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Kulturfenster Nr. 05|2020 - Oktober 2020

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-70% – NE BOLZANO – 72. Jahrgang

Nr. 5 | OKTOBER | 2020

Zweimonatszeitschrift

KulturFenster

Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol

Geführtes Hören in der Ensemblearbeit

Peter Hölzl zum Gedenken

MundART pflegt Mundart


• Geleitwort •

• Inhalt •

• Blasmusik

Geführtes Hören in

der Ensemblearbeit 3

Stillstand und Elan im Musikjahr 2020 6

Die Leistungszeichen go digital 9

Konzertkino in Naturns 11

Jugendseite:

Die Michaeler Juka stellt sich vor 12

Zur Person: Norbert Rabanser und

der „Lieblingstrommler Marsch“ 14

Ars Nova: Kapellmeister

Dietmar Rainer und „Muss es

immer etwas Neues sein?“ 16

Der international bekannte Posaunist

Peter Steiner und die

Herausforderungen der Pandemie 18

„Fein sein, beinander bleibn“ –

eine Bearbeitung von Gottfried Veit 19

Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien 19

„Ich mache mir Sorgen…“

„Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives und

Qualitätsvolles, das in den letzten Jahren mit

viel Mühe aufgebaut wurde, nun ins Wanken

gerät, wenn sich nicht bald etwas ändert“. Der

Verbandsobmann des VSM Pepi Fauster bittet

die Musikkapellen „bei der Stange“ zu bleiben,

um zu helfen, ,,dass diese schwierige Zeit

sicher überbrückt werden kann.“ Aber auch

die Politik, so Fauster, müsse viel mehr „herschauen“

und mit wohlwollenden konkreten

Maßnahmen die Musikkapellen unterstützen,

damit ,,das bisher Aufgebaute gut weitergeführt

werden kann.“ – Grundsätzliche Überlegungen

über die Probenmethodik im Blasorchester

vermittelt ein Buch, das vor kurzem

im Helbling-Verlag (Innsbruck) erschienen ist.

Ziel ist es, Dirigentinnen und Dirigenten ebenso

wie Ensemble-Mitgliedern ein effizientes „Instrument“

in die Hand zu geben, um Aspekte

wie Zusammenklänge, rhythmische Passagen

oder harmonische Bewegungen in Ensembles

zu erfassen, Probleme zu erkennen und das

Klangerlebnis nachhaltig zu verbessern.

Der Chorverband erinnert in einem Beitrag

an den bedeutenden Südtiroler Komponisten,

• Chorwesen

Damit die Chöre

weitersingen –

Chorleiterausbildung

startet an Musikschulen 20

Proben mit Maske –

Südtiroler Chöre

kehren (langsam) zurück 20

Herausragende Beispiele

neuerer Kirchenmusik:

Erinnerung an den

Komponisten Peter Hölzl 21

Requiem von Karl Jenkins.

Das Projekt 2021 des

Bezirks Pustertal 23

Musiktheater „DU HAST `

nen FREUND IN MIR“ von

Tuba-Voiceline und

Kinderchor Ehrenberg 23

Pädagogen und Kirchenmusiker Peter Hölzl,

der vor 10 Jahren verstorben ist und jetzt

100 Jahre alt geworden wäre. Hölzl, aus Andrian

stammend, war u.a. Herausgeber des

Orgelbuches der Diözese Bozen-Brixen „Unser

Gotteslob“ und des Buches „Musik macht

Freude“, eine praktische Anleitung zum Singen.

Seine vielen Werke – u.a. der „Sonnengesang

des Hl. Franziskus“ – sind geprägt

von Einfachheit und Bescheidenheit und von

einem tiefen Glauben.

Der Heimatpflegeverband widmet sich umfassend

in dieser Ausgabe der Mundart. Die

Arbeitsgemeinschaft MundART hat einen

neuen Vorsitzenden. Mit ihm, Johannes Ortner,

und mit dem ehemaligen Obmann Martin

Achmüller wirft das KulturFenster einen Blick

nach vorne und einen Blick zurück. – Albert

Willeit, seit vielen Jahren aktiver Heimatpfleger

und Bezirksobmann des Pustertales, fragt

nach der Bedeutung des Ensembleschutzes

in den Südtiroler Gemeinden. Der Ensembleschutz

sei zwar wichtig – aber ohne Chance?

Das argwöhnt er mit einem Anflug von deprimierender

Ernüchterung.

•Heimatpflege

Alfons Gruber

„Schreiben wia mr reden“ –

ArGe MundART hat neuen Obmann 24

Dialekte stehen für Vielfalt - Der neue

Obmann Johannes Ortner im Gespräch 27

Margit von Elzenbaum –

Gedichte,Prosa und Mundart 29

Alte Gegenstände neu entdeckt:

das Betrachtungssärglein 31

Informiert und reflektiert: Berge brauchen

keine Inszenierung 32

Ensembleschutz – wichtig, aber ohne Zukunft? 34

Vom Allerheiligenbrauch zu Halloween 36

Gedenktafel für Max Valier enthüllt 38

Kein Ensembleschutz für Villa Friedheim

im Brixner Ortsteil Kranebitt 40

Albert Willeit ist der neue Obmann

der Heimatpflege im Bezirk Pustertal 42

Kundgebung gegen Bahnverbindung 44

In Gedenken: Paula Marmsoler Pedrotti 45

Eine neue Trachtenbroschüre 46

Büchertisch: „Der Dämmrung ins Maul“ 47

2

KulturFenster


Das Thema

Blasmusik

Geführtes Hören in der

Ensemble-Arbeit

Einige grundsätzliche Überlegungen über die Probenmethodik im Blasorchester

Das Autoren-Trio Christoph Breithack, David W. Clemmer und John D. Pasquale hat im heurigen

Frühjahr ein neues Buch veröffentlicht, das Dirigentinnen und Dirigenten und Ensemble-Mitglieder

einlädt, die Probenarbeit von Grund auf zu überdenken, und ihnen ein

effizientes Instrument an die Hand gibt, um Aspekte wie Zusammenklänge, rhythmische

Passagen oder harmonische Bewegungen im Ensemble zu erfassen, Probleme zu erkennen

und das Klangergebnis nachhaltig zu verbessern: „Probenmethodik Blasorchester –

Geführtes Hören in der Ensemble-Arbeit“. Es bietet eine einzigartige Herangehensweise

für die Arbeit mit Blasorchestern und anderen Ensembles. Alexandra Link hat dieses praktische

Lehr- und Übungsbuch in ihrem Blasmusikblog.com vorgestellt.

Wir bedanken uns bei der Autorin, die uns freundlicherweise den Text zum Nachdruck

zur Verfügung gestellt hat.

die schon seit langer Zeit bestehen und

in denen ganz viel über Imitation vermittelt

wird. Für angehende Dirigenten ist das

aber schwierig, weil sie nie systematisch

gelernt haben, worauf es denn letztendlich

ankommt und wie ein Ensembleklang tatsächlich

hörend analysiert wird. Vielmehr

haben sich viele ihr eigenes System über

die Zeit zusammengesucht. Diese Vorgehensweise

führt aber – wenn man das

ganze System betrachtet – nicht zu Qualität,

da sie individuell, also zufällig ist.“

Das Buch basiert ursprünglich auf der Dissertation

von John D. Pasquale. Mit ihm

kam der bei Freiburg lebende Christoph

Breithack bereits im Jahr 2012 auf der

MidWest in Chicago ins Gespräch. Im gegenseitigen

Austausch haben beide Pädagogen

festgestellt, dass sie bezüglich ihrer

Probenarbeit mit ihren Orchestern an der

jeweiligen Schule vergleichbar arbeiten.

Der gewichtigste gemeinsame Nenner in

ihrer Probenarbeit ist die kontinuierliche

Anleitung der Musikerinnen

und Musiker zum

richtigen Zuhören während

des Spielens.

Der gegenseitige Austausch

hat sich danach bald in eine

konkrete Zusammenarbeit gewandelt.

Im Laufe der Jahre

haben die drei das ursprüngliche

System in dieser Probenarbeit

weiterentwickelt und erprobt,

bis sie sich schließlich

entschlossen haben, alle Erkenntnisse

in einem Buch zusammenzufassen.

„Geführtes Hören in der

Ensemble-Arbeit“ lesen wir

im Untertitel. Ist das Buch

also eine Anleitung zum Zuhören

und eigenverantwortlichen

„Hören“ der Musikerinnen

und Musiker in einem

Orchester? Hören kann doch

eigentlich jeder. Also, wozu? Haben wir das

Zuhören verlernt? Dazu Christoph Breithack

im Interview: „Das nötige Wissen, worauf zu

hören ist und wie zu hören ist, wird selten

umfassend vermittelt. Mit „verlernen“ hat

das nichts zu tun. Es ist vielmehr so, dass

es bei uns im deutschsprachigen Raum

keine Tradition gibt, diese Dinge umfassend

zu lehren. Ein Grund dafür ist vermutlich,

dass es so viele Ensembles gibt,

Modell des Geführten Hörens

Das Buch lehrt Dirigenten also eine systematische

Herangehensweise an das

Analysieren von dem, was sie in der Probe

hören und beinhaltet eine probenpädagogische

Methode, das Gehörte – ausgehend

von den Bereichen Klangerzeugung,

Puls, Balance und musikalische

Gestaltung, im Buch dargestellt durch

ein „Atommodell“ – ganz konkret zu

verbessern. Wie oben schon beschrieben,

ist der Mittel zum Zweck die Anleitung

der Musikerinnen und Musiker

zum Hören.

Die Methode verwendet sowohl für die

Musiker, als auch für den Dirigenten drei

Höraufmerksamkeitsstufen.

Nr. 05 | Oktober 2020 3


Das Thema

Stufe 1: Der Musiker hört sich selbst zu - der

Dirigent hört auf einzelne Musiker.

Stufe 2: Der Musiker hört auf die Musiker

zu seiner linken und rechten Seite

(Instrumentengruppe/Register) -

der Dirigent hört auf einzelne Instrumentengruppen.

Stufe 3: Die Instrumentengruppe im Kontext

des ganzen Ensembles - der

Dirigent hört auf das Zusammenspiel

des ganzen Ensembles.

Seit 6 Jahren arbeitet Christoph Breithack

nicht nur mit seinen Bläserklassen

mit dieser Methode, sondern auch mit seinem

Musikverein Freiburg - St. Georgen.

Zu seiner Probenarbeit habe ich ihm ein

paar Fragen gestellt:

Wie hat sich die Probenarbeit verändert?

Christoph Breithack: Die Probenarbeit ist

inhaltlich langfristiger ausgerichtet und

strukturierter, da sie einem Curriculum

folgt (entsprechend der Inhaltsangabe

des Buches). Die Leute sind bei der Probenarbeit

immer mit irgendeiner Aufgabe

beschäftigt und wissen genauer, was sie

tun. Wir arbeiten mehr und strukturierter

an spieltechnischen und musikalischen

Grundlagen.

Wie hat sich der Klang, Balance und das

Zusammenspiel entwickelt?

Christoph Breithack: So, dass wir vom

Publikum darauf angesprochen werden.

Das Orchester klingt so, dass man

gerne zuhört.

Welche Elemente verwendest Du an jedem

Probenanfang?

Christoph Breithack: Eine Auswahl aus den

Ensembletrainings. Atemübungen, lange

Töne, Intervalle, Rhythmen zählen und

spielen und immer einen Choral – einoder

mehrstimmig. Dazu ist in den Ensembletrainings

beschrieben, wie Choräle

so eingesetzt werden können, dass auch

ein musikalischer Lernzuwachs entsteht.

Wie bekommst Du (trotzdem) Abwechslung

in den Probeneinstieg?

Christoph Breithack: Kurzfristig gar nicht.

Es ist immer genau gleich. Die Dinge sollen

sich einschleifen. Wie Elfmeter schießen

beim Fußballtraining. Langfristig, durch

eine Veränderung der Auswahl der Trainings.

Und die Choräle wechseln. Aber

auch da spielen wir schon mal über 4-5

Wochen immer denselben. Die Einspielphase

ist eine Lernphase. Lernen braucht

Wiederholung und Dinge müssen sich einschleifen

und setzen. Abwechslung ist da

kontraproduktiv.

Ergänzend schreibt Christoph Breithack

zu seiner eigenen Probenarbeit mit dem

Musikverein St. Georgen:

„Wenn ich konkret ein Stück probe, höre

ich auf die im „Atommodell“ beschriebenen

Aspekte: Wie fangen Töne an, wie

klingen sie, wie enden sie. Wann fangen

sie an, wann enden sie. Wie sitzen die

Musikerinnen und Musiker, wie atmen

sie. Wie sind die Klangfarben bei einzelnen

Musikern, bei Gruppen, bei allen.

Wie werden Artikulationszeichen ausgeführt?

Werden sie einheitlich ausgeführt?

Wenn ich dann höre, dass es irgendwo

Probleme gibt, trainiere ich diese Punkte

mit Ensembletrainings und reagiere mit

entsprechenden Probentechniken darauf.

Die sehen natürlich in einer Bläserklasse

anders aus als bei einem Blasorchester

mit Erwachsenen. Aber inhaltlich

ist es dasselbe.“

Auffallend ist, dass der in der herkömmlichen

Probenarbeit so wichtige Begriff „Intonation“

in der Methode zwar vorkommt,

jedoch kein eigenes Kapitel einnimmt. Dazu

Christoph Breithack: „Das ist bewusst so

gemacht. Bei Intonation wird viel zu häufig

auf Frequenzen und viel zu selten auf

Balance und Tonqualität geachtet. Das

sind aber wesentliche Voraussetzungen

für die Intonation.

Wenn man Spielern sagt, dass sie in Hörstufe

2 zunächst gleich laut spielen sollen

und dann in einem zweiten Schritt noch

ihre Klangfarben abgleichen sollen, stimmen

sie in der Intonation in 98% der Fälle

überein. Wir verwenden deshalb das Bild

von zentrierten und unzentrierten Klängen

zur Beschreibung der Tonqualität.

Im Zusammenspiel mit den Höraufmerksamkeitsstufen

und entsprechend abge-

4

KulturFenster


Blasmusik

Das „Hören“ ist ein wesentlicher Teil der Probenmethodik, damit das Orchester so klingt, dass man gerne zuhört – im Bild

Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Dirigentenwerkstatt in Eppan (2018).

Alexandra Link, die Autorin des Artikels,

mit dem Medienreferent des VSM,

Stephan Niederegger

glichenem Spiel führt das zu guter Intonation.

Die harmonischen Zusammenhänge

sind dabei auch ein zu beachtender Aspekt.

Das ist aber ein Thema der Musiktheorie

und wird im Buch nur kurz angesprochen.“

Der vollständige Artikel

ist über folgenden

QR-Code abrufbar.

Dieser ist mit Stellungnahmen

der Dirigenten

Michiel Oldenkamp,

Harald

Vetter und Andreas

Weller ergänzt, die Inhalte des Buches

bereits jetzt in ihre Probenarbeit einfl ießen

lassen.

Obwohl für Blasorchester entwickelt, ist

diese Probenmethodik auch in jeder anderen

Ensemble-Besetzung sowie in Bläserklassen

und im Instrumentalunterricht

einsetzbar.

Das Buch kann im gängigen Musikhandel

oder direkt beim Helbling-Verlag bestellt

werden.

Alexandra Link

Weiterführende Informationen der

Autoren in englischer Sprache sind

im Internet abrufbar:

www.directedlisteningmodel.com

KulturFenster

Redaktion KulturFenster

Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it

Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November 2020.

Nr. 05 | Oktober 2020 5


Aus Verband und Bezirken

Stillstand und Elan im

Musikjahr 2020

Corona schränkt die Tätigkeit der Musikkapellen sehr stark ein

Nur durch die Kraft des Vereins und durch die Unterstützung von außen wird es möglich sein, dass in den Musikkapellen wieder

gemeinsam musiziert werden kann – im Bild die Bürgerkapelle Latsch.

Ist das Jahr 2020 eigentlich bei vielen Musikkapellen

sehr vielversprechend und mit

großer Begeisterung begonnen worden, so

hat das Aufflammen der Covid-19-Pandemie

und der daraus resultierende Lockdown ab

Anfang März ihre Tätigkeit teils ganz lahm

gelegt bzw. sehr stark eingeschränkt.

Aus verschiedenen Rückmeldungen

von Funktionären und Mitgliedern aus

den Musikkapellen konnten wir uns bisher

ein ungefähres Bild der Tätigkeiten

im Laufe der letzten Monate machen. Wir

wussten, dass sich unsere Vereine in dieser

Zeit mit ihren Aktionen grundsätzlich

in drei verschiedene Gruppen einteilen

ließen: zur ersten Gruppe zählten jene,

die mit großem Elan und viel Drang den

Lockdown kaum abwarten konnten und

jede kleinste Gelegenheit suchten, um

irgend einen musikalischen Beitrag oder

Auftritt auf die Beine zu stellen. Die zweite

Gruppe bestand aus jenen Musikkapellen,

die eigentlich genau das Gegenteil taten

und fast keine oder überhaupt keine Tätigkeiten

durchführten, da in erster Linie

die Obleute die Verantwortung bei einer

evtl. Ansteckung der Mitglieder und den

daraus möglichen Anklagen nicht übernehmen

wollten. In der dritten Gruppe

fand man solche Musikkapellen, deren Verantwortliche

mit den strengen Abstandsregeln

und anderen Maßnahmen sich kein

sinnvolles gemeinsames Musizieren vorstellen

konnten und sich mit ihren Aktionen

ziemlich zurückhielten bzw. nur mit

kleinen Ensembles probten und auftraten.

Um nicht bei Vermutungen und Annahmen

stehen zu bleiben, hat der Verband

im August eine digitale Umfrage unter den

Mitgliedskapellen gestartet und somit eine

flächendeckende Antwort erhalten.

Einige besonders markante Situationen

sind in den folgenden Fragen und Diagrammen

dargestellt:

6

KulturFenster


Blasmusik

Zeitraum: 1. Jänner – 15. August 2020

11,5%

Wie viele Hauptkonzerte (Fest-, Saal-, Jubiläumskonzert) wurden durchgeführt?

(208 Antworten)

88%

0

1

2

Wie viele andere Konzerte / Auftritte im Saal oder im Freien (Platzkonzerte, Konzerte

mit Ensembles, Marschauftritte, … ) haben stattgefunden? (205 Antworten)

47,3%

0

1-2

3-4

5 oder mehr

40,5%

28,9%

23,4%

Wie oft spielte die Musikkapelle oder Bläsergruppen öffentlich bei religiösen Anlässen?

