syndicom magazin Nr. 19
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
syndicom
Nr. 19 Oktober–November 2020
magazin
Auslagerung:
Die Werkbank
ist zu lang!
Anzeige
Pestizide versprüht.
Lunge verätzt.
Agrokonzern haftet.
JA!
am 29. November
Konzernverantwortung
Nichts als recht und gerecht. konzern-initiative.ch
Inhalt
4 Teamporträt
5 Kurz und bündig
6 Die andere Seite
7 Gastautor
8 Dossier: Auslagerung
16 Arbeitswelt
22 Konzernverantwortung
24 Kein Missbrauch, kein
Dumping im Praktikum
25 Recht so!
26 Freizeit
27 1000 Worte
28 Bisch im Bild
30 Aus dem Leben von ...
31 Kreuzworträtsel
32 Inter-aktiv
Liebe Leserinnen und Leser
Ich kann mich gut an meinen ersten Arbeitstag
bei syndicom vor fünf Jahren erinnern. Am Freitag,
6. November 2015, um 4 Uhr früh hatten
rund zwanzig Post-Angestellte im Paketzentrum
Cadenazzo eine Protestaktion gegen die Auslagerung
des Paketversands organisiert. Mit uns
dabei war auch der frühere Sektorleiter, Daniel
Münger. Es gab eine schweizweite Protestwelle,
von Härkingen über Biel bis Genf. Unsere Forderung:
30 Prozent der Transporte sollten postintern
und nicht durch Subunternehmen erbracht
werden, deren Arbeitsbedingungen zu
Prekarisierung und Dumping führen. Seither hat
sich die Auslagerungspolitik in allen Branchen
(sogar in den Medien, wie Eva Hirschi auf S. 10
erklärt) und fast überall in Europa ausgebreitet.
Das zeigt unser Dossier zum Thema. Vor fünf
Jahren wehrte sich syndicom an der Seite der
Arbeitnehmenden mit dem Slogan «Stopp Auslagerung»
gegen dieses Phänomen. Es wurde
viel unternommen, um den Trend umzukehren:
Für Crowdworking-Plattformen wurde ein Verhaltenskodex
vereinbart. Die Subunternehmen
von Swisscom müssen sich an allgemeinverbindliche
GAV halten (siehe S. 11). Wir kämpfen
gegen Lohndumping bei Paketdiensten (siehe
S. 20). Aber das reicht nicht. Um dem Auslagerungstrend
entgegenzuwirken, braucht es
einen politischen Willen und die Unterstützung
durch die Öffentlichkeit. Und wenn nötig die
geschlossene Solidarität der Arbeitnehmer*innen
– wie der zwanzig Leute, die eines Morgens
vor fünf Jahren den gelben LKWs die Zufahrt
zum Paketzentrum Cadenazzo versperrten.
4
8
24
Giovanni Valerio, Redaktor syndicom
4
Teamporträt
Unser Ziel: Die Mitglieder stärken, sei es
individuell oder kollektiv
Myriam Rohrer (53)
Arbeitet seit 8 Jahren bei syndicom.
Sie betreut die Mitglieder in Italienisch
und Deutsch. In ihrer Familie war Politik
immer sehr präsent. Sie schätzt den
Rückhalt im Team und ihr ist es wichtig,
dass der Humor bei der Arbeit nie
verloren geht.
Baris Yildiz (29)
Arbeitet seit 5 Jahren bei syndicom.
Er betreut die Mitglieder in Deutsch.
Er half als Kind seiner Mutter, wenn sie
bei einer Gewerkschaft putzte. Ihm gefallen
der Abwechslungsreichtum der
Arbeit und die Überschneidungen zum
Arbeitsrecht. Dort bildet er sich auch
weiter.
Annemarie Knobel (56)
Arbeitet seit 15 Jahren bei syndicom.
Zuerst im Regionalsekretariat Bern,
heute im Zentralsekretariat. Sie betreut
die Mitglieder in Französisch und
Deutsch. Für sie ist es wichtig, dass
sie mit syndicom etwas bewegen kann.
Text: Christian Capacoel
Bild: syndicom
«Wir leben tagtäglich
den Solidaritäts-
Gedanken»
Unser Weg zu syndicom war unterschiedlich.
Einmal war es ein glücklicher
Zufall, vermittelt durch eine
Bekanntschaft. Ein andermal wurde
aus einer Mutterschaftsvertretung
eine dauerhafte Lösung. Aber auch
die Neugier auf eine politische Arbeit
führte zur Anstellung in der Mitgliederadministration
bei syndicom.
Heute vereint uns die Gewissheit,
dass wir eine sinnerfüllte Tätigkeit
ausüben, indem wir uns tagtäglich
im direkten Kontakt mit unseren
Mitgliedern für eine grössere Sache
einsetzen. Das ist der entscheidende
Unterschied zur Arbeit in einem
privat wirtschaftlich geführten Unternehmen.
Es ist der Solidaritätsgedanke,
den wir leben. Sei es auf der
individuellen Ebene, wenn wir auf
die Bedürfnisse unserer Mitglieder
eingehen können, immer mit dem
Ziel, sie zu unterstützen, oder auf der
kollektiven Ebene, wenn wir mithelfen,
kollektive Aktionen zum Erfolg
zu führen. Wir sind die zentrale
Drehscheibe zwischen den Mitgliedern
und den internen Stellen bei
syndicom.
Um unsere Funktion kompetent
und effizient auszuführen, sind wir
auf optimalen Informationsfluss innerhalb
der Organisation angewiesen.
Wir müssen ja auf die Fragen
der Mitglieder aus allen Branchen
und Interessengruppen antworten
können. Natürlich gibt es auch unangenehme
Seiten der Arbeit. Für viele
von uns ist das Mahnwesen eine ungeliebte
Tätigkeit. Es braucht viel
Fingerspitzengefühl im Umgang mit
säumigen Mitgliedern. Zum Glück
können wir mit vergleichsweise
grosser Kulanz auf die jeweilige Situation
des Mitglieds eingehen. Auch
das ein grosser Unterschied zur Privatwirtschaft,
wo oftmals der Profitgedanke
an erster Stelle kommt.
Stolz sind wir auf die Modernisierungen,
die wir in den letzten Jahren
einführen konnten. So sind wir heute
für unsere Mitglieder in allen drei
Sprachen besser erreichbar. Sei es telefonisch
oder auf anderen Kanälen.
Unter den Gewerkschaften macht
uns unser Mitgliederportal my.syndicom.ch
einzigartig, wo uns die Mitglieder
jederzeit erreichen und vieles
selbständig erledigen können. Egal
wo sie sind und wann sie Zeit haben.
Kurz und
bündig
Steuerbescheinigung online \ Pöstler sprechen mit Älteren an der
Haustür \ Wir unterstützen das E-ID-Referendum \ Entlassungen
bei der SRG angekündigt \ Weg frei für die neue ÜL \ Blick.ch
schafft Stellen in der Romandie
5
Steuerbescheinigung
Der steuerliche Abzug des Gewerkschaftsbeitrags
ist kantonal verschieden
geregelt. Darum stellt syndicom
die Zustellung der Steuerbescheinigung
per Briefpost an die syndicom-Mitglieder
ein. Jeweils ab Januar steht die
Steuerbescheinigung des Vorjahres auf
my.syndicom.ch zum Download bereit.
