Kulturfenster Nr. 05|2020 - Oktober 2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Poste Italiane SpA – Sped. in a.p.
-70% – NE BOLZANO – 72. Jahrgang
Nr. 5 | OKTOBER | 2020
Zweimonatszeitschrift
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
Geführtes Hören in der Ensemblearbeit
Peter Hölzl zum Gedenken
MundART pflegt Mundart
• Geleitwort •
• Inhalt •
• Blasmusik
Geführtes Hören in
der Ensemblearbeit 3
Stillstand und Elan im Musikjahr 2020 6
Die Leistungszeichen go digital 9
Konzertkino in Naturns 11
Jugendseite:
Die Michaeler Juka stellt sich vor 12
Zur Person: Norbert Rabanser und
der „Lieblingstrommler Marsch“ 14
Ars Nova: Kapellmeister
Dietmar Rainer und „Muss es
immer etwas Neues sein?“ 16
Der international bekannte Posaunist
Peter Steiner und die
Herausforderungen der Pandemie 18
„Fein sein, beinander bleibn“ –
eine Bearbeitung von Gottfried Veit 19
Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien 19
„Ich mache mir Sorgen…“
„Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives und
Qualitätsvolles, das in den letzten Jahren mit
viel Mühe aufgebaut wurde, nun ins Wanken
gerät, wenn sich nicht bald etwas ändert“. Der
Verbandsobmann des VSM Pepi Fauster bittet
die Musikkapellen „bei der Stange“ zu bleiben,
um zu helfen, ,,dass diese schwierige Zeit
sicher überbrückt werden kann.“ Aber auch
die Politik, so Fauster, müsse viel mehr „herschauen“
und mit wohlwollenden konkreten
Maßnahmen die Musikkapellen unterstützen,
damit ,,das bisher Aufgebaute gut weitergeführt
werden kann.“ – Grundsätzliche Überlegungen
über die Probenmethodik im Blasorchester
vermittelt ein Buch, das vor kurzem
im Helbling-Verlag (Innsbruck) erschienen ist.
Ziel ist es, Dirigentinnen und Dirigenten ebenso
wie Ensemble-Mitgliedern ein effizientes „Instrument“
in die Hand zu geben, um Aspekte
wie Zusammenklänge, rhythmische Passagen
oder harmonische Bewegungen in Ensembles
zu erfassen, Probleme zu erkennen und das
Klangerlebnis nachhaltig zu verbessern.
Der Chorverband erinnert in einem Beitrag
an den bedeutenden Südtiroler Komponisten,
• Chorwesen
Damit die Chöre
weitersingen –
Chorleiterausbildung
startet an Musikschulen 20
Proben mit Maske –
Südtiroler Chöre
kehren (langsam) zurück 20
Herausragende Beispiele
neuerer Kirchenmusik:
Erinnerung an den
Komponisten Peter Hölzl 21
Requiem von Karl Jenkins.
Das Projekt 2021 des
Bezirks Pustertal 23
Musiktheater „DU HAST `
nen FREUND IN MIR“ von
Tuba-Voiceline und
Kinderchor Ehrenberg 23
Pädagogen und Kirchenmusiker Peter Hölzl,
der vor 10 Jahren verstorben ist und jetzt
100 Jahre alt geworden wäre. Hölzl, aus Andrian
stammend, war u.a. Herausgeber des
Orgelbuches der Diözese Bozen-Brixen „Unser
Gotteslob“ und des Buches „Musik macht
Freude“, eine praktische Anleitung zum Singen.
Seine vielen Werke – u.a. der „Sonnengesang
des Hl. Franziskus“ – sind geprägt
von Einfachheit und Bescheidenheit und von
einem tiefen Glauben.
Der Heimatpflegeverband widmet sich umfassend
in dieser Ausgabe der Mundart. Die
Arbeitsgemeinschaft MundART hat einen
neuen Vorsitzenden. Mit ihm, Johannes Ortner,
und mit dem ehemaligen Obmann Martin
Achmüller wirft das KulturFenster einen Blick
nach vorne und einen Blick zurück. – Albert
Willeit, seit vielen Jahren aktiver Heimatpfleger
und Bezirksobmann des Pustertales, fragt
nach der Bedeutung des Ensembleschutzes
in den Südtiroler Gemeinden. Der Ensembleschutz
sei zwar wichtig – aber ohne Chance?
Das argwöhnt er mit einem Anflug von deprimierender
Ernüchterung.
•Heimatpflege
Alfons Gruber
„Schreiben wia mr reden“ –
ArGe MundART hat neuen Obmann 24
Dialekte stehen für Vielfalt - Der neue
Obmann Johannes Ortner im Gespräch 27
Margit von Elzenbaum –
Gedichte,Prosa und Mundart 29
Alte Gegenstände neu entdeckt:
das Betrachtungssärglein 31
Informiert und reflektiert: Berge brauchen
keine Inszenierung 32
Ensembleschutz – wichtig, aber ohne Zukunft? 34
Vom Allerheiligenbrauch zu Halloween 36
Gedenktafel für Max Valier enthüllt 38
Kein Ensembleschutz für Villa Friedheim
im Brixner Ortsteil Kranebitt 40
Albert Willeit ist der neue Obmann
der Heimatpflege im Bezirk Pustertal 42
Kundgebung gegen Bahnverbindung 44
In Gedenken: Paula Marmsoler Pedrotti 45
Eine neue Trachtenbroschüre 46
Büchertisch: „Der Dämmrung ins Maul“ 47
2
KulturFenster
Das Thema
Blasmusik
Geführtes Hören in der
Ensemble-Arbeit
Einige grundsätzliche Überlegungen über die Probenmethodik im Blasorchester
Das Autoren-Trio Christoph Breithack, David W. Clemmer und John D. Pasquale hat im heurigen
Frühjahr ein neues Buch veröffentlicht, das Dirigentinnen und Dirigenten und Ensemble-Mitglieder
einlädt, die Probenarbeit von Grund auf zu überdenken, und ihnen ein
effizientes Instrument an die Hand gibt, um Aspekte wie Zusammenklänge, rhythmische
Passagen oder harmonische Bewegungen im Ensemble zu erfassen, Probleme zu erkennen
und das Klangergebnis nachhaltig zu verbessern: „Probenmethodik Blasorchester –
Geführtes Hören in der Ensemble-Arbeit“. Es bietet eine einzigartige Herangehensweise
für die Arbeit mit Blasorchestern und anderen Ensembles. Alexandra Link hat dieses praktische
Lehr- und Übungsbuch in ihrem Blasmusikblog.com vorgestellt.
Wir bedanken uns bei der Autorin, die uns freundlicherweise den Text zum Nachdruck
zur Verfügung gestellt hat.
die schon seit langer Zeit bestehen und
in denen ganz viel über Imitation vermittelt
wird. Für angehende Dirigenten ist das
aber schwierig, weil sie nie systematisch
gelernt haben, worauf es denn letztendlich
ankommt und wie ein Ensembleklang tatsächlich
hörend analysiert wird. Vielmehr
haben sich viele ihr eigenes System über
die Zeit zusammengesucht. Diese Vorgehensweise
führt aber – wenn man das
ganze System betrachtet – nicht zu Qualität,
da sie individuell, also zufällig ist.“
Das Buch basiert ursprünglich auf der Dissertation
von John D. Pasquale. Mit ihm
kam der bei Freiburg lebende Christoph
Breithack bereits im Jahr 2012 auf der
MidWest in Chicago ins Gespräch. Im gegenseitigen
Austausch haben beide Pädagogen
festgestellt, dass sie bezüglich ihrer
Probenarbeit mit ihren Orchestern an der
jeweiligen Schule vergleichbar arbeiten.
Der gewichtigste gemeinsame Nenner in
ihrer Probenarbeit ist die kontinuierliche
Anleitung der Musikerinnen
und Musiker zum
richtigen Zuhören während
des Spielens.
Der gegenseitige Austausch
hat sich danach bald in eine
konkrete Zusammenarbeit gewandelt.
Im Laufe der Jahre
haben die drei das ursprüngliche
System in dieser Probenarbeit
weiterentwickelt und erprobt,
bis sie sich schließlich
entschlossen haben, alle Erkenntnisse
in einem Buch zusammenzufassen.
„Geführtes Hören in der
Ensemble-Arbeit“ lesen wir
im Untertitel. Ist das Buch
also eine Anleitung zum Zuhören
und eigenverantwortlichen
„Hören“ der Musikerinnen
und Musiker in einem
Orchester? Hören kann doch
eigentlich jeder. Also, wozu? Haben wir das
Zuhören verlernt? Dazu Christoph Breithack
im Interview: „Das nötige Wissen, worauf zu
hören ist und wie zu hören ist, wird selten
umfassend vermittelt. Mit „verlernen“ hat
das nichts zu tun. Es ist vielmehr so, dass
es bei uns im deutschsprachigen Raum
keine Tradition gibt, diese Dinge umfassend
zu lehren. Ein Grund dafür ist vermutlich,
dass es so viele Ensembles gibt,
Modell des Geführten Hörens
Das Buch lehrt Dirigenten also eine systematische
Herangehensweise an das
Analysieren von dem, was sie in der Probe
hören und beinhaltet eine probenpädagogische
Methode, das Gehörte – ausgehend
von den Bereichen Klangerzeugung,
Puls, Balance und musikalische
Gestaltung, im Buch dargestellt durch
ein „Atommodell“ – ganz konkret zu
verbessern. Wie oben schon beschrieben,
ist der Mittel zum Zweck die Anleitung
der Musikerinnen und Musiker
zum Hören.
Die Methode verwendet sowohl für die
Musiker, als auch für den Dirigenten drei
Höraufmerksamkeitsstufen.
Nr. 05 | Oktober 2020 3
Das Thema
Stufe 1: Der Musiker hört sich selbst zu - der
Dirigent hört auf einzelne Musiker.
Stufe 2: Der Musiker hört auf die Musiker
zu seiner linken und rechten Seite
(Instrumentengruppe/Register) -
der Dirigent hört auf einzelne Instrumentengruppen.
Stufe 3: Die Instrumentengruppe im Kontext
des ganzen Ensembles - der
Dirigent hört auf das Zusammenspiel
des ganzen Ensembles.
Seit 6 Jahren arbeitet Christoph Breithack
nicht nur mit seinen Bläserklassen
mit dieser Methode, sondern auch mit seinem
Musikverein Freiburg - St. Georgen.
Zu seiner Probenarbeit habe ich ihm ein
paar Fragen gestellt:
Wie hat sich die Probenarbeit verändert?
Christoph Breithack: Die Probenarbeit ist
inhaltlich langfristiger ausgerichtet und
strukturierter, da sie einem Curriculum
folgt (entsprechend der Inhaltsangabe
des Buches). Die Leute sind bei der Probenarbeit
immer mit irgendeiner Aufgabe
beschäftigt und wissen genauer, was sie
tun. Wir arbeiten mehr und strukturierter
an spieltechnischen und musikalischen
Grundlagen.
Wie hat sich der Klang, Balance und das
Zusammenspiel entwickelt?
Christoph Breithack: So, dass wir vom
Publikum darauf angesprochen werden.
Das Orchester klingt so, dass man
gerne zuhört.
Welche Elemente verwendest Du an jedem
Probenanfang?
Christoph Breithack: Eine Auswahl aus den
Ensembletrainings. Atemübungen, lange
Töne, Intervalle, Rhythmen zählen und
spielen und immer einen Choral – einoder
mehrstimmig. Dazu ist in den Ensembletrainings
beschrieben, wie Choräle
so eingesetzt werden können, dass auch
ein musikalischer Lernzuwachs entsteht.
Wie bekommst Du (trotzdem) Abwechslung
in den Probeneinstieg?
Christoph Breithack: Kurzfristig gar nicht.
Es ist immer genau gleich. Die Dinge sollen
sich einschleifen. Wie Elfmeter schießen
beim Fußballtraining. Langfristig, durch
eine Veränderung der Auswahl der Trainings.
Und die Choräle wechseln. Aber
auch da spielen wir schon mal über 4-5
Wochen immer denselben. Die Einspielphase
ist eine Lernphase. Lernen braucht
Wiederholung und Dinge müssen sich einschleifen
und setzen. Abwechslung ist da
kontraproduktiv.
Ergänzend schreibt Christoph Breithack
zu seiner eigenen Probenarbeit mit dem
Musikverein St. Georgen:
„Wenn ich konkret ein Stück probe, höre
ich auf die im „Atommodell“ beschriebenen
Aspekte: Wie fangen Töne an, wie
klingen sie, wie enden sie. Wann fangen
sie an, wann enden sie. Wie sitzen die
Musikerinnen und Musiker, wie atmen
sie. Wie sind die Klangfarben bei einzelnen
Musikern, bei Gruppen, bei allen.
Wie werden Artikulationszeichen ausgeführt?
Werden sie einheitlich ausgeführt?
Wenn ich dann höre, dass es irgendwo
Probleme gibt, trainiere ich diese Punkte
mit Ensembletrainings und reagiere mit
entsprechenden Probentechniken darauf.
Die sehen natürlich in einer Bläserklasse
anders aus als bei einem Blasorchester
mit Erwachsenen. Aber inhaltlich
ist es dasselbe.“
Auffallend ist, dass der in der herkömmlichen
Probenarbeit so wichtige Begriff „Intonation“
in der Methode zwar vorkommt,
jedoch kein eigenes Kapitel einnimmt. Dazu
Christoph Breithack: „Das ist bewusst so
gemacht. Bei Intonation wird viel zu häufig
auf Frequenzen und viel zu selten auf
Balance und Tonqualität geachtet. Das
sind aber wesentliche Voraussetzungen
für die Intonation.
Wenn man Spielern sagt, dass sie in Hörstufe
2 zunächst gleich laut spielen sollen
und dann in einem zweiten Schritt noch
ihre Klangfarben abgleichen sollen, stimmen
sie in der Intonation in 98% der Fälle
überein. Wir verwenden deshalb das Bild
von zentrierten und unzentrierten Klängen
zur Beschreibung der Tonqualität.
Im Zusammenspiel mit den Höraufmerksamkeitsstufen
und entsprechend abge-
4
KulturFenster
Blasmusik
Das „Hören“ ist ein wesentlicher Teil der Probenmethodik, damit das Orchester so klingt, dass man gerne zuhört – im Bild
Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Dirigentenwerkstatt in Eppan (2018).
Alexandra Link, die Autorin des Artikels,
mit dem Medienreferent des VSM,
Stephan Niederegger
glichenem Spiel führt das zu guter Intonation.
Die harmonischen Zusammenhänge
sind dabei auch ein zu beachtender Aspekt.
Das ist aber ein Thema der Musiktheorie
und wird im Buch nur kurz angesprochen.“
Der vollständige Artikel
ist über folgenden
QR-Code abrufbar.
Dieser ist mit Stellungnahmen
der Dirigenten
Michiel Oldenkamp,
Harald
Vetter und Andreas
Weller ergänzt, die Inhalte des Buches
bereits jetzt in ihre Probenarbeit einfl ießen
lassen.
Obwohl für Blasorchester entwickelt, ist
diese Probenmethodik auch in jeder anderen
Ensemble-Besetzung sowie in Bläserklassen
und im Instrumentalunterricht
einsetzbar.
Das Buch kann im gängigen Musikhandel
oder direkt beim Helbling-Verlag bestellt
werden.
Alexandra Link
Weiterführende Informationen der
Autoren in englischer Sprache sind
im Internet abrufbar:
www.directedlisteningmodel.com
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November 2020.
Nr. 05 | Oktober 2020 5
Aus Verband und Bezirken
Stillstand und Elan im
Musikjahr 2020
Corona schränkt die Tätigkeit der Musikkapellen sehr stark ein
Nur durch die Kraft des Vereins und durch die Unterstützung von außen wird es möglich sein, dass in den Musikkapellen wieder
gemeinsam musiziert werden kann – im Bild die Bürgerkapelle Latsch.
Ist das Jahr 2020 eigentlich bei vielen Musikkapellen
sehr vielversprechend und mit
großer Begeisterung begonnen worden, so
hat das Aufflammen der Covid-19-Pandemie
und der daraus resultierende Lockdown ab
Anfang März ihre Tätigkeit teils ganz lahm
gelegt bzw. sehr stark eingeschränkt.
Aus verschiedenen Rückmeldungen
von Funktionären und Mitgliedern aus
den Musikkapellen konnten wir uns bisher
ein ungefähres Bild der Tätigkeiten
im Laufe der letzten Monate machen. Wir
wussten, dass sich unsere Vereine in dieser
Zeit mit ihren Aktionen grundsätzlich
in drei verschiedene Gruppen einteilen
ließen: zur ersten Gruppe zählten jene,
die mit großem Elan und viel Drang den
Lockdown kaum abwarten konnten und
jede kleinste Gelegenheit suchten, um
irgend einen musikalischen Beitrag oder
Auftritt auf die Beine zu stellen. Die zweite
Gruppe bestand aus jenen Musikkapellen,
die eigentlich genau das Gegenteil taten
und fast keine oder überhaupt keine Tätigkeiten
durchführten, da in erster Linie
die Obleute die Verantwortung bei einer
evtl. Ansteckung der Mitglieder und den
daraus möglichen Anklagen nicht übernehmen
wollten. In der dritten Gruppe
fand man solche Musikkapellen, deren Verantwortliche
mit den strengen Abstandsregeln
und anderen Maßnahmen sich kein
sinnvolles gemeinsames Musizieren vorstellen
konnten und sich mit ihren Aktionen
ziemlich zurückhielten bzw. nur mit
kleinen Ensembles probten und auftraten.
Um nicht bei Vermutungen und Annahmen
stehen zu bleiben, hat der Verband
im August eine digitale Umfrage unter den
Mitgliedskapellen gestartet und somit eine
flächendeckende Antwort erhalten.
Einige besonders markante Situationen
sind in den folgenden Fragen und Diagrammen
dargestellt:
6
KulturFenster
Blasmusik
Zeitraum: 1. Jänner – 15. August 2020
11,5%
Wie viele Hauptkonzerte (Fest-, Saal-, Jubiläumskonzert) wurden durchgeführt?
(208 Antworten)
88%
0
1
2
Wie viele andere Konzerte / Auftritte im Saal oder im Freien (Platzkonzerte, Konzerte
mit Ensembles, Marschauftritte, … ) haben stattgefunden? (205 Antworten)
47,3%
0
1-2
3-4
5 oder mehr
40,5%
28,9%
23,4%
Wie oft spielte die Musikkapelle oder Bläsergruppen öffentlich bei religiösen Anlässen?
(197 Antworten)
13,7%
34% 40,5%
0
1
2
3
Wie viele Gesamtproben wurden bisher abgehalten? (170 Antworten)
54,1%
0
1-3
4-6
7 oder mehr
21,8% 15,3%
8,8%
38,8%
Wie viele Ensemble- bzw. Registerproben wurden bisher abgehalten? (178 Antworten)
24,2%
21,8%
15,2%
0
1-3
4-6
7 oder mehr
Konnte das geplante „Musigfest“ stattfinden? (208 Antworten)
96,2
Nein Ja, wie vorgesehen Ja, in einer anderen Form
Nr. 05 | Oktober 2020 7
Aus Verband und Bezirken
Zeitraum: 16. August – 30. November 2020
Die Umfrage enthielt auch eine Vorausschau
der Musikkapellen auf die Monate
2. Augusthälfte, September, Oktober und
November. Die Antworten zu den gestellten
Fragen beziehen sich wahrscheinlich
auf die derzeitigen Umstände und Maßnahmen,
welche – so wie in den Monaten
vorher – wenig Spielraum zulassen.
Zudem muss berücksichtigt werden, dass
Konzerte und Auftritte im Freien aus klimatischen
Gründen in verschiedenen Gegenden
nicht mehr stattfinden können.
