Kulturfenster Nr. 05|2020 - Oktober 2020
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Poste Italiane SpA – Sped. in a.p.<br />
-70% – NE BOLZANO – 72. Jahrgang<br />
<strong>Nr</strong>. 5 | OKTOBER | <strong>2020</strong><br />
Zweimonatszeitschrift<br />
KulturFenster<br />
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol<br />
Geführtes Hören in der Ensemblearbeit<br />
Peter Hölzl zum Gedenken<br />
MundART pflegt Mundart
• Geleitwort •<br />
• Inhalt •<br />
• Blasmusik<br />
Geführtes Hören in<br />
der Ensemblearbeit 3<br />
Stillstand und Elan im Musikjahr <strong>2020</strong> 6<br />
Die Leistungszeichen go digital 9<br />
Konzertkino in Naturns 11<br />
Jugendseite:<br />
Die Michaeler Juka stellt sich vor 12<br />
Zur Person: Norbert Rabanser und<br />
der „Lieblingstrommler Marsch“ 14<br />
Ars Nova: Kapellmeister<br />
Dietmar Rainer und „Muss es<br />
immer etwas Neues sein?“ 16<br />
Der international bekannte Posaunist<br />
Peter Steiner und die<br />
Herausforderungen der Pandemie 18<br />
„Fein sein, beinander bleibn“ –<br />
eine Bearbeitung von Gottfried Veit 19<br />
Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien 19<br />
„Ich mache mir Sorgen…“<br />
„Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives und<br />
Qualitätsvolles, das in den letzten Jahren mit<br />
viel Mühe aufgebaut wurde, nun ins Wanken<br />
gerät, wenn sich nicht bald etwas ändert“. Der<br />
Verbandsobmann des VSM Pepi Fauster bittet<br />
die Musikkapellen „bei der Stange“ zu bleiben,<br />
um zu helfen, ,,dass diese schwierige Zeit<br />
sicher überbrückt werden kann.“ Aber auch<br />
die Politik, so Fauster, müsse viel mehr „herschauen“<br />
und mit wohlwollenden konkreten<br />
Maßnahmen die Musikkapellen unterstützen,<br />
damit ,,das bisher Aufgebaute gut weitergeführt<br />
werden kann.“ – Grundsätzliche Überlegungen<br />
über die Probenmethodik im Blasorchester<br />
vermittelt ein Buch, das vor kurzem<br />
im Helbling-Verlag (Innsbruck) erschienen ist.<br />
Ziel ist es, Dirigentinnen und Dirigenten ebenso<br />
wie Ensemble-Mitgliedern ein effizientes „Instrument“<br />
in die Hand zu geben, um Aspekte<br />
wie Zusammenklänge, rhythmische Passagen<br />
oder harmonische Bewegungen in Ensembles<br />
zu erfassen, Probleme zu erkennen und das<br />
Klangerlebnis nachhaltig zu verbessern.<br />
Der Chorverband erinnert in einem Beitrag<br />
an den bedeutenden Südtiroler Komponisten,<br />
• Chorwesen<br />
Damit die Chöre<br />
weitersingen –<br />
Chorleiterausbildung<br />
startet an Musikschulen 20<br />
Proben mit Maske –<br />
Südtiroler Chöre<br />
kehren (langsam) zurück 20<br />
Herausragende Beispiele<br />
neuerer Kirchenmusik:<br />
Erinnerung an den<br />
Komponisten Peter Hölzl 21<br />
Requiem von Karl Jenkins.<br />
Das Projekt 2021 des<br />
Bezirks Pustertal 23<br />
Musiktheater „DU HAST `<br />
nen FREUND IN MIR“ von<br />
Tuba-Voiceline und<br />
Kinderchor Ehrenberg 23<br />
Pädagogen und Kirchenmusiker Peter Hölzl,<br />
der vor 10 Jahren verstorben ist und jetzt<br />
100 Jahre alt geworden wäre. Hölzl, aus Andrian<br />
stammend, war u.a. Herausgeber des<br />
Orgelbuches der Diözese Bozen-Brixen „Unser<br />
Gotteslob“ und des Buches „Musik macht<br />
Freude“, eine praktische Anleitung zum Singen.<br />
Seine vielen Werke – u.a. der „Sonnengesang<br />
des Hl. Franziskus“ – sind geprägt<br />
von Einfachheit und Bescheidenheit und von<br />
einem tiefen Glauben.<br />
Der Heimatpflegeverband widmet sich umfassend<br />
in dieser Ausgabe der Mundart. Die<br />
Arbeitsgemeinschaft MundART hat einen<br />
neuen Vorsitzenden. Mit ihm, Johannes Ortner,<br />
und mit dem ehemaligen Obmann Martin<br />
Achmüller wirft das KulturFenster einen Blick<br />
nach vorne und einen Blick zurück. – Albert<br />
Willeit, seit vielen Jahren aktiver Heimatpfleger<br />
und Bezirksobmann des Pustertales, fragt<br />
nach der Bedeutung des Ensembleschutzes<br />
in den Südtiroler Gemeinden. Der Ensembleschutz<br />
sei zwar wichtig – aber ohne Chance?<br />
Das argwöhnt er mit einem Anflug von deprimierender<br />
Ernüchterung.<br />
•Heimatpflege<br />
Alfons Gruber<br />
„Schreiben wia mr reden“ –<br />
ArGe MundART hat neuen Obmann 24<br />
Dialekte stehen für Vielfalt - Der neue<br />
Obmann Johannes Ortner im Gespräch 27<br />
Margit von Elzenbaum –<br />
Gedichte,Prosa und Mundart 29<br />
Alte Gegenstände neu entdeckt:<br />
das Betrachtungssärglein 31<br />
Informiert und reflektiert: Berge brauchen<br />
keine Inszenierung 32<br />
Ensembleschutz – wichtig, aber ohne Zukunft? 34<br />
Vom Allerheiligenbrauch zu Halloween 36<br />
Gedenktafel für Max Valier enthüllt 38<br />
Kein Ensembleschutz für Villa Friedheim<br />
im Brixner Ortsteil Kranebitt 40<br />
Albert Willeit ist der neue Obmann<br />
der Heimatpflege im Bezirk Pustertal 42<br />
Kundgebung gegen Bahnverbindung 44<br />
In Gedenken: Paula Marmsoler Pedrotti 45<br />
Eine neue Trachtenbroschüre 46<br />
Büchertisch: „Der Dämmrung ins Maul“ 47<br />
2<br />
KulturFenster
Das Thema<br />
Blasmusik<br />
Geführtes Hören in der<br />
Ensemble-Arbeit<br />
Einige grundsätzliche Überlegungen über die Probenmethodik im Blasorchester<br />
Das Autoren-Trio Christoph Breithack, David W. Clemmer und John D. Pasquale hat im heurigen<br />
Frühjahr ein neues Buch veröffentlicht, das Dirigentinnen und Dirigenten und Ensemble-Mitglieder<br />
einlädt, die Probenarbeit von Grund auf zu überdenken, und ihnen ein<br />
effizientes Instrument an die Hand gibt, um Aspekte wie Zusammenklänge, rhythmische<br />
Passagen oder harmonische Bewegungen im Ensemble zu erfassen, Probleme zu erkennen<br />
und das Klangergebnis nachhaltig zu verbessern: „Probenmethodik Blasorchester –<br />
Geführtes Hören in der Ensemble-Arbeit“. Es bietet eine einzigartige Herangehensweise<br />
für die Arbeit mit Blasorchestern und anderen Ensembles. Alexandra Link hat dieses praktische<br />
Lehr- und Übungsbuch in ihrem Blasmusikblog.com vorgestellt.<br />
Wir bedanken uns bei der Autorin, die uns freundlicherweise den Text zum Nachdruck<br />
zur Verfügung gestellt hat.<br />
die schon seit langer Zeit bestehen und<br />
in denen ganz viel über Imitation vermittelt<br />
wird. Für angehende Dirigenten ist das<br />
aber schwierig, weil sie nie systematisch<br />
gelernt haben, worauf es denn letztendlich<br />
ankommt und wie ein Ensembleklang tatsächlich<br />
hörend analysiert wird. Vielmehr<br />
haben sich viele ihr eigenes System über<br />
die Zeit zusammengesucht. Diese Vorgehensweise<br />
führt aber – wenn man das<br />
ganze System betrachtet – nicht zu Qualität,<br />
da sie individuell, also zufällig ist.“<br />
Das Buch basiert ursprünglich auf der Dissertation<br />
von John D. Pasquale. Mit ihm<br />
kam der bei Freiburg lebende Christoph<br />
Breithack bereits im Jahr 2012 auf der<br />
MidWest in Chicago ins Gespräch. Im gegenseitigen<br />
Austausch haben beide Pädagogen<br />
festgestellt, dass sie bezüglich ihrer<br />
Probenarbeit mit ihren Orchestern an der<br />
jeweiligen Schule vergleichbar arbeiten.<br />
Der gewichtigste gemeinsame Nenner in<br />
ihrer Probenarbeit ist die kontinuierliche<br />
Anleitung der Musikerinnen<br />
und Musiker zum<br />
richtigen Zuhören während<br />
des Spielens.<br />
Der gegenseitige Austausch<br />
hat sich danach bald in eine<br />
konkrete Zusammenarbeit gewandelt.<br />
Im Laufe der Jahre<br />
haben die drei das ursprüngliche<br />
System in dieser Probenarbeit<br />
weiterentwickelt und erprobt,<br />
bis sie sich schließlich<br />
entschlossen haben, alle Erkenntnisse<br />
in einem Buch zusammenzufassen.<br />
„Geführtes Hören in der<br />
Ensemble-Arbeit“ lesen wir<br />
im Untertitel. Ist das Buch<br />
also eine Anleitung zum Zuhören<br />
und eigenverantwortlichen<br />
„Hören“ der Musikerinnen<br />
und Musiker in einem<br />
Orchester? Hören kann doch<br />
eigentlich jeder. Also, wozu? Haben wir das<br />
Zuhören verlernt? Dazu Christoph Breithack<br />
im Interview: „Das nötige Wissen, worauf zu<br />
hören ist und wie zu hören ist, wird selten<br />
umfassend vermittelt. Mit „verlernen“ hat<br />
das nichts zu tun. Es ist vielmehr so, dass<br />
es bei uns im deutschsprachigen Raum<br />
keine Tradition gibt, diese Dinge umfassend<br />
zu lehren. Ein Grund dafür ist vermutlich,<br />
dass es so viele Ensembles gibt,<br />
Modell des Geführten Hörens<br />
Das Buch lehrt Dirigenten also eine systematische<br />
Herangehensweise an das<br />
Analysieren von dem, was sie in der Probe<br />
hören und beinhaltet eine probenpädagogische<br />
Methode, das Gehörte – ausgehend<br />
von den Bereichen Klangerzeugung,<br />
Puls, Balance und musikalische<br />
Gestaltung, im Buch dargestellt durch<br />
ein „Atommodell“ – ganz konkret zu<br />
verbessern. Wie oben schon beschrieben,<br />
ist der Mittel zum Zweck die Anleitung<br />
der Musikerinnen und Musiker<br />
zum Hören.<br />
Die Methode verwendet sowohl für die<br />
Musiker, als auch für den Dirigenten drei<br />
Höraufmerksamkeitsstufen.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 3
Das Thema<br />
Stufe 1: Der Musiker hört sich selbst zu - der<br />
Dirigent hört auf einzelne Musiker.<br />
Stufe 2: Der Musiker hört auf die Musiker<br />
zu seiner linken und rechten Seite<br />
(Instrumentengruppe/Register) -<br />
der Dirigent hört auf einzelne Instrumentengruppen.<br />
Stufe 3: Die Instrumentengruppe im Kontext<br />
des ganzen Ensembles - der<br />
Dirigent hört auf das Zusammenspiel<br />
des ganzen Ensembles.<br />
Seit 6 Jahren arbeitet Christoph Breithack<br />
nicht nur mit seinen Bläserklassen<br />
mit dieser Methode, sondern auch mit seinem<br />
Musikverein Freiburg - St. Georgen.<br />
Zu seiner Probenarbeit habe ich ihm ein<br />
paar Fragen gestellt:<br />
Wie hat sich die Probenarbeit verändert?<br />
Christoph Breithack: Die Probenarbeit ist<br />
inhaltlich langfristiger ausgerichtet und<br />
strukturierter, da sie einem Curriculum<br />
folgt (entsprechend der Inhaltsangabe<br />
des Buches). Die Leute sind bei der Probenarbeit<br />
immer mit irgendeiner Aufgabe<br />
beschäftigt und wissen genauer, was sie<br />
tun. Wir arbeiten mehr und strukturierter<br />
an spieltechnischen und musikalischen<br />
Grundlagen.<br />
Wie hat sich der Klang, Balance und das<br />
Zusammenspiel entwickelt?<br />
Christoph Breithack: So, dass wir vom<br />
Publikum darauf angesprochen werden.<br />
Das Orchester klingt so, dass man<br />
gerne zuhört.<br />
Welche Elemente verwendest Du an jedem<br />
Probenanfang?<br />
Christoph Breithack: Eine Auswahl aus den<br />
Ensembletrainings. Atemübungen, lange<br />
Töne, Intervalle, Rhythmen zählen und<br />
spielen und immer einen Choral – einoder<br />
mehrstimmig. Dazu ist in den Ensembletrainings<br />
beschrieben, wie Choräle<br />
so eingesetzt werden können, dass auch<br />
ein musikalischer Lernzuwachs entsteht.<br />
Wie bekommst Du (trotzdem) Abwechslung<br />
in den Probeneinstieg?<br />
Christoph Breithack: Kurzfristig gar nicht.<br />
Es ist immer genau gleich. Die Dinge sollen<br />
sich einschleifen. Wie Elfmeter schießen<br />
beim Fußballtraining. Langfristig, durch<br />
eine Veränderung der Auswahl der Trainings.<br />
Und die Choräle wechseln. Aber<br />
auch da spielen wir schon mal über 4-5<br />
Wochen immer denselben. Die Einspielphase<br />
ist eine Lernphase. Lernen braucht<br />
Wiederholung und Dinge müssen sich einschleifen<br />
und setzen. Abwechslung ist da<br />
kontraproduktiv.<br />
Ergänzend schreibt Christoph Breithack<br />
zu seiner eigenen Probenarbeit mit dem<br />
Musikverein St. Georgen:<br />
„Wenn ich konkret ein Stück probe, höre<br />
ich auf die im „Atommodell“ beschriebenen<br />
Aspekte: Wie fangen Töne an, wie<br />
klingen sie, wie enden sie. Wann fangen<br />
sie an, wann enden sie. Wie sitzen die<br />
Musikerinnen und Musiker, wie atmen<br />
sie. Wie sind die Klangfarben bei einzelnen<br />
Musikern, bei Gruppen, bei allen.<br />
Wie werden Artikulationszeichen ausgeführt?<br />
Werden sie einheitlich ausgeführt?<br />
Wenn ich dann höre, dass es irgendwo<br />
Probleme gibt, trainiere ich diese Punkte<br />
mit Ensembletrainings und reagiere mit<br />
entsprechenden Probentechniken darauf.<br />
Die sehen natürlich in einer Bläserklasse<br />
anders aus als bei einem Blasorchester<br />
mit Erwachsenen. Aber inhaltlich<br />
ist es dasselbe.“<br />
Auffallend ist, dass der in der herkömmlichen<br />
Probenarbeit so wichtige Begriff „Intonation“<br />
in der Methode zwar vorkommt,<br />
jedoch kein eigenes Kapitel einnimmt. Dazu<br />
Christoph Breithack: „Das ist bewusst so<br />
gemacht. Bei Intonation wird viel zu häufig<br />
auf Frequenzen und viel zu selten auf<br />
Balance und Tonqualität geachtet. Das<br />
sind aber wesentliche Voraussetzungen<br />
für die Intonation.<br />
Wenn man Spielern sagt, dass sie in Hörstufe<br />
2 zunächst gleich laut spielen sollen<br />
und dann in einem zweiten Schritt noch<br />
ihre Klangfarben abgleichen sollen, stimmen<br />
sie in der Intonation in 98% der Fälle<br />
überein. Wir verwenden deshalb das Bild<br />
von zentrierten und unzentrierten Klängen<br />
zur Beschreibung der Tonqualität.<br />
Im Zusammenspiel mit den Höraufmerksamkeitsstufen<br />
und entsprechend abge-<br />
4<br />
KulturFenster
Blasmusik<br />
Das „Hören“ ist ein wesentlicher Teil der Probenmethodik, damit das Orchester so klingt, dass man gerne zuhört – im Bild<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Dirigentenwerkstatt in Eppan (2018).<br />
Alexandra Link, die Autorin des Artikels,<br />
mit dem Medienreferent des VSM,<br />
Stephan Niederegger<br />
glichenem Spiel führt das zu guter Intonation.<br />
Die harmonischen Zusammenhänge<br />
sind dabei auch ein zu beachtender Aspekt.<br />
Das ist aber ein Thema der Musiktheorie<br />
und wird im Buch nur kurz angesprochen.“<br />
Der vollständige Artikel<br />
ist über folgenden<br />
QR-Code abrufbar.<br />
Dieser ist mit Stellungnahmen<br />
der Dirigenten<br />
Michiel Oldenkamp,<br />
Harald<br />
Vetter und Andreas<br />
Weller ergänzt, die Inhalte des Buches<br />
bereits jetzt in ihre Probenarbeit einfl ießen<br />
lassen.<br />
Obwohl für Blasorchester entwickelt, ist<br />
diese Probenmethodik auch in jeder anderen<br />
Ensemble-Besetzung sowie in Bläserklassen<br />
und im Instrumentalunterricht<br />
einsetzbar.<br />
Das Buch kann im gängigen Musikhandel<br />
oder direkt beim Helbling-Verlag bestellt<br />
werden.<br />
Alexandra Link<br />
Weiterführende Informationen der<br />
Autoren in englischer Sprache sind<br />
im Internet abrufbar:<br />
www.directedlisteningmodel.com<br />
KulturFenster<br />
Redaktion KulturFenster<br />
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it<br />
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November <strong>2020</strong>.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 5
Aus Verband und Bezirken<br />
Stillstand und Elan im<br />
Musikjahr <strong>2020</strong><br />
Corona schränkt die Tätigkeit der Musikkapellen sehr stark ein<br />
Nur durch die Kraft des Vereins und durch die Unterstützung von außen wird es möglich sein, dass in den Musikkapellen wieder<br />
gemeinsam musiziert werden kann – im Bild die Bürgerkapelle Latsch.<br />
Ist das Jahr <strong>2020</strong> eigentlich bei vielen Musikkapellen<br />
sehr vielversprechend und mit<br />
großer Begeisterung begonnen worden, so<br />
hat das Aufflammen der Covid-19-Pandemie<br />
und der daraus resultierende Lockdown ab<br />
Anfang März ihre Tätigkeit teils ganz lahm<br />
gelegt bzw. sehr stark eingeschränkt.<br />
Aus verschiedenen Rückmeldungen<br />
von Funktionären und Mitgliedern aus<br />
den Musikkapellen konnten wir uns bisher<br />
ein ungefähres Bild der Tätigkeiten<br />
im Laufe der letzten Monate machen. Wir<br />
wussten, dass sich unsere Vereine in dieser<br />
Zeit mit ihren Aktionen grundsätzlich<br />
in drei verschiedene Gruppen einteilen<br />
ließen: zur ersten Gruppe zählten jene,<br />
die mit großem Elan und viel Drang den<br />
Lockdown kaum abwarten konnten und<br />
jede kleinste Gelegenheit suchten, um<br />
irgend einen musikalischen Beitrag oder<br />
Auftritt auf die Beine zu stellen. Die zweite<br />
Gruppe bestand aus jenen Musikkapellen,<br />
die eigentlich genau das Gegenteil taten<br />
und fast keine oder überhaupt keine Tätigkeiten<br />
durchführten, da in erster Linie<br />
die Obleute die Verantwortung bei einer<br />
evtl. Ansteckung der Mitglieder und den<br />
daraus möglichen Anklagen nicht übernehmen<br />
wollten. In der dritten Gruppe<br />
fand man solche Musikkapellen, deren Verantwortliche<br />
mit den strengen Abstandsregeln<br />
und anderen Maßnahmen sich kein<br />
sinnvolles gemeinsames Musizieren vorstellen<br />
konnten und sich mit ihren Aktionen<br />
ziemlich zurückhielten bzw. nur mit<br />
kleinen Ensembles probten und auftraten.<br />
Um nicht bei Vermutungen und Annahmen<br />
stehen zu bleiben, hat der Verband<br />
im August eine digitale Umfrage unter den<br />
Mitgliedskapellen gestartet und somit eine<br />
flächendeckende Antwort erhalten.<br />
Einige besonders markante Situationen<br />
sind in den folgenden Fragen und Diagrammen<br />
dargestellt:<br />
6<br />
KulturFenster
Blasmusik<br />
Zeitraum: 1. Jänner – 15. August <strong>2020</strong><br />
11,5%<br />
Wie viele Hauptkonzerte (Fest-, Saal-, Jubiläumskonzert) wurden durchgeführt?<br />
(208 Antworten)<br />
88%<br />
0<br />
1<br />
2<br />
Wie viele andere Konzerte / Auftritte im Saal oder im Freien (Platzkonzerte, Konzerte<br />
mit Ensembles, Marschauftritte, … ) haben stattgefunden? (205 Antworten)<br />
47,3%<br />
0<br />
1-2<br />
3-4<br />
5 oder mehr<br />
40,5%<br />
28,9%<br />
23,4%<br />
Wie oft spielte die Musikkapelle oder Bläsergruppen öffentlich bei religiösen Anlässen?<br />
(197 Antworten)<br />
13,7%<br />
34% 40,5%<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Wie viele Gesamtproben wurden bisher abgehalten? (170 Antworten)<br />
54,1%<br />
0<br />
1-3<br />
4-6<br />
7 oder mehr<br />
21,8% 15,3%<br />
8,8%<br />
38,8%<br />
