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Das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (Ausgabe 2020)

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Mit ihren Schwerpunktthemen hat die gbs in

der Vergangenheit oft auf markante Jubiläen

Bezug genommen. So reagierte sie mit „Man

nennt es Reformation …“ auf das „Luther-

Jahr“ (2017), mit „Weltbürger statt Reichsbürger“

auf den 70. Jahrestag der Verabschiedung

der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“

(2018) und mit „Abschied von der Kirchenrepublik“

auf das 70. bzw. 100. Jubiläum des Deutschen

Grundgesetzes bzw. der Weimarer Verfassung (2019).

In einigen Fällen antwortete die Stiftung mit ihren

Arbeits schwerpunkten auch auf aktuelle gesellschaftspolitische

Entwicklungen, beispielsweise mit dem

Thema „Das Recht auf Letzte Hilfe“ (2014/2015) auf das

angestrebte Verbot professioneller Freitodbegleitungen

oder mit „Die Verteidigung der offenen Gesellschaft“

(2016) auf die damals breit geführte Debatte zu Islamismus

und Rechtspopulismus.

„Rationality Meme“ zum Schwerpunktthema „Rationalität“ (gbs-Website, Januar 2020)

Beim diesjährigen Schwerpunktthema verhält es

sich anders. Weder ein markantes Jubiläum noch eine

aktuelle Entwicklung hätten es von vornherein notwendig

gemacht, 2020 das recht abstrakt wirkende Thema

„Rationalität“ aufzugreifen, zumal es bereits bei vorangegangenen

gbs-Kampagnen eine entscheidende Rolle

gespielt hatte. So hatte die Stiftung 2016 betont, dass sich

die offene Gesellschaft nur auf der Basis einer „rationalen

Streitkultur“ verteidigen lasse, und 2019 ver deutlicht,

dass der „Abschied von der Kirchenrepublik“ mit

einer Hinwendung zu einer „rationalen und evidenzbasierten

Politik“ einhergehen müsse (siehe hierzu

auch die Auftaktveranstaltung zur letztjährigen Buskampagne).

Die Entscheidung, „Rationalität“ zu einem eigenen

Schwerpunktthema zu machen, fiel im August 2019.

Auslöser dafür war das „gbs-Sommerforum“, zu dem die

Stiftung junge Aktivist*innen an den Stiftungssitz

„Haus Weitblick“ eingeladen hatte. Dabei stellte sich heraus,

dass sich die Gruppe der 20–30-Jährigen in besonderem

Maße für Fragen der Rationalität/Irrationali tät

interessiert. Aus dem Treffen ging u. a. eine Arbeitsgruppe

hervor, die eine erhellende Analyse zur „defizitären

Debattenkultur“ in Deutschland vorlegte, die inzwischen

unter dem Titel „Produktives Streiten“ als Band 8

der gbs-Schriftenreihe erschienen ist. Zwei weitere

Mitwirkende des Sommerforums, Sophie Strobl und

Florian Chefai, formulierten im Herbst 2019 den Entwurf

zu einer „Rationalitätsoffensive“, in der sie u. a. die

Gründung eines „Hans-Albert-Instituts zur Förderung

des kritisch-rationalen Denkens in Politik und Gesellschaft“

anregten – eine Idee, die der gbs-Vorstand postwendend

aufgegriffen hat.

Nachdem gbs-Beirat Hans Albert

seine Zustimmung zur Gründung

des neuen Instituts gegeben

hatte und viele renommierte

Expert*innen für das Direktorium

bzw. den Beirat gewonnen

werden konnten, ging das Hans- Albert-

Institut (HAI) am 8. Februar 2020, pünktlich

zum 99. Geburtstag seines Namensgebers,

an den Start. Mit dem Institut soll

nicht zuletzt die Lebensleistung des

„Jahrhundertdenkers“ Hans Albert gewürdigt

werden, der die Philosophie des

Kritischen Rationalismus neben Karl

Popper entscheidend geprägt hat und mit

seinem Standardwerk „Traktat über kritische

Vernunft“ weit über Fachkreise hinaus

bekannt wurde. (Selbst Sheldon

Cooper, der intellektuelle Nerd aus der erfolgreichen

Comedy-Serie „The Big Bang

Theory“, wusste über das von Albert beschriebene

„Münchhausen-Trilemma“ zu berichten).

Als kritisch-rationaler think tank soll das Hans-

Albert-Institut aktiv in ethisch relevante gesellschaftliche

Debatten eingreifen. In dieser Funktion versteht

sich das HAI als „Alternativorganisation“ zum „Deutschen

Ethikrat“, der die Politik bei komplexen Fragestellungen

rational, evidenzbasiert und weltanschau lich

neutral beraten sollte, aber an dieser Aufgabe aufgrund

der Überrepräsentanz kirchlich-religiöser Interessen

allzu häufig scheitert. (Dass die Mehrheit der Ethikratsmitglieder

den verfassungswidrigen (!) § 217 StGB unterstützte,

spricht in diesem Zusammenhang Bände.)

Zur Vorstellung des neuen Instituts waren 2020 verschiedene

Veranstaltungen geplant, die aufgrund der

Corona-Maßnahmen abgesagt werden mussten. Gleich-

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