Registrieren kannst du dich einfach auf
unserem Portal, my.syndicom.ch. Ebenfalls
kann die Bescheinigung telefonisch
unter 058 817 18 18 oder per Mail an
info@syndicom.ch bestellt werden.
Fürsorge im Alter
durch Pöstler*innen
Die Post sucht nach neuen Ertragsmöglichkeiten
bei den Pöstler*innen. Neu
experimentiert sie in Zusammenarbeit
mit dem Roten Kreuz mit einem «Besuchsservice»
für ältere Mitmenschen.
Für rund 40 Franken pro Monat können
sie einen Besuch pro Woche bestellen.
Bei höherer Frequenz kostet es entsprechend
mehr. Dafür bekommen sie die
Post persönlich an die Haustür und die
Bot*innen nehmen sich kurz Zeit für ein
Gespräch. Die Angehörigen erhalten eine
Bestätigung per E-Mail. Die Pöstler*innen
können auch weitere Dienstleistungen
des Roten Kreuzes vermitteln.
syndicom unterstützt
E-ID-Referendum
Der Bundesrat und das Parlament wollen
einen Systemwechsel: Private Unternehmen
sollen in Zukunft den digitalen
Schweizer Pass (E-ID) ausstellen und
sensible private Daten verwalten können.
Eine repräsentative Umfrage zeigt,
dass 87 % der Bevölkerung den digitalen
Pass vom Staat beziehen wollen.
Gerade beim Datenschutz fehlt das Vertrauen
in private Unternehmen. Statt
dem Wunsch der Bevölkerung Rechnung
zu tragen, würden Bund und Parlament
mit dem Gesetz über elektronische
Identifizierungsdienste (BGEID) eine
staatlichen Kernaufgabe auslagern und
privatisieren. Dagegen werden wir ankämpfen.
Infos: e-id-referendum.ch
Entlassungen bei SRG
SRG hat den x-ten Sparplan angekündigt:
Bis 2024 sollen in allen Landesteilen
50 Millionen Franken eingespart
und etwa 250 Vollzeitstellen abgebaut
werden (rund 100 bei SRF, 74 bei RSR,
49 bei RSI, 20 in der Generaldirektion
und 10 bei RTR). Grund seien die rückläufigen
Werbeeinnahmen infolge des
Lockdowns. Nach dem deutlichen Ergebnis
der «No Billag»-Abstimmung
fordert syndicom die SRG auf, ihre Verantwortung
wahrzunehmen. Die Grundversorgung
mit Informationen, ein
Grundpfeiler der Demokratie, muss unabhängig
vom Werbemarkt garantiert
werden. Bei den angekündigten Kürzungen
muss die Suche nach alternativen
Sparmassnahmen Vorrang haben.
ÜL muss rasch in Kraft treten
Mit seinem Angriff auf die neue Überbrückungsleistung
ist ein SVP-nahes
Komitee gescheitert. Eine gute Nachricht,
denn diese Leistung wird dringend
benötigt. Nachdem das Parlament
die ÜL im Schnellzugtempo beschlossen
hat, muss sie nun auf Anfang 2021
in Kraft treten. Für ältere Menschen,
die im schwierigen Kontext der Corona-
Krise arbeitslos werden, muss wenigstens
ein rechtlicher Anspruch gesichert
werden.
Blick.ch expandiert in die
Romandie
Das Portal, das bis Sommer 2021 in
Lausanne lanciert werden soll, wird
viele Inhalte von der deutschsprachigen
Schwester übernehmen. Die Redaktor*innen
sollen sich nach Aussagen
von Ringier auf die Recherche
eigener Geschichten in der Romandie
konzentrieren können. syndicom begrüsst
die Expansion, weil so in der
Medienbranche, die durch Re struk turie
rung und Personalabbau geprägt ist,
20 Stellen geschaffen werden.
Agenda
November
Ab 2.
Konzernverantwortung!
Wer sich über die Konzernverantwortungs-Initiative
informieren und sich
gleichzeitig ein Bild machen will, was
die Initiant*innen in Zukunft verhindern
wollen, kann eine der laufenden
Infoveranstaltungen besuchen. Meist
wird dazu ein Film gezeigt, der die Verfehlungen
der multinationalen Konzerne
dokumentiert. Orte und Daten:
konzern-initiative.ch/veranstaltungen
7.
Branchenkonferenz Presse
Die Branchenkonferenz Presse und
elektronische Medien findet statt am 7.
November ab 10 Uhr in Olten, Hotel
Arte. Anmeldung auf my.syndicom.ch,
Info: medien@syndicom.ch
Dezember
2.
PK-Netz-Tagung
Die Jahrestagung des PK-Netz, der
BVG-Plattform der Arbeitnehmenden,
be leuchtet die möglichen Auswirkungen
der Covid-Krise auf die 2. Säule.
Was bedeuten die Schwankungen auf
den Finanzmärkten für die Pensionskassen?
Mit Serge Gaillard (EFV), Pierre-Yves
Maillard (SGB) und Valentin
Vogt (SAV). Anmeldung:
pk-netz.ch/pk-netz-tagung-2020
3./4.
Seminar: Gewerkschaftlicher
Aufbruch weltweit
Das Seminar für Vertrauensleute und
andere Aktive in Biel vermittelt neue
Ideen aus gewerkschaftlichen Aktionen
in anderen Ländern. Anhand von Filmen
und Erfahrungsberichten werden Kampagnen
vorgestellt, die neue Mittel
ausprobieren. Wie funktionieren sie?
Was können wir daraus lernen?
Infos und Anmeldung:
Movendo.ch
syndicom.ch/agenda
6 Die andere
Miriam Walther
Seite
ist Geschäftsführerin des digitalen Magazins Republik.
Zuvor war sie Regisseurin, Produktionsleiterin und Fellow an
der Zürcher Hochschule der Künste. 2015 erhielt sie die
kulturelle Auszeichnung im Bereich Theater der Stadt Zürich.
1
Unsere drängendste Frage zuerst:
Warum hat die Republik keinen
Gesamtarbeitsvertrag?
Noch nicht. Die Genossenschaft, die
die Republik herausgibt, ist Mitglied
des Verbands Medien mit Zukunft. Er
tritt für faire Arbeitsbedingungen ein
und arbeitet auf einen GAV für konzernunabhängige
Medienhäuser hin.
Die Republik hat seit dem Start einen
Nettoeinheitslohn von Fr. 7750 bei
100 %, 5 Wochen Urlaub, Lohnfortzahlung
bei Krankheit, Mutterschaft
und Militärdienst, 2 Wochen Vaterschaftsurlaub
und freiwillige Kinderzulagen.
2
Wirkt sich die Genossenschaftsform
auf die tägliche Arbeit aus?
