de<br />
35 Stil
KUNST & KULTUR<br />
Herbst im Wandel<br />
INTERVIEW ANJA DANISETISCH FOTOGRAFIE DIETRICH KÜHNE<br />
Mit Corona ist alles anders – und auch der Göttinger Literaturherbst mit<br />
seinen allerorts stattfindenden Lesungen muss neue Wege gehen.<br />
Geschäftsführer Johannes-Peter Herberhold (Foto: hier inmitten seines Teams, 3. v. l.)<br />
spricht über den neuen ,Herbst on Air‘ und die wichtige Stellung von<br />
Literatur bei gesellschaftlichen Veränderungen.<br />
Herr Herberhold, Corona hat uns fest<br />
im Griff – überall müssen neue und<br />
kreative Lösungen her. Auf welchen<br />
Wegen wandelt der Literaturherbst in<br />
diesem Jahr?<br />
Der wirklich wichtige neue Weg ist der<br />
Literaturherbst on Air. Das erste Mal in<br />
der Geschichte des Göttinger Literaturherbstes<br />
werden alle Veranstaltungen online<br />
zu sehen und zu hören sein. Es wird in<br />
einer eigens dafür eingerichteten Mediathek<br />
Livestreams, Videos und Podcasts<br />
geben. Das Motto lautet: ‚Eins für alle‘.<br />
Das heißt, mit einem einzigen Ticket können<br />
online alle Ver anstaltungen angesehen<br />
werden. Um aber den Festivalcharakter<br />
zu erhalten, werden alle Beiträge ausschließlich<br />
innerhalb des Zeitraums von 1.<br />
Oktober bis 2. November zu sehen sein.<br />
Das ist eine kreative Lösung, zu der wir<br />
mehr oder weniger gezwungen waren.<br />
Denn in diesem Jahr dürfen wir nicht in<br />
kleinen atmosphärischen Kellerräumen<br />
spielen – wir werden Hygiene- und Ab-<br />
standregeln einhalten, daher müssen die<br />
Räume größer werden. Um den performativen<br />
Charakter des Festivals aber dennoch<br />
auf einem Bildschirm zu übertragen,<br />
haben wir in Kombination mit den Lesungen<br />
sehr viel Musik und Bewegung in unserem<br />
Programm.<br />
Und wir haben bei der Planung darauf<br />
Wert gelegt, die digitale Darstellung gut<br />
herüberzubringen – und wollen den Live-<br />
Charakter auf jeden Fall durch eine sehr<br />
hohe Bild- und Tonqualität erhalten.<br />
36 Stil
KUNST & KULTUR<br />
Kann auf dem digitalen Weg überhaupt<br />
der Zauber des Literaturherbstes<br />
richtig überspringen?<br />
Ich glaube, dass die Live-Veranstaltung im<br />
Literaturbereich unersetzlich ist. In Veranstaltungsräumen<br />
breitet sich ein Gefühl<br />
aus, das kann man zu Hause auf dem Sofa<br />
oder unterwegs am Smartphone nicht bekommen.<br />
Daher sehe ich den ‚Literaturherbst<br />
on Air‘ als Ergänzung – auf keinen<br />
Fall als Ersatz. Eine gute Ergänzung, denn<br />
in diesem Jahr können nicht wie sonst<br />
20.000 Besucher zu den Lesungen kommen,<br />
sondern lediglich 4.000.<br />
Bei vielen neuen Formaten – vor allem<br />
digital – fragt man sich: Warum gab es<br />
das nicht schon früher, oder …?<br />
Es gibt Dinge, für die braucht es einen Anschub.<br />
Bisher stand der Live-Charakter<br />
immer sehr stark im Vordergrund – da<br />
hatte die Vorstellungskraft einfach nicht<br />
ausgereicht. Doch nun mussten viele Kulturschaffende<br />
und Veranstalter umdenken.<br />
Wir haben nun einen Schritt in die Zukunft<br />
gemacht, der sich nicht rückgängig<br />
machen lässt.<br />
Für den Literaturherbst ist ein zusätzliches<br />
digitales Angebot mit hohen Kosten<br />
verbunden, die wir unter ,normalen‘ Umständen<br />
bisher gescheut haben. In der Corona-Situation<br />
hat unser Hauptsponsor<br />
Sartorius angeboten, ein solches Projekt<br />
finanziell und technisch zu unterstützen,<br />
sodass wir uns eine Umsetzung zugetraut<br />
haben.<br />
Kleiner Exkurs: das klassische Buch<br />
oder E-Books?<br />
Ganz klar das klassische Buch. Es in der<br />
Hand zu halten, es irgendwann wieder in<br />
die Hand zu nehmen – und dann rieselt der<br />
Sand raus, weil man es am Strand gelesen<br />
hat. Sofort kommt die Erinnerung zurück.<br />
Es gibt Dinge, die kann ein E-Book nicht<br />
ersetzen, auch wenn es sicherlich seine Berechtigung<br />
hat.<br />
Welche Höhepunkte erwarten die<br />
Zuhörer in diesem Jahr?<br />
Das Programm beinhaltet viele Höhepunkte<br />
und ist sehr breit aufgestellt. Die meisten<br />
Künstlerinnen und Künstler kommen dieses<br />
Mal allerdings aus dem deutschsprachigen<br />
Raum, da für viele internationale<br />
Autorinnen und Autoren mögliche Reisebeschränkungen<br />
oder Quarantäneaufenthalte<br />
zu einem unkalkulierbaren Risiko<br />
geführt hätten. Einer der Höhepunkte ist<br />
sicherlich Elke Heidenreich im Deutschen<br />
Theater – die Tickets waren bereits am<br />
zweiten Vorverkaufstag ausverkauft.<br />
Für mich persönlich wird ein Höhepunkt<br />
Benno Fürmann sein, der zusammen<br />
mit dem Moka Efti Orchestra in der<br />
P.S. Halle Einbeck ein Programm zu Volker<br />
Kutschers Roman ,Der nasse Fisch‘<br />
gestaltet – eine Kombination, die durch<br />
die Fernsehserie ,Babylon Berlin‘ sehr bekannt<br />
geworden ist.<br />