Wie viele Ensemble- bzw. Registerproben wurden bisher abgehalten? (178 Antworten)<br />
24,2%<br />
21,8%<br />
15,2%<br />
0<br />
1-3<br />
4-6<br />
7 oder mehr<br />
Konnte das geplante „Musigfest“ stattfinden? (208 Antworten)<br />
96,2<br />
Nein Ja, wie vorgesehen Ja, in einer anderen Form<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 7
Aus Verband und Bezirken<br />
Zeitraum: 16. August – 30. November <strong>2020</strong><br />
Die Umfrage enthielt auch eine Vorausschau<br />
der Musikkapellen auf die Monate<br />
2. Augusthälfte, September, <strong>Oktober</strong> und<br />
November. Die Antworten zu den gestellten<br />
Fragen beziehen sich wahrscheinlich<br />
auf die derzeitigen Umstände und Maßnahmen,<br />
welche – so wie in den Monaten<br />
vorher – wenig Spielraum zulassen.<br />
Zudem muss berücksichtigt werden, dass<br />
Konzerte und Auftritte im Freien aus klimatischen<br />
Gründen in verschiedenen Gegenden<br />
nicht mehr stattfinden können.<br />
17% der Kapellen wollen in dieser Zeit<br />
ein Hauptkonzert geben, aber 29% werden<br />
in dieser Zeit öffentlich weder ein Platzkonzert<br />
oder einen Marschauftritt noch ein<br />
Konzert mit Ensembles veranstalten. Ungefähr<br />
90% der Vereine wollen öffentliche<br />
religiöse Feiern mitgestalten und werden<br />
sich dabei wohl besonders auf Erntedankund<br />
Kirchtagsprozessionen bzw. auf das<br />
Musizieren auf den Friedhöfen um Allerheiligen<br />
beziehen. 6% der Musikkapellen<br />
können sich vorstellen, in dieser Zeit<br />
ihr „Musigfest“ mit den bestehenden Vorsichtsmaßnahmen<br />
abzuhalten.<br />
Alles in allem sehen wir, dass die Corona-Pandemie<br />
und die dazu beschlossenen<br />
Maßnahmen in der Tätigkeit der<br />
Kapellen eine sehr starke Einschränkung<br />
hervorgerufen haben. Zusammengefasst<br />
kann gesagt werden: In musikalischer<br />
Hinsicht teilweiser totaler Stillstand, ein<br />
sanftes Beginnen mit kleinen Gruppen<br />
ab Juni, wenige Möglichkeiten zum Proben<br />
und Auftreten mit der ganzen Kapelle;<br />
auf finanzieller Seite weitgehender<br />
Ausfall von wichtigen Einnahmen zur<br />
strukturellen Erhaltung des Vereines, da<br />
Hauptkonzerte und „Musigfeste“ abgesagt<br />
werden mussten.<br />
Und ein dritter Punkt muss auch noch<br />
ins Gespräch kommen: Bleiben unsere<br />
Vereine „vereint?“ Wollen Kinder und Jugendliche<br />
und auch Erwachsene weiterhin<br />
ein Instrument lernen und fi nden sie in<br />
den Musikkapellen jenen Platz zum Ausüben<br />
ihrer Tätigkeit? Spüren sie im Verein<br />
noch, dass Gemeinschaft und Miteinander<br />
etwas sehr, sehr Wertvolles, das<br />
unser Leben bereichert und verschönert,<br />
sind? Finden sie noch Motivation für ehrenamtliches<br />
Engagement und freiwillige<br />
Tätigkeit für das Gemeinwohl und die Gesellschaft?<br />
„Ich bitte in erster<br />
Linie alle Mitglieder,<br />
ihren Musikkapellen die<br />
„Stange zu halten“ und<br />
mit viel Engagement und<br />
gutem Willen zu helfen,<br />
dass diese schwierige Zeit<br />
sicher überbrückt werden<br />
kann.“<br />
Pepi Fauster<br />
Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives<br />
und Qualitätsvolles, das in den letzten<br />
Jahren mit viel Mühe aufgebaut worden<br />
ist, nun ins Wanken gerät, wenn sich<br />
nicht bald was ändert. Ich bitte deshalb<br />
in erster Linie alle Mitglieder, ihren Musikkapellen<br />
die „Stange zu halten“ und<br />
mit viel Engagement und gutem Willen zu<br />
helfen, dass diese schwierige Zeit sicher<br />
überbrückt werden kann. Und auch das<br />
Land Südtirol sollte den ehrenamtlichen<br />
Vereinen, darunter auch den Musikkapellen,<br />
mit einem Förderbeitrag für entfallene<br />
Einnahmen finanziell unter die Arme greifen,<br />
so wie es die österreichische Bundesregierung<br />
bei ihren auch macht. Unsere<br />
Musikkapellen brauchen eine konkrete finanzielle<br />
Hilfe und wohlwollende Maßnahmen,<br />
mit denen die Strukturen erhalten<br />
und das bisher Aufgebaute gut weitergeführt<br />
werden kann.<br />
Pepi Fauster, Verbandsobmann<br />
Auf dass sich die Lage wieder normalisiert und die Muikkapellen wieder<br />
gemeinsam auftreten können, wie hier im Bild die Musikkapelle Tschengls bei der<br />
Marschmusikbewertung in Latsch 2019.<br />
8<br />
KulturFenster
Die Leistungsabzeichen<br />
go digital<br />
Blasmusik<br />
20.01. - 28.12.<strong>2020</strong><br />
VSM-Motiviert und fit?<br />
Funktionärsausbildung<br />
<strong>2020</strong> (NFA)<br />
www.vsm.bz.it<br />
Die neue Form der Anmeldung zu den Prüfungen<br />
So sieht das neue Anmeldeformular aus.<br />
Die Leistungsabzeichen in Bronze, Silber<br />
oder sogar Gold bilden für viele Jugendliche<br />
und Erwachsene ein lohnendes Ziel,<br />
welches oft mit großem Einsatz und Aufwand<br />
für Lehrer und Prüfungsanwärter verbunden<br />
ist.<br />
Mit der Einführung des VSM Office vor<br />
vielen Jahren wurde die Anmeldung zu<br />
den Leistungsabzeichen bereits einmal<br />
revolutioniert. Erstmal gelang es die Daten<br />
der Kandidaten, Instrument und Musikkapelle<br />
einzutragen, welches eine Erleichterung<br />
für die Verwaltung bedeutete.<br />
Inzwischen sind wieder einige Jahre vergangen<br />
und der Zahn der Zeit hat auch<br />
an der Form der Anmeldungen genagt.<br />
Waren es bisher die Jugendleiter der Musikkapellen,<br />
sind es von nun an die Leh-<br />
renden selbst, welche die Anmeldungen<br />
über die Homepage des Verbandes Südtiroler<br />
Musikkapellen www.vsm.bz.it für ihre<br />
Anwärterinnen und Anwärter generieren.<br />
Mit dieser Form gibt es gleich mehrere<br />
Unterschiede zum früheren System:<br />
Die Lehrpersonen melden ihre Schüler<br />
direkt an. Sie müssen sich zunächst über<br />
die VSM-Homepage registrieren und er-<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 9
Aus Verband und Bezirken<br />
halten ein passwortgeschütztes Konto,<br />
welches sie alleine verwalten. Sie legen<br />
ihre betreffenden Schüler mit all den nötigen<br />
Daten an, wählen die Zugehörigkeit<br />
der Musikkapelle, die Leistungsstufe, den<br />
Ausbildungsort und den Prüfungsort aus.<br />
Weiters besteht die Möglichkeit das Programm<br />
in eigens programmierten Feldern<br />
einzutragen, in denen ein Zeitrechner mit<br />
Mindest- und Maximalzeit implementiert<br />
ist, laut Ausschreibungen in den einzelnen<br />
Instrumenten.<br />
Auch Klavier- oder CD-Begleitung, sowie<br />
Spielpartner können eingegeben werden.<br />
All diese wichtigen Parameter konnten<br />
mit dem alten Anmeldesystem über<br />
das VSM Office nicht erhoben werden,<br />
was die Organisatoren bzw. Jugendleiter,<br />
in der Einteilung vor teils größere Probleme<br />
stellte.<br />
Durch die neue Anmeldeform erhalten<br />
nicht nur Erziehungsberechtigte der Teilnehmenden<br />
per Mail die Anmeldebestätigung<br />
der betroffenen Musikkapelle, sondern<br />
auch der VSM selbst.<br />
Alle zum Verband zugehörigen Musikkapellen<br />
Südtirols erhalten zudem eine offizielle<br />
Emailadresse, an welcher in Zukunft jegliche<br />
offizielle Korrespondenz mit dem Verbandsbüro<br />
abgewickelt wird. Diese kann<br />
von mehreren Personen im Vorstand eingerichtet<br />
werden und garantiert somit eine<br />
aufrechte Verbindung zum Verband.<br />
Erstmalig eingeführt wird das neue System<br />
im September <strong>2020</strong>. Die händische Anmeldung<br />
über das VSM Office entfällt, es wird<br />
Absenden<br />
Mit dem Absenden des<br />
Formulares erfolgt die<br />
Anmeldung.<br />
Zu spät eingereichte<br />
Anfragen können leider nicht<br />
bearbeitet werden, da nach<br />
Ablauf der Frist das Portal<br />
inaktiv ist.<br />
Homepage<br />
VSM /<br />
Jugend<br />
•Achtung:<br />
Anmeldeschluss einhalten!<br />
Johann Finatzer –Verbandsjugendleiter<br />
johann.finatzer@vsm.bz.it<br />
www.vsm.bz.it<br />
gebeten die Anmeldefristen des neuen Portals<br />
einzuhalten, Nachmeldungen sind ab<br />
nun nicht mehr möglich. Konzept, Idee und<br />
Ausarbeitung stammen von Verbandsjugend-<br />
Leistungsabzeichen Anmeldung<br />
goes digital<br />
www.vsm.bz.it<br />
leiter Hans Finatzer, die Programmierung<br />
erledigte die Firma Effekt! aus Neumarkt.<br />
Hans Finatzer<br />
Verbandsjugendleiter<br />
KulturFenster<br />
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol<br />
Redaktion KulturFenster<br />
Redaktionsschluss für die nächste<br />
Ausgabe des KulturFensters<br />
ist Freitag, 13. November <strong>2020</strong>.<br />
Bitte Termin genau beachten!<br />
10<br />
KulturFenster
Kritisch hingehört<br />
Blasmusik<br />
KonzertKino in Naturns<br />
Ensembles der MK Naturns überlisten Corona mit Technik<br />
Am 10. und 11. September <strong>2020</strong> lud die Musikkapelle<br />
Naturns zu einem ganz besonderen<br />
Konzertabend in die Freilichtbühne<br />
von Naturns ein.<br />
Präsentiert wurde das Ergebnis eines<br />
Projektes, welches aufgrund der Corona-<br />
Pandemie entstand. Kapellmeister Dietmar<br />
Rainer und Obmann Andreas Pircher<br />
reagierten im Frühjahr sofort und schufen<br />
Alternativmöglichkeiten, um den Hygienerichtlinien<br />
zu entsprechen. Sogleich wurde<br />
die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein<br />
gesucht, um ein sinnvolles Projekt<br />
für eine interessante musikalische Herausforderung<br />
und gleichzeitige Werbung für<br />
die Tourismusgemeinde Naturns zu starten.<br />
Nach der Probentätigkeit in kleinen<br />
Gruppen konnten Anfang August die geplanten<br />
Ton- und Videoaufnahmen erfolgen.<br />
Besondere Orte in und um Naturns<br />
dienten als Kulisse für die insgesamt 14<br />
entstandenen Videos. So erklang in der<br />
bekannten Burganlage Juval von Reinhold<br />
Messner Pachelbels „Festliche Intrada“,<br />
gespielt vom gemischten Blechensemble<br />
der Musikkapelle. Die moderne Nummer<br />
„Let’s get it on“ von Maceo Parker wurde<br />
vom Saxophonensemble und Band im Innenhof<br />
der Musikschule zum Leben erweckt.<br />
Schneidige Buabm und fesche Madln<br />
sorgten bei den Almen des Naturnser<br />
Nörderbergs mit der „Garten Polka“ von<br />
Ernst Mosch für die musikalische Vielfalt,<br />
die dieses Musikprojekt ausmacht.<br />
Das tiefe Blechensemble ließ inmitten<br />
der Weingärten am Sonnenberg im traditionellen<br />
Kurzbairischen die Volkswaise<br />
„Wohlauf noch getrunken den funkelnden<br />
Wein“ erklingen. Mit dem Stück „Clapping<br />
Music“ wurde der Musikbalkon am Sonnenberg<br />
von einem Schlagzeugensemble<br />
eingeweiht. Den Plauser Kirchplatz, umrahmt<br />
von der alten Pfarrkirche St. Ulrich<br />
und der neuen Wallfahrtskirche zur Hl. Monika,<br />
brachten drei Solisten der Kapelle,<br />
begleitet von einem Holzbläserensemble,<br />
zum Klingen. Als Treffpunkt des Saxophonensembles<br />
diente u.a. die bäuerliche<br />
Kulturlandschaft der Tschirlander Haide,<br />
welche mit dem „Tango dèl Choclo“ von<br />
Angel Villoldo bespielt wurde.<br />
Die Musikkapelle Naturns freut sich den<br />
Erfolg dieses umfassenden Projekts, das<br />
allen Beteiligten viel Freude und Abwechslung<br />
bereitete, nun auch online präsentieren<br />
zu können. Die insgesamt 14 Videos<br />
sind auf der Homepage www.musikkapellenaturns.it<br />
, der Facebook-Seite der Musikkapelle<br />
Naturns oder unter dem abgebildeten<br />
QR-Code zu fi nden.<br />
Julia Wellenzohn<br />
Die Technik macht’s möglich: Für zwei Konzertabende in Naturns wurden 14 Videos, die auch online zu sehen sind, mit<br />
verschiedenen Ensembles gedreht.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 11
Die Jugendseite<br />
Die Michaeler Juka<br />
stellt sich vor<br />
Die Jugendkapelle der<br />
BK St. Michael Eppan<br />
mit tollen<br />
Angeboten für Kinder<br />
und Jugendliche<br />
Unser musikalisches Jahr<br />
Ein etwas anderes Jugendlager<br />
Bühne frei für Klarinaction!<br />
Die Michaeler Juka wird von einem vierköpfigen<br />
Jugendteam geleitet. Gemeinsam<br />
werden Konzerte und Projekte organisiert<br />
und so ein bunt gemischtes<br />
Programm für unsere Jungmusikanten<br />
zusammengestellt. Im Vordergrund steht<br />
dabei immer auch der Kontakt zu den<br />
Musikanten der Musikkapelle und zu<br />
anderen Jugendkapellen.<br />
Im Frühjahr und im Herbst wird immer<br />
fl eißig auf ein Konzert hin geprobt.<br />
Dabei werden unterschiedliche Themen<br />
oder Kulissen ausgewählt. Besonders<br />
spannend wird das Projekt, wenn<br />
wir uns mit einer anderen Jugendkapelle<br />
gemeinsam darauf vorbereiten.<br />
Der Höhepunkt des Musikjahres ist<br />
unser mehrtägiges Jugendlager, welches<br />
im Sommer stattfindet. Neben den gemeinsamen<br />
Proben kommt dabei der<br />
Spaß nie zu kurz.<br />
Abseits der Proben und Projekte stehen<br />
wir immer in Kontakt zu den Lehrern<br />
der Musikschule und versuchen Jahr für<br />
Jahr neue Musikanten für unsere Jugendkapelle<br />
zu begeistern.<br />
Aufgrund der unsicheren Situation im<br />
heurigen Sommer musste das Jugendlager<br />
vorerst abgesagt werden. Es war uns<br />
ein großes Anliegen, den Kontakt zu unseren<br />
Jungmusikanten trotzdem aufrecht<br />
zu erhalten. Aus diesem Grund haben wir<br />
eine Zeitschrift erstellt mit vielen Erinnerungen,<br />
Fotos, Geschichten, Rätseln und<br />
auch einigen Musikstücken zum Ausprobieren;<br />
diese haben wir an unsere Jungmusikanten<br />
geschickt.<br />
Die Lage entspannte sich glücklicherweise,<br />
sodass wir Ende August doch noch<br />
zwei tolle Jugendtage ohne Übernachtung<br />
auf die Beine stellen konnten! Das Einhalten<br />
aller Regeln stellte für uns eine große<br />
Herausforderung dar.<br />
Trotzdem konnten wir wieder gemeinsam<br />
musizieren und Spaß haben. Beim<br />
Werwolf-spielen und beim Freilichtkino genossen<br />
wir unser Beisammensein.<br />
Dank großer Unterstützung unserer Musikanten<br />
wurden die Jugendtage ein großer<br />
Erfolg und wir hoffen, dass unsere Jungmusikanten<br />
mit viel Freude und Motivation<br />
in das bevorstehende Musikjahr starten.<br />
Mit viel Kreativität und Einsatz startete die<br />
Bürgerkapelle St. Michael Eppan im Herbst<br />
2019 das Projekt Klarinaction. Das Klarinettenregister<br />
spielt in jeder Musikkapelle<br />
eine tragende Rolle. Um der begrenzten<br />
Anzahl an Plätzen für Klarinettenunterricht<br />
in der Musikschule entgegenzuwirken,<br />
entschied die Bürgerkapelle, eine eigene,<br />
besondere Klarinettenklasse zu gründen.<br />
Klarinaction steht für eine Klarinettenklasse,<br />
bei der gemeinsames Musizieren<br />
und Lernen im Mittelpunkt stehen. Workshops,<br />
unter anderem zum Thema Rhythmus<br />
und Atmung, sorgten für Abwechslung<br />
zum Unterricht in Kleingruppen.<br />
Bereits zu Weihnachten spielten alle 12<br />
Schüler ein gemeinsames Konzert – nach<br />
nur zwei Monaten Unterricht! Die gemeinsamen<br />
Proben und Workshops bereiteten<br />
den Schülern und Lehrpersonen unglaublich<br />
viel Spaß.<br />
Die Begeisterung für das Instrument<br />
weckten die Lehrpersonen durch Schnupperkurse<br />
in den dritten und vierten Klassen<br />
der Grundschule von St. Michael.<br />
Durch verschiedene Spiele konnten die<br />
12<br />
KulturFenster
Blasmusik<br />
Kinder nicht nur die Klarinette, sondern<br />
ganz verschiedene Aspekte der Musik im<br />
Allgemeinen kennenlernen: Welche Emotionen<br />
verbinden wir mit welcher Musik?<br />
Was ist “Rhythmus”, wie entsteht er und<br />
wofür brauchen wir ihn?<br />
Die Schülerinnen und Schüler von Klarinaction<br />
haben in ihrem ersten Unterrichtsjahr<br />
durch Fleiß und Ausdauer schnell<br />
große Fortschritte machen können und<br />
im Laufe der Monate immer mehr Leidenschaft<br />
und Freude an der Musik entwickelt.<br />
Die Bürgerkapelle St. Michael Eppan sieht<br />
Klarinaction als langfristiges Projekt und<br />
hofft, dadurch schon bald neue Klarinettistinnen<br />
und Klarinettisten in den Reihen<br />
der Kapelle begrüßen zu dürfen.<br />
Michaeler Juka – Koordination<br />
Verbandsjugendleiter Hans Finatzer<br />
Steckbrief<br />
Name: Michaeler Juka<br />
Musikkapelle: Bürgerkapelle St. Michael Eppan<br />
Jugendteam: Kathrin, Kathrin, Katharina und Jakob<br />
Jungmusikanten: ca. 25 Kinder und Jugendliche<br />
Zwei musikalische Brüder im Portrait<br />
Matthias Spitaler<br />
Lorenz<br />
Mein Name: Matthias Spitaler<br />
Alter: 10 Jahre<br />
Ich spiele: Euphonium<br />
Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Freude macht.<br />
In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik<br />
Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir viel Spaß haben.<br />
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Mein Euphonium, Mami<br />
und Tati.<br />
Wenn ich einen Wunsch frei hätte…würde ich gerne einmal bei der Böhmischen spielen.<br />
Lorenz Spitaler<br />
Matthias<br />
Mein Name: Lorenz Spitaler<br />
Alter: 12 Jahre<br />
Ich spiele: Schlagzeug<br />
Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Spaß macht.<br />
In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik<br />
Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir immer ein gutes Konzert abliefern.<br />
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Juka, Schlagzeug und mein<br />
Bayern-München-Trikot.<br />
Wenn ich einen Wunsch frei hätte… würde ich gerne einmal bei der großen Musig spielen.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 13
Zur Person<br />
Norbert Rabanser und der<br />
„Lieblingstrommler Marsch“<br />
Ein musikalischer Tausendsassa in Lederhose oder Frack<br />
Wer Norbert Rabanser nur in grüner Weste und Lederhose kennt, wird kaum glauben,<br />
dass ihn unter anderem Musik von James Last über Toto und Van Halen bis Bruckner,<br />
Strauss und Strawinsky prägte. Glücklicherweise wurden im musikalischen Elternhaus<br />
auch Avsenik und Mosch gehört. Denn ohne diese frühen traditionellen Inputs hätte die<br />
Blasmusikszene womöglich einen grandiosen Schlagzeuger weniger – und uns wäre<br />
der „Lieblingstrommler“ als Legende entgangen.<br />
Norbert Rabanser ist die Ruhe selbst. Das<br />
wird jeder bestätigen, der sich am Rande<br />
