BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020
BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020 BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020
ABS.: HJS MEDIA WORLD GROUP | HAMEAU STRASSE 44 | A-1190 WIEN BINNENSCHIFF JOURNAL Binnenschiff Journal Heft 5/2020 Volle Kraft – zurück! Ihre Fachzeitschrift für #Binnenschifffahrt #Schiffbauindustrie #Wasserbau #NasseLogistik „Vom schwimmenden Kulturgut über Frachter auf Seen bis hin zur Statistik und Heereslogistik“ Quelle: Peter Dreesen Mehr auf www.logistik-express.com
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ABS.: HJS MEDIA WORLD GROUP | HAMEAU STRASSE 44 | A-1190 WIEN<br />
<strong>BINNENSCHIFF</strong><br />
<strong>JOURNAL</strong><br />
Binnenschiff Journal<br />
Heft 5/<strong>2020</strong><br />
Volle Kraft<br />
– zurück!<br />
Ihre Fachzeitschrift für<br />
#Binnenschifffahrt<br />
#Schiffbauindustrie<br />
#Wasserbau<br />
#NasseLogistik<br />
„Vom schwimmenden Kulturgut<br />
über Frachter auf Seen bis hin zur<br />
Statistik und Heereslogistik“<br />
Quelle: Peter Dreesen<br />
Mehr auf www.logistik-express.com
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S2<br />
„PD KOMMERZ – Ich bin eine Bank. Rette mich!“<br />
<strong>2020</strong> MESSEN EVENTS ORT INTERNET<br />
12.-14.10. 18. Europ. Verkehrskongress Rostock-Warnemünde www.c-pl.de/dvwg<br />
12.-14.10 18. Int. Salzburger Verkehrstage Salzburg forum-mobil.at/<br />
19.10. COVID19 unsere Mobilität Wien www.oevg.at<br />
3.11 Masterplan Güterverkehr Wien OEVG.at<br />
9.11. Infrastruktursymposium Wien fba.create-connections.com<br />
30.11.-2.12<br />
25.Donauschifffahrts & Tourismuskonferenz<br />
Regensburg<br />
donautourismus.eu<br />
Jahresprogramm Nassen Infrastruktur Hamburg<br />
www.htg-online.de
EDITORIAL / IMPRESSUM<br />
Volle Kraft – zurück!<br />
INHALT 5/<strong>2020</strong><br />
02 Messen & Events, Karikatur<br />
03 Editorial, Impressum, Inhalt<br />
04 Volle Kraft zurück!<br />
08 Welt-Statistiktag <strong>2020</strong><br />
12 CARGOCruise auf Binnenseen<br />
14 Heereslogistik und Nasse Infrastruktur<br />
18 Bottleneck in der Donauschifffahrt<br />
22 Das Schiff als Kulturgut<br />
23 Nachruf / Forum Inland Shipping (FIS)<br />
26 Binnenschiffe – schwimmendes Kulturgut<br />
30 Vom serbischen Schiffbau für die Binnenschifffahrt<br />
34 Jubiläum <strong>2020</strong><br />
36 Neuer COO des Hafenbetriebs Rotterdam<br />
38 Bibliothek & Medien<br />
40 Ausblick Binnenschiff Journal 6/<strong>2020</strong><br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Peter Baumgartner<br />
Karikatur: Christina Baumgartner<br />
Tel.: +43-664-2634362, E-Mail: ibbs@a1.net<br />
www.binnenschiff-journal.at<br />
Medieninhaber: Markus Jaklitsch<br />
Tel.: +43-676-7035206, E-Mail: hjs@hjs-media-world.at<br />
Hameaustraße 44, 1190 Wien, Austria<br />
Man kennt sie alle, die mehr oder weniger<br />
klugen Werbesprüche: „Geht<br />
nicht, gibt`s nicht“, oder „Wir machen<br />
Unmögliches möglich“. Höher, weiter,<br />
schneller und überhaupt, nur Wachstum<br />
zählt. Wer da nicht mitkommt,<br />
nicht genug Ausdauer hat, ist ein Verlierer<br />
und wirtschaftspolitisch wertlos.<br />
Volle Kraft voraus! Bisher war das die<br />
Maxime, auf der unser Wirtschaftsleben<br />
aufgebaut war. Undenkbar, dass sich<br />
jemals etwas an dieser sinnbefreiten<br />
Vorwärtsstrategie hätte ändern können.<br />
Nichts auf der Welt, nicht mal Greta,<br />
konnte daran etwas ändern. Doch<br />
dann kam so ein winzig kleines Viruslein<br />
daher und plötzlich – Stillstand. Nicht<br />
nur das Unmögliche, sondern das sonst<br />
auch leicht Machbare, geht plötzlich<br />
nicht mehr. Halt. Um es schiffmännisch<br />
zu sagen, die Maschine läuft zwar<br />
noch, aber der Propeller steht still. Was<br />
tun? Soll man jetzt in Panik ausbrechen<br />
und Hals über Kopf flüchten? „Halt“ am<br />
Maschinentelegraphen des Schiffes<br />
heißt nicht aus und vorbei.<br />
Die Maschine läuft noch und wartet auf<br />
den Befehl, in welche Richtung sie den<br />
Propeller drehen soll. „Volle Kraft zurück“<br />
ist keine andere Bezeichnung für<br />
Verlierer, sondern oft die einzige Maßnahme<br />
um die Richtung zu ändern und<br />
wieder vorwärts zu kommen. Der Maschinentelegraph<br />
lässt dem Kapitän die<br />
Wahl. Egal ob er sich für voraus oder zurück<br />
entscheidet, er kann es ganz langsam,<br />
langsam, mit halber Kraft oder mit<br />
voller Kraft angehen. Die Erfahrung und<br />
die Situation sagen dem Kapitän was<br />
zu tun ist. Nur ein Dummkopf würde<br />
immer „Volle Kraft voraus“ geben und<br />
„Volle Kraft zurück“ ist auch nicht immer<br />
notwendig. Aber vielleicht ist jetzt der<br />
Moment gekommen, wo „Volle Kraft<br />
zurück“ die richtige Entscheidung ist.<br />
Ihr Peter Baumgartner
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S4<br />
Volle Kraft zurück!<br />
»Wenn die Dummheit nicht dem Fortschritt, dem Talent, der Hoffnung oder der<br />
Verbesserung zum Verwechseln ähnlich sähe, würde niemand dumm sein wollen.«<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
modernen „Kisten“ nur deshalb schwimmen,<br />
weil der Schiffbauer im Jahre <strong>2020</strong> sich des<br />
Wissens eines gewissen Archimedes bedient<br />
hat, der schon in der Antike „Heureka!“ gerufen<br />
hat. Unwillkürlich drängt sich die Frage<br />
auf, welche anwendbaren Erkenntnisse wird<br />
der Schiffbauer im Jahre 4000 vom heutigen<br />
Schiffbauer gelernt haben? Aber damit kein<br />
Missverständnis entsteht und die Kreativität<br />
der Schiffbauer generell geschmälert wird,<br />
meistens sagt der Kunde was er will und das<br />
ist – nach der Generalvorgabe möglichst viel<br />
Schiff um möglichst wenig Geld, selten kreativ.<br />
Es hätte so schön sein können. DFS Johann Strauß<br />
Quelle Peter Steindl 1989<br />
Das hat Robert Musil 1931 vor dem<br />
Hintergrund der geschichtlichen<br />
Ereignisse gesagt und dann 1937<br />
ergänzt, niemand wird zu bezweifeln<br />
wagen, dass die Welt auch seither weder<br />
Fortschritte noch Verbesserungen gesehen<br />
hat! Gleichzeitig hat Musil eingestanden gar<br />
nicht zu wissen, was Dummheit eigentlich ist.<br />
Aber wer kann dieses Wissen schon für sich in<br />
Anspruch nehmen? Versuchen wir also lieber,<br />
die Dummheit von der Vernunft abzugrenzen<br />
und stellen wir die Frage, ist es vernünftig<br />
Schiffe zu schreddern, deren Wert weit über<br />
die optische Erhaltenswürdigkeit hinausgeht?<br />
Ist es nicht vernünftiger, Binnenschiffe – oder<br />
wenigstens das Erfahrungswissen dahinter, zu<br />
schützen und zu nutzen, statt neue Schiffe zu<br />
bauen, von denen man schon vorher weiß,<br />
dass sie Stangenprodukte sein werden. Auswechselbar<br />
bis ins Detail. Selbst wenn man<br />
die Namen dieser Schiffe untereinander austauscht,<br />
niemand würde es bemerken. Schiffe<br />
ohne Identität sozusagen und schon gar<br />
nicht erhaltenswürdig. Und niemand macht<br />
sich Gedanken darüber, dass selbst diese<br />
Was ist erhaltenswert in der Binnenschifffahrt,<br />
was sollte man schützen? Die Begriffe für die Erhaltenswürdigkeit<br />
einer Sache im öffentlichen<br />
Interesse sind vielfältig. Welterbe, Kulturerbe,<br />
Weltkulturerbe, Weltnaturerbe, Weltkulturgut,<br />
Weltdokumentenerbe, Immateriellen Kulturerbe,<br />
Kulturgut, kulturelle Hinterlassenschaft,<br />
Industriekultur und Denkmal. Um wenigstens<br />
einigermaßen den Durchblick zu erleichtern,<br />
wird noch zwischen beweglichen und unbeweglichen<br />
Denkmälern unterschieden.<br />
Dennoch, ein Schiff passt offensichtlich nicht<br />
wirklich in eines der genannten Schemen.<br />
Dafür wurde noch ein Begriff geschaffen -<br />
„Technisches Denkmal“. Dieser Begriff legt<br />
zwar fest, dass ein Schiff aus technischer<br />
Sicht erhaltenswürdig ist, schließt aber andere<br />
wichtige Gründe aus. Abgesehen von<br />
der technischen Bedeutung bei einem Schiff,<br />
könnte man zum Beispiel noch die Einzigartigkeit<br />
seiner Geschichte anerkennen. Legt man<br />
dem Begriff „Technik“ seine umfassende Bedeutung<br />
zugrunde, ließe sich ein Schiff in vielerlei<br />
Bereichen kategorisieren. Zum Beispiel<br />
im Bereich der Architektur oder Handwerkskunst.<br />
Zahlreiche Arbeitsabläufe (Erfahrungswissen)<br />
könnten sich auch im Immateriellen<br />
Kulturerbe abbilden lassen (wie das Wissen<br />
um die Flößerei an der oberen Drau). Auch<br />
das traditionelle Handwerk, hat in der Binnenschifffahrt<br />
viele Beispiele (Spleißen).
PD HOHENTWIEL und MS OESTERREICH<br />
Quelle Historische Schifffahrt Bodensee Michael Haefner<br />
Der Begriffswirrwarr und die Einschränkung<br />
auf „Technisches Denkmal“ verhindert<br />
oft die Anerkennung von Schiffen<br />
als Kulturgut und entzieht sie somit<br />
oft dem Erbe im öffentlichen Interesse.<br />
Kennen Sie berühmte Schiffe? Sicher werden<br />
Ihnen spontan gleich mehrere Namen einfallen.<br />
Darunter natürlich die Bounty wegen<br />
der Meuterei. Santa Maria dürfte Ihnen auch<br />
leicht von den Lippen gehen und Titanic sowieso.<br />
Einigen wird auch noch das Pilgerschiff<br />
Mayflower oder Pamir in den Sinn kommen.<br />
Was immer den Menschen unter berühmte<br />
Schiffe einfällt, alle sind irgendwo auf den<br />
Weltmeeren zu verorten. Fragt man nach<br />
berühmten Binnenschiffen, kommt bestenfalls<br />
die Ulmer Schachtel ins Spiel. Erst nach<br />
längerem Nachdenken, oder bei Leuten, die<br />
im Leben etwas herumgekommen sind, fallen<br />
Namen wie die Belle Époque-Flotte mit dem<br />
Dampfer Genève ein, auf dem Kaiserin Sisi bis<br />
zu ihrem Tod den Genfersee befuhr. Ein kleiner<br />
Kreis dürfte auch noch Reiseerinnerungen<br />
an die berühmte Dampferflotte von Dresden<br />
oder von Prag haben. Um Schiffe wie<br />
den Donaudampfer Schönbrunn zu kennen,<br />
muss man schon ein gehobeneres Alter haben<br />
oder Fan von alten Wachau Filmen sein.<br />
Noch weniger bekannt als die berühmten Passagierschiffe<br />
auf Flüssen und Seen, sind historische<br />
Frachtschiffe auf Binnenwasserstraßen,<br />
deren einstige Bedeutung längst vergessen<br />
ist. Dabei sind es gerade diese historischen<br />
Frachtschiffe gewesen, die einst, als die österreichische<br />
Flagge im gesamten Donauraum<br />
noch die erste Geige spielte, zur wirtschaftlichen<br />
Entwicklung des Landes und seiner Industrie<br />
wesentlich beigetragen haben. Diese<br />
Schiffe waren nicht nur schön, sondern auch<br />
einzigartig und erfüllten hohe Anforderungen.<br />
Ein wichtiges Kriterium für Frachtschiffe auf<br />
Flüssen ist seit jeher ein möglichst geringer Tiefgang,<br />
um auch bei Niederwasser einsatzfähig<br />
zu sein. Derzeit wird in einem 8 Mio. Euro-EU<br />
Förderprogramm nach einem Frachtschiff mit<br />
möglichst geringem Tiefgang gesucht. Die<br />
versammelte europäische Intelligenz ist gefordert.<br />
Dabei will man sich schon mit einem<br />
Tiefgang von 1,50 Meter zufriedengeben.<br />
Aber das berühmte Frachtschiffe CAECILIA<br />
(Baujahr 1914), konnte zum Beispiel schon vor<br />
mehr als 100 Jahren mit nur 1 Meter Tiefgang<br />
fahren. Alle diese großartigen Schiffstypen,<br />
von denen einige sogar noch um 1970 fahrtüchtig<br />
waren, sind modernen Schiffen zum<br />
Opfer gefallen.