(197 Antworten)

13,7%

34% 40,5%

0

1

2

3

Wie viele Gesamtproben wurden bisher abgehalten? (170 Antworten)

54,1%

0

1-3

4-6

7 oder mehr

21,8% 15,3%

8,8%

38,8%

Wie viele Ensemble- bzw. Registerproben wurden bisher abgehalten? (178 Antworten)

24,2%

21,8%

15,2%

0

1-3

4-6

7 oder mehr

Konnte das geplante „Musigfest“ stattfinden? (208 Antworten)

96,2

Nein Ja, wie vorgesehen Ja, in einer anderen Form

Nr. 05 | Oktober 2020 7


Aus Verband und Bezirken

Zeitraum: 16. August – 30. November 2020

Die Umfrage enthielt auch eine Vorausschau

der Musikkapellen auf die Monate

2. Augusthälfte, September, Oktober und

November. Die Antworten zu den gestellten

Fragen beziehen sich wahrscheinlich

auf die derzeitigen Umstände und Maßnahmen,

welche – so wie in den Monaten

vorher – wenig Spielraum zulassen.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass

Konzerte und Auftritte im Freien aus klimatischen

Gründen in verschiedenen Gegenden

nicht mehr stattfinden können.

17% der Kapellen wollen in dieser Zeit

ein Hauptkonzert geben, aber 29% werden

in dieser Zeit öffentlich weder ein Platzkonzert

oder einen Marschauftritt noch ein

Konzert mit Ensembles veranstalten. Ungefähr

90% der Vereine wollen öffentliche

religiöse Feiern mitgestalten und werden

sich dabei wohl besonders auf Erntedankund

Kirchtagsprozessionen bzw. auf das

Musizieren auf den Friedhöfen um Allerheiligen

beziehen. 6% der Musikkapellen

können sich vorstellen, in dieser Zeit

ihr „Musigfest“ mit den bestehenden Vorsichtsmaßnahmen

abzuhalten.

Alles in allem sehen wir, dass die Corona-Pandemie

und die dazu beschlossenen

Maßnahmen in der Tätigkeit der

Kapellen eine sehr starke Einschränkung

hervorgerufen haben. Zusammengefasst

kann gesagt werden: In musikalischer

Hinsicht teilweiser totaler Stillstand, ein

sanftes Beginnen mit kleinen Gruppen

ab Juni, wenige Möglichkeiten zum Proben

und Auftreten mit der ganzen Kapelle;

auf finanzieller Seite weitgehender

Ausfall von wichtigen Einnahmen zur

strukturellen Erhaltung des Vereines, da

Hauptkonzerte und „Musigfeste“ abgesagt

werden mussten.

Und ein dritter Punkt muss auch noch

ins Gespräch kommen: Bleiben unsere

Vereine „vereint?“ Wollen Kinder und Jugendliche

und auch Erwachsene weiterhin

ein Instrument lernen und fi nden sie in

den Musikkapellen jenen Platz zum Ausüben

ihrer Tätigkeit? Spüren sie im Verein

noch, dass Gemeinschaft und Miteinander

etwas sehr, sehr Wertvolles, das

unser Leben bereichert und verschönert,

sind? Finden sie noch Motivation für ehrenamtliches

Engagement und freiwillige

Tätigkeit für das Gemeinwohl und die Gesellschaft?

„Ich bitte in erster

Linie alle Mitglieder,

ihren Musikkapellen die

„Stange zu halten“ und

mit viel Engagement und

gutem Willen zu helfen,

dass diese schwierige Zeit

sicher überbrückt werden

kann.“

Pepi Fauster

Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives

und Qualitätsvolles, das in den letzten

Jahren mit viel Mühe aufgebaut worden

ist, nun ins Wanken gerät, wenn sich

nicht bald was ändert. Ich bitte deshalb

in erster Linie alle Mitglieder, ihren Musikkapellen

die „Stange zu halten“ und

mit viel Engagement und gutem Willen zu

helfen, dass diese schwierige Zeit sicher

überbrückt werden kann. Und auch das

Land Südtirol sollte den ehrenamtlichen

Vereinen, darunter auch den Musikkapellen,

mit einem Förderbeitrag für entfallene

Einnahmen finanziell unter die Arme greifen,

so wie es die österreichische Bundesregierung

bei ihren auch macht. Unsere

Musikkapellen brauchen eine konkrete finanzielle

Hilfe und wohlwollende Maßnahmen,

mit denen die Strukturen erhalten

und das bisher Aufgebaute gut weitergeführt

werden kann.

Pepi Fauster, Verbandsobmann

Auf dass sich die Lage wieder normalisiert und die Muikkapellen wieder

gemeinsam auftreten können, wie hier im Bild die Musikkapelle Tschengls bei der

Marschmusikbewertung in Latsch 2019.

8

KulturFenster


Die Leistungsabzeichen

go digital

Blasmusik

20.01. - 28.12.2020

VSM-Motiviert und fit?

Funktionärsausbildung

2020 (NFA)

www.vsm.bz.it

Die neue Form der Anmeldung zu den Prüfungen

So sieht das neue Anmeldeformular aus.

Die Leistungsabzeichen in Bronze, Silber

oder sogar Gold bilden für viele Jugendliche

und Erwachsene ein lohnendes Ziel,

welches oft mit großem Einsatz und Aufwand

für Lehrer und Prüfungsanwärter verbunden

ist.

Mit der Einführung des VSM Office vor

vielen Jahren wurde die Anmeldung zu

den Leistungsabzeichen bereits einmal

revolutioniert. Erstmal gelang es die Daten

der Kandidaten, Instrument und Musikkapelle

einzutragen, welches eine Erleichterung

für die Verwaltung bedeutete.

Inzwischen sind wieder einige Jahre vergangen

und der Zahn der Zeit hat auch

an der Form der Anmeldungen genagt.

Waren es bisher die Jugendleiter der Musikkapellen,

sind es von nun an die Leh-

renden selbst, welche die Anmeldungen

über die Homepage des Verbandes Südtiroler

Musikkapellen www.vsm.bz.it für ihre

Anwärterinnen und Anwärter generieren.

Mit dieser Form gibt es gleich mehrere

Unterschiede zum früheren System:

Die Lehrpersonen melden ihre Schüler

direkt an. Sie müssen sich zunächst über

die VSM-Homepage registrieren und er-

Nr. 05 | Oktober 2020 9


Aus Verband und Bezirken

halten ein passwortgeschütztes Konto,

welches sie alleine verwalten. Sie legen

ihre betreffenden Schüler mit all den nötigen

Daten an, wählen die Zugehörigkeit

der Musikkapelle, die Leistungsstufe, den

Ausbildungsort und den Prüfungsort aus.

Weiters besteht die Möglichkeit das Programm

in eigens programmierten Feldern

einzutragen, in denen ein Zeitrechner mit

Mindest- und Maximalzeit implementiert

ist, laut Ausschreibungen in den einzelnen

Instrumenten.

Auch Klavier- oder CD-Begleitung, sowie

Spielpartner können eingegeben werden.

All diese wichtigen Parameter konnten

mit dem alten Anmeldesystem über

das VSM Office nicht erhoben werden,

was die Organisatoren bzw. Jugendleiter,

in der Einteilung vor teils größere Probleme

stellte.

Durch die neue Anmeldeform erhalten

nicht nur Erziehungsberechtigte der Teilnehmenden

per Mail die Anmeldebestätigung

der betroffenen Musikkapelle, sondern

auch der VSM selbst.

Alle zum Verband zugehörigen Musikkapellen

Südtirols erhalten zudem eine offizielle

Emailadresse, an welcher in Zukunft jegliche

offizielle Korrespondenz mit dem Verbandsbüro

abgewickelt wird. Diese kann

von mehreren Personen im Vorstand eingerichtet

werden und garantiert somit eine

aufrechte Verbindung zum Verband.

Erstmalig eingeführt wird das neue System

im September 2020. Die händische Anmeldung

über das VSM Office entfällt, es wird

Absenden

Mit dem Absenden des

Formulares erfolgt die

Anmeldung.

Zu spät eingereichte

Anfragen können leider nicht

bearbeitet werden, da nach

Ablauf der Frist das Portal

inaktiv ist.

Homepage

VSM /

Jugend

•Achtung:

Anmeldeschluss einhalten!

Johann Finatzer –Verbandsjugendleiter

johann.finatzer@vsm.bz.it

www.vsm.bz.it

gebeten die Anmeldefristen des neuen Portals

einzuhalten, Nachmeldungen sind ab

nun nicht mehr möglich. Konzept, Idee und

Ausarbeitung stammen von Verbandsjugend-

Leistungsabzeichen Anmeldung

goes digital

www.vsm.bz.it

leiter Hans Finatzer, die Programmierung

erledigte die Firma Effekt! aus Neumarkt.

Hans Finatzer

Verbandsjugendleiter

KulturFenster

Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol

Redaktion KulturFenster

Redaktionsschluss für die nächste

Ausgabe des KulturFensters

ist Freitag, 13. November 2020.

Bitte Termin genau beachten!

10

KulturFenster


Kritisch hingehört

Blasmusik

KonzertKino in Naturns

Ensembles der MK Naturns überlisten Corona mit Technik

Am 10. und 11. September 2020 lud die Musikkapelle

Naturns zu einem ganz besonderen

Konzertabend in die Freilichtbühne

von Naturns ein.

Präsentiert wurde das Ergebnis eines

Projektes, welches aufgrund der Corona-

Pandemie entstand. Kapellmeister Dietmar

Rainer und Obmann Andreas Pircher

reagierten im Frühjahr sofort und schufen

Alternativmöglichkeiten, um den Hygienerichtlinien

zu entsprechen. Sogleich wurde

die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein

gesucht, um ein sinnvolles Projekt

für eine interessante musikalische Herausforderung

und gleichzeitige Werbung für

die Tourismusgemeinde Naturns zu starten.

Nach der Probentätigkeit in kleinen

Gruppen konnten Anfang August die geplanten

Ton- und Videoaufnahmen erfolgen.

Besondere Orte in und um Naturns

dienten als Kulisse für die insgesamt 14

entstandenen Videos. So erklang in der

bekannten Burganlage Juval von Reinhold

Messner Pachelbels „Festliche Intrada“,

gespielt vom gemischten Blechensemble

der Musikkapelle. Die moderne Nummer

„Let’s get it on“ von Maceo Parker wurde

vom Saxophonensemble und Band im Innenhof

der Musikschule zum Leben erweckt.

Schneidige Buabm und fesche Madln

sorgten bei den Almen des Naturnser

Nörderbergs mit der „Garten Polka“ von

Ernst Mosch für die musikalische Vielfalt,

die dieses Musikprojekt ausmacht.

Das tiefe Blechensemble ließ inmitten

der Weingärten am Sonnenberg im traditionellen

Kurzbairischen die Volkswaise

„Wohlauf noch getrunken den funkelnden

Wein“ erklingen. Mit dem Stück „Clapping

Music“ wurde der Musikbalkon am Sonnenberg

von einem Schlagzeugensemble

eingeweiht. Den Plauser Kirchplatz, umrahmt

von der alten Pfarrkirche St. Ulrich

und der neuen Wallfahrtskirche zur Hl. Monika,

brachten drei Solisten der Kapelle,

begleitet von einem Holzbläserensemble,

zum Klingen. Als Treffpunkt des Saxophonensembles

diente u.a. die bäuerliche

Kulturlandschaft der Tschirlander Haide,

welche mit dem „Tango dèl Choclo“ von

Angel Villoldo bespielt wurde.

Die Musikkapelle Naturns freut sich den

Erfolg dieses umfassenden Projekts, das

allen Beteiligten viel Freude und Abwechslung

bereitete, nun auch online präsentieren

zu können. Die insgesamt 14 Videos

sind auf der Homepage www.musikkapellenaturns.it

, der Facebook-Seite der Musikkapelle

Naturns oder unter dem abgebildeten

QR-Code zu fi nden.

Julia Wellenzohn

Die Technik macht’s möglich: Für zwei Konzertabende in Naturns wurden 14 Videos, die auch online zu sehen sind, mit

verschiedenen Ensembles gedreht.

Nr. 05 | Oktober 2020 11


Die Jugendseite

Die Michaeler Juka

stellt sich vor

Die Jugendkapelle der

BK St. Michael Eppan

mit tollen

Angeboten für Kinder

und Jugendliche

Unser musikalisches Jahr

Ein etwas anderes Jugendlager

Bühne frei für Klarinaction!

Die Michaeler Juka wird von einem vierköpfigen

Jugendteam geleitet. Gemeinsam

werden Konzerte und Projekte organisiert

und so ein bunt gemischtes

Programm für unsere Jungmusikanten

zusammengestellt. Im Vordergrund steht

dabei immer auch der Kontakt zu den

Musikanten der Musikkapelle und zu

anderen Jugendkapellen.

Im Frühjahr und im Herbst wird immer

fl eißig auf ein Konzert hin geprobt.

Dabei werden unterschiedliche Themen

oder Kulissen ausgewählt. Besonders

spannend wird das Projekt, wenn

wir uns mit einer anderen Jugendkapelle

gemeinsam darauf vorbereiten.

Der Höhepunkt des Musikjahres ist

unser mehrtägiges Jugendlager, welches

im Sommer stattfindet. Neben den gemeinsamen

Proben kommt dabei der

Spaß nie zu kurz.

Abseits der Proben und Projekte stehen

wir immer in Kontakt zu den Lehrern

der Musikschule und versuchen Jahr für

Jahr neue Musikanten für unsere Jugendkapelle

zu begeistern.

Aufgrund der unsicheren Situation im

heurigen Sommer musste das Jugendlager

vorerst abgesagt werden. Es war uns

ein großes Anliegen, den Kontakt zu unseren

Jungmusikanten trotzdem aufrecht

zu erhalten. Aus diesem Grund haben wir

eine Zeitschrift erstellt mit vielen Erinnerungen,

Fotos, Geschichten, Rätseln und

auch einigen Musikstücken zum Ausprobieren;

diese haben wir an unsere Jungmusikanten

geschickt.

Die Lage entspannte sich glücklicherweise,

sodass wir Ende August doch noch

zwei tolle Jugendtage ohne Übernachtung

auf die Beine stellen konnten! Das Einhalten

aller Regeln stellte für uns eine große

Herausforderung dar.

Trotzdem konnten wir wieder gemeinsam

musizieren und Spaß haben. Beim

Werwolf-spielen und beim Freilichtkino genossen

wir unser Beisammensein.

Dank großer Unterstützung unserer Musikanten

wurden die Jugendtage ein großer

Erfolg und wir hoffen, dass unsere Jungmusikanten

mit viel Freude und Motivation

in das bevorstehende Musikjahr starten.

Mit viel Kreativität und Einsatz startete die

Bürgerkapelle St. Michael Eppan im Herbst

2019 das Projekt Klarinaction. Das Klarinettenregister

spielt in jeder Musikkapelle

eine tragende Rolle. Um der begrenzten

Anzahl an Plätzen für Klarinettenunterricht

in der Musikschule entgegenzuwirken,

entschied die Bürgerkapelle, eine eigene,

besondere Klarinettenklasse zu gründen.

Klarinaction steht für eine Klarinettenklasse,

bei der gemeinsames Musizieren

und Lernen im Mittelpunkt stehen. Workshops,

unter anderem zum Thema Rhythmus

und Atmung, sorgten für Abwechslung

zum Unterricht in Kleingruppen.

Bereits zu Weihnachten spielten alle 12

Schüler ein gemeinsames Konzert – nach

nur zwei Monaten Unterricht! Die gemeinsamen

Proben und Workshops bereiteten

den Schülern und Lehrpersonen unglaublich

viel Spaß.

Die Begeisterung für das Instrument

weckten die Lehrpersonen durch Schnupperkurse

in den dritten und vierten Klassen

der Grundschule von St. Michael.

Durch verschiedene Spiele konnten die

12

KulturFenster


Blasmusik

Kinder nicht nur die Klarinette, sondern

ganz verschiedene Aspekte der Musik im

Allgemeinen kennenlernen: Welche Emotionen

verbinden wir mit welcher Musik?

Was ist “Rhythmus”, wie entsteht er und

wofür brauchen wir ihn?

Die Schülerinnen und Schüler von Klarinaction

haben in ihrem ersten Unterrichtsjahr

durch Fleiß und Ausdauer schnell

große Fortschritte machen können und

im Laufe der Monate immer mehr Leidenschaft

und Freude an der Musik entwickelt.

Die Bürgerkapelle St. Michael Eppan sieht

Klarinaction als langfristiges Projekt und

hofft, dadurch schon bald neue Klarinettistinnen

und Klarinettisten in den Reihen

der Kapelle begrüßen zu dürfen.

Michaeler Juka – Koordination

Verbandsjugendleiter Hans Finatzer

Steckbrief

Name: Michaeler Juka

Musikkapelle: Bürgerkapelle St. Michael Eppan

Jugendteam: Kathrin, Kathrin, Katharina und Jakob

Jungmusikanten: ca. 25 Kinder und Jugendliche

Zwei musikalische Brüder im Portrait

Matthias Spitaler

Lorenz

Mein Name: Matthias Spitaler

Alter: 10 Jahre

Ich spiele: Euphonium

Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Freude macht.

In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik

Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir viel Spaß haben.

3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Mein Euphonium, Mami

und Tati.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte…würde ich gerne einmal bei der Böhmischen spielen.

Lorenz Spitaler

Matthias

Mein Name: Lorenz Spitaler

Alter: 12 Jahre

Ich spiele: Schlagzeug

Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Spaß macht.

In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik

Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir immer ein gutes Konzert abliefern.

3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Juka, Schlagzeug und mein

Bayern-München-Trikot.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte… würde ich gerne einmal bei der großen Musig spielen.

Nr. 05 | Oktober 2020 13


Zur Person

Norbert Rabanser und der

„Lieblingstrommler Marsch“

Ein musikalischer Tausendsassa in Lederhose oder Frack

Wer Norbert Rabanser nur in grüner Weste und Lederhose kennt, wird kaum glauben,

dass ihn unter anderem Musik von James Last über Toto und Van Halen bis Bruckner,

Strauss und Strawinsky prägte. Glücklicherweise wurden im musikalischen Elternhaus

auch Avsenik und Mosch gehört. Denn ohne diese frühen traditionellen Inputs hätte die

Blasmusikszene womöglich einen grandiosen Schlagzeuger weniger – und uns wäre

der „Lieblingstrommler“ als Legende entgangen.

Norbert Rabanser ist die Ruhe selbst. Das

wird jeder bestätigen, der sich am Rande

eines Konzerts schon einmal mit ihm unterhalten

hat. Paradox daran ist, dass

der mentale Ruhepol der „Innsbrucker

Böhmischen“ gleichzeig der ist, der seine

sechs Kollegen am Blechgebläse mit stets

gewetzten Sticks vor sich hertreibt – oder

gar „herpeitscht“, wie es einmal ein Zuhörer

drastisch formulierte. Dass der versierte

Drummer abseits der Bühne diese

unglaubliche Ruhe ausstrahlt, liegt vermutlich

daran, dass er niemandem mehr etwas

beweisen muss. Rabanser, der am 4. Mai

seinen 50. Geburtstag feierte, spielte schon

mit den besten Orchestern, Dirigenten und

Solisten auf den berühmtesten Bühnen der

Welt. An so eine Karriere glaubte der Südtiroler

selbst wohl am allerwenigsten, als er

im Alter von 13 Jahren zur Musikkapelle

Klausen kam. Rabanser blickt schmunzelnd

zurück: „Alles war mir zu groß – die

Tracht, der Gurt der Kleinen Trommel und

die Schritte des 1,90 Meter großen Stabführers.