17% der Kapellen wollen in dieser Zeit
ein Hauptkonzert geben, aber 29% werden
in dieser Zeit öffentlich weder ein Platzkonzert
oder einen Marschauftritt noch ein
Konzert mit Ensembles veranstalten. Ungefähr
90% der Vereine wollen öffentliche
religiöse Feiern mitgestalten und werden
sich dabei wohl besonders auf Erntedankund
Kirchtagsprozessionen bzw. auf das
Musizieren auf den Friedhöfen um Allerheiligen
beziehen. 6% der Musikkapellen
können sich vorstellen, in dieser Zeit
ihr „Musigfest“ mit den bestehenden Vorsichtsmaßnahmen
abzuhalten.
Alles in allem sehen wir, dass die Corona-Pandemie
und die dazu beschlossenen
Maßnahmen in der Tätigkeit der
Kapellen eine sehr starke Einschränkung
hervorgerufen haben. Zusammengefasst
kann gesagt werden: In musikalischer
Hinsicht teilweiser totaler Stillstand, ein
sanftes Beginnen mit kleinen Gruppen
ab Juni, wenige Möglichkeiten zum Proben
und Auftreten mit der ganzen Kapelle;
auf finanzieller Seite weitgehender
Ausfall von wichtigen Einnahmen zur
strukturellen Erhaltung des Vereines, da
Hauptkonzerte und „Musigfeste“ abgesagt
werden mussten.
Und ein dritter Punkt muss auch noch
ins Gespräch kommen: Bleiben unsere
Vereine „vereint?“ Wollen Kinder und Jugendliche
und auch Erwachsene weiterhin
ein Instrument lernen und fi nden sie in
den Musikkapellen jenen Platz zum Ausüben
ihrer Tätigkeit? Spüren sie im Verein
noch, dass Gemeinschaft und Miteinander
etwas sehr, sehr Wertvolles, das
unser Leben bereichert und verschönert,
sind? Finden sie noch Motivation für ehrenamtliches
Engagement und freiwillige
Tätigkeit für das Gemeinwohl und die Gesellschaft?
„Ich bitte in erster
Linie alle Mitglieder,
ihren Musikkapellen die
„Stange zu halten“ und
mit viel Engagement und
gutem Willen zu helfen,
dass diese schwierige Zeit
sicher überbrückt werden
kann.“
Pepi Fauster
Ich mache mir Sorgen, dass viel Positives
und Qualitätsvolles, das in den letzten
Jahren mit viel Mühe aufgebaut worden
ist, nun ins Wanken gerät, wenn sich
nicht bald was ändert. Ich bitte deshalb
in erster Linie alle Mitglieder, ihren Musikkapellen
die „Stange zu halten“ und
mit viel Engagement und gutem Willen zu
helfen, dass diese schwierige Zeit sicher
überbrückt werden kann. Und auch das
Land Südtirol sollte den ehrenamtlichen
Vereinen, darunter auch den Musikkapellen,
mit einem Förderbeitrag für entfallene
Einnahmen finanziell unter die Arme greifen,
so wie es die österreichische Bundesregierung
bei ihren auch macht. Unsere
Musikkapellen brauchen eine konkrete finanzielle
Hilfe und wohlwollende Maßnahmen,
mit denen die Strukturen erhalten
und das bisher Aufgebaute gut weitergeführt
werden kann.
Pepi Fauster, Verbandsobmann
Auf dass sich die Lage wieder normalisiert und die Muikkapellen wieder
gemeinsam auftreten können, wie hier im Bild die Musikkapelle Tschengls bei der
Marschmusikbewertung in Latsch 2019.
8
KulturFenster
Die Leistungsabzeichen
go digital
Blasmusik
20.01. - 28.12.2020
VSM-Motiviert und fit?
Funktionärsausbildung
2020 (NFA)
www.vsm.bz.it
Die neue Form der Anmeldung zu den Prüfungen
So sieht das neue Anmeldeformular aus.
Die Leistungsabzeichen in Bronze, Silber
oder sogar Gold bilden für viele Jugendliche
und Erwachsene ein lohnendes Ziel,
welches oft mit großem Einsatz und Aufwand
für Lehrer und Prüfungsanwärter verbunden
ist.
Mit der Einführung des VSM Office vor
vielen Jahren wurde die Anmeldung zu
den Leistungsabzeichen bereits einmal
revolutioniert. Erstmal gelang es die Daten
der Kandidaten, Instrument und Musikkapelle
einzutragen, welches eine Erleichterung
für die Verwaltung bedeutete.
Inzwischen sind wieder einige Jahre vergangen
und der Zahn der Zeit hat auch
an der Form der Anmeldungen genagt.
Waren es bisher die Jugendleiter der Musikkapellen,
sind es von nun an die Leh-
renden selbst, welche die Anmeldungen
über die Homepage des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen www.vsm.bz.it für ihre
Anwärterinnen und Anwärter generieren.
Mit dieser Form gibt es gleich mehrere
Unterschiede zum früheren System:
Die Lehrpersonen melden ihre Schüler
direkt an. Sie müssen sich zunächst über
die VSM-Homepage registrieren und er-
Nr. 05 | Oktober 2020 9
Aus Verband und Bezirken
halten ein passwortgeschütztes Konto,
welches sie alleine verwalten. Sie legen
ihre betreffenden Schüler mit all den nötigen
Daten an, wählen die Zugehörigkeit
der Musikkapelle, die Leistungsstufe, den
Ausbildungsort und den Prüfungsort aus.
Weiters besteht die Möglichkeit das Programm
in eigens programmierten Feldern
einzutragen, in denen ein Zeitrechner mit
Mindest- und Maximalzeit implementiert
ist, laut Ausschreibungen in den einzelnen
Instrumenten.
Auch Klavier- oder CD-Begleitung, sowie
Spielpartner können eingegeben werden.
All diese wichtigen Parameter konnten
mit dem alten Anmeldesystem über
das VSM Office nicht erhoben werden,
was die Organisatoren bzw. Jugendleiter,
in der Einteilung vor teils größere Probleme
stellte.
Durch die neue Anmeldeform erhalten
nicht nur Erziehungsberechtigte der Teilnehmenden
per Mail die Anmeldebestätigung
der betroffenen Musikkapelle, sondern
auch der VSM selbst.
Alle zum Verband zugehörigen Musikkapellen
Südtirols erhalten zudem eine offizielle
Emailadresse, an welcher in Zukunft jegliche
offizielle Korrespondenz mit dem Verbandsbüro
abgewickelt wird. Diese kann
von mehreren Personen im Vorstand eingerichtet
werden und garantiert somit eine
aufrechte Verbindung zum Verband.
Erstmalig eingeführt wird das neue System
im September 2020. Die händische Anmeldung
über das VSM Office entfällt, es wird
Absenden
Mit dem Absenden des
Formulares erfolgt die
Anmeldung.
Zu spät eingereichte
Anfragen können leider nicht
bearbeitet werden, da nach
Ablauf der Frist das Portal
inaktiv ist.
Homepage
VSM /
Jugend
•Achtung:
Anmeldeschluss einhalten!
Johann Finatzer –Verbandsjugendleiter
johann.finatzer@vsm.bz.it
www.vsm.bz.it
gebeten die Anmeldefristen des neuen Portals
einzuhalten, Nachmeldungen sind ab
nun nicht mehr möglich. Konzept, Idee und
Ausarbeitung stammen von Verbandsjugend-
Leistungsabzeichen Anmeldung
goes digital
www.vsm.bz.it
leiter Hans Finatzer, die Programmierung
erledigte die Firma Effekt! aus Neumarkt.
Hans Finatzer
Verbandsjugendleiter
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
Redaktion KulturFenster
Redaktionsschluss für die nächste
Ausgabe des KulturFensters
ist Freitag, 13. November 2020.
Bitte Termin genau beachten!
10
KulturFenster
Kritisch hingehört
Blasmusik
KonzertKino in Naturns
Ensembles der MK Naturns überlisten Corona mit Technik
Am 10. und 11. September 2020 lud die Musikkapelle
Naturns zu einem ganz besonderen
Konzertabend in die Freilichtbühne
von Naturns ein.
Präsentiert wurde das Ergebnis eines
Projektes, welches aufgrund der Corona-
Pandemie entstand. Kapellmeister Dietmar
Rainer und Obmann Andreas Pircher
reagierten im Frühjahr sofort und schufen
Alternativmöglichkeiten, um den Hygienerichtlinien
zu entsprechen. Sogleich wurde
die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein
gesucht, um ein sinnvolles Projekt
für eine interessante musikalische Herausforderung
und gleichzeitige Werbung für
die Tourismusgemeinde Naturns zu starten.
Nach der Probentätigkeit in kleinen
Gruppen konnten Anfang August die geplanten
Ton- und Videoaufnahmen erfolgen.
Besondere Orte in und um Naturns
dienten als Kulisse für die insgesamt 14
entstandenen Videos. So erklang in der
bekannten Burganlage Juval von Reinhold
Messner Pachelbels „Festliche Intrada“,
gespielt vom gemischten Blechensemble
der Musikkapelle. Die moderne Nummer
„Let’s get it on“ von Maceo Parker wurde
vom Saxophonensemble und Band im Innenhof
der Musikschule zum Leben erweckt.
Schneidige Buabm und fesche Madln
sorgten bei den Almen des Naturnser
Nörderbergs mit der „Garten Polka“ von
Ernst Mosch für die musikalische Vielfalt,
die dieses Musikprojekt ausmacht.
Das tiefe Blechensemble ließ inmitten
der Weingärten am Sonnenberg im traditionellen
Kurzbairischen die Volkswaise
„Wohlauf noch getrunken den funkelnden
Wein“ erklingen. Mit dem Stück „Clapping
Music“ wurde der Musikbalkon am Sonnenberg
von einem Schlagzeugensemble
eingeweiht. Den Plauser Kirchplatz, umrahmt
von der alten Pfarrkirche St. Ulrich
und der neuen Wallfahrtskirche zur Hl. Monika,
brachten drei Solisten der Kapelle,
begleitet von einem Holzbläserensemble,
zum Klingen. Als Treffpunkt des Saxophonensembles
diente u.a. die bäuerliche
Kulturlandschaft der Tschirlander Haide,
welche mit dem „Tango dèl Choclo“ von
Angel Villoldo bespielt wurde.
Die Musikkapelle Naturns freut sich den
Erfolg dieses umfassenden Projekts, das
allen Beteiligten viel Freude und Abwechslung
bereitete, nun auch online präsentieren
zu können. Die insgesamt 14 Videos
sind auf der Homepage www.musikkapellenaturns.it
, der Facebook-Seite der Musikkapelle
Naturns oder unter dem abgebildeten
QR-Code zu fi nden.
Julia Wellenzohn
Die Technik macht’s möglich: Für zwei Konzertabende in Naturns wurden 14 Videos, die auch online zu sehen sind, mit
verschiedenen Ensembles gedreht.
Nr. 05 | Oktober 2020 11
Die Jugendseite
Die Michaeler Juka
stellt sich vor
Die Jugendkapelle der
BK St. Michael Eppan
mit tollen
Angeboten für Kinder
und Jugendliche
Unser musikalisches Jahr
Ein etwas anderes Jugendlager
Bühne frei für Klarinaction!
Die Michaeler Juka wird von einem vierköpfigen
Jugendteam geleitet. Gemeinsam
werden Konzerte und Projekte organisiert
und so ein bunt gemischtes
Programm für unsere Jungmusikanten
zusammengestellt. Im Vordergrund steht
dabei immer auch der Kontakt zu den
Musikanten der Musikkapelle und zu
anderen Jugendkapellen.
Im Frühjahr und im Herbst wird immer
fl eißig auf ein Konzert hin geprobt.
Dabei werden unterschiedliche Themen
oder Kulissen ausgewählt. Besonders
spannend wird das Projekt, wenn
wir uns mit einer anderen Jugendkapelle
gemeinsam darauf vorbereiten.
Der Höhepunkt des Musikjahres ist
unser mehrtägiges Jugendlager, welches
im Sommer stattfindet. Neben den gemeinsamen
Proben kommt dabei der
Spaß nie zu kurz.
Abseits der Proben und Projekte stehen
wir immer in Kontakt zu den Lehrern
der Musikschule und versuchen Jahr für
Jahr neue Musikanten für unsere Jugendkapelle
zu begeistern.
Aufgrund der unsicheren Situation im
heurigen Sommer musste das Jugendlager
vorerst abgesagt werden. Es war uns
ein großes Anliegen, den Kontakt zu unseren
Jungmusikanten trotzdem aufrecht
zu erhalten. Aus diesem Grund haben wir
eine Zeitschrift erstellt mit vielen Erinnerungen,
Fotos, Geschichten, Rätseln und
auch einigen Musikstücken zum Ausprobieren;
diese haben wir an unsere Jungmusikanten
geschickt.
Die Lage entspannte sich glücklicherweise,
sodass wir Ende August doch noch
zwei tolle Jugendtage ohne Übernachtung
auf die Beine stellen konnten! Das Einhalten
aller Regeln stellte für uns eine große
Herausforderung dar.
Trotzdem konnten wir wieder gemeinsam
musizieren und Spaß haben. Beim
Werwolf-spielen und beim Freilichtkino genossen
wir unser Beisammensein.
Dank großer Unterstützung unserer Musikanten
wurden die Jugendtage ein großer
Erfolg und wir hoffen, dass unsere Jungmusikanten
mit viel Freude und Motivation
in das bevorstehende Musikjahr starten.
Mit viel Kreativität und Einsatz startete die
Bürgerkapelle St. Michael Eppan im Herbst
2019 das Projekt Klarinaction. Das Klarinettenregister
spielt in jeder Musikkapelle
eine tragende Rolle. Um der begrenzten
Anzahl an Plätzen für Klarinettenunterricht
in der Musikschule entgegenzuwirken,
entschied die Bürgerkapelle, eine eigene,
besondere Klarinettenklasse zu gründen.
Klarinaction steht für eine Klarinettenklasse,
bei der gemeinsames Musizieren
und Lernen im Mittelpunkt stehen. Workshops,
unter anderem zum Thema Rhythmus
und Atmung, sorgten für Abwechslung
zum Unterricht in Kleingruppen.
Bereits zu Weihnachten spielten alle 12
Schüler ein gemeinsames Konzert – nach
nur zwei Monaten Unterricht! Die gemeinsamen
Proben und Workshops bereiteten
den Schülern und Lehrpersonen unglaublich
viel Spaß.
Die Begeisterung für das Instrument
weckten die Lehrpersonen durch Schnupperkurse
in den dritten und vierten Klassen
der Grundschule von St. Michael.
Durch verschiedene Spiele konnten die
12
KulturFenster
Blasmusik
Kinder nicht nur die Klarinette, sondern
ganz verschiedene Aspekte der Musik im
Allgemeinen kennenlernen: Welche Emotionen
verbinden wir mit welcher Musik?
Was ist “Rhythmus”, wie entsteht er und
wofür brauchen wir ihn?
Die Schülerinnen und Schüler von Klarinaction
haben in ihrem ersten Unterrichtsjahr
durch Fleiß und Ausdauer schnell
große Fortschritte machen können und
im Laufe der Monate immer mehr Leidenschaft
und Freude an der Musik entwickelt.
Die Bürgerkapelle St. Michael Eppan sieht
Klarinaction als langfristiges Projekt und
hofft, dadurch schon bald neue Klarinettistinnen
und Klarinettisten in den Reihen
der Kapelle begrüßen zu dürfen.
Michaeler Juka – Koordination
Verbandsjugendleiter Hans Finatzer
Steckbrief
Name: Michaeler Juka
Musikkapelle: Bürgerkapelle St. Michael Eppan
Jugendteam: Kathrin, Kathrin, Katharina und Jakob
Jungmusikanten: ca. 25 Kinder und Jugendliche
Zwei musikalische Brüder im Portrait
Matthias Spitaler
Lorenz
Mein Name: Matthias Spitaler
Alter: 10 Jahre
Ich spiele: Euphonium
Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Freude macht.
In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik
Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir viel Spaß haben.
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Mein Euphonium, Mami
und Tati.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte…würde ich gerne einmal bei der Böhmischen spielen.
Lorenz Spitaler
Matthias
Mein Name: Lorenz Spitaler
Alter: 12 Jahre
Ich spiele: Schlagzeug
Ich lerne dieses Instrument, weil: es mir Spaß macht.
In meiner Freizeit höre ich gerne: Popmusik
Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir immer ein gutes Konzert abliefern.
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Juka, Schlagzeug und mein
Bayern-München-Trikot.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte… würde ich gerne einmal bei der großen Musig spielen.
Nr. 05 | Oktober 2020 13
Zur Person
Norbert Rabanser und der
„Lieblingstrommler Marsch“
Ein musikalischer Tausendsassa in Lederhose oder Frack
Wer Norbert Rabanser nur in grüner Weste und Lederhose kennt, wird kaum glauben,
dass ihn unter anderem Musik von James Last über Toto und Van Halen bis Bruckner,
Strauss und Strawinsky prägte. Glücklicherweise wurden im musikalischen Elternhaus
auch Avsenik und Mosch gehört. Denn ohne diese frühen traditionellen Inputs hätte die
Blasmusikszene womöglich einen grandiosen Schlagzeuger weniger – und uns wäre
der „Lieblingstrommler“ als Legende entgangen.
Norbert Rabanser ist die Ruhe selbst. Das
wird jeder bestätigen, der sich am Rande
eines Konzerts schon einmal mit ihm unterhalten
hat. Paradox daran ist, dass
der mentale Ruhepol der „Innsbrucker
Böhmischen“ gleichzeig der ist, der seine
sechs Kollegen am Blechgebläse mit stets
gewetzten Sticks vor sich hertreibt – oder
gar „herpeitscht“, wie es einmal ein Zuhörer
drastisch formulierte. Dass der versierte
Drummer abseits der Bühne diese
unglaubliche Ruhe ausstrahlt, liegt vermutlich
daran, dass er niemandem mehr etwas
beweisen muss. Rabanser, der am 4. Mai
seinen 50. Geburtstag feierte, spielte schon
mit den besten Orchestern, Dirigenten und
Solisten auf den berühmtesten Bühnen der
Welt. An so eine Karriere glaubte der Südtiroler
selbst wohl am allerwenigsten, als er
im Alter von 13 Jahren zur Musikkapelle
Klausen kam. Rabanser blickt schmunzelnd
zurück: „Alles war mir zu groß – die
Tracht, der Gurt der Kleinen Trommel und
die Schritte des 1,90 Meter großen Stabführers.
Beim Marschieren stolperte ich
mit der Trommel in der Hand hinter der
Kapelle her, ohne auch nur einen einzigen
Schlag aufs Fell gebracht zu haben. „Ich
habe eigentlich immer an mir und mei-
Norbert Rabanser wurde 1970 in Barbian geboren und studierte am Tiroler
Landeskonservatorium in Innsbruck sowie am Drummers Collective in New
York. Von 1989 bis 1999 war er 2. Schlagzeuger/Pauker im Tiroler Symphonieorchester
Innsbruck, seit 1992 unterrichtet er am Tiroler Landeskonservatorium
und am Mozarteum Salzburg. Er spielte u. a. schon mit
den Münchner Philharmonikern, dem Opern- und dem Tonhalleorchester
Zürich, dem Gewandhausorchester Leipzig, den Bamberger Sinfonikern,
dem Konzerthausorchester Berlin, dem Philharmonia Orchestra
London, den Wiener Philharmonikern unter Leitung von John
Williams sowie mit dem BR- und dem HR-Sinfonieorchester. Solokonzerte
spielte er mit dem New Zealand Symphony Orchestra und Evely
Glennie. 2008 begleitete er Semino Rossi auf dessen Europatournee.
1992 gründete er das Studioprojekt „Die Innsbrucker“, das mit experimentellen
und hochkarätigen Kompositionen im Oberkrainer-Stil Furore
machte. Aus dieser Besetzung ging später „Die Innsbrucker Böhmische“
hervor, die demnächst ihre 14. CD vorstellen wird.