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S6<br />
RUTHOF ÉRSEKCSANÁD und FREUDENAU<br />
Quelle Donau Schifffahrts<br />
kaum ein Schiff, mit einer derart wechselvollen<br />
Geschichte. Lange galt das Schiff als luxuriösester<br />
Donaudampfer und wurde deshalb<br />
auserkoren 1952, die Wiedereröffnung der Linienschifffahrt<br />
von Linz nach Wien aufzunehmen<br />
– dort, wo sich zur Zeit der Besatzungszone<br />
die längste Brücke der Welt befand („Sie<br />
beginnt in Washington und endet in Sibirien“<br />
/ Bgm. Heinrich Gleißner). Bis 1972 genossen<br />
hunderttausende Passagiere auf diesem<br />
Schiff unter rot-weiß-roter Flagge die Landschaft<br />
zwischen Passau und Wien. Danach<br />
begann ein beispielloses und historisches<br />
Drama, das als eiserner Schrotthaufen 2019 in<br />
Komarno endete, wo das einstige Flaggschiff<br />
regelrecht in Stücke gerissen würde. Dabei<br />
sah es kurz vorher noch so aus, als würde die<br />
Stadt Wien dem stolzen Schiff noch eine würdige<br />
Funktion als Restaurant im Herzen der<br />
Stadt geben. Doch anscheinend überwiegt<br />
trotz Corona das Bedürfnis nach Partymeile<br />
und Clubdisco.<br />
Heute weiß man, dass die modernen Schiffstypen<br />
hauptsächlich den Shareholdern dienen<br />
und oft große Infrastrukturschäden verursachen,<br />
die der Steuerzahler begleichen muss.<br />
Zum Glück gibt es einige ambitionierte Modellbauer,<br />
die in der Lage sind, die Besonderheiten<br />
der historischen Frachtschiffe zu dokumentieren,<br />
um so für die Nachwelt Werte zu<br />
erhalten. Ganz wenigen Vereinen ist es geglückt,<br />
ein paar historische Frachtschiffe original<br />
für museale Zwecke zu erhalten. In Regensburg<br />
gibt es zum Beispiel seit 1984 noch<br />
das ehemalige DDSG-Schleppschiff ÉRSEKC-<br />
SANÁD ex Name RUTHOF (Baujahr 1922/23).<br />
Auch dieses Schiff hatte trotz seiner Größe nur<br />
einen Meter Tiefgang und wurde 1979, nachdem<br />
es 12 Jahre auf dem Grund der Donau<br />
gelegen war, vor der Verschrottung gerettet.<br />
Heute erzählt das liebevoll restaurierte Schiff<br />
begeisterten Touristen die Geschichte der<br />
Donauschifffahrt und steht in der Denkmalliste<br />
– in Bayern, nicht in Österreich.<br />
Weniger Glück hatte der Donaudampfer Johann<br />
Strauss. Ein Schiff, dessen Entstehung bis<br />
auf das Jahr 1853 zurückreicht und das man<br />
auch als „Schiff des Theseus“ bezeichnen<br />
könnte. Mehrmals umgebaut in Budapest<br />
und in Linz, als die dortige Werft noch den<br />
Namen Stabilimento Tecnico trug, gibt es<br />
Vor dem Hintergrund einer derart wertelosen<br />
Spaßgesellschaft, hat Kultur und Geschichte<br />
kaum noch Platz. So war der Donaudampfer<br />
am Ende für die zuständige Umweltstadträtin<br />
Ulli Sima nur noch ein „Schandfleck“, der<br />
entfernt gehört. Folglich war die tatsächliche<br />
„Entfernung“ für die SPÖ-Frontfrau dann „ein<br />
vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“. Hier endete<br />
2017 die 164-jährige Geschichte eines<br />
Schiffes, von dem der Schrottgutachter angesichts<br />
intakter Intarsien noch sagte, dass<br />
das Schiff ein Unikat darstellt, dessen Wert „relativ<br />
schwer feststellbar“ sei. Unter dem Strich<br />
blieb dann ein Zeitwert von 0 Euro und ein<br />
Schrottwert von 20.000 Euro für ein kulturelles<br />
Erbe, dass keine Chance bekam, als lebender<br />
Zeuge unserer gesellschaftlichen Entwicklung<br />
erhalten zu bleiben.<br />
Übrigens, eng verbunden mit der Geschichte<br />
des Dampfers Johann Strauss, ist auch die<br />
Geschichte des legendären, 1805 gegründeten<br />
Schweizer Unternehmens Escher Wyss,<br />
welches heute mit Siemens und Andritz verknüpft<br />
und weltweit für hervorragende Schiffe<br />
und eigene Schiffsdampfmaschinen bekannt<br />
ist. Das älteste aktive Escher Wyss Dampfschiff<br />
„Greif“ (1895) befindet sich noch immer auf<br />
dem Greifensee. Erster und bester Kunde dieser<br />
Firma war Österreich bereits im Jahre 1849.
Eine Escher Wyss Dampfmaschine spielt auch<br />
in der Geschichte des Dampfers Johann<br />
Strauss eine Rolle. Wie in diesem Fall, endeten<br />
viele Escher Wyss Schiffe und Dampfmaschinen<br />
unrühmlich. 1978 schrieb die Neue Zürcher<br />
Zeitung wehmütig: In Zürich gebaut – im<br />
Ausland versenkt. Übrig blieb der klangvolle<br />
Name Escher Wyss, der über Jahrzehnte die<br />
technische Entwicklung der Schifffahrt weltweit<br />
geprägt hat. Ein Forschungsprojekt über<br />
diese historische Geschichte steht an der Universität<br />
Bern kurz vor dem Abschluss.<br />
Vor diesem Hintergrund klingt das Motto zum<br />
diesjährigen „Tag des Denkmals“ etwas wie<br />
eine Themenverfehlung. „Bauen & bilden“<br />
sollte eher heißen, „schreddern & vergessen“.<br />
„Der Tag des Denkmals <strong>2020</strong> ist Orten gewidmet,<br />
an denen überlieferte Tradition am Leben<br />
erhalten wird und an denen Einzigartiges<br />
entstanden ist. Die Verknüpfung zwischen<br />
dem Schaffen und dem Stellenwert der Denkmale<br />
sowie der Bildung und Wertschätzung<br />
der Bevölkerung ist uns im heurigen Jahr ein<br />
besonderes Anliegen“, sagen die Veranstalter.<br />
Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die Bedeutung<br />
des kulturellen Erbes zu sensibilisieren,<br />
dieses erlebbar zu machen und Interesse für<br />
die Belange des Denkmalschutzes und der<br />
Denkmalpflege zu wecken.<br />
am Bodensee, verbindet ein gemeinsames<br />
Schicksal. Sie wurden von zahlreichen Schifffahrts-Enthusiasten<br />
buchstäblich in letzter Minute<br />
vor der Verschrottung gerettet und mit<br />
unglaublicher Leidenschaft und handwerklichem<br />
Geschick wieder zu dem gemacht,<br />
was sie heute sind: Zwei großartige Binnenschiffe,<br />
die alle Passagiere in Begeisterung<br />
versetzen und unübersehbare Leuchttürme<br />
für den heimischen Tourismus darstellen. Wer<br />
möchte, kann die beiden Fördervereine (hohentwiel-verein.com<br />
und Förderverein Museumsschiff<br />
Oesterreich) bei ihren großen<br />
Herausforderungen unterstützen. Natürlich<br />
soll man auch jede Gelegenheit nützen,<br />
und die zahlreichen Bordprogramme bei der<br />
Historischen Schifffahrt Bodensee buchen<br />
(www.hs-bodensee.eu/). (PB)<br />
Was die Binnenschifffahrt betrifft, wurden diese<br />
Ziele bisher jedenfalls gründlich verfehlt.<br />
Gerade mal 4 (vier) Schiffe (die Dampfer Gisela,<br />
Thalia, Schönbrunn und der Güterkahn<br />
10065) und das Hundertwasser Segelschiff<br />
„Regentag“, mit dem der Künstler die Weltmeere<br />
bereist hat, sind unter „Technische<br />
Denkmale“ gelistet. Abgesehen von zwei<br />
großartigen Bodensee Schiffen, gibt es nicht<br />
mehr viel Schützenswertes in der österreichischen<br />
Binnenschifffahrt, denn die großen und<br />
bedeutenden Exponate, insbesondere in der<br />
Kategorie Frachtschiffe, wurden längst alle<br />
geschreddert.<br />
In der Passagierschifffahrt verdienen die beiden<br />
Bodensee Schiffe „Hohentwiel“ (1913)<br />
und „Oesterreich“ (1928), eine besondere<br />
Hochachtung. Sie sind jedes für sich, beeindruckende<br />
Zeitzeugen ihrer technischen<br />
Epoche. Hohentwiel das Escher Wyss Dampfschiff<br />
und „Oesterreich“, das erste Motorschiff<br />
Quelle Hohentwiel Schifffahrts Gesellschaft Markus Gmeiner
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S8<br />
Welt-Statistiktag <strong>2020</strong><br />
Der Welt-Statistiktag ist ein internationaler Aktionstag der UN-Statistikkommission.<br />
Er findet auf Initiative der Vereinten Nationen in mehr als 100<br />
Ländern statt, um die Bedeutung offizieller Statistiken hervorzuheben, die<br />
auf den Grundwerten Dienstleistung, Professionalität und Integrität basieren.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Der dritte Weltstatistiktag wird am<br />
20. Oktober <strong>2020</strong> rund um den<br />
Globus unter dem Motto "Die Welt<br />
mit Daten verbinden, denen wir<br />
vertrauen können" gefeiert. Dieses Thema<br />
lichtet die Bedeutung von Vertrauen, maßgeblichen<br />
Daten, Innovation und dem Gemeinwohl<br />
in den nationalen statistischen Systemen<br />
ab.<br />
dank genauer Zahlen auch. Gleichzeitig bekommen<br />
wir es amtlich, dass Schiene und Binnenschiff<br />
kaum an Marktanteilen gewinnen.<br />
Statistiker werden hier zu Verkündern und Verwaltern<br />
des Versagens einer Verkehrspolitik<br />
gemacht, für die jede Statistik ausschließlich<br />
der Parteipolitik dient. Eine ungerechte Abwertung<br />
für hart und wissenschaftlich arbeitende<br />
Menschen in den Statistikämtern.<br />
Genau diese Zusammenfassung über die Bedeutung<br />
und den Wert der Statistik, wurde in<br />
Österreich in der jüngsten Vergangenheit arg<br />
auf die Probe gestellt. Stichwort „Massage<br />
Control“. Einerseits gab es eine höchst umstrittene<br />
personelle Umfärbung bei der Statistik<br />
Austria und anderseits wirkt die vom Statistikrat<br />
geäußerte Kritik (Budgetkürzungen),<br />
den Aufgaben der Statistik Austria diametral<br />
entgegen.<br />
Aber ganz unabhängig von den hausgemachten<br />
Abläufen, die keineswegs dazu<br />
beitragen, das Vertrauen in die Statistik zu<br />
stärken, mit dem Erfassen von Daten, seien<br />
sie noch so gut, ist nichts getan, wenn sie nur<br />
der Archivierung dienen. Was wir brauchen<br />
ist so etwas wie ein Feiertag der umgedrehten<br />
Statistik. Das funktioniert aber nicht, wenn<br />
zum Beispiel Ban Ki-Moon sagt: „Wir müssen<br />
sicherstellen, dass alle gezählt werden, insbesondere<br />
die Armen und Schwachen.“ Nicht<br />
die Zunahme an Fehlentwicklungen, selbst<br />
wenn sie durch genaue Daten belegt werden,<br />
sind Grund für eine Feierstimmung. Es ist<br />
zynisch und sinnbefreit, die Zunahme an armen<br />
Menschen zu zählen, ohne etwas dagegen<br />
zu tun.<br />
Genauso ist es mit der Verkehrsstatistik. Wir<br />
registrieren mit immerwährender Kontinuität<br />
die Zunahme des Verkehrs. Und dass der Straßenverkehr<br />
durch die Decke geht, wissen wir<br />
Auch in der Binnenschifffahrt spielt die amtliche<br />
Statistik eine Schlüsselrolle. Stellt man sich<br />
die Frage, was Statistik überhaupt ist, landet<br />
man bei unterschiedlichen Auslegungen.<br />
Die meistzitierte Erklärung dazu wird oft Mark<br />
Twain zugerechnet und die lautet seit einhundert<br />
Jahren: „Es gibt drei Arten von Lügen –<br />
Lügen, verdammte Lügen und Statistiken“.<br />
Daraus könnte man die Erkenntnis ableiten,<br />
wer besonders gemeine Lügen verbreiten will,<br />
bedient sich der statistischen Darstellung bestimmter<br />
Vorgänge.<br />
Der statistische Durchschnittskonsument gibt<br />
sich aber mit der Philosophie zufrieden, dass<br />
eine Statistik nichts anderes ist als eine Hypothese,<br />
die jedenfalls nur solange Gültigkeit<br />
hat, bis das Gegenteil bewiesen ist. Tatsächlich<br />
gibt es in der Binnenschifffahrt einige<br />
solcher Hypothesen, die gerne als „amtliche<br />
Statistik“ verkauft werden. Kaum jemand<br />
macht sich aber die Mühe, diese Hypothesen<br />
zu überprüfen. Falls die Erhebung von Daten<br />
tatsächlich eine wichtige Säule und Grundlage<br />
für verkehrspolitische Entscheidungen sein<br />
soll, dann haben die zuständigen Politiker/<br />
Politikerinnen, mit Blick auf die Binnenschifffahrt,<br />
in den letzten Jahrzehnten davon noch<br />
nicht Gebrauch gemacht.<br />
Ein Beispiel: Bis zum Jahr 2002 wurden die<br />