eines Konzerts schon einmal mit ihm unterhalten<br />
hat. Paradox daran ist, dass<br />
der mentale Ruhepol der „Innsbrucker<br />
Böhmischen“ gleichzeig der ist, der seine<br />
sechs Kollegen am Blechgebläse mit stets<br />
gewetzten Sticks vor sich hertreibt – oder<br />
gar „herpeitscht“, wie es einmal ein Zuhörer<br />
drastisch formulierte. Dass der versierte<br />
Drummer abseits der Bühne diese<br />
unglaubliche Ruhe ausstrahlt, liegt vermutlich<br />
daran, dass er niemandem mehr etwas<br />
beweisen muss. Rabanser, der am 4. Mai<br />
seinen 50. Geburtstag feierte, spielte schon<br />
mit den besten Orchestern, Dirigenten und<br />
Solisten auf den berühmtesten Bühnen der<br />
Welt. An so eine Karriere glaubte der Südtiroler<br />
selbst wohl am allerwenigsten, als er<br />
im Alter von 13 Jahren zur Musikkapelle<br />
Klausen kam. Rabanser blickt schmunzelnd<br />
zurück: „Alles war mir zu groß – die<br />
Tracht, der Gurt der Kleinen Trommel und<br />
die Schritte des 1,90 Meter großen Stabführers.<br />
Beim Marschieren stolperte ich<br />
mit der Trommel in der Hand hinter der<br />
Kapelle her, ohne auch nur einen einzigen<br />
Schlag aufs Fell gebracht zu haben. „Ich<br />
habe eigentlich immer an mir und mei-<br />
Norbert Rabanser wurde 1970 in Barbian geboren und studierte am Tiroler<br />
Landeskonservatorium in Innsbruck sowie am Drummers Collective in New<br />
York. Von 1989 bis 1999 war er 2. Schlagzeuger/Pauker im Tiroler Symphonieorchester<br />
Innsbruck, seit 1992 unterrichtet er am Tiroler Landeskonservatorium<br />
und am Mozarteum Salzburg. Er spielte u. a. schon mit<br />
den Münchner Philharmonikern, dem Opern- und dem Tonhalleorchester<br />
Zürich, dem Gewandhausorchester Leipzig, den Bamberger Sinfonikern,<br />
dem Konzerthausorchester Berlin, dem Philharmonia Orchestra<br />
London, den Wiener Philharmonikern unter Leitung von John<br />
Williams sowie mit dem BR- und dem HR-Sinfonieorchester. Solokonzerte<br />
spielte er mit dem New Zealand Symphony Orchestra und Evely<br />
Glennie. 2008 begleitete er Semino Rossi auf dessen Europatournee.<br />
1992 gründete er das Studioprojekt „Die Innsbrucker“, das mit experimentellen<br />
und hochkarätigen Kompositionen im Oberkrainer-Stil Furore<br />
machte. Aus dieser Besetzung ging später „Die Innsbrucker Böhmische“<br />
hervor, die demnächst ihre 14. CD vorstellen wird.<br />
Als Komponist widmet sich Rabanser nicht nur der traditionellen Blasmusik.<br />
Er schrieb u. a. den offiziellen Song für die Telecomgesellschaft Wateen sowie<br />
die Hymne für das 7-Sterne-Hotel Bursh al Arab in Dubai. Auftragswerke schrieb<br />
er u. a. für Symphonic Winds, das Symphonische Blasorchester Ried sowie für die<br />
Musikkapellen von Algund, Terlan, Leifers und Scheffau. 2016/17 war er Gastprofessor<br />
an der KunstUni Graz. Norbert Rabanser moderiert und gibt Meisterkurse sowie<br />
Workshops im ganzen deutschsprachigen Raum. Seit 2012 ist er Radiomoderator<br />
bei RAI Südtirol. Er dirigiert zudem seit zehn Jahren die Bürgerkapelle Tramin.<br />
14<br />
KulturFenster
Blasmusik<br />
nen Fähigkeiten gezweifelt.“ Dementsprechend<br />
verbrachte der junge Schlagzeuger<br />
auch viel Zeit beim Üben an seinem alten<br />
„Hollywood“-Set, ohne Becken, betont er.<br />
Am liebsten probte Rabanser nach Gehör<br />
zur Kassette „Polkaparty mit James Last“.<br />
Mit 15 Jahren spielte er dann schon drei<br />
Mal in der Woche mit seiner ersten Oberkrainerband<br />
in einem regionalen Tanzlokal,<br />
wo man sich regelmäßig mit den aufstrebenden<br />
„Kastelruther Spatzen“ abwechselte.<br />
Je nach Bedarf spielte Rabanser<br />
Trompete, Bariton<br />
oder er übernahm<br />
eben Schlagzeug<br />
und Gesang.<br />
Norbert Rabanser<br />
Norbert Rabanser<br />
hatte durch<br />
bei seinem<br />
„Lieblingstrommlermarsch"<br />
seinen Vater auch<br />
- Auftritt mit Bob Ross<br />
schon früh Kontakt<br />
und „Blechschaden“ im<br />
zur Musik von „Ernst<br />
Frühjahr 2018 in Bremen<br />
Mosch und seinen<br />
(Foto: Georg Preisinger)<br />
Original Egerländer<br />
Musikanten“.<br />
Eines seiner frühesten<br />
Mosch-Erlebnisse<br />
ist sogar<br />
so lange her, dass<br />
er sich selbst nicht<br />
mehr daran erinnern<br />
kann. Rabanser<br />
wuchs in einem<br />
Gasthaus auf, war<br />
stets von vielen Gästen<br />
umgeben. Vielleicht schon damals<br />
einem intuitiven Drang folgend, nutzte er<br />
den vollbesetzten Speisesaal im Gasthaus<br />
als seine Bühne, als er eines Tages die<br />
Mosch-LPs seines Vaters entdeckte, eine<br />
davon auflegte und die Hausanlage aufdrehte.<br />
Aus den Lautsprechern dröhnte<br />
der „Wittmann Franz“, der kleine Norbert<br />
griff sich die Trompete des Vaters und marschierte<br />
trötend und singend quer durch<br />
den Speisesaal. „Das haben mir viele Gäste<br />
noch Jahre später erzählt“, so Rabanser<br />
lachend.<br />
Lieblingstrommler Marsch<br />
Freilich wäre diese Anekdote aus Kindertagen<br />
schon legendär genug, jedoch markiert<br />
sie nur den Beginn seiner Musikkarriere.<br />
Und in den mittlerweile über 30 Profi-Jahren<br />
war es natürlich ein anderes Stück, das<br />
ihn als Schlagzeuger stets begleitete. Den<br />
„Lieblingstrommler Marsch“ von Franz Bummerl<br />
nämlich entdeckte Rabanser ebenfalls<br />
in der väterlichen Schallplattensammlung,<br />
auf dem Live-Album „Ein Abend mit Ernst<br />
Mosch“ von 1972. Gebannt lauschte er der<br />
Darbietung von Ferry Tagscherer, der seinerzeit<br />
wohl vielen ambitionierten Schlagzeugern<br />
als Vorbild diente. Noch 30 Jahre<br />
später, in der Gründungs- und Findungsphase<br />
der „Innsbrucker Böhmischen“, war<br />
Rabanser fasziniert von der Energie des legendären<br />
„Egerländer“-Schlagzeugers. Und<br />
so fand dieses Solo natürlich auch seinen<br />
Weg ins Live-Repertoire der „Innsbrucker<br />
Böhmischen“. „Dafür musste ich mir aber<br />
etwas überlegen“, gesteht Rabanser, „nachspielen<br />
ist ja okay – ich wollte aber eine eigene<br />
Version machen.“ Seit wann genau<br />
er beim „Lieblingstrommler“ einen seiner<br />
Sticks zu Boden spickt, sodass dieser wieder<br />
hochspringt, er ihn fängt und weiterspielt,<br />
weiß er selbst nicht genau. Gesehen<br />
habe er den Trick jedenfalls schon als<br />
13-Jähriger im Skigebiet Gröden in Südtirol<br />
bei einer Profiband aus Taiwan. „Als ich<br />
dann einmal eine Zeit lang krank war und<br />
daheimbleiben musste, hab ich das probiert.<br />
Und mittlerweile gehört es dazu, obwohl<br />
ich sonst eigentlich nicht so ein Show-<br />
Clown bin. Aber den Leuten gefällt es halt.“<br />
Nun ist das Solospielen die eine Sache,<br />
die für einen Profi wie Norbert Rabanser<br />
heute nicht mehr die große Schwierigkeit<br />
darstellt. Ersatz-Sticks für den Fall der Fälle<br />
hat er trotzdem bei jeder Aufführung des<br />
„Lieblingstrommler Marsches“ in seiner<br />
Gesäßtasche. Denn da ist eben auch noch<br />
die andere Sache: „Es ist wie beim Zirkus.<br />
Wenn ein Kunststück nicht gleich funktioniert,<br />
musst du es eben so lange wiederholen,<br />
bis es klappt.“ Es komme schon mal<br />
vor, dass ihm ein Stick verspringt, oder er<br />
sechs bis sieben Versuche braucht, bis es<br />
klappt – „das hängt meist von der Bodenbeschaffenheit<br />
ab“, erklärt der Solist. Und<br />
auch den Albtraum eines jeden Solotrommlers<br />
erlebte Rabanser schon, als alle Scheinwerfer<br />
auf ihn gerichtet waren und er beim<br />
„Lieblingstrommler“ das Fell seiner Kleinen<br />
Trommel durchschlug.<br />
Doch nicht nur an solche<br />
Situationen erinnert<br />
sich der Solist, sondern<br />
auch an eine Referenz-<br />
Aufführung in Schladming<br />
in der Steiermark. Dort<br />
verortet Norbert Rabanser<br />
den für sich „höchsten<br />
Stocksprung“, an den er<br />
sich erinnern kann. Beim<br />
Konzert der „Innsbrucker<br />
Böhmischen“ am Fuße<br />
des Dachsteins ließ er seinen<br />
Stick von einer ungewöhnlich<br />
hohen Bühne<br />
fliegen: „Aus zirka dreieinhalb<br />
Metern Höhe –<br />
vom Boden wieder in die<br />
Hand.“, freut sich Rabanser<br />
noch heute, „Absoluter<br />
Rekord!“.<br />
Als legendär gilt auch<br />
die folgende Anekdote: Im Frühjahr 2018<br />
sprang Norbert Rabanser beim Konzert<br />
der Gruppe „Blechschaden“ in Bremen<br />
kurzfristig für den erkrankten Arnold Riedhammer<br />
ein. Rabanser fl og in die Hansestadt,<br />
schaute sich die Noten an und ging<br />
ohne Probe auf die Bühne des altehrwürdigen<br />
Konzerthauses Glocke. Und obwohl<br />
er sicherlich schon mit dem offiziellen Programm<br />
gut zu tun hatte, ließ er sich den<br />
Spaß nicht nehmen, auch mit „Blechschaden“<br />
den „Lieblingstrommler Marsch“ aufzuführen.<br />
Vermutlich ist es in so einer Situation,<br />
in der manch anderer ziemlich ins<br />
Schwitzen kommen würde, sehr hilfreich,<br />
wenn man die Ruhe selbst ist…<br />
Christian Mayr<br />
Dieser Artikel erschien in der Mai/Juni-Ausgabe<br />
<strong>2020</strong> der Zeitschrift „Mucke – Magazin<br />
für böhmische und mährische Blasmusik“.<br />
www.mucke-magazin.de;<br />
www.facebook.com/mucke.magazin;<br />
www.instagram.com/mucke_magazin<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 15
Ars Nova<br />
„Muss es immer etwas<br />
Neues sein?“<br />
Kapellmeister Dietmar Rainer hat die Adventskantate „Ihr lieben Christen, freut<br />
euch nun“ von Dietrich Buxtehude für Blasorchester bearbeitet.<br />
Dirigenten sind ständig auf der Suche nach<br />
guter und neuer Literatur für Blasorchester.<br />
Aber müssen es immer und zwingend neu<br />
komponierte Werke sein? Oder können wir<br />
den schier unerschöpflichen Fundus bestehender<br />
Kompositionen noch besser nutzen?<br />
Der Anlass<br />
Auf der Suche nach einem festlichen Stück<br />
für den Advent stieß ich auf die Adventskantate<br />
„Ihr lieben Christen, freut euch nun“<br />
von Dietrich Buxtehude. Die Auswahl an<br />
weihnachtlicher Literatur ist bekanntlich<br />
sehr groß, jedoch Musik mit adventlichem<br />
Inhalt im Vergleich dazu dünn gesät. Von<br />
der vorliegenden Kantate – im Original für<br />
5 Singstimmen, Streicher, 8 Blechbläser<br />
(!) und Orgel - gab es erstaunlicherweise<br />
bis dato noch keine Bearbeitung für Blasorchester.<br />
Es schien mir also notwendig,<br />
ein Arrangement anzufertigen.<br />
Die ausgewählten Sätze<br />
Da sich nicht alle Teile für das Blasorchester<br />
eignen, habe ich die Sätze Sinfonia -<br />
Choral - Duett - Chor zu einer stimmigen<br />
kleinen Suite zusammengestellt.<br />
Mit der Sinfonia wird das Werk durch<br />
eine festliche Fanfare eröffnet. Der Choral<br />
- im Original ein schlichter Cantus firmus<br />
im Sopran - wird kontrapunktisch untermalt<br />
und vom Continuo gestützt. Das anschließende<br />
zarte Duett für Sopran I & II<br />
wird von zwei Posaunen umspielt. Den<br />
Schlusschor präsentiert der fünfstimmige<br />
Chor mit dem kompletten Orchester in barocker<br />
feierlicher Manier.<br />
Von D nach C-Dur<br />
Wie die meisten festlichen Barockstücke<br />
steht auch die vorliegende Adventskantate<br />
in D-Dur. Eine Tonart, welche für ein Blasorchester<br />
viele Probleme mit sich bringt. Abgesehen<br />
von den grifftechnischen Schwierigkeiten<br />
wird sie für die Blechbläser meist<br />
etwas hoch und bringt sehr viele Intonationsprobleme<br />
mit sich. So müssten beispielsweise<br />
die Saxophone in H-Dur spielen,<br />
was abgesehen von der technischen<br />
Herausforderung auch für sehr gut ausgebildete<br />
Amateurmusiker schwierig zu<br />
intonieren ist.<br />
Also habe ich mich entschieden, das<br />
Werk um einen Ganzton tiefer, also nach<br />
C-Dur zu transponieren. Eine Tonart, die im<br />
Blasorchester durchaus strahlend klingt.<br />
Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die<br />
Tendenz international dahin geht, Bearbeitungen<br />
grundsätzlich in der Originaltonart<br />
zu belassen. Aus musiktheoretischer und<br />
musikhistorischer Sicht ist das durchaus<br />
©daniela-brugger<br />
„Meine Gabe ist es, das Wesen von Musik zu erfassen und sie in neue Gewänder<br />
zu kleiden: in Arrangements, die für Ihr Ensemble maßgeschneidert sind. Für<br />
Ihr kammermusikalisches Quartett, für ein Blasorchester, einen Chor und für<br />
alle anderen Formationen. Ich arrangiere, instrumentiere, transkribiere Musik<br />
für neue Besetzungen.“<br />
Dietmar Rainer<br />
16<br />
KulturFenster
Piccolo<br />
Flöte 1<br />
Flöte 2<br />
Oboe 1<br />
Oboe 2<br />
Fagott 1<br />
Fagott 2<br />
Klarinette in Es<br />
Klarinette in B1<br />
Klarinette in B2<br />
Klarinette in B3<br />
Bassklarinette in B<br />
Altsaxophon 1<br />
Altsaxophon 2<br />
Tenorsaxophon<br />
Baritonsaxophon<br />
Trompete in B1<br />
Trompete in B2<br />
Trompete in B3<br />
Horn in F1<br />
Horn in F2<br />
Horn in F3<br />
Posaune 1<br />
Posaune 2<br />
Posaune 3<br />
Euphonium<br />
Tuba<br />
Violoncello<br />
Kontrabass<br />
Pauken<br />
Duration 5.00 min<br />
q =96<br />
ff<br />
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q =96<br />
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ff<br />
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ff<br />
mf<br />
mf<br />
mf<br />
mf<br />
f<br />
nachvollziehbar, für die Praxis der meisten<br />
Amateurblasorchester ist damit jedoch<br />
kaum ein befriedigendes Ergebnis<br />
zu erreichen.<br />
Instrumentation<br />
Aufgrund der relativ üppigen Besetzung des<br />
Originals lässt sich das Werk gut auf die<br />
Instrumente des Blasorchesters übertragen.<br />
Für die bei Baton Music erschienene<br />
Ausgabe war eine internationale Standardbesetzung<br />
erforderlich: zum kompletten<br />
Holzsatz weiters 3 Trompeten, 3 Hörner,<br />
3 Posaunen, 1 Euphonium, 1 Tuba, Cello<br />
und Kontrabass. Im ersten und vierten Satz<br />
habe ich mir erlaubt, 2 Pauken hinzuzufügen.<br />
Die hohen Trompetenstellen (Piccolo)<br />
übernimmt vielfach das hohe Holz.<br />
Für die Aufführung der Musikkapelle<br />
Naturns habe ich das Arrangement an die<br />
Bedürfnisse der Kapelle angepasst, also 2<br />
Flügelhornstimmen und eine Tenorhornstimme<br />
hinzugefügt und die 1. Piccolotrompete<br />
des Originals übernommen.<br />
Stephan Niederegger<br />
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IHR LIEBEN CHRISTEN, FREUTEUCHNUN<br />
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Suite aus der Adventskantate BuxWV51<br />
Komp.: Dietrich Buxtehude<br />
Arr.: Dietmar Rainer<br />
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06-07.11.<strong>2020</strong><br />
Blasmusik<br />
7. Südtiroler<br />
Dirigentenwerkstatt<br />
www.vsm.bz.it<br />
Zur Person:<br />
geboren am 23.11.1973<br />
Ausbildung<br />
• Instrumentalpädagogik und Trompete an der Universität Mozarteum Salzburg (A)<br />
bei Gottfried Menth<br />
• Trompete an der Anton-Bruckner Privatuniversität in Linz (A) bei Josef Eidenberger<br />
• Privatunterricht bei Wolfgang Guggenberger und Bo Nilsson<br />
• Blasorchesterleitung und Instrumentation am Istituto Europeo Bandistico (ISEB)<br />
in Trento (I) bei Jan Cober, Felix Hauswirth, Alex Schillings, Josè Pasqual Vilaplana<br />
und Carlo Pirola<br />
• Masterstudium in Wind Band Conducting an der Music Academy in Maastricht<br />
(NL) bei Jan Cober<br />
Lehrtätigkeit:<br />
• Musikum Salzburg (A)<br />
• Musikschule Berchtesgadener Land (D)<br />
• Chulalongkorn University Bangkok, Thailand<br />
• Musikschule der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol<br />
• Mittelschule mit musikalischer Ausrichtung in Schlanders<br />
(Fächer: Musiktheorie, Trompete, Chor, Ensemble, Orchester, Dirigieren)<br />
Dirigent: Musikkapelle und Kirchenchor Schnals, Musikkapelle Naturns, verschiedene Musiktheater-Projekte, Schulchor Schlanders,<br />
Mitglied der Fachgruppe Musik im Verband Südtiroler Musikkapellen, Verantwortlich für die Dirigentenausbildung<br />
im VSM-Bezirk Schlanders<br />
www.toccata.info<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 17
Blasmusik International<br />
Der Posaunist Peter Steiner und<br />
die Herausforderungen der Pandemie<br />
Erfahrungen eines international erfolgreichen Musikers<br />
Peter Steiner ist ein international anerkannter<br />
Solist und Orchestermusiker an der Posaune.<br />
2019 zählte er zu den Preisträgern des XVI.<br />
Internationalen Tschaikowsky Wettbewerbs<br />
in Russland.<br />
In der Spielzeit <strong>2020</strong>/2021 zählen Auftritte<br />
als Solist mit dem Orquestra Sinfônica<br />
do Estado de São Paulo, Kyusyu Symphony<br />
Orchestra, Orquestra Sinfônica Brasileira,<br />
Central Ohio Symphony sowie die Konzerte<br />
mit Constanze Hochwartner (Klavier/Orgel),<br />
unter anderem im Konzerthaus Berlin, zu<br />
den Höhepunkten. Weitere Konzertreisen<br />
werden die beiden Musiker nach China, Japan,<br />
Taiwan, Südkorea, Brasilien, Argentinien,<br />
Norwegen, Schweden, Dänemark, Italien,<br />
Deutschland, Österreich, sowie in die<br />
Schweiz und die USA bringen.<br />
Im Alter von 23 Jahren, in der Saison<br />
2016/2017, hatte Peter Steiner ein einjähriges<br />
Engagement an der Wiener Staatsoper<br />
und mit dem Orchester der Wiener Philharmoniker.<br />
Weitere Engagements als Soloposaunist<br />
führten Peter Steiner in der Saison<br />
2014/2015 zum Colorado Symphony Orchestra<br />
und als Gast – Soloposaunist zum<br />
New York Philharmonic Orchestra, Seattle<br />
Symphony Orchestra, Dallas Symphony Orchestra,<br />
BBC Scottish Symphony Orchestra,<br />
den Münchner Philharmonikern und<br />
der Staatskapelle Dresden.<br />
Bereits im Alter von sechs Jahren begann<br />
Peter Steiner seine musikalische Ausbildung<br />
und mit zehn Jahren erwarb er erste Preise<br />
beim österreichischen Jugendmusikwettbewerb<br />
„prima la musica“ auf Landes- und<br />
Bundesebene. Im Jahre 2009 schloss der<br />
damals erst 17-Jährige das Konservatorium<br />
„Claudio Monteverdi“ Bozen im Fach Posaune<br />
mit der Höchstnote bei den Professoren<br />
Ferrari, Parodi und Fontana ab. Danach<br />
setzte er sein Studium bei Univ. Prof.<br />
Dany Bonvin an der Universität für Musik<br />