Beim Marschieren stolperte ich

mit der Trommel in der Hand hinter der

Kapelle her, ohne auch nur einen einzigen

Schlag aufs Fell gebracht zu haben. „Ich

habe eigentlich immer an mir und mei-

Norbert Rabanser wurde 1970 in Barbian geboren und studierte am Tiroler

Landeskonservatorium in Innsbruck sowie am Drummers Collective in New

York. Von 1989 bis 1999 war er 2. Schlagzeuger/Pauker im Tiroler Symphonieorchester

Innsbruck, seit 1992 unterrichtet er am Tiroler Landeskonservatorium

und am Mozarteum Salzburg. Er spielte u. a. schon mit

den Münchner Philharmonikern, dem Opern- und dem Tonhalleorchester

Zürich, dem Gewandhausorchester Leipzig, den Bamberger Sinfonikern,

dem Konzerthausorchester Berlin, dem Philharmonia Orchestra

London, den Wiener Philharmonikern unter Leitung von John

Williams sowie mit dem BR- und dem HR-Sinfonieorchester. Solokonzerte

spielte er mit dem New Zealand Symphony Orchestra und Evely

Glennie. 2008 begleitete er Semino Rossi auf dessen Europatournee.

1992 gründete er das Studioprojekt „Die Innsbrucker“, das mit experimentellen

und hochkarätigen Kompositionen im Oberkrainer-Stil Furore

machte. Aus dieser Besetzung ging später „Die Innsbrucker Böhmische“

hervor, die demnächst ihre 14. CD vorstellen wird.

Als Komponist widmet sich Rabanser nicht nur der traditionellen Blasmusik.

Er schrieb u. a. den offiziellen Song für die Telecomgesellschaft Wateen sowie

die Hymne für das 7-Sterne-Hotel Bursh al Arab in Dubai. Auftragswerke schrieb

er u. a. für Symphonic Winds, das Symphonische Blasorchester Ried sowie für die

Musikkapellen von Algund, Terlan, Leifers und Scheffau. 2016/17 war er Gastprofessor

an der KunstUni Graz. Norbert Rabanser moderiert und gibt Meisterkurse sowie

Workshops im ganzen deutschsprachigen Raum. Seit 2012 ist er Radiomoderator

bei RAI Südtirol. Er dirigiert zudem seit zehn Jahren die Bürgerkapelle Tramin.

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KulturFenster


Blasmusik

nen Fähigkeiten gezweifelt.“ Dementsprechend

verbrachte der junge Schlagzeuger

auch viel Zeit beim Üben an seinem alten

„Hollywood“-Set, ohne Becken, betont er.

Am liebsten probte Rabanser nach Gehör

zur Kassette „Polkaparty mit James Last“.

Mit 15 Jahren spielte er dann schon drei

Mal in der Woche mit seiner ersten Oberkrainerband

in einem regionalen Tanzlokal,

wo man sich regelmäßig mit den aufstrebenden

„Kastelruther Spatzen“ abwechselte.

Je nach Bedarf spielte Rabanser

Trompete, Bariton

oder er übernahm

eben Schlagzeug

und Gesang.

Norbert Rabanser

Norbert Rabanser

hatte durch

bei seinem

„Lieblingstrommlermarsch"

seinen Vater auch

- Auftritt mit Bob Ross

schon früh Kontakt

und „Blechschaden“ im

zur Musik von „Ernst

Frühjahr 2018 in Bremen

Mosch und seinen

(Foto: Georg Preisinger)

Original Egerländer

Musikanten“.

Eines seiner frühesten

Mosch-Erlebnisse

ist sogar

so lange her, dass

er sich selbst nicht

mehr daran erinnern

kann. Rabanser

wuchs in einem

Gasthaus auf, war

stets von vielen Gästen

umgeben. Vielleicht schon damals

einem intuitiven Drang folgend, nutzte er

den vollbesetzten Speisesaal im Gasthaus

als seine Bühne, als er eines Tages die

Mosch-LPs seines Vaters entdeckte, eine

davon auflegte und die Hausanlage aufdrehte.

Aus den Lautsprechern dröhnte

der „Wittmann Franz“, der kleine Norbert

griff sich die Trompete des Vaters und marschierte

trötend und singend quer durch

den Speisesaal. „Das haben mir viele Gäste

noch Jahre später erzählt“, so Rabanser

lachend.

Lieblingstrommler Marsch

Freilich wäre diese Anekdote aus Kindertagen

schon legendär genug, jedoch markiert

sie nur den Beginn seiner Musikkarriere.

Und in den mittlerweile über 30 Profi-Jahren

war es natürlich ein anderes Stück, das

ihn als Schlagzeuger stets begleitete. Den

„Lieblingstrommler Marsch“ von Franz Bummerl

nämlich entdeckte Rabanser ebenfalls

in der väterlichen Schallplattensammlung,

auf dem Live-Album „Ein Abend mit Ernst

Mosch“ von 1972. Gebannt lauschte er der

Darbietung von Ferry Tagscherer, der seinerzeit

wohl vielen ambitionierten Schlagzeugern

als Vorbild diente. Noch 30 Jahre

später, in der Gründungs- und Findungsphase

der „Innsbrucker Böhmischen“, war

Rabanser fasziniert von der Energie des legendären

„Egerländer“-Schlagzeugers. Und

so fand dieses Solo natürlich auch seinen

Weg ins Live-Repertoire der „Innsbrucker

Böhmischen“. „Dafür musste ich mir aber

etwas überlegen“, gesteht Rabanser, „nachspielen

ist ja okay – ich wollte aber eine eigene

Version machen.“ Seit wann genau

er beim „Lieblingstrommler“ einen seiner

Sticks zu Boden spickt, sodass dieser wieder

hochspringt, er ihn fängt und weiterspielt,

weiß er selbst nicht genau. Gesehen

habe er den Trick jedenfalls schon als

13-Jähriger im Skigebiet Gröden in Südtirol

bei einer Profiband aus Taiwan. „Als ich

dann einmal eine Zeit lang krank war und

daheimbleiben musste, hab ich das probiert.

Und mittlerweile gehört es dazu, obwohl

ich sonst eigentlich nicht so ein Show-

Clown bin. Aber den Leuten gefällt es halt.“

Nun ist das Solospielen die eine Sache,

die für einen Profi wie Norbert Rabanser

heute nicht mehr die große Schwierigkeit

darstellt. Ersatz-Sticks für den Fall der Fälle

hat er trotzdem bei jeder Aufführung des

„Lieblingstrommler Marsches“ in seiner

Gesäßtasche. Denn da ist eben auch noch

die andere Sache: „Es ist wie beim Zirkus.

Wenn ein Kunststück nicht gleich funktioniert,

musst du es eben so lange wiederholen,

bis es klappt.“ Es komme schon mal

vor, dass ihm ein Stick verspringt, oder er

sechs bis sieben Versuche braucht, bis es

klappt – „das hängt meist von der Bodenbeschaffenheit

ab“, erklärt der Solist. Und

auch den Albtraum eines jeden Solotrommlers

erlebte Rabanser schon, als alle Scheinwerfer

auf ihn gerichtet waren und er beim

„Lieblingstrommler“ das Fell seiner Kleinen

Trommel durchschlug.

Doch nicht nur an solche

Situationen erinnert

sich der Solist, sondern

auch an eine Referenz-

Aufführung in Schladming

in der Steiermark. Dort

verortet Norbert Rabanser

den für sich „höchsten

Stocksprung“, an den er

sich erinnern kann. Beim

Konzert der „Innsbrucker

Böhmischen“ am Fuße

des Dachsteins ließ er seinen

Stick von einer ungewöhnlich

hohen Bühne

fliegen: „Aus zirka dreieinhalb

Metern Höhe –

vom Boden wieder in die

Hand.“, freut sich Rabanser

noch heute, „Absoluter

Rekord!“.

Als legendär gilt auch

die folgende Anekdote: Im Frühjahr 2018

sprang Norbert Rabanser beim Konzert

der Gruppe „Blechschaden“ in Bremen

kurzfristig für den erkrankten Arnold Riedhammer

ein. Rabanser fl og in die Hansestadt,

schaute sich die Noten an und ging

ohne Probe auf die Bühne des altehrwürdigen

Konzerthauses Glocke. Und obwohl

er sicherlich schon mit dem offiziellen Programm

gut zu tun hatte, ließ er sich den

Spaß nicht nehmen, auch mit „Blechschaden“

den „Lieblingstrommler Marsch“ aufzuführen.

Vermutlich ist es in so einer Situation,

in der manch anderer ziemlich ins

Schwitzen kommen würde, sehr hilfreich,

wenn man die Ruhe selbst ist…

Christian Mayr

Dieser Artikel erschien in der Mai/Juni-Ausgabe

2020 der Zeitschrift „Mucke – Magazin

für böhmische und mährische Blasmusik“.

www.mucke-magazin.de;

www.facebook.com/mucke.magazin;

www.instagram.com/mucke_magazin

Nr. 05 | Oktober 2020 15


Ars Nova

„Muss es immer etwas

Neues sein?“

Kapellmeister Dietmar Rainer hat die Adventskantate „Ihr lieben Christen, freut

euch nun“ von Dietrich Buxtehude für Blasorchester bearbeitet.

Dirigenten sind ständig auf der Suche nach

guter und neuer Literatur für Blasorchester.

Aber müssen es immer und zwingend neu

komponierte Werke sein? Oder können wir

den schier unerschöpflichen Fundus bestehender

Kompositionen noch besser nutzen?

Der Anlass

Auf der Suche nach einem festlichen Stück

für den Advent stieß ich auf die Adventskantate

„Ihr lieben Christen, freut euch nun“

von Dietrich Buxtehude. Die Auswahl an

weihnachtlicher Literatur ist bekanntlich

sehr groß, jedoch Musik mit adventlichem

Inhalt im Vergleich dazu dünn gesät. Von

der vorliegenden Kantate – im Original für

5 Singstimmen, Streicher, 8 Blechbläser

(!) und Orgel - gab es erstaunlicherweise

bis dato noch keine Bearbeitung für Blasorchester.

Es schien mir also notwendig,

ein Arrangement anzufertigen.

Die ausgewählten Sätze

Da sich nicht alle Teile für das Blasorchester

eignen, habe ich die Sätze Sinfonia -

Choral - Duett - Chor zu einer stimmigen

kleinen Suite zusammengestellt.

Mit der Sinfonia wird das Werk durch

eine festliche Fanfare eröffnet. Der Choral

- im Original ein schlichter Cantus firmus

im Sopran - wird kontrapunktisch untermalt

und vom Continuo gestützt. Das anschließende

zarte Duett für Sopran I & II

wird von zwei Posaunen umspielt. Den

Schlusschor präsentiert der fünfstimmige

Chor mit dem kompletten Orchester in barocker

feierlicher Manier.

Von D nach C-Dur

Wie die meisten festlichen Barockstücke

steht auch die vorliegende Adventskantate

in D-Dur. Eine Tonart, welche für ein Blasorchester

viele Probleme mit sich bringt. Abgesehen

von den grifftechnischen Schwierigkeiten

wird sie für die Blechbläser meist

etwas hoch und bringt sehr viele Intonationsprobleme

mit sich. So müssten beispielsweise

die Saxophone in H-Dur spielen,

was abgesehen von der technischen

Herausforderung auch für sehr gut ausgebildete

Amateurmusiker schwierig zu

intonieren ist.

Also habe ich mich entschieden, das

Werk um einen Ganzton tiefer, also nach

C-Dur zu transponieren. Eine Tonart, die im

Blasorchester durchaus strahlend klingt.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die

Tendenz international dahin geht, Bearbeitungen

grundsätzlich in der Originaltonart

zu belassen. Aus musiktheoretischer und

musikhistorischer Sicht ist das durchaus

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„Meine Gabe ist es, das Wesen von Musik zu erfassen und sie in neue Gewänder

zu kleiden: in Arrangements, die für Ihr Ensemble maßgeschneidert sind. Für

Ihr kammermusikalisches Quartett, für ein Blasorchester, einen Chor und für

alle anderen Formationen. Ich arrangiere, instrumentiere, transkribiere Musik

für neue Besetzungen.“

Dietmar Rainer

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KulturFenster


Piccolo

Flöte 1

Flöte 2

Oboe 1

Oboe 2

Fagott 1

Fagott 2

Klarinette in Es

Klarinette in B1

Klarinette in B2

Klarinette in B3

Bassklarinette in B

Altsaxophon 1

Altsaxophon 2

Tenorsaxophon

Baritonsaxophon

Trompete in B1

Trompete in B2

Trompete in B3

Horn in F1

Horn in F2

Horn in F3

Posaune 1

Posaune 2

Posaune 3

Euphonium

Tuba

Violoncello

Kontrabass

Pauken

Duration 5.00 min

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nachvollziehbar, für die Praxis der meisten

Amateurblasorchester ist damit jedoch

kaum ein befriedigendes Ergebnis

zu erreichen.

Instrumentation

Aufgrund der relativ üppigen Besetzung des

Originals lässt sich das Werk gut auf die

Instrumente des Blasorchesters übertragen.

Für die bei Baton Music erschienene

Ausgabe war eine internationale Standardbesetzung

erforderlich: zum kompletten

Holzsatz weiters 3 Trompeten, 3 Hörner,

3 Posaunen, 1 Euphonium, 1 Tuba, Cello

und Kontrabass. Im ersten und vierten Satz

habe ich mir erlaubt, 2 Pauken hinzuzufügen.

Die hohen Trompetenstellen (Piccolo)

übernimmt vielfach das hohe Holz.

Für die Aufführung der Musikkapelle

Naturns habe ich das Arrangement an die

Bedürfnisse der Kapelle angepasst, also 2

Flügelhornstimmen und eine Tenorhornstimme

hinzugefügt und die 1. Piccolotrompete

des Originals übernommen.

Stephan Niederegger

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IHR LIEBEN CHRISTEN, FREUTEUCHNUN

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Suite aus der Adventskantate BuxWV51

Komp.: Dietrich Buxtehude

Arr.: Dietmar Rainer

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06-07.11.2020

Blasmusik

7. Südtiroler

Dirigentenwerkstatt

www.vsm.bz.it

Zur Person:

geboren am 23.11.1973

Ausbildung

• Instrumentalpädagogik und Trompete an der Universität Mozarteum Salzburg (A)

bei Gottfried Menth

• Trompete an der Anton-Bruckner Privatuniversität in Linz (A) bei Josef Eidenberger

• Privatunterricht bei Wolfgang Guggenberger und Bo Nilsson

• Blasorchesterleitung und Instrumentation am Istituto Europeo Bandistico (ISEB)

in Trento (I) bei Jan Cober, Felix Hauswirth, Alex Schillings, Josè Pasqual Vilaplana

und Carlo Pirola

• Masterstudium in Wind Band Conducting an der Music Academy in Maastricht

(NL) bei Jan Cober

Lehrtätigkeit:

• Musikum Salzburg (A)

• Musikschule Berchtesgadener Land (D)

• Chulalongkorn University Bangkok, Thailand

• Musikschule der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol

• Mittelschule mit musikalischer Ausrichtung in Schlanders

(Fächer: Musiktheorie, Trompete, Chor, Ensemble, Orchester, Dirigieren)

Dirigent: Musikkapelle und Kirchenchor Schnals, Musikkapelle Naturns, verschiedene Musiktheater-Projekte, Schulchor Schlanders,

Mitglied der Fachgruppe Musik im Verband Südtiroler Musikkapellen, Verantwortlich für die Dirigentenausbildung

im VSM-Bezirk Schlanders

www.toccata.info

Nr. 05 | Oktober 2020 17


Blasmusik International

Der Posaunist Peter Steiner und

die Herausforderungen der Pandemie

Erfahrungen eines international erfolgreichen Musikers

Peter Steiner ist ein international anerkannter

Solist und Orchestermusiker an der Posaune.

2019 zählte er zu den Preisträgern des XVI.

Internationalen Tschaikowsky Wettbewerbs

in Russland.

In der Spielzeit 2020/2021 zählen Auftritte

als Solist mit dem Orquestra Sinfônica

do Estado de São Paulo, Kyusyu Symphony

Orchestra, Orquestra Sinfônica Brasileira,

Central Ohio Symphony sowie die Konzerte

mit Constanze Hochwartner (Klavier/Orgel),

unter anderem im Konzerthaus Berlin, zu

den Höhepunkten. Weitere Konzertreisen

werden die beiden Musiker nach China, Japan,

Taiwan, Südkorea, Brasilien, Argentinien,

Norwegen, Schweden, Dänemark, Italien,

Deutschland, Österreich, sowie in die

Schweiz und die USA bringen.

Im Alter von 23 Jahren, in der Saison

2016/2017, hatte Peter Steiner ein einjähriges

Engagement an der Wiener Staatsoper

und mit dem Orchester der Wiener Philharmoniker.

Weitere Engagements als Soloposaunist

führten Peter Steiner in der Saison

2014/2015 zum Colorado Symphony Orchestra

und als Gast – Soloposaunist zum

New York Philharmonic Orchestra, Seattle

Symphony Orchestra, Dallas Symphony Orchestra,

BBC Scottish Symphony Orchestra,

den Münchner Philharmonikern und

der Staatskapelle Dresden.

Bereits im Alter von sechs Jahren begann

Peter Steiner seine musikalische Ausbildung

und mit zehn Jahren erwarb er erste Preise

beim österreichischen Jugendmusikwettbewerb

„prima la musica“ auf Landes- und

Bundesebene. Im Jahre 2009 schloss der

damals erst 17-Jährige das Konservatorium

„Claudio Monteverdi“ Bozen im Fach Posaune

mit der Höchstnote bei den Professoren

Ferrari, Parodi und Fontana ab. Danach

setzte er sein Studium bei Univ. Prof.

Dany Bonvin an der Universität für Musik

„Mozarteum“ in Salzburg fort. Ab 2012 war

Peter Steiner in der Klasse von Prof. Joseph

Alessi an der „Juilliard School” und schloss

im Frühjahr 2016 erfolgreich sein Studium

ab. Zu seinen musikalischen Mentoren zählen

u.a. auch Warren Deck und Nitzan Haroz.

Peter Steiner ist Gewinner des Zweiten

Preises beim Internationalen Wettbewerbs

SliderAsia in Hongkong 2015 und als erster

Posaunist überhaupt Preisträger dreier Solowettbewerbe

der „International Trombone

Association ITA“ innerhalb eines Jahres

(2014): Lewis van Haney - Tenor Trombone

Orchestral Excerpt Competition, Frank Smith

- Tenor Trombone Competition und Robert

Marsteller - Tenor Trombone Competition.