Daten des Personenverkehrs auf der Donau<br />
und auf den Binnenseen erhoben und sta-
Der Binnenschiff Statistik steht das Wasser bis zum Hals<br />
Quelle IBBS<br />
tistisch aufbereitet. Seit 2003 werden diese<br />
Daten nicht mehr erfasst. Dennoch werden<br />
von amtlichen Stellen immer wieder Zahlen<br />
genannt, die jeder statistischen Grundlage<br />
entbehren. Folglich können hier, abgeleitet<br />
von einer amtlichen Statistik, gar keine tragfähigen<br />
politischen Entscheidungen getroffen<br />
werden, weil es schlicht keine belastbaren<br />
Daten gibt. Dabei hat der Personenverkehr<br />
auf den Gewässern eine durchaus hohe Bedeutung.<br />
Zumindest hinsichtlich verkehrs- und<br />
tourismuspolitischer Entscheidungen. Die Auswirkungen<br />
fehlender Daten sind auch überall<br />
deutlich sichtbar.<br />
Es gibt keine Tourismusstrategie, die den<br />
Passagierverkehr auf den Gewässern maßgeblich<br />
berücksichtigt. Ganz zu schweigen<br />
von einer Integration in den ÖPNRV. Nur ein<br />
einziges Schiff in ganz Österreich verkehrt im<br />
Interesse des ÖPNRV. Und das auch nur aus<br />
Eigeninitiative, ohne jede Förderung und politische<br />
Unterstützung. Gleiches gilt für den<br />
Wassertourismus insgesamt. Es gibt keinen<br />
Masterplan, der der Bedeutung des Wassertourismus<br />
gerecht werden würde. Personenverkehr<br />
auf dem Wasser und Wassertourismus<br />
wird in Österreich verwaltet – nicht gestaltet.<br />
Und das wohlgemerkt in einem Land, das von<br />
sich mit Fug und Recht behaupten kann, ein<br />
mächtiges Wasserschloss zu sein.<br />
Nicht besser verhält es sich auf europäischer<br />
Ebene, wiewohl es einige Staaten gibt, die<br />
unabhängig von der Gemeinschaft, einen<br />
wesentlich besseren Zugang zum Thema Binnenfahrgastschifffahrt<br />
und ÖPNRV haben. Ein<br />
erhebliches „Datenleck“ wird dennoch von<br />
der EU beharrlich verwaltet und nicht beseitigt.<br />
Die Flusskreuzfahrt ist in den letzten 30<br />
Jahren förmlich explodiert. Kaum ein anderer<br />
Tourismusbereich in Europa hatte bisher
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S10<br />
solche Zuwächse zu verzeichnen<br />
und der Trend von jährlichen<br />
Steigerungsraten im zweistelligen<br />
Bereich, wurde nur durch<br />
Corona gestoppt.<br />
Die Auswirkungen dieses Wirtschaftsbereiches<br />
sind weitreichend.<br />
Immerhin handelt es sich hier zum Teil um<br />
Kabinenschiffe, die mit entsprechender Größe<br />
inklusive Besatzung bis zu 250 Personen an<br />
Bord haben. Man kann sich vorstellen, was<br />
das für die Infrastruktur der einzelnen Kommunen<br />
bedeutet. Welche Auswirkungen das<br />
auch auf den Tourismus und die Wirtschaft<br />
insgesamt hat. Ja selbst die arbeitsplatzpolitische<br />
und umweltpolitische Relevanz ist erheblich.<br />
Dennoch wissen wir in ganz Europa nicht, in<br />
welcher Zahl und Größe diese Schiffe wann<br />
und wo aufkreuzen. Wir kennen nicht mal die<br />
Gesamtzahl! Der Grund ist auch hier in der<br />
fehlenden amtlichen Statistik zu suchen. Um<br />
das Motto des Weltstatistiktages in abgewandelter<br />
Form zu verwenden: Europa wird von<br />
Daten verbunden, denen man nicht trauen<br />
kann. Das geschieht natürlich nicht aus Jux<br />
und Tollerei, sondern weil die gesetzliche<br />
Grundlage fehlt.<br />
Das Gesetz definiert zwar den Begriff Kabinenschiff<br />
(ein Schiff mit Kabinen für Fahrgäste),<br />
gezählt werden aber nur Schiffe, die mindestens<br />
40 Kabinen haben. Warum? Weil es<br />
einen privaten Katalog gibt, der alle Schiffe<br />
ab 40 Kabinen auflistet. Das ist die Grundlage<br />
für eine „amtliche Statistik“ in ganz Europa.<br />
Dazu muss man wissen, dass die Zahl jener<br />
Kabinenschiffe, die gewerblich betrieben<br />
werden, aber weniger als 40 Kabinen haben,<br />
ebenfalls stark zugenommen hat. Man<br />
schätzt, dass ihre Zahl etwa gleich groß ist,<br />
wie die der gezählten Kabinenschiffe.<br />
Wenn man also in der Binnenschifffahrt<br />
(egal ob Frachtschifffahrt oder Passagierschifffahrt)<br />
über die Qualität der amtlichen<br />
Statistik spricht, wird es Zeit, dass bald jemand<br />
den Rettungsring wirft. Der amtlichen<br />
Statistik steht das Wasser bis zum Hals.<br />
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S12<br />
CARGOCruise auf Binnenseen<br />
Die legendäre Zahnrad-Tenderdampflokomotive H 1/2 Nr. 7 (Jahrgang 1873)<br />
aus dem Verkehrshaus der Schweiz, wurde auf dem Seeweg von Luzern nach<br />
Vitznau transportiert. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Überfahrt Lok am Vierwaldstättersee<br />
Quelle Verkehrshaus Schweiz<br />
Was auf den Flüssen, Kanälen<br />
und auf Hoher See selbstverständlich<br />
ist, ist auf Binnenseen<br />
in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
noch immer exotisch. Dabei dienen<br />
die Binnenseen keineswegs allein der Freizeitwirtschaft.<br />
Oft gibt es neben der weißen<br />
Flotte auch einen regen Frachtverkehr und<br />
gelegentlich sogar einen Schwerverkehr.<br />
Eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat das<br />
vor wenigen Tagen das Verkehrshaus der<br />
Schweiz mit einer Lokomotive, die sie mit<br />
Transportschiffen über den Vierwaldstättersee<br />
transportieren ließ. Zwar hatte die Lok<br />
„nur“ etwa 15 Tonnen, aber was auf dem<br />
Wasser eine einfache Aufgabe ist, wird auf<br />
der Straße schnell zum komplizierten Schwertransport.<br />
Frachtschifffahrt auf dem Vierwaldstättersee<br />
Quelle Wabag AG<br />
Schwertransporte auf Seen sind keine Seltenheit,<br />
aber noch erheblich mehr Waren<br />
werden zum Beispiel von den Ledischiffen<br />
und Nauen der Schweizer Bagger- und Lastschiffbesitzer<br />
transportiert. Auf den Schweizer<br />
Seen sind das etwa 4 Mio. Tonnen jährlich.<br />
Zum Vergleich, auf der internationalen Wasserstraße<br />
Donau in Österreich, werden von<br />
allen Schifffahrtsgesellschaften zusammen<br />
etwa 9 Mio. Tonnen jährlich transportiert.<br />
Mit der Frachtschifffahrt, Schwertransport,<br />
Baggerei und mit dem Wasserbau, gibt es<br />
auf zahlreichen Binnenseen in Europa (und<br />
weltweit) das gleiche Leistungsspektrum in<br />
der Binnenschifffahrt wie auf den großen bekannten<br />
Wasserstraßen.<br />
Und wie auf den Wasserstraßen, ist das Potential<br />
der Frachtschifffahrt auch auf den<br />
Binnenseen noch lange nicht ausgeschöpft.<br />
Aber die Statistik und die Verkehrspolitik hat<br />
davon noch keine Notiz genommen.<br />
(PB)
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S14<br />
Heereslogistik und Nasse Infrastruktur<br />
Onoare i Patrie (Ehre und Vaterland), unter diesem Motto nützt das rumänische<br />
Militär mit leistungsfähigen Schiffseinheiten erfolgreich die Nasse Infrastruktur der<br />
Donau. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
UN Militärtransport auf der Donau in Linz<br />
Quelle Otto Steind<br />
Der Österreichische Infrastrukturreport<br />
der Initiative Future Business<br />
Austria (FBA) lichtet jährlich die<br />
Gesamtsituation der österreichischen<br />
Infrastruktur ab. Analysen und Befunde<br />
der Organisation stützen sich nach eigenen<br />
Angaben auf einen wissenschaftlichen Input,<br />
die Befragung von 240 Managern großer Unternehmen<br />
und circa 100 Interviews aus der<br />
Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Die FBA ist<br />
die größte Infrastrukturinitiative Österreichs<br />
und hat es sich zum Ziel gesetzt, zur Stärkung<br />
des Wirtschaftsstandortes Österreich beizutragen,<br />
indem u.a. auch Verbesserungspotential<br />
identifiziert und öffentlich gemacht wird.<br />
Dazu gibt es jährlich ein großes Infrastruktursymposium,<br />
das quasi die gesamte Infrastrukturintelligenz<br />
des Landes vereint.<br />
Leider spielt die Kritische Infrastruktur, die für<br />
sämtliche Hilfs- und Einsatzorganisationen,<br />
aber insbesondere für das Bundesheer von<br />
entscheidender Bedeutung ist, keine Rolle<br />
im FBA Report. Zwar gibt es qualitative Überschneidungen<br />
in vielen Bereichen, wie zum<br />
Beispiel Transport und Verkehrsinfrastruktur,<br />
aber die Anforderungen der Heereslogistik an<br />
die Infrastruktur unterscheidet sich doch wesentlich<br />
vom, sagen wir, Containertransport<br />
von A nach B. Dabei geht es nicht nur darum,<br />
schutzbedürftige Infrastruktur durch das Bundesheer<br />
zu schützen, sondern auch darum,<br />
welche Infrastruktur braucht das Bundesheer<br />
selber um den Schutz wichtiger Infrastruktur<br />
gewährleisten zu können.<br />
Im Austrian Program for Critical Infrastructure<br />
Protection (APCIP) wird definiert, was Kritische<br />
Infrastrukturen im Sinne dieses Masterplans<br />
sind. Demnach sind das jene Infrastrukturen<br />
(Systeme, Anlagen, Prozesse, Netzwerke oder<br />
Teile davon), die eine wesentliche Bedeutung<br />
für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher<br />
Funktionen haben und deren<br />
Störung oder Zerstörung schwerwiegende<br />
Auswirkungen auf die Gesundheit, Sicherheit
Mehrere Schützenpanzer PANDUR sowie<br />
militärische LKW bei der Verladeübung<br />
Quelle Bundesheer<br />
oder das wirtschaftliche und soziale Wohl großer<br />
Teile der Bevölkerung oder das effektive<br />
Funktionieren von staatlichen Einrichtungen<br />
haben würde. Diese Definition deckt sich übrigens<br />
mit den aktuellen Bedrohungsszenarien<br />
– nicht aber mit der Entwicklung des Schutzes<br />
Kritischer Infrastruktur.<br />
Soldaten der Streitkräftebasis – die zentrale<br />
Logistikdrehscheibe des Bundesheeres in Bezug<br />
auf die Nasse Infrastruktur<br />
Das Kommando Streitkräftebasis ist das Kompetenzzentrum<br />
für Logistik, Technik, Sanität,<br />
Transport, Cyberdefence und Sport im<br />
Österreichischen Bundesheer. Zur Erfüllung<br />
der vielfältigen Aufgaben stehen dem Kommando<br />
4.500 Soldatinnen und Soldaten sowie<br />
hochspezialisierte zivile Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen zur Verfügung. Diese sind<br />
auf 22 Dienststellen an 65 Standorten auf<br />
ganz Österreich verteilt. Mit der Streitkräftebasis<br />
verfügt das Bundesheer über eine<br />
zentrale Logistikdrehscheibe. Die von Kommando<br />
organisierten Seetransporte beziehen<br />
sich auf Transporte von Containern und<br />
Einzelfahrzeugen bzw. Fahrzeuggruppen.<br />
Die Anforderung des Seetransportbedarfs erfolgt<br />
durch den Bedarfsträger – die Truppe .<br />
Das Kommando beurteilt die je nach zeitlicher<br />
Vorgabe wirtschaftlichste Transportvariante,<br />
schließt Transportvereinbarung mit einer<br />
zivilen Reederei ab und organisiert gegebenenfalls<br />
Transport zum Verladehafen; zusätzlich<br />
erlässt das Kommando Transportbefehl<br />
für den Bedarfsträger. Der Bedarfsträger stellt<br />
die termingerechte Bereitstellung der zu verladenden<br />
Container bzw. Kfz beim Verladeort<br />
bzw. Verladehafen sicher.<br />
Die Verladung der Container auf das Schiff<br />
erfolgt durch dafür vorgesehenes Zivilpersonal<br />
des Schiffes bzw. der Hafenverwaltung.<br />
Die Verladung der Kraftfahrzeuge und Luftfahrzeuge<br />
kann je nach Vorgabe der Reederei<br />
durch Personal des ÖBH oder ebenfalls<br />
wieder durch dafür vorgesehenes Zivilpersonal<br />
des Schiffes bzw. der Hafenverwaltung<br />
erfolgen.<br />
Bei internationalen Übungen bzw. Einsätzen<br />
kann der national angeforderte Seetransport<br />
durch militärische Hafenumschlagsorganisationen<br />