„Mozarteum“ in Salzburg fort. Ab 2012 war<br />
Peter Steiner in der Klasse von Prof. Joseph<br />
Alessi an der „Juilliard School” und schloss<br />
im Frühjahr 2016 erfolgreich sein Studium<br />
ab. Zu seinen musikalischen Mentoren zählen<br />
u.a. auch Warren Deck und Nitzan Haroz.<br />
Peter Steiner ist Gewinner des Zweiten<br />
Preises beim Internationalen Wettbewerbs<br />
SliderAsia in Hongkong 2015 und als erster<br />
Posaunist überhaupt Preisträger dreier Solowettbewerbe<br />
der „International Trombone<br />
Association ITA“ innerhalb eines Jahres<br />
(2014): Lewis van Haney - Tenor Trombone<br />
Orchestral Excerpt Competition, Frank Smith<br />
- Tenor Trombone Competition und Robert<br />
Marsteller - Tenor Trombone Competition.<br />
Seine Solo-Debüt-CD UNITED erschien<br />
im Januar 2017 unter dem HELLO STAGE<br />
Label. Sein zweites Album SAPPHIRE, in<br />
Zusammenarbeit mit Constanze Hochwartner,<br />
wurde im Juli 2019 unter dem Berlin<br />
Classics Label veröffentlicht.<br />
Peter Steiner ist als (Solo)Posaunist global tätig,<br />
jedoch hat er auch den Lockdown<br />
positiv genutzt.<br />
Mit Peter Steiner wurde folgendes Interview<br />
geführt:<br />
Wie ist die Welt eines Peter Steiner in Coronazeiten<br />
?<br />
Bei mir läuft alles gleich weiter, außer dass<br />
momentan keine Konzerte stattfinden. Viel<br />
Online-Unterricht und Meisterkurse beschäftigen<br />
mich zurzeit zusätzlich zum normalen<br />
Übealltag. Ich erarbeite jetzt das Repertoire<br />
der nächsten drei Jahre und werde zudem<br />
3 CDs mit den bereits aufgeführten Werken<br />
der letzten Jahre aufnehmen.<br />
Wie hast Du den Lockdown erlebt?<br />
Natürlich war der Lockdown eine Extremsituation,<br />
aber andererseits hat es mich angespornt<br />
Projekte, wie mein Warm-Up Heft endlich<br />
umzusetzen. Ansonsten stand während<br />
des Lockdowns viel Üben am Programm.<br />
Welche momentanen Möglichkeiten bieten<br />
sich Dir als Künstler?<br />
Live-Konzerte finden leider nicht statt. Trotzdem<br />
lässt sich online ein gewisser Rahmen<br />
für Auftritte schaffen, den ich versuche so<br />
gut wie möglich zu nutzen. Übevideos,<br />
Probenmitschnitte usw. Zudem laufen die<br />
Planungen für die nächsten fünf Jahre auf<br />
Hochtouren.<br />
Was hältst Du von Onlineauftritten?<br />
Prinzipiell finde ich Online-Produktionen interessant,<br />
sofern sie qualitativ hochwertig sind,<br />
sowohl visuell als auch audio. Leider gibt es<br />
im Netz nicht wirklich eine Qualitätspolizei,<br />
deshalb entsteht ein Überfluss an Contents.<br />
Was ist dein insgeheimes Fernziel, wo trägt<br />
es Dich hin?<br />
Ich bin mit meiner momentanen Lebenssituation<br />
in Wien sehr zufrieden und es zieht<br />
mich daher auch nicht wirklich irgendwo<br />
hin. Durch meinen Job habe ich die Möglichkeit,<br />
die Welt das ganze Jahr zu bereisen<br />
und ich lerne dadurch immer wieder neue<br />
Kulturen und Traditionen kennen, bin aber<br />
sehr gerne zu Hause.<br />
Hast Du noch Kontakt zu deiner Heimatkapelle,<br />
der Stadkapelle Bozen ?<br />
Leider erlaubt es mir mein Spielkalender nicht<br />
mehr Teil der Stadtkapelle Bozen zu sein, jedoch<br />
habe ich das Vergnügen immer wieder<br />
an besonderen Traditionen teilnehmen zu<br />
dürfen (z. B. Weihnachtsspielen).<br />
Welche Rolle spielt Südtirol in deinem Leben?<br />
Südtirol ist meine Heimat und meine Familie<br />
lebt hier, deshalb komme ich immer gerne<br />
zurück und genieße die ruhige Zeit. Vor allem<br />
genieße ich jetzt im Sommer die ruhige Zeit<br />
in den Bergen mit meiner Freundin.<br />
3 Dinge, auf die Du nie verzichten möchtest ...<br />
Familie, Musik, Heimat<br />
Hans Finatzer<br />
18<br />
KulturFenster
Neues<br />
Hymnus der Freundschaft<br />
„Fein sein, beinander bleibn“ in einer Bearbeitung<br />
von Gottfried Veit<br />
24.–25.10.<strong>2020</strong><br />
Blasmusik<br />
Leistungsabzeichen<br />
<strong>2020</strong><br />
Prüfungstermine<br />
http://www.vsm.bz.it/<strong>2020</strong>/04/20/<br />
juni-pruefungen-abgesagt/<br />
In einer Zeit der um sich greifenden, fortschreitenden<br />
Vereinsamung der Menschheit<br />
durch die modernen Medien hatte Gottfried<br />
Veit eine gute Idee, diesem Trend<br />
entgegen zu wirken. Er hat das alte Volkslied<br />
„Fein sein, beinander bleibn“ aufgegriffen,<br />
um daraus eine Instrumentalkomposition<br />
zu schaffen. Dieses Werk kann<br />
rein instrumental in Blasorchesterbesetzung<br />
und/oder mit gemischtem Chor bzw.<br />
einstimmig aufgeführt werden.<br />
Veits Bearbeitung ist ein erster Versuch,<br />
diese beliebte Weise durch sanfte,<br />
rhythmische und metrische Anpassungen<br />
so zu notieren, dass sie den allgemeinen<br />
Singgewohnheiten entspricht. Die vorgegebene<br />
Mehrstimmigkeit ist bewusst einfach<br />
gehalten, damit sie nahezu vom Blatt<br />
gesungen werden kann. Der Schwierigkeitsgrad<br />
der Instrumentalstimmen liegt<br />
im unteren Bereich. Die Liedstrophen und<br />
die Vor- und Zwischenspiele sind unterschiedlich<br />
instrumentiert. So ergibt sich<br />
ein farbiges Klangbild, im Einklang mit<br />
dem allseits bekannten Text: „Fein sein,<br />
beinander bleibn“.<br />
Walter Cazzanelli<br />
Erschienen bei „HeBu“ im<br />
Din A/4 Format -<br />
HeBu-Verlag,<br />
D-76703-Kraichtal,<br />
Gottlieb Daimler-Straße 22.<br />
Musikpanorama<br />
Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien<br />
Spiel, Spaß und Unterhaltung unter besonderen Vorzeichen<br />
Auch heuer fand Ende August wieder das<br />
Zwölfmalgreiner Jugendcamp am Lochgietl-<br />
Hof in Pens statt, allerdings unter ganz anderen<br />
Voraussetzungen als sonst üblich.<br />
Nach reiflicher Überlegung wurde entschieden,<br />
das Jugendcamp trotz der strengen Corona-Auflagen<br />
zu veranstalten.<br />
Auch wenn die entsprechenden Vorschriften<br />
– Coronatest vor Beginn des Camps und<br />
tägliches Temperaturmessen - eingehalten<br />
werden mussten, waren die rund 25 jungen<br />
Musikantinnen und Musikanten mit großer<br />
Begeisterung dabei und probten unter der<br />
Leitung von fünf erfahrenen Vereinsmitgliedern<br />
die gesamte Woche sowohl in Registerals<br />
auch in Gesamtproben. Aber nicht nur<br />
die Musik, sondern auch Spiel, Spaß und<br />
Unterhaltung standen im Mittelpunkt dieses<br />
Musikcamps. Auf die klassische Abschlussveranstaltung<br />
am Sonntag mit Feldmesse,<br />
Mitgliederfest und Abschlusskonzert wurde<br />
diesmal aus Sicherheitsgründen verzichtet.<br />
Dafür traten die Jungmusikanten im Rahmen<br />
eines Konzertabends der MK Zwölfmalgreien<br />
in Bozen auf, wo sie ihr Erlerntes<br />
zum Besten geben konnten.<br />
Wolfgang Kranzer<br />
Die motivierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zwölfmalgreiner Jugendcamps<br />
<strong>2020</strong> (Foto: © MK Zwölfmalgreien).<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 19
Vorweg<br />
Damit die Chöre weiter singen<br />
Chorleiterausbildung startet an Musikschulen<br />
Mehr als 400 Chöre gibt es in Südtirol – und<br />
alle brauchen eine Chorleiterin oder einen<br />
Chorleiter. Doch einen Chorleiter zu finden,<br />
ist gar nicht so einfach.<br />
Deshalb ist es dem Südtiroler Chorverband<br />
ein besonderes Anliegen, die Chorleiterausbildung<br />
zu fördern. In Zusammenarbeit<br />
mit den Musikschulen von Bruneck,<br />
Brixen, Klausen, Unterland und Naturns hat<br />
er eine Chorleiterausbildung organisiert, die<br />
mit Herbst startet. Die Verbandschorleiterin<br />
des Südtiroler Chorverband, Renate Unterthiner,<br />
erklärt die Ziele dieses Projekts.<br />
und Chorleiter, die eine fundierte fachliche<br />
Grundausbildung für Chorleiter möchten und<br />
an Chorleiter, die sich weiterbilden möchten.<br />
Erfreulicherweise haben sich viele Interessierte<br />
angemeldet. An den Musikschulen<br />
Brixen, Klausen und Unterland startet der<br />
Lehrgang mit dem kommenden Schuljahr,<br />
an der Musikschule Bruneck voraussichtlich<br />
im Schuljahr 2021/22. In der Musikschule<br />
Naturns begann mit Herbst bereits<br />
das 2. Unterrichtsjahr. Daneben bietet der<br />
Südtiroler Chorverband weiterhin die verschiedenen<br />
Chorleiterschulungen im Sommer<br />
und an den Wochenenden an, etwa die<br />
Chorleiterwoche in Dietenheim.<br />
KF: Was lernen die Teilnehmer in diesem<br />
Lehrgang?<br />
R. Unterthiner: Ein Referententeam der<br />
jeweiligen Musikschule vermittelt in der<br />
dreijährigen Ausbildung Grundlagen der<br />
Chor – und Ensembleleitung, Chorliteratur<br />
und Probentechnik, Dirigieren, das<br />
heißt Dirigierbilder und Schlagtechnik.<br />
Aber auch Stimmbildung, Gehörbildung<br />
und Blattsingen, Grundlagen der Harmonielehre<br />
und Formenlehre, Partiturspiel<br />
am Klavier sind wichtige Inhalte. Außerdem<br />
haben die angehenden Chorleiter/<br />
innen die Möglichkeit mit Übungschören<br />
zu proben.<br />
KF: An wen richtet sich der Ausbildungslehrgang?<br />
R. Unterthiner: Der Lehrgang für Chorleiterinnen<br />
und Chorleiter richtet sich gezielt an<br />
Neu- und Quereinsteiger, an Sänger/innen<br />
Das Land braucht Chorleiterinnen und Chorleiter – der neue Lehrgang soll hier helfen.<br />
Proben mit Maske<br />
Südtirols Chöre kehren (langsam) zurück<br />
Für die Amateurmusik bleibt die aktuelle<br />
Situation ein schwieriges Unterfangen: Dem<br />
Wunsch des Zusammenkommens, gemeinsamen<br />
Singens und Musizierens sind weiterhin<br />
Grenzen gesetzt. Dennoch steht der<br />
verantwortungsvolle Umgang mit den Herausforderungen<br />
der Pandemie weiterhin<br />
an erster Stelle.<br />
Eine Ansteckung über Aerosole bleibt<br />
insbesondere für den musikalischen Bereich<br />
ein schwer einzuschätzendes Risiko.<br />
Der deutliche Wiederanstieg der Infektionszahlen<br />
ist ein mahnender Appell<br />
an uns alle: Der Schutz vor Ausstoß und<br />
Weitergabe von Viren hat Priorität. Er sollte<br />
nicht gegen den berechtigten Wunsch<br />
kultureller Teilhabe ausgespielt werden.<br />
Zugleich beginnen nach den Sommerferien<br />
vielerorts Chöre wieder zu proben.<br />
Eine Herausforderung dabei ist es die gesetzlichen<br />
Bestimmungen genau einzuhalten.<br />
Der Südtiroler Chorverband hat dazu<br />
eine Zusammenfassung auf seine Webseite<br />
zum Herunterladen bereitgestellt.<br />
Bei der Wiederaufnahme der Chortätigkeiten<br />
in Südtirol gibt es die unterschiedlichsten<br />
Variationen. Die einen<br />
proben in Kleingruppen oder nur mit einzelnen<br />
Registern, andere wiederum proben<br />
mit Maske.<br />
Einige haben sich gar entschlossen, die<br />
Proben ganz ins Freie zu verlegen, wie in<br />
Innenhöfe, in Parks und in Musikpavillons.<br />
Für Viele steht im Moment aber nicht der<br />
künstlerische Anspruch im Mittelpunkt,<br />
sondern vielmehr der soziale endlich wieder<br />
gemeinsam zu singen. Alles in Allem<br />
überwiegt aber der Optimismus und die<br />
Freude am gemeinsamen Singen.<br />
20<br />
KulturFenster
Das Thema<br />
Chorwesen<br />
Herausragende Beispiele<br />
neuerer Kirchenmusik<br />
Erinnerung an den Komponisten Peter Hölzl<br />
Am 25. <strong>Oktober</strong> vor genau zehn Jahren<br />
verstarb in Meran der Komponist, Chorleiter<br />
und Kirchenmusiker Peter Hölzl. <strong>2020</strong><br />
wäre er 100 Jahre alt geworden.<br />
Hölzl, geboren 1920 in Andrian, war<br />
Schüler am Johanneum und lernte dort<br />
Klavier und Orgel bei Adolf Veith. Sein Leben<br />
ist nicht nur Beispiel für die kulturellen<br />
Leistungen in unserem Land, sondern zeigt<br />
auch, wie ein Mensch<br />
mit der Kriegserfahrung<br />
umgeht: Als Zwanzigjähriger,<br />
von 1940 bis 1946,<br />
wurde Hölzl zur Wehrmacht<br />
eingezogen und<br />
kam an die Ostfront, wo<br />
er auch verletzt wurde.<br />
Brief aus dem<br />
Krieg<br />
meinen früheren Versuchen steht, da<br />
ich mich in meiner Soldatenzeit doch<br />
allerhand gewandelt haben muss oder<br />
besser reifer geworden bin, und zwar<br />
wirkte sich diese Reife auf dem Gebiete<br />
der Kunst so aus, dass ich glaubte, dass<br />
mir zum ersten Mal der Unterschied zwischen<br />
Machwerk und wahrer Kunst richtig<br />
klar wurde.“<br />
er Komposition an der Stuttgarter Musikhochschule<br />
studierte. David war Komponist<br />
zahlreicher Chor-, Orgel-, Kammermusikund<br />
Orchesterwerke sowie Oratorien und<br />
Lehrer vieler bekannter Komponisten und<br />
Interpreten. Er ist heute vor allem durch<br />
seine Musik für Orgel bekannt. Hölzl war<br />
bis 1958 Korrepetitor und stellvertretender<br />
Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart,<br />
Ein Brief aus dem Nachlass<br />
des Komponisten<br />
aus dieser Zeit, den seine<br />
Tochter, die Künstlerlin<br />
Elisabeth Hölzl, der Tageszeitung<br />
Dolomiten zur<br />
Einsicht vorgelegt hat,<br />
beschreibt in beeindruckender<br />
Weise, wie der<br />
junge Mann den Krieg<br />
erlebt und seine Zeit im<br />
Lazarett beschreibt:<br />
„Etwa drei Wochen nachher kam ich ins<br />
Lazarett. Auch an diese folgenden Wochen<br />
denke ich gerne zurück, zwar nicht<br />
wegen der Langeweile, die uns dort umgab,<br />
sondern wegen der Art und Weise,<br />
mit der ich diese verscheuchen konnte.<br />
Nach dreieinhalbjähriger Unterbrechung<br />
fing ich nämlich wieder an zu komponieren<br />
und es entstand tatsächlich nicht nur<br />
mein umfangreichstes, sondern auch<br />
mein weitaus bestes Werk: ich darf sagen,<br />
dass es in gar keinem Verhältnis zu<br />
Dass die Berufung für den 23-Jährigen<br />
die Musik, die Kunst ist, daran kann auch<br />
der Krieg nichts ändern.<br />
Nach dem Krieg<br />
Nach dem Krieg studierte Hölzl bis 1951<br />
Schulmusik und Orchesterdirektion in<br />
Wien. Geprägt in seinem künstlerischen<br />
Schaffen wurde er aber vor allem vom<br />
bedeutenden österreichischen Komponisten<br />
Johann Nepomuk David, bei dem<br />
bevor er für drei Jahre lang am Bozner<br />
Konservatorium Tonsatz lehrte. Bis zu seiner<br />
Pensionierung im Jahre 1985 war er<br />
als Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt<br />
„Josef Ferrari“ in Meran tätig.<br />
Von großer Bedeutung für das Südtiroler<br />
Chorwesen und die Musikkultur im Land<br />
war aber auch seine Tätigkeit als Referent<br />
bei Fortbildungsveranstaltungen des Südtiroler<br />
Sängerbunds, aber auch anderer<br />
Musikverbände. Er engagierte sich viele<br />
Jahre lang für die Chorkultur im Musikrat<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 21
Das Thema<br />
Peter Hölzl ist heute vor allem durch seine Musik für Orgel bekannt.<br />
des Südtiroler Chorverbandes und der diözesanen<br />
Kirchenmusikkommission. Er<br />
verband sein kompositorisches Wirken<br />
auch sonst mit einer fruchtbaren Praxis:<br />
So leitete er die Kirchenchöre von Andrian,<br />
Marling, den Stadtpfarrchor Meran<br />
und den Pfarrchor Algund. „Als engagierter<br />
Kirchenmusiker war er stets drauf bedacht,<br />
in Zusammenarbeit mit dem Seelsorger<br />
die Gottesdienste zu lebendigen<br />
und beeindruckenden Feiern zu gestalten.“<br />
So würdigte sein Schaffen Stephan<br />
Niederegger in einem Nachruf in den Dolomiten<br />
anlässlich des Ablebens des bedeutenden<br />
Komponisten, dessen reiches<br />
Wirken in zahlreichen Auszeichnungen<br />
seinen Niederschlag fand, so etwa im<br />
Goldenen Ehrenzeichen des Südtiroler<br />
Sängerbundes und im Walther-von-der-<br />
Vogelweide-Preis und der selten verliehenen<br />
Orlando-di-Lasso-Medaille des Allgemeinen<br />
Cäcilienverbandes.<br />
Sein kompositorisches Schaffen besteht<br />
hauptsächlich aus geistlichen und weltlichen<br />
Chorwerken, Kammermusik und<br />
einigen Stücken für Blasorchester und<br />
Bläserensembles.<br />
Veröffentlichungen<br />
Neben zahlreichen Kompositionen veröffentlichte<br />
Hölzl u. a. auch das Orgelbuch<br />
„Unser Gotteslob“ der Diözese Bozen-Brixen,<br />
„Musik macht Freude“, eine<br />
„Praktische Musiklehre“ mit Themen aus<br />
Meisterwerken, „Ein Weg zum Singen nach<br />
Noten“ und „Die Technik des Dirigierens“.<br />
Ein Beispiel für seine geistlichen Werke<br />
ist etwa die Kleine Festmesse in C für Chor<br />
a cappella, optional mit Orgel, Streichern<br />
und Bläsern. Diese Kleine Festmesse<br />
zeichnet sich aus durch ihre zahlreichen<br />
Aufführungsvarianten, die eine schlichte<br />
ebenso wie eine prunkvolle, quasi symphonische<br />
Darstellung erlauben, wobei<br />
die Stimmen nie über ihren natürlichen<br />
Ambitus geführt werden. Die maßvolle<br />
Modernität der Harmonik sowie der zeitgemäße<br />
liturgische Aufbau - mit gesungenem<br />
Choral-Credo, Halleluja- und<br />
Amen-Coda - bei einem durchaus volkstümlichen<br />
Grundcharakter, belegen diese<br />
ganz an der täglichen Praxis orientierte<br />
Messe als ein herausragendes Beispiel<br />
neuer Kirchenmusik. Andere Kompositionen<br />
sind etwa die „Messe zu Ehren der<br />
Hl. Elisabeth von Thüringen“ für gemischten<br />
Chor, Orgel, Bläser und der „Sonnengesang<br />
des Hl. Franz von Assisi“ für gemischten<br />
Chor und Bläser. Seine Werke<br />
zeugen alle von der Haltung des Komponisten<br />
und Menschen Peter Hölzl, dem<br />
die Einfachheit und Bescheidenheit, aber<br />
auch die Suche nach einer zeitgemäßen<br />
Tonsprache am Herzen lag, und nicht zuletzt<br />
ein tiefer Glaube an Gott.<br />
KulturFenster<br />
Redaktion KulturFenster<br />
Ihre Beiträge für das Chorwesen senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)<br />
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November <strong>2020</strong>.<br />
22<br />
KulturFenster
Aus Verband & Bezirken<br />
Chorwesen<br />
„Requiem“ von Karl Jenkins<br />
Projekt 2021 des Bezirks Pustertal<br />
Auf dem Programm als Bezirkskonzert des<br />
Bezirks Pustertal steht das “Requiem” des<br />
1944 in Wales geborenen Komponisten<br />
Karl Jenkins.<br />
Die Werke des walisischen Komponisten<br />
Karl Jenkins stehen für sagenhafte Klangerlebnisse<br />
und neue harmonische Erfahrungen.<br />
So entstammt z.B. die bekannte<br />
Filmmusik aus Avatar aus seiner Feder.<br />
Charakteristisch in den Werken ist das<br />