Seine Solo-Debüt-CD UNITED erschien

im Januar 2017 unter dem HELLO STAGE

Label. Sein zweites Album SAPPHIRE, in

Zusammenarbeit mit Constanze Hochwartner,

wurde im Juli 2019 unter dem Berlin

Classics Label veröffentlicht.

Peter Steiner ist als (Solo)Posaunist global tätig,

jedoch hat er auch den Lockdown

positiv genutzt.

Mit Peter Steiner wurde folgendes Interview

geführt:

Wie ist die Welt eines Peter Steiner in Coronazeiten

?

Bei mir läuft alles gleich weiter, außer dass

momentan keine Konzerte stattfinden. Viel

Online-Unterricht und Meisterkurse beschäftigen

mich zurzeit zusätzlich zum normalen

Übealltag. Ich erarbeite jetzt das Repertoire

der nächsten drei Jahre und werde zudem

3 CDs mit den bereits aufgeführten Werken

der letzten Jahre aufnehmen.

Wie hast Du den Lockdown erlebt?

Natürlich war der Lockdown eine Extremsituation,

aber andererseits hat es mich angespornt

Projekte, wie mein Warm-Up Heft endlich

umzusetzen. Ansonsten stand während

des Lockdowns viel Üben am Programm.

Welche momentanen Möglichkeiten bieten

sich Dir als Künstler?

Live-Konzerte finden leider nicht statt. Trotzdem

lässt sich online ein gewisser Rahmen

für Auftritte schaffen, den ich versuche so

gut wie möglich zu nutzen. Übevideos,

Probenmitschnitte usw. Zudem laufen die

Planungen für die nächsten fünf Jahre auf

Hochtouren.

Was hältst Du von Onlineauftritten?

Prinzipiell finde ich Online-Produktionen interessant,

sofern sie qualitativ hochwertig sind,

sowohl visuell als auch audio. Leider gibt es

im Netz nicht wirklich eine Qualitätspolizei,

deshalb entsteht ein Überfluss an Contents.

Was ist dein insgeheimes Fernziel, wo trägt

es Dich hin?

Ich bin mit meiner momentanen Lebenssituation

in Wien sehr zufrieden und es zieht

mich daher auch nicht wirklich irgendwo

hin. Durch meinen Job habe ich die Möglichkeit,

die Welt das ganze Jahr zu bereisen

und ich lerne dadurch immer wieder neue

Kulturen und Traditionen kennen, bin aber

sehr gerne zu Hause.

Hast Du noch Kontakt zu deiner Heimatkapelle,

der Stadkapelle Bozen ?

Leider erlaubt es mir mein Spielkalender nicht

mehr Teil der Stadtkapelle Bozen zu sein, jedoch

habe ich das Vergnügen immer wieder

an besonderen Traditionen teilnehmen zu

dürfen (z. B. Weihnachtsspielen).

Welche Rolle spielt Südtirol in deinem Leben?

Südtirol ist meine Heimat und meine Familie

lebt hier, deshalb komme ich immer gerne

zurück und genieße die ruhige Zeit. Vor allem

genieße ich jetzt im Sommer die ruhige Zeit

in den Bergen mit meiner Freundin.

3 Dinge, auf die Du nie verzichten möchtest ...

Familie, Musik, Heimat

Hans Finatzer

18

KulturFenster


Neues

Hymnus der Freundschaft

„Fein sein, beinander bleibn“ in einer Bearbeitung

von Gottfried Veit

24.–25.10.2020

Blasmusik

Leistungsabzeichen

2020

Prüfungstermine

http://www.vsm.bz.it/2020/04/20/

juni-pruefungen-abgesagt/

In einer Zeit der um sich greifenden, fortschreitenden

Vereinsamung der Menschheit

durch die modernen Medien hatte Gottfried

Veit eine gute Idee, diesem Trend

entgegen zu wirken. Er hat das alte Volkslied

„Fein sein, beinander bleibn“ aufgegriffen,

um daraus eine Instrumentalkomposition

zu schaffen. Dieses Werk kann

rein instrumental in Blasorchesterbesetzung

und/oder mit gemischtem Chor bzw.

einstimmig aufgeführt werden.

Veits Bearbeitung ist ein erster Versuch,

diese beliebte Weise durch sanfte,

rhythmische und metrische Anpassungen

so zu notieren, dass sie den allgemeinen

Singgewohnheiten entspricht. Die vorgegebene

Mehrstimmigkeit ist bewusst einfach

gehalten, damit sie nahezu vom Blatt

gesungen werden kann. Der Schwierigkeitsgrad

der Instrumentalstimmen liegt

im unteren Bereich. Die Liedstrophen und

die Vor- und Zwischenspiele sind unterschiedlich

instrumentiert. So ergibt sich

ein farbiges Klangbild, im Einklang mit

dem allseits bekannten Text: „Fein sein,

beinander bleibn“.

Walter Cazzanelli

Erschienen bei „HeBu“ im

Din A/4 Format -

HeBu-Verlag,

D-76703-Kraichtal,

Gottlieb Daimler-Straße 22.

Musikpanorama

Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien

Spiel, Spaß und Unterhaltung unter besonderen Vorzeichen

Auch heuer fand Ende August wieder das

Zwölfmalgreiner Jugendcamp am Lochgietl-

Hof in Pens statt, allerdings unter ganz anderen

Voraussetzungen als sonst üblich.

Nach reiflicher Überlegung wurde entschieden,

das Jugendcamp trotz der strengen Corona-Auflagen

zu veranstalten.

Auch wenn die entsprechenden Vorschriften

– Coronatest vor Beginn des Camps und

tägliches Temperaturmessen - eingehalten

werden mussten, waren die rund 25 jungen

Musikantinnen und Musikanten mit großer

Begeisterung dabei und probten unter der

Leitung von fünf erfahrenen Vereinsmitgliedern

die gesamte Woche sowohl in Registerals

auch in Gesamtproben. Aber nicht nur

die Musik, sondern auch Spiel, Spaß und

Unterhaltung standen im Mittelpunkt dieses

Musikcamps. Auf die klassische Abschlussveranstaltung

am Sonntag mit Feldmesse,

Mitgliederfest und Abschlusskonzert wurde

diesmal aus Sicherheitsgründen verzichtet.

Dafür traten die Jungmusikanten im Rahmen

eines Konzertabends der MK Zwölfmalgreien

in Bozen auf, wo sie ihr Erlerntes

zum Besten geben konnten.

Wolfgang Kranzer

Die motivierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zwölfmalgreiner Jugendcamps

2020 (Foto: © MK Zwölfmalgreien).

Nr. 05 | Oktober 2020 19


Vorweg

Damit die Chöre weiter singen

Chorleiterausbildung startet an Musikschulen

Mehr als 400 Chöre gibt es in Südtirol – und

alle brauchen eine Chorleiterin oder einen

Chorleiter. Doch einen Chorleiter zu finden,

ist gar nicht so einfach.

Deshalb ist es dem Südtiroler Chorverband

ein besonderes Anliegen, die Chorleiterausbildung

zu fördern. In Zusammenarbeit

mit den Musikschulen von Bruneck,

Brixen, Klausen, Unterland und Naturns hat

er eine Chorleiterausbildung organisiert, die

mit Herbst startet. Die Verbandschorleiterin

des Südtiroler Chorverband, Renate Unterthiner,

erklärt die Ziele dieses Projekts.

und Chorleiter, die eine fundierte fachliche

Grundausbildung für Chorleiter möchten und

an Chorleiter, die sich weiterbilden möchten.

Erfreulicherweise haben sich viele Interessierte

angemeldet. An den Musikschulen

Brixen, Klausen und Unterland startet der

Lehrgang mit dem kommenden Schuljahr,

an der Musikschule Bruneck voraussichtlich

im Schuljahr 2021/22. In der Musikschule

Naturns begann mit Herbst bereits

das 2. Unterrichtsjahr. Daneben bietet der

Südtiroler Chorverband weiterhin die verschiedenen

Chorleiterschulungen im Sommer

und an den Wochenenden an, etwa die

Chorleiterwoche in Dietenheim.

KF: Was lernen die Teilnehmer in diesem

Lehrgang?

R. Unterthiner: Ein Referententeam der

jeweiligen Musikschule vermittelt in der

dreijährigen Ausbildung Grundlagen der

Chor – und Ensembleleitung, Chorliteratur

und Probentechnik, Dirigieren, das

heißt Dirigierbilder und Schlagtechnik.

Aber auch Stimmbildung, Gehörbildung

und Blattsingen, Grundlagen der Harmonielehre

und Formenlehre, Partiturspiel

am Klavier sind wichtige Inhalte. Außerdem

haben die angehenden Chorleiter/

innen die Möglichkeit mit Übungschören

zu proben.

KF: An wen richtet sich der Ausbildungslehrgang?

R. Unterthiner: Der Lehrgang für Chorleiterinnen

und Chorleiter richtet sich gezielt an

Neu- und Quereinsteiger, an Sänger/innen

Das Land braucht Chorleiterinnen und Chorleiter – der neue Lehrgang soll hier helfen.

Proben mit Maske

Südtirols Chöre kehren (langsam) zurück

Für die Amateurmusik bleibt die aktuelle

Situation ein schwieriges Unterfangen: Dem

Wunsch des Zusammenkommens, gemeinsamen

Singens und Musizierens sind weiterhin

Grenzen gesetzt. Dennoch steht der

verantwortungsvolle Umgang mit den Herausforderungen

der Pandemie weiterhin

an erster Stelle.

Eine Ansteckung über Aerosole bleibt

insbesondere für den musikalischen Bereich

ein schwer einzuschätzendes Risiko.

Der deutliche Wiederanstieg der Infektionszahlen

ist ein mahnender Appell

an uns alle: Der Schutz vor Ausstoß und

Weitergabe von Viren hat Priorität. Er sollte

nicht gegen den berechtigten Wunsch

kultureller Teilhabe ausgespielt werden.

Zugleich beginnen nach den Sommerferien

vielerorts Chöre wieder zu proben.

Eine Herausforderung dabei ist es die gesetzlichen

Bestimmungen genau einzuhalten.

Der Südtiroler Chorverband hat dazu

eine Zusammenfassung auf seine Webseite

zum Herunterladen bereitgestellt.

Bei der Wiederaufnahme der Chortätigkeiten

in Südtirol gibt es die unterschiedlichsten

Variationen. Die einen

proben in Kleingruppen oder nur mit einzelnen

Registern, andere wiederum proben

mit Maske.

Einige haben sich gar entschlossen, die

Proben ganz ins Freie zu verlegen, wie in

Innenhöfe, in Parks und in Musikpavillons.

Für Viele steht im Moment aber nicht der

künstlerische Anspruch im Mittelpunkt,

sondern vielmehr der soziale endlich wieder

gemeinsam zu singen. Alles in Allem

überwiegt aber der Optimismus und die

Freude am gemeinsamen Singen.

20

KulturFenster


Das Thema

Chorwesen

Herausragende Beispiele

neuerer Kirchenmusik

Erinnerung an den Komponisten Peter Hölzl

Am 25. Oktober vor genau zehn Jahren

verstarb in Meran der Komponist, Chorleiter

und Kirchenmusiker Peter Hölzl. 2020

wäre er 100 Jahre alt geworden.

Hölzl, geboren 1920 in Andrian, war

Schüler am Johanneum und lernte dort

Klavier und Orgel bei Adolf Veith. Sein Leben

ist nicht nur Beispiel für die kulturellen

Leistungen in unserem Land, sondern zeigt

auch, wie ein Mensch

mit der Kriegserfahrung

umgeht: Als Zwanzigjähriger,

von 1940 bis 1946,

wurde Hölzl zur Wehrmacht

eingezogen und

kam an die Ostfront, wo

er auch verletzt wurde.

Brief aus dem

Krieg

meinen früheren Versuchen steht, da

ich mich in meiner Soldatenzeit doch

allerhand gewandelt haben muss oder

besser reifer geworden bin, und zwar

wirkte sich diese Reife auf dem Gebiete

der Kunst so aus, dass ich glaubte, dass

mir zum ersten Mal der Unterschied zwischen

Machwerk und wahrer Kunst richtig

klar wurde.“

er Komposition an der Stuttgarter Musikhochschule

studierte. David war Komponist

zahlreicher Chor-, Orgel-, Kammermusikund

Orchesterwerke sowie Oratorien und

Lehrer vieler bekannter Komponisten und

Interpreten. Er ist heute vor allem durch

seine Musik für Orgel bekannt. Hölzl war

bis 1958 Korrepetitor und stellvertretender

Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart,

Ein Brief aus dem Nachlass

des Komponisten

aus dieser Zeit, den seine

Tochter, die Künstlerlin

Elisabeth Hölzl, der Tageszeitung

Dolomiten zur

Einsicht vorgelegt hat,

beschreibt in beeindruckender

Weise, wie der

junge Mann den Krieg

erlebt und seine Zeit im

Lazarett beschreibt:

„Etwa drei Wochen nachher kam ich ins

Lazarett. Auch an diese folgenden Wochen

denke ich gerne zurück, zwar nicht

wegen der Langeweile, die uns dort umgab,

sondern wegen der Art und Weise,

mit der ich diese verscheuchen konnte.

Nach dreieinhalbjähriger Unterbrechung

fing ich nämlich wieder an zu komponieren

und es entstand tatsächlich nicht nur

mein umfangreichstes, sondern auch

mein weitaus bestes Werk: ich darf sagen,

dass es in gar keinem Verhältnis zu

Dass die Berufung für den 23-Jährigen

die Musik, die Kunst ist, daran kann auch

der Krieg nichts ändern.

Nach dem Krieg

Nach dem Krieg studierte Hölzl bis 1951

Schulmusik und Orchesterdirektion in

Wien. Geprägt in seinem künstlerischen

Schaffen wurde er aber vor allem vom

bedeutenden österreichischen Komponisten

Johann Nepomuk David, bei dem

bevor er für drei Jahre lang am Bozner

Konservatorium Tonsatz lehrte. Bis zu seiner

Pensionierung im Jahre 1985 war er

als Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt

„Josef Ferrari“ in Meran tätig.

Von großer Bedeutung für das Südtiroler

Chorwesen und die Musikkultur im Land

war aber auch seine Tätigkeit als Referent

bei Fortbildungsveranstaltungen des Südtiroler

Sängerbunds, aber auch anderer

Musikverbände. Er engagierte sich viele

Jahre lang für die Chorkultur im Musikrat

Nr. 05 | Oktober 2020 21


Das Thema

Peter Hölzl ist heute vor allem durch seine Musik für Orgel bekannt.

des Südtiroler Chorverbandes und der diözesanen

Kirchenmusikkommission. Er

verband sein kompositorisches Wirken

auch sonst mit einer fruchtbaren Praxis:

So leitete er die Kirchenchöre von Andrian,

Marling, den Stadtpfarrchor Meran

und den Pfarrchor Algund. „Als engagierter

Kirchenmusiker war er stets drauf bedacht,

in Zusammenarbeit mit dem Seelsorger

die Gottesdienste zu lebendigen

und beeindruckenden Feiern zu gestalten.“

So würdigte sein Schaffen Stephan

Niederegger in einem Nachruf in den Dolomiten

anlässlich des Ablebens des bedeutenden

Komponisten, dessen reiches

Wirken in zahlreichen Auszeichnungen

seinen Niederschlag fand, so etwa im

Goldenen Ehrenzeichen des Südtiroler

Sängerbundes und im Walther-von-der-

Vogelweide-Preis und der selten verliehenen

Orlando-di-Lasso-Medaille des Allgemeinen

Cäcilienverbandes.

Sein kompositorisches Schaffen besteht

hauptsächlich aus geistlichen und weltlichen

Chorwerken, Kammermusik und

einigen Stücken für Blasorchester und

Bläserensembles.

Veröffentlichungen

Neben zahlreichen Kompositionen veröffentlichte

Hölzl u. a. auch das Orgelbuch

„Unser Gotteslob“ der Diözese Bozen-Brixen,

„Musik macht Freude“, eine

„Praktische Musiklehre“ mit Themen aus

Meisterwerken, „Ein Weg zum Singen nach

Noten“ und „Die Technik des Dirigierens“.

Ein Beispiel für seine geistlichen Werke

ist etwa die Kleine Festmesse in C für Chor

a cappella, optional mit Orgel, Streichern

und Bläsern. Diese Kleine Festmesse

zeichnet sich aus durch ihre zahlreichen

Aufführungsvarianten, die eine schlichte

ebenso wie eine prunkvolle, quasi symphonische

Darstellung erlauben, wobei

die Stimmen nie über ihren natürlichen

Ambitus geführt werden. Die maßvolle

Modernität der Harmonik sowie der zeitgemäße

liturgische Aufbau - mit gesungenem

Choral-Credo, Halleluja- und

Amen-Coda - bei einem durchaus volkstümlichen

Grundcharakter, belegen diese

ganz an der täglichen Praxis orientierte

Messe als ein herausragendes Beispiel

neuer Kirchenmusik. Andere Kompositionen

sind etwa die „Messe zu Ehren der

Hl. Elisabeth von Thüringen“ für gemischten

Chor, Orgel, Bläser und der „Sonnengesang

des Hl. Franz von Assisi“ für gemischten

Chor und Bläser. Seine Werke

zeugen alle von der Haltung des Komponisten

und Menschen Peter Hölzl, dem

die Einfachheit und Bescheidenheit, aber

auch die Suche nach einer zeitgemäßen

Tonsprache am Herzen lag, und nicht zuletzt

ein tiefer Glaube an Gott.

KulturFenster

Redaktion KulturFenster

Ihre Beiträge für das Chorwesen senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)

Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November 2020.

22

KulturFenster


Aus Verband & Bezirken

Chorwesen

„Requiem“ von Karl Jenkins

Projekt 2021 des Bezirks Pustertal

Auf dem Programm als Bezirkskonzert des

Bezirks Pustertal steht das “Requiem” des

1944 in Wales geborenen Komponisten

Karl Jenkins.

Die Werke des walisischen Komponisten

Karl Jenkins stehen für sagenhafte Klangerlebnisse

und neue harmonische Erfahrungen.

So entstammt z.B. die bekannte

Filmmusik aus Avatar aus seiner Feder.

Charakteristisch in den Werken ist das

Zusammenbringen und die Verschmelzeung

verschiedener Kulturen.

In das Requiem fügt Jenkins fünf traditionelle

japanische Totengesänge ein. Das

Requiem wurde erstmals aufgeführt und

aufgenommen im Jahr 2005. Das Requiem

weist insgesamt 13 Sätze auf - in der japanischen

Kultur eine göttliche Zahl, der be-

sonderer Segen zuteil wird und zeichnet

sich besonders dadurch aus, dass einige

Textelemente des üblichen lateinischen

Requiemtextes ersetzt werden durch japanische

Haiku-Gesänge bzw. mit diesen

kombiniert werden. Es enthält auch die

- wie auch schon von Gabriel Fauré und

Maurice Duruflé in ihre Requiems eingefügten

bzw. hervorgehobenen - Sätze Pie

Jesu und In paradisum.

