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2018<br />

Abschlussbericht<br />

DVS-Forschung<br />

Neue Fügemethode zur<br />

Herstellung von<br />

Thermoplast- und<br />

Thermoplast-Metall-<br />

Hybridverbindungen<br />

mittels reaktiven<br />

Multischichtsystemen<br />

(RMS)


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Zusammenfassung .............................................................................................................. 3<br />

2 Danksagung ....................................................................................................................... 4<br />

3 Erläuterung zur Verwendung der Zuwendung .................................................................... 6<br />

4 Sitzungen des projektbegleitenden Ausschusses ................................................................. 6<br />

5 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Zielstellungen............................................ 7<br />

5.1 Anlass für das Forschungsvorhaben ............................................................................ 7<br />

5.2 Wissenschaftlich-technische Ziele ............................................................................... 7<br />

6 Wirtschaftliche Ziele ........................................................................................................... 8<br />

7 Werkstoffe, Reaktive Multischichtsysteme und Versuchsanordnungen ................................ 9<br />

7.1 Werkstoffauswahl ...................................................................................................... 9<br />

7.1.1 Thermoplastische Kunststoffe ................................................................................. 9<br />

7.1.2 Metalle .................................................................................................................. 9<br />

7.2 Reaktive Multischichtsysteme (RMS) ......................................................................... 10<br />

7.2.1 Aufbau und Eigenschaften ................................................................................... 10<br />

7.2.2 Fügeprozess ......................................................................................................... 11<br />

7.3 Proben und Versuchsanordnungen ........................................................................... 12<br />

7.3.1 Fügeproben ......................................................................................................... 12<br />

7.3.2 Fügevorrichtung ................................................................................................... 13<br />

7.3.3 Prüfsysteme ......................................................................................................... 14<br />

7.3.4 Strukturcharakterisierung ..................................................................................... 14<br />

8 Erzielte Forschungsergebnisse ........................................................................................... 16<br />

8.1 Simulation des Wärmehaushalts einer RMS-Fügung ................................................. 16<br />

8.1.1 Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe ....................................................... 16<br />

8.1.2 Hybridverbindungen ............................................................................................. 17<br />

8.2 Einflussfaktoren auf die Eigenschaften von RMS-Verbindungen<br />

thermoplastischer Kunststoffe ................................................................................. 18<br />

8.2.1 Oberflächenbeschaffenheit .................................................................................. 19<br />

8.2.2 Fügedruck ............................................................................................................ 20<br />

8.2.3 Fügeflächengeometrie .......................................................................................... 20<br />

8.3 Verbindungsfestigkeiten ........................................................................................... 21<br />

8.3.1 RMS-Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe ............................................... 21<br />

8.3.2 Vergleich mit anderen Fügeverfahren ................................................................... 23<br />

8.3.3 Hybridverbindungen ............................................................................................. 23<br />

8.4 Langzeitstabilität von RMS-Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe .................. 26<br />

8.4.1 Feuchte-Wärme-Auslagerung ............................................................................... 26<br />

8.4.2 Salzsprühtest ........................................................................................................ 28<br />

8.4.3 Temperaturwechseltest ........................................................................................ 29<br />

8.4.4 Zusammenfassung zur Langzeitstabilität ............................................................... 31<br />

8.5 Schwingfestigkeit von RMS-Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe ................ 32<br />

8.5.1 Vorgehen ............................................................................................................. 32<br />

8.5.2 Ergebnisse ............................................................................................................ 33<br />

8.6 Mikrostruktur und Anbindungsmechanismen von RMS-Fügeverbindungen ............... 35


8.6.1 Wirkungen der RMS-Reaktion .............................................................................. 35<br />

8.6.2 Verhalten des Kunststoffs und der RMS-Reste in der Fügezone ............................. 39<br />

8.6.3 Zusammenhang zwischen der Struktur der Fügezone und der Festigkeit<br />

der RMS-Verbindung - Anbindungsmechanismen ................................................. 41<br />

8.7 Funktionsmuster ...................................................................................................... 43<br />

8.7.1 RMS-Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe ............................................... 43<br />

8.7.2 Hybridverbindungen ............................................................................................. 44<br />