koordiniert werden. Solche „Operation<br />
Units“ stellen die Koordination aller im Hafen<br />
eingesetzten militärischen Elemente sowie<br />
die erforderlichen Kontakte mit den zivilen
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S16<br />
Versorgungsschiff TANC MARITIM DE MOTORINĂ 532<br />
Quelle Logistică Navală-RO<br />
Stellen (Hafenverwaltung, Schiffskapitän,<br />
Schiffsagenten, Transporteur usw.) sicher.<br />
Das Kommando organisiert und führt mittels<br />
Land-, Luft- und Seetransporte die Versorgung<br />
und den Transport von Containern, von<br />
militärischen Fahrzeugen und von Luftfahrzeugen<br />
in die verschiedenen Einsatzräume<br />
unserer Soldaten in friedenserhaltenden Missionen<br />
durch. Die Soldatinnen und Soldaten<br />
der Streitkräftebasis sind für den Transport von<br />
Gerätschaften, Ausrüstung, Fahrzeuge und<br />
Luftfahrzeuge zur Teilnahme an internationalen<br />
Übungen, zur Versorgung militärdiplomatischer<br />
Vertretungen sowie zur Verbringung<br />
von Hilfsgütern im Falle eines Katastropheneinsatzes<br />
in das Katastrophengebiet verantwortlich.<br />
Bis heute wurden Seetransporte in<br />
Ländern wie Italien, Libanon, Kanada, Australien,<br />
Island, Ghana, Mali, Senegal, Ägypten,<br />
Algerien und den Tschad durchgeführt.<br />
Man erkennt in der obigen Darstellung gleich,<br />
wo die Schwachstellen der sicheren Nutzbarkeit<br />
der für die Heereslogistik notwendigen<br />
Nassen Infrastruktur liegen. Die Wasserstraßen<br />
– hauptsächlich die Donau, aber auch andere<br />
Gewässer in Österreich, scheiden für das<br />
Bundesheer als sicherer Transportweg aus.<br />
Ein wesentliches Kriterium ist der Hub bzw.<br />
Verladestationen. Bestehende öffentliche<br />
und private Hubeinrichtungen/Häfen sind<br />
ausschließlich über öffentliche Verkehrswege<br />
erreichbar, die selber nicht als sicher angesehen<br />
werden können. Über eigene Hubmöglichkeiten<br />
an der Donau oder an anderen<br />
Gewässern verfügt das Bundesheer nicht.<br />
Deshalb wird die nasse Infrastruktur in Österreich<br />
hauptsächlich nur zu Übungszwecken<br />
genützt. Zwar gab es auf der Donau bereits<br />
verschiedene Transporte im Einsatzmodus.<br />
Anders als am Rhein, der durch die Bundeswehr<br />
genutzt wird, spielt die Donau für das<br />
Bundesheer keine Rolle. Wohl deshalb finden<br />
Heereslogistiker zum FBA keinen Zugang.<br />
Auf europäischer Ebene ist es etwas anders,<br />
weil die NATO einen Stützpunkt in Rumänien<br />
hat und die Donau für das Militär dort eine<br />
wichtige, internationale Transportinfrastruktur<br />
ist und nicht nur durch eine eigene Logistikflotte<br />
genützt, sondern auch überwacht wird.<br />
Erst 2019 wurde vom rumänischen Militär ein<br />
russischer Panzertransport auf der Donau gestoppt,<br />
der für Serbien bestimmt war.<br />
(PB)
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S18<br />
Niederwasser an der bayerischen Donau<br />
Quelle IBBS<br />
Bottleneck in der Donauschifffahrt<br />
In der Binnenschifffahrt meint man allgemein mit Bottleneck eine Behinderung<br />
in der Wasserstraße, die einen wirtschaftlichen und/oder nautischen Erfolg<br />
erschwert. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
In der Binnenschifffahrt könnte man den<br />
Begriff Bottleneck aber auch bei politischen<br />
Amtsträgern annehmen, deren<br />
Verkehrspolitik vermuten lässt, dass die<br />
Krawatte ein Bottleneck für die Sauerstoffzufuhr<br />
zum Gehirn darstellt. Früher, als man<br />
noch vermehrt sogenannte Selbstbinder<br />
verwendet hat, war es nicht so schlimm. Ihre<br />
Elastizität hat sich an den Sauerstoffbedarf im<br />
Gehirn angepasst. Liegt die Behinderung am<br />
Hals in der Verantwortung des Krawattenträgers,<br />
hilft also nur den Knopf zu lockern.<br />
Der Donauausbau in Bayern und die Idee von<br />
der durchgängig befahrbaren Wasserstraße<br />
vom Rhein über den Main bis zur Donau<br />
geht- abgesehen von der Vorgeschichte beginnend<br />
mit dem Jahr 793, zurück bis ins Jahr<br />
1921 und wird in vielen Verträgen geregelt.<br />
Gelungen ist der ehrgeizige Plan tatsächlich<br />
mit der feierlichen Eröffnung des Rhein-Main-<br />
Donau Kanals am 25.9.1992. Aber die Jubelstimmung<br />
hielt nicht lange an, denn ein 70<br />
Kilometer langer Abschnitt zwischen Nordsee<br />
und Schwarzes Meer beschäftigt die Stakeholder<br />
der Binnenschifffahrt nun schon 100<br />
Jahre (!). Es geht um den Streckenabschnitt<br />
zwischen Straubing und Vilshofen, der zwar<br />
auf der Gesamtstrecke nicht der einzige, aber<br />
der umstrittenste Flaschenhals ist, weil er nicht<br />
die gewünschte Fahrwassertiefe erfüllt und<br />
von Naturschützern heiß umkämpft ist. Eine<br />
Formation der „Donaufrauen“ betet gemeinsam<br />
mit dem Abt von Niederalteich regelmäßig<br />
und medienwirksam für den Erhalt der frei<br />
fließenden Donau. Nicht zuletzt deshalb, sind<br />
in der langen Geschichte über den Donauausbau<br />
zwischen Straubing und Vilshofen, unzählige<br />
Planungen, Konzepte und Versuche<br />
entstanden, von deren Kosten Universitäten,
Quelle WSA Donau MDK<br />
Experten und Institute Jahrzehnte gut gelebt<br />
haben. Allein, deren praktischen Ergebnisse<br />
und Erkenntnisse haben noch nicht den vollen<br />
Erfolg gebracht. Planungsvarianten sind<br />
entstanden, die Aktualisierung von der Aktualisierung<br />
wurde mehrfach umgeschrieben,<br />
Konzepte entworfen und wieder verworfen.<br />
Dabei sollte eigentlich nur eine Verbesserung<br />
der Infrastruktur für die Binnenschifffahrt erreicht<br />
werden. Was das Donautheater bisher<br />
wirklich an Studien- und Planungskosten gekostet<br />
hat, weiß niemand genau. Aber allein<br />
die Aufträge an externe Partner, also ohne<br />
Beamtenschaft, dürfte von einer halben Milliarde<br />
Euro nicht mehr weit entfernt sein.<br />
Kein Wunder, dass sich sogar Kabarettisten<br />
am Thema abgearbeitet haben. Zum Beispiel<br />
Gerhard Polt in der Rolle des RMD AG Manager,<br />
der im „Scheibenwischer“ bei Dieter<br />
Hildebrandt versicherte, man kann das Projekt<br />
gar nicht mehr stoppen, weil die Heiligen<br />
Drei Könige Schmidt, Strauß und Kreisky auch<br />
dafür wären. Hildebrand selber kassierte ob<br />
seiner despektierlichen Aussagen über den<br />
Donauausbau sogar eine Rüge der Staatskanzlei.<br />
Dabei hielten es selbst Politiker für besser,<br />
dass „dümmste Projekt seit dem Turmbau<br />
zu Babel qualifiziert zu beenden“ (Verkehrsminister<br />
Volker Hauff/1982). Dennoch wurde unverdrossen<br />
geprüft, untersucht, abgewogen,<br />
Beschlüsse gefasst und wieder aufgehoben.<br />
1995 entscheidet sich die Staatsregierung<br />
für eine Staustufenlösung – nicht ohne vorher<br />
wieder Untersuchungen zu veranlassen.<br />
Langsam regte sich der Widerstand in den<br />
eigenen Reihen. CSU-Umweltminister Thomas<br />
Goppel im Kabinett Stoiber beschwerte sich<br />
öffentlich, man habe ihm gesagt, in der Donausache<br />
soll er sein Maul halten. Beschlossen<br />
wurde dann, dass erst 2000 beschlossen<br />
wird, wie gebaut wird. Aber auch 2000 wurde<br />
nichts entschieden.<br />
2002 schaltete sich auch der österreichische<br />
Prof. Bernd Lötsch in seiner Funktion als Vorsitzender<br />
der Ökologiekommission in die Debatte<br />
auf Seiten der Ausbaugegner ein. Bei<br />
einer Diskussionsrunde in Berlin meinte er, die<br />
Kapitäne haben nicht nur ein Problem mit<br />
dem Abladepegel, sondern auch mit dem<br />
Alkoholpegel. Lötsch bezog sich dabei auf<br />
Polizeiberichte, wonach vornehmlich osteuropäisches<br />
Personal auf den Schiffen mit unzureichenden<br />
Sprach- und Regelkenntnissen,<br />
auf der besagten Strecke für die Unfallhäufigkeit<br />
verantwortlich ist. Er wollte damit zum<br />
Ausdruck bringen, dass der (ungenügende)
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S20<br />
Die Binnenschifffahrt will mehr Tiefgang<br />
Quelle IBBS<br />
an Bayerns letztem Stück frei fließender Donau<br />
keine Staustufe geben“. Die Freude bei<br />
den Ausbaugegnern dauerte nur kurz. Schon<br />
wollten sie Seehofer mit einem nach ihm benannten<br />
König-Horst-Donauabschnitt adeln,<br />
als sie merkten, dass der alte Fuchs nur von<br />
einem Teil der besagten Strecke zwischen<br />
Straubing und Vilshofen gesprochen hat.<br />
Die sehr niedrigen<br />
Wasserstände am Pegel<br />
Pfelling sorgen dafür,<br />
dass Binnenschiffe auf<br />
der Donau nur ein Viertel<br />
der Ladung aufnehmen<br />
können. Quelle WSA<br />
Donau MDK<br />
Ausbauzustand gar nicht das Problem ist. Da<br />
hatte er zwar nicht ganz Unrecht. Zumindest<br />
gab er die Polizeiberichte richtig wieder. Dennoch<br />
fühlten sich auch die deutschen Kapitäne<br />
angegriffen und protestierten lautstark.<br />
2008 wird entschieden – dass weitere Ausbauvarianten<br />
untersucht werden sollen.<br />
Jetzt ist auch Umweltminister Markus Söder<br />
nicht mehr von der wirtschaftlichen Relevanz<br />
überzeugt Staustufen zu bauen. 2012 sprach<br />
CSU-Landesvater Horst Seehofer bei einer Donaubereisung<br />
ein Machtwort: „Mit mir wird es<br />
2017 wird dann ein Masterplan vorgestellt.<br />
Dann geht es ganz „rasch“. Im Juli <strong>2020</strong> rollen<br />
die Bagger, es beginnt der sanfte Donauausbau<br />
zwischen Straubing und Vilshofen – ohne<br />
Kraftwerke. Markus Söder, jetzt Ministerpräsident,<br />
darf die frohe Botschaft verkünden und<br />
die Umweltschützer feiern den „Sieg“ nach<br />
46 Jahren Krieg. Ende gut, alles gut? Mitnichten!<br />
Schon im September regte sich neuer<br />
Bürgerwiderstand, weil einige Gemeinden an<br />
der Donau mit den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen<br />
nicht einverstanden sind.<br />
Und leider bekommt die Binnenschifffahrt jetzt<br />
auch langsam den Klimawandel zu spüren.<br />
„Die Häufung von signifikanten Niedrigwasserperioden<br />
in den letzten Jahren zeigt, dass<br />
der Klimawandel auch vor den Wasserstraßen<br />
und somit auch der Donau nicht Halt macht.<br />
Eine Entschärfung dieser Situation muss mit<br />
entsprechenden flussbaulichen Maßnahmen<br />
nun schnellstmöglich vorgenommen werden,<br />
damit die Unternehmen in der Binnenschifffahrt<br />
langfristige Planungssicherheit für ihre<br />
Transporte bekommen und die Versorgungssicherheit<br />
der Industrie durch die Binnenschifffahrt<br />
nicht gefährdet wird. Die Tatsache, dass<br />
die Pegelstände an der Donau sich nach<br />
dem extremen Niedrigwasser 2018 nun wieder<br />
ihrem Rekordtief nähern, verdeutlicht, wie<br />
dringend der Handlungsbedarf ist“, so Vizepräsident<br />
Friedrich Weigert vom Bundesverband<br />
der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB).<br />
Was wird die Bayerische Staatsregierung, was<br />
wird der Bund jetzt tun? Bekommen die schon<br />
aktiven Bagger einen neuen Auftrag? Beginnen<br />
neue Planungen im laufenden Ausbau?<br />
Fragen über Fragen und der von Söder gelobte<br />
„richtige Weg des sanften Donauausbaues“,<br />
könnte bald wieder überholt sein.<br />
Vielleicht wird sich die Binnenschifffahrt nach<br />
Jahrzehnten Warten und Hoffen auch damit<br />
abfinden, dass 25 Dezimeter Abladetiefe ein<br />
Traum bleiben werden.<br />
(PB)
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S22<br />
Das Schiff als Kulturgut<br />
Was ist eigentlich eine Veränderung? Schon der griechische Philosoph Heraklit<br />