Als Komponist widmet sich Rabanser nicht nur der traditionellen Blasmusik.
Er schrieb u. a. den offiziellen Song für die Telecomgesellschaft Wateen sowie
die Hymne für das 7-Sterne-Hotel Bursh al Arab in Dubai. Auftragswerke schrieb
er u. a. für Symphonic Winds, das Symphonische Blasorchester Ried sowie für die
Musikkapellen von Algund, Terlan, Leifers und Scheffau. 2016/17 war er Gastprofessor
an der KunstUni Graz. Norbert Rabanser moderiert und gibt Meisterkurse sowie
Workshops im ganzen deutschsprachigen Raum. Seit 2012 ist er Radiomoderator
bei RAI Südtirol. Er dirigiert zudem seit zehn Jahren die Bürgerkapelle Tramin.
14
KulturFenster
Blasmusik
nen Fähigkeiten gezweifelt.“ Dementsprechend
verbrachte der junge Schlagzeuger
auch viel Zeit beim Üben an seinem alten
„Hollywood“-Set, ohne Becken, betont er.
Am liebsten probte Rabanser nach Gehör
zur Kassette „Polkaparty mit James Last“.
Mit 15 Jahren spielte er dann schon drei
Mal in der Woche mit seiner ersten Oberkrainerband
in einem regionalen Tanzlokal,
wo man sich regelmäßig mit den aufstrebenden
„Kastelruther Spatzen“ abwechselte.
Je nach Bedarf spielte Rabanser
Trompete, Bariton
oder er übernahm
eben Schlagzeug
und Gesang.
Norbert Rabanser
Norbert Rabanser
hatte durch
bei seinem
„Lieblingstrommlermarsch"
seinen Vater auch
- Auftritt mit Bob Ross
schon früh Kontakt
und „Blechschaden“ im
zur Musik von „Ernst
Frühjahr 2018 in Bremen
Mosch und seinen
(Foto: Georg Preisinger)
Original Egerländer
Musikanten“.
Eines seiner frühesten
Mosch-Erlebnisse
ist sogar
so lange her, dass
er sich selbst nicht
mehr daran erinnern
kann. Rabanser
wuchs in einem
Gasthaus auf, war
stets von vielen Gästen
umgeben. Vielleicht schon damals
einem intuitiven Drang folgend, nutzte er
den vollbesetzten Speisesaal im Gasthaus
als seine Bühne, als er eines Tages die
Mosch-LPs seines Vaters entdeckte, eine
davon auflegte und die Hausanlage aufdrehte.
Aus den Lautsprechern dröhnte
der „Wittmann Franz“, der kleine Norbert
griff sich die Trompete des Vaters und marschierte
trötend und singend quer durch
den Speisesaal. „Das haben mir viele Gäste
noch Jahre später erzählt“, so Rabanser
lachend.
Lieblingstrommler Marsch
Freilich wäre diese Anekdote aus Kindertagen
schon legendär genug, jedoch markiert
sie nur den Beginn seiner Musikkarriere.
Und in den mittlerweile über 30 Profi-Jahren
war es natürlich ein anderes Stück, das
ihn als Schlagzeuger stets begleitete. Den
„Lieblingstrommler Marsch“ von Franz Bummerl
nämlich entdeckte Rabanser ebenfalls
in der väterlichen Schallplattensammlung,
auf dem Live-Album „Ein Abend mit Ernst
Mosch“ von 1972. Gebannt lauschte er der
Darbietung von Ferry Tagscherer, der seinerzeit
wohl vielen ambitionierten Schlagzeugern
als Vorbild diente. Noch 30 Jahre
später, in der Gründungs- und Findungsphase
der „Innsbrucker Böhmischen“, war
Rabanser fasziniert von der Energie des legendären
„Egerländer“-Schlagzeugers. Und
so fand dieses Solo natürlich auch seinen
Weg ins Live-Repertoire der „Innsbrucker
Böhmischen“. „Dafür musste ich mir aber
etwas überlegen“, gesteht Rabanser, „nachspielen
ist ja okay – ich wollte aber eine eigene
Version machen.“ Seit wann genau
er beim „Lieblingstrommler“ einen seiner
Sticks zu Boden spickt, sodass dieser wieder
hochspringt, er ihn fängt und weiterspielt,
weiß er selbst nicht genau. Gesehen
habe er den Trick jedenfalls schon als
13-Jähriger im Skigebiet Gröden in Südtirol
bei einer Profiband aus Taiwan. „Als ich
dann einmal eine Zeit lang krank war und
daheimbleiben musste, hab ich das probiert.
Und mittlerweile gehört es dazu, obwohl
ich sonst eigentlich nicht so ein Show-
Clown bin. Aber den Leuten gefällt es halt.“
Nun ist das Solospielen die eine Sache,
die für einen Profi wie Norbert Rabanser
heute nicht mehr die große Schwierigkeit
darstellt. Ersatz-Sticks für den Fall der Fälle
hat er trotzdem bei jeder Aufführung des
„Lieblingstrommler Marsches“ in seiner
Gesäßtasche. Denn da ist eben auch noch
die andere Sache: „Es ist wie beim Zirkus.
Wenn ein Kunststück nicht gleich funktioniert,
musst du es eben so lange wiederholen,
bis es klappt.“ Es komme schon mal
vor, dass ihm ein Stick verspringt, oder er
sechs bis sieben Versuche braucht, bis es
klappt – „das hängt meist von der Bodenbeschaffenheit
ab“, erklärt der Solist. Und
auch den Albtraum eines jeden Solotrommlers
erlebte Rabanser schon, als alle Scheinwerfer
auf ihn gerichtet waren und er beim
„Lieblingstrommler“ das Fell seiner Kleinen
Trommel durchschlug.
Doch nicht nur an solche
Situationen erinnert
sich der Solist, sondern
auch an eine Referenz-
Aufführung in Schladming
in der Steiermark. Dort
verortet Norbert Rabanser
den für sich „höchsten
Stocksprung“, an den er
sich erinnern kann. Beim
Konzert der „Innsbrucker
Böhmischen“ am Fuße
des Dachsteins ließ er seinen
Stick von einer ungewöhnlich
hohen Bühne
fliegen: „Aus zirka dreieinhalb
Metern Höhe –
vom Boden wieder in die
Hand.“, freut sich Rabanser
noch heute, „Absoluter
Rekord!“.
Als legendär gilt auch
die folgende Anekdote: Im Frühjahr 2018
sprang Norbert Rabanser beim Konzert
der Gruppe „Blechschaden“ in Bremen
kurzfristig für den erkrankten Arnold Riedhammer
ein. Rabanser fl og in die Hansestadt,
schaute sich die Noten an und ging
ohne Probe auf die Bühne des altehrwürdigen
Konzerthauses Glocke. Und obwohl
er sicherlich schon mit dem offiziellen Programm
gut zu tun hatte, ließ er sich den
Spaß nicht nehmen, auch mit „Blechschaden“
den „Lieblingstrommler Marsch“ aufzuführen.
Vermutlich ist es in so einer Situation,
in der manch anderer ziemlich ins
Schwitzen kommen würde, sehr hilfreich,
wenn man die Ruhe selbst ist…
Christian Mayr
Dieser Artikel erschien in der Mai/Juni-Ausgabe
2020 der Zeitschrift „Mucke – Magazin
für böhmische und mährische Blasmusik“.
www.mucke-magazin.de;
www.facebook.com/mucke.magazin;
www.instagram.com/mucke_magazin
Nr. 05 | Oktober 2020 15
Ars Nova
„Muss es immer etwas
Neues sein?“
Kapellmeister Dietmar Rainer hat die Adventskantate „Ihr lieben Christen, freut
euch nun“ von Dietrich Buxtehude für Blasorchester bearbeitet.
Dirigenten sind ständig auf der Suche nach
guter und neuer Literatur für Blasorchester.
Aber müssen es immer und zwingend neu
komponierte Werke sein? Oder können wir
den schier unerschöpflichen Fundus bestehender
Kompositionen noch besser nutzen?
Der Anlass
Auf der Suche nach einem festlichen Stück
für den Advent stieß ich auf die Adventskantate
„Ihr lieben Christen, freut euch nun“
von Dietrich Buxtehude. Die Auswahl an
weihnachtlicher Literatur ist bekanntlich
sehr groß, jedoch Musik mit adventlichem
Inhalt im Vergleich dazu dünn gesät. Von
der vorliegenden Kantate – im Original für
5 Singstimmen, Streicher, 8 Blechbläser
(!) und Orgel - gab es erstaunlicherweise
bis dato noch keine Bearbeitung für Blasorchester.
Es schien mir also notwendig,
ein Arrangement anzufertigen.
Die ausgewählten Sätze
Da sich nicht alle Teile für das Blasorchester
eignen, habe ich die Sätze Sinfonia -
Choral - Duett - Chor zu einer stimmigen
kleinen Suite zusammengestellt.
Mit der Sinfonia wird das Werk durch
eine festliche Fanfare eröffnet. Der Choral
- im Original ein schlichter Cantus firmus
im Sopran - wird kontrapunktisch untermalt
und vom Continuo gestützt. Das anschließende
zarte Duett für Sopran I & II
wird von zwei Posaunen umspielt. Den
Schlusschor präsentiert der fünfstimmige
Chor mit dem kompletten Orchester in barocker
feierlicher Manier.
Von D nach C-Dur
Wie die meisten festlichen Barockstücke
steht auch die vorliegende Adventskantate
in D-Dur. Eine Tonart, welche für ein Blasorchester
viele Probleme mit sich bringt. Abgesehen
von den grifftechnischen Schwierigkeiten
wird sie für die Blechbläser meist
etwas hoch und bringt sehr viele Intonationsprobleme
mit sich. So müssten beispielsweise
die Saxophone in H-Dur spielen,
was abgesehen von der technischen
Herausforderung auch für sehr gut ausgebildete
Amateurmusiker schwierig zu
intonieren ist.
Also habe ich mich entschieden, das
Werk um einen Ganzton tiefer, also nach
C-Dur zu transponieren. Eine Tonart, die im
Blasorchester durchaus strahlend klingt.
Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die
Tendenz international dahin geht, Bearbeitungen
grundsätzlich in der Originaltonart
zu belassen. Aus musiktheoretischer und
musikhistorischer Sicht ist das durchaus
©daniela-brugger
„Meine Gabe ist es, das Wesen von Musik zu erfassen und sie in neue Gewänder
zu kleiden: in Arrangements, die für Ihr Ensemble maßgeschneidert sind. Für
Ihr kammermusikalisches Quartett, für ein Blasorchester, einen Chor und für
alle anderen Formationen. Ich arrangiere, instrumentiere, transkribiere Musik
für neue Besetzungen.“
Dietmar Rainer
16
KulturFenster
Piccolo
Flöte 1
Flöte 2
Oboe 1
Oboe 2
Fagott 1
Fagott 2
Klarinette in Es
Klarinette in B1
Klarinette in B2
Klarinette in B3
Bassklarinette in B
Altsaxophon 1
Altsaxophon 2
Tenorsaxophon
Baritonsaxophon
Trompete in B1
Trompete in B2
Trompete in B3
Horn in F1
Horn in F2
Horn in F3
Posaune 1
Posaune 2
Posaune 3
Euphonium
Tuba
Violoncello
Kontrabass
Pauken
Duration 5.00 min
q =96
ff
mf
mf
ff
ff
mf
mf
ff
mf
mf
mf
mf
mf
mf
mf
mf
q =96
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
mf
mf
mf
mf
f
nachvollziehbar, für die Praxis der meisten
Amateurblasorchester ist damit jedoch
kaum ein befriedigendes Ergebnis
zu erreichen.
Instrumentation
Aufgrund der relativ üppigen Besetzung des
Originals lässt sich das Werk gut auf die
Instrumente des Blasorchesters übertragen.
Für die bei Baton Music erschienene
Ausgabe war eine internationale Standardbesetzung
erforderlich: zum kompletten
Holzsatz weiters 3 Trompeten, 3 Hörner,
3 Posaunen, 1 Euphonium, 1 Tuba, Cello
und Kontrabass. Im ersten und vierten Satz
habe ich mir erlaubt, 2 Pauken hinzuzufügen.
Die hohen Trompetenstellen (Piccolo)
übernimmt vielfach das hohe Holz.
Für die Aufführung der Musikkapelle
Naturns habe ich das Arrangement an die
Bedürfnisse der Kapelle angepasst, also 2
Flügelhornstimmen und eine Tenorhornstimme
hinzugefügt und die 1. Piccolotrompete
des Originals übernommen.
Stephan Niederegger
°
&
&
&
&
&
?
°
& # # #
4
& # # #
4
¢ & # # #
4
°
& # #
?
¢
° ?
?
¢
4
4
4 œ ≈œœœ œ œ œœ œ ≈œœœ œ ≈œœœ œ œœ œ œ ≈œœœ œ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ ‰ œ J
4
& # # 4 ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ œ œ œ‰œ j œ ‰ œ j œ œ œ œ œ œ œ
œ œ ˙ w
¢ & # # 4 w w w œ œ ˙
œ œ
‰ j
˙ œ œ # œ œ œ œ
˙ ˙ ˙ ˙
˙ ˙ ˙ w
& # #
4
4
& # # 4
& # #
4 œ ≈ œœœœœ œœ œ ≈ œœœœ ≈œœœ œ œœœœ ≈œœœ œ œ œœ œ œœ œ œ œœ œœ œœœ œ œ œœ œœ œ‰œ j œœœœ #œ Œ ‰ œœ œœ˙ ‰ œ œœ œ ‰ j J œ œœœœ˙
&
&
&
?
?
?
?
4 œ ≈œœœœœ œœ œ ≈œœœœ ≈œœœ œ œœœœ ≈œœœ œ œ œœ œ œœ œ œ œœ œœ œœœ œ œ œœ œœ œ ‰ œJ
4 œ ≈œœœœœ œœ œ ≈œœœœ ≈œœœ œœœœœ ≈œœœ œœ œœ œœ œœ œ œœœœ œœœœœ
œœ œœ# œ ‰ œ J œ œ
4 w w w œ œ ˙
4
w w w œ œ ˙
4 w w w œ
IHR LIEBEN CHRISTEN, FREUTEUCHNUN
œ œ ‰ J J
Suite aus der Adventskantate BuxWV51
Komp.: Dietrich Buxtehude
Arr.: Dietmar Rainer
œœœ œ
‰ œ J
œ œœœœœœ œ
‰ œœœœœœ
œœœ œœ
œ ≈œœœœœ œ œ œ ≈œœœœ ≈ œ œ œœœ ≈ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ œ J
œ œœ
Œ
œœ œœ œ ‰ œ J
œœœœ˙
w
4
Uw
œ œ ‰ J
œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ
# œ
œ œ œ J
˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ 4
‰ J
œ ‰ J ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ ˙ w
œœ œ œ œ
‰ J
œ œœœœœœ œ
‰ œœœœœœ œœ œœ œ ≈œœœœœ œ œ œ
œœœ œœœœ œœœ
≈œœœœ ≈ ≈ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ œ J œ œœ
Œ
œ ‰ œ J
œœœœ˙ w
‰ œœœœœœ œœ œœ
œ œœ œœœœœœœ œ Œ
œ ‰ œ J
œœœœœ œ J w
œ œ ˙ ˙
˙ ˙ ˙ ˙ ˙ w
w w w œ œ ˙ œ œ ˙ œ œ œ œ J ‰ J J
?
œ
œ
4 w w w œ
# œ
‰ œ J œ œ
¢
˙
˙
˙
˙
˙
˙ ˙ ˙ ˙
œ
œ œ
w
°
& # # #
œœœ œ œ ‰ J
œ ≈œœœœœ œ œ œ ≈œœœœ ≈ ≈ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ J
œœœ œ œœœœ œœœ œ œ œ œœ œ œœœœœœ œ Œ
‰ œœœœœœ 4
œœ œœ œ ‰ œ J
œœœœ˙ w
& #
œ ‰ œ J
# ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ œ œ ‰ J
œ ˙ w
œ œ œ œ
œ
4
& # #
œ‰œ œ j
œ œ œ œ œ œ‰œ œ œ œœ w
4 ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ
# œ
œ œ
œ
˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ ‰ œ œ J
# œ œ œ
J
œ œ œ œ œ œ œ œ ‰ J œ œ ˙ w
J
œ J ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ œ œ ˙ œ œ œ‰œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ œ ‰ œ œ œ ˙ w
w w w œ œ ˙ œ œ ˙ œ œ œ ‰ œ J
œ œ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ œ œ œ œ J
w
w w w œ œ ˙ œ œ ˙ œ œ œ
‰
œ J œ œ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙
w
œ ≈œœœœœ œ œ œ ≈œœœœ ≈
œœœ œœœœœ ≈
œœœ œœœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ ‰ œ œ œœ
J
œ ≈œœœ œ œ œ œ œ ≈œœœ œ ≈œœœ œœœ œ œ ≈œœœ œœœœœœœ Œ ‰ œœœœœœ Œ ‰ œ œœ œ‰œ œœœ
J
4 w w w œ œ ˙
œœœœœœœ œ
œœœœœœœœ
° ? ¢ 4 œ Œ ‰ œ j œœ œ ≈œœœœ ≈œœœ œœœœœ ≈œœœ œ Œ Ó ∑ ∑ Œ œ
∑
˙
Œ
‰ œœœœœœ œœ œœ œ ‰ œ J
œœœœ˙
Œ ‰ œœœœœœ œœ œœ œ ‰ œ J
œœœœœ œ J
w
œ œœ# œœ Œ ‰ œœ œœ˙ ‰ œ J œœ# œ ‰ œ j œœœœ˙ w
4 œ ≈œœœœœ œœ œ ≈œœœœ ≈œœœ œœœœœ ≈œœœ œœ œœ œ œœœœ œœ œœ œœœœœ œœ œœ œ ‰ œ j œ œœ œ Œ ‰ œœ # œ œ˙ ‰ œ J
œœ œ ‰ j # œ # œœœœ˙ w
4 œ ≈ œœœœœ œœ œ ≈ œœœœ ≈ œœœ œœœœœ ≈ œœœ œœ œœ œ # œœœœ
œœ œœ œœœœœ œ œ œœ œ ‰ # œ
j œ# œœ œ Œ ‰ # œœ
œ œ˙ ‰ j ‰ j œ œœ œ œ œœœœ˙ w
œ œœœœœ œœ œ œœœœ œœœ œœœœœ œœœ œœ œœ œ œœœœ œœ œœ œœœœœ œœ œœ œ œ œ œœ œ œœ 4 ≈ ≈ ≈ ≈ ‰ J œ œ˙ œ
Œ ‰
‰ J œœ œ ‰ œ œœœœ˙ w
J
œ
4 ≈ œœœœœ œœ œ ≈ œœœœ ≈ œœœ œœœœœ ≈ œœœ œœ œœ œ œœœœ œœ œœ œœœœœ œ œ œœ œ œ œ ‰ J
œœ œ
Œ ‰ œœ œ œ˙ ‰ œ J œœ œ ‰ œ œœœœ˙ w
J
œ
˙
œ œ ˙
œ œ ˙
œ ˙
œ
œ œ ˙
œ œ # œ ‰ œ J œ œ ˙ ˙
‰ j
œ œ # œ œ
œ œ ˙ ˙
œ # œ ‰ œ J œ œ
œ
œ œ # œ ‰ œ J œ œ
œ
Œ ‰ œœ œœ˙ ‰ œ œœ ‰ j J œ œ œœœœ˙
˙
˙
˙
˙
w
w
w
˙ ˙ ˙ w
˙ ˙ ˙ w
˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙
w
w
˙
˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙
‰ œ œœ ‰ j J œ œ œœœœ œ æ j œ w
06-07.11.2020
Blasmusik
7. Südtiroler
Dirigentenwerkstatt
www.vsm.bz.it
Zur Person:
geboren am 23.11.1973
Ausbildung
• Instrumentalpädagogik und Trompete an der Universität Mozarteum Salzburg (A)
bei Gottfried Menth
• Trompete an der Anton-Bruckner Privatuniversität in Linz (A) bei Josef Eidenberger
• Privatunterricht bei Wolfgang Guggenberger und Bo Nilsson
• Blasorchesterleitung und Instrumentation am Istituto Europeo Bandistico (ISEB)
in Trento (I) bei Jan Cober, Felix Hauswirth, Alex Schillings, Josè Pasqual Vilaplana
und Carlo Pirola
• Masterstudium in Wind Band Conducting an der Music Academy in Maastricht
(NL) bei Jan Cober
Lehrtätigkeit:
• Musikum Salzburg (A)
• Musikschule Berchtesgadener Land (D)
• Chulalongkorn University Bangkok, Thailand
• Musikschule der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol
• Mittelschule mit musikalischer Ausrichtung in Schlanders
(Fächer: Musiktheorie, Trompete, Chor, Ensemble, Orchester, Dirigieren)
Dirigent: Musikkapelle und Kirchenchor Schnals, Musikkapelle Naturns, verschiedene Musiktheater-Projekte, Schulchor Schlanders,
Mitglied der Fachgruppe Musik im Verband Südtiroler Musikkapellen, Verantwortlich für die Dirigentenausbildung
im VSM-Bezirk Schlanders
www.toccata.info
Nr. 05 | Oktober 2020 17
Blasmusik International
Der Posaunist Peter Steiner und
die Herausforderungen der Pandemie
Erfahrungen eines international erfolgreichen Musikers
Peter Steiner ist ein international anerkannter
Solist und Orchestermusiker an der Posaune.