9 Einschätzung der Forschungsergebnisse ............................................................................ 45<br />

9.1 Erreichung der wissenschaftlich-technischen Ziele .................................................... 45<br />

9.2 Erreichung der wirtschaftlichen Ziele ........................................................................ 45<br />

9.3 Ergebnistransfer in die Wirtschaft ............................................................................. 46<br />

9.3.1 Geplanter Ergebnistransfer während der Projektlaufzeit ....................................... 46<br />

9.3.2 Geplanter Ergebnistransfer nach Abschluss des Vorhabens ................................... 48<br />

10 Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 49<br />

2


5 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Zielstellungen<br />

5.1 Anlass für das Forschungsvorhaben<br />

Der Bedarf an innovativen Leichtbauweisen treibt die Entwicklung von neuartigen Materialien<br />

und Materialkombinationen voran. Neben dem Trend, leichte Metalle wie Aluminium und<br />

Magnesium oder poröse Strukturen einzusetzen, wird vor allem in der Erweiterung des<br />

Einsatzbereiches von Kunststoffen ein großes Potenzial gesehen. Parallel zur<br />

Werkstoffentwicklung wachsen dabei gleichzeitig auch die Herausforderungen für die<br />

Fügetechnologie, bei der neben Verbindungen aus gleichartigen Kunststoffen auch<br />

Kombinationen zwischen unterschiedlichen Kunststoffen oder von Kunststoffen mit Metallen<br />

gefügt werden müssen. Außerdem bestehen neben der Forderung nach ausreichend festen<br />

Verbindungen oft weitere Ansprüche hinsichtlich der Verbindungseigenschaften, wie die<br />

Herstellung hermetischer und langzeitstabiler Fügungen, oder das Vermeiden ausgeprägter<br />

Werkstoffschädigungen [DVS1,DVS2].<br />

Die konventionellen Fügeprozesse, wie Löten und Schweißen, erzeugen meist einen hohen<br />

Wärmeeintrag in das Bauteil. Dabei wird nicht nur der eigentliche Fügebereich erwärmt, sondern<br />

auch der angrenzende Bereich oder gar das komplette Bauteil. Dadurch können Veränderungen<br />

der Werkstoffmikrostruktur oder mechanische Spannungen entstehen, was zu unerwünschten<br />

Eigenschaftsdegradationen führt. Klebverbindungen können zudem alterungsanfällig sein und<br />

erfordern aufgrund teilweise notwendiger Vor- und Nachbehandlungen längere Prozesszeiten,<br />

was insgesamt zu höheren Kosten führt.<br />

Das Fügen mit Reaktiven Multischichtsystemen (RMS) ist eine Möglichkeit, die Grenzen der<br />

herkömmlichen Verbindungstechnologien ganz oder zumindest teilweise zu überwinden. RMS<br />

sind eine direkt in die Fügestelle eingebrachte zündbare Wärmequelle, die an den<br />

Anwendungsfall angepasst - „maßgeschneidert“ - werden kann, so dass schädigungsarme<br />

Verbindungen mit Fügeprozesszeiten im Millisekundenbereich herstellbar sind.<br />

In Vorfeld dieses Projektes konnte im Teilprojekt NanoWearJoin des Spitzentechnologieclusters<br />

ECEMP gezeigt werden, welches Potential die RMS-Technologie beim Fügen von thermoplastischen<br />

Kunststoffen besitzt. Im Laufe des Projektes ist es gelungen, die RMS-Eigenschaften<br />

auf die Fügungen soweit anzupassen, dass keine offensichtliche Schädigung der Kunststoffe<br />

auftritt. Es wurden Zugscherfestigkeiten um die 10 MPa ohne jegliche Vor- und Nachbehandlung<br />

oder Aktivierung der Oberfläche erzielt. Durch die überwiegend stoffschlüssig<br />

erzeugte Verbindung kam es zu einem Materialversagen außerhalb des Fügebereiches [PFL1,<br />

ECEMP].<br />

Im Rahmen einer Diplomarbeit an der TU Dresden wurden erste Versuche zum RMS-Fügen von<br />

thermoplastischen Kunststoffen mit Metall unternommen. Die grundsätzliche Anwendbarkeit<br />

der RMS-Technologie zur Herstellung von Hybridverbindungen konnte nachgewiesen werden.<br />