Neben dem Projektchor des Bezirks wirken

bei der Aufführung ein Orchester und

wiederum ein Chor aus Bruneck (Sozialwissenschaftlcihes

Gymnasium Bruneck)

unter der Leitung von Adele Vikoler mit.

Die Jugendlichen singen die japanischen

Gesänge. Die Aufführungen sind im Oktober

2021 geplant.

„DU HAST‘ nen FREUND IN MIR“

Musiktheater von Tuba-Voiceline und dem Kinderchor Ehrenburg – Nachtrag

Wie in der letzten Ausgabe des KulturFensters

bereits berichtet, haben Tuba-Voiceline

und der Kinderchor Ehrenburg im Februar

diesen Jahres ein Musiktheater der

besonderen Art auf die Bühne gebracht.

Mit Hilfe des Publikums und der Wandermelodie

"Schritt für Schritt, es wird

uns gelingen, das Ende dieser Melodie

bald zu fi nden!“ trafen drei Freunde auf

unterschiedliche Tiere und Fabelwesen,

dargestellt von den 40 Sängerinnen und

Sängern des Kinderchores Ehrenburg und

den umliegenden Gemeinden. Leider ist

uns dabei ein Foto verloren gegangen, das

wir hiermit gerne nachreichen möchten.

Es zeigt die jungen Künstler des Kinderchores

Ehrenburg mit Chorleiterin Angelika

Brunner in der Bildmitte, sowie Michael

Pircher (Tuba), Veronika Prünster

(Flöte und, Gesang) und Maria E. Brunner

(Gesang und Klavier) vorne rechts.

Die wunderbaren Requisiten der Fische,

Dschungeltiere, Löwen und Zwerge fertigte

Ursula Pattis an. Allen Mitwirkenden

noch einmal ein großes Kompliment für

die gelungene Darbietung vor begeistertem

Publikum.

Nr. 05 | Oktober 2020 23


Das Thema

Schreibn wia mr redn

Arbeitsgemeinschaft MundART hat neuen Obmann –

Dialekte als kulturelles Gut

Herbst in Südtirol: Die Mundart ist auch Ausdruck des Bekennens zur eigenen Heimat. (Foto: Edith Runer)

So selbstverständlich sich die meisten Südtiroler

in ihrer Mundart verständigen, so

schwer tun sie sich, den Dialekt zu Papier

zu bringen. Die Arbeitsgemeinschaft Mund-

ART im Heimatpflegeverband bemüht sich

seit über 30 Jahren, die Mundart als kulturellen

Schatz zu bewahren und zu fördern.

Seit kurzem wird die Gruppe der Mundartdichterinnen

und -dichter von einem neuen

Obmann geleitet. Mit ihm, Johannes Ortner,

sowie mit dem ehemaligen Obmann Martin

Achmüller blickt das „KulturFenster“ zurück

und nach vorne.

Mundart – was ist das eigentlich? Gibt

es eine Südtiroler Mundart, oder sind das

Puschtrarische, das Psairerische, das Vinschgerische

oder Sarnerische eigenständige

Mundarten? Welche Regeln gelten für

das Schreiben in der Mundart, und wozu

soll es überhaupt gut sein, so zu schreiben,

wie man spricht? Das sind lauter Fragen,

die sich unwillkürlich stellen, wenn

man sich näher mit dem Thema Mundart

beschäftigt.

Einer, der das seit vielen Jahren beruflich

tut, ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft

MundART, Johannes Ortner.

Der Meraner Kulturanthropologe – er sitzt

auch im Vorstand des Heimatpflegeverbandes

Südtirol – stößt bei seiner Arbeit

naturgemäß auf die verschiedenen Südtiroler

Mundarten mit den unterschiedlichsten

Akzenten, die bei näherer Betrachtung

tiefe Einblicke in das Leben der

Menschen in den Tälern und Städten gewähren.

Und er weiß auch eine Antwort

auf die Frage, ob es denn einen Unterschied

zwischen den Begriffen „Mundart“

und „Dialekt“ gibt.

Johannes Ortner: „Mundart ist der eingedeutschte

Begriff für Dialekt, der wiederum

aus dem Griechischen ,diálektos‘

– das bedeutet Ausdrucksweise – abgeleitet

ist.“ Die Arbeitsgemeinschaft Mund-

ART hat die zweite Silbe des Begriffes

allerdings geschickt in ihrer Bedeutung

abgewandelt: ART steht in diesem Fall

für „Art“, also für die Kunst – die Kunst

des Schreibens im eigenen Dialekt, der

sich die Mitglieder der ArGe MundART

widmen.

24

KulturFenster


Heimatpflege

Hoamattål

Sunnig - und decht net zu hoaß,

weit - und decht net zu groaß;

a tia Mål zu kloan und zu eng

und desweg oſt streng...

des isch mein Hoamattål -

gråd sou, wia's sein soll:

sunnig und weit...

und in a Toal Leut

zu eng und zu kloan...

und decht mei Derhoam..

Die Anfänge

Es war der legendäre Priester und Deutschprofessor

am Johanneum in Dorf Tirol, Alfred

Gruber, der 1989 die Mundartdichterinnen

und -dichter zu einer Gruppe

zusammenschweißte. Er leitete im Südtiroler

Künstlerbund den Kreis für Literatur,

wollte der Mundart aber eine eigene Plattform

geben. So wurde der Bereich als Arbeitsgemeinschaft

MundART in den Heimatpflegeverband

integriert.

Von Anfang an war die ArGe MundART

kein streng geführter Verein, sondern ein

lockerer Zusammenschluss von Südtirolern,

die Mundartgedichte und -texte schreiben,

diese bislang aber vor allem im privaten Rahmen

vorgetragen oder sie gar nur in den eigenen

Schubladen aufbewahrt hatten. Nur

einzelne Autoren, die schon dem Kreis für

Literatur angehört hatten, waren bereits in

der Öffentlichkeit aufgetreten. Maridl Innerhofer

dürfte sicher die Bekannteste unter

ihnen sein, aber auch Kuno Seyr und Margit

von Elzenbaum schlossen sich 1989 der

Arbeitsgemeinschaft MundART an.

Die Ziele

Bis heute sei das mit der „lockeren Gemeinschaft“

so geblieben, sagt Martin

Achmüller, der die Arbeitsgemeinschaft

acht Jahre lang als Obmann geleitet hat.

Es gebe eine Mitgliederliste, um Veran-

staltungen sowie Fortbildungen anzukündigen,

aber keine offizielle Eintragung in

einen Verein. „Wer Freude am Schreiben

und Vorlesen in der eigenen Mundart

und Interesse an Fortbildungen hat,

der kann diese mit uns teilen und sich

uns anschließen“, betont der pensionierte

Kinderarzt und passionierte Mundartdichter.

Er selbst ist vor vielen Jahren zur ArGe

MundART gestoßen, als Renate Gamper

Obfrau war. Von ihr hatte er 2010 die Leitung

übernommen.

Neben Lesungen und anderen Veranstaltungen

war ihm stets der Kontakt zu

Buchtipp zur Jahreszeit

Martin Achmüller (Hrsg.): „Wenn

wieder Winter weard“, Sammlung von

Gedichten und Texten von 41 Südtiroler

Autorinnen und Autoren samt 2 CDs (um

die Dialekte noch besser verstehen

zu können), Skarabæus Verlag, 21,90

Euro, auch beim Heimatpflegeverband

Südtirol erhältlich.

Nr. 05 | Oktober 2020 25


Das Thema

Hoamat

(zu Risiken und Nebenwirkungen das Autonomiestatut

lesen oder einen Juristen oder Politiker fragen]

Bisch a komisches Ding,

voller Löcher und Sprng:

mit Gred va „direkter Demokratie”

und'n Gschwafl va „Voll-Autonomie":

stått der Mehreıtstier „lVA",

stått „Unterreinswåld" „Boscoriva”,

„Prevalle di Sopra" stått „Obererfl”

in den schianen Schnålser Dörfl.

Bisch an oager Patron,

mit „Safet-Park" und „Mus-ei-on"

oder mit Flughåf Boazn

jeds Jåhr Millionen zu verhoazn.

Bisch schun fåst phänomenal

mit Politiker-Rent-Skandal,

mit Kråſterk-Gemauschl va der SEL,

mit Brenner-Basis-Tunnel

oder'n 5-Stere-Gfångenen-Hotel.

Bisch epper går an Auslauf-Modell?

und decht bisch die Hoamat, in der i leb,

und bleibsch die Hoamat, zu der i heb!!!

anderen Mundartvereinen wie dem Tiroler

Mundartkreis wichtig. Ebenso lenkte

er den Blick der Mitglieder immer wieder

auf deutsche Sprachinseln mit besonderen

Dialekten. Das Thema Weiterbildung

lag und liegt ihm nach wie vor sehr am

Herzen, „denn nicht alles, was sich reimt,

ist ein Gedicht – und der Rhythmus allein

macht auch noch keine Lyrik.“

Es gehe auch um

die Aussage des

Textes, um die Botschaft

an die Zuhörer

und Leser.

Die Auseinandersetzung

mit

der Sprache und

das Spiel mit den

Worten haben

Martin Achmüller

immer schon fasziniert.

Deshalb

schreibt er auf

Hochdeutsch genauso

wie im Dialekt:

„Manches

lässt sich nur in

der Schriftsprache,

anderes viel besser

in der eigenen

Mundart ausdrücken“,

sagt er. Der

Dialekt sei vor allem ein Ausdruck der

Persönlichkeit.

Viele Kurse für Mundartdichterinnen

und -dichter hat Martin Achmüller selbst

geleitet und dabei den Teilnehmern beigebracht,

wie sie Gedichte und Texte „publikumswirksam“

gestalten können: „Es

ist auch wichtig, dass die Zuhörer oder

die Leser den Inhalt verstehen.“

Die Kunst des Schreibens

So zu schreiben, wie man redet – und das

auch noch verständlich – ist tatsächlich

eine Kunst, denn „es gibt keine strengen

Orthographie- oder Grammatikregeln, wie

sie der Duden für das Hochdeutsche vorschreibt“,

erklärt Johannes Ortner. Außerdem

seien bestimmte Laute in der Hochsprache

nicht üblich, würden daher beim

Schreiben selten angewandt und seien

nicht für alle leicht lesbar. Beispiel: das å

(långe Nåcht). Nicht zuletzt hätten die einzelnen

Dialekte auch unterschiedliche Akzente,

weshalb das Lesen und Verstehen

für jene, die den Dialekt nicht kennen, die

Schwierigkeit noch erhöhe.

Dialekte haben also ihre Tücken, sind

aber vor allem deshalb sehr spannend.

Bleibt zum Schluss noch die eingangs gestellte

Frage nach dem Südtiroler Dialekt zu

beantworten. Dazu Johannes Ortner: „Es

gibt nicht den einen Südtiroler Dialekt, sondern

eine ganze Reihe von Südtiroler Dialekten

mit unterschiedlichen Akzenten.“

Der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft

MundART freut sich jedenfalls schon auf

seine neue Aufgabe und auf neue Herausforderungen,

wie er auch im Interview auf

den Seiten 27 und 28 bestätigt.

Edith Runer

Gedichte: M. Achmüller

Martin Achmüller hat die ArGe MundART jahrelang als Obmann geleitet. Er sagt:

„Manches lässt sich nur in der Schriftsprache, anderes viel besser in der eigenen

Mundart ausdrücken.“

26

KulturFenster


Heimatpflege

„Dialekte stehen für Vielfalt“

Johannes Ortner, Obmann der Arbeitsgemeinschaft MundART, im Gespräch

KulturFenster: Herr Ortner, Sie sind, obwohl

selbst kein Mundartdichter, der neue

Obmann der Arbeitsgemeinschaft Mund-

ART. Was hat Sie dazu bewogen, dieses

Ehrenamt zu übernehmen?

Johannes Ortner: Ich schreibe manchmal

Gedichte, drücke mich dann aber eher

in Schriftsprache aus. Das Ehrenamt

reizt mich, weil mich der Dialekt, also die

Mundart, in all ihren Facetten fasziniert.

Sie vermittelt meinem Empfinden nach

eine gewisse Nähe zu einem Land, zu einer

Talschaft, zu den Menschen, die dort

leben. Der Dialekt hat auch etwas Persönliches

und Emotionales, er hebt sich

vom Einheitlichen, vom Globalen ab. Die

Dialekte stehen für Vielfalt. Deshalb finde

ich es sehr wichtig, dass Dialekte erhalten

und gefördert werden. Als Wissenschaftler

beschäftigte ich mich beispielsweise zurzeit

mit der Sammlung von Blumennamen

in unterschiedlichen Dialekten Südtirols.

Die ArGe MundART hingegen verkörpert

den künstlerischen Aspekt in dieser Kulturarbeit.

KF: Warum ist es wichtig, eine

Mundart zu erhalten?

J. Ortner: Weil sie – wie erwähnt

– die Vielfalt und die

Eigenart eines Landes, eines

Volkes, einer Kultur ausdrückt

und weil diese Vielfalt mit dem

Verlust der Mundart ebenfalls

verloren ginge. Mir fällt da

eine Monografie des gebürtigen

Planeilers Josef Gunsch

ein, auf die ich vor längerer

Zeit gestoßen bin. Er ist später

nach Nordtirol gezogen,

hat seinen Alltag in Planeil

aber bis ins kleinste Detail

niedergeschrieben und zwar

in seinem ausgeprägten Dialekt.

Solche Zeugnisse sind

einzigartig, weil sie das Leben,

die Kultur und die Gedanken

der Menschen sehr

authentisch wiedergeben.

Das schafft kein hochdeutsches

Werk.

„Zeitörter-Durchanånd“

I heb ån rear.

Du hebsch mi.

Er hepp sich die Oahr zua.

Sie hepps nebm mir nimmer aus.

Es hepp mi båll nix meahr zrgg.

Man hepp ålls, wenn man lei will!

Sie hebm ins ålle ummi.

Es hepps mir an Hauf vir.

I hebs båll nimmer.

Du hebsch hoffentlich decht nou zu mir.

Mir hebm zsåmm und hoff.

KF: Sind die Südtiroler Mundarten durch

die Globalisierung und die Digitalisierung

bedroht?

J. Ortner: Nein, das glaube ich

nicht. Zwar sind den teils sehr

markanten Dialekten in den Talschaften

in den vergangenen Jahrzehnten

die Spitzen genommen worden

– aus dem logischen Grund,

dass die Bewohner dieser Täler nun

mehr Kontakt nach außen haben

und ihren Dialekt teilweise anpassen

oder Ausdrücke übernehmen. Aber

wir deutschsprachigen Südtiroler

reden nach wie vor in

dem einen oder anderen

Dialekt, und

man kann an diesem

Dialekt in

der Regel auch „ablesen“, aus welcher

Gegend eine Person stammt. Was allerdings

verloren gehen könnte, sind gewisse

Begriffe, die heute immer seltener benutzt

werden, weil es bestimmte Dinge oder Traditionen

nicht mehr gibt, zum Beispiel Arbeitsgeräte,

die man nicht mehr braucht.

Deshalb müssen wir daran arbeiten, dass

solche „Schätze“ gesammelt und damit

erhalten werden.

KF: Welche Ziele haben Sie sich für die

ArGe MundART gesetzt?

J. Ortner: Vorweg – ich bin der Neue. Deshalb

möchte ich als erstes vor allem von

den Mitgliedern erfahren, was sie sich

wünschen und wie die Arbeitsgemeinschaft

sie bei ihrer kreativen Arbeit unterstützen

kann. >

Johannes Ortner, Kulturanthropologe aus Meran,

ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft

MundART.

Nr. 05 | Oktober 2020 27


Das Thema

KF: Aber gibt es Ihrerseits vielleicht schon

Ideen?

J. Ortner: Ich denke, es geht darum, sichtbar

zu sein, die Arbeit der Mundartdichterinnen

und -dichter nach außen zu tragen.

Man könnte das zum Beispiel alle

zwei Jahre in Form eines Festes tun, mit

Lesungen, Musik und Theater. Der Dialekt

sollte meiner Meinung nach aber auch wieder

Einlass in die Schulen und Bildungsstätten

bekommen, in dem Sinne, dass

man sich im Unterricht oder bei Fortbildungen

mit dem Thema und mit dem Dialekt

als Teil der eigenen Kultur befasst.

KF: Apropos Schule: Die Arbeitsgemeinschaft

MundART hat einen eher hohen

Altersdurchschnitt. Soll und kann die Jugend

für Lyrik und Prosa in Dialekt und

damit für Ihre Gruppe gewonnen werden?

J. Ortner: Ich beobachte, dass Jugendliche

mit viel Stolz und Überzeugung im Dialekt

schreiben, wenngleich sie es meistens in

den sozialen Netzwerken oder auf Whatsapp

tun. Es bietet sich ihnen allerdings kaum

eine Gelegenheit, Dialekt-Texte öffentlich

vorzutragen. Ich erinnere mich aber an einen

Poetry Slam, also einen Sprechwettbewerb,

der vor einiger Zeit im Vinschgau

stattfand und bei dem junge Menschen

ihre Texte im Dialekt vorgetragen haben.

Solche Initiativen sind sehr zu begrüßen

und zu fördern.

Ein Auszug aus der Monografie von Josef Gunsch, die als Zeugnis der Vinschger

Lebensart einzigartig ist.

KF: Der Dialekt der „Jungen“ unterscheidet

sich von jenem der Alteingesessenen

in einem Tal. Es werden Anglizismen und

Italianismen eingestreut, der Dialekt ist

nicht mehr so ursprünglich. Kann man

das auch als Verlust bezeichnen?

J. Ortner: Dialekte verändern sich, aber

ich glaube, das müssen wir zulassen. Natürlich

gebrauchen junge Menschen Begriffe,

die sie in der modernen Welt aufgreifen.

Das ist jedoch nicht das Problem.

Eher geht es darum, dass wir uns unseres

Reichtums bewusst sind, den wir mit unseren

Dialekten in uns tragen, und dass

wir ihn schätzen.

(er)

Mundart selbstbewusst präsentieren

„Der Dialekt ist voller lebendiger sinnlicher

Bilder“, betonte Johannes Ortner,

nachdem er im Rahmen der Mitgliederversammlung

Anfang September einstimmig

zum neuen Vorsitzenden gewählt

worden war. Und er regte dazu

an, die eigene Mundart selbstbewusst zu

präsentieren. Denn Hochdeutsch zu beherrschen

sei zwar eine erstrebenswerte

Fähigkeit, und in einer Minderheitensituation

mit einem großen fast ausschließlich

italienischsprachigen Nationalstaat

seien die deutsche und die ladinische

Sprache natürlich ein wesentlicher Bestandteil

der Südtiroler Identität, aber

„Dialekt und Standard sollten nicht gegeneinander

ausgespielt werden.“

Ein besonderes Anliegen ist Johannes Ortner

auch eine wissenschaftliche Herangehensweise.