Ja. Dass wir Mitglieder haben, die
mehr als Leserinnen sind, wirkt tief
hinein in unser Selbstverständnis
und unsere Unternehmenskultur.
Konkret verpflichtet sie uns zu Transparenz,
Dialog und Mitbestimmung.
Die Mitglieder stimmen über unsere
Finanzen ab, aktuell über eine Statutenrevision,
oder entscheiden über
die Besetzung des Vorstandes. Und
wir stehen täglich mit ihnen im Austausch,
und entwickeln die Republik
gemeinsam weiter.
3
Von anfangs 8 auf heute rund 40 Macher*innen.
Wie geht die Geschäftsführerin
mit dem Wachstum um?
Ein rasantes Wachstum stellt eine
grosse organisatorische Herausforderung
dar und benötigt Fingerspitzengefühl,
Empathie und Geduld. Alle
sind stets gefordert, sich einer sich
kontinuierlich verändernden Organisation
anzupassen. Zur Klärung: Sehr
schnell gewachsen sind wir vor allem
im ersten Geschäftsjahr. Vom Gründungsteam
zu einem funktionierenden
journalistischen Unternehmen.
4
Von aussen bekommt man den Eindruck,
bei der Republik arbeiten alle
mit Herzblut. Wie behält man den
Geist des Aufbruches bei?
Danke! Wir tun das, indem wir uns
immer wieder vor Augen führen, wie
wichtig unabhängiger und qualitativ
hochstehender Journalismus für eine
funktionierende Demokratie ist.
Text: Christian Capacoel
Bild: Republik, Laurent Burst
5
Was sind die nächsten Ziele der
Republik?
Unser Ziel ist jeden Tag das gleiche:
Möglichst viele Menschen mit überzeugendem
und brauchbarem Journalismus
zu begeistern. Einer, der die
Köpfe klarer, das Handeln mutiger,
die Entscheidungen klüger macht.
Und der das Gemeinsame stärkt: die
Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie.
6
Die Löhne der Medienschaffenden
stagnieren seit 14 Jahren. Was sagt
das über den Wert des Journalismus?
Das viel drängendere Problem ist
doch, dass die Medienbranche sich in
einem existenziellen Strukturwandel
befindet. Dass konstant Stellen verschwinden,
es immer weniger journalistischenNachwuchs
gibt und wir als
Gesellschaft noch keine zukunftsweisende
Lösung gefunden haben, wie
wir dem so demokratie relevanten
Journalismus den Wert geben, den
er verdient.
Gastautor
«Externalisierung» oder die Auslagerung
von Staatsaufgaben ist nichts anderes,
als dass eine öffentliche Einrichtung ihre Aufgabe,
eine Leistung für die Bürger*innen zu erbringen,
an ein Privatunternehmen überträgt.
Davon hat man in den letzten Jahren umfassend
Gebrauch gemacht. Der Nahverkehr, Reinigungsdienste
für Ämter und Spitäler, Fahrzeugprüfung,
die Bewachung von Gefängnissen und
viele andere Tätigkeiten wurden abgegeben.
Nur ein Beispiel von vielen: Die Post-Agenturen,
die bereits die Post-Ämter ersetzen, haben eine
Filiale in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehem. Saigon,
Vietnam) beauftragt, unleserliche, schwer zustellbare
Adressen auf Paketen zu entziffern.
Die Übertragung von Aufsichtsaufgaben ist
ebenfalls Teil dieser Politik. Hat ein Bürger eine
Streitigkeit mit einer Krankenkasse, entscheidet
nicht das Gericht, ob der strittige Betrag fällig
ist. Es sind die Krankenkassen selbst, die vom
Bundesrat einen diesbezüglichen Auftrag erhalten
haben. Die Kassen spielen nun eine Doppelrolle
als Richter und Partei, eine juristische und
demokratische Absurdität.
Aufgaben an Private abzugeben, mag ja attraktiv
erscheinen. Bund, Kantone oder Gemeinden
könnten sich auf die wichtigsten Aufgaben
konzentrieren. In Wirklichkeit beschädigt Auslagerung
die demokratische Kontrolle: sie wird
kompliziert, bürokratisch und ineffizient. Auslagerung
ist eine Quelle von Ungleichheit und
Ungerechtigkeit. Auch die Qualität der Dienstleistungen
für die Bürger ist nicht gewährleistet.
Dieses System bringt weder für die Bürgerin
noch für das Personal irgendeinen Vorteil.
Angesichts der Unzufriedenheit und der Beschwerden
von Bürger*innen haben viele Kantone
und Gemeinden einiges von dem, was sie
zuvor ausgelagert hatten, wiederhergestellt.
Wie viele Behörden müssen demnächst noch
zurückrudern, um den Bürgern wieder näher zu
kommen?
Nur scheinbar ein
faszinierendes Modell
Graziano Pestoni hat einen Master in
Wirtschaftswissenschaften der Universität
Lausanne, ist ehemaliger Leiter
der Gewerkschaft der öffentlichen
Dienste (VPOD) im Tessin und ehemaliges
Mitglied des Grossen Rates. Heute
ist er Vorsitzender des Gewerkschaftsbunds
Tessin und Moesa sowie Sekretär
der Tessiner Associazione per le difesa
del servizio pubblico.
Graziano ist Ehrenvorsitzender von
Europ Agora, einem Forum von Gewerkschaftern
des öffentlichen Dienstes aus
verschiedenen europäischen Ländern.
Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen
über den Service public, besonders
«Privatisierungen: Monopol des
Marktes und seine Auswirkungen»
(deutsche Ausgabe 2020), eine kritische
Analyse der Ereignisse in der Schweiz
und in der Welt, und, herausgegeben
von syndicom, «Die Privatisierung
der Schweizerischen Post: Ursprung,
Gründe, Konsequenzen» (2018).
7
Dossier
Freischaffende statt Festangestellte im Journalismus
Von der Auslagerung zur Allgemeinverbindlichkeit im Netzbau
Subunternehmen bei PostAuto
Kurze Geschichte der Externalisierung
Auslagerung
in den
syndicom-
Branchen
9
10 Dossier
Unternehmen in die
Verantwortung ziehen
Auslagerungen stellen uns Gewerkschaften
vor besondere Herausforderungen. Natürlich
sind wir dagegen. Zu verhindern sind sie nur
schwerlich. Oftmals müssen wir uns darauf
beschränken, sozialverträgliche Abfederungs-
Massnahmen zu verhandeln, um die negativen
Konsequenzen zu minimieren. Das bedeutet
aber nicht, dass wir uns damit begnügen.
Text: Christian Capacoel
Illustration: Die Illunauten
Externalisierung, Outsourcing oder Auslagerung: Diese
Begriffe bezeichnen in der Ökonomie die Abgabe von Unternehmensaufgaben
und -strukturen an externe Dienstleister.
Es ist eine spezielle Form des Fremdbezugs einer
bisher intern erbrachten Leistung, wobei Verträge die
Dauer und den Gegenstand der Leistung fixieren.