Die Festigkeiten der Verbindungen waren jedoch sehr niedrig, so dass ein Versagen<br />

überwiegend in der Fügezone und nicht im Grundmaterial auftrat [PAU].<br />

5.2 Wissenschaftlich-technische Ziele<br />

Abgeleitet aus den Grenzen des Standes der Technik einerseits und dem industriellen Bedarf<br />

andererseits bestand das wesentliche Ziel des Forschungsvorhabens darin, feste und<br />

langzeitstabile Verbindungen thermoplastischer Kunststoffe ohne jegliche Vor- und<br />

Nachbehandlungsmethoden zu erzielen. Parallel dazu sollte ein grundlegendes Verständnis des<br />

RMS-Fügeprozesses geschaffen und dabei vor allem die Anbindemechanismen untersucht<br />

werden.<br />

7


Hinsichtlich Hybridverbindungen aus thermoplastischen Kunststoffen und Metallen sollen erste<br />

feste Verbindungen mit Untersuchung des Anbindemechanismus erzielt werden. Dabei waren<br />

bei der Projektplanung mehrere mögliche Lösungswege vorgesehen.<br />

Zur Erreichung der Forschungsziele wurden folgende wissenschaftlich-technische<br />

Forschungsergebnisse angestrebt:<br />

- Bestimmung und Optimierung von Einflussfaktoren auf die Verbindungseigenschaft<br />

Festigkeit<br />

- Evaluierung eines maßgeschneiderten RMS-Typs zum schädigungsarmen Fügen<br />

- Erschaffung von festen, stoffschlüssigen Verbindungen ohne zeit- und kostenintensiven<br />

Vor- und Nachbehandlungsmethode<br />

- Erlangung eines Grundverständnisses zu den Anbindungs- und Wirkmechanismen beim<br />

RMS-Fügeprozess<br />

- Herstellung von langzeitstabilen und medienresistenten Verbindungen<br />

6 Wirtschaftliche Ziele<br />

Mit der RMS soll kmU eine Technologie zur Verfügung gestellt werden, die bestehende<br />

Fügeverfahren ergänzt und der großen Bedeutung von Kunststoff- und Kunststoff-Metall-<br />

Verbindungen Rechnung trägt. Dabei sollen Verbindungs- und Versagensmechanismen geklärt,<br />

statische und dynamische Festigkeiten ermittelt und Alterungs- und Korrosionsverhalten<br />

untersucht werden, um den kmU mit den RMS sowohl ein ausgereiftes Produkt als auch die<br />

zugehörigen Prozesse mit abgesicherten Leistungsparametern zur Verfügung zu stellen.<br />

Die zu entwickelnde RMS-Fügetechnologie ermöglicht Innovationen in der kunststoffverarbeitenden<br />

Industrie, im Automobilbau, in der Luftfahrtindustrie, im Maschinenbau und in<br />

der Elektroindustrie (Deckelung von Kühlkörpern, Leiterplatten und Leistungselektronik) sowie<br />

der Haushalts- und Gehäusetechnologie (Explosionsschutz). Insbesondere wird das Verfahren für<br />

die Zulieferindustrie von Interesse sein, die in den genannten Wirtschaftszweigen stark von kmU<br />

geprägt ist. Potenzielle Nutzer sind vor allem Unternehmen, die bei der Herstellung ihrer<br />

Produkte Kunststoffe kleben oder schweißen und die die Nachteile dieser Verfahren (z.B.<br />

Vorbehandlungsaufwand, Aushärtezeiten, Wärmeeintrag) vermeiden müssen, um bestehende<br />

Produkte mit höherer Qualität herstellen zu können oder neue Produkte zu entwickeln. Ein<br />

weiterer potentieller Nutzer ist die Beschichtungsindustrie, bei der die Herstellung der RMS<br />

erfolgen könnte.<br />

Mit dem Forschungsvorhaben sollten folgende wirtschaftlichen Ziele erreicht werden:<br />