So soll etwa das Anlegen von

Mundartsammlungen und das Scannen

von handschriftlich verfassten Sammlungen

ins Programm genommen werden.

28

KulturFenster


Heimatpflege

„Ich fühle mich nicht

als Dichterin“

Margit von Elzenbaum schreibt Gedichte und Prosa – nicht

nur, aber auch in der Mundart

schwindl gonz a bissl

Derzeihl mer an Haimatroman!

Wail wenn's mi ummertraib wia es folscha Geld,

brauch i an Haimatroman,

un wenn oan Toug wia der ondra

bun Boch oigeaht,

moug i an Haimatroman

vun an Nest voll Haiser

mit an unverschampn Glick.

Aus „gehört dem Wind“ von Margit von Elzenbaum

KF: Was hat es für einen Unterschied gemacht,

wenn Sie nicht in der schulüblichen

Hochsprache geschrieben haben?

M. v. Elzenbaum: Für das schulübliche

Schreiben habe ich Grammatik- und

Rechtschreibregeln gelernt. Um das gehörte

Wort niederzuschreiben, musste

ich mich erst schlau machen. Die Dialektologen

helfen bis zu einem bestimmten

Grad, ein Rest bleibt dem persönlichen

Ermessen. Das Schreiben in der Mundart

war auch nicht mit „Bildung“ besetzt. Die

Mundart war der unmittelbare Zugang zu

Zorn und Witz, wirkte auch stärker in direkten

und frontalen Äußerungen. Schön

ungezähmt, möchte ich sagen.

KF: Wie sind Sie dann zur Arbeitsgemeinschaft

MundART gestoßen?

M. v. Elzenbaum: 1974 wurde innerhalb

des Südtiroler Künstlerbundes der Kreis

Südtiroler Autoren gegründet, in dem ich

Mitglied wurde. 1989 wollte der Leiter des

Kreises, Alfred Gruber, den Mundartdichterinnen

und -dichtern eine eigene Plattform

geben und gründete die Arbeitsgemeinschaft

MundART, die beim Heimatpflegeverband

angesiedelt wurde. Ich habe

mich dann zusätzlich dieser Gruppe angeschlossen.

Seit weit über 40 Jahren gibt Margit von Elzenbaum

Gedanken und Gefühle, Sichtbares

und Unsichtbares aus ihrer Umgebung in

Gedichten und Texten wieder. Sie verwendet

die deutsche Standardsprache, die italienische

Sprache und die Mundart. Bereits

seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft

MundART ist sie deren Mitglied. Vor kurzem

ist ihr viertes Buch, ein Gedichtband, erschienen.

Im Interview erzählt Margit von

Elzenbaum über ihr Schreiben.

KulturFenster: Wie sind Sie zur Mundartdichterin

geworden?

Margit von Elzenbaum: Ich schreibe, und

ja, es entstehen auch Gedichte. Aber ich

fühle mich nicht als Dichterin. Von Dichtung

habe ich eine sehr hohe Meinung.

Mit der Mundart habe ich in den 1970er-

Jahren begonnen. Damals habe ich an der

Mittelschule unterrichtet und an einem literarischen

Ferienkurs in Münster in Nordrhein

Westfalen, organisiert vom Arbeitskreis

Südtiroler Mittelschullehrer ASM, teilgenommen.

Aus purem Heimweh nach dem Dialekt

habe ich einen Brief im Dialekt nach

Hause geschrieben. Das hat gereicht, um

die Mundart als Sprache zu entdecken, die

sich auch verschriftlichen lässt.

KF: Was bedeutet die Mundart für Sie ganz

persönlich?

M. v. Elzenbaum: Muttersprache. Die ersten

Worte, Fragen, Antworten – existentielle

Kommunikation.

KF: Wo ist Heimat für Sie?

M. v. Elzenbaum: Heimat ist für mich nicht

irgendwo, sondern Heimat ist eine geglückte

Beziehung.

KF: Warum, wann, wie und was schreiben

Sie?

M. v. Elzenbaum: Am Schreiben fasziniert

mich die Herausforderung, mit dem Material

Sprache etwas zu bauen. Am liebsten

schreibe ich in der Küche und wenn

ich dort allein bin. Vieles aus dem Alltag

kann der Anlass sein. Zum Alltag zähle

ich alles, was ich selbst erlebt und erlernt

Nr. 05 | Oktober 2020 29


Das Thema

Margit von Elzenbaum, Jahrgang 1950, wohnt in Auer,

ist von Beruf Grundschullehrerin und mittlerweile

in Pension. Sie hat vier Bücher mit Gedichten und

Kurzprosa in verschiedenen Südtiroler Verlagen

veröffentlicht. Dazu kommen Lesungen an Schulen,

in Bibliotheken und im Rundfunk. Im September

2020 erschien ihr viertes Buch, der Gedichtband

„gehört dem Wind“, im Verlag Weger. Das Buch mit

einem Vorwort von Karin Dalla Torre und Bildern

von Anna Platzgummer enthält 60 Gedichte, 30 davon

in Standarddeutsch, 20 in Mundart und zehn in

Italienisch.

Sie schreibt seit über vier Jahrzehnten Gedichte

und Prosa.

„Am Schreiben fasziniert

mich die Herausforderung, mit

dem Material Sprache etwas

zu bauen."

habe, und auch, was ich miterlebt habe,

was mich berührt und betroffen macht.

Und zu meinem Alltag gehören außer

der Mundart auch die Standardsprache

und das Italienische. Das hat nichts mit

Ambitionen zu tun, nur mit Authentizität.

Ich schreibe Kurzprosa, in der ich

die Sprachen bzw. Sprachebenen gern

dialogisch zueinander setzte. Oder ich

schreibe Poesie, Gedichte in jeweils einer

dieser Sprachen.

KF: Als Zuhörerin oder Leser scheint es,

als würde in einem kurzen Gedicht nicht

viel Arbeit stecken. Wie lange dauert es,

bis ein Gedicht fertig ist?

M. v. Elzenbaum: Bei mir dauert es lange,

ganz selten steht der fertige Guss in der

ersten Fassung da. Ich spiele zwar gern,

aber meistens muss ich konstruieren und

bauen, dann liegen lassen und aus der zeitlichen

Distanz neu fassen. Meine Lehrerin

in der Lehrerbildungsanstalt LBA, Gabriele

von Pidoll, hat gesagt: „Ein Gedicht

ist fertig, sobald es das innere Gummiband

hat.“ Dieser Satz hilft mir.

(er)

KulturFenster

Redaktion KulturFenster

Ihre Beiträge für die Heimatpflege im KulturFenster senden Sie bitte an: florian@hpv.bz.it

Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter folgender Nummer: +39 0471 973 693 (Heimatpflegeverband)

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KulturFenster


Alte gegenstände neu entdeckt

Heimatpflege

Das Betrachtungssärglein

Dinge des Alltags aus Geschichte und Gegenwart

Geradezu makaber erscheint das

Tödlein im Betrachtungssärglein aus

heutiger Sicht. Die Särglein wurden aus

Holz angefertigt. (Fotos: Südtiroler

Volkskundemuseum, V/1211.)

1959 schrieb der ladinische Schriftsteller

Leo Runggaldier (1888−1961) in der

Zeitschrift „Der Schlern“ über eine Familie

im Grödental, die auf einem Hof bei St.

Ulrich im 19. Jahrhundert kleine Särge

herstellte. Bei diesen Arbeiten aus Holz

handelte es sich um sogenannte Betrachtungssärglein.

In den etwa 25 Zentimeter langen Särgen

befand sich ein Skelett, auch als Tödlein

bezeichnet. Die Totenköpfe lieferten

die Schnitzer im Tal, der Rest wurde in

Heimarbeit angefertigt. Auf das Skelett

wurden kleine Würmchen gelegt, die aus

Wachs gedreht waren. Auch geschnitzte

Tiere wie Kröten oder Mäuse, konnten

hinzugelegt werden. Die Sargtüren waren

beweglich, ließen sich öffnen und schlie-

ßen. Verkauft wurden die Särge von den

Wanderhändlern aus dem Tal.

Miniatursärge waren ab dem 16. Jahrhundert

im Alpenraum und bis Norddeutschland

verbreitet. Besonders ausgeschmückte

Exemplare aus Metall soll

es in England gegeben haben. Auch

Särge aus Elfenbein sind bekannt. Größere

Modelle wurden auch als Tischoder

Mementosarg bezeichnet. Der lateinische

Ausspruch memento mori

bedeutet: „Mensch gedenke, dass du

sterben musst.“ Der Gedanke um den

eigenen Tod hatte sich im Mittelalter in

Europa stark verbreitet, als die Pest wütete

und unzähligen Menschen das Leben

kostete. Die Betrachtungssärglein sollten

auf die eigene Vergänglichkeit hinweisen

und zur persönlichen Andacht mahnen.

Barbara Stocker

Nr. 05 | Oktober 2020 31


Informiert und Reflektiert

Berge brauchen keine

Inszenierung

Umweltverbände sprechen sich gegen die künstliche Bespaßung

der Menschen in der alpinen Landschaft aus

Das unberührte Zieltal im Naturpark Texelgruppe ist mit einem Fun-Klettersteig erschlossen worden. (Foto: Stephan Illmer/AVS)

Der neue „Iceman Ötzi Peak“ in Schnals

(siehe KulturFenster 4/2020) war aktueller

Auslöser für eine Pressekonferenz,

auf der der Heimatpflegeverband Südtirol,

der Alpenverein Südtirol und der Dachverband

für Natur- und Umweltschutz die zunehmende

Inszenierung der alpinen Landschaft

kritisierten.

Ob sogenannte Skywalks, Aussichtsplattformen,

Flying-Foxes, Fun-Klettersteige,

aber auch Themenwege oder Panoramaterrassen

– Inszenierungen am und rund

um den Berg sind scheinbar „in“. Auch in

Südtirol fasst dieser Trend im neuen Jahrtausend

vielerorts Fuß, um kurzfristig mehr

Profit zu bringen. „Langfristig aber schädigen

diese überholten Konzepte die einzigartige

Natur- und Kulturlandschaft und damit

auch die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus

in Südtirol“, betonten die Verbände

auf der Pressekonferenz. Zwar werbe der

Vermarkter IDM Südtirol seit kurzem mit

dem Slogan „Alles, was wir lieben“, doch

Erlebnisinstallationen und -inszenierungen

in den Bergen würden genau das zerstören,

„was wir lieben“.

Jüngste Beispiele seien eben die neue Aussichtsplattform

am Gipfel der Grawand im

Schnalstal, aber auch der Fun-Klettersteig

im Zieltal im Naturpark Texelgruppe. Dieser

wurde nicht – wie andere Klettersteige

– errichtet, um zwei alpine Standorte auf

einem gesicherten Weg zu verbinden. Es

gehe hingegen einzig und allein um einfach

konsumierbare, häppchenweise vorgegebene

Adrenalinschübe in Form von Drahtseilbrücken

und dergleichen: „Das große

Abenteuer in einer wilden und ursprünglichen

Landschaft wie der Texelgruppe

32

KulturFenster


Heimatpflege

Wanderwege werden zu Forstautobahnen (hier ein Beispiel auf der Rodenecker Alm). Foto: AVS

Wozu braucht man bei einer so herrlichen Aussicht noch eine Aussichtsplattform?

(Foto: Karin Leichter/AVS)

wird ersetzt durch ein vorkonstruiertes Erlebnis,

ein Produkt, das man ohne großen

Aufwand konsumieren kann.“ Dass dabei

der Grundgedanke eines Naturparkes mit

Füßen getreten und gleichzeitig ein Naturdenkmal

verunstaltet wird, spiele für die

Projektwerber und genehmigenden Behörden

scheinbar keine Rolle. Der Heimatpflegeverband

und die anderen Verbände

verwiesen auf die Ausweisung der

Naturparke vor mehr als 40 Jahren. Ziel

sei es gewesen, wertvolle Natur- und Kulturlandschaften

vor unkontrollierten Nutzungen

durch die Tourismuswirtschaft zu

bewahren – „eine Absicht, an die wir die

Politiker und Behörden von heute zunehmend

erinnern müssen.“ Das gelte u. a.

für den geplanten Glasturm unterm Rosengarten,

aber auch für weniger prominente

Projekte wie die Planierung von alten

Wurzelwegen.

Die alpine Landschaft ist ein Allgemeingut.

Das macht sie für alle nutzbar, birgt

aber die Gefahr der Übernutzung. „Eine

Aussichtsplattform auf irgendeinem verbauten

Skihügel mag den meisten nicht so

schlimm erscheinen. Doch das Problem

ist, dass diese Inszenierung und Eventisierung

der alpinen Landschaft nicht

aufhören wird, bis jede Liftgesellschaft

ihre Aussichtsplattform, ihren Fun-Klettersteig,

ihren Themenweg, ihre Kinderanimationsinstallation,

ihre Zipline, ihr

,Forstautobahnen‘-Wegenetz, ihren Glasturm

usw. hat“, warnten die Umweltverbände.

Und sie appellierten an die Tourismuswirtschaft,

an die Politik und an die

Gesellschaft, der Inszenierung der Alpen

einen Riegel vorzuschieben, um das Erlebnis

Berg auch für künftige Generationen

einzigartig zu machen.

Arge Volkstanz

Aufgrund der momentanen Situation bezüglich des Coronavirus gibt die ARGE Volkstanz in Südtirol bekannt, dass

der heurige Landeskathreintanz am 14. November 2020 im Kurhaus, sowie der Winterlehrgang im Haus der Familie

vom 26.12.2020 bis zum 01.01.2021 abgesagt sind.

Nr. 05 | Oktober 2020 33


Informiert und Reflektiert

Ensembleschutz –

wichtig, aber ohne Zukunft?

Ein Kommentar von Albert Willeit

Der stattliche Rainerhof in Olang stand unter Ensembleschutz und wurde trotzdem abgerissen.

(Aus: Bauernhöfe in Südtirol Band 11)

Der Heimatpflegeverband weist seit 30 Jahren auf die Wichtigkeit von Ensembles hin,

doch die Bilanz sieht ernüchternd aus. Häufig fehlt auf Dorf- und Landesebene der politische

Wille für restriktive Maßnahmen, und so hat man das verpflichtende Ensembleschutzverzeichnis

vielfach gar nicht erstellt. Außerdem hatte es zu oft eine reine Alibifunktion,

weil man die Regelungen an die Wünsche der Bauherren anpasste.

Meine Erfahrungen

Die Ensembleschutzkommission von Bruneck

hatte sich 2002 für den Erhalt des

stadtbildprägenden Hotels „Post“ eingesetzt.

Nachdem aber die Gemeindeverwaltung

dessen Abbruch genehmigt hatte,

sind wir als Kommission aus Protest zurückgetreten.

Auch der Bahnhof von Bruneck

war damals dem Abbruch geweiht.

Dieses Vorhaben konnte verhindert werden.

Und so blieb er als Teil des schönen

Ensembles der Pustertaler k.-u-k.-Bahngeschichte

erhalten.

Der Abbruch des einzigartigen stattlichen

Rainerhofes in einer Ensembleschutzzone

in Olang war 2015 der Anlass, dass ich als

Landessachverständiger der Gemeinde zurücktrat,

weil man sich nicht an die klaren

Bestimmungen zum Erhalt des Gebäudes

gehalten hat.

Seit fünf Jahren bin ich Mitglied der Ensembleschutzkommission

von Innichen.

Dort ist die Arbeit durchaus zufriedenstellend,

auch weil die Bürgermeisterin die

Kommission und den Schutz der Ensembles

und ihren Wert für die Allgemeinheit

wichtig nimmt.

34

KulturFenster


Heimatpflege

Die Posthäuser in Sand in Taufers, ein einzigartiges geschichtliches und bauliches Ensemble von 1900 im Stil des Historismus.

Es war im Ensembleschutzplan zwar vorgesehen, aber dieser wurde wegen mancher Widerstände nie genehmigt. (Foto: Albert

Willeit)

Die Zukunft des

Ensembleschutzes in Südtirol

Es war ein großer Fehler, die Zuständigkeit

für die Ensembles nicht wie beim Denkmalschutz

und bei Schutzgebieten dem

Land zu übertragen, sondern den Gemeinden.

Diese verfügen vielfach weder über

die Sensibilität, noch über das Wissen für

diese komplexe Materie. Zudem sind sie

zu sehr dem Druck von Interessen ausgesetzt.

Äußerst schlimm ist, dass künftig

der Ensembleschutz noch bedeutungsloser

sein wird, da die Aus- oder Nichtausweisung

und die Regelung der Ensembles allein

in der Hand der Gemeinden liegt. Sie

müssen zwar verbindlich eine Ensembleschutzliste

erstellen, doch sie werden wohl

wenig Geeignetes finden (wollen). Zudem

besteht nach der Ausweisung die Möglichkeit,

dass die Gemeinde die Liste einseitig

wieder abändert, ohne dass das Land eine

Handhabe zum Eingreifen vorgesehen hat.

Das wird sich fatal auswirken.

Die noch verbliebenen Ensembles und

historischen Gebäude sind für das Ortsund

Landschaftsbild in unserem Land

von großer Bedeutung. Geben wir ihnen

eine Chance!

Albert Willeit, Bezirksobman des

Heimatpflegeverbandes Bezirk Pustertal

Ein wunderbares Ensemble: Weiler Fordora in Enneberg (Foto: Albert Willeit)

Nr. 05 | Oktober 2020 35


Informiert und Reflektiert

Vom Allerheiligenbrauch

zum Gruselfest

Was hinter Halloween steckt und wie es Europa eroberte

Erst in Amerika kam der Kürbis zu seinem Ruf als Symbol für Halloween. Mittlerweile erobert er auch die heimische Küche.

Bald ist Allerheiligen – bald ist aber auch

Halloween. In der Nacht vom 31. Oktober

auf den 1. November wird dieser Brauch begangen.

Oder auch nicht. Denn Halloween

scheidet die Geister. Die einen mögen es,

die anderen sind skeptisch oder lehnen es

strikt ab. Vor der Mitte der 1990er-Jahre

beschäftigten sich deutschsprachige Fachbücher

kaum damit, heute fehlt Halloween

in keiner wissenschaftlichen Publikation

zu Bräuchen.

Ursprünglich handelte es sich bei Halloween

um einen englisch-irischen, also

europäischen Brauch. Sein Name geht

auf Allerheiligen zurück. In der Nacht auf

den 1. November wurden ausgehöhlte Rüben

mit brennenden Kerzen in die Fenster

gestellt und an Arme, die von Haus

zu Haus zogen, Almosen verteilt – so wie

wir es von den Allerseelenbräuchen kennen.

Die Brauchträger waren Erwachsene,

später Kinder.