stellte ca. 500 vor Christus in seiner Lehre vom Fluss aller Dinge fest: „Alles fließt“,<br />
d.h. „Alles bewegt sich fort und nichts bleibt.“<br />
GASTBEITRAG: KAPITÄN PETER STEINDL<br />
der Lage war die Donau zu erobern. Einer der<br />
ersten, die die ungeahnten Möglichkeiten<br />
der Schifffahrt erkannten war Graf Szechenyi.<br />
Er war es, der die Hindernisse der Schifffahrt<br />
in der Kataraktenstrecke erforschte und<br />
maßgeblich an ihrer Beseitigung mitwirkte.<br />
Szechenyi unterstütze auch tatkräftig die<br />
technische Weiterentwicklung der Schiffe,<br />
sodass die damals marktbeherrschende Erste<br />
k.k.privilegierte Donau Dampfschiffahrts Gesellschaft<br />
zur Jahrhundertwende zur größten<br />
Binnenschifffahrt Reederei der Welt aufgestiegen<br />
war.<br />
Kpt. PETER STEINDL<br />
Quelle Privat<br />
Viele kultur- und technikinteressierten<br />
Menschen, die vom Donauufer<br />
aus die Schifffahrt beobachten<br />
und dabei Schiffe aus dem beginnenden<br />
20. Jahrhundert betrachten, fragen<br />
sich ob es nicht Sinn machen würde, das eine<br />
oder andere Schiff weiterhin zu erhalten oder<br />
gar unter Schutz zu stellen. Bei den Beobachtungen<br />
fallen oftmals die besondere äußere<br />
charakteristische Formgebung des Schiffskörpers,<br />
der Aufbauten und der heute nicht<br />
mehr gebräuchliche Schiffsantrieb, wie die<br />
Schaufelräder auf.<br />
Den Wenigsten ist bei ihren Überlegungen<br />
bewusst, dass erst mit Beginn der 1830er Jahre<br />
das Dampfschiff nautisch und technisch in<br />
Wird nun ein historisches Schiff von Proponenten<br />
als erhaltenswert anerkannt, bedarf es oft<br />
jahrelanger Bemühungen bis es unter gewissen<br />
Voraussetzungen den Vorzug öffentlicher<br />
Beiträge für die Erhaltung und den Betrieb erhält.<br />
Im Zuge dieses Prozesses entsteht meist<br />
ein wünschenswerter Nebeneffekt, in dem<br />
Vereinsmitglieder oder eben besonders motivierte<br />
Schifffahrtsfreunde, die von ihrer Profession<br />
her nicht unbedingt vom Fach sind, also<br />
Schiffbauer, Schiffsbetriebsleiter oder erfahrene<br />
Schiffsführer, sich die erforderlichen Kenntnisse<br />
sukzessive mit Engagement aneignen<br />
und diese bei der Renovierung und im zukünftigen<br />
Betrieb auch anwenden.<br />
Auf diese Weise können die Technik und die<br />
Bauweisen erhalten und ein professioneller<br />
Fahrbetrieb gewährleistet werden. Anfangs<br />
ist es jedenfalls am zweckmäßigsten<br />
und hilfreich fachlichen Rat bei ehemaligen<br />
Schifftechnikern und Fahrensleuten, die ihre<br />
Kenntnisse im Laufe ihres Berufslebens bei<br />
Reedereien erworben haben, einzuholen. Mit<br />
dem Erwerb der erforderlichen nautischen<br />
und technischen Kenntnisse können auch der<br />
Erhalt und die Weitergabe immateriellen Kulturgutes<br />
sichergestellt werden.<br />
Seit den 1960er-Jahren werden auch Werke<br />
der technischen Kultur vermehrt als Kulturgut
NACHRUF<br />
Josef Kurt Darmstädter<br />
DDSG-Zentralinspektor, Prokurist<br />
und Träger des Verdienstzeichen<br />
1. Klasse der BRD ist am 10. September<br />
<strong>2020</strong> im 95. Lebensjahr<br />
verstorben.<br />
anerkannt, beispielsweise historische Verkehrsmittel<br />
wie Donauschiffe. Dies ist insofern<br />
von bereichsübergreifender Bedeutung, da<br />
man erkannte, dass das Schiff durch die Personenbeförderung<br />
auf der Donau und den<br />
schiffbaren Nebenflüssen im Österreich–Ungarn<br />
der damaligen Zeit, ganz entscheidend<br />
zum Zusammenleben der Menschen und zur<br />
nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft<br />
beitragen konnte.<br />
Darmstädter, der viele Jahre die<br />
Passagierschifffahrt der Donau<br />
geprägt hat, hinterließ mit seinem<br />
Buch „DIE DONAU und ihre WEISSE<br />
FLOTTE“ (1988) eine bleibende Erinnerung<br />
an die Blütezeit der Passagierschifffahrt<br />
unter der Flagge<br />
in Rot-Weiß-Rot.<br />
FORUM INLAND SHIPPING (FIS)<br />
In Zukunft gilt es daher den Bereich der historischen<br />
Schiffe genauer zu beobachten und<br />
das Wissen um die seinerzeit verwendeten<br />
Materialien und deren Bearbeitung zu vertiefen.<br />
Nur so kann bestmöglich sichergestellt<br />
werden, dass das erforderliche Wissen nicht<br />
verloren geht. Wie in anderen Branchen sollten<br />
reparaturbedürftige Maschinenteile aufgearbeitet<br />
um schließlich weiterverwendet<br />
werden zu können. Dabei sollte es oberstes<br />
Ziel sein, verschleißbedingten Ersatz von Teilen<br />
bei historischen Schiffen, ähnlich wie bei<br />
anderen beweglichen Kulturgütern, mit dem<br />
Ziel vorzunehmen, möglichst große Teile der<br />
originalen Substanz zu erhalten.<br />
Darum ist es nur zu verständlich, wenn jedem<br />
Schifffahrtsfan, bei der Vorbeifahrt des letzten<br />
fahrtauglichen Personendampfschiffs (früher<br />
je nach Einsatzgebiet auch als Postschiff bezeichnet)<br />
„Schönbrunn“ auf der Donau, mit<br />
dem typischen Schlag der Radschaufeln, der<br />
Dampfpfeife und dem umlegbaren Kamin<br />
das Herz höher schlagen lässt. Dem Betreiber<br />
des Schiffs, der ÖGEG (Österreichische Gesellschaft<br />
für Eisenbahngeschichte) und ihren<br />
vielen fleißigen Helfern, die zum Gelingen des<br />
Projektes beitragen und beigetragen haben,<br />
muss an dieser Stelle ein aufrichtiger Dank<br />
ausgesprochen werden. Nicht auszudenken<br />
was aus dem Schiff, das einige Jahre ungenutzt<br />
stillgelegt worden war und von dem<br />
ohnehin schon das eine oder andere Sammlerstück<br />
„abhandengekommen“ war, gewor-<br />
Das Kompetenzforum FIS ist ein<br />
unabhängiger Zusammenschluss<br />
von Experten aus unterschiedlichen<br />
Bereichen der europäischen<br />
Binnenschifffahrt. Alle<br />
Experten haben langjährige<br />
Berufserfahrung in der europäischen<br />
Binnenschifffahrt und sind<br />
bereit, mit allen Gruppierungen<br />
zusammenzuarbeiten und ihr<br />
Fachwissen einzubringen, um die<br />
Binnenschifffahrt nachhaltig zu<br />
stärken. Ansprechpartner für FIS<br />
sind insbesondere Interessensvertretungen,<br />
die Juristerei, Politik<br />
und Medien, die sich mit dem<br />
Thema Binnenschifffahrt beschäftigen.<br />
Darüber hinaus sind alle<br />
Stakeholder die sich mit Fragen<br />
zur Binnenschifffahrt beschäftigen<br />
eingeladen, die Expertise von FIS<br />
anzunehmen. Die Motivation hinter<br />
FIS ist, dass mehr Fakten, Sachkunde<br />
und Kompetenz in Diskussionen<br />
und Entscheidungen rund<br />
um die Binnenschifffahrt Platz<br />
greifen müssen. Sonntagsreden<br />
und Wohlfühlaktionen haben im<br />
Kompetenzforum jedoch keinen<br />
Platz.<br />
FORUM INLAND SHIPPING (FIS) erwartet<br />
von allen Personen die einen<br />
Kontakt mit FIS suchen, eine<br />
sachliche, völlig transparente<br />
und unpolitische Kommunikation.<br />
Peter BAUMGARTNER<br />
Kapitän, Redaktion<br />
Binnenschiff-Journal<br />
Tel.: 0664 2634362<br />
E-Mail: ibbs@a1.net
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S24<br />
den wäre. Denn was wäre unsere Welt ohne<br />
friedlich dahingleitende Dampfschiffe, die<br />
liebevoll restauriert wurden und die unsere<br />
Landschaft lebendig machen und Passagieren<br />
eine andere Perspektive auf die Welt, die<br />
durchaus beschaulich sein kann, eröffnen?<br />
Ein anderes Beispiel, das nicht so erfolgreich<br />
endete: Unter der Devise aus Alt mach Neu<br />
wurde aus den in den letzten Tagen der<br />
Kriegsereignisse schwerst beschädigten<br />
DDSG Personendampfschiffen „Grein“ (ehemals<br />
„Carl Ludwig„, Bj. 1853) und „Johann<br />
Strauß“ (ehemals „Erzherzog Franz Ferdinand“,<br />
Bj. 1913) in der Schiffswerft Linz 1950 das<br />
letzte Dampfschiff mit dem Namen „Johann<br />
Strauß“ gebaut.<br />
Dieses Schiff hat am 12.Juli 1952 gemeinsam<br />
mit der „Stadt Wien“ unter dem Jubel der Bevölkerung<br />
der Ufergemeinden die erste Fahrt<br />
von Linz nach Wien mit Durchfahrung der Demarkationslinie<br />
zwischen der amerikanischen<br />
und der sowjetischen Besatzungszone unternommen.<br />
Das Schiff war zu diesem Zeitpunkt,<br />
das am besten ausgestatte Fahrgastschiff.<br />
Es dokumentierte den unbändigen Willen<br />
der Österreicher, ihr Land aufzubauen und<br />
die Freizügigkeit der Bewegung über Zonengrenzen<br />
hinweg innerhalb der Staatsgrenzen<br />
zu erreichen. Bedauerlicherweise brach im<br />
Zuge einer Bergfahrt nach Linz im Jahre 1971<br />
die Radwelle des Schiffes Zu einer Reparatur<br />
konnte man sich aus Kosten- und Wirtschaftlichkeitsgründen<br />
nicht entscheiden.<br />
Das Schiff wurde 1974 verkauft und sollte zunächst<br />
bei Donau-km 1921 als Restaurantschiff<br />
Verwendung finden. Danach wechselte<br />
es den Besitzer und übersiedelte nach<br />
Wallsee. Ein weiterer Eigentümer überstellte<br />
das Schiff nach Regensburg, wo es zwischen<br />
1980 bis 1985 als Restaurantschiff diente. Im<br />
Jahre 1985 kaufte der Wien Holding Betrieb<br />
WIGAST das Schiff. Nach Überstellung nach<br />
Wien durch die DDSG und aufwendigen Reparatur-<br />
sowie Adaptierungsarbeiten, wurde<br />
am Standort oberhalb der Marienbrücke im<br />
Wiener Donaukanal der Betrieb des „Johann<br />
Strauss Walzer-Cafes„ Anfang 1986 aufgenommen.<br />
Zunächst war das Konzept sehr erfolgreich,<br />
schließlich wechselten die Pächter,<br />
die auch die, in regelmäßigen Abständen<br />
erforderlichen Instandhaltungs- und Adaptierungsarbeiten<br />
nicht mit der nötigen Sorgfalt<br />
meist auch wegen fehlender Mittel nicht vornahmen.<br />
Der letzte Pächter, inzwischen bei<br />
Wiener Stadtpolitikern in Ungnade gefallen,<br />
ist mehreren Auflagen der MA 45 zu Mängelbehebung<br />
und zur Vorlage von diversen<br />
Nachweisen nicht in vollem Umfang nachgekommen.<br />
Die zuständige Stadträtin hat alle juristischen<br />
und politischen Register gezogen um die „Johann<br />
Strauss“- ein „Schandfleck“- von ihrem<br />
Standort zu entfernen. Das ist zwar gelungen,<br />
das Schiff wurde abtransportiert und in<br />
Komarno verschrottet. Bedauerlicherweise<br />
sind für diese Aktion nicht geringe Mittel (weit<br />
mehr als 100.000 Euro) aus dem Haushalt der<br />
Stadt Wien aufgewendet worden.<br />
Die „Johann Strauß“ hätte, wohlgemerkt in<br />
gepflegtem Zustand, weiter an ihrem Standort<br />
im Wiener Donaukanal sehr gut in das<br />
Stadtbild gepasst. Gleichzeitig wäre auch<br />
die Funktion als gut frequentierte Fremdenverkehrsattraktion<br />
bzw. als Gastronomiebetrieb<br />
erfüllbar gewesen. Für den Autor stellt<br />
sich die Frage warum die Stadtpolitik nicht<br />
engagierte Proponenten für den Betrieb und<br />
die Erhaltung dieses Kulturgutes, aus dem die<br />
Dampfmaschine leider schon längst ausgebaut<br />
worden war, gesucht und auch finanziell<br />
unterstützt hat. Die Entscheidung aus einem<br />
Justamentstandpunkt heraus zu fällen und<br />
durchzupeitschen, verletzt viele Mitbürger,<br />
die großen Wert auf die Erhaltung von Kulturgütern<br />
legen, und die Donaukanalufer nicht<br />
als Massen- Eventmeile sehen, sondern als<br />
Erholungsgebiet.<br />
Autor: Kapitän Peter Steindl, Mitglied der Österreichischen<br />
Delegation bei der Donaukommission<br />
in Budapest, Nautischer Abteilungsleiter<br />
bei der DDSG und dort auch Leiter der<br />
Auslands-Agentie in Ismail, hat selber praktische<br />
Erfahrungen auf Dampfschiffen gesammelt<br />
(PD SCHONKA Baujahr 1927 und FRANZ<br />
SCHUBERT Baujahr 1913).