- Entwicklung eines effektiven Fügeverfahrens, das es gestattet, das Potential von<br />

thermoplastischen Kunststoffen auszuschöpfen,<br />

- Reproduzierbare und wirtschaftliche RMS-Verbindungen ohne die Verwendung von zeitund<br />

kostenintensiven Vor- und Nachbehandlungsmethoden,<br />

- Entwicklung von Verbindungen bisher schwer oder nicht fügbarer Materialien und deren<br />

Kombination für neue Produktlösungen,<br />

- Verbesserung der Produkteigenschaften durch Vermeidung des Wärmeeintrags in das<br />

komplette Bauteil.<br />

8


7 Werkstoffe, Reaktive Multischichtsysteme und<br />

Versuchsanordnungen<br />

7.1 Werkstoffauswahl<br />

7.1.1 Thermoplastische Kunststoffe<br />

Aufgrund ihres niedrigen Schmelzpunktes sind thermoplastische Kunststoffe für die hier<br />

verwendete interne Wärmequelle prädestiniert, da diese direkt aufschmelzbar sind und unter<br />

Druck und nach Wiedererstarren eine stoffschlüssige Verbindung ausbilden.<br />

Die Entwicklung der RMS-Fügetechnologie für thermoplastische Kunststoffe wurde im<br />

Fraunhofer IWS Dresden für fünf faserunverstärkte thermoplastische Kunststoffe durchgeführt.<br />

Zusammen mit dem projektbegleitenden Ausschuss wurden die in der Tabelle 1 dargestellten<br />

thermoplastischen Kunststoffe ausgesucht. Angefangen von dem niedrig schmelzenden<br />

Polycarbonat über Polyamid 6 bis hin zum hochschmelzenden Polyphenylensulfid sind somit<br />

sowohl ein breiter Schmelztemperaturbereich als auch amorphe und teilkristalline Kunststoffe<br />

abgedeckt. Zudem sind diese thermoplastischen Kunststoffe die am häufigsten eingesetzten<br />

Kunststoffe, wodurch eine hohe Relevanz für die Industrie gegeben ist.<br />

Tabelle 1:<br />

Untersuchte thermoplastische Kunststoffe<br />

Thermoplastischer<br />

Kunststoff (Kurzzeichen)<br />

Firma/<br />

Markenname<br />

Schmelztemperatur<br />

[°C]<br />

Zugfestigkeit<br />

[MPa]<br />

Polypropylen (PP) Röchling / Polystone P 160-165 28<br />

Polycarbonat (PC) Röchling / Sustanat 148 65<br />

Polyamid 6 (PA6) Röchling / Sustamid 6 220 80<br />

Polybutylenterephthalat (PBT) BASF / Ultradur 223 55<br />

Polyphenylensulfid (PPS) Solvay / Ryton QA200P 280 80<br />

Die thermoplastischen Kunststoffe PC, PP und PA6 wurden durch das pA-Mitglied Wegner<br />

International GmbH zur Verfügung gestellt, wobei die Fa. Röchling das Probenmaterial<br />

hergestellt hat. Die Lieferung erfolgte in Form von Platten in unterschiedlichen Dimensionen.<br />

PBT und PPS wurde vom pA-Mitglied Robert Bosch GmbH bereitgestellt. Das PBT wurde von der<br />

Fa. BASF und das PPS von der Fa. Solvay produziert. Auch hier erfolgte die Lieferung in Form von<br />

Platten verschiedener Dimensionen.<br />

Angaben zur chemischen Zusammensetzung sowie die Eigenschaften aller thermoplastischen<br />

Kunststoffe liegen in Form von Datenblättern vor. Die ausgewählten Kunststoffe wurden im<br />

Anlieferungszustand verwendet, der sich aus dem Herstellungsprozesses ergeben hat. Es<br />

erfolgten keine zusätzlichen Vorbereitungsschritte, wie z.B. eine Trocknung oder ähnliches.<br />

7.1.2 Metalle<br />

Für Hybridverbindungen thermoplastischer Kunststoffe mit Metall wurden von den pA-<br />

Mitgliedern die in Tabelle 2 aufgelisteten Aluminium- und Kupferwerkstoffe empfohlen, da vor<br />

allem bei diesen ein großes Potential für Kunststoff-Metall-Verbindungen gesehen wird.<br />

9

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