Welche Programmpunkte passen<br />
besonders gut in die jetzige Zeit?<br />
Besonders gut in die Zeit passt meines Erachtens<br />
die Beschäftigung mit gesellschaftlichem<br />
Zusammenhalt und der Rolle von<br />
Randgruppen. Wir betrachten in Deutschland<br />
häufig Probleme in den USA und anderen<br />
Ländern und lehnen uns dann häufig<br />
mit dem Gefühl zurück, bei uns gäbe es<br />
diese Probleme zum Glück nicht. Wir haben<br />
eine Reihe von Programmpunkten,<br />
die jedoch zeigen, dass es in Deutschland<br />
eine lange Tradition gibt, politisch auf<br />
dem rechten Auge eher blind zu sein, und<br />
dass Diskriminierung auch hier zum Alltag<br />
gehört. Das ist das Schöne an Literatur:<br />
Sie zeigt gesellschaftliche Themen auf<br />
– und der Literaturherbst bildet das alljährlich<br />
als Momentaufnahme ab.<br />
Was hat es eigentlich mit der Aktion<br />
#ZWEITERFRUEHLING auf sich?<br />
Die deutschen Literaturhäuser, die Festivals<br />
und Buchhändler haben für all die-<br />
BUCH-EMPFEHLUNGEN<br />
vom Literaturherbst-Team<br />
Robert Seethaler<br />
Der letzte Satz<br />
Der letzte Satz – damit<br />
meint Robert Seethaler<br />
keinen Text, sondern die<br />
musikalische Bezeichnung<br />
des letzten Teils,<br />
zum Beispiel einer Sinfonie. Seethaler<br />
erzählt vom Komponisten und Musikmanager<br />
Gustav Mahler und streift so<br />
manche bekannten biografischen Details,<br />
etwa die schwierige Ehe mit Alma oder die<br />
Uraufführung der legendären 8. Sinfonie.<br />
Doch sein literarisches Interesse gilt den<br />
Empfindungen des schwer erkrankten<br />
Maes tros, der sich zwischen den organisatorischen<br />
Herausforderungen eines Direktors<br />
der Wiener Oper und den künstlerischen<br />
Ambitionen des Komponisten<br />
zerreibt. Hanser Berlin Verlag, 19 Euro<br />
Sonntag, 25. Oktober, 18.30 Uhr<br />
Deutsches Theater Göttingen<br />
Olivia Wenzel<br />
1000 Serpentinen Angst<br />
Ihren Roman nennt<br />
Olivia Wenzel selbst ihr<br />
»coming of age of not<br />
being white«. Der Roman<br />
ist dialogisch, fragend,<br />
orts gebrochen, herausragend und schaffte<br />
es gerade auf die Longlist des Deutschen<br />
Buchpreises. In Göttingen lädt sie zur<br />
Live-Performance – die Frage »Wo bist du<br />
jetzt?« ist dabei das Gravitationszentrum.<br />
Lesungen, Videoarbeiten, Livemusik und<br />
Talks gehen assoziativ ineinander über.<br />
In den außergewöhnlichen Räumen von<br />
Sartorius wird an diesem Abend gelesen,<br />
gesessen und geschaut, weit gereist,<br />
gefragt und geantwortet. Ein Abend von<br />
und mit Olivia Wenzel und Special<br />
Guests. S. Fischer Verlag, 21 Euro<br />
Dienstag, 26. Oktober, 19 Uhr<br />
Sartorius Campus<br />
37 Stil
KUNST & KULTUR<br />
jenigen Autoren, die in diesem Jahr im<br />
Frühling besonders unter Corona gelitten<br />
haben, einen zweiten Frühling ausgerufen.<br />
Ich denke da vor allem an die Debütantinnen<br />
und Debütanten, die zu der Zeit ihr<br />
erstes Buch heraus gaben, als die Buchhandlungen<br />
geschlossen waren. Deshalb<br />
haben die oben Genannten sich zusammengetan<br />
und gesagt: Wir müssen den<br />
Frühling in den Sommer und in den Herbst<br />
verlängern. Beim Literaturherbst präsentieren<br />
wir sonst 80 Prozent aktuelle Bücher.<br />
In diesem Jahr haben wir zur Hälfte<br />
aktuelle Bucherscheinungen und zur Hälfte<br />
Bücher aus dem Frühjahr.<br />
Welches Buch hat Sie persönlich<br />
durch die letzten Monate begleitet?<br />
Das war zum einen Jackie Thomaes Roman<br />
,Brüder‘, mit dem sie auf der Shortlist<br />
des Deutschen Buchpreises 2019 stand.<br />
Das Buch behandelt das Thema, wie man<br />
zu dem wird, was man ist – eine sehr<br />
spannende Frage, die mich schon immer<br />
fasziniert hat. Und Ulrich Chaussys<br />
‚Oktoberfest. Das Attentat: Wie die Verdrängung<br />
des Rechtsterrors begann‘. Beide<br />
Bücher sind sehr zu empfehlen und<br />
beim Literaturherbst dabei.<br />
Und gibt es auch ein Buch, dass Sie<br />
bereits Ihr Leben lang begleitet?<br />
Auch hier kann ich wieder ein Buch nennen,<br />
das sich damit beschäftigt, wie man<br />
zu dem wird, was man ist: Kurt Vonnegut<br />
,Schlachthof 5‘, 1969 erschienen. Ein Buch,<br />
das ich seit meiner Jugend immer wieder<br />
zur Hand genommen habe. Ihn einmal<br />
beim Literaturherbst dabei zu haben, war<br />
einer meiner großen Träume. Ich hätte ihn<br />
gern mit einem seiner letzten Bücher zum<br />
Festival geholt – das haben wir leider<br />
nicht geschafft.<br />
Herr Herberhold, vielen Dank<br />
für das Gespräch!<br />
ON AIR Richtung Zukunft<br />
29. Göttinger Literaturherbst mit 60 Lesungen live und digital<br />
Mit 60 Lesungen feiert der 29. Göttinger Literaturherbst vom 17. Oktober<br />
bis 1. November auch in diesem besonderen Jahr ein Fest der Gegenwartsliteratur.<br />
Ob Belletristik oder Sachbuch – unter den Autorinnen und Autoren<br />