2019 zählte er zu den Preisträgern des XVI.
Internationalen Tschaikowsky Wettbewerbs
in Russland.
In der Spielzeit 2020/2021 zählen Auftritte
als Solist mit dem Orquestra Sinfônica
do Estado de São Paulo, Kyusyu Symphony
Orchestra, Orquestra Sinfônica Brasileira,
Central Ohio Symphony sowie die Konzerte
mit Constanze Hochwartner (Klavier/Orgel),
unter anderem im Konzerthaus Berlin, zu
den Höhepunkten. Weitere Konzertreisen
werden die beiden Musiker nach China, Japan,
Taiwan, Südkorea, Brasilien, Argentinien,
Norwegen, Schweden, Dänemark, Italien,
Deutschland, Österreich, sowie in die
Schweiz und die USA bringen.
Im Alter von 23 Jahren, in der Saison
2016/2017, hatte Peter Steiner ein einjähriges
Engagement an der Wiener Staatsoper
und mit dem Orchester der Wiener Philharmoniker.
Weitere Engagements als Soloposaunist
führten Peter Steiner in der Saison
2014/2015 zum Colorado Symphony Orchestra
und als Gast – Soloposaunist zum
New York Philharmonic Orchestra, Seattle
Symphony Orchestra, Dallas Symphony Orchestra,
BBC Scottish Symphony Orchestra,
den Münchner Philharmonikern und
der Staatskapelle Dresden.
Bereits im Alter von sechs Jahren begann
Peter Steiner seine musikalische Ausbildung
und mit zehn Jahren erwarb er erste Preise
beim österreichischen Jugendmusikwettbewerb
„prima la musica“ auf Landes- und
Bundesebene. Im Jahre 2009 schloss der
damals erst 17-Jährige das Konservatorium
„Claudio Monteverdi“ Bozen im Fach Posaune
mit der Höchstnote bei den Professoren
Ferrari, Parodi und Fontana ab. Danach
setzte er sein Studium bei Univ. Prof.
Dany Bonvin an der Universität für Musik
„Mozarteum“ in Salzburg fort. Ab 2012 war
Peter Steiner in der Klasse von Prof. Joseph
Alessi an der „Juilliard School” und schloss
im Frühjahr 2016 erfolgreich sein Studium
ab. Zu seinen musikalischen Mentoren zählen
u.a. auch Warren Deck und Nitzan Haroz.
Peter Steiner ist Gewinner des Zweiten
Preises beim Internationalen Wettbewerbs
SliderAsia in Hongkong 2015 und als erster
Posaunist überhaupt Preisträger dreier Solowettbewerbe
der „International Trombone
Association ITA“ innerhalb eines Jahres
(2014): Lewis van Haney - Tenor Trombone
Orchestral Excerpt Competition, Frank Smith
- Tenor Trombone Competition und Robert
Marsteller - Tenor Trombone Competition.
Seine Solo-Debüt-CD UNITED erschien
im Januar 2017 unter dem HELLO STAGE
Label. Sein zweites Album SAPPHIRE, in
Zusammenarbeit mit Constanze Hochwartner,
wurde im Juli 2019 unter dem Berlin
Classics Label veröffentlicht.
Peter Steiner ist als (Solo)Posaunist global tätig,
jedoch hat er auch den Lockdown
positiv genutzt.
Mit Peter Steiner wurde folgendes Interview
geführt:
Wie ist die Welt eines Peter Steiner in Coronazeiten
?
Bei mir läuft alles gleich weiter, außer dass
momentan keine Konzerte stattfinden. Viel
Online-Unterricht und Meisterkurse beschäftigen
mich zurzeit zusätzlich zum normalen
Übealltag. Ich erarbeite jetzt das Repertoire
der nächsten drei Jahre und werde zudem
3 CDs mit den bereits aufgeführten Werken
der letzten Jahre aufnehmen.
Wie hast Du den Lockdown erlebt?
Natürlich war der Lockdown eine Extremsituation,
aber andererseits hat es mich angespornt
Projekte, wie mein Warm-Up Heft endlich
umzusetzen. Ansonsten stand während
des Lockdowns viel Üben am Programm.
Welche momentanen Möglichkeiten bieten
sich Dir als Künstler?
Live-Konzerte finden leider nicht statt. Trotzdem
lässt sich online ein gewisser Rahmen
für Auftritte schaffen, den ich versuche so
gut wie möglich zu nutzen. Übevideos,
Probenmitschnitte usw. Zudem laufen die
Planungen für die nächsten fünf Jahre auf
Hochtouren.
Was hältst Du von Onlineauftritten?
Prinzipiell finde ich Online-Produktionen interessant,
sofern sie qualitativ hochwertig sind,
sowohl visuell als auch audio. Leider gibt es
im Netz nicht wirklich eine Qualitätspolizei,
deshalb entsteht ein Überfluss an Contents.
Was ist dein insgeheimes Fernziel, wo trägt
es Dich hin?
Ich bin mit meiner momentanen Lebenssituation
in Wien sehr zufrieden und es zieht
mich daher auch nicht wirklich irgendwo
hin. Durch meinen Job habe ich die Möglichkeit,
die Welt das ganze Jahr zu bereisen
und ich lerne dadurch immer wieder neue
Kulturen und Traditionen kennen, bin aber
sehr gerne zu Hause.
Hast Du noch Kontakt zu deiner Heimatkapelle,
der Stadkapelle Bozen ?
Leider erlaubt es mir mein Spielkalender nicht
mehr Teil der Stadtkapelle Bozen zu sein, jedoch
habe ich das Vergnügen immer wieder
an besonderen Traditionen teilnehmen zu
dürfen (z. B. Weihnachtsspielen).
Welche Rolle spielt Südtirol in deinem Leben?
Südtirol ist meine Heimat und meine Familie
lebt hier, deshalb komme ich immer gerne
zurück und genieße die ruhige Zeit. Vor allem
genieße ich jetzt im Sommer die ruhige Zeit
in den Bergen mit meiner Freundin.
3 Dinge, auf die Du nie verzichten möchtest ...
Familie, Musik, Heimat
Hans Finatzer
18
KulturFenster
Neues
Hymnus der Freundschaft
„Fein sein, beinander bleibn“ in einer Bearbeitung
von Gottfried Veit
24.–25.10.2020
Blasmusik
Leistungsabzeichen
2020
Prüfungstermine
http://www.vsm.bz.it/2020/04/20/
juni-pruefungen-abgesagt/
In einer Zeit der um sich greifenden, fortschreitenden
Vereinsamung der Menschheit
durch die modernen Medien hatte Gottfried
Veit eine gute Idee, diesem Trend
entgegen zu wirken. Er hat das alte Volkslied
„Fein sein, beinander bleibn“ aufgegriffen,
um daraus eine Instrumentalkomposition
zu schaffen. Dieses Werk kann
rein instrumental in Blasorchesterbesetzung
und/oder mit gemischtem Chor bzw.
einstimmig aufgeführt werden.
Veits Bearbeitung ist ein erster Versuch,
diese beliebte Weise durch sanfte,
rhythmische und metrische Anpassungen
so zu notieren, dass sie den allgemeinen
Singgewohnheiten entspricht. Die vorgegebene
Mehrstimmigkeit ist bewusst einfach
gehalten, damit sie nahezu vom Blatt
gesungen werden kann. Der Schwierigkeitsgrad
der Instrumentalstimmen liegt
im unteren Bereich. Die Liedstrophen und
die Vor- und Zwischenspiele sind unterschiedlich
instrumentiert. So ergibt sich
ein farbiges Klangbild, im Einklang mit
dem allseits bekannten Text: „Fein sein,
beinander bleibn“.
Walter Cazzanelli
Erschienen bei „HeBu“ im
Din A/4 Format -
HeBu-Verlag,
D-76703-Kraichtal,
Gottlieb Daimler-Straße 22.
Musikpanorama
Jugendcamp der MK Zwölfmalgreien
Spiel, Spaß und Unterhaltung unter besonderen Vorzeichen
Auch heuer fand Ende August wieder das
Zwölfmalgreiner Jugendcamp am Lochgietl-
Hof in Pens statt, allerdings unter ganz anderen
Voraussetzungen als sonst üblich.
Nach reiflicher Überlegung wurde entschieden,
das Jugendcamp trotz der strengen Corona-Auflagen
zu veranstalten.
Auch wenn die entsprechenden Vorschriften
– Coronatest vor Beginn des Camps und
tägliches Temperaturmessen - eingehalten
werden mussten, waren die rund 25 jungen
Musikantinnen und Musikanten mit großer
Begeisterung dabei und probten unter der
Leitung von fünf erfahrenen Vereinsmitgliedern
die gesamte Woche sowohl in Registerals
auch in Gesamtproben. Aber nicht nur
die Musik, sondern auch Spiel, Spaß und
Unterhaltung standen im Mittelpunkt dieses
Musikcamps. Auf die klassische Abschlussveranstaltung
am Sonntag mit Feldmesse,
Mitgliederfest und Abschlusskonzert wurde
diesmal aus Sicherheitsgründen verzichtet.
Dafür traten die Jungmusikanten im Rahmen
eines Konzertabends der MK Zwölfmalgreien
in Bozen auf, wo sie ihr Erlerntes
zum Besten geben konnten.
Wolfgang Kranzer
Die motivierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zwölfmalgreiner Jugendcamps
2020 (Foto: © MK Zwölfmalgreien).
Nr. 05 | Oktober 2020 19
Vorweg
Damit die Chöre weiter singen
Chorleiterausbildung startet an Musikschulen
Mehr als 400 Chöre gibt es in Südtirol – und
alle brauchen eine Chorleiterin oder einen
Chorleiter. Doch einen Chorleiter zu finden,
ist gar nicht so einfach.
Deshalb ist es dem Südtiroler Chorverband
ein besonderes Anliegen, die Chorleiterausbildung
zu fördern. In Zusammenarbeit
mit den Musikschulen von Bruneck,
Brixen, Klausen, Unterland und Naturns hat
er eine Chorleiterausbildung organisiert, die
mit Herbst startet. Die Verbandschorleiterin
des Südtiroler Chorverband, Renate Unterthiner,
erklärt die Ziele dieses Projekts.
und Chorleiter, die eine fundierte fachliche
Grundausbildung für Chorleiter möchten und
an Chorleiter, die sich weiterbilden möchten.
Erfreulicherweise haben sich viele Interessierte
angemeldet. An den Musikschulen
Brixen, Klausen und Unterland startet der
Lehrgang mit dem kommenden Schuljahr,
an der Musikschule Bruneck voraussichtlich
im Schuljahr 2021/22. In der Musikschule
Naturns begann mit Herbst bereits
das 2. Unterrichtsjahr. Daneben bietet der
Südtiroler Chorverband weiterhin die verschiedenen
Chorleiterschulungen im Sommer
und an den Wochenenden an, etwa die
Chorleiterwoche in Dietenheim.
KF: Was lernen die Teilnehmer in diesem
Lehrgang?
R. Unterthiner: Ein Referententeam der
jeweiligen Musikschule vermittelt in der
dreijährigen Ausbildung Grundlagen der
Chor – und Ensembleleitung, Chorliteratur
und Probentechnik, Dirigieren, das
heißt Dirigierbilder und Schlagtechnik.
Aber auch Stimmbildung, Gehörbildung
und Blattsingen, Grundlagen der Harmonielehre
und Formenlehre, Partiturspiel
am Klavier sind wichtige Inhalte. Außerdem
haben die angehenden Chorleiter/
innen die Möglichkeit mit Übungschören
zu proben.
KF: An wen richtet sich der Ausbildungslehrgang?
R. Unterthiner: Der Lehrgang für Chorleiterinnen
und Chorleiter richtet sich gezielt an
Neu- und Quereinsteiger, an Sänger/innen
Das Land braucht Chorleiterinnen und Chorleiter – der neue Lehrgang soll hier helfen.
Proben mit Maske
Südtirols Chöre kehren (langsam) zurück
Für die Amateurmusik bleibt die aktuelle
Situation ein schwieriges Unterfangen: Dem
Wunsch des Zusammenkommens, gemeinsamen
Singens und Musizierens sind weiterhin
Grenzen gesetzt. Dennoch steht der
verantwortungsvolle Umgang mit den Herausforderungen
der Pandemie weiterhin
an erster Stelle.
Eine Ansteckung über Aerosole bleibt
insbesondere für den musikalischen Bereich
ein schwer einzuschätzendes Risiko.
Der deutliche Wiederanstieg der Infektionszahlen
ist ein mahnender Appell
an uns alle: Der Schutz vor Ausstoß und
Weitergabe von Viren hat Priorität. Er sollte
nicht gegen den berechtigten Wunsch
kultureller Teilhabe ausgespielt werden.
Zugleich beginnen nach den Sommerferien
vielerorts Chöre wieder zu proben.
Eine Herausforderung dabei ist es die gesetzlichen
Bestimmungen genau einzuhalten.
Der Südtiroler Chorverband hat dazu
eine Zusammenfassung auf seine Webseite
zum Herunterladen bereitgestellt.
Bei der Wiederaufnahme der Chortätigkeiten
in Südtirol gibt es die unterschiedlichsten
Variationen. Die einen
proben in Kleingruppen oder nur mit einzelnen
Registern, andere wiederum proben
mit Maske.
Einige haben sich gar entschlossen, die
Proben ganz ins Freie zu verlegen, wie in
Innenhöfe, in Parks und in Musikpavillons.
Für Viele steht im Moment aber nicht der
künstlerische Anspruch im Mittelpunkt,
sondern vielmehr der soziale endlich wieder
gemeinsam zu singen. Alles in Allem
überwiegt aber der Optimismus und die
Freude am gemeinsamen Singen.
20
KulturFenster
Das Thema
Chorwesen
Herausragende Beispiele
neuerer Kirchenmusik
Erinnerung an den Komponisten Peter Hölzl
Am 25. Oktober vor genau zehn Jahren
verstarb in Meran der Komponist, Chorleiter
und Kirchenmusiker Peter Hölzl. 2020
wäre er 100 Jahre alt geworden.
Hölzl, geboren 1920 in Andrian, war
Schüler am Johanneum und lernte dort
Klavier und Orgel bei Adolf Veith. Sein Leben
ist nicht nur Beispiel für die kulturellen
Leistungen in unserem Land, sondern zeigt
auch, wie ein Mensch
mit der Kriegserfahrung
umgeht: Als Zwanzigjähriger,
von 1940 bis 1946,
wurde Hölzl zur Wehrmacht
eingezogen und
kam an die Ostfront, wo
er auch verletzt wurde.
Brief aus dem
Krieg
meinen früheren Versuchen steht, da
ich mich in meiner Soldatenzeit doch
allerhand gewandelt haben muss oder
besser reifer geworden bin, und zwar
wirkte sich diese Reife auf dem Gebiete
der Kunst so aus, dass ich glaubte, dass
mir zum ersten Mal der Unterschied zwischen
Machwerk und wahrer Kunst richtig
klar wurde.“
er Komposition an der Stuttgarter Musikhochschule
studierte. David war Komponist
zahlreicher Chor-, Orgel-, Kammermusikund
Orchesterwerke sowie Oratorien und
Lehrer vieler bekannter Komponisten und
Interpreten. Er ist heute vor allem durch
seine Musik für Orgel bekannt. Hölzl war
bis 1958 Korrepetitor und stellvertretender
Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart,
Ein Brief aus dem Nachlass
des Komponisten
aus dieser Zeit, den seine
Tochter, die Künstlerlin
Elisabeth Hölzl, der Tageszeitung
Dolomiten zur
Einsicht vorgelegt hat,
beschreibt in beeindruckender
Weise, wie der
junge Mann den Krieg
erlebt und seine Zeit im
Lazarett beschreibt:
„Etwa drei Wochen nachher kam ich ins
Lazarett. Auch an diese folgenden Wochen
denke ich gerne zurück, zwar nicht
wegen der Langeweile, die uns dort umgab,
sondern wegen der Art und Weise,
mit der ich diese verscheuchen konnte.
Nach dreieinhalbjähriger Unterbrechung
fing ich nämlich wieder an zu komponieren
und es entstand tatsächlich nicht nur
mein umfangreichstes, sondern auch
mein weitaus bestes Werk: ich darf sagen,
dass es in gar keinem Verhältnis zu
Dass die Berufung für den 23-Jährigen
die Musik, die Kunst ist, daran kann auch
der Krieg nichts ändern.
Nach dem Krieg
Nach dem Krieg studierte Hölzl bis 1951
Schulmusik und Orchesterdirektion in
Wien. Geprägt in seinem künstlerischen
Schaffen wurde er aber vor allem vom
bedeutenden österreichischen Komponisten
Johann Nepomuk David, bei dem
bevor er für drei Jahre lang am Bozner
Konservatorium Tonsatz lehrte. Bis zu seiner
Pensionierung im Jahre 1985 war er
als Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt
„Josef Ferrari“ in Meran tätig.
Von großer Bedeutung für das Südtiroler
Chorwesen und die Musikkultur im Land
war aber auch seine Tätigkeit als Referent
bei Fortbildungsveranstaltungen des Südtiroler
Sängerbunds, aber auch anderer
Musikverbände. Er engagierte sich viele
Jahre lang für die Chorkultur im Musikrat
Nr. 05 | Oktober 2020 21
Das Thema
Peter Hölzl ist heute vor allem durch seine Musik für Orgel bekannt.
des Südtiroler Chorverbandes und der diözesanen
Kirchenmusikkommission. Er
verband sein kompositorisches Wirken
auch sonst mit einer fruchtbaren Praxis:
So leitete er die Kirchenchöre von Andrian,
Marling, den Stadtpfarrchor Meran
und den Pfarrchor Algund. „Als engagierter
Kirchenmusiker war er stets drauf bedacht,
in Zusammenarbeit mit dem Seelsorger
die Gottesdienste zu lebendigen
und beeindruckenden Feiern zu gestalten.“
So würdigte sein Schaffen Stephan
Niederegger in einem Nachruf in den Dolomiten
anlässlich des Ablebens des bedeutenden
Komponisten, dessen reiches
Wirken in zahlreichen Auszeichnungen
seinen Niederschlag fand, so etwa im
Goldenen Ehrenzeichen des Südtiroler
Sängerbundes und im Walther-von-der-
Vogelweide-Preis und der selten verliehenen
Orlando-di-Lasso-Medaille des Allgemeinen
Cäcilienverbandes.
