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Neustart! – Das SHE works! Magazin im Oktober 2020

Wir starten neu, wir starten durch! Wir fahren alles wieder hoch, wir rebooten. Was sich so dynamisch und energiegeladen anhört, kostet unglaublich viel Kraft, machen wir uns da nichts vor.

Wir starten neu, wir starten durch! Wir fahren alles wieder hoch, wir rebooten.
Was sich so dynamisch und energiegeladen anhört, kostet unglaublich viel Kraft, machen wir uns da nichts vor.

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<strong>Neustart</strong>! / <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />

guten Tourbegleiter - und über<br />

einige Etappen auch einen Anhänger<br />

voller Kindern dabei. Es<br />

war keine Autobahn. Aber ich<br />

reise ohnehin nicht so gerne<br />

auf breiten Asphaltstraßen.<br />

Ich bin Französin, habe in Dijon<br />

mein Medizinstudium begonnen.<br />

Und früh gelernt, was es<br />

zu dieser Zeit bedeutet hat,<br />

eine Medizinstudentin zu sein.<br />

Als ich das beste Physikum des<br />

Jahrgangs schrieb, zitierte mich<br />

der Chemie-Prof zu sich, weil<br />

er nicht glauben wollte, dass<br />

tatsächlich eine Frau so gut<br />

sein könnte. Leider gab es einige<br />

solcher Männer an der Uni.<br />

Gleichzeitig habe ich dort die<br />

Liebe meines Lebens getroffen.<br />

Wegen ihm bin ich dann<br />

auch - ohne zuvor Deutsch gelernt<br />

zu haben - nach Deutschland,<br />

habe in Heidelberg mein<br />

Medizinstudium abgeschlossen<br />

und während des Studiums<br />

zwei Kinder bekommen. <strong>Das</strong><br />

war auf jeden Fall eine Etappe<br />

mit vielen Höhenmetern!<br />

Danach haben wir Orte gesucht,<br />

an denen sich Familie<br />

und Weiterbildung vereinen<br />

lassen. Wie zum Beispiel auf<br />

Norderney. Aber das war nicht<br />

<strong>im</strong>mer leicht. Auch, weil ich<br />

bei der Suche nach Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

<strong>im</strong>mer<br />

wieder Diskr<strong>im</strong>inierung und<br />

Widerstand erlebt habe - als<br />

junge Frau und junge Mutter.<br />

Wie zum Beispiel die Frage,<br />

ob ich mich nach zwei Kindern<br />

mit dem Thema Sterilisation<br />

befasst hätte - davon würde<br />

die Einstellung abhängen.<br />

Deswegen habe ich den Weg<br />

der Selbständigkeit gewählt.<br />

Erst als Allgemeinärztin alleine<br />

- dann zusammen mit meinem<br />

Mann Klaus, der Kinderarzt ist.<br />

Seit 31 Jahren haben wir eine<br />

Gemeinschaftspraxis in einem<br />

kleinen Dorf in Süddeutschland<br />

- Amtzell - und ich kann<br />

mir keinen besseren Beruf<br />

vorstellen.<br />

Gleichzeitig habe ich mir schon<br />

seit meiner Jugend gewünscht,<br />

mich in der humanitären Hilfe<br />

zu engagieren. Vor Ort - und<br />

weltweit. Ein Wunsch, der<br />

mich mit meinem Mann schon<br />

<strong>im</strong>mer verbunden hat. Seitdem<br />

unsere Kinder größer sind - es<br />

kam übrigens noch ein drittes<br />

dazu, soviel zum Thema Sterilisation<br />

oder Karriere - haben<br />

mein Mann und ich uns diesen<br />

Wunsch erfüllt. Seit 2007 bin<br />

ich aktiv bei der Organisation<br />

Ärzte ohne Grenzen, seit 2017<br />

<strong>im</strong> Vorstand von Ärzte ohne<br />

Grenzen in Deutschland und<br />

seit 2019 Vorstandsvorsitzende.<br />

Diese Arbeit ist Teil meines<br />

Lebens geworden. Und eine<br />

Etappe auf meiner Reise, die<br />

mich sehr fordert, fördert und<br />

erfüllt.<br />

Gibt es Rollenbilder in Ihrem<br />

Alltag, denen Sie gern entkommen<br />

möchten?<br />

Ja! Eigentlich alle stereotypischen<br />

„Frauenrollen” und die<br />

Rolle der „Göttin <strong>im</strong> Weiß“.<br />

Ich möchte wahrgenommen<br />

werden als Amy, als ein eigenständiger<br />

Mensch. Nicht als<br />

Mutter von Nora, Marie oder<br />

Lena, nicht als Ehefrau von<br />

Klaus, nicht als Tochter von Suzanne<br />

und Francois und nicht<br />

als Großmutter von Lukas und<br />

Paul. Nicht als Frau Doktor!<br />

Natürlich haben meine Kinder,<br />

mein Mann, meine Eltern<br />

und Familie mich auch zu der<br />

gemacht, die ich bin. Natürlich<br />

spielt mein Beruf als Ärztin<br />

eine Rolle in meinem Leben.<br />

Aber ich wünsche mir, nicht auf<br />

dies „reduziert“ zu werden.<br />

Welche eigene Erfahrung<br />

geben Sie anderen Frauen als<br />

Tipp mit auf den Weg?<br />

Verantwortung übernehmen<br />

und sich die Mittel dafür geben.<br />

Und nicht glauben, alles<br />

alleine schaffen zu müssen.<br />

<strong>Das</strong> definiert uns und unseren<br />

Erfolg nicht. Ich musste zum<br />

Beispiel lernen, dass es okay<br />

ist, wenn ich mir als Allgemeinärztin<br />

mit eigener Praxis<br />

und Mutter von drei Kindern<br />

Unterstützung hole. <strong>Das</strong>s es<br />

Wege gibt, eine Haushaltshilfe<br />

fair und gut zu bezahlen und<br />

es nicht bedeutet, dass ich<br />

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