Auslagerungen sind klar zu unterscheiden von Partnerschaften
oder Kooperationen und folgen somit auch
nicht der «Win-win-Logik». Auch wenn es von den Unternehmen
oft so propagiert wird. So behauptete 2011 der
damalige CEO von DHL Freight Frankreich/Schweiz öffentlich,
dass bei Outsourcing in der Logistik der
Win-win-Gedanke im Vordergrund stehe. Das mag vielleicht
für die involvierten Unternehmen gelten, die sich
von der Arbeitsteilung Gewinne versprechen. Für die betroffenen
Mitarbeitenden gilt das in der Regel nicht.
«Win-win» gilt nur für das Unternehmen, für die
Angestellten nicht
Denn eine Hauptmotivation von Auslagerung sind Kosteneinsparungen.
Daher drohen den ausgelagerten Mitarbeitenden
Arbeitsplatzverlust, schlechtere Arbeitsbedingungen
oder ganz einfach ungewollte Veränderungen, die
sich auf die Lebensqualität auswirken. Wenn zum Beispiel
der Arbeitsweg plötzlich viel länger wird oder man
aus seinem gut funktionierenden Team gerissen wird.
Schutz durch branchenweite Verträge
Für uns als Gewerkschaft haben Auslagerungen eine weitere,
gefährliche Dimension. Wenn durch Auslagerung
Gesamtarbeitsverträge (GAV) umgangen werden, werden
gesicherte Arbeitsbedingungen untergraben. Deshalb ist
es für syndicom wichtig, Branchenverträge anzustreben –
wie ein solcher in der grafischen Industrie schon lange
existiert. Erfolgreich waren wir damit auch in der Netzinfrastruktur
und bei den Call- und Contactcentern, wo wir
heute über allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge
verfügen.
Aber es liegt in dieser Hinsicht noch viel Arbeit vor uns.
Sei es bei den Kurieren, wo wir die Allgemeinverbindlichkeit
anstreben (siehe Seite 17), oder bei den Zustellern, wo
ab 2021 ein vertragsloser Zustand droht (siehe Seite 20).
Aber auch bei den Postautounternehmen, den Subunternehmen
von PostAuto, streben wir einen GAV an (siehe
Seite 11).
Mit Gesamtarbeitsverträgen für gesamte Branchen
können wir nicht nur die Mitarbeitenden besser schützen
und negative Folgen von Auslagerungen eindämmen. Mit
Branchenverträgen tragen wir zu einem gesünderen Wettbewerb
bei, der über die Angebotsqualität funktioniert
und weniger auf dem Buckel der Mitarbeitenden ausgetragen
wird. Zusätzlich versetzen uns Branchenverträge in
eine bessere Position gegenüber den Arbeitgebern.
Doch auch Branchen-GAV haben ihre Grenzen: Sie wirken
nicht im Ausland. So können sich internationale Konzerne
ihrer Verantwortung entziehen. Deshalb unterstützen
wir die Konzernverantwortungs-Initiative, welche auf
internationaler Ebene einen Schritt in die richtige Richtung
darstellt.
Schweizer Medien aus dem Ausland?
Im September hat CH Media ein Sparprogramm von 30 Millionen
Franken angekündigt, im August hat die TX Group bekannt gegeben,
bei ihren Bezahlzeitungen 70 Millionen Franken sparen zu
wollen, die NZZ-Mediengruppe wiederum hat im Juni verlauten
lassen, die Kosten unternehmensweit um rund 13 Millionen
Franken zu senken.
Bei Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin syndicom und
Leiterin Sektor Medien, klingeln die Alarmglocken: «Wir machen
uns Sorgen um die Zukunft der Schweizer Medien.» Die Befürchtung:
Es könnten Massenentlassungen folgen und vermehrt
Produktionsschritte ins Ausland ausgelagert werden.
Bereits für viel Furore gesorgt hatte 2017 der Beschluss der
NZZ-Mediengruppe, einen Teil des Korrektorats nach Bosnien-
Herzegowina auszulagern, an die deutsche Firma tool-e-byte.
Diese hat auch Schwestergesellschaften in Spanien, Indien und
Südamerika und bietet von dort Korrektorat und andere Dienstleistungen,
etwa im Bereich von Textproduktion, Social Media
oder Kundenbetreuung, an. Steht der Verlagsbranche eine ähnliche
Entwicklung bevor, wie man sie aus dem Dienstleistungsoder
Informatiksektor kennt, wo in den vergangenen Jahrzehnten
immer mehr Jobs in Billiglohnländer ausgelagert wurden?
Stephanie Vonarburg kritisiert diese Tendenz scharf: «Damit
wird das Spardiktat auf dem Rücken der Schweizer Arbeitnehmenden
ausgetragen, weil ihre Lebenskosten höher sind als
im Ausland.» Es gibt weitere Beispiele: Die Bildredaktion von
Das Magazin befindet sich in Deutschland, das Service- und
Engineering-Center der TX in Serbien. Der Standort wurde dieses
Jahr sogar ausgebaut.
Auch eine andere Art von Externalisierung lässt sich hierzulande
beobachten: Einige Medien greifen immer mehr auf selbständige
Medienschaffende zurück, ob im Journalismus oder in
der Fotografie. Dies sei nicht per se schlecht, sagt Stephanie
Vonarburg: «Freelancer decken zum Teil Themen ab, für die es
keine Spezialist*innen in der Redaktion gibt, oder sie springen
zeitlich flexibel ein, wenn auf den Redaktionen niemand zur
Verfügung steht.»
Dafür brauche es aber anständige Vertragsverhältnisse und
Honorare. Die von syndicom mit dem SGB, dem SSM und mehreren
andern Medienverbänden lancierte Lohnstudie 2020 zeigt
jedoch: Das Gegenteil ist der Fall. Das Bruttomonatseinkommen
ist seit Jahren auf dem Sinkflug und die Hälfte der Freischaffenden
ist auf Zusatzverdienste ausserhalb des Journalismus
angewiesen. «Diese Quersubventionierung ist gefährlich», sagt
Stephanie Vonarburg, «journalistische Arbeit darf nicht zum
Luxus werden!»
Eva Hirschi
PostAuto: Gleichstellung der
Subunternehmen angestrebt
Text: Sheila Winkler
Bei PostAuto kann man streng genommen nicht von Auslagerungen
sprechen. Das System mit den sogenannten
Postautounter nehmen (PU), die im Auftrag von PostAuto
über die Hälfte der Postautolinien mit eigenen Fahrzeugen
und eigenem Personal betreiben, ist historisch gewachsen.
Als PostAuto ihr Angebot in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts immer mehr ausweitete, arbeitete
sie von Anfang an mit externen Partnern zusammen.
Warum das kaum jemand weiss? Von aussen ist der
Unterschied nur schwer ersichtlich. Sowohl die Busse als
auch das Fahrpersonal fahren im «Postautokleid». Nur
eine diskrete Beschriftung, meist am Heck des Busses,
weist auf den Namen des Subunternehmens hin.