Sein kompositorisches Schaffen besteht
hauptsächlich aus geistlichen und weltlichen
Chorwerken, Kammermusik und
einigen Stücken für Blasorchester und
Bläserensembles.
Veröffentlichungen
Neben zahlreichen Kompositionen veröffentlichte
Hölzl u. a. auch das Orgelbuch
„Unser Gotteslob“ der Diözese Bozen-Brixen,
„Musik macht Freude“, eine
„Praktische Musiklehre“ mit Themen aus
Meisterwerken, „Ein Weg zum Singen nach
Noten“ und „Die Technik des Dirigierens“.
Ein Beispiel für seine geistlichen Werke
ist etwa die Kleine Festmesse in C für Chor
a cappella, optional mit Orgel, Streichern
und Bläsern. Diese Kleine Festmesse
zeichnet sich aus durch ihre zahlreichen
Aufführungsvarianten, die eine schlichte
ebenso wie eine prunkvolle, quasi symphonische
Darstellung erlauben, wobei
die Stimmen nie über ihren natürlichen
Ambitus geführt werden. Die maßvolle
Modernität der Harmonik sowie der zeitgemäße
liturgische Aufbau - mit gesungenem
Choral-Credo, Halleluja- und
Amen-Coda - bei einem durchaus volkstümlichen
Grundcharakter, belegen diese
ganz an der täglichen Praxis orientierte
Messe als ein herausragendes Beispiel
neuer Kirchenmusik. Andere Kompositionen
sind etwa die „Messe zu Ehren der
Hl. Elisabeth von Thüringen“ für gemischten
Chor, Orgel, Bläser und der „Sonnengesang
des Hl. Franz von Assisi“ für gemischten
Chor und Bläser. Seine Werke
zeugen alle von der Haltung des Komponisten
und Menschen Peter Hölzl, dem
die Einfachheit und Bescheidenheit, aber
auch die Suche nach einer zeitgemäßen
Tonsprache am Herzen lag, und nicht zuletzt
ein tiefer Glaube an Gott.
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für das Chorwesen senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Freitag 13. November 2020.
22
KulturFenster
Aus Verband & Bezirken
Chorwesen
„Requiem“ von Karl Jenkins
Projekt 2021 des Bezirks Pustertal
Auf dem Programm als Bezirkskonzert des
Bezirks Pustertal steht das “Requiem” des
1944 in Wales geborenen Komponisten
Karl Jenkins.
Die Werke des walisischen Komponisten
Karl Jenkins stehen für sagenhafte Klangerlebnisse
und neue harmonische Erfahrungen.
So entstammt z.B. die bekannte
Filmmusik aus Avatar aus seiner Feder.
Charakteristisch in den Werken ist das
Zusammenbringen und die Verschmelzeung
verschiedener Kulturen.
In das Requiem fügt Jenkins fünf traditionelle
japanische Totengesänge ein. Das
Requiem wurde erstmals aufgeführt und
aufgenommen im Jahr 2005. Das Requiem
weist insgesamt 13 Sätze auf - in der japanischen
Kultur eine göttliche Zahl, der be-
sonderer Segen zuteil wird und zeichnet
sich besonders dadurch aus, dass einige
Textelemente des üblichen lateinischen
Requiemtextes ersetzt werden durch japanische
Haiku-Gesänge bzw. mit diesen
kombiniert werden. Es enthält auch die
- wie auch schon von Gabriel Fauré und
Maurice Duruflé in ihre Requiems eingefügten
bzw. hervorgehobenen - Sätze Pie
Jesu und In paradisum.
Neben dem Projektchor des Bezirks wirken
bei der Aufführung ein Orchester und
wiederum ein Chor aus Bruneck (Sozialwissenschaftlcihes
Gymnasium Bruneck)
unter der Leitung von Adele Vikoler mit.
Die Jugendlichen singen die japanischen
Gesänge. Die Aufführungen sind im Oktober
2021 geplant.
„DU HAST‘ nen FREUND IN MIR“
Musiktheater von Tuba-Voiceline und dem Kinderchor Ehrenburg – Nachtrag
Wie in der letzten Ausgabe des KulturFensters
bereits berichtet, haben Tuba-Voiceline
und der Kinderchor Ehrenburg im Februar
diesen Jahres ein Musiktheater der
besonderen Art auf die Bühne gebracht.
Mit Hilfe des Publikums und der Wandermelodie
"Schritt für Schritt, es wird
uns gelingen, das Ende dieser Melodie
bald zu fi nden!“ trafen drei Freunde auf
unterschiedliche Tiere und Fabelwesen,
dargestellt von den 40 Sängerinnen und
Sängern des Kinderchores Ehrenburg und
den umliegenden Gemeinden. Leider ist
uns dabei ein Foto verloren gegangen, das
wir hiermit gerne nachreichen möchten.
Es zeigt die jungen Künstler des Kinderchores
Ehrenburg mit Chorleiterin Angelika
Brunner in der Bildmitte, sowie Michael
Pircher (Tuba), Veronika Prünster
(Flöte und, Gesang) und Maria E. Brunner
(Gesang und Klavier) vorne rechts.
Die wunderbaren Requisiten der Fische,
Dschungeltiere, Löwen und Zwerge fertigte
Ursula Pattis an. Allen Mitwirkenden
noch einmal ein großes Kompliment für
die gelungene Darbietung vor begeistertem
Publikum.
Nr. 05 | Oktober 2020 23
Das Thema
Schreibn wia mr redn
Arbeitsgemeinschaft MundART hat neuen Obmann –
Dialekte als kulturelles Gut
Herbst in Südtirol: Die Mundart ist auch Ausdruck des Bekennens zur eigenen Heimat. (Foto: Edith Runer)
So selbstverständlich sich die meisten Südtiroler
in ihrer Mundart verständigen, so
schwer tun sie sich, den Dialekt zu Papier
zu bringen. Die Arbeitsgemeinschaft Mund-
ART im Heimatpflegeverband bemüht sich
seit über 30 Jahren, die Mundart als kulturellen
Schatz zu bewahren und zu fördern.
Seit kurzem wird die Gruppe der Mundartdichterinnen
und -dichter von einem neuen
Obmann geleitet. Mit ihm, Johannes Ortner,
sowie mit dem ehemaligen Obmann Martin
Achmüller blickt das „KulturFenster“ zurück
und nach vorne.
Mundart – was ist das eigentlich? Gibt
es eine Südtiroler Mundart, oder sind das
Puschtrarische, das Psairerische, das Vinschgerische
oder Sarnerische eigenständige
Mundarten? Welche Regeln gelten für
das Schreiben in der Mundart, und wozu
soll es überhaupt gut sein, so zu schreiben,
wie man spricht? Das sind lauter Fragen,
die sich unwillkürlich stellen, wenn
man sich näher mit dem Thema Mundart
beschäftigt.
Einer, der das seit vielen Jahren beruflich
tut, ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft
MundART, Johannes Ortner.
Der Meraner Kulturanthropologe – er sitzt
auch im Vorstand des Heimatpflegeverbandes
Südtirol – stößt bei seiner Arbeit
naturgemäß auf die verschiedenen Südtiroler
Mundarten mit den unterschiedlichsten
Akzenten, die bei näherer Betrachtung
tiefe Einblicke in das Leben der
Menschen in den Tälern und Städten gewähren.
Und er weiß auch eine Antwort
auf die Frage, ob es denn einen Unterschied
zwischen den Begriffen „Mundart“
und „Dialekt“ gibt.
Johannes Ortner: „Mundart ist der eingedeutschte
Begriff für Dialekt, der wiederum
aus dem Griechischen ,diálektos‘
– das bedeutet Ausdrucksweise – abgeleitet
ist.“ Die Arbeitsgemeinschaft Mund-
ART hat die zweite Silbe des Begriffes
allerdings geschickt in ihrer Bedeutung
abgewandelt: ART steht in diesem Fall
für „Art“, also für die Kunst – die Kunst
des Schreibens im eigenen Dialekt, der
sich die Mitglieder der ArGe MundART
widmen.
24
KulturFenster
Heimatpflege
Hoamattål
Sunnig - und decht net zu hoaß,
weit - und decht net zu groaß;
a tia Mål zu kloan und zu eng
und desweg oſt streng...
des isch mein Hoamattål -
gråd sou, wia's sein soll:
sunnig und weit...
und in a Toal Leut
zu eng und zu kloan...
und decht mei Derhoam..
Die Anfänge
Es war der legendäre Priester und Deutschprofessor
am Johanneum in Dorf Tirol, Alfred
Gruber, der 1989 die Mundartdichterinnen
und -dichter zu einer Gruppe
zusammenschweißte. Er leitete im Südtiroler
Künstlerbund den Kreis für Literatur,
wollte der Mundart aber eine eigene Plattform
geben. So wurde der Bereich als Arbeitsgemeinschaft
MundART in den Heimatpflegeverband
integriert.
Von Anfang an war die ArGe MundART
kein streng geführter Verein, sondern ein
lockerer Zusammenschluss von Südtirolern,
die Mundartgedichte und -texte schreiben,
diese bislang aber vor allem im privaten Rahmen
vorgetragen oder sie gar nur in den eigenen
Schubladen aufbewahrt hatten. Nur
einzelne Autoren, die schon dem Kreis für
Literatur angehört hatten, waren bereits in
der Öffentlichkeit aufgetreten. Maridl Innerhofer
dürfte sicher die Bekannteste unter
ihnen sein, aber auch Kuno Seyr und Margit
von Elzenbaum schlossen sich 1989 der
Arbeitsgemeinschaft MundART an.
Die Ziele
Bis heute sei das mit der „lockeren Gemeinschaft“
so geblieben, sagt Martin
Achmüller, der die Arbeitsgemeinschaft
acht Jahre lang als Obmann geleitet hat.
Es gebe eine Mitgliederliste, um Veran-
staltungen sowie Fortbildungen anzukündigen,
aber keine offizielle Eintragung in
einen Verein. „Wer Freude am Schreiben
und Vorlesen in der eigenen Mundart
und Interesse an Fortbildungen hat,
der kann diese mit uns teilen und sich
uns anschließen“, betont der pensionierte
Kinderarzt und passionierte Mundartdichter.
Er selbst ist vor vielen Jahren zur ArGe
MundART gestoßen, als Renate Gamper
Obfrau war. Von ihr hatte er 2010 die Leitung
übernommen.
Neben Lesungen und anderen Veranstaltungen
war ihm stets der Kontakt zu
Buchtipp zur Jahreszeit
Martin Achmüller (Hrsg.): „Wenn
wieder Winter weard“, Sammlung von
Gedichten und Texten von 41 Südtiroler
Autorinnen und Autoren samt 2 CDs (um
die Dialekte noch besser verstehen
zu können), Skarabæus Verlag, 21,90
Euro, auch beim Heimatpflegeverband
Südtirol erhältlich.
Nr. 05 | Oktober 2020 25
Das Thema
Hoamat
(zu Risiken und Nebenwirkungen das Autonomiestatut
lesen oder einen Juristen oder Politiker fragen]
Bisch a komisches Ding,
voller Löcher und Sprng:
mit Gred va „direkter Demokratie”
und'n Gschwafl va „Voll-Autonomie":
stått der Mehreıtstier „lVA",
stått „Unterreinswåld" „Boscoriva”,
„Prevalle di Sopra" stått „Obererfl”
in den schianen Schnålser Dörfl.
Bisch an oager Patron,
mit „Safet-Park" und „Mus-ei-on"
oder mit Flughåf Boazn
jeds Jåhr Millionen zu verhoazn.
Bisch schun fåst phänomenal
mit Politiker-Rent-Skandal,
mit Kråſterk-Gemauschl va der SEL,
mit Brenner-Basis-Tunnel
oder'n 5-Stere-Gfångenen-Hotel.
Bisch epper går an Auslauf-Modell?
und decht bisch die Hoamat, in der i leb,
und bleibsch die Hoamat, zu der i heb!!!
anderen Mundartvereinen wie dem Tiroler
Mundartkreis wichtig. Ebenso lenkte
er den Blick der Mitglieder immer wieder
auf deutsche Sprachinseln mit besonderen
Dialekten. Das Thema Weiterbildung
lag und liegt ihm nach wie vor sehr am
Herzen, „denn nicht alles, was sich reimt,
ist ein Gedicht – und der Rhythmus allein
macht auch noch keine Lyrik.“
Es gehe auch um
die Aussage des
Textes, um die Botschaft
an die Zuhörer
und Leser.
Die Auseinandersetzung
mit
der Sprache und
das Spiel mit den
Worten haben
Martin Achmüller
immer schon fasziniert.
Deshalb
schreibt er auf
Hochdeutsch genauso
wie im Dialekt:
„Manches
lässt sich nur in
der Schriftsprache,
anderes viel besser
in der eigenen
Mundart ausdrücken“,
sagt er. Der
Dialekt sei vor allem ein Ausdruck der
Persönlichkeit.
Viele Kurse für Mundartdichterinnen
und -dichter hat Martin Achmüller selbst
geleitet und dabei den Teilnehmern beigebracht,
wie sie Gedichte und Texte „publikumswirksam“
gestalten können: „Es
ist auch wichtig, dass die Zuhörer oder
die Leser den Inhalt verstehen.“
Die Kunst des Schreibens
So zu schreiben, wie man redet – und das
auch noch verständlich – ist tatsächlich
eine Kunst, denn „es gibt keine strengen
Orthographie- oder Grammatikregeln, wie
sie der Duden für das Hochdeutsche vorschreibt“,
erklärt Johannes Ortner. Außerdem
seien bestimmte Laute in der Hochsprache
nicht üblich, würden daher beim
Schreiben selten angewandt und seien
nicht für alle leicht lesbar. Beispiel: das å
(långe Nåcht). Nicht zuletzt hätten die einzelnen
Dialekte auch unterschiedliche Akzente,
weshalb das Lesen und Verstehen
für jene, die den Dialekt nicht kennen, die
Schwierigkeit noch erhöhe.
Dialekte haben also ihre Tücken, sind
aber vor allem deshalb sehr spannend.
Bleibt zum Schluss noch die eingangs gestellte
Frage nach dem Südtiroler Dialekt zu
beantworten. Dazu Johannes Ortner: „Es
gibt nicht den einen Südtiroler Dialekt, sondern
eine ganze Reihe von Südtiroler Dialekten
mit unterschiedlichen Akzenten.“
Der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft
MundART freut sich jedenfalls schon auf
seine neue Aufgabe und auf neue Herausforderungen,
wie er auch im Interview auf
den Seiten 27 und 28 bestätigt.
Edith Runer
Gedichte: M. Achmüller
Martin Achmüller hat die ArGe MundART jahrelang als Obmann geleitet. Er sagt:
„Manches lässt sich nur in der Schriftsprache, anderes viel besser in der eigenen
Mundart ausdrücken.“
26
KulturFenster
Heimatpflege
„Dialekte stehen für Vielfalt“
Johannes Ortner, Obmann der Arbeitsgemeinschaft MundART, im Gespräch
KulturFenster: Herr Ortner, Sie sind, obwohl
selbst kein Mundartdichter, der neue
Obmann der Arbeitsgemeinschaft Mund-
ART. Was hat Sie dazu bewogen, dieses
Ehrenamt zu übernehmen?
Johannes Ortner: Ich schreibe manchmal
Gedichte, drücke mich dann aber eher
in Schriftsprache aus. Das Ehrenamt
reizt mich, weil mich der Dialekt, also die
Mundart, in all ihren Facetten fasziniert.
Sie vermittelt meinem Empfinden nach
eine gewisse Nähe zu einem Land, zu einer
Talschaft, zu den Menschen, die dort
leben. Der Dialekt hat auch etwas Persönliches
und Emotionales, er hebt sich
vom Einheitlichen, vom Globalen ab. Die
Dialekte stehen für Vielfalt. Deshalb finde
ich es sehr wichtig, dass Dialekte erhalten
und gefördert werden. Als Wissenschaftler
beschäftigte ich mich beispielsweise zurzeit
mit der Sammlung von Blumennamen
in unterschiedlichen Dialekten Südtirols.
Die ArGe MundART hingegen verkörpert
den künstlerischen Aspekt in dieser Kulturarbeit.
KF: Warum ist es wichtig, eine
Mundart zu erhalten?
J. Ortner: Weil sie – wie erwähnt
– die Vielfalt und die
Eigenart eines Landes, eines
Volkes, einer Kultur ausdrückt
und weil diese Vielfalt mit dem
Verlust der Mundart ebenfalls
verloren ginge. Mir fällt da
eine Monografie des gebürtigen
Planeilers Josef Gunsch
ein, auf die ich vor längerer
Zeit gestoßen bin. Er ist später
nach Nordtirol gezogen,
hat seinen Alltag in Planeil
aber bis ins kleinste Detail
niedergeschrieben und zwar
in seinem ausgeprägten Dialekt.
Solche Zeugnisse sind
einzigartig, weil sie das Leben,
die Kultur und die Gedanken
der Menschen sehr
authentisch wiedergeben.
Das schafft kein hochdeutsches
Werk.
„Zeitörter-Durchanånd“
I heb ån rear.
Du hebsch mi.
Er hepp sich die Oahr zua.
Sie hepps nebm mir nimmer aus.
Es hepp mi båll nix meahr zrgg.
Man hepp ålls, wenn man lei will!
Sie hebm ins ålle ummi.
Es hepps mir an Hauf vir.
I hebs båll nimmer.
Du hebsch hoffentlich decht nou zu mir.
Mir hebm zsåmm und hoff.
KF: Sind die Südtiroler Mundarten durch
die Globalisierung und die Digitalisierung
bedroht?
J. Ortner: Nein, das glaube ich
nicht. Zwar sind den teils sehr
markanten Dialekten in den Talschaften
in den vergangenen Jahrzehnten
die Spitzen genommen worden
– aus dem logischen Grund,
dass die Bewohner dieser Täler nun
mehr Kontakt nach außen haben
und ihren Dialekt teilweise anpassen
oder Ausdrücke übernehmen. Aber
wir deutschsprachigen Südtiroler
reden nach wie vor in
dem einen oder anderen
Dialekt, und
man kann an diesem
Dialekt in
der Regel auch „ablesen“, aus welcher
Gegend eine Person stammt. Was allerdings
verloren gehen könnte, sind gewisse
Begriffe, die heute immer seltener benutzt
werden, weil es bestimmte Dinge oder Traditionen
nicht mehr gibt, zum Beispiel Arbeitsgeräte,
die man nicht mehr braucht.
Deshalb müssen wir daran arbeiten, dass
solche „Schätze“ gesammelt und damit
erhalten werden.
KF: Welche Ziele haben Sie sich für die
ArGe MundART gesetzt?
J. Ortner: Vorweg – ich bin der Neue. Deshalb
möchte ich als erstes vor allem von
den Mitgliedern erfahren, was sie sich
wünschen und wie die Arbeitsgemeinschaft
sie bei ihrer kreativen Arbeit unterstützen
kann. >
Johannes Ortner, Kulturanthropologe aus Meran,
ist der neue Obmann der Arbeitsgemeinschaft
MundART.
Nr. 05 | Oktober 2020 27
Das Thema
KF: Aber gibt es Ihrerseits vielleicht schon
Ideen?
J. Ortner: Ich denke, es geht darum, sichtbar
zu sein, die Arbeit der Mundartdichterinnen
und -dichter nach außen zu tragen.
Man könnte das zum Beispiel alle
zwei Jahre in Form eines Festes tun, mit
Lesungen, Musik und Theater. Der Dialekt
sollte meiner Meinung nach aber auch wieder
Einlass in die Schulen und Bildungsstätten
bekommen, in dem Sinne, dass
man sich im Unterricht oder bei Fortbildungen
mit dem Thema und mit dem Dialekt
als Teil der eigenen Kultur befasst.