finden sich die derzeit interessantesten Stars der Literaturszene. Mit dabei<br />
sind u. a. Elke Heidenreich, Robert Seethaler, Uwe Timm, Christian Berkel,<br />
Linda Zervakis, Mai Thi Nguyen-Kim oder die renommierte Soziologin Jutta<br />
Allmendinger. Kinder und Jugendliche können mit Paul Maar oder Cornelia<br />
Funke in die Welt der Fantasie eintauchen. Die Musikerlegenden Peter<br />
Maffay und Achim Reichel stellen ihre aktuellen Bücher vor, und Cornelia<br />
Stratmann seziert mit Edin Hasanović den Neid. Zum großen Finale lässt<br />
Schauspieler Benno Fürmann mit dem 14-köpfigen Moka Efti Orchestra aus<br />
der Serie ,Babylon Berlin‘ die Welt der 1920er-Jahre wiederaufleben.<br />
Tickets und Infos gibt es unter: www.literaturherbst.com<br />
Literaturherbst ON AIR<br />
In diesem Jahr startet der Göttinger Literaturherbst begleitend zum<br />
Programm erstmals eine große Digitaloffensive. Mit nur einem Ticket zum<br />
Preis von 18 Euro kann das Publikum alle Veranstaltungen innerhalb des<br />
Festivalzeitraumes auch online erleben.<br />
www.literaturherbst-on-air.com<br />
Leif Randt<br />
Allegro Pastell<br />
Kaum jemand bezwingt die<br />
Gegenwart in ihrer Beschreibung<br />
so sehr wie Leif Randt. Schon in<br />
seinem Roman ,Schimmernder<br />
Dunst über Coby County‘, in dem<br />
er der weißen deutschen Wohlstandsgesellschaft<br />
ein literarisches Denkmal<br />
setzte, bewies er sein Können. ,Allegro Pastell‘<br />
konzentriert sich nun auf zwei Thirty-somethings,<br />
die eine wohlkomponierte Beziehung führen.<br />
Kommuniziert wird kunstvoll über die mannigfaltigen<br />
Kanäle, und auch gemeinsam vor Ort wird<br />
reflektiert, eingeordnet, codiert, ironisiert.<br />
Jeder möglichen Interpretation seines Lifestyles<br />
ist man sich stets bewusst. Ein Abend voller<br />
»voraus eilender Wehmut«.<br />
Verlag Kiepenheuer & Witsch, 22 Euro<br />
Samstag, 24. Oktober, 21 Uhr<br />
Altes Rathaus<br />
38 Stil
—<br />
always inspiring more …<br />
—<br />
Sich ernähren und pflegen. Riechen und schmecken. Der Natur auf der Spur — nachhaltig,<br />
innovativ und kreativ. So wünschen sich Verbraucher ihre Produkte heute, 24 Stunden<br />
am Tag, sieben Tage die Woche. Mit unseren Ideen und Lösungen bereichern wir das Leben<br />
von Menschen und ihren vier beinigen Begleitern. Mit Einfallsreichtum und<br />
unternehmerischem Schwung arbeiten wir daran, dass diese die alltäglichen und<br />
besonderen Momente genießen können — zuhause und in aller Welt.<br />
www.symrise.com
Holzminden<br />
Eine Reise durch die Stadt der Düfte und Aromen<br />
TEXT WOLFGANG BRAUN & ELENA SCHRADER<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
HÄTTEN SIE GEWUSST...?<br />
… dass das stadtbildprägende, 55 Meter<br />
hohe Gebäude direkt am Weserkai 1939<br />
bis 1941 als ,Reichsnährstandssilo‘ gebaut<br />
wurde. Das kriegswichtige Silo war als<br />
14-stöckiges Hochhaus getarnt und ist<br />
heute noch in Betrieb.<br />
40 Stil
ORT IM FOKUS<br />
K<br />
ann man ,Liebesglück‘<br />
riechen? In<br />
Holzminden, der<br />
,Stadt der Düfte<br />
und Aromen‘ kann<br />
man das. Die<br />
20.000-Einwohner-<br />
Stadt an der Weser<br />
wirbt sogar mit diesem<br />
Slogan – und das zu Recht. Wer erfahren<br />
möchte, warum man Holzminden<br />
so bezeichnet, für den bietet sich der<br />
,Duftende Stadtrundgang‘ quer durch das<br />
idyllische Zentrum an. An 17 Duft-Stelen<br />
– darunter das eigens für die Stadt entwickelte<br />
Parfum ,Liebesglück Holzminden‘<br />
– werden interessante Informationen<br />
sowohl zum jeweiligen Standort, zu historischen<br />
Gebäuden und Sehenswürdigkeiten<br />
als auch zu Düften und Aromen vermittelt.<br />
Wenn die Reisenden auf diesem Weg<br />
an einer zylindrischen Duft-Stele verweilen<br />
und den Deckel anheben, können sie<br />
den jeweiligen Wohlgeruch einatmen,<br />
dessen Zusammensetzung detailliert beschrieben<br />
wird. Das Spektrum reicht dabei<br />
von Salböl über Hyazinthe, Flieder<br />
und Weihrauch bis hin zu Bratzwiebeln<br />
und Vanille.<br />
beliebten, aber auch teuren Vanille-Aromas.<br />
Er gründete Haarmanns Vanillinfabrik,<br />
die Keimzelle der heute börsennotierten<br />
Weltfirma Symrise mit ihrem<br />
Hauptsitz an der Weser. Gemeinsam mit<br />
Stiebel Eltron – dem international erfolgreichen<br />
Hersteller von Elektro-, Warmwasser-<br />
und Heizgeräten sowie von Systemen<br />
zur Nutzung regenerativer Energien<br />
– bildet Symrise heute das wirtschaftliche<br />
Rückgrat der an der Oberweser gelegenen<br />
Kreisstadt, wobei auch die traditionsreiche<br />
Glasindustrie in dieser Gegend bereits<br />
seit dem Mittelalter ein wesentlicher<br />
Wirtschafts<strong>faktor</strong> ist.<br />
DER DUFTENDE ERLEBNISRUNDGANG<br />
beginnt am Marktplatz mit der ersten<br />
Stele, die nach Patschuliöl riecht. Der<br />
großzügig angelegte, rechteckige Platz,<br />