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Die<br />
ganze<br />
Welt der<br />
Logistik
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S26<br />
Binnenschiffe – schwimmendes<br />
Kulturgut<br />
Ist die Kultur der Binnenschiffe nur ein Fall für die touristische Vermarktung und<br />
„Museumifizierung“? Nein, es gibt durchaus positive Entwicklungen im Sinne<br />
einer kulturellen Wertschätzung. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
RADETZKY Donau-Km 494 zu Berg April 2002<br />
Quelle Otto Steindl<br />
Anders als in Österreich, gibt es in<br />
Europa und weltweit zahlreiche<br />
Beispiele, wo sich die Politik und<br />
die Öffentlichkeit bewusst sind,<br />
dass das kulturelle Erbe nicht bei ein paar<br />
erhaltenswerten Ruinen endet. Die Charta<br />
von Venedig (1964), gilt als zentrale und international<br />
anerkannte Richtlinie in der Denkmalpflege<br />
und als wichtigster denkmalpflegerischer<br />
Text des 20. Jahrhunderts. Sie legt<br />
zentrale Werte und Vorgehensweisen bei der<br />
Konservierung und Restaurierung von Denkmalen<br />
fest. Allerdings ohne Bezug auf Wasserfahrzeuge.<br />
Erst die "Charta von Barcelona"<br />
(2002) regelt europaweit gültige Mindeststandards<br />
für die Erhaltung und Pflege von<br />
in Betrieb befindlichen historischen Wasserfahrzeugen.<br />
Der Begriff des schwimmenden<br />
maritimen Erbes umfasst sowohl das einzelne<br />
historische Wasserfahrzeug, das von einer ihm<br />
eigentümlichen Kultur einer bezeichnenden<br />
Entwicklung oder einem historischen Ereignis<br />
Zeugnis ablegt, wie auch traditionellen<br />
Schiffsbetrieb, Seemannschaft oder maritimes<br />
Handwerk (Artikel 1). Dieses gilt sowohl<br />
für größere Schiffe wie auch kleinere historische<br />
Wasserfahrzeuge, die im Laufe der Zeit<br />
eine kulturelle Bedeutung erlangt haben. Ziel<br />
der Erhaltung (Artikel 3) und Restaurierung<br />
von historischen Wasserfahrzeugen in Fahrt, ist<br />
ebenso die Erhaltung des Kunstwerkes wie die<br />
Bewahrung des geschichtlichen Zeugnisses<br />
oder traditioneller Kenntnisse und Fähigkeiten.<br />
Dies ist eine gute Grundlage für Staaten,<br />
denen auch das Schiff als Kulturgut wichtig ist.<br />
Zur Verbesserung der gültigen Regeln und zur<br />
leichteren Übersicht, sollte es aber zumindest<br />
eine Unterteilung Hochsee- und Binnenschifffahrt<br />
geben.<br />
Trotz aller Bemühungen von Vereinen und Privatpersonen,<br />
kommen historische Binnenschiffe<br />
immer wieder in Gefahr, dass sie aus unterschiedlichen<br />
Gründen ihre Existenz verlieren<br />
könnten. Jüngstes Beispiel ist die Dampferflotte<br />
in Dresden, die weltweit einige der einzigartigsten,<br />
aktiven schwimmenden Kulturgüter<br />
hat. Angeführt vom Dampfer DIESBAR (1884),
Neubau-Projekt Dampfschiff<br />
Quelle Verein Pro Dampfer Mammern-CH<br />
dessen Maschine aus dem Jahr 1841 noch<br />
immer mit Kohle befeuert wird. Der Dampfer<br />
DRESDEN (1925) begeisterte Kim Il Sung derart,<br />
dass er das Schiff originalgetreu für den<br />
Fluss Taedong-gang nachbauen ließ. Der<br />
„jüngste“ Dampfer, LEIPZIG, stammt aus dem<br />
Jahr 1929 und der älteste Dampfer, die STADT<br />
WEHLEN (1879), fährt sogar noch immer mit<br />
der originalen Dampfmaschine. 1836 gegründet<br />
überstand die Dresdner Reederei neben<br />
zwei Weltkriegen, Wirtschaftskrise, Teilung und<br />
Wiedervereinigung Deutschland, zahlreiche<br />
Höhen und Tiefen. <strong>2020</strong> schien das Ende der<br />
Reederei besiegelt und die Zukunft der Flotte<br />
war längere Zeit ungewiss. Doch wie so oft in<br />
der Binnenschifffahrt „kommt von irgendwo<br />
ein Lichtlein her“. Wie es aktuell aussieht, kann<br />
die großartige und geschichtsträchtige Flotte<br />
dank tatkräftiger Investoren weiterhin auf der<br />
Elbe fahren.<br />
In der Schweiz verkehren heute mehr öffentlich<br />
zugängliche Raddampfer als in jedem<br />
andern Land weltweit. Auf praktisch jedem<br />
namhaften Gewässer erfreut mindestens ein<br />
historisches Schiff die Gäste gleichermaßen<br />
wie die Einheimischen. Ausgerechnet in diesem<br />
Mekka für historische Binnenschiffe hat es<br />
sich ein Verein zum Ziel gesetzt, einen historischen<br />
Dampfer neu zu bauen und zu betreiben.<br />
Inzwischen hat der Verein Pro Dampfer,<br />
er wurde 2012 in Stein am Rhein gegründet,<br />
schon weit über 2000 Mitglieder und das ambitionierte<br />
Projekt befindet sich bereits in der<br />
Planungsphase. Aber bis man die erforderlichen<br />
12 Mio. Franken für den Bau des Schiffes<br />
beisammen hat, wird noch viel Wasser den<br />
Rhein hinunterfließen.<br />
Bereits hinter sich hat diese Untiefen ein bulgarischer<br />
Verein, der ebenfalls ein historisches<br />
Binnenschiff nachgebaut hat. Der österreichische<br />
Donaudampfer RADETZKY (Baujahr<br />
1851), angetrieben natürlich auch von einer<br />
Escher Wyss Dampfmaschine, wurde schon<br />
1913 verschrottet. Mit dem Schiff landete<br />
aber leider ein Stück geopolitische Donaugeschichte<br />
am Schrotthaufen. Auf der Strecke
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S28<br />
PD MEISSEN in Dresden<br />
Quelle IBBS<br />
blieb eine Geschichte, die jedenfalls auch<br />
ein geschichtliches Erbe Österreichs ist. In der<br />
Nacht vom 16. Auf den 17. Mai 1876 kaperten<br />
bulgarische Freiheitskämpfer unter der<br />
Führung von Hristo Botev den Dampfer in Rumänien,<br />
wo sie zunächst unerkannt an Bord<br />
gelangten. Der Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän<br />
Dagobert Engländer bekam<br />
den Befehl, die Kämpfer nach Bulgarien<br />
zu führen, wo sie in Kosloduj wieder von Bord<br />
gehen wollten, um ihren Plan, die Befreiung<br />
Bulgariens von der türkischen Herrschaft, zu<br />
erfüllen. Wie die Geschichte endete ist bekannt.<br />
Für Bulgarien ist das Schiff RADETZKY – benannt<br />
nach dem berühmtesten Heerführer<br />
Österreichs, jedenfalls auch Teil seiner Geschichte.<br />
Deshalb wollte man das Schiff zunächst<br />
erhalten. Die Erhaltung scheiterte<br />
jedoch, nach bulgarischer Auslegung, am<br />
Willen Österreichs. Deshalb hat man das<br />
Schiff in Bulgarien mit Unterstützung von 1,2<br />
Mio. Kindern, die das nötige Geld sammelten,<br />
originalgetreu nachgebaut und 1966 feierlich<br />
als historisches Landesmuseum in Kosloduj eröffnet.<br />
Seit 1982 ist das Dampfschiff Nationalmuseum<br />
und steht in der Liste der 100 nationalen<br />
Sehenswürdigkeiten - in Bulgarien, nicht<br />
in Österreich.<br />
Wie immer, wenn es um das Thema Schifffahrt<br />
geht, spielt natürlich England eine führende<br />
Rolle. So auch beim Thema historische Schiffe.<br />
Anders als in viele anderen Fällen, ist die<br />
historische Schifffahrt in Großbritannien keine<br />
reine Vereinsangelegenheit, sondern Teil der<br />
britischen Kulturpolitik, weil bestimmte Schiffe<br />
ein wichtiger Teil des britischen Erbes sind.<br />
Derzeit befinden sich 1.300 Schiffe im National<br />
Register of Historic Vessels. National Historic<br />
Ships UK ist eine von der Regierung finanzierte,<br />
unabhängige Organisation, die den<br />
Regierenden des Vereinigten Königreichs,<br />
lokalen Behörden und den Förderorganisationen<br />
objektive Beratung in allen Fragen im<br />
Zusammenhang mit historischen Schiffen zukommen<br />
lässt. Die Ziele der Organisation sind<br />
umfassend. So soll nicht nur die Öffentlichkeit<br />
sensibilisiert und gefördert werden, auch die<br />
professionelle Beratung für die Schiffseigner,<br />
zum Beispiel bei Erhaltungsarbeit, ist ein wichtiges<br />
Anliegen.
