"bruno." (2020)
Das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (Ausgabe 2020)
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Bildunterschrift
Cover-Motiv des Buchs "Kirchenrepublik Deutschland" von Carsten Frerk (2015)
Das
kirchliche
Arbeitsrecht
verstößt
diametral
gegen die
Vorgaben
des Grund -
gesetzes.
bruno.: Vor 15 Jahren wurde auf deine Initiative
hin die Forschungsgruppe Weltanschauungen in
Deutschland gegründet, die du seither leitest.
Für Furore hast du aber schon drei Jahre zuvor mit
der Veröffentlichung deines Buches „Finanzen und
Vermögen der Kirchen in Deutschland“ gesorgt,
das erstmals auf Heller und Pfennig aufzeigte, welche
enormen Reichtümer die beiden christlichen
Großkirchen angehäuft haben. Hinter diesem Buch
muss ein gigantischer Rechercheaufwand gesteckt
haben: Was hat dich dazu motiviert, diese Arbeit
auf dich zu nehmen?
Carsten Frerk: Ich hatte zuvor einen Roman veröffentlicht
(„Der Sohn des Freibeuters“), bei dem sich
beim Schreiben mittendrin eine der beiden Hauptfiguren,
mit plausibler Begründung, aus der Hand -
lung und dem Roman verabschiedete. Das hat mich
gekränkt, ich – als der „Herr meiner Figuren“ – kann
nichts dagegen tun, dass die ein Eigenleben entwickeln?
Da war für mich klar: Nie wieder Belletristik,
nur noch Sachbücher! Die Frage war, zu welchem
Thema? Da ich mich schon als Student und Mitglied der
HSU (Humanistische Studenten Union) für die Frage
von Kirche und Staat interessiert hatte, fragte ich mich:
„Wie reich sind eigentlich die Kirchen?“ Literatur dazu
gab es kaum. Das hätte mich eigentlich warnen sollen,
aber irgendwie war ich schon ‚dran‘ am Thema – und
die Recherche beschäftigte mich rund drei Jahre.
Im Grunde war es wie bei einem Gebrauchtwagenkauf:
Man investiert Zeit und Geld. Wenn es anfangs
einigermaßen gut läuft, investiert man noch mehr Zeit
und Geld, um etwaige Fehler auszu bügeln. Wenn dann
später ernsthaf tere Probleme auftreten, denkt man
sich: „Ich kann doch so viel investierte Zeit nicht
einfach wegwerfen!“.
Also bleibt man am Ball. Ehrlich ge sagt: Hätte ich vorher
gewusst, wie viel Arbeit das Buch machen wird,
hätte ich wohl gar nicht erst damit begonnen. So aber
hielt ich durch, bis „Finanzen und Vermögen der
Kirchen in Deutschland“ Ende 2001 / Anfang 2002
im Alibri Verlag erscheinen konnte.
Die Ergebnisse deiner Forschung wurden von
vielen Medien aufgegriffen. Selbst die Kirchen
scheinen sich auf deine Zahlen zu berufen.
Warst du überrascht von dem durchschlagenden
Erfolg deines Buchs?
Nein und Ja. Nein, weil ich während der Recherche
Kontakt zum SPIEGEL aufgenommen hatte, einen
Termin in der Dokumentation bekam und überrascht
feststellte, dass ich bereits deutlich mehr Informationen
hatte als das renommierte Nachrichtenmagazin.
Ich hielt Kontakt zu dem SPIEGEL-Redakteur Peter
Wensierski, der informiert werden wollte, sobald das
Buch fertig ist. Nach Durchsicht des fertigen Textes
hieß es, die Chefredaktion habe grünes Licht gegeben,
einen großen Artikel, möglicherweise sogar eine Titelgeschichte,
zum Buch zu bringen, da es zur Augstein -
Tradition des SPIEGEL gehöre, den Kirchen zu Beginn
der Adventszeit „gegen das Schienbein zu treten“.
Zur Titelgeschichte kam es dann zwar nicht, weil der
Terroranschlag in New York („9/11“) alle Medien für
viele Wochen vorrangig beschäftigte, doch immerhin
wurde der Artikel im Heft gut platziert. Die Deutsche
Presseagentur (dpa), die den Artikel gegenrecherchiert
hatte, titelte in ihrer Hauptmeldung des Tages:
„Die Kirchen wissen selber nicht, wie reich sie sind.“
Auf der anderen Seite war der Erfolg des Buches
aber auch über raschend. Schließlich ist es in einem
Nischen verlag erschienen, den man damals außerhalb
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