der von Platanen eingerahmt wird, besticht<br />
an warmen Tagen mit mediterranem<br />
Flair und ist an den Sommerwochenenden<br />
dank regelmäßiger Open-Air-Konzerte<br />
ein regelrechter Publikumsmagnet<br />
(aktuell aufgrund von Corona abgesagt).<br />
Unterstrichen wird das Flair durch zahlreiche<br />
Straßencafés und Eisdielen rund<br />
um den beeindruckend großen Marktbrunnen,<br />
die beim Stadtbummel zum Genießen<br />
und Verweilen einladen. Der<br />
➼<br />
UND MIT VANILLE nahm auch alles seinen<br />
Anfang. Denn 1874 gelang dem Chemiker<br />
Wilhelm Haarmann hier in Holzminden<br />
die synthetische Herstellung des<br />
Herzstück Holzmindens Von Platanen umrahmt, bietet der große Marktplatz eine<br />
mediterrane Atmosphäre mitten in Deutschland.<br />
41 Stil
ORT IM FOKUS<br />
1 2<br />
Frei nach dem Motto ,immer der Nase nach‘ können sich Besucher<br />
quer durchs historische Holzminden treiben lassen: vorbei am<br />
Torhaus am Katzensprung, wo eine große Steintafel mit den Namen<br />
der jüdischen Opfer des Naziterrors der Stadt erinnert. Vorbei an<br />
den großen Teich-Anlagen mit dem Friedrich- Ludwig-Haarmann-<br />
Denkmal (1), dem Standbild des Gründers der Baugewerkschule<br />
aus Eisen mit Kupfer überzug. Vorbei am 1929 eingeweihten Reichspräsidentenhaus<br />
(2), dessen Glocken spiel mit dem ,Meisterumzug‘<br />
der Absolventen der nahe gelegenen Fachhochschule mehrmals<br />
täglich zu hören ist. Und vorbei auch am alten Tilly-Haus (3) und<br />
der Lutherkirche (4) mit der passenden Duft-Stele: Salböl.<br />
3 4<br />
42 Stil
ORT IM FOKUS<br />
Eile mit Weile Neben der ehemaligen Jugendherberge lädt heute die Hafenbar ein, sich mit Blick auf die Weser treiben zu lassen.<br />
Platz in seiner heutigen Größe entstand im<br />
19. Jahrhundert. Einst standen hier das<br />
Rat haus der Stadt und das Brauhaus. Beide<br />
Gebäude wurden in den Jahren 1821 und<br />
1858 abgerissen. Der Ende des 19. Jahrhunderts<br />
anlässlich der ersten Wasserleitung<br />
errichtete Brunnen wurde zum Stadtjubiläum<br />
im Jahr 1995 umfassend restauriert.<br />
Und wer sich mit regionalen Produkten<br />
versorgen möchte, dem sei empfohlen,<br />
am Mittwoch und Samstag von 7 bis<br />
13 Uhr den Wochenmarkt zu besuchen.<br />
An der Nordostecke des Platzes macht<br />
ein ,Ackerbürger‘ Rast. Diese Bronzeplastik<br />
erinnert daran, dass viele Einwohner<br />
über Jahrhunderte sowohl als Handwerker<br />
wie auch als Landwirte gearbeitet haben.<br />
Unter anderem an der vom Marktplatz<br />
abführenden Mittleren Straße stehen<br />
auch ehemalige Ackerbürgerhäuser –<br />
hier duftet es übrigens nach Hyazinthe.<br />
Diese Fachwerkbauten sind an ihren sehr<br />
hohen Dielen zu erkennen, denn hier<br />
mussten die mit Getreidegarben oder Heu<br />
beladenen Ackerwagen einfahren können.<br />
Die Ernte wurde im Dachraum dieser<br />
Hallenhäuser untergebracht. Neben<br />
der Diele waren in zwei Geschossen die<br />
Wohnräume der Familie.<br />
LEIDER WURDE HOLZMINDEN 1640 im<br />
Dreißigjährigen Krieg vollkommen zerstört,<br />
sodass aus den Jahrhunderten davor<br />
nichts erhalten ist. Die Fachwerkhäuser,<br />
darunter auch wenige Patrizierhäuser,<br />
stammen also alle aus der Zeit danach –<br />
mit einer Ausnahme: dem sogenannten<br />
Tilly-Haus am wesernahen Johannismarkt.<br />
Dass hier der berüchtigte Feldherr<br />
des Dreißigjährigen Kriegs, Tilly, tatsächlich<br />
übernachtet haben soll, wird aber bezweifelt.<br />
Immerhin stammen die Balken<br />
nachweislich aus dem 16. Jahrhundert.<br />
Gebaut wurde das Haus für einen Standort<br />
im nahen Bevern, es wurde aber noch<br />
vor dem Krieg nach Holzminden umgesetzt,<br />
wo es als einziges noch erhaltenes<br />
Gebäude der Zerstörung von 1640 trotzte.<br />
UNWEIT DES TILLY-HAUSES und nahe<br />
der Weser fällt ein markanter Gebäudekomplex<br />
mit seinem bergfriedähnlichen,<br />
aus Sollingsandstein errichteten Turm<br />
auf. Bis vor einigen Jahren war hier eine<br />
Jugendherberge untergebracht. Hier lag<br />
auch die Burg der Grafen von Everstein,<br />
die Anfang des 12. Jahrhunderts die Stadt<br />
planmäßig anlegten – die Innenstadt hat<br />
die Form eines zur Weser geöffneten Hufeisens.<br />
Die parallel oder rechtwinklig angeordneten<br />
Straßen verlaufen wie mit Lineal<br />
und Winkel gezogen.<br />
Jetzt lädt hier seit einigen Jahren das<br />
Weserhotel Schwager Touristen ein, die<br />
die Herberge auch als Startpunkt für viele<br />
Freizeitaktivitäten nutzen. So liegt das Hotel<br />
beispielsweise am Weserradweg von<br />
Hann. Münden bis nach Cuxhaven. Im<br />
ehemaligen Hafen unmittelbar neben dem<br />
Hotel stehen Kanus für Bootstouren auf<br />
der Weser bereit, der nahe Solling und das<br />
Weserbergland laden zum Wandern ein.<br />
INTERESSANTER FAKT: Nicht nur der<br />
Turm des Weserhotels ist aus Sollingsandstein<br />