KF: Apropos Schule: Die Arbeitsgemeinschaft
MundART hat einen eher hohen
Altersdurchschnitt. Soll und kann die Jugend
für Lyrik und Prosa in Dialekt und
damit für Ihre Gruppe gewonnen werden?
J. Ortner: Ich beobachte, dass Jugendliche
mit viel Stolz und Überzeugung im Dialekt
schreiben, wenngleich sie es meistens in
den sozialen Netzwerken oder auf Whatsapp
tun. Es bietet sich ihnen allerdings kaum
eine Gelegenheit, Dialekt-Texte öffentlich
vorzutragen. Ich erinnere mich aber an einen
Poetry Slam, also einen Sprechwettbewerb,
der vor einiger Zeit im Vinschgau
stattfand und bei dem junge Menschen
ihre Texte im Dialekt vorgetragen haben.
Solche Initiativen sind sehr zu begrüßen
und zu fördern.
Ein Auszug aus der Monografie von Josef Gunsch, die als Zeugnis der Vinschger
Lebensart einzigartig ist.
KF: Der Dialekt der „Jungen“ unterscheidet
sich von jenem der Alteingesessenen
in einem Tal. Es werden Anglizismen und
Italianismen eingestreut, der Dialekt ist
nicht mehr so ursprünglich. Kann man
das auch als Verlust bezeichnen?
J. Ortner: Dialekte verändern sich, aber
ich glaube, das müssen wir zulassen. Natürlich
gebrauchen junge Menschen Begriffe,
die sie in der modernen Welt aufgreifen.
Das ist jedoch nicht das Problem.
Eher geht es darum, dass wir uns unseres
Reichtums bewusst sind, den wir mit unseren
Dialekten in uns tragen, und dass
wir ihn schätzen.
(er)
Mundart selbstbewusst präsentieren
„Der Dialekt ist voller lebendiger sinnlicher
Bilder“, betonte Johannes Ortner,
nachdem er im Rahmen der Mitgliederversammlung
Anfang September einstimmig
zum neuen Vorsitzenden gewählt
worden war. Und er regte dazu
an, die eigene Mundart selbstbewusst zu
präsentieren. Denn Hochdeutsch zu beherrschen
sei zwar eine erstrebenswerte
Fähigkeit, und in einer Minderheitensituation
mit einem großen fast ausschließlich
italienischsprachigen Nationalstaat
seien die deutsche und die ladinische
Sprache natürlich ein wesentlicher Bestandteil
der Südtiroler Identität, aber
„Dialekt und Standard sollten nicht gegeneinander
ausgespielt werden.“
Ein besonderes Anliegen ist Johannes Ortner
auch eine wissenschaftliche Herangehensweise.
So soll etwa das Anlegen von
Mundartsammlungen und das Scannen
von handschriftlich verfassten Sammlungen
ins Programm genommen werden.
28
KulturFenster
Heimatpflege
„Ich fühle mich nicht
als Dichterin“
Margit von Elzenbaum schreibt Gedichte und Prosa – nicht
nur, aber auch in der Mundart
schwindl gonz a bissl
Derzeihl mer an Haimatroman!
Wail wenn's mi ummertraib wia es folscha Geld,
brauch i an Haimatroman,
un wenn oan Toug wia der ondra
bun Boch oigeaht,
moug i an Haimatroman
vun an Nest voll Haiser
mit an unverschampn Glick.
Aus „gehört dem Wind“ von Margit von Elzenbaum
KF: Was hat es für einen Unterschied gemacht,
wenn Sie nicht in der schulüblichen
Hochsprache geschrieben haben?
M. v. Elzenbaum: Für das schulübliche
Schreiben habe ich Grammatik- und
Rechtschreibregeln gelernt. Um das gehörte
Wort niederzuschreiben, musste
ich mich erst schlau machen. Die Dialektologen
helfen bis zu einem bestimmten
Grad, ein Rest bleibt dem persönlichen
Ermessen. Das Schreiben in der Mundart
war auch nicht mit „Bildung“ besetzt. Die
Mundart war der unmittelbare Zugang zu
Zorn und Witz, wirkte auch stärker in direkten
und frontalen Äußerungen. Schön
ungezähmt, möchte ich sagen.
KF: Wie sind Sie dann zur Arbeitsgemeinschaft
MundART gestoßen?
M. v. Elzenbaum: 1974 wurde innerhalb
des Südtiroler Künstlerbundes der Kreis
Südtiroler Autoren gegründet, in dem ich
Mitglied wurde. 1989 wollte der Leiter des
Kreises, Alfred Gruber, den Mundartdichterinnen
und -dichtern eine eigene Plattform
geben und gründete die Arbeitsgemeinschaft
MundART, die beim Heimatpflegeverband
angesiedelt wurde. Ich habe
mich dann zusätzlich dieser Gruppe angeschlossen.
Seit weit über 40 Jahren gibt Margit von Elzenbaum
Gedanken und Gefühle, Sichtbares
und Unsichtbares aus ihrer Umgebung in
Gedichten und Texten wieder. Sie verwendet
die deutsche Standardsprache, die italienische
Sprache und die Mundart. Bereits
seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft
MundART ist sie deren Mitglied. Vor kurzem
ist ihr viertes Buch, ein Gedichtband, erschienen.
Im Interview erzählt Margit von
Elzenbaum über ihr Schreiben.
KulturFenster: Wie sind Sie zur Mundartdichterin
geworden?
Margit von Elzenbaum: Ich schreibe, und
ja, es entstehen auch Gedichte. Aber ich
fühle mich nicht als Dichterin. Von Dichtung
habe ich eine sehr hohe Meinung.
Mit der Mundart habe ich in den 1970er-
Jahren begonnen. Damals habe ich an der
Mittelschule unterrichtet und an einem literarischen
Ferienkurs in Münster in Nordrhein
Westfalen, organisiert vom Arbeitskreis
Südtiroler Mittelschullehrer ASM, teilgenommen.
Aus purem Heimweh nach dem Dialekt
habe ich einen Brief im Dialekt nach
Hause geschrieben. Das hat gereicht, um
die Mundart als Sprache zu entdecken, die
sich auch verschriftlichen lässt.
KF: Was bedeutet die Mundart für Sie ganz
persönlich?
M. v. Elzenbaum: Muttersprache. Die ersten
Worte, Fragen, Antworten – existentielle
Kommunikation.
KF: Wo ist Heimat für Sie?
M. v. Elzenbaum: Heimat ist für mich nicht
irgendwo, sondern Heimat ist eine geglückte
Beziehung.
KF: Warum, wann, wie und was schreiben
Sie?
M. v. Elzenbaum: Am Schreiben fasziniert
mich die Herausforderung, mit dem Material
Sprache etwas zu bauen. Am liebsten
schreibe ich in der Küche und wenn
ich dort allein bin. Vieles aus dem Alltag
kann der Anlass sein. Zum Alltag zähle
ich alles, was ich selbst erlebt und erlernt
Nr. 05 | Oktober 2020 29
Das Thema
Margit von Elzenbaum, Jahrgang 1950, wohnt in Auer,
ist von Beruf Grundschullehrerin und mittlerweile
in Pension. Sie hat vier Bücher mit Gedichten und
Kurzprosa in verschiedenen Südtiroler Verlagen
veröffentlicht. Dazu kommen Lesungen an Schulen,
in Bibliotheken und im Rundfunk. Im September
2020 erschien ihr viertes Buch, der Gedichtband
„gehört dem Wind“, im Verlag Weger. Das Buch mit
einem Vorwort von Karin Dalla Torre und Bildern
von Anna Platzgummer enthält 60 Gedichte, 30 davon
in Standarddeutsch, 20 in Mundart und zehn in
Italienisch.
Sie schreibt seit über vier Jahrzehnten Gedichte
und Prosa.
„Am Schreiben fasziniert
mich die Herausforderung, mit
dem Material Sprache etwas
zu bauen."
habe, und auch, was ich miterlebt habe,
was mich berührt und betroffen macht.
Und zu meinem Alltag gehören außer
der Mundart auch die Standardsprache
und das Italienische. Das hat nichts mit
Ambitionen zu tun, nur mit Authentizität.
Ich schreibe Kurzprosa, in der ich
die Sprachen bzw. Sprachebenen gern
dialogisch zueinander setzte. Oder ich
schreibe Poesie, Gedichte in jeweils einer
dieser Sprachen.
KF: Als Zuhörerin oder Leser scheint es,
als würde in einem kurzen Gedicht nicht
viel Arbeit stecken. Wie lange dauert es,
bis ein Gedicht fertig ist?
M. v. Elzenbaum: Bei mir dauert es lange,
ganz selten steht der fertige Guss in der
ersten Fassung da. Ich spiele zwar gern,
aber meistens muss ich konstruieren und
bauen, dann liegen lassen und aus der zeitlichen
Distanz neu fassen. Meine Lehrerin
in der Lehrerbildungsanstalt LBA, Gabriele
von Pidoll, hat gesagt: „Ein Gedicht
ist fertig, sobald es das innere Gummiband
hat.“ Dieser Satz hilft mir.
(er)
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für die Heimatpflege im KulturFenster senden Sie bitte an: florian@hpv.bz.it
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter folgender Nummer: +39 0471 973 693 (Heimatpflegeverband)
30
KulturFenster
Alte gegenstände neu entdeckt
Heimatpflege
Das Betrachtungssärglein
Dinge des Alltags aus Geschichte und Gegenwart
Geradezu makaber erscheint das
Tödlein im Betrachtungssärglein aus
heutiger Sicht. Die Särglein wurden aus
Holz angefertigt. (Fotos: Südtiroler
Volkskundemuseum, V/1211.)
1959 schrieb der ladinische Schriftsteller
Leo Runggaldier (1888−1961) in der
Zeitschrift „Der Schlern“ über eine Familie
im Grödental, die auf einem Hof bei St.
Ulrich im 19. Jahrhundert kleine Särge
herstellte. Bei diesen Arbeiten aus Holz
handelte es sich um sogenannte Betrachtungssärglein.
In den etwa 25 Zentimeter langen Särgen
befand sich ein Skelett, auch als Tödlein
bezeichnet. Die Totenköpfe lieferten
die Schnitzer im Tal, der Rest wurde in
Heimarbeit angefertigt. Auf das Skelett
wurden kleine Würmchen gelegt, die aus
Wachs gedreht waren. Auch geschnitzte
Tiere wie Kröten oder Mäuse, konnten
hinzugelegt werden. Die Sargtüren waren
beweglich, ließen sich öffnen und schlie-
ßen. Verkauft wurden die Särge von den
Wanderhändlern aus dem Tal.
Miniatursärge waren ab dem 16. Jahrhundert
im Alpenraum und bis Norddeutschland
verbreitet. Besonders ausgeschmückte
Exemplare aus Metall soll
es in England gegeben haben. Auch
Särge aus Elfenbein sind bekannt. Größere
Modelle wurden auch als Tischoder
Mementosarg bezeichnet. Der lateinische
Ausspruch memento mori
bedeutet: „Mensch gedenke, dass du
sterben musst.“ Der Gedanke um den
eigenen Tod hatte sich im Mittelalter in
Europa stark verbreitet, als die Pest wütete
und unzähligen Menschen das Leben
kostete. Die Betrachtungssärglein sollten
auf die eigene Vergänglichkeit hinweisen
und zur persönlichen Andacht mahnen.
Barbara Stocker
Nr. 05 | Oktober 2020 31
Informiert und Reflektiert
Berge brauchen keine
Inszenierung
Umweltverbände sprechen sich gegen die künstliche Bespaßung
der Menschen in der alpinen Landschaft aus
Das unberührte Zieltal im Naturpark Texelgruppe ist mit einem Fun-Klettersteig erschlossen worden. (Foto: Stephan Illmer/AVS)
Der neue „Iceman Ötzi Peak“ in Schnals
(siehe KulturFenster 4/2020) war aktueller
Auslöser für eine Pressekonferenz,
auf der der Heimatpflegeverband Südtirol,
der Alpenverein Südtirol und der Dachverband
für Natur- und Umweltschutz die zunehmende
Inszenierung der alpinen Landschaft
kritisierten.
Ob sogenannte Skywalks, Aussichtsplattformen,
Flying-Foxes, Fun-Klettersteige,
aber auch Themenwege oder Panoramaterrassen
– Inszenierungen am und rund
um den Berg sind scheinbar „in“. Auch in
Südtirol fasst dieser Trend im neuen Jahrtausend
vielerorts Fuß, um kurzfristig mehr
Profit zu bringen. „Langfristig aber schädigen
diese überholten Konzepte die einzigartige
Natur- und Kulturlandschaft und damit
auch die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus
in Südtirol“, betonten die Verbände
auf der Pressekonferenz. Zwar werbe der
Vermarkter IDM Südtirol seit kurzem mit
dem Slogan „Alles, was wir lieben“, doch
Erlebnisinstallationen und -inszenierungen
in den Bergen würden genau das zerstören,
„was wir lieben“.
Jüngste Beispiele seien eben die neue Aussichtsplattform
am Gipfel der Grawand im
Schnalstal, aber auch der Fun-Klettersteig
im Zieltal im Naturpark Texelgruppe. Dieser
wurde nicht – wie andere Klettersteige
– errichtet, um zwei alpine Standorte auf
einem gesicherten Weg zu verbinden. Es
gehe hingegen einzig und allein um einfach
konsumierbare, häppchenweise vorgegebene
Adrenalinschübe in Form von Drahtseilbrücken
und dergleichen: „Das große
Abenteuer in einer wilden und ursprünglichen
Landschaft wie der Texelgruppe
32
KulturFenster
Heimatpflege
Wanderwege werden zu Forstautobahnen (hier ein Beispiel auf der Rodenecker Alm). Foto: AVS
Wozu braucht man bei einer so herrlichen Aussicht noch eine Aussichtsplattform?
(Foto: Karin Leichter/AVS)
wird ersetzt durch ein vorkonstruiertes Erlebnis,
ein Produkt, das man ohne großen
Aufwand konsumieren kann.“ Dass dabei
der Grundgedanke eines Naturparkes mit
Füßen getreten und gleichzeitig ein Naturdenkmal
verunstaltet wird, spiele für die
Projektwerber und genehmigenden Behörden
scheinbar keine Rolle. Der Heimatpflegeverband
und die anderen Verbände
verwiesen auf die Ausweisung der
Naturparke vor mehr als 40 Jahren. Ziel
sei es gewesen, wertvolle Natur- und Kulturlandschaften
vor unkontrollierten Nutzungen
durch die Tourismuswirtschaft zu
bewahren – „eine Absicht, an die wir die
Politiker und Behörden von heute zunehmend
erinnern müssen.“ Das gelte u. a.
für den geplanten Glasturm unterm Rosengarten,
aber auch für weniger prominente
Projekte wie die Planierung von alten
Wurzelwegen.
Die alpine Landschaft ist ein Allgemeingut.
Das macht sie für alle nutzbar, birgt
aber die Gefahr der Übernutzung. „Eine
Aussichtsplattform auf irgendeinem verbauten
Skihügel mag den meisten nicht so
schlimm erscheinen. Doch das Problem
ist, dass diese Inszenierung und Eventisierung
der alpinen Landschaft nicht
aufhören wird, bis jede Liftgesellschaft
ihre Aussichtsplattform, ihren Fun-Klettersteig,
ihren Themenweg, ihre Kinderanimationsinstallation,
ihre Zipline, ihr
,Forstautobahnen‘-Wegenetz, ihren Glasturm
usw. hat“, warnten die Umweltverbände.
Und sie appellierten an die Tourismuswirtschaft,
an die Politik und an die
Gesellschaft, der Inszenierung der Alpen
einen Riegel vorzuschieben, um das Erlebnis
Berg auch für künftige Generationen
einzigartig zu machen.
Arge Volkstanz
Aufgrund der momentanen Situation bezüglich des Coronavirus gibt die ARGE Volkstanz in Südtirol bekannt, dass
der heurige Landeskathreintanz am 14. November 2020 im Kurhaus, sowie der Winterlehrgang im Haus der Familie
vom 26.12.2020 bis zum 01.01.2021 abgesagt sind.
Nr. 05 | Oktober 2020 33
Informiert und Reflektiert
Ensembleschutz –
wichtig, aber ohne Zukunft?
Ein Kommentar von Albert Willeit
Der stattliche Rainerhof in Olang stand unter Ensembleschutz und wurde trotzdem abgerissen.
(Aus: Bauernhöfe in Südtirol Band 11)
Der Heimatpflegeverband weist seit 30 Jahren auf die Wichtigkeit von Ensembles hin,
doch die Bilanz sieht ernüchternd aus. Häufig fehlt auf Dorf- und Landesebene der politische
Wille für restriktive Maßnahmen, und so hat man das verpflichtende Ensembleschutzverzeichnis
vielfach gar nicht erstellt. Außerdem hatte es zu oft eine reine Alibifunktion,
weil man die Regelungen an die Wünsche der Bauherren anpasste.
Meine Erfahrungen
Die Ensembleschutzkommission von Bruneck
hatte sich 2002 für den Erhalt des
stadtbildprägenden Hotels „Post“ eingesetzt.
Nachdem aber die Gemeindeverwaltung
dessen Abbruch genehmigt hatte,
sind wir als Kommission aus Protest zurückgetreten.
Auch der Bahnhof von Bruneck
war damals dem Abbruch geweiht.
Dieses Vorhaben konnte verhindert werden.
Und so blieb er als Teil des schönen
Ensembles der Pustertaler k.-u-k.-Bahngeschichte
erhalten.
Der Abbruch des einzigartigen stattlichen
Rainerhofes in einer Ensembleschutzzone
in Olang war 2015 der Anlass, dass ich als
Landessachverständiger der Gemeinde zurücktrat,
weil man sich nicht an die klaren
Bestimmungen zum Erhalt des Gebäudes
gehalten hat.
Seit fünf Jahren bin ich Mitglied der Ensembleschutzkommission
von Innichen.
Dort ist die Arbeit durchaus zufriedenstellend,
auch weil die Bürgermeisterin die
Kommission und den Schutz der Ensembles
und ihren Wert für die Allgemeinheit
wichtig nimmt.
34
KulturFenster
Heimatpflege
Die Posthäuser in Sand in Taufers, ein einzigartiges geschichtliches und bauliches Ensemble von 1900 im Stil des Historismus.
Es war im Ensembleschutzplan zwar vorgesehen, aber dieser wurde wegen mancher Widerstände nie genehmigt. (Foto: Albert
Willeit)
Die Zukunft des
Ensembleschutzes in Südtirol
Es war ein großer Fehler, die Zuständigkeit
für die Ensembles nicht wie beim Denkmalschutz
und bei Schutzgebieten dem
Land zu übertragen, sondern den Gemeinden.
Diese verfügen vielfach weder über
die Sensibilität, noch über das Wissen für
diese komplexe Materie. Zudem sind sie
zu sehr dem Druck von Interessen ausgesetzt.
Äußerst schlimm ist, dass künftig
der Ensembleschutz noch bedeutungsloser
sein wird, da die Aus- oder Nichtausweisung
und die Regelung der Ensembles allein
in der Hand der Gemeinden liegt. Sie
müssen zwar verbindlich eine Ensembleschutzliste
erstellen, doch sie werden wohl
wenig Geeignetes finden (wollen). Zudem
besteht nach der Ausweisung die Möglichkeit,
dass die Gemeinde die Liste einseitig
wieder abändert, ohne dass das Land eine
Handhabe zum Eingreifen vorgesehen hat.
Das wird sich fatal auswirken.
Die noch verbliebenen Ensembles und
historischen Gebäude sind für das Ortsund
Landschaftsbild in unserem Land
von großer Bedeutung. Geben wir ihnen
eine Chance!