Dennoch kämpfen wir auch hier mit den üblichen
Problemen von Subunternehmen. So gilt für das PU-Fahrpersonal
der PostAuto-GAV nicht. Seit 2016 gilt zumindest
ein verbessertes Reglement. Damit ist das PU-Personal
deutlich besser gestellt, aber eben nicht gleichgestellt.
Hinzu kommt, dass das Reglement nicht alle Chauffeur*innen
erfasst. Über 1000 Stunden löhner*innen mit
teils hohen Pensen und sogenannte Transportpartner
sind weder durch den GAV noch das PU-Reglement geschützt.
Die Gleichstellung aller Fahrer*innen, die ein Postauto
steuern, ist ein Ziel bei der Erneuerung des PostAuto-
GAV. Gleiche Arbeit muss gleich bezahlt werden und verdient
den gleichen Schutz. Deshalb streben wir einen
Gesamtarbeitsvertrag mit BUS CH, dem Verband der
Postautounternehmen, an.
Swisscom: Von der Auslagerung zur
Allgemeinverbindlichkeit
Die Auslagerung oder «verlängerte Werkbank» ist nicht nur im
verarbeitenden Gewerbe ein Begriff, sondern auch in der Telekommunikations-
und der IT-Branche schon lange Wirklichkeit.
Swisscom hat so den Bau der Netzinfrastruktur zuerst an das
Tochterunternehmen Cablex ausgelagert und später auch an
weitere Unternehmen Aufträge vergeben. Zuletzt wurde die
ganze Service-Sparte von Swisscom in Cablex integriert. Auch
bei den Contact-und-Callcenter-Dienstleistungen hat Swisscom
Auftragsvolumen an andere Unter nehmen übertragen.
Höherwertige Dienstleistungen verbleiben bei Swisscom.
Wir waren als Gewerkschaft bei diesen Auslagerungen in
der Mitwirkung beteiligt. So konnten wir erreichen, dass Cablex
dank eigenem Firmen-Gesamtarbeitsvertrag die besten Arbeitsbedingungen
in der Netzinfrastruktur-Branche erhielt. Wir verhandelten
zwar auch einen umfassenden Sozialplan.
Gleichzeitig schlugen wir aber eine Branchen-Strategie ein,
mit der wir die Arbeitswelt neu gestaltet haben: mit den eigenständigen
Service- Branchen Netzinfrastruktur sowie Contactund
Callcenter.
Das Versprechen, das wir den Betroffenen gegeben hatten,
konnten wir einlösen: Wir haben einerseits die Firmen-Gesamtarbeitsverträge
laufend weiterentwickelt. Andererseits konnten
wir Branchen-Gesamtarbeitsverträge für die Netzinfrastruktur
und die Callcenter unterzeichnen. Der Bundesrat hat diese für
allgemeinverbindlich erklärt. Damit gibt es in beiden Branchen
Mindestlöhne und minimale Arbeitsstandards. Dies reduziert
auch den Druck auf die Bedingungen der Mitarbeitenden bei
Cablex und Swisscom.
Nun wird nicht nur an Unternehmen in der Schweiz ausgelagert,
sondern auch ins Ausland – zum Beispiel in der IT.
Schweizer Unternehmen müssen ihre Verantwortung für die
Arbeitsbedingungen und die Menschenrechte über die ganze
Wertschöpfungskette und deshalb auch für die «verlängerte
Werkbank» wahrnehmen und darüber Rechenschaft ablegen.
Ein wichtiger Schritt dazu ist die Konzernverantwortungs -
Initiative.
Daniel Hügli
12
Dossier
Die letzte Meile soll kürzer werden:
Auslagerung in der Logistik
Der Paketmarkt boomt, immer mehr Dinge
werden uns von Zusteller*innen nach Hause
gebracht. Uns Kund*innen beschert das ein
bequemes Leben: Nach der Online-Bestellung
klingelt innert kürzester Zeit ein freundlicher
Fahrer an der Tür und bringt uns, fast ohne
Liefer kosten, das Päckli. Doch hinter dem
Lächeln verbirgt sich ein Arbeitstag voller
Stress und zu einem tiefen Lohn.
Text: Urs Zbinden
Bild: Die Illunauten
Die Öffnung des Postmarktes Ende der 1990er-Jahre hat
auch die Konkurrenz durch private Anbieter wie DHL oder
DPD erhöht und führt zu einem permanenten Preisdruck.
Die Zusteller*innen befinden sich ganz am Ende der sogenannten
«Supply Chain» (Lieferkette), sie bedienen die
«letzte Meile» vom Warenlager zum Kunden. In unserer
Warenwirtschaft spielt die «Supply Chain» eine zentrale
Rolle. Auf dem Markt setzt sich nicht nur durch, wer günstiger
produziert. Vielmehr muss auch die Ware möglichst
schnell bei der Kundschaft sein. Das erfordert eine ständige
Optimierung der Lieferkette.
Im Unterschied zum Container-Transport lässt sich
aber in der «letzten Meile» durch technologische Innovationen
kaum sparen. Drohnen sind ein hübsches Spielzeug,
können aber (noch) nicht regelmässig Zalando-Pakete
liefern. Deshalb muss bei den Arbeiter*innen gespart
werden, deren Lohn einen Grossteil der Kosten ausmacht.
Beim Personal der letzten Meile landet der
gesamte Kostendruck
Auslagerung ist ein beliebtes Modell, um Kosten zu senken.
Wenn dann gleich mehrere Subunternehmen um
Aufträge konkurrieren, wird es für die Auftraggeber noch
günstiger. In der Branche KEP (Kurier-, Express-, Paketdienste)
& Mail treffen wir das in den grös seren Unternehmen
fast durchgehend an: Bei DHL sind an einzelnen
Standorten fast zwei Drittel der Zusteller*innen bei Subunternehmen
angestellt. DPD hat gar keine eigenen Zusteller*innen.
Diese Angestellten sind das letzte Glied der
Lieferkette und sie tragen den Kostendruck. Im Unterschied
zu Festangestellten fahren die Zusteller*innen eines
Subunternehmens Touren mit oft wesentlich mehr
Stopps. Ein kleiner Fehler kann zu einem Abzug am sowieso
tiefen Lohn führen. Der Arbeitstag beginnt frühmorgens
und endet spät, wenn alle Pakete ausgeliefert sind.
Häufig ist ein Teil des Tages nicht bezahlt, und Pausen
werden fast keine gemacht. Wird die Situation der Subunternehmen
einmal von einem Medium wie dem Kassensturz
aufgegriffen, reichen die auslagernden Betriebe die
Verantwortung an die Subunternehmen weiter.