errichtet – sein Dach ist ebenfalls<br />
mit Sandsteinplatten gedeckt, so wie viele<br />
Häuser in Holzminden und des ge-<br />
➼<br />
43 Stil
ORT IM FOKUS<br />
NASENSKULPTUR<br />
Auf dem Haarmannplatz an Rande der<br />
Altstadt (Duftstele: Liebesglück) gibt die<br />
Solling-Sandstein-Skulptur einer überdimensionalen<br />
Nase auf einem Betonsockel<br />
Rätsel auf. Doch hiermit werden gleich zwei<br />
wichtige Wirtschaftszweige der Stadt symbolisiert.<br />
Erstens: die Sandsteingewinnung<br />
und der Sandsteinhandel der Vergangenheit.<br />
Und zweitens: die Erfindung des künstlichen<br />
Vanille-Aromas 1874 durch den Chemiker<br />
Wilhelm Haarmann und damit die Grundsteinlegung<br />
der heutigen Symrise AG, die<br />
Holzminden zum Welt zentrum der Geruchsund<br />
Geschmacks stoffbranche machte.<br />
FOTO: ELENA SCHRADER<br />
❉<br />
DER BESONDERE TIPP<br />
Von April bis Oktober finden jeden Samstag<br />
– außer am jeweils letzten im Monat –<br />
um 11 Uhr öffentliche Stadtführungen<br />
statt. Dann geht es stattdessen mit der<br />
Muhme Grete auf Entdeckerrundgang<br />
durch die Grünen Oasen Holzmindens<br />
oder mit der Ackerbürgerin auf Zeitreise.<br />
Treffpunkt: Stadtmarketing Holzminden,<br />
Markt 2. (ohne Voranmeldung)<br />
Mehrmals im Jahr lädt die Stadt auch<br />
zum ,Bunten Markt der Düfte und Aromen‘<br />
ein. Von Gewürzen über Duft seifen<br />
bis hin zu Spezialitäten und besonderen<br />
Kräutern gibt es hier mit allen Sinnen<br />
eine große Produktvielfalt zu entdecken.<br />
Noch immer nicht die Nase voll? Der<br />
Parfumeur-Createur K.-H. Bork hat vor<br />
über 40 Jahren in Holzminden und Cannes<br />
den Beruf des Parfumeurs erlernt. In<br />
Workshops und Duftseminaren gibt er<br />
heute Einblicke in diese komplexe Welt<br />
und erläutert die Grundbegriffe der Parfümerie.<br />
Die wesentlichen Duftstoffe<br />
werden gerochen, deren Vorkommen<br />
und Herstellung erklärt. Auch der Grundaufbau<br />
der wichtigsten Parfum- Konzepte<br />
ist danach kein Geheimnis mehr für Sie.<br />
www.stadtmarketing-holzminden.de<br />
samten Weserraums. Sie alle sind oft nur<br />
mit diesen ein- oder zwei Zentimeter dicken<br />
Platten geschützt. Das hat hier Tradition,<br />
denn auch wegen des regen Sandsteinhandels<br />
brauchte man in Holzminden<br />
den Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
aufgegebenen künstlich angelegten Hafen<br />
(siehe hierzu auch Tipps aus der Umgebung).<br />
Es gab Verträge mit Bremer Handelshäusern,<br />
die den Naturstoff sogar bis<br />
in die USA lieferten. Ein Schlachthof in<br />
Chicago soll mit Sandsteinbodenplatten<br />
aus Holzminden ausgestatten worden sein.<br />
ZUM ABSCHLUSS DES RUNDGANGS<br />
bietet sich der Weg vorbei an dem alten<br />
Pfarrhaus an der Weserbrücke und dem<br />
Duftgarten am Weserkai an, bevor die<br />
Tour quer über den Kirchplatz der<br />
Lutherkirche – ihr 63 Meter hoher Turm<br />
prägt seit ihrer Gründung im 11. Jahrhundert<br />
das Stadtbild – wieder zurück<br />
zum Ausgangspunkt führt...<br />
Genau der richtige Moment für eine Verschnaufpause<br />
auf dem idyllischen Marktplatz<br />
bei der einen oder anderen Kugel Eis<br />
– ehe es Zeit wird, auch die abwechslungsreiche<br />
Umgebung Holzmindens zu<br />
erkunden. Mehr dazu ab Seite 46.<br />
Besondere Adressen<br />
in Holzminden<br />
WILHELM-RAABE-BRUNNEN<br />
An den Schriftsteller Wilhelm Raabe<br />
(1831–1910) erinnert ein Brunnen am<br />
Niederen Tor (Duftstele: Anis). Er stellt<br />
mit Klaus Eckenbrecher eine Gestalt aus<br />
dessen Roman ,Der heilige Born‘ dar.<br />
Raabe wurde zwar im nahen Eschershausen<br />
geboren, aber er verbrachte seine<br />
Kindheit in Holzminden, wo sein Vater<br />
Justizbeamter war. Im Goldenen Winkel<br />
ehrt eine Gedenkplatte am ehemaligen<br />
Wohnhaus der Familie den Schriftsteller.<br />
Dass ,Der heilige Born‘ wie mancher der<br />
etwa 86 Romane und Erzählungen des<br />
überaus produktiven Schriftstellers im<br />
Weserraum spielt, hatte früher dazu verführt,<br />
den Autor als Heimatschriftsteller<br />
abzuqualifizieren. Stattdessen gilt er heute<br />
in der Literaturwissenschaft vor allem<br />
mit seinem Spätwerk als Wegbereiter modernen<br />
Erzählens und als Verfasser beißender<br />
Gesellschaftssatire – wie etwa sein<br />
Roman ,Horacker‘ beweist. Der spielt<br />
ebenfalls zum Teil in Holzminden (hier<br />
,Gänsewinkel‘ genannt) und handelt von<br />
einer gnadenlosen Menschenjagd.<br />
Wo? Ecke Halbmondstraße<br />
44 Stil
ORT IM FOKUS<br />
FOTO: JULIA BRAUN<br />
HAFENBAR &<br />
WESERSTÜBCHEN<br />
Direkt an der Weserbrücke lädt seit einigen<br />
Jahren die Hafenbar mit weißem<br />
Sand und Strandkörben zum Verweilen<br />
ein. Zwei überdachte Pavillons, mehrere<br />
Tische und überdachte Sitzbänke stehen<br />
zur Verfügung. Außer heißen und kalten<br />
Getränken kann man hier auch Kleinigkeiten<br />