Zusammenbringen und die Verschmelzeung<br />
verschiedener Kulturen.<br />
In das Requiem fügt Jenkins fünf traditionelle<br />
japanische Totengesänge ein. Das<br />
Requiem wurde erstmals aufgeführt und<br />
aufgenommen im Jahr 2005. Das Requiem<br />
weist insgesamt 13 Sätze auf - in der japanischen<br />
Kultur eine göttliche Zahl, der be-<br />
sonderer Segen zuteil wird und zeichnet<br />
sich besonders dadurch aus, dass einige<br />
Textelemente des üblichen lateinischen<br />
Requiemtextes ersetzt werden durch japanische<br />
Haiku-Gesänge bzw. mit diesen<br />
kombiniert werden. Es enthält auch die<br />
- wie auch schon von Gabriel Fauré und<br />
Maurice Duruflé in ihre Requiems eingefügten<br />
bzw. hervorgehobenen - Sätze Pie<br />
Jesu und In paradisum.<br />
Neben dem Projektchor des Bezirks wirken<br />
bei der Aufführung ein Orchester und<br />
wiederum ein Chor aus Bruneck (Sozialwissenschaftlcihes<br />
Gymnasium Bruneck)<br />
unter der Leitung von Adele Vikoler mit.<br />
Die Jugendlichen singen die japanischen<br />
Gesänge. Die Aufführungen sind im <strong>Oktober</strong><br />
2021 geplant.<br />
„DU HAST‘ nen FREUND IN MIR“<br />
Musiktheater von Tuba-Voiceline und dem Kinderchor Ehrenburg – Nachtrag<br />
Wie in der letzten Ausgabe des KulturFensters<br />
bereits berichtet, haben Tuba-Voiceline<br />
und der Kinderchor Ehrenburg im Februar<br />
diesen Jahres ein Musiktheater der<br />
besonderen Art auf die Bühne gebracht.<br />
Mit Hilfe des Publikums und der Wandermelodie<br />
"Schritt für Schritt, es wird<br />
uns gelingen, das Ende dieser Melodie<br />
bald zu fi nden!“ trafen drei Freunde auf<br />
unterschiedliche Tiere und Fabelwesen,<br />
dargestellt von den 40 Sängerinnen und<br />
Sängern des Kinderchores Ehrenburg und<br />
den umliegenden Gemeinden. Leider ist<br />
uns dabei ein Foto verloren gegangen, das<br />
wir hiermit gerne nachreichen möchten.<br />
Es zeigt die jungen Künstler des Kinderchores<br />
Ehrenburg mit Chorleiterin Angelika<br />
Brunner in der Bildmitte, sowie Michael<br />
Pircher (Tuba), Veronika Prünster<br />
(Flöte und, Gesang) und Maria E. Brunner<br />
(Gesang und Klavier) vorne rechts.<br />
Die wunderbaren Requisiten der Fische,<br />
Dschungeltiere, Löwen und Zwerge fertigte<br />
Ursula Pattis an. Allen Mitwirkenden<br />
noch einmal ein großes Kompliment für<br />
die gelungene Darbietung vor begeistertem<br />
Publikum.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 23
Das Thema<br />
Schreibn wia mr redn<br />
Arbeitsgemeinschaft MundART hat neuen Obmann –<br />
Dialekte als kulturelles Gut<br />
Herbst in Südtirol: Die Mundart ist auch Ausdruck des Bekennens zur eigenen Heimat. (Foto: Edith Runer)<br />
So selbstverständlich sich die meisten Südtiroler<br />
in ihrer Mundart verständigen, so<br />
schwer tun sie sich, den Dialekt zu Papier<br />
zu bringen. Die Arbeitsgemeinschaft Mund-<br />
ART im Heimatpflegeverband bemüht sich<br />
seit über 30 Jahren, die Mundart als kulturellen<br />
Schatz zu bewahren und zu fördern.<br />
Seit kurzem wird die Gruppe der Mundartdichterinnen<br />
und -dichter von einem neuen<br />
Obmann geleitet. Mit ihm, Johannes Ortner,<br />
sowie mit dem ehemaligen Obmann Martin<br />
Achmüller blickt das „KulturFenster“ zurück<br />
und nach vorne.<br />
Mundart – was ist das eigentlich? Gibt<br />
es eine Südtiroler Mundart, oder sind das<br />
Puschtrarische, das Psairerische, das Vinschgerische<br />
oder Sarnerische eigenständige<br />
Mundarten? Welche Regeln gelten für<br />
das Schreiben in der Mundart, und wozu<br />
soll es überhaupt gut sein, so zu schreiben,<br />
wie man spricht? Das sind lauter Fragen,<br />
die sich unwillkürlich stellen, wenn<br />
man sich näher mit dem Thema Mundart<br />
beschäftigt.<br />
Einer, der das seit vielen Jahren beruflich<br />
tut, ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART, Johannes Ortner.<br />
Der Meraner Kulturanthropologe – er sitzt<br />
auch im Vorstand des Heimatpflegeverbandes<br />
Südtirol – stößt bei seiner Arbeit<br />
naturgemäß auf die verschiedenen Südtiroler<br />
Mundarten mit den unterschiedlichsten<br />
Akzenten, die bei näherer Betrachtung<br />
tiefe Einblicke in das Leben der<br />
Menschen in den Tälern und Städten gewähren.<br />
Und er weiß auch eine Antwort<br />
auf die Frage, ob es denn einen Unterschied<br />
zwischen den Begriffen „Mundart“<br />
und „Dialekt“ gibt.<br />
Johannes Ortner: „Mundart ist der eingedeutschte<br />
Begriff für Dialekt, der wiederum<br />
aus dem Griechischen ,diálektos‘<br />
– das bedeutet Ausdrucksweise – abgeleitet<br />
ist.“ Die Arbeitsgemeinschaft Mund-<br />
ART hat die zweite Silbe des Begriffes<br />
allerdings geschickt in ihrer Bedeutung<br />
abgewandelt: ART steht in diesem Fall<br />
für „Art“, also für die Kunst – die Kunst<br />
des Schreibens im eigenen Dialekt, der<br />
sich die Mitglieder der ArGe MundART<br />
widmen.<br />
24<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
Hoamattål<br />
Sunnig - und decht net zu hoaß,<br />
weit - und decht net zu groaß;<br />
a tia Mål zu kloan und zu eng<br />
und desweg oſt streng...<br />
des isch mein Hoamattål -<br />
gråd sou, wia's sein soll:<br />
sunnig und weit...<br />
und in a Toal Leut<br />
zu eng und zu kloan...<br />
und decht mei Derhoam..<br />
Die Anfänge<br />
Es war der legendäre Priester und Deutschprofessor<br />
am Johanneum in Dorf Tirol, Alfred<br />
Gruber, der 1989 die Mundartdichterinnen<br />
und -dichter zu einer Gruppe<br />
zusammenschweißte. Er leitete im Südtiroler<br />
Künstlerbund den Kreis für Literatur,<br />
wollte der Mundart aber eine eigene Plattform<br />
geben. So wurde der Bereich als Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART in den Heimatpflegeverband<br />
integriert.<br />
Von Anfang an war die ArGe MundART<br />
kein streng geführter Verein, sondern ein<br />
lockerer Zusammenschluss von Südtirolern,<br />
die Mundartgedichte und -texte schreiben,<br />
diese bislang aber vor allem im privaten Rahmen<br />
vorgetragen oder sie gar nur in den eigenen<br />
Schubladen aufbewahrt hatten. Nur<br />
einzelne Autoren, die schon dem Kreis für<br />
Literatur angehört hatten, waren bereits in<br />
der Öffentlichkeit aufgetreten. Maridl Innerhofer<br />
dürfte sicher die Bekannteste unter<br />
ihnen sein, aber auch Kuno Seyr und Margit<br />
von Elzenbaum schlossen sich 1989 der<br />
Arbeitsgemeinschaft MundART an.<br />
Die Ziele<br />
Bis heute sei das mit der „lockeren Gemeinschaft“<br />
so geblieben, sagt Martin<br />
Achmüller, der die Arbeitsgemeinschaft<br />
acht Jahre lang als Obmann geleitet hat.<br />
Es gebe eine Mitgliederliste, um Veran-<br />
staltungen sowie Fortbildungen anzukündigen,<br />
aber keine offizielle Eintragung in<br />
einen Verein. „Wer Freude am Schreiben<br />
und Vorlesen in der eigenen Mundart<br />
und Interesse an Fortbildungen hat,<br />
der kann diese mit uns teilen und sich<br />
uns anschließen“, betont der pensionierte<br />
Kinderarzt und passionierte Mundartdichter.<br />
Er selbst ist vor vielen Jahren zur ArGe<br />
MundART gestoßen, als Renate Gamper<br />
Obfrau war. Von ihr hatte er 2010 die Leitung<br />
übernommen.<br />
Neben Lesungen und anderen Veranstaltungen<br />
war ihm stets der Kontakt zu<br />
Buchtipp zur Jahreszeit<br />
Martin Achmüller (Hrsg.): „Wenn<br />
wieder Winter weard“, Sammlung von<br />
Gedichten und Texten von 41 Südtiroler<br />
Autorinnen und Autoren samt 2 CDs (um<br />
die Dialekte noch besser verstehen<br />
zu können), Skarabæus Verlag, 21,90<br />
Euro, auch beim Heimatpflegeverband<br />
Südtirol erhältlich.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 25
Das Thema<br />
Hoamat<br />
(zu Risiken und Nebenwirkungen das Autonomiestatut<br />
lesen oder einen Juristen oder Politiker fragen]<br />
Bisch a komisches Ding,<br />
voller Löcher und Sprng:<br />
mit Gred va „direkter Demokratie”<br />
und'n Gschwafl va „Voll-Autonomie":<br />
stått der Mehreıtstier „lVA",<br />
stått „Unterreinswåld" „Boscoriva”,<br />
„Prevalle di Sopra" stått „Obererfl”<br />
in den schianen Schnålser Dörfl.<br />
Bisch an oager Patron,<br />
mit „Safet-Park" und „Mus-ei-on"<br />
oder mit Flughåf Boazn<br />
jeds Jåhr Millionen zu verhoazn.<br />
Bisch schun fåst phänomenal<br />
mit Politiker-Rent-Skandal,<br />
mit Kråſterk-Gemauschl va der SEL,<br />
mit Brenner-Basis-Tunnel<br />
oder'n 5-Stere-Gfångenen-Hotel.<br />
Bisch epper går an Auslauf-Modell?<br />
und decht bisch die Hoamat, in der i leb,<br />
und bleibsch die Hoamat, zu der i heb!!!<br />
anderen Mundartvereinen wie dem Tiroler<br />
Mundartkreis wichtig. Ebenso lenkte<br />
er den Blick der Mitglieder immer wieder<br />
auf deutsche Sprachinseln mit besonderen<br />
Dialekten. Das Thema Weiterbildung<br />
lag und liegt ihm nach wie vor sehr am<br />
Herzen, „denn nicht alles, was sich reimt,<br />
ist ein Gedicht – und der Rhythmus allein<br />
macht auch noch keine Lyrik.“<br />
Es gehe auch um<br />
die Aussage des<br />
Textes, um die Botschaft<br />
an die Zuhörer<br />
und Leser.<br />
Die Auseinandersetzung<br />
mit<br />
der Sprache und<br />
das Spiel mit den<br />
Worten haben<br />
Martin Achmüller<br />
immer schon fasziniert.<br />
Deshalb<br />
schreibt er auf<br />
Hochdeutsch genauso<br />
wie im Dialekt:<br />
„Manches<br />
lässt sich nur in<br />
der Schriftsprache,<br />
anderes viel besser<br />
in der eigenen<br />
Mundart ausdrücken“,<br />
sagt er. Der<br />
Dialekt sei vor allem ein Ausdruck der<br />
Persönlichkeit.<br />
Viele Kurse für Mundartdichterinnen<br />
und -dichter hat Martin Achmüller selbst<br />
geleitet und dabei den Teilnehmern beigebracht,<br />
wie sie Gedichte und Texte „publikumswirksam“<br />
gestalten können: „Es<br />
ist auch wichtig, dass die Zuhörer oder<br />
die Leser den Inhalt verstehen.“<br />
Die Kunst des Schreibens<br />
So zu schreiben, wie man redet – und das<br />
auch noch verständlich – ist tatsächlich<br />
eine Kunst, denn „es gibt keine strengen<br />
Orthographie- oder Grammatikregeln, wie<br />
sie der Duden für das Hochdeutsche vorschreibt“,<br />
erklärt Johannes Ortner. Außerdem<br />
seien bestimmte Laute in der Hochsprache<br />
nicht üblich, würden daher beim<br />
Schreiben selten angewandt und seien<br />
nicht für alle leicht lesbar. Beispiel: das å<br />
(långe Nåcht). Nicht zuletzt hätten die einzelnen<br />
Dialekte auch unterschiedliche Akzente,<br />
weshalb das Lesen und Verstehen<br />
für jene, die den Dialekt nicht kennen, die<br />
Schwierigkeit noch erhöhe.<br />
Dialekte haben also ihre Tücken, sind<br />
aber vor allem deshalb sehr spannend.<br />
Bleibt zum Schluss noch die eingangs gestellte<br />
Frage nach dem Südtiroler Dialekt zu<br />
beantworten. Dazu Johannes Ortner: „Es<br />
gibt nicht den einen Südtiroler Dialekt, sondern<br />
eine ganze Reihe von Südtiroler Dialekten<br />
mit unterschiedlichen Akzenten.“<br />
Der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART freut sich jedenfalls schon auf<br />
seine neue Aufgabe und auf neue Herausforderungen,<br />
wie er auch im Interview auf<br />
den Seiten 27 und 28 bestätigt.<br />
Edith Runer<br />
Gedichte: M. Achmüller<br />
Martin Achmüller hat die ArGe MundART jahrelang als Obmann geleitet. Er sagt:<br />
„Manches lässt sich nur in der Schriftsprache, anderes viel besser in der eigenen<br />
Mundart ausdrücken.“<br />
26<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
„Dialekte stehen für Vielfalt“<br />
Johannes Ortner, Obmann der Arbeitsgemeinschaft MundART, im Gespräch<br />
KulturFenster: Herr Ortner, Sie sind, obwohl<br />
selbst kein Mundartdichter, der neue<br />
Obmann der Arbeitsgemeinschaft Mund-<br />
ART. Was hat Sie dazu bewogen, dieses<br />
Ehrenamt zu übernehmen?<br />
Johannes Ortner: Ich schreibe manchmal<br />
Gedichte, drücke mich dann aber eher<br />
in Schriftsprache aus. Das Ehrenamt<br />
reizt mich, weil mich der Dialekt, also die<br />
Mundart, in all ihren Facetten fasziniert.<br />
Sie vermittelt meinem Empfinden nach<br />
eine gewisse Nähe zu einem Land, zu einer<br />
Talschaft, zu den Menschen, die dort<br />
leben. Der Dialekt hat auch etwas Persönliches<br />
und Emotionales, er hebt sich<br />
vom Einheitlichen, vom Globalen ab. Die<br />
Dialekte stehen für Vielfalt. Deshalb finde<br />
ich es sehr wichtig, dass Dialekte erhalten<br />
und gefördert werden. Als Wissenschaftler<br />
beschäftigte ich mich beispielsweise zurzeit<br />
mit der Sammlung von Blumennamen<br />
in unterschiedlichen Dialekten Südtirols.<br />
Die ArGe MundART hingegen verkörpert<br />
den künstlerischen Aspekt in dieser Kulturarbeit.<br />
KF: Warum ist es wichtig, eine<br />
Mundart zu erhalten?<br />
J. Ortner: Weil sie – wie erwähnt<br />
– die Vielfalt und die<br />
Eigenart eines Landes, eines<br />
Volkes, einer Kultur ausdrückt<br />
und weil diese Vielfalt mit dem<br />
Verlust der Mundart ebenfalls<br />
verloren ginge. Mir fällt da<br />
eine Monografie des gebürtigen<br />
Planeilers Josef Gunsch<br />
ein, auf die ich vor längerer<br />
Zeit gestoßen bin. Er ist später<br />
nach Nordtirol gezogen,<br />
hat seinen Alltag in Planeil<br />
aber bis ins kleinste Detail<br />
niedergeschrieben und zwar<br />
in seinem ausgeprägten Dialekt.<br />
Solche Zeugnisse sind<br />
einzigartig, weil sie das Leben,<br />
die Kultur und die Gedanken<br />
der Menschen sehr<br />
authentisch wiedergeben.<br />
Das schafft kein hochdeutsches<br />
Werk.<br />
„Zeitörter-Durchanånd“<br />
I heb ån rear.<br />
Du hebsch mi.<br />
Er hepp sich die Oahr zua.<br />
Sie hepps nebm mir nimmer aus.<br />
Es hepp mi båll nix meahr zrgg.<br />
Man hepp ålls, wenn man lei will!<br />
Sie hebm ins ålle ummi.<br />
Es hepps mir an Hauf vir.<br />
I hebs båll nimmer.<br />
Du hebsch hoffentlich decht nou zu mir.<br />
Mir hebm zsåmm und hoff.<br />
KF: Sind die Südtiroler Mundarten durch<br />
die Globalisierung und die Digitalisierung<br />
bedroht?<br />
J. Ortner: Nein, das glaube ich<br />
nicht. Zwar sind den teils sehr<br />
markanten Dialekten in den Talschaften<br />
in den vergangenen Jahrzehnten<br />
die Spitzen genommen worden<br />
– aus dem logischen Grund,<br />
dass die Bewohner dieser Täler nun<br />
mehr Kontakt nach außen haben<br />
und ihren Dialekt teilweise anpassen<br />
oder Ausdrücke übernehmen. Aber<br />
wir deutschsprachigen Südtiroler<br />
reden nach wie vor in<br />
dem einen oder anderen<br />
Dialekt, und<br />
man kann an diesem<br />
Dialekt in<br />
der Regel auch „ablesen“, aus welcher<br />
Gegend eine Person stammt. Was allerdings<br />
verloren gehen könnte, sind gewisse<br />
Begriffe, die heute immer seltener benutzt<br />
werden, weil es bestimmte Dinge oder Traditionen<br />
nicht mehr gibt, zum Beispiel Arbeitsgeräte,<br />
die man nicht mehr braucht.<br />
Deshalb müssen wir daran arbeiten, dass<br />
solche „Schätze“ gesammelt und damit<br />
erhalten werden.<br />
KF: Welche Ziele haben Sie sich für die<br />
ArGe MundART gesetzt?<br />
J. Ortner: Vorweg – ich bin der Neue. Deshalb<br />
möchte ich als erstes vor allem von<br />
den Mitgliedern erfahren, was sie sich<br />
wünschen und wie die Arbeitsgemeinschaft<br />
sie bei ihrer kreativen Arbeit unterstützen<br />
kann. ><br />
Johannes Ortner, Kulturanthropologe aus Meran,<br />
ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 27
Das Thema<br />
KF: Aber gibt es Ihrerseits vielleicht schon<br />
Ideen?<br />
J. Ortner: Ich denke, es geht darum, sichtbar<br />
zu sein, die Arbeit der Mundartdichterinnen<br />
und -dichter nach außen zu tragen.<br />
Man könnte das zum Beispiel alle<br />
zwei Jahre in Form eines Festes tun, mit<br />
Lesungen, Musik und Theater. Der Dialekt<br />
sollte meiner Meinung nach aber auch wieder<br />
Einlass in die Schulen und Bildungsstätten<br />
bekommen, in dem Sinne, dass<br />
man sich im Unterricht oder bei Fortbildungen<br />
mit dem Thema und mit dem Dialekt<br />
als Teil der eigenen Kultur befasst.<br />
KF: Apropos Schule: Die Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART hat einen eher hohen<br />
Altersdurchschnitt. Soll und kann die Jugend<br />
für Lyrik und Prosa in Dialekt und<br />
damit für Ihre Gruppe gewonnen werden?<br />
J. Ortner: Ich beobachte, dass Jugendliche<br />
mit viel Stolz und Überzeugung im Dialekt<br />
schreiben, wenngleich sie es meistens in<br />
den sozialen Netzwerken oder auf Whatsapp<br />
tun. Es bietet sich ihnen allerdings kaum<br />
eine Gelegenheit, Dialekt-Texte öffentlich<br />
vorzutragen. Ich erinnere mich aber an einen<br />
Poetry Slam, also einen Sprechwettbewerb,<br />
der vor einiger Zeit im Vinschgau<br />
stattfand und bei dem junge Menschen<br />
ihre Texte im Dialekt vorgetragen haben.<br />
Solche Initiativen sind sehr zu begrüßen<br />
und zu fördern.<br />
Ein Auszug aus der Monografie von Josef Gunsch, die als Zeugnis der Vinschger<br />
Lebensart einzigartig ist.<br />
KF: Der Dialekt der „Jungen“ unterscheidet<br />
sich von jenem der Alteingesessenen<br />
in einem Tal. Es werden Anglizismen und<br />
Italianismen eingestreut, der Dialekt ist<br />
nicht mehr so ursprünglich. Kann man<br />
das auch als Verlust bezeichnen?<br />
J. Ortner: Dialekte verändern sich, aber<br />
ich glaube, das müssen wir zulassen. Natürlich<br />
gebrauchen junge Menschen Begriffe,<br />
die sie in der modernen Welt aufgreifen.<br />
Das ist jedoch nicht das Problem.<br />
Eher geht es darum, dass wir uns unseres<br />
Reichtums bewusst sind, den wir mit unseren<br />
Dialekten in uns tragen, und dass<br />
wir ihn schätzen.<br />
(er)<br />
Mundart selbstbewusst präsentieren<br />
„Der Dialekt ist voller lebendiger sinnlicher<br />
Bilder“, betonte Johannes Ortner,<br />
nachdem er im Rahmen der Mitgliederversammlung<br />
Anfang September einstimmig<br />
zum neuen Vorsitzenden gewählt<br />
worden war. Und er regte dazu<br />
an, die eigene Mundart selbstbewusst zu<br />
präsentieren. Denn Hochdeutsch zu beherrschen<br />
sei zwar eine erstrebenswerte<br />
Fähigkeit, und in einer Minderheitensituation<br />
mit einem großen fast ausschließlich<br />
italienischsprachigen Nationalstaat<br />