Diese Verhältnisse werden von Gewerkschaften weltweit
aufgegriffen. Ein Blick über die Grenze zeigt, dass in
Deutschland ein Gesetz zur Haftung von Subunternehmern
erlassen wurde. syndicom wollte in eine ähnliche
Richtung gehen und mit einer Subunternehmer-Haftung
im GAV die Situation verbessern. Dass es Regulierungen
braucht, zeigt auch Italien, wo eine gewerkschaftliche Bewegung
von Zusteller*innen mit Blockaden und Kampfmassnahmen
seit 2010 erfolgreich für die Verbesserung
der Arbeitsbedingungen kämpft.
syndicom.ch/branchen/logistik/kepmail
Dossier
Was die Wertschöpfung mit der
Wertabschöpfung zu tun hat
13
Der Buchautor und Wirtschaftsjournalist
Werner Vontobel schreibt für das syndicom-
Magazin eine persönliche «Kurze Geschichte
der Externalisierung».
Text: Werner Vontobel
Bilder: Die Illunauten
Als ich in den frühen 1970er-Jahren an der Werdstrasse 21
beim TagesAnzeiger anfing, wusste ich, dass alle, die in
diesem Gebäude arbeiteten – Journalistinnen, Metteure,
Drucker, Kantinenpersonal usw. beim Tagi angestellt und
bei derselben Pensionskasse versichert waren. Recherchiert
habe ich das zwar nicht, aber man konnte einfach
davon ausgehen. Das war damals so.
Und weil der Tagi mit dem Stellenanzeiger viel Geld
verdiente, waren wir alle sehr produktiv, was sich irgendwie
auch im Lohn niederschlug. Das galt auch für die Verträger,
mit denen ich nach dem Spätdienst manchmal
noch ein Wort wechselte. Auch sie waren produktiv. Ohne
ihren Einsatz hätte niemand unsere Texte gelesen, von
den Inseraten ganz zu schweigen.
Nachdem ich Ende der 1980er zu Ringier bzw. zu Cash
wechselte, war schon die Sache mit dem Shareholder-
Value über uns hinweggefegt. Deshalb «wusste» man, dass
ein Unternehmen dann am produktivsten ist, wenn es
sich auf seine Kernkompetenz beschränkt. Alles andere –
die Kantine, der Gebäudeunterhalt, der Vertrieb – gehört
«externalisiert», muss in die Hände von Spezialisten gelegt
werden.
Damals lernte ich auch die ersten Opfer der Externalisierung
persönlich kennen: Antonio und seine Frau putzten
abends unsere Redaktionsräume an der Badener strasse.
Und wenn die Nonna nicht da war, brachten sie
manchmal ihre kleine Tochter mit und wir halfen beim
Hüten. So kam man ins Gespräch. Die zwei beiden waren
zwar nicht bei Ringier auf der Lohnliste, gehörten aber irgendwie
dazu und hatten einen einigermassen anständigen
Lohn.
Als der Vermieter, die KPMG, ein grosses Reinigungsinstitut
engagierte, das Stundenlöhne deutlich unter 20
Franken zahlte, baten ein Kollege und ich die zuständigen
Herren zu einer Aussprache. Wir fanden es nicht in Ordnung,
dass wir – geschweige denn die noch besser bezahlten
Treuhänder und Rechnungsprüfer – die Löhne von
Leuten drückten, die eh schon drei- bis fünfmal weniger
verdienten als wir. Doch Antonio war nicht zu retten. Fortan
machten gesichtslose, ständig wechselnde uniformierte
Gestalten unsere Schreibtische sauber.
Viel später war ich mit einem Key-Account-Manager
bei einem der Marktführer im Facility-Management befreundet.
Nennen wir ihn Peter M. Sein Job bestand im
Wesentlichen darin, mit Grosskunden neue Verträge auszuhandeln
oder alte zu verlängern. In die Enge getrieben,
focht er oft mit denselben Argumenten wie ich Jahre zuvor:
«Ihr könnt doch nicht die Löhne von Leuten drücken,
die ohnehin sehr viel weniger verdienen als ihr.» Wenn es
darum ging, einen Vertrag nicht zu verlängern, wies er sie
auf die praktischen Konsequenzen hin. «Ihr habt auch
eine Verantwortung gegenüber den Leuten, die euren
Dreck wegputzen oder eure Heizung unterhalten. Wir
können zwar einige anderswo beschäftigen, aber das bedeutet:
Neuer Arbeitsweg, neue Arbeitszeiten, wahrscheinlich
ein kürzeres Pensum, weniger Lohn ...»
Doch, ab und zu hätten diese Argumente gestochen,
sagt mein Freund, meistens aber nicht. Der Grund dafür
sei der: Früher hatte der Leiter der Produktion nebenbei
auch noch die Leute eingestellt, die das Gebäude in Schuss
hielten. Mit der Mode der Externalisierung sind in allen
grösseren Unternehmen die Kompetenzen der Einkaufsabteilungen
ausgeweitet worden. Die kaufen nun
nicht mehr nur Material und Maschinen ein, sondern
auch (die outgesourcten) Dienstleistungen. Die Leistung
dieser Beschaffungsspezialisten wird daran gemessen,
wie viel Geld sie durch harte Verhandlungen einsparen.
Das bewirkt auch, dass solche Verträge immer nur wenige
oder gar nur ein Jahr lang in Kraft sind. Dann wird neu
ausgeschrieben, werden die Kriterien der Ausschreibung
verfeinert, das Kostensenkungsziel verschärft und so weiter.
Wer nicht öfter mal die Lieferanten wechselt, macht
sich verdächtig oder gar überflüssig.
Andererseits kann – um bei diesen Beispiel zu bleiben
– ein auf Gebäudeunterhalt spezialisiertes Unternehmen
viel mehr Know-how entwickeln, die Mitarbeiter weiterbilden,
ihnen eine Karrierechance eröffnen, was bei einer
internen Hauswartung kaum möglich ist. «Unser» Antonio
und seine Frau könnten somit vermutlich in einem externalisierten,
sprich spezialisierten Betrieb deutlich effizienter
arbeiten. Im konkreten Fall hätten sie dort aber
trotz der höheren Produktivität deutlich weniger verdient.
Damals lernte ich
die ersten Opfer der
Externalisierung
persönlich kennen:
Antonio und seine Frau
14
Dossier
«Als Anhängsel von Ringier war Antonio Teil der Wertschöpfung
eines Medienbetriebs. Bei der Festsetzung
seines Lohns spielte das mit. Nachher nicht mehr.»
Für die weltweiten
Multis gehört
Externalisierung
zur DNA.
Wie passt das zusammen? Als Anhängsel von Ringier war
Antonio Teil der Wertschöpfungskette eines lukrativen
Medienbetriebs. Bei der Festsetzung seines Lohns spielte
diese Betrachtungsweise irgendwie mit. Wird dieselbe Tätigkeit
jedoch ausgelagert, wird der Lohn durch den Bieterwettbewerb
der Reinigungsfirmen bestimmt. Antonios
Wertschöpfung ist zwar grösser, doch seine Wertabschöpfung
wird nun durch das tiefste Angebot der Konkurrenz
bestimmt. Entsprechend können die übrigen Glieder der
Kette mehr Wert für sich abschöpfen.
Damit dies nicht zu einem ruinösen Wettbewerb führt,
braucht es nicht nur arbeitsrechtliche Minima, sondern
auch branchenspezifische, sozialpartnerschaftliche Lösungen:
Mindestlöhne, Ausbildungsvereinbarungen usw.