Der Brauch lief nicht überall gleich ab

und erlebte mehrere Veränderungen, so wie

unsere Bräuche Unterschiede von Tal zu

Tal oder von Dorf zu Dorf aufweisen. Auch

in Tirol gingen Menschen vermummt von

Haus zu Haus, um sich etwas zu erbetteln,

wie wir das vom Krapfenlottern in Ulten,

dem Krapfenbetteln in Pfunders oder

dem Krapfenschnappen in der Gegend um

Lienz kennen. Während diese Bräuche

regional verankert geblieben sind, machte

sich Halloween im Zuge einer großen Auswanderungswelle

im 19. Jahrhundert auf

den Weg nach Amerika.

Nach Amerika und wieder zurück

Ab 1920 war die Halloween-Nacht dort

weitum bekannt. Doch sie entwickelte sich

zu einer Nacht des Schreckens. Ausgehöhlte

Rüben wurden durch Kürbisse ersetzt,

friedliches Herumziehen durch Unfug

und Zerstörung. Als Gegenmaßnahme

kam es zu organisierten Feiern, bei denen

Kinder wieder die Hauptrolle spielen sollten.

Sie zogen in Gruppen durch die Orte und

36

KulturFenster


Heimatpflege

erbettelten sich mit dem Ausspruch „Süß

oder sauer?“ Süßigkeiten. In den 1960er-

Jahren wurde das Fest auch wieder von

den Erwachsenen aufgegriffen, die sich

verkleideten und sich zu Partys trafen,

mit Musik und Alkohol. Am Ende des 20.

Jahrhunderts trat der Brauch die Rückreise

nach Europa an und wurde hier Teil

der Spaß- und Eventgesellschaft.

Gutes Geschäft und

Medienereignis

Welche Merkmale lassen sich bei

Halloween heute beobachten?

Halloween ist Teil der Freizeit- und

Unterhaltungsindustrie, wie die jährlich

stattfindenden Partys zeigen. Bei

den Verkleidungen weichen Hexen und

Geister immer mehr den Fratzen von

Horrorfiguren, so wie das aktuell bei

den Krampusfiguren beobachtbar ist.

Wie die Krampusläufe erinnert Halloween

stark an die Fasnacht.

Vom Brauch, arme Leute mit Essen zu versorgen, wandelte sich Halloween im Zuge

seiner Amerikareise zum gruseligen Partyereignis.

Halloween ist gut fürs Geschäft. Laut

Auskunft von Konsumentenschutzverbänden

feierten 2019 rund zehn Millionen

Italiener das Fest in irgendeiner

Form – wenn nicht auf Partys, dann

mit Dekorationen für das eigene Heim.

Daher sind Scherzartikel, Masken, Kostüme

und Dekorationsobjekte jährlich

gefragte Konsumartikel. In Südtirol hat

sich 2019 die Verbraucherzentrale mit

Tipps für ein „umweltbewusstes“ Halloween

zu Wort gemeldet.

Halloween ist ein profaner Gegenwartsbrauch.

Der religiöse Aspekt, den Allerheiligen-

und Allerseelenbräuche aufweisen,

das Totengedenken, ist nicht

mehr sichtbar. Masken und Kostüme,

die Totenköpfe und Sensenmänner zeigen,

sind wohl eher als Teil der gruseligen

Unterhaltung zu deuten.

Halloween ist ein Ereignis für Jugendliche

und junge Erwachsene. 2019

befragte ein südtiroler Internetmedium

rund 2.300 Personen. 90 Prozent

gaben an, dass sie keine Angst

und auch keine Lust auf das Fest haben.

Vier Prozent bezeichneten sich

als Anhänger, und sechs Prozent fanden

es zu gruselig. Die Anhänger sind

junge Menschen unter 30 Jahren.

Halloween ist ein Medienereignis. Radiosender,

die ein junges Publikum

anzogen, wie etwa Ö3, das Internet

und amerikanische Serien machten

Halloween im 20. Jahrhundert bekannt.

Die Berichte in den Medien

beinhalten heute die Ankündigung

von Veranstaltungen, Informationen

zu Geschichte und Gegenwart des

Brauches, Bilder von Kostümen von

Prominenten, aber auch das Für und

Wider zum Fest.

Halloween und die Kirche: Die katholische

Kirche und ihre Jugendorganisationen

bringen immer wieder ihre

kritische Haltung zum Ausdruck mit

der Botschaft: „Kerze statt Kürbis. Allerheiligen

statt Halloween.“

Halloween und die Kürbisse: Kürbisse

dienten früher als Viehfutter oder mancherorts

als Arme-Leute-Essen. In vielen

Kochbüchern fehlten sie lange

Zeit. Auch der Volkskundler Hans

Fink erwähnt sie in seinem 1980 erschienenen

Buch über die Geschichte

der Küche in Südtirol nicht. Verbreitet

sind sie heute nicht nur in der Küche,

sondern auch als herbstliche Dekoration

bei Hofeinfahrten, Hauseingängen

und beim Erntedank in den Kirchen.

Halloween wird in der ethnologischen Forschung

weiterhin ein Untersuchungsgegenstand

bleiben – als Beispiel für den

Wandel, die Kommerzialisierung und Profanisierung

eines Brauches.

Barbara Stocker

Verwendete Literatur:

Haid, Oliver: Ö3 präsentiert Halloween. Postmoderne

Volkskultur zwischen UKW und WWW, in: Bockhorn/

Hörandner/Prasch (Hg.): Erlebniswelt Volkskultur, Wien

2001, S. 163-181.

Höhn, Marco: Tot aber glücklich. Halloween – die Nacht

der lebenden Toten als Event-Mix. In: Hepp/ Vogelsang

(Hg.): Populäre Events. Medienevents, Spielevents,

Spaß Events. Opladen 2003.

Hörandner, E.(Hg.), Halloween in der Steiermark und

anderswo. Wien 2005.

Kurz vor der Adventsdekoration

schmücken Halloween-Dekoartikel die

Schaufenster.

Nr. 05 | Oktober 2020 37


Informiert und Reflektiert

Gedenktafel für

Max Valier enthüllt

Heimatpflegeverband Südtirol und Bayern-Südtirol-Gesellschaft

ehren Südtiroler Raketenpionier

Bayerns Innenminister und erster Vorsitzender der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim Herrmann (l.), Südtirols Alt-

Landeshauptmann Luis Durnwalder (r.) sowie Claudia Plaikner und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband Südtirol enthüllen

die neue Gedenktafel am Grab von Max Valier.

Bei einer Gedenkfeier am Grab von Max

Valier in München wurde am Sonntag, 4.

Oktober, dessen 90. Todestages und zugleich

des 125. Geburtstages gedacht. Bayerns

Innenminister und Erster Vorsitzender

der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim

Herrmann, Südtirols Alt-Landeshauptmann

Luis Durnwalder sowie Claudia Plaikner

und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband

Südtirol gaben dem bekannten Südtiroler

die Ehre.

Max Valier, geboren im heutigen IDM-

Gebäude am Pfarrplatz in Bozen, war ein

Pionier in Sachen Raketenbau. Seine ersten

Erfolge erzielte er mit Raketenautos.

Mit einem Raketenschlitten stellte er

1929 am zugefrorenen Starnberger See

den damaligen Geschwindigkeitsrekord

von 400 Stundenkilometern auf.

Ein Jahr später starb Valier mit 35

Jahren bei der Explosion eines von ihm

selbst ausprobierten neuartigen Triebwerkes

in Berlin. Er gilt als bedeutender

Wegbereiter der Raketentechnik – er

wollte schon damals zum Mond fahren

– und gleichzeitig als ihr erstes Todesopfer.

Begraben wurde Valier am Westfriedhof

in München.

Fast vergessenes Grab

Seit bald 30 Jahren kümmert sich der Geschäftsführer

des Südtiroler Heimatpflegeverbandes,

Josef Oberhofer, persönlich um

die Pflege des Grabes, nachdem es viele

Jahre vergessen und beinahe aufgelassen

worden wäre. Ein Münchner Taxifahrer

hatte einem Südtiroler Magazin den

Hinweis gegeben, dass das Grab eines bekannten

Südtirolers in München sehr vernachlässigt

sei.

„In der Folge hat sich Norbert Mumelter

vom Bozner Museumsverein darum

38

KulturFenster


Heimatpflege

Würdige Gedenkfeier für Max Valier im Münchner Westfriedhof

gekümmert, und seit 1990 kümmere ich

mich großteils privat um die Pflege und den

Erhalt des Grabes“, so Josef Oberhofer.

Innenminister bei Feier dabei

Bei der Gedenkfeier in München nannte

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann,

ein Südtirolfreund und Erster Vorsitzender

der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Max Valier

„einen Vordenker, ohne den die heutige

Weltraumtechnologie kaum denkbar

ist“. Valier sei außerdem ein gutes Beispiel

für die Beziehungen zwischen Bayern und

Südtirol. „Gerade in Coronazeiten müssen

und können die beiden Länder und ihre

Einwohner noch enger zusammenarbeiten“,

so der Innenminister.

Durnwalder dankt Verband

Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder,

ebenfalls ein Mitglied der Bayern-Südtirol-Gesellschaft,

dankte dem Heimatpflegeverband

für die Initiative zur Gedenkfeier.

Auch er wünschte sich, dass trotz

Coronakrise die zwischenmenschlichen

Kontakte besonders auch zwischen Bayern

und Südtirol nicht zu kurz kommen.

David Gruber, ein ausgewiesener Valier-

Experte und Vizepräsident des Vereines der

Amateurastronomen Max Valier, sprach

auch von Valiers publizistischer Meisterleistung.

Tiefer darauf ein ging Karlheinz

Rohrwild vom Hermann-Oberth-Raumfahrt-

Museum in Feucht, der die größte private

Sammlung von Valier-Materialien besitzt.

Zum Abschluss der Feier wurde eine

Bronzetafel enthüllt, die als bleibende Erinnerung

an den Südtiroler Raketenpionier

in München dient.

Peter Daldos

Fotos: Florian Trojer

Das Grab von Max Valier war lange

Zeit vernachlässigt worden. Vor 30

Jahren hat Josef Oberhofer vom

Heimatpflegeverband die Pflege der

Ruhestätte in die Hand genommen.

Max Valier gilt als Pionier der

Raumfahrt und als Wegbereiter der

Raketentechnik.

Die neue Gedenktafel am Grab von Max

Valier in München

Nr. 05 | Oktober 2020 39


Aus Verband & Bezirken

Kein Frieden für Villa „Friedheim“

Ensembleschutz für historisches Gebäude mit Garten in Brixner Stadtteil

abgelehnt – Aufrufe bleiben ungehört

Obwohl denkmal- oder zumindest ensembleschutzwürdig, muss die Villa „Friedheim“ (links) modernen Bauten weichen.

In der Villa „Friedheim“, einem historischen

Ensemble aus Haus und Garten im Brixner

Ortsteil Kranebitt ist es jetzt wohl aus mit

dem „Frieden“. Die denkmalschutzwürdige

Villa aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts

muss modernen Bauten weichen. Der Forderung

nach Ensembleschutz wurde nicht

stattgegeben. Dabei wäre das ein wichtiger

Schritt im Interesse von Ortsbildpflege, Lebensqualität

und Denkmalschutz (gewesen).

Die „Villa Friedheim“, auch „Villa Penn“

genannt, liegt in schönster Position hoch

über Brixen im Ortsteil Kranebitt, der wegen

seiner sonnigen Position in Hanglage

und der Stadtnähe eine der beliebtesten

Wohnlagen Brixens geworden ist. Dank

seiner Attraktivität bildet Kranebitt aber

auch eine Spielwiese der Bauspekulation.

Aus kleinen Hauseinheiten entstanden in

den vergangenen Jahren massige Bauten.

Nach wie vor wird gebaggert und planiert,

um zum Beispiel Häuser mit Luxuswohnungen

zu errichten.

Im Anschluss an ein solches im Bau

befindliches Projekt mit Luxuswohnungen

liegt die oben erwähnte, heute verlassene

Villa „Friedheim“. Sie bildet stilistisch eine

reizvolle Mischung aus Landhaus und Villa

und erinnert an das früher ländlich geprägte

Kranebitt.

Ein Haus mit Geschichte

Das Haus befindet sich in unmittelbarer

Nähe älterer Gehöfte und wurde wohl zu

Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet. Der

Bau orientierte sich an der Villenarchitektur

der Zeit. Er zitiert historisierende Elemente

wie einen aussichtsreichen Erker,

dekorative Fensterumrahmungen, Jalousien

und fassadenbündige Fenster. Der

Gartenfassade gegen Westen ist im ersten

Obergeschoß eine original erhaltene Holzveranda

mit feingliedriger Verglasung vorgelagert.

Ein Zugang erfolgt über den engen,

malerischen Kranebittweg, ein zweiter

in das Obergeschoß an der Nordfassade

über eine Außentreppe in Holz mit schmiedeeisernem

Geländer. Vor der Hauptfassade

liegt ein Gartengrundstück in attraktiver

Hanglage.

Die Ausrichtung des Hauses auf den Garten,

der sich leicht terrassiert ins Gelände

über dem westseitigen Abhang fügt, entspricht

der Wohnkultur der Zeit. Der Garten

gliedert sich in unterschiedlich genutzte

und bepflanzte rechteckige Flächen, die

durch Hecken, Beeteinfassungen, Wege

und Geländesprünge abgegrenzt sind. Eine

schattige Laube findet man im Außenge-

40

KulturFenster


Heimatpflege

Der einst ländliche Stadtteil Kranebitt ist wegen seiner attraktiven Lage zur Spielwiese

für Bauspekulationen geworden.

hunderts auf jeden Fall alle Kriterien des

Ensembleschutzes. Dieser wurde von der

Gemeinde Brixen allerdings nur für den

Stadtkern und in einigen Fraktionen festgeschrieben.

Die Gegend war zudem prähistorisch

besiedelt und, wie Bauarbeiten

in der Nähe immer wieder gezeigt haben,

häufig Ort archäologischer Funde.

Es wäre ein großer Verlust, Baubestand

und Garten einer spekulativen und wenig

hangverträglichen Neuverbauung zu opfern.

Doch danach sieht es im Moment

aus. Die vor einigen Jahren verstorbene

Besitzerin hatte das Haus einem Tierschutzverein

vermacht, der es jedoch an

die benachbarten Bauträger der Großbaustelle

veräußerte. Deren Interesse

erstaunt nicht weiter, bietet das Gelände

doch Platz für eine weitere Mega-Operation

mit absehbaren Großbauten. Damit

aber würde dem Charakter Kranebitts ein

weiterer Schlag versetzt.

Für das Gebäude selbst besteht noch

kein Denkmalschutz. Anrainer, die Vertreter

des Vereines „heimat Brixen/Bressanone/Persenon“

und kulturell Interessierte

haben deshalb mit Nachdruck auf

die sich hier abzeichnenden Eingriffe von

großer Tragweite verwiesen.

Sie forderten:

lände ebenso wie einen Ziergarten und einen

Nutzgarten sowie eine Wiese mit Panoramablick

über Stadt und Tal. Im Garten

hat sich eine beachtliche Zahl an älteren

Bäumen, Gehölzen und Stauden erhalten.

Vortritt für Baulöwen

Das malerische Ensemble wäre denkmalschutzwürdig,

erfüllt aber als Einheit von

Haus und Garten des frühen 20. Jahr-

1. Die dringende Unterschutzstellung

für die Villa „Friedheim“ durch die

Abteilung Denkmalpflege;

2. eine klare Beschränkung von Kubatur

und Bauindex für die absehbare

Verbauung;

3. die Anwendung einer Gestaltungssatzung

im Sinne des neuen Landesgesetzes

„Raum und Landschaft“.

„Nicht schützenswert“

Mit dem artenreichen Garten bildet die Villa ein schützenswertes Ensemble.

(Fotos: Verein „heimat“)

Leider hat sich die Landesabteilung Denkmalpflege

trotz Lokalaugenscheines nicht

zu einem Antrag auf Unterschutzstellung

durchringen können. Auch ein stark besuchter

Medientermin Ende Juli 2020, an

dem neben dem Verein „heimat“ auch

die Obfrau des Landesverbandes für Heimatpflege,

Claudia Plaikner, sowie kulturell

Interessierte und zahlreiche Anwohner

teilnahmen, konnte die Situation nicht ändern.

Noch in diesem Herbst dürfte der

Abriss erfolgen.

Trotzdem hat das erhebliche Interesse

an der Villa „Friedheim“ die Gemeinde zur

Vorsicht genötigt. Der Schutz des Kranebitter

Hanges, der das Erscheinungsbild

von Brixen wesentlich prägt, muss der

künftigen Gemeindeverwaltung ein Anliegen

sein. Kranebitt ist stark angegriffen,

umso mehr sind seine Restbestände

und der Charakter zu wahren und zeitgerecht

zu interpretieren.

Verein „heimat“/Hans Heiss

Nr. 05 | Oktober 2020 41


Aus Verband und Bezirken

Neuer Ausschuss im

Bezirk Pustertal

Albert Willeit für drei Jahre zum Obmann gewählt – Schwerpunkte festgelegt

Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes

Südtirol hat einen neuen Obmann. Albert

Willeit wurde bei der jüngsten Bezirksversammlung

im September für drei Jahre

in dieses Amt gewählt. Neben der Neuwahl

des Ausschusses standen ein Rückblick

auf Erreichtes und ein Ausblick auf weitere

Ziele auf dem Programm der Versammlung.

Zunächst blickten Albert Willeit und Landesobfrau

Claudia Plaikner auf die Tätigkeiten

der vergangenen drei Jahre zurück.

So gelang etwa die Erhaltung alter Bausubstanz

in einzelnen Fällen wie bei den Posthäusern

in Sand oder beim Bahnhofsgebäude

in Bruneck, in anderen wurde der

Verbandsbezirk nicht gehört (Rainer/Olang,

Maurer/Welsberg, Kübler/Prags). Die Unterschutzstellung

des technischen Kulturgutes

Überschlag an der Ahr in St. Georgen

wurde ebenso unterstützt wie die Erhebung

der Trockenmauern in Prettau.

Der Bezirk verfasste zahlreiche Stellungnahmen

zu den Tourismuszonen (Saalen,

Sonnenburg, Pfalzen, Terenten) und war

dabei teilweise erfolgreich. Auch der Ortsbildschutz

war und ist den Heimatpflegerinnen

und -pflegern ein Anliegen, wobei

als Beispiele die Sportzone und Gärtnerei

am Eingang von St. Lorenzen in archäologischer

Zone und der Kronplatzweg in der

Brunecker Oberstadt genannt wurden. Kritisch

äußerte man sich zu den teils sehr

invasiven Straßenbauten an sensiblen Orten

wie der Einfahrt ins Gadertal, ebenso

zu einigen überproportionalen Hotelbetrieben

und nicht zuletzt auch zu bestimmten

Entwicklungen im Bereich „Urlaub auf

dem Bauernhof“.

Auch der Bereich Landschaftsschutz

ist ein Kernthema der Heimatpflege, und

so gab es Interventionen zu Almerschließungen

besonders im Ahrntal (u. a. Schöllbergalm

in archäologischem Gebiet), zur

Düngung und Gülleausbringung in Natura-2000-Gebieten

(Armentara) oder zur

Umwidmung der Erlaue in St. Sigmund.