seien die deutsche und die ladinische<br />
Sprache natürlich ein wesentlicher Bestandteil<br />
der Südtiroler Identität, aber<br />
„Dialekt und Standard sollten nicht gegeneinander<br />
ausgespielt werden.“<br />
Ein besonderes Anliegen ist Johannes Ortner<br />
auch eine wissenschaftliche Herangehensweise.<br />
So soll etwa das Anlegen von<br />
Mundartsammlungen und das Scannen<br />
von handschriftlich verfassten Sammlungen<br />
ins Programm genommen werden.<br />
28<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
„Ich fühle mich nicht<br />
als Dichterin“<br />
Margit von Elzenbaum schreibt Gedichte und Prosa – nicht<br />
nur, aber auch in der Mundart<br />
schwindl gonz a bissl<br />
Derzeihl mer an Haimatroman!<br />
Wail wenn's mi ummertraib wia es folscha Geld,<br />
brauch i an Haimatroman,<br />
un wenn oan Toug wia der ondra<br />
bun Boch oigeaht,<br />
moug i an Haimatroman<br />
vun an Nest voll Haiser<br />
mit an unverschampn Glick.<br />
Aus „gehört dem Wind“ von Margit von Elzenbaum<br />
KF: Was hat es für einen Unterschied gemacht,<br />
wenn Sie nicht in der schulüblichen<br />
Hochsprache geschrieben haben?<br />
M. v. Elzenbaum: Für das schulübliche<br />
Schreiben habe ich Grammatik- und<br />
Rechtschreibregeln gelernt. Um das gehörte<br />
Wort niederzuschreiben, musste<br />
ich mich erst schlau machen. Die Dialektologen<br />
helfen bis zu einem bestimmten<br />
Grad, ein Rest bleibt dem persönlichen<br />
Ermessen. Das Schreiben in der Mundart<br />
war auch nicht mit „Bildung“ besetzt. Die<br />
Mundart war der unmittelbare Zugang zu<br />
Zorn und Witz, wirkte auch stärker in direkten<br />
und frontalen Äußerungen. Schön<br />
ungezähmt, möchte ich sagen.<br />
KF: Wie sind Sie dann zur Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART gestoßen?<br />
M. v. Elzenbaum: 1974 wurde innerhalb<br />
des Südtiroler Künstlerbundes der Kreis<br />
Südtiroler Autoren gegründet, in dem ich<br />
Mitglied wurde. 1989 wollte der Leiter des<br />
Kreises, Alfred Gruber, den Mundartdichterinnen<br />
und -dichtern eine eigene Plattform<br />
geben und gründete die Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART, die beim Heimatpflegeverband<br />
angesiedelt wurde. Ich habe<br />
mich dann zusätzlich dieser Gruppe angeschlossen.<br />
Seit weit über 40 Jahren gibt Margit von Elzenbaum<br />
Gedanken und Gefühle, Sichtbares<br />
und Unsichtbares aus ihrer Umgebung in<br />
Gedichten und Texten wieder. Sie verwendet<br />
die deutsche Standardsprache, die italienische<br />
Sprache und die Mundart. Bereits<br />
seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft<br />
MundART ist sie deren Mitglied. Vor kurzem<br />
ist ihr viertes Buch, ein Gedichtband, erschienen.<br />
Im Interview erzählt Margit von<br />
Elzenbaum über ihr Schreiben.<br />
KulturFenster: Wie sind Sie zur Mundartdichterin<br />
geworden?<br />
Margit von Elzenbaum: Ich schreibe, und<br />
ja, es entstehen auch Gedichte. Aber ich<br />
fühle mich nicht als Dichterin. Von Dichtung<br />
habe ich eine sehr hohe Meinung.<br />
Mit der Mundart habe ich in den 1970er-<br />
Jahren begonnen. Damals habe ich an der<br />
Mittelschule unterrichtet und an einem literarischen<br />
Ferienkurs in Münster in Nordrhein<br />
Westfalen, organisiert vom Arbeitskreis<br />
Südtiroler Mittelschullehrer ASM, teilgenommen.<br />
Aus purem Heimweh nach dem Dialekt<br />
habe ich einen Brief im Dialekt nach<br />
Hause geschrieben. Das hat gereicht, um<br />
die Mundart als Sprache zu entdecken, die<br />
sich auch verschriftlichen lässt.<br />
KF: Was bedeutet die Mundart für Sie ganz<br />
persönlich?<br />
M. v. Elzenbaum: Muttersprache. Die ersten<br />
Worte, Fragen, Antworten – existentielle<br />
Kommunikation.<br />
KF: Wo ist Heimat für Sie?<br />
M. v. Elzenbaum: Heimat ist für mich nicht<br />
irgendwo, sondern Heimat ist eine geglückte<br />
Beziehung.<br />
KF: Warum, wann, wie und was schreiben<br />
Sie?<br />
M. v. Elzenbaum: Am Schreiben fasziniert<br />
mich die Herausforderung, mit dem Material<br />
Sprache etwas zu bauen. Am liebsten<br />
schreibe ich in der Küche und wenn<br />
ich dort allein bin. Vieles aus dem Alltag<br />
kann der Anlass sein. Zum Alltag zähle<br />
ich alles, was ich selbst erlebt und erlernt<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 29
Das Thema<br />
Margit von Elzenbaum, Jahrgang 1950, wohnt in Auer,<br />
ist von Beruf Grundschullehrerin und mittlerweile<br />
in Pension. Sie hat vier Bücher mit Gedichten und<br />
Kurzprosa in verschiedenen Südtiroler Verlagen<br />
veröffentlicht. Dazu kommen Lesungen an Schulen,<br />
in Bibliotheken und im Rundfunk. Im September<br />
<strong>2020</strong> erschien ihr viertes Buch, der Gedichtband<br />
„gehört dem Wind“, im Verlag Weger. Das Buch mit<br />
einem Vorwort von Karin Dalla Torre und Bildern<br />
von Anna Platzgummer enthält 60 Gedichte, 30 davon<br />
in Standarddeutsch, 20 in Mundart und zehn in<br />
Italienisch.<br />
Sie schreibt seit über vier Jahrzehnten Gedichte<br />
und Prosa.<br />
„Am Schreiben fasziniert<br />
mich die Herausforderung, mit<br />
dem Material Sprache etwas<br />
zu bauen."<br />
habe, und auch, was ich miterlebt habe,<br />
was mich berührt und betroffen macht.<br />
Und zu meinem Alltag gehören außer<br />
der Mundart auch die Standardsprache<br />
und das Italienische. Das hat nichts mit<br />
Ambitionen zu tun, nur mit Authentizität.<br />
Ich schreibe Kurzprosa, in der ich<br />
die Sprachen bzw. Sprachebenen gern<br />
dialogisch zueinander setzte. Oder ich<br />
schreibe Poesie, Gedichte in jeweils einer<br />
dieser Sprachen.<br />
KF: Als Zuhörerin oder Leser scheint es,<br />
als würde in einem kurzen Gedicht nicht<br />
viel Arbeit stecken. Wie lange dauert es,<br />
bis ein Gedicht fertig ist?<br />
M. v. Elzenbaum: Bei mir dauert es lange,<br />
ganz selten steht der fertige Guss in der<br />
ersten Fassung da. Ich spiele zwar gern,<br />
aber meistens muss ich konstruieren und<br />
bauen, dann liegen lassen und aus der zeitlichen<br />
Distanz neu fassen. Meine Lehrerin<br />
in der Lehrerbildungsanstalt LBA, Gabriele<br />
von Pidoll, hat gesagt: „Ein Gedicht<br />
ist fertig, sobald es das innere Gummiband<br />
hat.“ Dieser Satz hilft mir.<br />
(er)<br />
KulturFenster<br />
Redaktion KulturFenster<br />
Ihre Beiträge für die Heimatpflege im KulturFenster senden Sie bitte an: florian@hpv.bz.it<br />
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter folgender Nummer: +39 0471 973 693 (Heimatpflegeverband)<br />
30<br />
KulturFenster
Alte gegenstände neu entdeckt<br />
Heimatpflege<br />
Das Betrachtungssärglein<br />
Dinge des Alltags aus Geschichte und Gegenwart<br />
Geradezu makaber erscheint das<br />
Tödlein im Betrachtungssärglein aus<br />
heutiger Sicht. Die Särglein wurden aus<br />
Holz angefertigt. (Fotos: Südtiroler<br />
Volkskundemuseum, V/1211.)<br />
1959 schrieb der ladinische Schriftsteller<br />
Leo Runggaldier (1888−1961) in der<br />
Zeitschrift „Der Schlern“ über eine Familie<br />
im Grödental, die auf einem Hof bei St.<br />
Ulrich im 19. Jahrhundert kleine Särge<br />
herstellte. Bei diesen Arbeiten aus Holz<br />
handelte es sich um sogenannte Betrachtungssärglein.<br />
In den etwa 25 Zentimeter langen Särgen<br />
befand sich ein Skelett, auch als Tödlein<br />
bezeichnet. Die Totenköpfe lieferten<br />
die Schnitzer im Tal, der Rest wurde in<br />
Heimarbeit angefertigt. Auf das Skelett<br />
wurden kleine Würmchen gelegt, die aus<br />
Wachs gedreht waren. Auch geschnitzte<br />
Tiere wie Kröten oder Mäuse, konnten<br />
hinzugelegt werden. Die Sargtüren waren<br />
beweglich, ließen sich öffnen und schlie-<br />
ßen. Verkauft wurden die Särge von den<br />
Wanderhändlern aus dem Tal.<br />
Miniatursärge waren ab dem 16. Jahrhundert<br />
im Alpenraum und bis Norddeutschland<br />
verbreitet. Besonders ausgeschmückte<br />
Exemplare aus Metall soll<br />
es in England gegeben haben. Auch<br />
Särge aus Elfenbein sind bekannt. Größere<br />
Modelle wurden auch als Tischoder<br />
Mementosarg bezeichnet. Der lateinische<br />
Ausspruch memento mori<br />
bedeutet: „Mensch gedenke, dass du<br />
sterben musst.“ Der Gedanke um den<br />
eigenen Tod hatte sich im Mittelalter in<br />
Europa stark verbreitet, als die Pest wütete<br />
und unzähligen Menschen das Leben<br />
kostete. Die Betrachtungssärglein sollten<br />
auf die eigene Vergänglichkeit hinweisen<br />
und zur persönlichen Andacht mahnen.<br />
Barbara Stocker<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 31
Informiert und Reflektiert<br />
Berge brauchen keine<br />
Inszenierung<br />
Umweltverbände sprechen sich gegen die künstliche Bespaßung<br />
der Menschen in der alpinen Landschaft aus<br />
Das unberührte Zieltal im Naturpark Texelgruppe ist mit einem Fun-Klettersteig erschlossen worden. (Foto: Stephan Illmer/AVS)<br />
Der neue „Iceman Ötzi Peak“ in Schnals<br />
(siehe KulturFenster 4/<strong>2020</strong>) war aktueller<br />
Auslöser für eine Pressekonferenz,<br />
auf der der Heimatpflegeverband Südtirol,<br />
der Alpenverein Südtirol und der Dachverband<br />
für Natur- und Umweltschutz die zunehmende<br />
Inszenierung der alpinen Landschaft<br />
kritisierten.<br />
Ob sogenannte Skywalks, Aussichtsplattformen,<br />
Flying-Foxes, Fun-Klettersteige,<br />
aber auch Themenwege oder Panoramaterrassen<br />
– Inszenierungen am und rund<br />
um den Berg sind scheinbar „in“. Auch in<br />
Südtirol fasst dieser Trend im neuen Jahrtausend<br />
vielerorts Fuß, um kurzfristig mehr<br />
Profit zu bringen. „Langfristig aber schädigen<br />
diese überholten Konzepte die einzigartige<br />
Natur- und Kulturlandschaft und damit<br />
auch die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus<br />
in Südtirol“, betonten die Verbände<br />
auf der Pressekonferenz. Zwar werbe der<br />
Vermarkter IDM Südtirol seit kurzem mit<br />
dem Slogan „Alles, was wir lieben“, doch<br />
Erlebnisinstallationen und -inszenierungen<br />
in den Bergen würden genau das zerstören,<br />
„was wir lieben“.<br />
Jüngste Beispiele seien eben die neue Aussichtsplattform<br />
am Gipfel der Grawand im<br />
Schnalstal, aber auch der Fun-Klettersteig<br />
im Zieltal im Naturpark Texelgruppe. Dieser<br />
wurde nicht – wie andere Klettersteige<br />
– errichtet, um zwei alpine Standorte auf<br />
einem gesicherten Weg zu verbinden. Es<br />
gehe hingegen einzig und allein um einfach<br />
konsumierbare, häppchenweise vorgegebene<br />
Adrenalinschübe in Form von Drahtseilbrücken<br />
und dergleichen: „Das große<br />
Abenteuer in einer wilden und ursprünglichen<br />
Landschaft wie der Texelgruppe<br />
32<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
Wanderwege werden zu Forstautobahnen (hier ein Beispiel auf der Rodenecker Alm). Foto: AVS<br />
Wozu braucht man bei einer so herrlichen Aussicht noch eine Aussichtsplattform?<br />
(Foto: Karin Leichter/AVS)<br />
wird ersetzt durch ein vorkonstruiertes Erlebnis,<br />
ein Produkt, das man ohne großen<br />
Aufwand konsumieren kann.“ Dass dabei<br />
der Grundgedanke eines Naturparkes mit<br />
Füßen getreten und gleichzeitig ein Naturdenkmal<br />
verunstaltet wird, spiele für die<br />
Projektwerber und genehmigenden Behörden<br />
scheinbar keine Rolle. Der Heimatpflegeverband<br />
und die anderen Verbände<br />
verwiesen auf die Ausweisung der<br />
Naturparke vor mehr als 40 Jahren. Ziel<br />
sei es gewesen, wertvolle Natur- und Kulturlandschaften<br />
vor unkontrollierten Nutzungen<br />
durch die Tourismuswirtschaft zu<br />
bewahren – „eine Absicht, an die wir die<br />
Politiker und Behörden von heute zunehmend<br />
erinnern müssen.“ Das gelte u. a.<br />
für den geplanten Glasturm unterm Rosengarten,<br />
aber auch für weniger prominente<br />
Projekte wie die Planierung von alten<br />
Wurzelwegen.<br />
Die alpine Landschaft ist ein Allgemeingut.<br />
Das macht sie für alle nutzbar, birgt<br />
aber die Gefahr der Übernutzung. „Eine<br />
Aussichtsplattform auf irgendeinem verbauten<br />
Skihügel mag den meisten nicht so<br />
schlimm erscheinen. Doch das Problem<br />
ist, dass diese Inszenierung und Eventisierung<br />
der alpinen Landschaft nicht<br />
aufhören wird, bis jede Liftgesellschaft<br />
ihre Aussichtsplattform, ihren Fun-Klettersteig,<br />
ihren Themenweg, ihre Kinderanimationsinstallation,<br />
ihre Zipline, ihr<br />
,Forstautobahnen‘-Wegenetz, ihren Glasturm<br />
usw. hat“, warnten die Umweltverbände.<br />
Und sie appellierten an die Tourismuswirtschaft,<br />
an die Politik und an die<br />
Gesellschaft, der Inszenierung der Alpen<br />
einen Riegel vorzuschieben, um das Erlebnis<br />
Berg auch für künftige Generationen<br />
einzigartig zu machen.<br />
Arge Volkstanz<br />
Aufgrund der momentanen Situation bezüglich des Coronavirus gibt die ARGE Volkstanz in Südtirol bekannt, dass<br />
der heurige Landeskathreintanz am 14. November <strong>2020</strong> im Kurhaus, sowie der Winterlehrgang im Haus der Familie<br />
vom 26.12.<strong>2020</strong> bis zum 01.01.2021 abgesagt sind.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 33
Informiert und Reflektiert<br />
Ensembleschutz –<br />
wichtig, aber ohne Zukunft?<br />
Ein Kommentar von Albert Willeit<br />
Der stattliche Rainerhof in Olang stand unter Ensembleschutz und wurde trotzdem abgerissen.<br />
(Aus: Bauernhöfe in Südtirol Band 11)<br />
Der Heimatpflegeverband weist seit 30 Jahren auf die Wichtigkeit von Ensembles hin,<br />
doch die Bilanz sieht ernüchternd aus. Häufig fehlt auf Dorf- und Landesebene der politische<br />
Wille für restriktive Maßnahmen, und so hat man das verpflichtende Ensembleschutzverzeichnis<br />
vielfach gar nicht erstellt. Außerdem hatte es zu oft eine reine Alibifunktion,<br />
weil man die Regelungen an die Wünsche der Bauherren anpasste.<br />
Meine Erfahrungen<br />
Die Ensembleschutzkommission von Bruneck<br />
hatte sich 2002 für den Erhalt des<br />
stadtbildprägenden Hotels „Post“ eingesetzt.<br />
Nachdem aber die Gemeindeverwaltung<br />
dessen Abbruch genehmigt hatte,<br />
sind wir als Kommission aus Protest zurückgetreten.<br />
Auch der Bahnhof von Bruneck<br />
war damals dem Abbruch geweiht.<br />
Dieses Vorhaben konnte verhindert werden.<br />
Und so blieb er als Teil des schönen<br />
Ensembles der Pustertaler k.-u-k.-Bahngeschichte<br />
erhalten.<br />
Der Abbruch des einzigartigen stattlichen<br />
Rainerhofes in einer Ensembleschutzzone<br />
in Olang war 2015 der Anlass, dass ich als<br />
Landessachverständiger der Gemeinde zurücktrat,<br />
weil man sich nicht an die klaren<br />
Bestimmungen zum Erhalt des Gebäudes<br />
gehalten hat.<br />
Seit fünf Jahren bin ich Mitglied der Ensembleschutzkommission<br />
von Innichen.<br />
Dort ist die Arbeit durchaus zufriedenstellend,<br />
auch weil die Bürgermeisterin die<br />
Kommission und den Schutz der Ensembles<br />
und ihren Wert für die Allgemeinheit<br />
wichtig nimmt.<br />
34<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
Die Posthäuser in Sand in Taufers, ein einzigartiges geschichtliches und bauliches Ensemble von 1900 im Stil des Historismus.<br />
Es war im Ensembleschutzplan zwar vorgesehen, aber dieser wurde wegen mancher Widerstände nie genehmigt. (Foto: Albert<br />
Willeit)<br />
Die Zukunft des<br />
Ensembleschutzes in Südtirol<br />
Es war ein großer Fehler, die Zuständigkeit<br />
für die Ensembles nicht wie beim Denkmalschutz<br />
und bei Schutzgebieten dem<br />
Land zu übertragen, sondern den Gemeinden.<br />
Diese verfügen vielfach weder über<br />
die Sensibilität, noch über das Wissen für<br />
diese komplexe Materie. Zudem sind sie<br />
zu sehr dem Druck von Interessen ausgesetzt.<br />
Äußerst schlimm ist, dass künftig<br />
der Ensembleschutz noch bedeutungsloser<br />
sein wird, da die Aus- oder Nichtausweisung<br />
und die Regelung der Ensembles allein<br />
in der Hand der Gemeinden liegt. Sie<br />
müssen zwar verbindlich eine Ensembleschutzliste<br />
erstellen, doch sie werden wohl<br />
wenig Geeignetes finden (wollen). Zudem<br />
besteht nach der Ausweisung die Möglichkeit,<br />
dass die Gemeinde die Liste einseitig<br />
wieder abändert, ohne dass das Land eine<br />
Handhabe zum Eingreifen vorgesehen hat.<br />
Das wird sich fatal auswirken.<br />
Die noch verbliebenen Ensembles und<br />
historischen Gebäude sind für das Ortsund<br />
Landschaftsbild in unserem Land<br />
von großer Bedeutung. Geben wir ihnen<br />
eine Chance!<br />
Albert Willeit, Bezirksobman des<br />
Heimatpflegeverbandes Bezirk Pustertal<br />
Ein wunderbares Ensemble: Weiler Fordora in Enneberg (Foto: Albert Willeit)<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 35
Informiert und Reflektiert<br />
Vom Allerheiligenbrauch<br />
zum Gruselfest<br />
Was hinter Halloween steckt und wie es Europa eroberte<br />
Erst in Amerika kam der Kürbis zu seinem Ruf als Symbol für Halloween. Mittlerweile erobert er auch die heimische Küche.<br />
Bald ist Allerheiligen – bald ist aber auch<br />
Halloween. In der Nacht vom 31. <strong>Oktober</strong><br />
auf den 1. November wird dieser Brauch begangen.<br />
Oder auch nicht. Denn Halloween<br />
scheidet die Geister. Die einen mögen es,<br />
die anderen sind skeptisch oder lehnen es<br />
strikt ab. Vor der Mitte der 1990er-Jahre<br />
beschäftigten sich deutschsprachige Fachbücher<br />
kaum damit, heute fehlt Halloween<br />
in keiner wissenschaftlichen Publikation<br />
zu Bräuchen.<br />
Ursprünglich handelte es sich bei Halloween<br />
um einen englisch-irischen, also<br />
europäischen Brauch. Sein Name geht<br />
auf Allerheiligen zurück. In der Nacht auf<br />
den 1. November wurden ausgehöhlte Rüben<br />
mit brennenden Kerzen in die Fenster<br />
gestellt und an Arme, die von Haus<br />
zu Haus zogen, Almosen verteilt – so wie<br />
wir es von den Allerseelenbräuchen kennen.<br />
Die Brauchträger waren Erwachsene,<br />
später Kinder.<br />
Der Brauch lief nicht überall gleich ab<br />
und erlebte mehrere Veränderungen, so wie<br />
unsere Bräuche Unterschiede von Tal zu<br />
Tal oder von Dorf zu Dorf aufweisen. Auch<br />
in Tirol gingen Menschen vermummt von<br />