Solche Arrangements sind, wie ich von Peter M. gelernt
habe, auch im Interesse der Branchenleader. Sie wollen
nicht, dass ihr Markt verludert. Sie müssen langfristig planen
und wollen geordnete Verhältnisse und eine stabile
Belegschaft. Da sei es natürlich hilfreich, wenn man die
Verhandlungspartner auf den Gesamtarbeitsvertrag und
auf die geltenden Mindestlöhne hinweisen könne. Zudem
wissen die Branchenleader dank ihren Kontakten mit der
Presse, dass ein fehlbarer Grosser die besseren Schlagzeilen
liefert als irgendein Kleinunternehmer.
Für die weltweit aufgestellten Multis hingegen sind
Mindestlöhne nur ein Grund, sich einen noch günstigeren
Standort zu suchen – oder damit zu drohen. Für sie gehört
die Externalisierung zur DNA. Ihre CEOs sind keine
Unternehmer im alten Sinn. Vielmehr sind sie eine Art
Transmissionsriemen zwischen der Realwirtschaft und
den Finanz märkten, in deren Auftrag sie ein «Portfolio»
von lukra tiven Tätigkeiten verwalten. Der Kauf und Verkauf
von Unternehmen und die Optimierung der Standorte
für Produktion, Forschung, Vertrieb, Verwaltung und
Profit bzw. Gewinnsteuer ist ihr Kerngeschäft und wird
vom Kapital markt laufend beobachtet und mit Kurssprüngen
belohnt oder bestraft.
Dieser Zwang, den kapriziösen Kapitalmärkten zu gefallen,
ist nicht nur volks-, sondern auch betriebswirtschaftlich
schädlich. Die Verlagerung von Standorten
dient nicht mehr dem Zweck der optimalen Produktion.
Vielmehr geht es um Sozialarbitrage: Man produziert
dort, wo die Löhne am tiefsten und die Gewerkschaften
schwach sind. Das ist in der Regel mit einem technologischen
Rückschritt verbunden. Man organisiert die Arbeit
plakativ formuliert so, dass man eine qualifizierte und
entsprechend teure Arbeitsstunde mit drei Stunden einer
jederzeit ersetzbaren «Wegwerfarbeitskraft» ersetzen
kann. Das bedeutet monotone, von Aufsehern streng kontrollierte
Arbeit: Arbeit, die kaputt macht, für Produkte,
die oft niemand wirklich braucht.
Doch was die Multis durch externalisierende Ausbeutung
gewinnen, verdampft oft in den teuren Wasserköpfen.
Das ist die Chance für die intelligent, sprich intern,
produzierende Konkurrenz, ihre Stärke auszuspielen.
Die Webseite des Autors:
werner-vontobel.ch
Illustrationen
Für diese Nummer haben wir uns entschieden, von unserem
Konzept der «Fotostrecken» abzuweichen. Sowohl die ausgelagerten
als auch die verbliebenen Mitarbeitenden auf
ein Bild zu bringen, ist naturgemäss schwierig. Stattdessen
sollten gezeichnete Illustrationen das Thema ergänzen, um
mehr Aussagekraft zu erreichen.
Die beauftragten Illunauten, das sind Barbara Seiler und Annina
Burkhard, haben ganz ihrem Stil folgend die ausgelagerten
Personen als «grünen Faden» durch die ganze Strecke
gezogen. Mehr von den Illunauten: illunauten.ch/portfolio
Annina Burkhard und Barbara Seiler sind nicht nur passionierte
Illustratorinnen mit Abschluss und beruflichem Hintergrund
im grafischen Bereich. Sie engagieren sich auch für
faire Bezahlung von freischaffenden Illustrator*innen. Dafür
haben sie sich mit anderen Kolleg*innen zu einem Kollektiv
formiert und sich syndicom angeschlossen. Am 13. November
findet die Gründungsveranstaltung statt.
Mehr unter syndicom.ch/illustration
Kaufen und gekauft werden 2018
Die Unternehmen lagern nicht nur aus. Sie kaufen, übernehmen, fusionieren,
gründen Spin-offs oder veräussern Anteile. Davon sind die Arbeitnehmenden
betroffen, wenn sie von einem Tag auf den anderen zu einer anderen Firma
gehören oder Restrukturierungen erleiden müssen. Wie sehen die Geldflüsse
dazu aus? Ist die Schweiz eher Käufer oder wird sie «ausverkauft»? Machen
wir uns ein Bild.
ISL
20
465
29
SWE
3 491
248 GBR
1 571
11 NLD
121
81
DNK
6 572
10
POL
17
RUS
1 551
32
LUX
DEU
1 232
27
SVK
7 461
FRA
LIE
32
9
HRV
ESP
176
3 808
11
ITA
4 822
Die europäische Perspektive
Wo kaufen und übernehmen Schweizer Unternehmen?
Und wohin werden sie verkauft oder
fusioniert?
Bieter sind Schweizer Unternehmen
Schweizer Unternehmen sind Ziele
Werte in Millionen US-Dollar. Die Zahlen beziehen
sich auf die grössten grenzüberschreitenden
Geschäfte und erheben keinen Anspruch auf
Vollständigkeit.
Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 2019
Die weltweite Perspektive
Wo kaufen und übernehmen Schweizer Unternehmen? Und wohin
werden sie verkauft oder fusioniert? Werte in Millionen US-Dollar.
Branchen
In welcher Branche wird fleissig fusioniert oder werden Unternehmen
zugekauft? Gemessen an der Anzahl Transaktionen.
Bieter sind Schweizer Unternehmen
Schweizer Unternehmen sind Ziele
22% Andere Branchen
18% Industrie
Asien
3 606
12 538
Mittlerer Osten
Südamerika
Nordamerika
115
2 564
564
0
11 451
27 523
4% Energie
5% Rohstoffe
4% Chemie
12% Finanzdienstleistungen
12%
Konsumgüter
9% Pharma &
Life Sciences
14% Technologie, Medien &
Telekommunikation
Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 2019 Quelle: KPMG’s Clarity on Mergers & Acquisitions 2019
16
Eine bessere
Arbeitswelt
Warum immer dieses Versteckspiel?
Keine Information der Öffentlichkeit. Kein Einbezug von
syndicom. Die Post hielt es nicht für nötig. Sie startete im
September einen Test mit möglicherweise weitreichenden
Folgen für den postalischen Service public.
Mitte August erhielten die Bewohner*innen von Bassecourt
(JU) und Aesch (BL) brieflich die Aufforderung, die
Post von morgen mitzugestalten. Sie sollten die Wochentage
angeben, an denen sie Post erhalten wollen.
Angepriesen wurde der neue, schmalere Service mit folgenden
Vorteilen: Es könnten unnötige Wege zum Postfach
gespart, die Anwesenheitstage zu Hause besser geplant
und verpasste Briefsendungen vermieden werden.