Beispielgebend für eine sinnstiftende Denkmalpflege<br />
könnte auch der französische<br />
Verband l'association Patrimoine Maritime<br />
et Fluvial sein. Die Spuren der maritimen Geschichte,<br />
Tradition und Vergangenheit bewahren,<br />
ist das Ziel der Vereinigung. European<br />
Maritime Heritage (EMH) in den Niederlanden<br />
ist eine Nichtregierungsorganisation und ein<br />
weiteres Beispiel dafür, wie schwimmende<br />
Kulturgüter wirksam unterstützt werden können.<br />
Und selbst kleinere Organisationen leisten<br />
oft unschätzbare Arbeit. Zum Beispiel der<br />
Verein Historische Binnenschifffahrt, der die<br />
Fahrtüchtigkeit eines ganz außergewöhnlichen<br />
Binnenschiffes fördert.<br />
Sein Name ist WILLI, eine ehemalige „Peniche“,<br />
die schon 1909 gebaut wurde. Das<br />
Schiff kann mit ein paar besonderen Eigenschaften<br />
punkten. Ursprünglich hatte der genietete<br />
Schiffskörper keinen eigenen Antrieb,<br />
sondern fand als Treidel – und Schleppkahn<br />
Verwendung.<br />
Erst 1961 wurde das Schiff motorisiert. Inzwischen<br />
ist das Schiff in ganz Europa bekannt<br />
und geliebt. Es ist zu hoffen, dass der Verein<br />
genug Unterstützer auftreiben kann, damit<br />
WILLI noch lange in Betrieb bleibt (historische-binnenschifffahrt.com).<br />
Christiane Brosius, Professorin am Heidelberger<br />
Centrum für Transkulturelle Studien<br />
(HCTS), tritt dafür ein, dass Kulturerbe besser<br />
dokumentiert werden muss. Der Verlust durch<br />
Zerstörung, sagt sie, kann verteidigende<br />
Schutzreaktionen auslösen, wie man das immer<br />
wieder in Kriegszeiten oder nach Naturkatastrophen<br />
sieht. Bei Binnenschiffen laufen<br />
die Schutzbemühungen eher ohne öffentliche<br />
Wahrnehmung ab und werden oft nach<br />
Jahren erfolglos aufgegeben.<br />
Einen Kulturerbe-Aktivismus gibt es kaum. Eine<br />
bessere Dokumentation und eine, wie Brosius<br />
meint, notwendige Differenzierung zwischen<br />
Kulturerbe und kultureller Hinterlassenschaft,<br />
könnte auch der historischen Binnenschifffahrt<br />
dienen. Damit das historische Wissen um<br />
die Binnenschifffahrt künftig für Innovationen<br />
taugt und womöglich sogar Antworten auf<br />
gegenwärtige Probleme liefert, darf sich die<br />
Erinnerungskultur nicht allein auf touristische<br />
Vermarktung und „Museumifizierung“ (Brosius)<br />
beschränken.<br />
(PB)<br />
MS WILLI<br />
Quelle Verein historische Binnenschifffahrt
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S30<br />
Bezdansko Brodogradilište<br />
Quelle Stadt Bezdan<br />
Vom serbischen Schiffbau<br />
für die Binnenschifffahrt<br />
Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein, Langen und bangen in schwebender<br />
Pein, Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt…<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Anders, als mit Goethes Worten,<br />
kann man die Berg- und Talfahrt<br />
des Schiffbaues in Serbien kaum<br />
beschreiben. Man sagt sogar,<br />
dass mancher serbische Werftarbeiter trotz<br />
aller Schwankungen in die Arbeit so verliebt<br />
ist, dass er auf die Werft geht, obwohl es<br />
gar keine Arbeit gibt. Dennoch haben viele<br />
Fachkräfte das Land als Wirtschaftsflüchtlinge<br />
verlassen. Mancherorts fehlen sie im<br />
eigenen Land schon wieder. Ein ex-Jugoslawischer<br />
Werftarbeiter, Ivan Trtanj, hat sogar<br />
in Deutschland Kariere gemacht und wurde<br />
zum begnadeten, international bekannten<br />
Schiffbaukünstler. Geprägt von der wechselvollen<br />
Geschichte des Landes, vereinte<br />
dennoch die hohe Qualität des Schiffbaues<br />
in Jugoslawien die internationale Wahrnehmung.<br />
Die Geschichte der Werftarbeit in Jugoslawien<br />
reicht weit über 200 Jahre zurück<br />
und gab im Tito-Jugoslawien, vor dem Zerfall<br />
des Staates, noch ein kräftiges Lebenszeichen<br />
von sich.<br />
Stellvertretend mag hier die Tito-Werft in Belgrad<br />
genannt werden, die gemeinsam mit<br />
dem Institut für Technische Wissenschaften<br />
der Serbischen Akademie der Wissenschaften<br />
und Künste (gegründet 1947), der ganzen<br />
Welt beispielgebende Binnenschiffe zeigte.<br />
Aber auch andere Werften, mit so klingenden<br />
Namen wie Apatin, Kladovo oder Novi Sad,<br />
demonstrierten ihr Können eindrucksvoll. Der<br />
erfolgreiche Bau, der damals noch gebräuchlichen<br />
Schleppschiffe, erreichte 1960/61 seinen<br />
Höhepunkt mit Schiffen, die den Donauverkehr<br />
lange nicht nur qualitativ, sondern<br />
auch ästhetisch geprägt haben. Wie überall
Schulbesuch in der Schiffswerft<br />
Quelle Tehnicka Skola Apatin<br />
in der Binnenschifffahrt, wurde die Schleppoder<br />
Zugschifffahrt aus wirtschaftlichen Gründen<br />
von der Schubschifffahrt abgelöst. Auch<br />
hier zählte Jugoslawien wieder zu den Wegbereitern.<br />
Die ab 1962, hauptsächlich in Belgrad<br />
gebauten Schubschiffe beherrschten<br />
zunächst die untere Donau mit Konvois, die<br />
an die gewaltigen Ausmaße auf dem Mississippi<br />
erinnerten. Sie waren das Rückgrat der<br />
jugoslawischen Rohstoffindustrie.<br />
Einen besonderen, internationalen Bekanntheitsgrad<br />
erlangte dabei Prof. Dr. Branislav<br />
J. Bilen. Er hat bereits 1956 den Abschluss für<br />
Schiffbau und Maschinenbau mit der Dissertation<br />
„Quantitative Analyse der Form der<br />
Düse als Element des Schiffsantriebsorgans“<br />
gemacht. Danach ging er in die Tito-Werft,<br />
wo er in verschiedenen Führungspositionen<br />
arbeitete. Besonders als Hauptkonstrukteur<br />
und Leiter des Konstruktionsbüros, konnte er<br />
seine Erfahrung ein- und schließlich auch auf<br />
das Wasser bringen. Ab 1981 beginnt er mit<br />
der wissenschaftlichen Arbeit und wird 1987<br />
Leiter des Lehrstuhls für Schiffbau in Belgrad.<br />
Als Mitglied der Jugoslawischen Ingenieurakademie<br />
und der Schiffbauingenieure führte<br />
er auch als Chefredakteur deren Fachmagazin.<br />
Unzählige wissenschaftliche Arbeiten<br />
von Bilen (z.B.: News in river pushing technology/1987)<br />
wurden national und international<br />
veröffentlicht. Mehr als 40 Zitate von ihm oder<br />
seinen Mitarbeitern sind nachhaltig im Schiffbau<br />
verankert. Die meisten seiner Schiffskonstruktionen<br />
finden im Ausland Verwendung. So<br />
auch einige Hafenschlepper, wo er mit den<br />
drehbaren Propellerdüsen zu den Pionieren<br />
dieser Antriebsart zählt.<br />
Die Kriege in Jugoslawien, sowie deren Vorund<br />
Nachgeschichte, brachten den Schiffbau<br />
im Nachfolgestaat Serbien nahezu völlig<br />
zum Stillstand – bzw. konnte er wegen internationaler<br />
Sanktionen gar nicht stattfinden.<br />
Was danach folgte, war für den Schiffbau zunächst<br />
nicht weniger schädlich als der Krieg.<br />
Misswirtschaft und insbesondere Korruption<br />
missbrauchten den Schiffbau als Spekulationsobjekt.<br />
Diese schädliche Situation ist bis<br />
heute nicht abgeschafft und eine strategische<br />
Schiffbaupolitik ist in Serbien noch nicht<br />
erkennbar. 2010 kündigte der damalige Wirtschaftsminister<br />
Dinkic an, den Schiffbau in<br />
Serbien für ausländische Investoren zu öffnen.<br />
Die größten Schiffbauer der Welt wussten das<br />
auch zu schätzen und nützen die serbischen<br />
Werften bis heute als verlängerte Werkbank.<br />
Selbst der Präsident persönlich zeigt sich stolz,
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S32<br />
MS KOMOVI Bj- 1960 Werft Belgrad<br />
Quelle IBBS<br />
wenn seine Nationalflagge neben der von<br />
USA, Schweiz und den Niederlanden auf der<br />
serbischen Werft steht. Bis heute, mehr als 20<br />
Jahre nach der Liberalisierung, werden vornehmlich<br />
Flusskreuzfahrtschiffe, aber auch<br />
Frachtschiffe, in Serbien im Auftrag und auf<br />
Rechnung ausländischer Schiffbauer vorgefertigt.<br />
Der Rohbau (Kasko), wird dann nach<br />
Nordeuropa zur endgültigen Fertigstellung<br />
gebracht. Dieser freiwillig übernommene Wirtschaftskolonialismus<br />
hat zwar den serbischen<br />
Werftarbeiter (und auch vielen rumänischen<br />
Grenzgängern) Arbeit und Brot gebracht,<br />
die Wertschöpfung liegt aber woanders. Kein<br />
Wunder also, dass sich die serbische Ministerpräsidentin<br />
Ana Brnabić im Sommer <strong>2020</strong><br />
beim Wiederaufbau der Schiffswerft Apatin<br />
hoch erfreut gezeigt hat. „Die Werft in Apatin<br />
ist ein Beweis dafür, wie wichtig inländische<br />
Investitionen sind“, sagte Brnabić. „Wir hatten<br />
endlich eine sehr gute Privatisierung und ich<br />
möchte der Firma Arsenal Rem aus Kraljevo<br />
und dem gesamten Team der Familie Pecic<br />
danken“. Als Dank wurde dem heimischen<br />
Investor staatliche Unterstützung zugesagt.<br />
Aber das ist noch kein allgemeines Staatsziel<br />
und die Abwanderung der Wertschöpfung<br />
im Schiffbau läuft ungebremst. Miloš Vučević,<br />
der ehemalige Bürgermeister von Novi Sad,<br />
bezeichnet die Situation als „Plünderungsprivatisierung“.<br />
Und Brnabić spricht von „problematischen<br />
Privatisierungen“.<br />
Dennoch ist erkennbar, dass man in Serbien<br />
beginnt die Hausaufgaben zu machen.<br />
Sichtbares Zeichen dafür ist zum Beispiel die<br />
Fürsorge für das zarte Pflänzchen der Ausbildung<br />
zum Schiffbauer/Schiffbautechniker im<br />
eigenen Land. Um die Folgen des Braindrain<br />
zu beseitigen, braucht es dringend wieder<br />
Facharbeiter, Experten und Führungskräfte.<br />
Neben guten Schweißern, sind es vor allem<br />
gut ausgebildete Führungskräfte, die für einen<br />
heimischen Schiffbau sorgen. Man darf<br />
nicht übersehen, der Schiffbau ist mitten<br />
im Wandel. Stahlbauer allein wird in Zukunft<br />
nicht reichen, um Wertschöpfung zu generieren.<br />
Neue Materialien ist zum Beispiel ein<br />
wichtiges Stichwort. Schüler der Technischen<br />
Hochschule in Apatin sollen künftig nicht nur<br />
in der Werft vor Ort praktische Erfahrung sammeln,<br />
sondern auch auf anderen Werften im<br />
Land. Somit könnte schon mal ein breites Ausbildungsspektrum<br />
für Qualität sorgen.