Schließlich werfen die Heimatpfleger neben

viel Sensibilisierungsarbeit auch kritische

Blicke auf den Ensembleschutz, zu

dem in vielen Gemeinden entsprechende

Pläne fehlen, und auf die mitunter unpassende

Friedhofsgestaltung, besonders, was

die Urnengräber betrifft.

Albert Willeit engagierte sich in den vergangenen

Jahren in der Landschaftsschutzkommission

und hat sich für die Verbesserung

des neuen Gesetzes für Raum und

Landschaft eingesetzt, Walter Harpf kümmerte

sich um die digitale Kommunikation,

Klaus Graber um den Bereich Umweltschutz

und um die Einbeziehung der

Jugend, Michael Burger um den Ensembleschutz.

Landesobfrau Claudia Plaikner

kümmerte sich vor allem um den Ausbau

von Kontakten zu Ämtern und Institutionen.

Aus den Neuwahlen ging Albert Willeit

als Obmann hervor. Mit ihm im Ausschuss

arbeiten Walter Harpf, Heinz Mariner,

Pauline Moser und Oskar Messner.

Einige Schwerpunkte für die künftige Tätigkeit

sind bereits formuliert (siehe Kasten)

Der neue Ausschuss: Oskar Messner… Heinz Mariner, … Pauline Moser, …

42

KulturFenster


Heimatpflege

E wie Einsatz, K wie Kritik

Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes Südtirol wird weiterhin ein wachsames Auge auf die Entwicklung und die

Geschehnisse im Osten des Landes haben. Der neue Obmann, Albert Willeit, nennt einige Schwerpunkte im Programm:

> Einsatz für den Erhalt und die Sanierung historischer Gebäude, aber auch wertvoller Landschaftselemente;

> Einsatz gegen die Verbauung der Landschaft sowie gegen die Auswüchse des Bauens, insbesondere im Bereich Tourismus;

> Einsatz für die Hebung des Niveaus der Baukultur und damit für eine bessere Architektur;

> Verstärkte Beratung in Ortsbildfragen für Gemeinden;

> Aufzeigen von Mängeln im neuen Raumordnungsgesetz mit dem Ziel, es zu verbessern;

> Kritik an überdimensionierten Straßen und problematischen Almerschließungswegen;

> Kritik an der letzthin vermehrt bemerkten kompromissbereiten Haltung in den Ämtern für Natur und Landschaftsplanung;

> Kritik an der Wirtschaftsweise in Natura-2000-Gebieten wegen Planierungen und Düngung.

Walter Harpf und Albert Willeit. Landesobfrau Claudia Plaikner

Nr. 05 | Oktober 2020 43


Aus Verband und Bezirken

„Ein Weckruf an uns alle“

Kundgebung gegen Bahnverbindung auf den Confinböden

Die Confinböden (auch Cunfinböden) sind

wieder in Gefahr. Eine Verbindungsbahn

soll zwischen Kastelruth und St. Christina

(Monte Pana-Saltria) – mitten durch die einmaligen

Confinböden – errichtet werden. Anfang

September lud der Heimatpflegeverband

gemeinsam mit der Gruppe „Nosc Cunfin –

Unser Cunfin“ zu einer Kundgebung vor Ort

ein. Vizepräsident Sepp Vieider rief dabei

zum Umdenken auf.

In Vertretung des Heimatpflegeverbandes

Südtirol sprach Sepp Vieider den anderen

Organisatoren der Kundgebung die volle

Solidarität aus. Es gehe schließlich um die

ureigenen Anliegen der Heimatpflege: um

den Schutz und die Pflege einer einzigartigen

Natur- und Kulturlandschaft, um das

Maßhalten und um die nachhaltige Entwicklung

des Gebietes am Fuße des Langkofel.

Bereits im Juli hatte sich der Heimatpflegeverband

mit einer Eingabe gegen den Beschluss

des Gemeinderates von St. Christina

ausgesprochen, mit dem eine Zahnradoder

Umlaufbahn zwischen den Skizonen

Seiseralm und Monte Pana–Ciampinoi–Sellajoch

befürwortet worden war. Die

Entscheidung sei nicht nur unvereinbar mit

dem landschaftlichen Gebietsplan der Seiser

Alm, sondern vor allem ein Eingriff in

ein Wasserschutzgebiet sowie in eine intakte

Kultur- und Naturlandschaft.

„Laut unserem Landesvermarkter IDM

soll Südtirol die nachhaltigste Region in

Europa werden. Das kann aber nicht gelingen,

solange unsere Gemeinde- und

Landespolitik nicht beim Ursprünglichsten

ansetzt: beim Bewahren der Natur“,

betonte Sepp Vieider bei der Kundgebung.

Der geplante Eingriff möge kurzfristige wirtschaftliche

Vorteile für die Projektwerber

bringen, langfristig gefährde er aber die

Landschaft und schädige damit die Wettbewerbsfähigkeit

der betroffenen Gebiete.

Der Vizepräsident des Heimatpflegeverbandes

verwies zudem auf den Tag der

Erdüberlastung, der heuer am 22. August

erreicht wurde. Es ist jener Tag, an dem

die Menschheit alle natürlichen Ressourcen

aufgebraucht hat, die innerhalb eines

Jahres regenerieren können. „Dieser Tag ist

ein Weckruf an uns alle“, so Sepp Vieider.

„Ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit

ist schließlich nicht Sache der anderen,

sondern etwas, was wir selbst vorantreiben

müssen… Hoffentlich haben unsere

politischen Entscheidungsträger in Land

und Gemeinden diesen weltweiten Weckruf

nicht überhört.“

Die Gruppe „Nosc Cunfin – Unser Cunfin“

hat im Zuge der Entwicklungen auf

der Seiser Alm auch eine Petition gestartet.

Über 3000 Unterschriften gegen

die Bahnverbindung wurden gesammelt

und am 16. September Landeshauptmann

Arno Kompatscher übergeben.

Dieser reagierte positiv, erklärte der

Gruppe aber, dass beim Land noch

kein Antrag für die Bahnverbindung

eingegangen sei, weshalb die Landesregierung

noch keine Entscheidung

treffen könne.

Die Kundgebung auf den Confinböden. Sepp Vieider (kleines Bild) rief zum Umdenken auf – jeden Einzelnen, aber auch die

Entscheidungsträger im Land. (Fotos: HPV)

44

KulturFenster


Im Gedenken

Heimatpflege

Mit dem Auge einer Künstlerin …

Paula Marmsoler Pedrotti war die gute Seele des Bozner Stadtmuseums

Paula Marmsoler Wwe. Pedrotti,

( *4.2.1928 † 31.7.2020)

Paula Marmsoler Pedrotti – bekannt

und geschätzt als „Frau Pedrotti“, die

gute Seele des Bozner Stadtmuseums,

starb am 31. Juli 2020. In schwierigen

Zeiten, in denen der Bozner Museumsverein

im Gebäude der Stadtgemeinde

lediglich geduldet war, war Frau Pedrotti

für die deutschsprachigen Bozner

die wichtigste Ansprechpartnerin

im Museum.

1928 in Kastelruth als Tochter des

Spenglermeisters Alfons Marmsoler und

der aus Schalders stammenden Paula

Schlechtleitner geboren, war Paula

bereits als Kind mit einer besonderen

Gabe ausgestattet: Sie konnte außergewöhnlich

gut zeichnen und malen.

Leider wurde ihr in der Faschistenzeit

der Besuch einer Kunstschule in Rom

nicht ermöglicht. Als Autodidaktin sah

sie mit den besonderen Augen einer

Künstlerin die Schönheiten unserer

Gebirgslandschaft und die Besonderheiten

der bäuerlichen Trachten, die ihr,

aus der Hochburg der Südtiroler Trachten

stammend, ein besonderes Anliegen waren.

Ihr gutes Deutsch befähigte sie, den

Kindern gehobener Familien in Rom und

Bologna Sprachunterricht zu geben.

Mit 29 Jahren heiratete Paula Marmsoler

den Witwer Remo Pedrotti, Fotograf und

Kustos des Bozner Stadtmuseums, und

wohnte auch nach seinem Tod (1986) bis

1997 in der Kustodenwohnung. Dort wuchsen

auch die beiden Kinder Isabella und

Georg und die Söhne aus Remo Pedrottis

erster Ehe auf.

Inmitten bedeutender Kunstwerke, die

vor allem das kunstbeflissene Bozner Bürgertum

zusammengetragen hatte, war die

Kustodin besonders von der Volkskultur

angetan, namentlich den Stuben und den

angezogenen Trachtenfigurinen von Josef

Moroder Lusenberg. Als der Museumsverein

beschloss, diese fotografisch detaillierter

zu dokumentieren, war Paula Marmsoler

Pedrotti zusammen mit der unvergessenen

Maridl Niedermair Nagele und der Textilrestauratorin

Irene Tomedi Feuer und Flamme.

Als Freizeitmalerin stellte Paula Marmsoler

Pedrotti ihre Aquarelle in Arco, Bozen,

Seis am Schlern und ihrem Heimatort

Kastelruth aus. Vorausgegangen war der

Besuch der Brunecker Sommerakademie

in den 1980er-Jahren. Feine Pinselstriche

und sanfte Farbtöne charakterisieren

die einfachen und malerischen Motive

als besonders schönen Ausdruck der

Liebe zu unserer Heimat.

Im Jahr 1997 zog Paula Marmsoler

verwitwete Pedrotti nach 40 Jahren in

ihren Heimatort Kastelruth. Ihre Tochter

Isabella hatte das ermöglicht und

stand weiterhin ihrer geliebten Mutter

sehr nahe.

Gewöhnt, im kulturellen Bereich

aktiv zu sein, interessierte sich Paula

Marmsoler für die Restaurierung der

Figuren des Kalvarienberges am Kastelruther

Kofel und trat dem dortigen

Heimatpflegeverein Schlern bei. Große

Freude empfand sie, als 2012 die Kastelruther

Musikantentracht, den historischen

Bildquellen entsprechend, vervollständigt

und korrigiert wurde.

Geistig völlig präsent, verbrachte sie

ihre letzten drei Jahre im Kastelruther

Seniorenheim, wobei ihre Tochter Isabella

und die Malkunst wichtige Hilfen

waren.

Uns allen, die wir das Glück hatten,

sie zu kennen, wird sie stets in guter

Erinnerung bleiben.

Hinter ihrer Einfachheit verbarg sich

Größe und Tiefe.

Helmut Rizzolli

Tiroler Ball

1988: vorne

rechts Paula

Marmsoler

Pedrotti und

links Midl

Niedermair

Nagele, stehend

das Ehepaar

Rizzolli

Nr. 05 | Oktober 2020 45


Arge Lebendige Tracht

Neue Trachtenbroschüre

liegt auf

Gemeinschaftswerk von VSM,

ArGe Lebendige Tracht und ArGe Volkstanz

Das Wissen um das richtige Tragen der Tracht wurde von Generation zu Generation weitergegeben.

Doch konnte man in den vergangenen Jahren bei Trachtenträgerinnen und -trägern

eine gewisse Unsicherheit feststellen, was das Tragen und die Pflege der Tracht anbelangt.

Es wurde zwar versucht, bei Fortbildungsveranstaltungen auf die vielen offenen

Fragen einzugehen, doch der Wunsch nach einer gedruckten Informationsbroschüre wurde

immer deutlicher erkennbar.

Die Initiative ging vom Verband Südtiroler

Musikkapellen (VSM) aus, der sich die

Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht im

Heimatpflegeverband und die Arbeitsgemeinschaft

Volkstanz mit ins Boot holte.

Eine relativ kleine Arbeitsgruppe legte

sich voll ins Zeug, und bald schon nahm

die Trachtenbroschüre Gestalt an. Wichtig

war dabei allen, auf die wichtigsten

Fragen klare Antworten zu geben. Auf

die jeweiligen Bedürfnisse der Mitgliedsverbände

wurde Rücksicht genommen.

Klare Gliederung

Die „Gedanken zur Tracht“ stimmen auf

das Thema ein. Sie lassen uns bewusst

werden, was es mit der Tracht auf sich

hat, welcher kulturelle Wert und welche

soziale Botschaft von einer Tracht ausgehen.

Den Hauptteil bilden die Kapitel

über die Frauen- und die Männertracht.

Auf die einzelnen Teile wird kurz

und bündig eingegangen, und Beispiel

gebende Fotos ergänzen zusätzlich den

Text. Im abschließenden Kapitel „Was

weiß ich eigentlich über meine Tracht?“

kann man ein wenig in die Geschichte

der Tracht hineinschnuppern.

Kostbares Gewand braucht

gute Pflege

Da die Anschaffung einer Tracht eine

kostspielige Angelegenheit ist, ist es

umso wichtiger, dass sie gut gepflegt

wird. Dies gilt vor allem für Vereinstrachten,

die nur ausgeliehen werden. In der

Broschüre gibt es wertvolle Tipps, sodass

niemand verzweifeln muss, wenn

einmal ein Fleck auf der Tracht landet

oder die Tracht einen Regenguss abbekommen

hat.

Großzügige Verteilung

Titelbild der neuen Trachtenbroschüre

Die Broschüre wurde in einer Auflage

von 10.000 Stück gedruckt und wird

über die drei beteiligten Verbände an

alle interessierten Trachtenträgerinnen

und Trachtenträger kostenlos verteilt. Sie

liegt auch in den jeweiligen Verbandsbüros

auf.

Abschließend sei allen gedankt, die in irgendeiner

Weise ehrenamtlich zum Gelingen

dieser Trachtenbroschüre beigetragen

haben.

Agnes Andergassen

46

KulturFenster


Heimatpflege

•Büchertisch•

Der Dämmrung ins Maul

Karl Tschurtschenthaler veröffentlicht ersten Gedichtband

Der in Toblach geborene und in Pfalzen

lebende Redakteur und Schriftsteller

Karl Tschurtschenthaler hat seinen

ersten Gedichtband veröffentlicht.

Während seiner Oberschulzeit im Vinzentinum

in Brixen hat er die ersten

Gedichtzeilen zu Papier gebracht, erinnert

sich der heute 52-Jährige. In

den Wiener Jahren, während seiner

Ausbildung zum Pastoralassistenten

und Religionslehrer, hat er endgültig

die Liebe zur Lyrik entdeckt: „Es war

eine besondere und fruchtbare Zeit in

Wien.“ Danach rückten Beruf und Familie

in den Vordergrund. Ein Lyrikseminar

bei Sepp Mall im Herbst 2013

war schließlich der Impuls zum Neuanfang

und Weiterschreiben: „Schreiben

ist für mich pures Handwerk. Es gibt selten

den spontanen Einfall, und oft beginne ich

ohne ein Ziel vor Augen.“ Seit der ersten

Begegnung begleitet ihn Sepp Mall. Er war

auch die treibende Kraft, die ihn ermuntert

hat, die Gedichte zu veröffentlichen.

„Tiefgründig, ernsthaft verspielt,

innovativ in der Sprache,

so müssen Gedichte sein.“

(Sepp Mall)

Karl Tschurtschenthaler will die Dinge,

die ihn beschäftigen, in Zeilen fassen. Er

schreibt über die Liebe, das Alter, Tod,

Vergänglichkeit und kleidet Naturbilder,

Landschaften und Jahreszeiten in Worte

und Textsplitter. Aber auch heitere Gedankenspiele

sollen dem Leser immer wieder

ein Lächeln entlocken. Die Texte überraschen

durch das immer wieder fehlende

„e“, das zu einem kleinen schriftstellerischen

Markenzeichen wird.

Der Gedichtband ist im retina-Verlag erschienen,

Karls Frau Annemarie und den

beiden Töchtern Lisa und Marie gewidmet

und über den Autor oder im Handel erhältlich.

Bei der Buchvorstellung bedankte sich

der Autor auch beim Verlagsleiter Thomas

Kager und der Lektorin Debora Nischler

sowie bei der Kulturabteilung des Landes

Südtirol für die Unterstützung.

Stephan Niederegger

Textauszüge:

Wolkn werdn

Auf großn

Himmln über fremdn

Erdn und Meern

werdn Wolkn zu

herrnlosn

Hemdn

aufgeknöpft

fliegn sie der

Dämmrung ins

Maul

Runzln

Mit zunehmendem

Alter wächst

die Haut sich aus

sich groß

oder es

schrumpft bloß

der Inhatl

Stirnrunzln

sind die

schlimmstn

Ungereimt

Komm du

ich will dich liebn

ein Gedicht lang

und breit

ungereimt und

unverschämt

will in jeder Zeile

dich suchn und fi ndn

und dazwischn

will dich haltn

in jedm Wort

und deine Haut ist

das Papier auf dem

ich schreib

Konzert

Ein grauer Himml

ging durch die Stadt drin

hing November bis April

und in den nassn Straßn

saßn Orchester von Wagn

warn im Rotlicht dicht

versammlt zum Konzert

und lagn sich spielnd

in den Haarn

Nr. 05 | Oktober 2020 47


Danke

Danke an alle Rettungskräfte

Danke an alle Pflegekräfte

Danke an alle, die im Supermarkt arbeiten.

Danke an alle Polizisten

Danke an alle Ärzte

Danke an alle Menschen,

die durch ihre Arbeit dem Coronavirus ausgesetzt sind,

aber trotzdem weitermachen!

Ohne euch ginge es nicht!

Impressum

Mitteilungsblatt des Verbandes Südtiroler

Musikkapellen, des Südtiroler Chorverbandes

und des Heimapflegeverbandes Südtirol

Eigentümer und Herausgeber:

Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen

Ermächtigung Landesgericht Bozen

Nr. 27/1948

Schriftleiter und im Sinne des Pressegesetzes

verantwortlich:

Dr. Alfons Gruber

Als Pressereferenten für die Darstellung der

entsprechenden Verbandsarbeit zuständig:

VSM: Stephan Niederegger,

E-Mail: kulturfenster@vsm.bz.it

SCV: Paul Bertagnolli,

E-Mail: info@scv.bz.it

HPV: Florian Trojer,

E-Mail: florian@hpv.bz.it

Unverlangt eingesandte Bilder und Texte

werden nicht zurückerstattet.

Redaktion und Verwaltung:

Verband Südtiroler Musikkapellen,

I-39100 Bozen, Schlernstraße 1, Waltherhaus

Tel. 0471 976387 - Fax 0471 976347

E-Mail: info@vsm.bz.it

Einzahlungen sind zu richten an:

Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen,

Waltherhaus

Raiffeisen-Landesbank, BZ

IBAN: IT 60S03493 11600 0003000 11771

SWIFT-BIC: RZSBIT2B

Jahresbezugspreis: Euro 20

Gefördert von der Kulturabteilung

der Südtiroler Landesregierung.

Druck: Ferrari-Auer, Bozen

Das Blatt erscheint als Zweimonatszeitschrift,

und zwar jeweils am 15. Februar, April, Juni,

August, Oktober und Dezember.

Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen

Vormonats.

48

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