Haus zu Haus, um sich etwas zu erbetteln,<br />
wie wir das vom Krapfenlottern in Ulten,<br />
dem Krapfenbetteln in Pfunders oder<br />
dem Krapfenschnappen in der Gegend um<br />
Lienz kennen. Während diese Bräuche<br />
regional verankert geblieben sind, machte<br />
sich Halloween im Zuge einer großen Auswanderungswelle<br />
im 19. Jahrhundert auf<br />
den Weg nach Amerika.<br />
Nach Amerika und wieder zurück<br />
Ab 1920 war die Halloween-Nacht dort<br />
weitum bekannt. Doch sie entwickelte sich<br />
zu einer Nacht des Schreckens. Ausgehöhlte<br />
Rüben wurden durch Kürbisse ersetzt,<br />
friedliches Herumziehen durch Unfug<br />
und Zerstörung. Als Gegenmaßnahme<br />
kam es zu organisierten Feiern, bei denen<br />
Kinder wieder die Hauptrolle spielen sollten.<br />
Sie zogen in Gruppen durch die Orte und<br />
36<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
erbettelten sich mit dem Ausspruch „Süß<br />
oder sauer?“ Süßigkeiten. In den 1960er-<br />
Jahren wurde das Fest auch wieder von<br />
den Erwachsenen aufgegriffen, die sich<br />
verkleideten und sich zu Partys trafen,<br />
mit Musik und Alkohol. Am Ende des 20.<br />
Jahrhunderts trat der Brauch die Rückreise<br />
nach Europa an und wurde hier Teil<br />
der Spaß- und Eventgesellschaft.<br />
Gutes Geschäft und<br />
Medienereignis<br />
Welche Merkmale lassen sich bei<br />
Halloween heute beobachten?<br />
Halloween ist Teil der Freizeit- und<br />
Unterhaltungsindustrie, wie die jährlich<br />
stattfindenden Partys zeigen. Bei<br />
den Verkleidungen weichen Hexen und<br />
Geister immer mehr den Fratzen von<br />
Horrorfiguren, so wie das aktuell bei<br />
den Krampusfiguren beobachtbar ist.<br />
Wie die Krampusläufe erinnert Halloween<br />
stark an die Fasnacht.<br />
Vom Brauch, arme Leute mit Essen zu versorgen, wandelte sich Halloween im Zuge<br />
seiner Amerikareise zum gruseligen Partyereignis.<br />
Halloween ist gut fürs Geschäft. Laut<br />
Auskunft von Konsumentenschutzverbänden<br />
feierten 2019 rund zehn Millionen<br />
Italiener das Fest in irgendeiner<br />
Form – wenn nicht auf Partys, dann<br />
mit Dekorationen für das eigene Heim.<br />
Daher sind Scherzartikel, Masken, Kostüme<br />
und Dekorationsobjekte jährlich<br />
gefragte Konsumartikel. In Südtirol hat<br />
sich 2019 die Verbraucherzentrale mit<br />
Tipps für ein „umweltbewusstes“ Halloween<br />
zu Wort gemeldet.<br />
Halloween ist ein profaner Gegenwartsbrauch.<br />
Der religiöse Aspekt, den Allerheiligen-<br />
und Allerseelenbräuche aufweisen,<br />
das Totengedenken, ist nicht<br />
mehr sichtbar. Masken und Kostüme,<br />
die Totenköpfe und Sensenmänner zeigen,<br />
sind wohl eher als Teil der gruseligen<br />
Unterhaltung zu deuten.<br />
Halloween ist ein Ereignis für Jugendliche<br />
und junge Erwachsene. 2019<br />
befragte ein südtiroler Internetmedium<br />
rund 2.300 Personen. 90 Prozent<br />
gaben an, dass sie keine Angst<br />
und auch keine Lust auf das Fest haben.<br />
Vier Prozent bezeichneten sich<br />
als Anhänger, und sechs Prozent fanden<br />
es zu gruselig. Die Anhänger sind<br />
junge Menschen unter 30 Jahren.<br />
Halloween ist ein Medienereignis. Radiosender,<br />
die ein junges Publikum<br />
anzogen, wie etwa Ö3, das Internet<br />
und amerikanische Serien machten<br />
Halloween im 20. Jahrhundert bekannt.<br />
Die Berichte in den Medien<br />
beinhalten heute die Ankündigung<br />
von Veranstaltungen, Informationen<br />
zu Geschichte und Gegenwart des<br />
Brauches, Bilder von Kostümen von<br />
Prominenten, aber auch das Für und<br />
Wider zum Fest.<br />
Halloween und die Kirche: Die katholische<br />
Kirche und ihre Jugendorganisationen<br />
bringen immer wieder ihre<br />
kritische Haltung zum Ausdruck mit<br />
der Botschaft: „Kerze statt Kürbis. Allerheiligen<br />
statt Halloween.“<br />
Halloween und die Kürbisse: Kürbisse<br />
dienten früher als Viehfutter oder mancherorts<br />
als Arme-Leute-Essen. In vielen<br />
Kochbüchern fehlten sie lange<br />
Zeit. Auch der Volkskundler Hans<br />
Fink erwähnt sie in seinem 1980 erschienenen<br />
Buch über die Geschichte<br />
der Küche in Südtirol nicht. Verbreitet<br />
sind sie heute nicht nur in der Küche,<br />
sondern auch als herbstliche Dekoration<br />
bei Hofeinfahrten, Hauseingängen<br />
und beim Erntedank in den Kirchen.<br />
Halloween wird in der ethnologischen Forschung<br />
weiterhin ein Untersuchungsgegenstand<br />
bleiben – als Beispiel für den<br />
Wandel, die Kommerzialisierung und Profanisierung<br />
eines Brauches.<br />
Barbara Stocker<br />
Verwendete Literatur:<br />
Haid, Oliver: Ö3 präsentiert Halloween. Postmoderne<br />
Volkskultur zwischen UKW und WWW, in: Bockhorn/<br />
Hörandner/Prasch (Hg.): Erlebniswelt Volkskultur, Wien<br />
2001, S. 163-181.<br />
Höhn, Marco: Tot aber glücklich. Halloween – die Nacht<br />
der lebenden Toten als Event-Mix. In: Hepp/ Vogelsang<br />
(Hg.): Populäre Events. Medienevents, Spielevents,<br />
Spaß Events. Opladen 2003.<br />
Hörandner, E.(Hg.), Halloween in der Steiermark und<br />
anderswo. Wien 2005.<br />
Kurz vor der Adventsdekoration<br />
schmücken Halloween-Dekoartikel die<br />
Schaufenster.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 37
Informiert und Reflektiert<br />
Gedenktafel für<br />
Max Valier enthüllt<br />
Heimatpflegeverband Südtirol und Bayern-Südtirol-Gesellschaft<br />
ehren Südtiroler Raketenpionier<br />
Bayerns Innenminister und erster Vorsitzender der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim Herrmann (l.), Südtirols Alt-<br />
Landeshauptmann Luis Durnwalder (r.) sowie Claudia Plaikner und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband Südtirol enthüllen<br />
die neue Gedenktafel am Grab von Max Valier.<br />
Bei einer Gedenkfeier am Grab von Max<br />
Valier in München wurde am Sonntag, 4.<br />
<strong>Oktober</strong>, dessen 90. Todestages und zugleich<br />
des 125. Geburtstages gedacht. Bayerns<br />
Innenminister und Erster Vorsitzender<br />
der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim<br />
Herrmann, Südtirols Alt-Landeshauptmann<br />
Luis Durnwalder sowie Claudia Plaikner<br />
und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband<br />
Südtirol gaben dem bekannten Südtiroler<br />
die Ehre.<br />
Max Valier, geboren im heutigen IDM-<br />
Gebäude am Pfarrplatz in Bozen, war ein<br />
Pionier in Sachen Raketenbau. Seine ersten<br />
Erfolge erzielte er mit Raketenautos.<br />
Mit einem Raketenschlitten stellte er<br />
1929 am zugefrorenen Starnberger See<br />
den damaligen Geschwindigkeitsrekord<br />
von 400 Stundenkilometern auf.<br />
Ein Jahr später starb Valier mit 35<br />
Jahren bei der Explosion eines von ihm<br />
selbst ausprobierten neuartigen Triebwerkes<br />
in Berlin. Er gilt als bedeutender<br />
Wegbereiter der Raketentechnik – er<br />
wollte schon damals zum Mond fahren<br />
– und gleichzeitig als ihr erstes Todesopfer.<br />
Begraben wurde Valier am Westfriedhof<br />
in München.<br />
Fast vergessenes Grab<br />
Seit bald 30 Jahren kümmert sich der Geschäftsführer<br />
des Südtiroler Heimatpflegeverbandes,<br />
Josef Oberhofer, persönlich um<br />
die Pflege des Grabes, nachdem es viele<br />
Jahre vergessen und beinahe aufgelassen<br />
worden wäre. Ein Münchner Taxifahrer<br />
hatte einem Südtiroler Magazin den<br />
Hinweis gegeben, dass das Grab eines bekannten<br />
Südtirolers in München sehr vernachlässigt<br />
sei.<br />
„In der Folge hat sich Norbert Mumelter<br />
vom Bozner Museumsverein darum<br />
38<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
Würdige Gedenkfeier für Max Valier im Münchner Westfriedhof<br />
gekümmert, und seit 1990 kümmere ich<br />
mich großteils privat um die Pflege und den<br />
Erhalt des Grabes“, so Josef Oberhofer.<br />
Innenminister bei Feier dabei<br />
Bei der Gedenkfeier in München nannte<br />
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann,<br />
ein Südtirolfreund und Erster Vorsitzender<br />
der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Max Valier<br />
„einen Vordenker, ohne den die heutige<br />
Weltraumtechnologie kaum denkbar<br />
ist“. Valier sei außerdem ein gutes Beispiel<br />
für die Beziehungen zwischen Bayern und<br />
Südtirol. „Gerade in Coronazeiten müssen<br />
und können die beiden Länder und ihre<br />
Einwohner noch enger zusammenarbeiten“,<br />
so der Innenminister.<br />
Durnwalder dankt Verband<br />
Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder,<br />
ebenfalls ein Mitglied der Bayern-Südtirol-Gesellschaft,<br />
dankte dem Heimatpflegeverband<br />
für die Initiative zur Gedenkfeier.<br />
Auch er wünschte sich, dass trotz<br />
Coronakrise die zwischenmenschlichen<br />
Kontakte besonders auch zwischen Bayern<br />
und Südtirol nicht zu kurz kommen.<br />
David Gruber, ein ausgewiesener Valier-<br />
Experte und Vizepräsident des Vereines der<br />
Amateurastronomen Max Valier, sprach<br />
auch von Valiers publizistischer Meisterleistung.<br />
Tiefer darauf ein ging Karlheinz<br />
Rohrwild vom Hermann-Oberth-Raumfahrt-<br />
Museum in Feucht, der die größte private<br />
Sammlung von Valier-Materialien besitzt.<br />
Zum Abschluss der Feier wurde eine<br />
Bronzetafel enthüllt, die als bleibende Erinnerung<br />
an den Südtiroler Raketenpionier<br />
in München dient.<br />
Peter Daldos<br />
Fotos: Florian Trojer<br />
Das Grab von Max Valier war lange<br />
Zeit vernachlässigt worden. Vor 30<br />
Jahren hat Josef Oberhofer vom<br />
Heimatpflegeverband die Pflege der<br />
Ruhestätte in die Hand genommen.<br />
Max Valier gilt als Pionier der<br />
Raumfahrt und als Wegbereiter der<br />
Raketentechnik.<br />
Die neue Gedenktafel am Grab von Max<br />
Valier in München<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 39
Aus Verband & Bezirken<br />
Kein Frieden für Villa „Friedheim“<br />
Ensembleschutz für historisches Gebäude mit Garten in Brixner Stadtteil<br />
abgelehnt – Aufrufe bleiben ungehört<br />
Obwohl denkmal- oder zumindest ensembleschutzwürdig, muss die Villa „Friedheim“ (links) modernen Bauten weichen.<br />
In der Villa „Friedheim“, einem historischen<br />
Ensemble aus Haus und Garten im Brixner<br />
Ortsteil Kranebitt ist es jetzt wohl aus mit<br />
dem „Frieden“. Die denkmalschutzwürdige<br />
Villa aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
muss modernen Bauten weichen. Der Forderung<br />
nach Ensembleschutz wurde nicht<br />
stattgegeben. Dabei wäre das ein wichtiger<br />
Schritt im Interesse von Ortsbildpflege, Lebensqualität<br />
und Denkmalschutz (gewesen).<br />
Die „Villa Friedheim“, auch „Villa Penn“<br />
genannt, liegt in schönster Position hoch<br />
über Brixen im Ortsteil Kranebitt, der wegen<br />
seiner sonnigen Position in Hanglage<br />
und der Stadtnähe eine der beliebtesten<br />
Wohnlagen Brixens geworden ist. Dank<br />
seiner Attraktivität bildet Kranebitt aber<br />
auch eine Spielwiese der Bauspekulation.<br />
Aus kleinen Hauseinheiten entstanden in<br />
den vergangenen Jahren massige Bauten.<br />
Nach wie vor wird gebaggert und planiert,<br />
um zum Beispiel Häuser mit Luxuswohnungen<br />
zu errichten.<br />
Im Anschluss an ein solches im Bau<br />
befindliches Projekt mit Luxuswohnungen<br />
liegt die oben erwähnte, heute verlassene<br />
Villa „Friedheim“. Sie bildet stilistisch eine<br />
reizvolle Mischung aus Landhaus und Villa<br />
und erinnert an das früher ländlich geprägte<br />
Kranebitt.<br />
Ein Haus mit Geschichte<br />
Das Haus befindet sich in unmittelbarer<br />
Nähe älterer Gehöfte und wurde wohl zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet. Der<br />
Bau orientierte sich an der Villenarchitektur<br />
der Zeit. Er zitiert historisierende Elemente<br />
wie einen aussichtsreichen Erker,<br />
dekorative Fensterumrahmungen, Jalousien<br />
und fassadenbündige Fenster. Der<br />
Gartenfassade gegen Westen ist im ersten<br />
Obergeschoß eine original erhaltene Holzveranda<br />
mit feingliedriger Verglasung vorgelagert.<br />
Ein Zugang erfolgt über den engen,<br />
malerischen Kranebittweg, ein zweiter<br />
in das Obergeschoß an der Nordfassade<br />
über eine Außentreppe in Holz mit schmiedeeisernem<br />
Geländer. Vor der Hauptfassade<br />
liegt ein Gartengrundstück in attraktiver<br />
Hanglage.<br />
Die Ausrichtung des Hauses auf den Garten,<br />
der sich leicht terrassiert ins Gelände<br />
über dem westseitigen Abhang fügt, entspricht<br />
der Wohnkultur der Zeit. Der Garten<br />
gliedert sich in unterschiedlich genutzte<br />
und bepflanzte rechteckige Flächen, die<br />
durch Hecken, Beeteinfassungen, Wege<br />
und Geländesprünge abgegrenzt sind. Eine<br />
schattige Laube findet man im Außenge-<br />
40<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
Der einst ländliche Stadtteil Kranebitt ist wegen seiner attraktiven Lage zur Spielwiese<br />
für Bauspekulationen geworden.<br />
hunderts auf jeden Fall alle Kriterien des<br />
Ensembleschutzes. Dieser wurde von der<br />
Gemeinde Brixen allerdings nur für den<br />
Stadtkern und in einigen Fraktionen festgeschrieben.<br />
Die Gegend war zudem prähistorisch<br />
besiedelt und, wie Bauarbeiten<br />
in der Nähe immer wieder gezeigt haben,<br />
häufig Ort archäologischer Funde.<br />
Es wäre ein großer Verlust, Baubestand<br />
und Garten einer spekulativen und wenig<br />
hangverträglichen Neuverbauung zu opfern.<br />
Doch danach sieht es im Moment<br />
aus. Die vor einigen Jahren verstorbene<br />
Besitzerin hatte das Haus einem Tierschutzverein<br />
vermacht, der es jedoch an<br />
die benachbarten Bauträger der Großbaustelle<br />
veräußerte. Deren Interesse<br />
erstaunt nicht weiter, bietet das Gelände<br />
doch Platz für eine weitere Mega-Operation<br />
mit absehbaren Großbauten. Damit<br />
aber würde dem Charakter Kranebitts ein<br />
weiterer Schlag versetzt.<br />
Für das Gebäude selbst besteht noch<br />
kein Denkmalschutz. Anrainer, die Vertreter<br />
des Vereines „heimat Brixen/Bressanone/Persenon“<br />
und kulturell Interessierte<br />
haben deshalb mit Nachdruck auf<br />
die sich hier abzeichnenden Eingriffe von<br />
großer Tragweite verwiesen.<br />
Sie forderten:<br />
lände ebenso wie einen Ziergarten und einen<br />
Nutzgarten sowie eine Wiese mit Panoramablick<br />
über Stadt und Tal. Im Garten<br />
hat sich eine beachtliche Zahl an älteren<br />
Bäumen, Gehölzen und Stauden erhalten.<br />
Vortritt für Baulöwen<br />
Das malerische Ensemble wäre denkmalschutzwürdig,<br />
erfüllt aber als Einheit von<br />
Haus und Garten des frühen 20. Jahr-<br />
1. Die dringende Unterschutzstellung<br />
für die Villa „Friedheim“ durch die<br />
Abteilung Denkmalpflege;<br />
2. eine klare Beschränkung von Kubatur<br />
und Bauindex für die absehbare<br />
Verbauung;<br />
3. die Anwendung einer Gestaltungssatzung<br />
im Sinne des neuen Landesgesetzes<br />
„Raum und Landschaft“.<br />
„Nicht schützenswert“<br />
Mit dem artenreichen Garten bildet die Villa ein schützenswertes Ensemble.<br />
(Fotos: Verein „heimat“)<br />
Leider hat sich die Landesabteilung Denkmalpflege<br />
trotz Lokalaugenscheines nicht<br />
zu einem Antrag auf Unterschutzstellung<br />
durchringen können. Auch ein stark besuchter<br />
Medientermin Ende Juli <strong>2020</strong>, an<br />
dem neben dem Verein „heimat“ auch<br />
die Obfrau des Landesverbandes für Heimatpflege,<br />
Claudia Plaikner, sowie kulturell<br />
Interessierte und zahlreiche Anwohner<br />
teilnahmen, konnte die Situation nicht ändern.<br />
Noch in diesem Herbst dürfte der<br />
Abriss erfolgen.<br />
Trotzdem hat das erhebliche Interesse<br />
an der Villa „Friedheim“ die Gemeinde zur<br />
Vorsicht genötigt. Der Schutz des Kranebitter<br />
Hanges, der das Erscheinungsbild<br />
von Brixen wesentlich prägt, muss der<br />
künftigen Gemeindeverwaltung ein Anliegen<br />
sein. Kranebitt ist stark angegriffen,<br />
umso mehr sind seine Restbestände<br />
und der Charakter zu wahren und zeitgerecht<br />
zu interpretieren.<br />
Verein „heimat“/Hans Heiss<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 41
Aus Verband und Bezirken<br />
Neuer Ausschuss im<br />
Bezirk Pustertal<br />
Albert Willeit für drei Jahre zum Obmann gewählt – Schwerpunkte festgelegt<br />
Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes<br />
Südtirol hat einen neuen Obmann. Albert<br />
Willeit wurde bei der jüngsten Bezirksversammlung<br />
im September für drei Jahre<br />
in dieses Amt gewählt. Neben der Neuwahl<br />
des Ausschusses standen ein Rückblick<br />
auf Erreichtes und ein Ausblick auf weitere<br />
Ziele auf dem Programm der Versammlung.<br />
Zunächst blickten Albert Willeit und Landesobfrau<br />
Claudia Plaikner auf die Tätigkeiten<br />
der vergangenen drei Jahre zurück.<br />
So gelang etwa die Erhaltung alter Bausubstanz<br />
in einzelnen Fällen wie bei den Posthäusern<br />
in Sand oder beim Bahnhofsgebäude<br />
in Bruneck, in anderen wurde der<br />
Verbandsbezirk nicht gehört (Rainer/Olang,<br />
Maurer/Welsberg, Kübler/Prags). Die Unterschutzstellung<br />
des technischen Kulturgutes<br />
Überschlag an der Ahr in St. Georgen<br />
wurde ebenso unterstützt wie die Erhebung<br />
der Trockenmauern in Prettau.<br />
Der Bezirk verfasste zahlreiche Stellungnahmen<br />
zu den Tourismuszonen (Saalen,<br />
Sonnenburg, Pfalzen, Terenten) und war<br />
dabei teilweise erfolgreich. Auch der Ortsbildschutz<br />
war und ist den Heimatpflegerinnen<br />
und -pflegern ein Anliegen, wobei<br />
als Beispiele die Sportzone und Gärtnerei<br />
am Eingang von St. Lorenzen in archäologischer<br />
Zone und der Kronplatzweg in der<br />
Brunecker Oberstadt genannt wurden. Kritisch<br />
äußerte man sich zu den teils sehr<br />
invasiven Straßenbauten an sensiblen Orten<br />
wie der Einfahrt ins Gadertal, ebenso<br />
zu einigen überproportionalen Hotelbetrieben<br />
und nicht zuletzt auch zu bestimmten<br />
Entwicklungen im Bereich „Urlaub auf<br />
dem Bauernhof“.<br />
Auch der Bereich Landschaftsschutz<br />
ist ein Kernthema der Heimatpflege, und<br />
so gab es Interventionen zu Almerschließungen<br />
besonders im Ahrntal (u. a. Schöllbergalm<br />