MSS KARADORDJE Bj. 1981 Werft Belgrad<br />
Quelle IBBS<br />
Die Faculty of Maritime Academic Studies in<br />
Belgrad ist von der internationalen Zertifizierungsbehörde<br />
Det Norske Veritas und dem<br />
Germanischen Lloyd - DNV GL nach ISO<br />
9001:2015 zertifiziert.<br />
Die akademischen Programme, nautische<br />
Studien, Schiffsingenieurwesen und Hafenmanagement<br />
entsprechen daher voll und<br />
ganz der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation.<br />
Außerdem entsprechen die akademischen<br />
Programme in vollem Umfang den<br />
EU-Vorschriften für die Binnenschifffahrt.<br />
Positive Zeichen setzt Serbien (mit tatkräftiger<br />
Unterstützung der EU) auch im Bereich der<br />
Nassen Infrastruktur. Ohne sie sind Werften<br />
nicht oder schlecht erreichbar. Ohne moderner<br />
Infrastruktur und proaktiven Wasserbau,<br />
reduziert sich das mögliche Bauprogramm<br />
einer Schiffswerft und es reduziert den Kundenkreis.<br />
Positives Signal: In Bezdan wurden<br />
gerade umfangreiche Wasserbauarbeiten<br />
im Kanalsystem Baja-Bezdan abgeschlossen.<br />
Die mehr als 8 Mio. Euro Investition wird die<br />
Binnenschifffahrt fördern und dem serbischen<br />
Schiffbau helfen.<br />
Damit ein Binnenschiff von der Entwicklung<br />
über die Planung, Bau, bis hin zur fertigen Auslieferung<br />
im eigenen Land passieren kann,<br />
braucht es auch gute Schiffsdesigner. Das<br />
junge Designer-Team SALT & WATER in Belgrad<br />
ist ein Schritt in diese Richtung und lässt<br />
auch diesen Bereich positiv in eine innovative<br />
Zukunft blicken.<br />
Trotz aller optimistischen Hoffnungen, die<br />
nach einer Zeit schwieriger Umstände teilweise<br />
noch andauern, schwebt ein neues Damoklesschwert<br />
(nicht nur) über dem serbischen<br />
Schiffbau. Weltweit könnte Corona noch dramatische<br />
Folgen für manche Werftstandorte<br />
haben. Besonders Passagierschiffe, die wegen<br />
Corona nicht fahren können, brauchen<br />
erst gar nicht gebaut zu werden. Die serbischen<br />
Werftstandorte liegen jedoch geographisch<br />
in einer günstigen Zone zwischen<br />
dem Schwarzen Meer und der Nordsee mit<br />
potentiellen Kunden in allen Bereichen der<br />
Binnenschifffahrt/Küstenschifffahrt. Mit dem<br />
umfangreichen Kanalsystem und den hervorragenden<br />
Wasserstraßen, haben Kunden aus<br />
ganz Europa einen guten Zugang zum serbischen<br />
Schiffbau und umgekehrt. (PB)
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S34<br />
MS ELISA Bodensee<br />
Quelle Partyschiff Elisa<br />
Jubiläum <strong>2020</strong><br />
Erinnerung bewahren und aus der Geschichte lernen.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
IGNAZ MAYER<br />
QUELLE RUDOLF<br />
LEHR -<br />
LANDESCHRONIK OÖ<br />
WIEN VERLAG<br />
C. BRANDSTÄTTER<br />
Nach einer längeren Flaute, wird<br />
wieder viel von Tragflügelbooten<br />
gesprochen und es werden auch<br />
wieder neue Bootstypen gebaut.<br />
Tragflügelboote oder auch Hydrofoils genannt,<br />
nützen durch ihre spezielle Konstruktion<br />
den dynamischen Auftrieb und schweben<br />
in Fahrt praktisch über Wasser. Nur ihre<br />
Tragflächen am Rumpf befinden sich noch im<br />
Wasser. Dadurch erreichen diese Fahrzeuge<br />
hohe Geschwindigkeiten, was sie im gewerblichen<br />
Bereich, speziell für schnelle Transferfahrten<br />
in der Passagierschifffahrt qualifiziert.<br />
Zahlreiche Tragflügelboote die noch heute<br />
auf der Donau verkehren, stammen aus<br />
der Erfinderkiste von Rostislav Evgenievich<br />
Alexeyev. Der russische Schiffsdesigner hat<br />
im 2. Weltkrieg mit den Planungen für diese<br />
Schiffsgattung begonnen und gilt als Pionier<br />
dieser Schnellschiffe. <strong>2020</strong> jährt sich der 40. Todestag<br />
von Alexeyev, der am 18. Dezember<br />
1916 geboren wurde.<br />
Ignaz Mayer, geboren in Ofen (Ungarn) am<br />
19.10. 1810, ist der Begründer der Linzer Schiffswerft,<br />
die noch heute begehrte Schiffe baut,<br />
die besonders durch ihre hohe Qualität überzeugen.<br />
Mayer erlernte das Handwerk beim<br />
Schiffmeister Paul Lüftenegger in Linz, nach<br />
welchem die Lüfteneggerstraße benannt ist.<br />
Später mit internationaler Erfahrung im Schiffbau<br />
ausgestattet, gelang Mayer bereits 1840<br />
der vollständig aus Eisen gefertigte Frachtkahn<br />
„Stadt Linz“, den er mit Gmundner Salz<br />
beladen nach Wien fahren ließ. Mayer starb<br />
am 31. August 1876 in Linz. An sein Wirken für<br />
Linz erinnert die Ignaz-Mayer-Straße. <strong>2020</strong> jährt<br />
sich der 210. Geburtstag.
Nord-Ostsee-Kanal<br />
Quelle WSA Kiel<br />
Das älteste Fahrgastschiff am Bodensee, Baujahr<br />
1895 feiert heuer sein 125-jähriges Bestehen.<br />
MS ELISA, im Einsatz als Partyschiff bei<br />
der Reederei Salzmann, hat seinen Heimathafen<br />
in Rohrspitz nahe Fußach. Ursprünglich<br />
als Frachtkahn gebaut, bekam das Schiff erst<br />
1984 im Alter von 89 Jahren eine neue Bestimmung.<br />
ELISA wurde zum Passagierschiff und<br />
befördert seither 100 Passagiere bei unterschiedlichen<br />
Anlässen.<br />
wurde am 21. Juni 1895 von Kaiser Wilhelm II<br />
nach nur 8-jähriger Bauzeit eröffnet. Der Kanal<br />
ist für Seeschiffe mit einer Länge von bis zu<br />
235 Meter und 9,5 Meter Tiefgang geeignet.<br />
2019 wurden mehr als 83 Mio. Tonnen über<br />
den Kanal transportiert. 78 Seeschiffe passieren<br />
den Kanal täglich. Für die ständig wachsenden<br />
Transportaufgaben sind jährlich hohe<br />
Investitionskosten erforderlich. (BP)<br />
Am 160-jährigen Todestag gedenken wir <strong>2020</strong><br />
an einen Mann, der wohl unbestritten als einer<br />
der verdienstvollsten Förderer und Wegbereiter<br />
der Donauschifffahrt gilt: Strephan<br />
Graf Szèchenyi. Der am 21. September 1791<br />
in Wien geborene und am 8. April 1860 in<br />
Döbling verstorbene Szèchenyi, ist zum Beispiel<br />
untrennbar mit der Donauregulierung<br />
verbunden. Noch heute erinnert eine Gedenktafel<br />
am Felsen des Eisernen Tores an<br />
den „größten Ungar“.<br />
Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK), die „kürzeste<br />
längste Abkürzung“ für Seeschiffe feiert <strong>2020</strong><br />
das 125. Betriebsjahr. Deutschlands wichtigste<br />
Wasserstraße zwischen Kiel und Brunsbüttel<br />
Szechenyi Tafel Quelle IBBS
<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S36<br />
Neuer COO des Hafenbetriebs<br />
Rotterdam<br />
Ab dem 1. Oktober <strong>2020</strong> wird Boudewijn Siemons (56) der neue Chief Operating<br />
Officer (COO, Vorstand des operativen Geschäfts) der Havenbedrijf Rotterdam<br />
N.V. Er tritt damit dem Vorstand bei. Siemons ist Nachfolger von Ronald Paul.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Miriam Maes, Vorsitzende des<br />
Aufsichtsrats: 'Der Aufsichtsrat<br />
ist sehr erfreut, dass Boudewijn<br />
Siemons seine breite Sachkenntnis<br />
und umfangreiche Erfahrung für<br />
den Hafenbetrieb Rotterdam einsetzen wird.<br />
Wir vertrauen ihm die Verantwortung für die<br />
ausgedehnte Infrastruktur des größten europäischen<br />
Hafens an. Dies ist eine wichtige<br />
Aufgabe, denn die Infrastruktur in unserem<br />
hafenindustriellen Komplex muss<br />
weiterhin Weltklasse bleiben.'<br />
Boudewijn Siemons: 'Der Rotterdamer<br />
Hafen hat eine hochmoderne Infrastruktur,<br />
die von den Kunden vielfältig<br />
genutzt wird. Beim Hafenbetrieb Rotterdam<br />
ist man bestrebt, dafür zu sorgen, dass<br />
diese Infrastruktur durch den optimalen Einsatz<br />
von technologischen Innovationen und<br />
Digitalisierung weiterhin verbessert wird. Ich<br />
sehe es sowohl als Ehre als auch als Herausforderung,<br />
für dieses wichtige Ressort beim<br />
Hafenbetrieb verantwortlich zu sein und freue<br />
mich auf die Zusammenarbeit mit meinen<br />
neuen Kollegen und Stakeholdern.'<br />
Der Maschinenbauingenieur Boudewijn Siemons<br />
war bis vor kurzem President (Vorsitzender)<br />
der Sparte Americas des Unternehmens<br />
Koninklijke Vopak. Nach einem Studium am<br />
Koninklijk Instituut voor de Marine (Königliches<br />
Institut für die Marine) begann er seine Laufbahn<br />
1987 bei der Königlichen Marine, bei<br />
der er bis 1998 tätig war. Von 1998 bis 2006<br />
bekleidete Siemons verschiedene Managementfunktionen<br />
bei Koninklijke VolkerWessels.<br />
2006 wechselte er zu Vopak, wo er Managementpositionen<br />
in Europa, im Mittleren Osten<br />
und in Amerika innehatte.<br />
Ab dem 1. Oktober <strong>2020</strong> besteht der Vorstand<br />
aus dem Generaldirektor Allard Castelein,<br />
CFO (Finanzvorstand) Vivienne de Leeuw und<br />
COO (Vorstand des operativen Geschäfts)<br />
Boudewijn Siemons. (PB)
LOGISTIK NEWS<br />
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 5/<strong>2020</strong> | S38<br />
Herr Groll und die Donaupiraten<br />
Auf der Donau bei Novi Sad kollidieren im<br />
Morgennebel zwei Schiffe: eine Motorjacht<br />
namens Argo, erbaut und gesteuert von<br />
ehemaligen Werftarbeitern aus Korneuburg<br />
bei Wien und ein unbeleuchteter,<br />
antriebsloser Kohlefrachter. Donaupiraten<br />
klettern aus dem Frachtraum und kapern<br />
die Jacht, die nun stromaufwärts in<br />
Fahrt gebracht wird. Ein Roman, der politische<br />
und gesellschaftliche Entwicklungen<br />
verdichtet und erschreckende Dinge<br />
über das gegenwärtige Europa erzählt.<br />
ISBN: 978-3-7013-1272-6 Erwin RIESS /<br />
Otto Müller Verlag<br />
Flüsse der Alpen Vielfalt in<br />
Natur und Kultur<br />
Muhar, Susanne (Hrsg.) / Muhar, Andreas<br />
(Hrsg.) / Siegrist, Dominik (Hrsg.) / Egger,<br />
Gregory (Hrsg.) Flüsse der Alpen im Portrait:<br />
Natur und Ökologie, Kultur und Wirtschaft.<br />
Das reich bebilderte Ergebnis eines geografischen<br />
Großprojekts: Fachwissen von<br />
mehr als 140 Autorinnen und Autoren aus<br />
sechs Alpenländern. ein einzigartiges Referenzwerk<br />
für natur- und umweltinteressierte<br />
Leserinnen und Leser, Fachleute und nicht<br />
zuletzt auch für Studierende und Lehrende.<br />
ISBN: 978-3-258-08114-4<br />
„Schiff ahoi“ - Mehr als ein Würfelspiel<br />
Getreu dem Motto "dream now - travel<br />
later" nehmen wir Sie mit auf eine Reise<br />
entlang der schönsten Stromfahrt Europas.<br />
Auf der Basis eines "Leiterlispiels" kombiniert<br />
mit Wissensfragen und weiteren Aktionen<br />
entwickelten Andreas und Lukas Frei das<br />
neue Spiel "Schiff ahoi!". Schiff ahoi! Starte in<br />
Schaffhausen und reise mit – zu Wasser und<br />
zu Lande. Mit flinkem Auge, scharfem Verstand<br />
und etwas Reiseglück legst du zuerst<br />
im Hafen von Kreuzlingen an! Ein spannendes<br />
Würfelspiel. Herausgeberin: Schweizerische<br />
Schifffahrtsges. Untersee und Rhein AG<br />
und Förderverein Schifffahrtsges. Untersee<br />
und Rhein.
Ausblick: <strong>BINNENSCHIFF</strong> <strong>JOURNAL</strong> 6/<strong>2020</strong><br />
Erscheint Anfang November!<br />
Schiffsunfall in Budapest: Mehr als ein Jahr<br />
nach dem Schiffsunfall in Budapest, sind die<br />
Verhandlungen noch immer nicht abgeschlossen<br />
(30.09.<strong>2020</strong>). Der ukrainische Kapitän<br />
darf Ungarn weiterhin nicht verlassen.<br />
Quelle IBBS<br />
Nasse Grenzen: Österreichs Außengrenzen<br />
haben einen beträchtlichen Anteil an Flüssen<br />
und Seen. Wie werden diese Grenzen<br />
geschützt? Hat das Bundesheer eine Kriegsflotte?<br />
Quelle IBBS<br />
Ausblick auf die Binnenschifffahrt 2021<br />
Was erwartet uns nach <strong>2020</strong> mit den schweren<br />
Herausforderungen in der Binnenschifffahrt?<br />
Dauert der Kampf um das Überleben<br />
an?<br />
Quelle IBBS<br />
Erscheinungstermine<br />
28. Februar <strong>2020</strong><br />
26. April <strong>2020</strong><br />
27. Mai <strong>2020</strong><br />
1. Juli <strong>2020</strong><br />
5. Oktober <strong>2020</strong><br />
5. November <strong>2020</strong><br />
UMWELT <strong>JOURNAL</strong><br />
Ausgabe 1/<strong>2020</strong><br />
Ausgabe 2/<strong>2020</strong><br />
Ausgabe 3/<strong>2020</strong><br />
Ausgabe 4/<strong>2020</strong><br />
Ausgabe 5/<strong>2020</strong><br />
Ausgabe 6/<strong>2020</strong><br />
Ansprechpartner:<br />
Peter BAUMGARTNER<br />
Kapitän, Redaktion<br />
Binnenschiff Journal<br />
Tel.: 0664 2634362<br />
E-Mail: ibbs@a1.net<br />
binnenschiff-journal.at<br />
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