zu vernünftigen Preisen essen – und dabei<br />
die entspannende Aussicht auf das<br />
vorbeiziehende Wasser genießen. Nur ein<br />
paar Schritte weiter bietet auch das ,Weserstübchen‘<br />
bei Speis und Trank einen<br />
herrlichen Blick auf den Fluss.<br />
Wo? Hafenbar, Steinhof 1<br />
Wo? Weserstübchen, Uferstraße 3A<br />
RESTAURANT ESSIGHOF<br />
An der Halbmondstraße mit seinen prächtigen<br />
Fachwerkhäusern, darunter auch<br />
dem sehenswerten Severinschen Haus,<br />
lädt der ,Essighof‘ zur Einkehr ein. Der<br />
mit Wein begrünte Hinterhof-Biergarten<br />
ist in warmen Monaten willkommener<br />
Treffpunkt für alle Altersgruppen. Mit<br />
seinem Namen erinnert das urige Restaurant<br />
mit Kneipenflair daran, dass hier einst<br />
eine Essigmanufaktur war. Erbaut wurde<br />
das Haus 1683. Nach dem Umbau 1775<br />
zu einer Brennerei erhielt der Besitzer das<br />
Brennrecht. Gleichzeitig wurde auch mit<br />
der Essigproduktion begonnen. In den<br />
Gewölbekellern lagerte der Branntwein<br />
und in den Räumen im Erdgeschoss standen<br />
große Bottiche, in denen der Essig<br />
reifte. Auch der Gewölbekeller kann als<br />
Gastraum genutzt werden – ebenso wie<br />
der große Backofen, das Herzstück des<br />
Gebäudes. Das Holz der Essigfässer dient<br />
jetzt als Fußboden.<br />
Wo? Halbmondstraße 4<br />
WEINKAP<br />
Seit rund zehn Jahren bereichert Evelyn<br />
Kappey mit einem kleinen Fachgeschäft<br />
die Holzmindener Innenstadt. Hier findet<br />
man neben einer großen Vielfalt an Weinen,<br />
Sekt, Bränden und Delikatem allerlei<br />
Wohn accessoires und Dekorationsartikel<br />
– und vor allem zahlreiche Produkte aus<br />
der nahen Region! Zudem veranstaltet<br />
Kappey mehrmals im Jahr gemütliche<br />
und informative Abende mit Fachleuten<br />
und Winzern rund um das Thema Wein.<br />
Es lohnt sich, bei einem Stadtbummel in<br />
dem integrierten, kleinen Café für einen<br />
schnellen Espresso oder auch ein schönes<br />
Glas Prosecco vorbeizuschauen.<br />
Wo? Obere Str. 3<br />
INTERNATIONALES<br />
STRASSENTHEATERFESTIVAL<br />
Das alle zwei Jahre stattfindende Internationale<br />
Straßentheaterfestival Holzminden am<br />
Pfingstwochenende lockt nicht nur viele<br />
Tausend Besucher an. Es ist seit seinen<br />
Anfängen im Jahr 1991 mehr und mehr zum<br />
Treffpunkt für Schauspieler, Regisseure,<br />
Veranstalter und Festivalleiter aus aller<br />
Welt geworden, die bunte, manchmal<br />
schrille, oft sehr fantasievolle Aufführungen<br />
auch in den Abendstunden präsentieren.<br />
Seit 2002 wird die Veranstaltungszeit auf<br />
drei Tage begrenzt, nachdem zwei Jahre<br />
zuvor mit 60.000 Besuchern die Aufnahmekapazität<br />
der kleinen Altstadt gesprengt<br />
wurde. Das nächste Festival ist 2021 geplant.<br />
www.holzminden.de/1720.html<br />
❉HÄTTEN SIE´S GEWUSST ...?<br />
Holzminden jazzt!<br />
Im ehemaligen Bahnhof der Herzoglich<br />
Braunschweigischen Staatseisenbahn<br />
residiert seit 30 Jahren der Jazzclub<br />
Holzminden – begründet, um die Jazzszene<br />
an der Oberweser zu beleben.<br />
Bei den (üblicherweise) zwölf Konzerten<br />
pro Jahr ist der 100 Personen fassende<br />
Raum meist proppenvoll. Bei<br />
den jährlich stattfindenden dreitägigen<br />
Festivals treten regelmäßig internationale<br />
Spitzenmusiker auf: Mr. Acker Bilk,<br />
Barbara Dennerlein, Champion Jack<br />
Dupree, Knut Kiesewetter, Phil Mason,<br />
Sonny Morris, Hazy Osterwald, Inga<br />
Rumpf, Bill Sinclair oder Häns'che<br />
Weiss haben hier beispielsweise schon<br />
gespielt. Hausband ist die Sleepy Town<br />
Jazzband, die bei einem Stadtfest 1986<br />
ihren ersten Auftritt hatte.<br />
Wo? Bahnhofstraße 4<br />
www.jazz-club-holzminden.de<br />
45 Stil
ORT IM FOKUS<br />
Quer durchs<br />
Weserbergland<br />
Ausflugstipps in Holzmindens vielfältiger Umgebung<br />
TEXT WOLFGANG BRAUN & LEA VAN DER PÜTTEN<br />
❉<br />
ZAUBERWELT DER SCHMETTERLINGE<br />
Tropischer Regenwald, exotische Pflanzen und frei fliegende<br />
Schmetterlinge in den buntesten Farben und unterschiedlichsten<br />
Stadien – das alles gibt es im Alaris Schmetterlingspark zu<br />
erleben. Und wenn die Kleidung eine ansprechende Farbe aufweist,<br />
kann es auch schon mal vorkommen, dass sich der ein<br />
oder andere Flieger auf der Schulter absetzt.<br />
Tipp: Seit August kann im Schmetterlingspark auch übernachtet<br />
werden. Und das nicht irgendwo, sondern in einem Schlaffass,<br />
das Platz für bis zu zwei Erwachsene und zwei Kinder bietet. Ab<br />
18 Uhr haben die Gäste das weitläufige Gelände des Parks für<br />
sich alleine und können es sich – während die Kinder mit den<br />
Berg-Kettcars fahren – auf Liegestühlen bequem machen und<br />
dann den Abend bei einem selbst mitgebrachten Picknick ausklingen<br />
lassen. Die Übernachtung kostet 150 Euro pro Nacht für<br />
bis zu vier Personen (die zweite Nacht 120 Euro) und ist während<br />