Albert Willeit, Bezirksobman des
Heimatpflegeverbandes Bezirk Pustertal
Ein wunderbares Ensemble: Weiler Fordora in Enneberg (Foto: Albert Willeit)
Nr. 05 | Oktober 2020 35
Informiert und Reflektiert
Vom Allerheiligenbrauch
zum Gruselfest
Was hinter Halloween steckt und wie es Europa eroberte
Erst in Amerika kam der Kürbis zu seinem Ruf als Symbol für Halloween. Mittlerweile erobert er auch die heimische Küche.
Bald ist Allerheiligen – bald ist aber auch
Halloween. In der Nacht vom 31. Oktober
auf den 1. November wird dieser Brauch begangen.
Oder auch nicht. Denn Halloween
scheidet die Geister. Die einen mögen es,
die anderen sind skeptisch oder lehnen es
strikt ab. Vor der Mitte der 1990er-Jahre
beschäftigten sich deutschsprachige Fachbücher
kaum damit, heute fehlt Halloween
in keiner wissenschaftlichen Publikation
zu Bräuchen.
Ursprünglich handelte es sich bei Halloween
um einen englisch-irischen, also
europäischen Brauch. Sein Name geht
auf Allerheiligen zurück. In der Nacht auf
den 1. November wurden ausgehöhlte Rüben
mit brennenden Kerzen in die Fenster
gestellt und an Arme, die von Haus
zu Haus zogen, Almosen verteilt – so wie
wir es von den Allerseelenbräuchen kennen.
Die Brauchträger waren Erwachsene,
später Kinder.
Der Brauch lief nicht überall gleich ab
und erlebte mehrere Veränderungen, so wie
unsere Bräuche Unterschiede von Tal zu
Tal oder von Dorf zu Dorf aufweisen. Auch
in Tirol gingen Menschen vermummt von
Haus zu Haus, um sich etwas zu erbetteln,
wie wir das vom Krapfenlottern in Ulten,
dem Krapfenbetteln in Pfunders oder
dem Krapfenschnappen in der Gegend um
Lienz kennen. Während diese Bräuche
regional verankert geblieben sind, machte
sich Halloween im Zuge einer großen Auswanderungswelle
im 19. Jahrhundert auf
den Weg nach Amerika.
Nach Amerika und wieder zurück
Ab 1920 war die Halloween-Nacht dort
weitum bekannt. Doch sie entwickelte sich
zu einer Nacht des Schreckens. Ausgehöhlte
Rüben wurden durch Kürbisse ersetzt,
friedliches Herumziehen durch Unfug
und Zerstörung. Als Gegenmaßnahme
kam es zu organisierten Feiern, bei denen
Kinder wieder die Hauptrolle spielen sollten.
Sie zogen in Gruppen durch die Orte und
36
KulturFenster
Heimatpflege
erbettelten sich mit dem Ausspruch „Süß
oder sauer?“ Süßigkeiten. In den 1960er-
Jahren wurde das Fest auch wieder von
den Erwachsenen aufgegriffen, die sich
verkleideten und sich zu Partys trafen,
mit Musik und Alkohol. Am Ende des 20.
Jahrhunderts trat der Brauch die Rückreise
nach Europa an und wurde hier Teil
der Spaß- und Eventgesellschaft.
Gutes Geschäft und
Medienereignis
Welche Merkmale lassen sich bei
Halloween heute beobachten?
Halloween ist Teil der Freizeit- und
Unterhaltungsindustrie, wie die jährlich
stattfindenden Partys zeigen. Bei
den Verkleidungen weichen Hexen und
Geister immer mehr den Fratzen von
Horrorfiguren, so wie das aktuell bei
den Krampusfiguren beobachtbar ist.
Wie die Krampusläufe erinnert Halloween
stark an die Fasnacht.
Vom Brauch, arme Leute mit Essen zu versorgen, wandelte sich Halloween im Zuge
seiner Amerikareise zum gruseligen Partyereignis.
Halloween ist gut fürs Geschäft. Laut
Auskunft von Konsumentenschutzverbänden
feierten 2019 rund zehn Millionen
Italiener das Fest in irgendeiner
Form – wenn nicht auf Partys, dann
mit Dekorationen für das eigene Heim.
Daher sind Scherzartikel, Masken, Kostüme
und Dekorationsobjekte jährlich
gefragte Konsumartikel. In Südtirol hat
sich 2019 die Verbraucherzentrale mit
Tipps für ein „umweltbewusstes“ Halloween
zu Wort gemeldet.
Halloween ist ein profaner Gegenwartsbrauch.
Der religiöse Aspekt, den Allerheiligen-
und Allerseelenbräuche aufweisen,
das Totengedenken, ist nicht
mehr sichtbar. Masken und Kostüme,
die Totenköpfe und Sensenmänner zeigen,
sind wohl eher als Teil der gruseligen
Unterhaltung zu deuten.
Halloween ist ein Ereignis für Jugendliche
und junge Erwachsene. 2019
befragte ein südtiroler Internetmedium
rund 2.300 Personen. 90 Prozent
gaben an, dass sie keine Angst
und auch keine Lust auf das Fest haben.
Vier Prozent bezeichneten sich
als Anhänger, und sechs Prozent fanden
es zu gruselig. Die Anhänger sind
junge Menschen unter 30 Jahren.
Halloween ist ein Medienereignis. Radiosender,
die ein junges Publikum
anzogen, wie etwa Ö3, das Internet
und amerikanische Serien machten
Halloween im 20. Jahrhundert bekannt.
Die Berichte in den Medien
beinhalten heute die Ankündigung
von Veranstaltungen, Informationen
zu Geschichte und Gegenwart des
Brauches, Bilder von Kostümen von
Prominenten, aber auch das Für und
Wider zum Fest.
Halloween und die Kirche: Die katholische
Kirche und ihre Jugendorganisationen
bringen immer wieder ihre
kritische Haltung zum Ausdruck mit
der Botschaft: „Kerze statt Kürbis. Allerheiligen
statt Halloween.“
Halloween und die Kürbisse: Kürbisse
dienten früher als Viehfutter oder mancherorts
als Arme-Leute-Essen. In vielen
Kochbüchern fehlten sie lange
Zeit. Auch der Volkskundler Hans
Fink erwähnt sie in seinem 1980 erschienenen
Buch über die Geschichte
der Küche in Südtirol nicht. Verbreitet
sind sie heute nicht nur in der Küche,
sondern auch als herbstliche Dekoration
bei Hofeinfahrten, Hauseingängen
und beim Erntedank in den Kirchen.
Halloween wird in der ethnologischen Forschung
weiterhin ein Untersuchungsgegenstand
bleiben – als Beispiel für den
Wandel, die Kommerzialisierung und Profanisierung
eines Brauches.
Barbara Stocker
Verwendete Literatur:
Haid, Oliver: Ö3 präsentiert Halloween. Postmoderne
Volkskultur zwischen UKW und WWW, in: Bockhorn/
Hörandner/Prasch (Hg.): Erlebniswelt Volkskultur, Wien
2001, S. 163-181.
Höhn, Marco: Tot aber glücklich. Halloween – die Nacht
der lebenden Toten als Event-Mix. In: Hepp/ Vogelsang
(Hg.): Populäre Events. Medienevents, Spielevents,
Spaß Events. Opladen 2003.
Hörandner, E.(Hg.), Halloween in der Steiermark und
anderswo. Wien 2005.
Kurz vor der Adventsdekoration
schmücken Halloween-Dekoartikel die
Schaufenster.
Nr. 05 | Oktober 2020 37
Informiert und Reflektiert
Gedenktafel für
Max Valier enthüllt
Heimatpflegeverband Südtirol und Bayern-Südtirol-Gesellschaft
ehren Südtiroler Raketenpionier
Bayerns Innenminister und erster Vorsitzender der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim Herrmann (l.), Südtirols Alt-
Landeshauptmann Luis Durnwalder (r.) sowie Claudia Plaikner und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband Südtirol enthüllen
die neue Gedenktafel am Grab von Max Valier.
Bei einer Gedenkfeier am Grab von Max
Valier in München wurde am Sonntag, 4.
Oktober, dessen 90. Todestages und zugleich
des 125. Geburtstages gedacht. Bayerns
Innenminister und Erster Vorsitzender
der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Joachim
Herrmann, Südtirols Alt-Landeshauptmann
Luis Durnwalder sowie Claudia Plaikner
und Josef Oberhofer vom Heimatpflegeverband
Südtirol gaben dem bekannten Südtiroler
die Ehre.
Max Valier, geboren im heutigen IDM-
Gebäude am Pfarrplatz in Bozen, war ein
Pionier in Sachen Raketenbau. Seine ersten
Erfolge erzielte er mit Raketenautos.
Mit einem Raketenschlitten stellte er
1929 am zugefrorenen Starnberger See
den damaligen Geschwindigkeitsrekord
von 400 Stundenkilometern auf.
Ein Jahr später starb Valier mit 35
Jahren bei der Explosion eines von ihm
selbst ausprobierten neuartigen Triebwerkes
in Berlin. Er gilt als bedeutender
Wegbereiter der Raketentechnik – er
wollte schon damals zum Mond fahren
– und gleichzeitig als ihr erstes Todesopfer.
Begraben wurde Valier am Westfriedhof
in München.
Fast vergessenes Grab
Seit bald 30 Jahren kümmert sich der Geschäftsführer
des Südtiroler Heimatpflegeverbandes,
Josef Oberhofer, persönlich um
die Pflege des Grabes, nachdem es viele
Jahre vergessen und beinahe aufgelassen
worden wäre. Ein Münchner Taxifahrer
hatte einem Südtiroler Magazin den
Hinweis gegeben, dass das Grab eines bekannten
Südtirolers in München sehr vernachlässigt
sei.
„In der Folge hat sich Norbert Mumelter
vom Bozner Museumsverein darum
38
KulturFenster
Heimatpflege
Würdige Gedenkfeier für Max Valier im Münchner Westfriedhof
gekümmert, und seit 1990 kümmere ich
mich großteils privat um die Pflege und den
Erhalt des Grabes“, so Josef Oberhofer.
Innenminister bei Feier dabei
Bei der Gedenkfeier in München nannte
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann,
ein Südtirolfreund und Erster Vorsitzender
der Bayern-Südtirol-Gesellschaft, Max Valier
„einen Vordenker, ohne den die heutige
Weltraumtechnologie kaum denkbar
ist“. Valier sei außerdem ein gutes Beispiel
für die Beziehungen zwischen Bayern und
Südtirol. „Gerade in Coronazeiten müssen
und können die beiden Länder und ihre
Einwohner noch enger zusammenarbeiten“,
so der Innenminister.
Durnwalder dankt Verband
Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder,
ebenfalls ein Mitglied der Bayern-Südtirol-Gesellschaft,
dankte dem Heimatpflegeverband
für die Initiative zur Gedenkfeier.
Auch er wünschte sich, dass trotz
Coronakrise die zwischenmenschlichen
Kontakte besonders auch zwischen Bayern
und Südtirol nicht zu kurz kommen.
David Gruber, ein ausgewiesener Valier-
Experte und Vizepräsident des Vereines der
Amateurastronomen Max Valier, sprach
auch von Valiers publizistischer Meisterleistung.
Tiefer darauf ein ging Karlheinz
Rohrwild vom Hermann-Oberth-Raumfahrt-
Museum in Feucht, der die größte private
Sammlung von Valier-Materialien besitzt.
Zum Abschluss der Feier wurde eine
Bronzetafel enthüllt, die als bleibende Erinnerung
an den Südtiroler Raketenpionier
in München dient.
Peter Daldos
Fotos: Florian Trojer
Das Grab von Max Valier war lange
Zeit vernachlässigt worden. Vor 30
Jahren hat Josef Oberhofer vom
Heimatpflegeverband die Pflege der
Ruhestätte in die Hand genommen.
Max Valier gilt als Pionier der
Raumfahrt und als Wegbereiter der
Raketentechnik.
Die neue Gedenktafel am Grab von Max
Valier in München
Nr. 05 | Oktober 2020 39
Aus Verband & Bezirken
Kein Frieden für Villa „Friedheim“
Ensembleschutz für historisches Gebäude mit Garten in Brixner Stadtteil
abgelehnt – Aufrufe bleiben ungehört
Obwohl denkmal- oder zumindest ensembleschutzwürdig, muss die Villa „Friedheim“ (links) modernen Bauten weichen.
In der Villa „Friedheim“, einem historischen
Ensemble aus Haus und Garten im Brixner
Ortsteil Kranebitt ist es jetzt wohl aus mit
dem „Frieden“. Die denkmalschutzwürdige
Villa aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts
muss modernen Bauten weichen. Der Forderung
nach Ensembleschutz wurde nicht
stattgegeben. Dabei wäre das ein wichtiger
Schritt im Interesse von Ortsbildpflege, Lebensqualität
und Denkmalschutz (gewesen).
Die „Villa Friedheim“, auch „Villa Penn“
genannt, liegt in schönster Position hoch
über Brixen im Ortsteil Kranebitt, der wegen
seiner sonnigen Position in Hanglage
und der Stadtnähe eine der beliebtesten
Wohnlagen Brixens geworden ist. Dank
seiner Attraktivität bildet Kranebitt aber
auch eine Spielwiese der Bauspekulation.
Aus kleinen Hauseinheiten entstanden in
den vergangenen Jahren massige Bauten.
Nach wie vor wird gebaggert und planiert,
um zum Beispiel Häuser mit Luxuswohnungen
zu errichten.
Im Anschluss an ein solches im Bau
befindliches Projekt mit Luxuswohnungen
liegt die oben erwähnte, heute verlassene
Villa „Friedheim“. Sie bildet stilistisch eine
reizvolle Mischung aus Landhaus und Villa
und erinnert an das früher ländlich geprägte
Kranebitt.
Ein Haus mit Geschichte
Das Haus befindet sich in unmittelbarer
Nähe älterer Gehöfte und wurde wohl zu
Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet. Der
Bau orientierte sich an der Villenarchitektur
der Zeit. Er zitiert historisierende Elemente
wie einen aussichtsreichen Erker,
dekorative Fensterumrahmungen, Jalousien
und fassadenbündige Fenster. Der
Gartenfassade gegen Westen ist im ersten
Obergeschoß eine original erhaltene Holzveranda
mit feingliedriger Verglasung vorgelagert.
Ein Zugang erfolgt über den engen,
malerischen Kranebittweg, ein zweiter
in das Obergeschoß an der Nordfassade
über eine Außentreppe in Holz mit schmiedeeisernem
Geländer. Vor der Hauptfassade
liegt ein Gartengrundstück in attraktiver
Hanglage.
Die Ausrichtung des Hauses auf den Garten,
der sich leicht terrassiert ins Gelände
über dem westseitigen Abhang fügt, entspricht
der Wohnkultur der Zeit. Der Garten
gliedert sich in unterschiedlich genutzte
und bepflanzte rechteckige Flächen, die
durch Hecken, Beeteinfassungen, Wege
und Geländesprünge abgegrenzt sind. Eine
schattige Laube findet man im Außenge-
40
KulturFenster
Heimatpflege
Der einst ländliche Stadtteil Kranebitt ist wegen seiner attraktiven Lage zur Spielwiese
für Bauspekulationen geworden.
hunderts auf jeden Fall alle Kriterien des
Ensembleschutzes. Dieser wurde von der
Gemeinde Brixen allerdings nur für den
Stadtkern und in einigen Fraktionen festgeschrieben.
Die Gegend war zudem prähistorisch
besiedelt und, wie Bauarbeiten
in der Nähe immer wieder gezeigt haben,
häufig Ort archäologischer Funde.
Es wäre ein großer Verlust, Baubestand
und Garten einer spekulativen und wenig
hangverträglichen Neuverbauung zu opfern.
Doch danach sieht es im Moment
aus. Die vor einigen Jahren verstorbene
Besitzerin hatte das Haus einem Tierschutzverein
vermacht, der es jedoch an
die benachbarten Bauträger der Großbaustelle
veräußerte. Deren Interesse
erstaunt nicht weiter, bietet das Gelände
doch Platz für eine weitere Mega-Operation
mit absehbaren Großbauten. Damit
aber würde dem Charakter Kranebitts ein
weiterer Schlag versetzt.
Für das Gebäude selbst besteht noch
kein Denkmalschutz. Anrainer, die Vertreter
des Vereines „heimat Brixen/Bressanone/Persenon“
und kulturell Interessierte
haben deshalb mit Nachdruck auf
die sich hier abzeichnenden Eingriffe von
großer Tragweite verwiesen.
Sie forderten:
lände ebenso wie einen Ziergarten und einen
Nutzgarten sowie eine Wiese mit Panoramablick
über Stadt und Tal. Im Garten
hat sich eine beachtliche Zahl an älteren
Bäumen, Gehölzen und Stauden erhalten.
Vortritt für Baulöwen
Das malerische Ensemble wäre denkmalschutzwürdig,
erfüllt aber als Einheit von
Haus und Garten des frühen 20. Jahr-
1. Die dringende Unterschutzstellung
für die Villa „Friedheim“ durch die
Abteilung Denkmalpflege;
2. eine klare Beschränkung von Kubatur
und Bauindex für die absehbare
Verbauung;
3. die Anwendung einer Gestaltungssatzung
im Sinne des neuen Landesgesetzes
„Raum und Landschaft“.
„Nicht schützenswert“
Mit dem artenreichen Garten bildet die Villa ein schützenswertes Ensemble.
(Fotos: Verein „heimat“)
Leider hat sich die Landesabteilung Denkmalpflege
trotz Lokalaugenscheines nicht
zu einem Antrag auf Unterschutzstellung
durchringen können. Auch ein stark besuchter
Medientermin Ende Juli 2020, an
dem neben dem Verein „heimat“ auch
die Obfrau des Landesverbandes für Heimatpflege,
Claudia Plaikner, sowie kulturell
Interessierte und zahlreiche Anwohner
teilnahmen, konnte die Situation nicht ändern.
Noch in diesem Herbst dürfte der
Abriss erfolgen.
Trotzdem hat das erhebliche Interesse
an der Villa „Friedheim“ die Gemeinde zur
Vorsicht genötigt. Der Schutz des Kranebitter
Hanges, der das Erscheinungsbild
von Brixen wesentlich prägt, muss der
künftigen Gemeindeverwaltung ein Anliegen
sein. Kranebitt ist stark angegriffen,
umso mehr sind seine Restbestände
und der Charakter zu wahren und zeitgerecht
zu interpretieren.
Verein „heimat“/Hans Heiss
Nr. 05 | Oktober 2020 41
Aus Verband und Bezirken
Neuer Ausschuss im
Bezirk Pustertal
Albert Willeit für drei Jahre zum Obmann gewählt – Schwerpunkte festgelegt
Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes
Südtirol hat einen neuen Obmann. Albert
Willeit wurde bei der jüngsten Bezirksversammlung
im September für drei Jahre
in dieses Amt gewählt. Neben der Neuwahl
des Ausschusses standen ein Rückblick
auf Erreichtes und ein Ausblick auf weitere
Ziele auf dem Programm der Versammlung.
Zunächst blickten Albert Willeit und Landesobfrau
Claudia Plaikner auf die Tätigkeiten
der vergangenen drei Jahre zurück.
So gelang etwa die Erhaltung alter Bausubstanz
in einzelnen Fällen wie bei den Posthäusern
in Sand oder beim Bahnhofsgebäude
in Bruneck, in anderen wurde der
Verbandsbezirk nicht gehört (Rainer/Olang,
Maurer/Welsberg, Kübler/Prags). Die Unterschutzstellung
des technischen Kulturgutes
Überschlag an der Ahr in St. Georgen
wurde ebenso unterstützt wie die Erhebung
der Trockenmauern in Prettau.