in archäologischem Gebiet), zur<br />
Düngung und Gülleausbringung in Natura-2000-Gebieten<br />
(Armentara) oder zur<br />
Umwidmung der Erlaue in St. Sigmund.<br />
Schließlich werfen die Heimatpfleger neben<br />
viel Sensibilisierungsarbeit auch kritische<br />
Blicke auf den Ensembleschutz, zu<br />
dem in vielen Gemeinden entsprechende<br />
Pläne fehlen, und auf die mitunter unpassende<br />
Friedhofsgestaltung, besonders, was<br />
die Urnengräber betrifft.<br />
Albert Willeit engagierte sich in den vergangenen<br />
Jahren in der Landschaftsschutzkommission<br />
und hat sich für die Verbesserung<br />
des neuen Gesetzes für Raum und<br />
Landschaft eingesetzt, Walter Harpf kümmerte<br />
sich um die digitale Kommunikation,<br />
Klaus Graber um den Bereich Umweltschutz<br />
und um die Einbeziehung der<br />
Jugend, Michael Burger um den Ensembleschutz.<br />
Landesobfrau Claudia Plaikner<br />
kümmerte sich vor allem um den Ausbau<br />
von Kontakten zu Ämtern und Institutionen.<br />
Aus den Neuwahlen ging Albert Willeit<br />
als Obmann hervor. Mit ihm im Ausschuss<br />
arbeiten Walter Harpf, Heinz Mariner,<br />
Pauline Moser und Oskar Messner.<br />
Einige Schwerpunkte für die künftige Tätigkeit<br />
sind bereits formuliert (siehe Kasten)<br />
Der neue Ausschuss: Oskar Messner… Heinz Mariner, … Pauline Moser, …<br />
42<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
E wie Einsatz, K wie Kritik<br />
Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes Südtirol wird weiterhin ein wachsames Auge auf die Entwicklung und die<br />
Geschehnisse im Osten des Landes haben. Der neue Obmann, Albert Willeit, nennt einige Schwerpunkte im Programm:<br />
> Einsatz für den Erhalt und die Sanierung historischer Gebäude, aber auch wertvoller Landschaftselemente;<br />
> Einsatz gegen die Verbauung der Landschaft sowie gegen die Auswüchse des Bauens, insbesondere im Bereich Tourismus;<br />
> Einsatz für die Hebung des Niveaus der Baukultur und damit für eine bessere Architektur;<br />
> Verstärkte Beratung in Ortsbildfragen für Gemeinden;<br />
> Aufzeigen von Mängeln im neuen Raumordnungsgesetz mit dem Ziel, es zu verbessern;<br />
> Kritik an überdimensionierten Straßen und problematischen Almerschließungswegen;<br />
> Kritik an der letzthin vermehrt bemerkten kompromissbereiten Haltung in den Ämtern für Natur und Landschaftsplanung;<br />
> Kritik an der Wirtschaftsweise in Natura-2000-Gebieten wegen Planierungen und Düngung.<br />
Walter Harpf und Albert Willeit. Landesobfrau Claudia Plaikner<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 43
Aus Verband und Bezirken<br />
„Ein Weckruf an uns alle“<br />
Kundgebung gegen Bahnverbindung auf den Confinböden<br />
Die Confinböden (auch Cunfinböden) sind<br />
wieder in Gefahr. Eine Verbindungsbahn<br />
soll zwischen Kastelruth und St. Christina<br />
(Monte Pana-Saltria) – mitten durch die einmaligen<br />
Confinböden – errichtet werden. Anfang<br />
September lud der Heimatpflegeverband<br />
gemeinsam mit der Gruppe „Nosc Cunfin –<br />
Unser Cunfin“ zu einer Kundgebung vor Ort<br />
ein. Vizepräsident Sepp Vieider rief dabei<br />
zum Umdenken auf.<br />
In Vertretung des Heimatpflegeverbandes<br />
Südtirol sprach Sepp Vieider den anderen<br />
Organisatoren der Kundgebung die volle<br />
Solidarität aus. Es gehe schließlich um die<br />
ureigenen Anliegen der Heimatpflege: um<br />
den Schutz und die Pflege einer einzigartigen<br />
Natur- und Kulturlandschaft, um das<br />
Maßhalten und um die nachhaltige Entwicklung<br />
des Gebietes am Fuße des Langkofel.<br />
Bereits im Juli hatte sich der Heimatpflegeverband<br />
mit einer Eingabe gegen den Beschluss<br />
des Gemeinderates von St. Christina<br />
ausgesprochen, mit dem eine Zahnradoder<br />
Umlaufbahn zwischen den Skizonen<br />
Seiseralm und Monte Pana–Ciampinoi–Sellajoch<br />
befürwortet worden war. Die<br />
Entscheidung sei nicht nur unvereinbar mit<br />
dem landschaftlichen Gebietsplan der Seiser<br />
Alm, sondern vor allem ein Eingriff in<br />
ein Wasserschutzgebiet sowie in eine intakte<br />
Kultur- und Naturlandschaft.<br />
„Laut unserem Landesvermarkter IDM<br />
soll Südtirol die nachhaltigste Region in<br />
Europa werden. Das kann aber nicht gelingen,<br />
solange unsere Gemeinde- und<br />
Landespolitik nicht beim Ursprünglichsten<br />
ansetzt: beim Bewahren der Natur“,<br />
betonte Sepp Vieider bei der Kundgebung.<br />
Der geplante Eingriff möge kurzfristige wirtschaftliche<br />
Vorteile für die Projektwerber<br />
bringen, langfristig gefährde er aber die<br />
Landschaft und schädige damit die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der betroffenen Gebiete.<br />
Der Vizepräsident des Heimatpflegeverbandes<br />
verwies zudem auf den Tag der<br />
Erdüberlastung, der heuer am 22. August<br />
erreicht wurde. Es ist jener Tag, an dem<br />
die Menschheit alle natürlichen Ressourcen<br />
aufgebraucht hat, die innerhalb eines<br />
Jahres regenerieren können. „Dieser Tag ist<br />
ein Weckruf an uns alle“, so Sepp Vieider.<br />
„Ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit<br />
ist schließlich nicht Sache der anderen,<br />
sondern etwas, was wir selbst vorantreiben<br />
müssen… Hoffentlich haben unsere<br />
politischen Entscheidungsträger in Land<br />
und Gemeinden diesen weltweiten Weckruf<br />
nicht überhört.“<br />
Die Gruppe „Nosc Cunfin – Unser Cunfin“<br />
hat im Zuge der Entwicklungen auf<br />
der Seiser Alm auch eine Petition gestartet.<br />
Über 3000 Unterschriften gegen<br />
die Bahnverbindung wurden gesammelt<br />
und am 16. September Landeshauptmann<br />
Arno Kompatscher übergeben.<br />
Dieser reagierte positiv, erklärte der<br />
Gruppe aber, dass beim Land noch<br />
kein Antrag für die Bahnverbindung<br />
eingegangen sei, weshalb die Landesregierung<br />
noch keine Entscheidung<br />
treffen könne.<br />
Die Kundgebung auf den Confinböden. Sepp Vieider (kleines Bild) rief zum Umdenken auf – jeden Einzelnen, aber auch die<br />
Entscheidungsträger im Land. (Fotos: HPV)<br />
44<br />
KulturFenster
Im Gedenken<br />
Heimatpflege<br />
Mit dem Auge einer Künstlerin …<br />
Paula Marmsoler Pedrotti war die gute Seele des Bozner Stadtmuseums<br />
Paula Marmsoler Wwe. Pedrotti,<br />
( *4.2.1928 † 31.7.<strong>2020</strong>)<br />
Paula Marmsoler Pedrotti – bekannt<br />
und geschätzt als „Frau Pedrotti“, die<br />
gute Seele des Bozner Stadtmuseums,<br />
starb am 31. Juli <strong>2020</strong>. In schwierigen<br />
Zeiten, in denen der Bozner Museumsverein<br />
im Gebäude der Stadtgemeinde<br />
lediglich geduldet war, war Frau Pedrotti<br />
für die deutschsprachigen Bozner<br />
die wichtigste Ansprechpartnerin<br />
im Museum.<br />
1928 in Kastelruth als Tochter des<br />
Spenglermeisters Alfons Marmsoler und<br />
der aus Schalders stammenden Paula<br />
Schlechtleitner geboren, war Paula<br />
bereits als Kind mit einer besonderen<br />
Gabe ausgestattet: Sie konnte außergewöhnlich<br />
gut zeichnen und malen.<br />
Leider wurde ihr in der Faschistenzeit<br />
der Besuch einer Kunstschule in Rom<br />
nicht ermöglicht. Als Autodidaktin sah<br />
sie mit den besonderen Augen einer<br />
Künstlerin die Schönheiten unserer<br />
Gebirgslandschaft und die Besonderheiten<br />
der bäuerlichen Trachten, die ihr,<br />
aus der Hochburg der Südtiroler Trachten<br />
stammend, ein besonderes Anliegen waren.<br />
Ihr gutes Deutsch befähigte sie, den<br />
Kindern gehobener Familien in Rom und<br />
Bologna Sprachunterricht zu geben.<br />
Mit 29 Jahren heiratete Paula Marmsoler<br />
den Witwer Remo Pedrotti, Fotograf und<br />
Kustos des Bozner Stadtmuseums, und<br />
wohnte auch nach seinem Tod (1986) bis<br />
1997 in der Kustodenwohnung. Dort wuchsen<br />
auch die beiden Kinder Isabella und<br />
Georg und die Söhne aus Remo Pedrottis<br />
erster Ehe auf.<br />
Inmitten bedeutender Kunstwerke, die<br />
vor allem das kunstbeflissene Bozner Bürgertum<br />
zusammengetragen hatte, war die<br />
Kustodin besonders von der Volkskultur<br />
angetan, namentlich den Stuben und den<br />
angezogenen Trachtenfigurinen von Josef<br />
Moroder Lusenberg. Als der Museumsverein<br />
beschloss, diese fotografisch detaillierter<br />
zu dokumentieren, war Paula Marmsoler<br />
Pedrotti zusammen mit der unvergessenen<br />
Maridl Niedermair Nagele und der Textilrestauratorin<br />
Irene Tomedi Feuer und Flamme.<br />
Als Freizeitmalerin stellte Paula Marmsoler<br />
Pedrotti ihre Aquarelle in Arco, Bozen,<br />
Seis am Schlern und ihrem Heimatort<br />
Kastelruth aus. Vorausgegangen war der<br />
Besuch der Brunecker Sommerakademie<br />
in den 1980er-Jahren. Feine Pinselstriche<br />
und sanfte Farbtöne charakterisieren<br />
die einfachen und malerischen Motive<br />
als besonders schönen Ausdruck der<br />
Liebe zu unserer Heimat.<br />
Im Jahr 1997 zog Paula Marmsoler<br />
verwitwete Pedrotti nach 40 Jahren in<br />
ihren Heimatort Kastelruth. Ihre Tochter<br />
Isabella hatte das ermöglicht und<br />
stand weiterhin ihrer geliebten Mutter<br />
sehr nahe.<br />
Gewöhnt, im kulturellen Bereich<br />
aktiv zu sein, interessierte sich Paula<br />
Marmsoler für die Restaurierung der<br />
Figuren des Kalvarienberges am Kastelruther<br />
Kofel und trat dem dortigen<br />
Heimatpflegeverein Schlern bei. Große<br />
Freude empfand sie, als 2012 die Kastelruther<br />
Musikantentracht, den historischen<br />
Bildquellen entsprechend, vervollständigt<br />
und korrigiert wurde.<br />
Geistig völlig präsent, verbrachte sie<br />
ihre letzten drei Jahre im Kastelruther<br />
Seniorenheim, wobei ihre Tochter Isabella<br />
und die Malkunst wichtige Hilfen<br />
waren.<br />
Uns allen, die wir das Glück hatten,<br />
sie zu kennen, wird sie stets in guter<br />
Erinnerung bleiben.<br />
Hinter ihrer Einfachheit verbarg sich<br />
Größe und Tiefe.<br />
Helmut Rizzolli<br />
Tiroler Ball<br />
1988: vorne<br />
rechts Paula<br />
Marmsoler<br />
Pedrotti und<br />
links Midl<br />
Niedermair<br />
Nagele, stehend<br />
das Ehepaar<br />
Rizzolli<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 45
Arge Lebendige Tracht<br />
Neue Trachtenbroschüre<br />
liegt auf<br />
Gemeinschaftswerk von VSM,<br />
ArGe Lebendige Tracht und ArGe Volkstanz<br />
Das Wissen um das richtige Tragen der Tracht wurde von Generation zu Generation weitergegeben.<br />
Doch konnte man in den vergangenen Jahren bei Trachtenträgerinnen und -trägern<br />
eine gewisse Unsicherheit feststellen, was das Tragen und die Pflege der Tracht anbelangt.<br />
Es wurde zwar versucht, bei Fortbildungsveranstaltungen auf die vielen offenen<br />
Fragen einzugehen, doch der Wunsch nach einer gedruckten Informationsbroschüre wurde<br />
immer deutlicher erkennbar.<br />
Die Initiative ging vom Verband Südtiroler<br />
Musikkapellen (VSM) aus, der sich die<br />
Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht im<br />
Heimatpflegeverband und die Arbeitsgemeinschaft<br />
Volkstanz mit ins Boot holte.<br />
Eine relativ kleine Arbeitsgruppe legte<br />
sich voll ins Zeug, und bald schon nahm<br />
die Trachtenbroschüre Gestalt an. Wichtig<br />
war dabei allen, auf die wichtigsten<br />
Fragen klare Antworten zu geben. Auf<br />
die jeweiligen Bedürfnisse der Mitgliedsverbände<br />
wurde Rücksicht genommen.<br />
Klare Gliederung<br />
Die „Gedanken zur Tracht“ stimmen auf<br />
das Thema ein. Sie lassen uns bewusst<br />
werden, was es mit der Tracht auf sich<br />
hat, welcher kulturelle Wert und welche<br />
soziale Botschaft von einer Tracht ausgehen.<br />
Den Hauptteil bilden die Kapitel<br />
über die Frauen- und die Männertracht.<br />
Auf die einzelnen Teile wird kurz<br />
und bündig eingegangen, und Beispiel<br />
gebende Fotos ergänzen zusätzlich den<br />
Text. Im abschließenden Kapitel „Was<br />
weiß ich eigentlich über meine Tracht?“<br />
kann man ein wenig in die Geschichte<br />
der Tracht hineinschnuppern.<br />
Kostbares Gewand braucht<br />
gute Pflege<br />
Da die Anschaffung einer Tracht eine<br />
kostspielige Angelegenheit ist, ist es<br />
umso wichtiger, dass sie gut gepflegt<br />
wird. Dies gilt vor allem für Vereinstrachten,<br />
die nur ausgeliehen werden. In der<br />
Broschüre gibt es wertvolle Tipps, sodass<br />
niemand verzweifeln muss, wenn<br />
einmal ein Fleck auf der Tracht landet<br />
oder die Tracht einen Regenguss abbekommen<br />
hat.<br />
Großzügige Verteilung<br />
Titelbild der neuen Trachtenbroschüre<br />
Die Broschüre wurde in einer Auflage<br />
von 10.000 Stück gedruckt und wird<br />
über die drei beteiligten Verbände an<br />
alle interessierten Trachtenträgerinnen<br />
und Trachtenträger kostenlos verteilt. Sie<br />
liegt auch in den jeweiligen Verbandsbüros<br />
auf.<br />
Abschließend sei allen gedankt, die in irgendeiner<br />
Weise ehrenamtlich zum Gelingen<br />
dieser Trachtenbroschüre beigetragen<br />
haben.<br />
Agnes Andergassen<br />
46<br />
KulturFenster
Heimatpflege<br />
•Büchertisch•<br />
Der Dämmrung ins Maul<br />
Karl Tschurtschenthaler veröffentlicht ersten Gedichtband<br />
Der in Toblach geborene und in Pfalzen<br />
lebende Redakteur und Schriftsteller<br />
Karl Tschurtschenthaler hat seinen<br />
ersten Gedichtband veröffentlicht.<br />
Während seiner Oberschulzeit im Vinzentinum<br />
in Brixen hat er die ersten<br />
Gedichtzeilen zu Papier gebracht, erinnert<br />
sich der heute 52-Jährige. In<br />
den Wiener Jahren, während seiner<br />
Ausbildung zum Pastoralassistenten<br />
und Religionslehrer, hat er endgültig<br />
die Liebe zur Lyrik entdeckt: „Es war<br />
eine besondere und fruchtbare Zeit in<br />
Wien.“ Danach rückten Beruf und Familie<br />
in den Vordergrund. Ein Lyrikseminar<br />
bei Sepp Mall im Herbst 2013<br />
war schließlich der Impuls zum Neuanfang<br />
und Weiterschreiben: „Schreiben<br />
ist für mich pures Handwerk. Es gibt selten<br />
den spontanen Einfall, und oft beginne ich<br />
ohne ein Ziel vor Augen.“ Seit der ersten<br />
Begegnung begleitet ihn Sepp Mall. Er war<br />
auch die treibende Kraft, die ihn ermuntert<br />
hat, die Gedichte zu veröffentlichen.<br />
„Tiefgründig, ernsthaft verspielt,<br />
innovativ in der Sprache,<br />
so müssen Gedichte sein.“<br />
(Sepp Mall)<br />
Karl Tschurtschenthaler will die Dinge,<br />
die ihn beschäftigen, in Zeilen fassen. Er<br />
schreibt über die Liebe, das Alter, Tod,<br />
Vergänglichkeit und kleidet Naturbilder,<br />
Landschaften und Jahreszeiten in Worte<br />
und Textsplitter. Aber auch heitere Gedankenspiele<br />
sollen dem Leser immer wieder<br />
ein Lächeln entlocken. Die Texte überraschen<br />
durch das immer wieder fehlende<br />
„e“, das zu einem kleinen schriftstellerischen<br />
Markenzeichen wird.<br />
Der Gedichtband ist im retina-Verlag erschienen,<br />
Karls Frau Annemarie und den<br />
beiden Töchtern Lisa und Marie gewidmet<br />
und über den Autor oder im Handel erhältlich.<br />
Bei der Buchvorstellung bedankte sich<br />
der Autor auch beim Verlagsleiter Thomas<br />
Kager und der Lektorin Debora Nischler<br />
sowie bei der Kulturabteilung des Landes<br />
Südtirol für die Unterstützung.<br />
Stephan Niederegger<br />
Textauszüge:<br />
Wolkn werdn<br />
Auf großn<br />
Himmln über fremdn<br />
Erdn und Meern<br />
werdn Wolkn zu<br />
herrnlosn<br />
Hemdn<br />
aufgeknöpft<br />
fliegn sie der<br />
Dämmrung ins<br />
Maul<br />
Runzln<br />
Mit zunehmendem<br />
Alter wächst<br />
die Haut sich aus<br />
sich groß<br />
oder es<br />
schrumpft bloß<br />
der Inhatl<br />
Stirnrunzln<br />
sind die<br />
schlimmstn<br />
Ungereimt<br />
Komm du<br />
ich will dich liebn<br />
ein Gedicht lang<br />
und breit<br />
ungereimt und<br />
unverschämt<br />
will in jeder Zeile<br />
dich suchn und fi ndn<br />
und dazwischn<br />
will dich haltn<br />
in jedm Wort<br />
und deine Haut ist<br />
das Papier auf dem<br />
ich schreib<br />
Konzert<br />
Ein grauer Himml<br />
ging durch die Stadt drin<br />
hing November bis April<br />
und in den nassn Straßn<br />
saßn Orchester von Wagn<br />
warn im Rotlicht dicht<br />
versammlt zum Konzert<br />
und lagn sich spielnd<br />
in den Haarn<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong> 47
Danke<br />
Danke an alle Rettungskräfte<br />
Danke an alle Pflegekräfte<br />
Danke an alle, die im Supermarkt arbeiten.<br />
Danke an alle Polizisten<br />
Danke an alle Ärzte<br />
Danke an alle Menschen,<br />
die durch ihre Arbeit dem Coronavirus ausgesetzt sind,<br />
aber trotzdem weitermachen!<br />
Ohne euch ginge es nicht!<br />
Impressum<br />
Mitteilungsblatt des Verbandes Südtiroler<br />
Musikkapellen, des Südtiroler Chorverbandes<br />
und des Heimapflegeverbandes Südtirol<br />
Eigentümer und Herausgeber:<br />
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen<br />
Ermächtigung Landesgericht Bozen<br />
<strong>Nr</strong>. 27/1948<br />
Schriftleiter und im Sinne des Pressegesetzes<br />
verantwortlich:<br />
Dr. Alfons Gruber<br />
Als Pressereferenten für die Darstellung der<br />
entsprechenden Verbandsarbeit zuständig:<br />
VSM: Stephan Niederegger,<br />
E-Mail: kulturfenster@vsm.bz.it<br />
SCV: Paul Bertagnolli,<br />
E-Mail: info@scv.bz.it<br />
HPV: Florian Trojer,<br />
E-Mail: florian@hpv.bz.it<br />
Unverlangt eingesandte Bilder und Texte<br />
werden nicht zurückerstattet.<br />
Redaktion und Verwaltung:<br />
Verband Südtiroler Musikkapellen,<br />
I-39100 Bozen, Schlernstraße 1, Waltherhaus<br />
Tel. 0471 976387 - Fax 0471 976347<br />
E-Mail: info@vsm.bz.it<br />
Einzahlungen sind zu richten an:<br />
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen,<br />
Waltherhaus<br />
Raiffeisen-Landesbank, BZ<br />
IBAN: IT 60S03493 11600 0003000 11771<br />
SWIFT-BIC: RZSBIT2B<br />
Jahresbezugspreis: Euro 20<br />
Gefördert von der Kulturabteilung<br />
der Südtiroler Landesregierung.<br />
Druck: Ferrari-Auer, Bozen<br />
Das Blatt erscheint als Zweimonatszeitschrift,<br />
und zwar jeweils am 15. Februar, April, Juni,<br />
August, <strong>Oktober</strong> und Dezember.<br />
Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen<br />
Vormonats.<br />
48<br />
KulturFenster