der Saison bis zum 1. November buchbar.<br />
Zur Schwarzen Erde 7, 37170 Uslar<br />
www.schmetterlingspark.org<br />
WESERRENAISSANCE SCHLOSS BEVERN<br />
Um wahre Renaissance-Pracht zu erleben, muss man nur ins<br />
nahe Bevern fahren, denn in diesem kleinen Nachbarort wartet<br />
eines repräsentativsten Gebäude der Renaissance im Weserraum.<br />
Das Schloss Bevern wurde vor dem 30-jährigen Krieg, dem<br />
Holzminden vollkommen zum Opfer fiel, 1603 bis 1612 nach wesentlichen<br />
Vorgaben des Bauherren Statius von Münchhausen<br />
errichtet, einem der bedeutendsten Unternehmer seiner Zeit.<br />
Das aufwändig restaurierte Schloss mit seinen prachtvollen verzierten<br />
Fassaden und Eingangsportalen besteht aus einer regelmäßigen<br />
Vierflügelanlage um einen quadra tischen Innenhof mit<br />
Wassergraben, zwei Brücken und einem Schlossgarten. Nach einer<br />
äußerst wechselvollen Geschichte hat der Landkreis Holzminden<br />
das Schloss 1986 von der Gemeinde Bevern übernommen<br />
und es zu einem regionalen Kulturzentrum ausgebaut – mit<br />
einer ,Erlebniswelt Renaissance‘, einem Heimatmuseum, zahlreichen<br />
Ausstellungen und Schlossführungen.<br />
Schloss 1, 37639 Bevern<br />
www.schloss-bevern.de<br />
FOTOS: STOCK.ADOBE.COM<br />
46 Stil
ORT IM FOKUS<br />
SCHLOSS CORVEY<br />
Direkt vor den Toren der Stadt Höxter sollten Sie Corvey nicht<br />
verpassen. Dieser einzigartige Ort von Architektur, Kultur und Geschichte<br />
ist durch das karolingische Westwerk aus dem 9. Jahrhundert,<br />
die barocke Abteikirche und die Schlossanlage mit dem Kaisersaal<br />
und der herzoglichen Privatbibliothek geprägt. Corvey<br />
steht seit Juni 2014 unter dem Titel ,Das Karolingische Westwerk<br />
und die Civitas Corvey‘ auf der Weltkulturerbe-Liste der<br />
UNESCO und ist damit die 39. Welterbestätte in Deutschland.<br />
Schloss Corvey, Corvey, 37671 Höxter<br />
www.schloss-corvey.de<br />
❉<br />
ERLEBNISWALD UND<br />
BAUMHAUSHOTEL<br />
Die Natur erleben mit allen Sinnen – das<br />
ist im ErlebnisWald in Schönhagen möglich.<br />
Ob schwindelfrei in luftiger Höhe auf<br />
dem Klimaturm oder bei der Duftvielfalt<br />
im Duft- und Sinnengarten – hier ist für<br />
jeden etwas dabei.<br />
Tipp: Für eine vollständige Natur- und<br />
Wald erfahrung können Besucher den Aufenthalt<br />
im ErlebnisWald mit einer Nacht<br />
im Baumhaushotel Solling abrunden.<br />
ErlebnisWald<br />
Graftstraße 7, 37170 Uslar<br />
www.erlebniswald.de<br />
Baumhaushotel Solling<br />
Kurze Straße 2, 37170 Uslar<br />
www.baumhaushotel-solling.de<br />
ABENTEUERPARK ,TREEROCK‘<br />
HOCHSOLLING<br />
,TreeRock‘ im Hochsolling ist einer der<br />
modernsten Seilgärten Deutschlands. Auf<br />
verschiedenen Schwierigkeitsstufen können<br />
Jung und Alt hier ihrer Höhenangst<br />
trotzen. Sein Abenteuerbereich umfasst<br />
48 Elemente in sechs Schwierigkeitsstufen,<br />
die frei wählbar sind. Guides geben<br />
ausführliche Einweisungen. Direkt neben<br />
dem Abenteuerparcours befindet sich der<br />
Kinderkletterpark ,MiniRock‘. Für Gruppen<br />
gibt es einen interessanten Teambereich,<br />
bei dem es auf Zusammenarbeit und<br />
Teamgeist ankommt.<br />
Schießhäuser Straße 8,<br />
37603 Holzminden<br />
www.treerock.de<br />
HOCHMOOR IM SOLLING<br />
Mit 63 Hektar Fläche ist das Hochmoor<br />
Mecklenbruch das größte Hochmoor im<br />
Solling. Mit Torfmoosen, fleischfressendem<br />
Sonnentau, der Moosbeere und spannenden<br />
Insekten wie der arktischen Smaragdlibelle<br />
oder der kleinen Moosjungfer zeigt<br />
sich in der Flora und Fauna des Moores eine<br />
beeindruckende Vielfalt. Ein Besuch lohnt<br />
sich vor allem auch im Frühling, denn zur<br />
Paarungszeit zeigt sich der Moorfrosch in<br />
seinen schönsten und kräftigsten Blautönen.<br />
Verschiedene Moorführungen gibt es von<br />
April bis November.<br />
www.hochsolling.de/<br />
hochmoor-mecklenbruch.html<br />
➼<br />
47 Stil
ORT IM FOKUS<br />
PORZELLANMANUFAKTUR FÜRSTENBERG<br />
Weit oben über der Weser thront eine mittelalterlich anmutende<br />
Burg auf felsigem Grund. Seit 1747 ist das die Heimatstätte des<br />
berühmten Fürstenberg-Porzellans. Das Museum bietet mit<br />
innovativen Ansätzen einen ganz eigenen Zugang zur Kunst und<br />
Geschichte der Porzellanfertigung. In der Besucherwerkstatt<br />
können die Handwerker direkt bei ihrer Arbeit beobachtet<br />
werden – wie sie Teller drehen, Tassen garnieren oder Schalen<br />
mit den schönsten Motiven bemalen. Besonders begeisterte<br />
können hier sogar selbst Hand anlegen und ihr ganz persönliches<br />
Mitbringsel bemalen. Zudem finden ganzjährig Veranstaltungen<br />
und verschiedenste Ausstellungen statt.<br />
www.fuerstenberg-porzellan.com<br />
❉<br />
KORBMACHERMUSEUM<br />
DALHAUSEN<br />
ABTEI VOM HEILIGEN KREUZ<br />
HERSTELLE<br />
KRAGSTUHLMUSEUM<br />