Der Bezirk verfasste zahlreiche Stellungnahmen
zu den Tourismuszonen (Saalen,
Sonnenburg, Pfalzen, Terenten) und war
dabei teilweise erfolgreich. Auch der Ortsbildschutz
war und ist den Heimatpflegerinnen
und -pflegern ein Anliegen, wobei
als Beispiele die Sportzone und Gärtnerei
am Eingang von St. Lorenzen in archäologischer
Zone und der Kronplatzweg in der
Brunecker Oberstadt genannt wurden. Kritisch
äußerte man sich zu den teils sehr
invasiven Straßenbauten an sensiblen Orten
wie der Einfahrt ins Gadertal, ebenso
zu einigen überproportionalen Hotelbetrieben
und nicht zuletzt auch zu bestimmten
Entwicklungen im Bereich „Urlaub auf
dem Bauernhof“.
Auch der Bereich Landschaftsschutz
ist ein Kernthema der Heimatpflege, und
so gab es Interventionen zu Almerschließungen
besonders im Ahrntal (u. a. Schöllbergalm
in archäologischem Gebiet), zur
Düngung und Gülleausbringung in Natura-2000-Gebieten
(Armentara) oder zur
Umwidmung der Erlaue in St. Sigmund.
Schließlich werfen die Heimatpfleger neben
viel Sensibilisierungsarbeit auch kritische
Blicke auf den Ensembleschutz, zu
dem in vielen Gemeinden entsprechende
Pläne fehlen, und auf die mitunter unpassende
Friedhofsgestaltung, besonders, was
die Urnengräber betrifft.
Albert Willeit engagierte sich in den vergangenen
Jahren in der Landschaftsschutzkommission
und hat sich für die Verbesserung
des neuen Gesetzes für Raum und
Landschaft eingesetzt, Walter Harpf kümmerte
sich um die digitale Kommunikation,
Klaus Graber um den Bereich Umweltschutz
und um die Einbeziehung der
Jugend, Michael Burger um den Ensembleschutz.
Landesobfrau Claudia Plaikner
kümmerte sich vor allem um den Ausbau
von Kontakten zu Ämtern und Institutionen.
Aus den Neuwahlen ging Albert Willeit
als Obmann hervor. Mit ihm im Ausschuss
arbeiten Walter Harpf, Heinz Mariner,
Pauline Moser und Oskar Messner.
Einige Schwerpunkte für die künftige Tätigkeit
sind bereits formuliert (siehe Kasten)
Der neue Ausschuss: Oskar Messner… Heinz Mariner, … Pauline Moser, …
42
KulturFenster
Heimatpflege
E wie Einsatz, K wie Kritik
Der Bezirk Pustertal des Heimatpflegeverbandes Südtirol wird weiterhin ein wachsames Auge auf die Entwicklung und die
Geschehnisse im Osten des Landes haben. Der neue Obmann, Albert Willeit, nennt einige Schwerpunkte im Programm:
> Einsatz für den Erhalt und die Sanierung historischer Gebäude, aber auch wertvoller Landschaftselemente;
> Einsatz gegen die Verbauung der Landschaft sowie gegen die Auswüchse des Bauens, insbesondere im Bereich Tourismus;
> Einsatz für die Hebung des Niveaus der Baukultur und damit für eine bessere Architektur;
> Verstärkte Beratung in Ortsbildfragen für Gemeinden;
> Aufzeigen von Mängeln im neuen Raumordnungsgesetz mit dem Ziel, es zu verbessern;
> Kritik an überdimensionierten Straßen und problematischen Almerschließungswegen;
> Kritik an der letzthin vermehrt bemerkten kompromissbereiten Haltung in den Ämtern für Natur und Landschaftsplanung;
> Kritik an der Wirtschaftsweise in Natura-2000-Gebieten wegen Planierungen und Düngung.
Walter Harpf und Albert Willeit. Landesobfrau Claudia Plaikner
Nr. 05 | Oktober 2020 43
Aus Verband und Bezirken
„Ein Weckruf an uns alle“
Kundgebung gegen Bahnverbindung auf den Confinböden
Die Confinböden (auch Cunfinböden) sind
wieder in Gefahr. Eine Verbindungsbahn
soll zwischen Kastelruth und St. Christina
(Monte Pana-Saltria) – mitten durch die einmaligen
Confinböden – errichtet werden. Anfang
September lud der Heimatpflegeverband
gemeinsam mit der Gruppe „Nosc Cunfin –
Unser Cunfin“ zu einer Kundgebung vor Ort
ein. Vizepräsident Sepp Vieider rief dabei
zum Umdenken auf.
In Vertretung des Heimatpflegeverbandes
Südtirol sprach Sepp Vieider den anderen
Organisatoren der Kundgebung die volle
Solidarität aus. Es gehe schließlich um die
ureigenen Anliegen der Heimatpflege: um
den Schutz und die Pflege einer einzigartigen
Natur- und Kulturlandschaft, um das
Maßhalten und um die nachhaltige Entwicklung
des Gebietes am Fuße des Langkofel.
Bereits im Juli hatte sich der Heimatpflegeverband
mit einer Eingabe gegen den Beschluss
des Gemeinderates von St. Christina
ausgesprochen, mit dem eine Zahnradoder
Umlaufbahn zwischen den Skizonen
Seiseralm und Monte Pana–Ciampinoi–Sellajoch
befürwortet worden war. Die
Entscheidung sei nicht nur unvereinbar mit
dem landschaftlichen Gebietsplan der Seiser
Alm, sondern vor allem ein Eingriff in
ein Wasserschutzgebiet sowie in eine intakte
Kultur- und Naturlandschaft.
„Laut unserem Landesvermarkter IDM
soll Südtirol die nachhaltigste Region in
Europa werden. Das kann aber nicht gelingen,
solange unsere Gemeinde- und
Landespolitik nicht beim Ursprünglichsten
ansetzt: beim Bewahren der Natur“,
betonte Sepp Vieider bei der Kundgebung.
Der geplante Eingriff möge kurzfristige wirtschaftliche
Vorteile für die Projektwerber
bringen, langfristig gefährde er aber die
Landschaft und schädige damit die Wettbewerbsfähigkeit
der betroffenen Gebiete.
Der Vizepräsident des Heimatpflegeverbandes
verwies zudem auf den Tag der
Erdüberlastung, der heuer am 22. August
erreicht wurde. Es ist jener Tag, an dem
die Menschheit alle natürlichen Ressourcen
aufgebraucht hat, die innerhalb eines
Jahres regenerieren können. „Dieser Tag ist
ein Weckruf an uns alle“, so Sepp Vieider.
„Ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit
ist schließlich nicht Sache der anderen,
sondern etwas, was wir selbst vorantreiben
müssen… Hoffentlich haben unsere
politischen Entscheidungsträger in Land
und Gemeinden diesen weltweiten Weckruf
nicht überhört.“
Die Gruppe „Nosc Cunfin – Unser Cunfin“
hat im Zuge der Entwicklungen auf
der Seiser Alm auch eine Petition gestartet.
Über 3000 Unterschriften gegen
die Bahnverbindung wurden gesammelt
und am 16. September Landeshauptmann
Arno Kompatscher übergeben.
Dieser reagierte positiv, erklärte der
Gruppe aber, dass beim Land noch
kein Antrag für die Bahnverbindung
eingegangen sei, weshalb die Landesregierung
noch keine Entscheidung
treffen könne.
Die Kundgebung auf den Confinböden. Sepp Vieider (kleines Bild) rief zum Umdenken auf – jeden Einzelnen, aber auch die
Entscheidungsträger im Land. (Fotos: HPV)
44
KulturFenster
Im Gedenken
Heimatpflege
Mit dem Auge einer Künstlerin …
Paula Marmsoler Pedrotti war die gute Seele des Bozner Stadtmuseums
Paula Marmsoler Wwe. Pedrotti,
( *4.2.1928 † 31.7.2020)
Paula Marmsoler Pedrotti – bekannt
und geschätzt als „Frau Pedrotti“, die
gute Seele des Bozner Stadtmuseums,
starb am 31. Juli 2020. In schwierigen
Zeiten, in denen der Bozner Museumsverein
im Gebäude der Stadtgemeinde
lediglich geduldet war, war Frau Pedrotti
für die deutschsprachigen Bozner
die wichtigste Ansprechpartnerin
im Museum.
1928 in Kastelruth als Tochter des
Spenglermeisters Alfons Marmsoler und
der aus Schalders stammenden Paula
Schlechtleitner geboren, war Paula
bereits als Kind mit einer besonderen
Gabe ausgestattet: Sie konnte außergewöhnlich
gut zeichnen und malen.
Leider wurde ihr in der Faschistenzeit
der Besuch einer Kunstschule in Rom
nicht ermöglicht. Als Autodidaktin sah
sie mit den besonderen Augen einer
Künstlerin die Schönheiten unserer
Gebirgslandschaft und die Besonderheiten
der bäuerlichen Trachten, die ihr,
aus der Hochburg der Südtiroler Trachten
stammend, ein besonderes Anliegen waren.
Ihr gutes Deutsch befähigte sie, den
Kindern gehobener Familien in Rom und
Bologna Sprachunterricht zu geben.
Mit 29 Jahren heiratete Paula Marmsoler
den Witwer Remo Pedrotti, Fotograf und
Kustos des Bozner Stadtmuseums, und
wohnte auch nach seinem Tod (1986) bis
1997 in der Kustodenwohnung. Dort wuchsen
auch die beiden Kinder Isabella und
Georg und die Söhne aus Remo Pedrottis
erster Ehe auf.
Inmitten bedeutender Kunstwerke, die
vor allem das kunstbeflissene Bozner Bürgertum
zusammengetragen hatte, war die
Kustodin besonders von der Volkskultur
angetan, namentlich den Stuben und den
angezogenen Trachtenfigurinen von Josef
Moroder Lusenberg. Als der Museumsverein
beschloss, diese fotografisch detaillierter
zu dokumentieren, war Paula Marmsoler
Pedrotti zusammen mit der unvergessenen
Maridl Niedermair Nagele und der Textilrestauratorin
Irene Tomedi Feuer und Flamme.
Als Freizeitmalerin stellte Paula Marmsoler
Pedrotti ihre Aquarelle in Arco, Bozen,
Seis am Schlern und ihrem Heimatort
Kastelruth aus. Vorausgegangen war der
Besuch der Brunecker Sommerakademie
in den 1980er-Jahren. Feine Pinselstriche
und sanfte Farbtöne charakterisieren
die einfachen und malerischen Motive
als besonders schönen Ausdruck der
Liebe zu unserer Heimat.
Im Jahr 1997 zog Paula Marmsoler
verwitwete Pedrotti nach 40 Jahren in
ihren Heimatort Kastelruth. Ihre Tochter
Isabella hatte das ermöglicht und
stand weiterhin ihrer geliebten Mutter
sehr nahe.
Gewöhnt, im kulturellen Bereich
aktiv zu sein, interessierte sich Paula
Marmsoler für die Restaurierung der
Figuren des Kalvarienberges am Kastelruther
Kofel und trat dem dortigen
Heimatpflegeverein Schlern bei. Große
Freude empfand sie, als 2012 die Kastelruther
Musikantentracht, den historischen
Bildquellen entsprechend, vervollständigt
und korrigiert wurde.
Geistig völlig präsent, verbrachte sie
ihre letzten drei Jahre im Kastelruther
Seniorenheim, wobei ihre Tochter Isabella
und die Malkunst wichtige Hilfen
waren.
Uns allen, die wir das Glück hatten,
sie zu kennen, wird sie stets in guter
Erinnerung bleiben.
Hinter ihrer Einfachheit verbarg sich
Größe und Tiefe.
Helmut Rizzolli
Tiroler Ball
1988: vorne
rechts Paula
Marmsoler
Pedrotti und
links Midl
Niedermair
Nagele, stehend
das Ehepaar
Rizzolli
Nr. 05 | Oktober 2020 45
Arge Lebendige Tracht
Neue Trachtenbroschüre
liegt auf
Gemeinschaftswerk von VSM,
ArGe Lebendige Tracht und ArGe Volkstanz
Das Wissen um das richtige Tragen der Tracht wurde von Generation zu Generation weitergegeben.
Doch konnte man in den vergangenen Jahren bei Trachtenträgerinnen und -trägern
eine gewisse Unsicherheit feststellen, was das Tragen und die Pflege der Tracht anbelangt.
Es wurde zwar versucht, bei Fortbildungsveranstaltungen auf die vielen offenen
Fragen einzugehen, doch der Wunsch nach einer gedruckten Informationsbroschüre wurde
immer deutlicher erkennbar.
Die Initiative ging vom Verband Südtiroler
Musikkapellen (VSM) aus, der sich die
Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht im
Heimatpflegeverband und die Arbeitsgemeinschaft
Volkstanz mit ins Boot holte.
Eine relativ kleine Arbeitsgruppe legte
sich voll ins Zeug, und bald schon nahm
die Trachtenbroschüre Gestalt an. Wichtig
war dabei allen, auf die wichtigsten
Fragen klare Antworten zu geben. Auf
die jeweiligen Bedürfnisse der Mitgliedsverbände
wurde Rücksicht genommen.
Klare Gliederung
Die „Gedanken zur Tracht“ stimmen auf
das Thema ein. Sie lassen uns bewusst
werden, was es mit der Tracht auf sich
hat, welcher kulturelle Wert und welche
soziale Botschaft von einer Tracht ausgehen.
Den Hauptteil bilden die Kapitel
über die Frauen- und die Männertracht.
Auf die einzelnen Teile wird kurz
und bündig eingegangen, und Beispiel
gebende Fotos ergänzen zusätzlich den
Text. Im abschließenden Kapitel „Was
weiß ich eigentlich über meine Tracht?“
kann man ein wenig in die Geschichte
der Tracht hineinschnuppern.
Kostbares Gewand braucht
gute Pflege
Da die Anschaffung einer Tracht eine
kostspielige Angelegenheit ist, ist es
umso wichtiger, dass sie gut gepflegt
wird. Dies gilt vor allem für Vereinstrachten,
die nur ausgeliehen werden. In der
Broschüre gibt es wertvolle Tipps, sodass
niemand verzweifeln muss, wenn
einmal ein Fleck auf der Tracht landet
oder die Tracht einen Regenguss abbekommen
hat.
Großzügige Verteilung
Titelbild der neuen Trachtenbroschüre
Die Broschüre wurde in einer Auflage
von 10.000 Stück gedruckt und wird
über die drei beteiligten Verbände an
alle interessierten Trachtenträgerinnen
und Trachtenträger kostenlos verteilt. Sie
liegt auch in den jeweiligen Verbandsbüros
auf.
Abschließend sei allen gedankt, die in irgendeiner
Weise ehrenamtlich zum Gelingen
dieser Trachtenbroschüre beigetragen
haben.
Agnes Andergassen
46
KulturFenster
Heimatpflege
•Büchertisch•
Der Dämmrung ins Maul
Karl Tschurtschenthaler veröffentlicht ersten Gedichtband
Der in Toblach geborene und in Pfalzen
lebende Redakteur und Schriftsteller
Karl Tschurtschenthaler hat seinen
ersten Gedichtband veröffentlicht.
Während seiner Oberschulzeit im Vinzentinum
in Brixen hat er die ersten
Gedichtzeilen zu Papier gebracht, erinnert
sich der heute 52-Jährige. In
den Wiener Jahren, während seiner
Ausbildung zum Pastoralassistenten
und Religionslehrer, hat er endgültig
die Liebe zur Lyrik entdeckt: „Es war
eine besondere und fruchtbare Zeit in
Wien.“ Danach rückten Beruf und Familie
in den Vordergrund. Ein Lyrikseminar
bei Sepp Mall im Herbst 2013
war schließlich der Impuls zum Neuanfang
und Weiterschreiben: „Schreiben
ist für mich pures Handwerk. Es gibt selten
den spontanen Einfall, und oft beginne ich
ohne ein Ziel vor Augen.“ Seit der ersten
Begegnung begleitet ihn Sepp Mall. Er war
auch die treibende Kraft, die ihn ermuntert
hat, die Gedichte zu veröffentlichen.
„Tiefgründig, ernsthaft verspielt,
innovativ in der Sprache,
so müssen Gedichte sein.“
(Sepp Mall)
Karl Tschurtschenthaler will die Dinge,
die ihn beschäftigen, in Zeilen fassen. Er
schreibt über die Liebe, das Alter, Tod,
Vergänglichkeit und kleidet Naturbilder,
Landschaften und Jahreszeiten in Worte
und Textsplitter. Aber auch heitere Gedankenspiele
sollen dem Leser immer wieder
ein Lächeln entlocken. Die Texte überraschen
durch das immer wieder fehlende
„e“, das zu einem kleinen schriftstellerischen
Markenzeichen wird.
Der Gedichtband ist im retina-Verlag erschienen,
Karls Frau Annemarie und den
beiden Töchtern Lisa und Marie gewidmet
und über den Autor oder im Handel erhältlich.
Bei der Buchvorstellung bedankte sich
der Autor auch beim Verlagsleiter Thomas
Kager und der Lektorin Debora Nischler
sowie bei der Kulturabteilung des Landes
Südtirol für die Unterstützung.
Stephan Niederegger
Textauszüge:
Wolkn werdn
Auf großn
Himmln über fremdn
Erdn und Meern
werdn Wolkn zu
herrnlosn
Hemdn
aufgeknöpft
fliegn sie der
Dämmrung ins
Maul
Runzln
Mit zunehmendem
Alter wächst
die Haut sich aus
sich groß
oder es
schrumpft bloß
der Inhatl
Stirnrunzln
sind die
schlimmstn
Ungereimt
Komm du
ich will dich liebn
ein Gedicht lang
und breit
ungereimt und
unverschämt
will in jeder Zeile
dich suchn und fi ndn
und dazwischn
will dich haltn
in jedm Wort
und deine Haut ist
das Papier auf dem
ich schreib
Konzert
Ein grauer Himml
ging durch die Stadt drin
hing November bis April
und in den nassn Straßn
saßn Orchester von Wagn
warn im Rotlicht dicht
versammlt zum Konzert
und lagn sich spielnd
in den Haarn
Nr. 05 | Oktober 2020 47
Danke
Danke an alle Rettungskräfte
Danke an alle Pflegekräfte
Danke an alle, die im Supermarkt arbeiten.
Danke an alle Polizisten
Danke an alle Ärzte
Danke an alle Menschen,
die durch ihre Arbeit dem Coronavirus ausgesetzt sind,
aber trotzdem weitermachen!
Ohne euch ginge es nicht!
Impressum
Mitteilungsblatt des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen, des Südtiroler Chorverbandes
und des Heimapflegeverbandes Südtirol
Eigentümer und Herausgeber:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen
Ermächtigung Landesgericht Bozen
Nr. 27/1948
Schriftleiter und im Sinne des Pressegesetzes
verantwortlich:
Dr. Alfons Gruber
Als Pressereferenten für die Darstellung der
entsprechenden Verbandsarbeit zuständig:
VSM: Stephan Niederegger,
E-Mail: kulturfenster@vsm.bz.it
SCV: Paul Bertagnolli,
E-Mail: info@scv.bz.it
HPV: Florian Trojer,
E-Mail: florian@hpv.bz.it
Unverlangt eingesandte Bilder und Texte
werden nicht zurückerstattet.
Redaktion und Verwaltung:
Verband Südtiroler Musikkapellen,
I-39100 Bozen, Schlernstraße 1, Waltherhaus
Tel. 0471 976387 - Fax 0471 976347
E-Mail: info@vsm.bz.it
Einzahlungen sind zu richten an:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen,
Waltherhaus
Raiffeisen-Landesbank, BZ
IBAN: IT 60S03493 11600 0003000 11771
SWIFT-BIC: RZSBIT2B
Jahresbezugspreis: Euro 20
Gefördert von der Kulturabteilung
der Südtiroler Landesregierung.
Druck: Ferrari-Auer, Bozen
Das Blatt erscheint als Zweimonatszeitschrift,
und zwar jeweils am 15. Februar, April, Juni,
August, Oktober und Dezember.
Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen
Vormonats.
48
KulturFenster