Die Korbflechterei – eine lang vergessene<br />
Handwerkskunst. Das Korbmachermuseum<br />
Dalhausen lässt dieses Handwerk<br />
wieder zum Leben erwachen. In der<br />
Schauwerkstatt können Korbmachermeister<br />
bei ihrer Arbeit beobachtet<br />
werden, und in verschiedenen Veranstaltungs-<br />
und Ausstellungsformaten<br />
können sich die Besucher ein Bild von<br />
der Geschichte der Korbflechterei<br />
machen.<br />
Lange Reihe 23, 37688 Beverungen<br />
www.korbmacher-museum.de/<br />
Korbmacher-Museum/Start.html<br />
Klösterliche Tradition lebendig werden<br />
lassen – das hat sich die Benedikti nerinnen-Abtei<br />
vom Heiligen Kreuz in Herstelle<br />
an der Weser auf die Fahne<br />
geschrieben. Im Gästehaus als Ort der<br />
Begegnung ist jeder willkommen – ob<br />
jung oder alt, in der Gruppe oder<br />
alleine. Viel zu entdecken gibt es auch<br />
im Klosterladen, in der Keramikwerkstatt<br />
und in der Seifenmanufaktur des<br />
Klosters.<br />
Carolus-Magnus-Straße 9<br />
37688 Beverungen<br />
www.abtei-herstelle.de<br />
Von der starren Krag-Konstruktion bis<br />
zum federnden Freischwinger – das<br />
Tecta Kragstuhlmuseum dreht sich samt<br />
und sonders um die Entwicklung des<br />
hinterbeinlosen Stuhls. Der Kragstuhl<br />
markierte den Beginn einer technischen<br />
Revolution und das Aufbrechen in eine<br />
neue Epoche, in der das Schweben und<br />
die Beschwingtheit im Mittelpunkt<br />
stand.<br />
Sohnreystraße 8, 37697 Lauenförde<br />
www.tecta.de/kragstuhlmuseum<br />
FOTOS: STOCK.ADOBE.COM, ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
48 Stil
ORT IM FOKUS<br />
BAUERNHOF-CAFÉ UND PAPAGEIENHOF<br />
SANDSTEIN-ERLEBNISWANDERWEG<br />
Guter Kaffee, selbst gebackener Kuchen und leckeres Eis – das<br />
alles gibt es im Bauernhof-Café Erlenhof. Die Dekoration in dem<br />
Café wird immer der aktuellen Jahreszeit angepasst, und so gibt<br />
es immer wieder etwas Neues zu entdecken. Bei schönem Wetter<br />
lohnt sich zudem ein kleiner Spaziergang zum nahe gelegenen<br />
Papageienhof. Hier können die bunten Vögel aus nächster<br />
Nähe erlebt und beobachtet werden.<br />
Erlenhof 2, 37688 Beverungen/Herstelle<br />
www.erlenhof-cafe.de<br />
www.papageienland.de<br />
❉<br />
Der ,Sandstein-Erlebniswanderweg‘ bietet rund um das Thema<br />
Buntsandstein einen Gang durch die Geschichte und Kulturlandschaft<br />
des Ortes Arholzen. Am Rande des Dorfs lassen sich Spuren<br />
der ehemaligen Bewirtschaftung erkunden wie alte Ackerfluren,<br />
Feldscheunen, Obstwiesen, Dörröfen oder Wiesenbewässerungssysteme.<br />
Zum Erhalt der Freiflächen werden alte<br />
Haustierrassen wie das ,Rote Höhenvieh‘ eingesetzt, welchem<br />
Sie auf dem Rundweg etwas näher kommen können.<br />
Pfadstrecke: 3 km; Dauer: 1 h.<br />
www.solling-vogler-region.de<br />
FLOTTE WESER<br />
Genießen Sie die Landschaft rund um Holzminden mal aus einer<br />
anderen Perspektive und gehen Sie an Bord eines Weserdampfers.<br />
Von Bremen über Minden und Höxter bis hin nach Bad<br />
Karlshafen bietet die Flotte Weser sowohl einen entspannten<br />
Freizeitgenuss als auch die actionreiche Variante mit dem<br />
Schlemmer- oder Partyschiff. Wer die Weser lieber aus eigener<br />
Muskelkraft erkunden möchte, der kann sich für eine Kanu-,<br />
Floß- oder Schlauchboottour entscheiden und findet dafür an<br />
der Weser optimale Voraussetzungen.<br />
www.flotte-weser.de • www.krome-kanu.de<br />
WILD UND WALD ERLEBEN<br />
Gelegen im wunderschönen Hochsolling hat der Wildpark in Neuhaus<br />
zu jeder Jahreszeit etwas Besonderes zu bieten. Auf rund 50<br />
Hektar Fläche lädt er Jung und Alt zum Spazieren ein, um dabei<br />
bunte Mischwälder mit altem Baum bestand und heimische Wildtiere<br />
aus nächster Nähe zu erleben: Im Frühjahr und Sommer die<br />
Geburt und Aufzucht vieler Jungtiere, im Herbst die Hirschbrunft<br />
oder im Winter die Begegnung mit Wolf und Luchs. Auch Flug vorführungen<br />
mit verschiedenen Greifvögeln werden regelmäßig angeboten.<br />
Wildpark 1, 37603 Holzminden<br />
www.wildpark-neuhaus.de<br />
49 Stil
DER BESONDERE BLICK<br />
FOTOGRAFIE: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Künstler der Worte Jim Dine zählt zu den bedeutendsten US-amerikanischen<br />
Künstlern der Gegenwart und wird als wichtiger Vertreter des Neo expressionismus<br />
international gefeiert. Seit Jahrzehnten verbindet ihn und den Göttinger Verleger<br />
Gerhard Steidl eine intensive Zusammenarbeit an zahlreichen Kunstbüchern und<br />
-projekten. Anfang September hat der Dichter im Garten des Künstlerhauses<br />
Göttingen einen Pavillon als Teil des Kunstquartiers gestaltet, das voraussichtlich<br />
2021 eröffnet wird. Ein exklusives Porträt über Jim Dine gibt es in der kommenden<br />
<strong>faktor</strong>-Winterausgabe zu lesen. www.<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
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