Auf Anfrage bestreitet die Post, dass hinter dem Test
Abbau- und oder Sparabsichten stünden. Die Post macht
sich damit unglaubwürdig. Sie täte besser daran, transparent
zu kommunizieren und die Sozialpartner frühzeitig
einzubeziehen. Alles andere führt nur zu mehr Widerstand.
Eine Zustellung an allen Wochentagen bleibt Teil des
Service public.
Christian Capacoel
Klar und deutlich wie ein Briefkasten:
so sollte die Post kommunizieren.
(© syndicom)
Der RTS-Beitrag zum Test mit dem Namen «Post à la carte»:
Bit.ly/2SIvNXZ
Massenentlassung
bei DXC Technology:
im Fokus Leute ab 54!
Giorgio Pardini, Leiter Sektor ICT
Der IT-Dienstleister DXC Technology
beschäftigt in der Schweiz rund 600
Angestellte; weltweit sind es 160 000.
Der rückläufige Umsatz im ersten
Quartal 2020 hatte den Beschluss zur
Folge, dass die Kosteneinsparungen
zum grossen Teil das Personal zu tragen
hat. Weltweit werden 4500 Stellen
gestrichen. In der Schweiz sind 116
Mitarbeitende betroffen.
Die Umsetzung der Massenentlassung
ist skandalös: Der Abbau ist gezielt
auf ältere Mitarbeitende ausgerichtet!
In erster Linie Personen ab 54
sind betroffen, trotz Protesten seitens
der Personalvertretung.
Mit der Ernennung eines neuen
Geschäftsführers von DXC Technology
Switzerland erklärte das Unternehmen
im Februar 2019 wörtlich, DXC
gehöre zu den «besten Corporate Citizens
weltweit». Wenn ein Personalabbau
nur auf ältere Mitarbeitende abzielt,
ist es zynisch, sich öffentlich als
«guter Bürger» präsentieren zu wollen.
DXC betreibt offensichtlich Etikettenschwindel!
DXC müsste in Zukunft von öffentlichen
IT-Aufträgen ausgeschlossen
werden. Zudem sollten bundesnahe
Betriebe und verantwortungsvolle Unternehmen
überprüfen, ob sie mit solchen
Partnern weiterhin zusammenarbeiten
wollen.
Geschäftspraktiken wie diejenige
von DXC Technology schaden dem Ruf
der ICT-Branche und gehen zu Lasten
der Steuerzahler*innen. Denn Statistiken
vom Bund belegen seit Jahren,
dass Erwerbslose ab dem 45. Altersjahr
mit rund 40 % die grösste Gruppe
sind, die von der Aussteuerung aus der
Arbeitslosenkasse betroffen ist. Nach
der Aussteuerung führt der Weg zur
Sozialhilfe. Es erstaunt nicht, dass auf
politischer Ebene der Ruf nach besserem
Kündigungsschutz für ältere Mitarbeitende
immer lauter wird.
«Uber Eats wird sich erst an Schweizer Gesetze halten, wenn sich
die Schweizer Behörden ebenfalls dafür interessieren.» Matthias Loosli
17
Rechtsstaat setzt sich durch –
leider nur in Genf und Waadt
Endlich Schluss mit der Scheinselbständigkeit bei Uber Eats in
Genf. Das «Business-Modell» hat sein verdientes Ende gefunden,
die Angestellten werden angestellt. Die anderen Kantone
müssen nachziehen.
Der Kanton Genf hat vor über einem
Jahr die ersten rechtlichen Schritte
gegen das Uber-Geschäftsmodell der
Scheinselbständigkeit eingeleitet. In
diesen Wochen haben nun 500
Uber-Eats-Kuriere und -Kurierinnen
in Genf einen Arbeitsvertrag erhalten.
Genf hat gezeigt, dass die Kantone in
der Lage und damit auch in der Pflicht
sind, Gesetze durchzusetzen. Leider
kommt ausser dem Kanton Waadt
weiter kein anderer Kanton seiner Verpflichtung
nach, die Arbeitsgesetze
durchzusetzen.
Gar nicht neu:
Uber nutzt uralten Schwindel
Dabei ist es völlig trivial: Die Scheinselbständigkeit
ist ein Klassiker in der
Umgehung unserer Arbeitsgesetze.
Auch wenn unsere Gesetze teilweise
mit der Digitalisierung nicht Schritt
halten: Das hier hat nichts mit Digitalisierung
oder Plattform-Arbeit zu tun.
Uber scheiterte nicht deshalb, weil unser
Arbeitsgesetz veraltet wäre, wie behauptet
wurde. Vielmehr scheitern sie
an unseren Gesetzen zum Arbeitnehmendenschutz.
Und sie scheitern an
den gesetz lichen Verpflichtungen der
Sozialversicherungen. Der Umstand,
dass Uber in vielen Teilen der Welt
sein Geschäftsmodell durchsetzen
kann, bedeutet nicht, es in der Schweiz
akzeptieren zu müssen.
«Inka»-Firma stellt die
Scheinselbständigen an
Das hat nun auch der Weltkonzern
eingesehen. Uber stellt das Modell der
Zusammenarbeit mit scheinselbständigen
Kurier*innen in Genf ein. Künftig
wird eine andere Firma die Plattform
Uber nutzen – mit eigenen Kurier*innen.
Diese Firma namens
Chaskis (der Name ist abgeleitet von
Melde läufern bei den Inkas) wird die
Kurier*innen regulär beschäftigen.
Dabei ist klar: Mit dem Erbringen
dieser Dienstleistungen wird die Firma
Chaskis meldepflichtig gemäss
dem Postgesetz. Das Postgesetz verlangt
von meldepflichtigen Firmen,
dass sie GAV-Verhandlungen mit einer
Gewerkschaft führen, die in der
Postdienstbranche repräsentativ ist.
syndicom ist die Gewerkschaft der
Kurier*innen und hat bereits mit
17 Kurierfirmen einen Gesamtarbeitsvertrag
abgeschlossen. Zum einen via
den Branchen-GAV mit dem Arbeitgeberverband
Swiss Messenger Logistics
(SML), zum anderen mit der Post-
Tochter Notime AG.
syndicom fordert von der Firma
Chaskis, GAV-Verhandlungen aufzunehmen.
Oder sie treten dem Arbeitgeberverband
SML bei und schliessen
sich dem «GAV Velokurier und urbane
Kurierdienstleistungen» an. «Der
Staat hat in Genf seine Pflicht getan.
Jetzt ist die Gewerkschaft syndicom
gefordert», meint David Roth, Zentralsekretär
Logistik bei syndicom.
Der Wettbewerb muss über Qualität
gehen, nicht über Tieflöhne
Uber Eats – als global operierendes
Unternehmen – wird sich erst dann an
Schweizer Gesetze halten, wenn sich
die Schweizer Behörden auch für deren
Durchsetzung interessieren.
syndicom hat bereits vor drei Jahren
gewarnt, dass es nicht mehr lange
geht, bis die Multis in die Schweiz
drängen. Das hat sich nun bestätigt:
In der Essensauslieferung wurden innert
Kürze viele Schweizer Anbieter
verdrängt. Selbst die Post-eigene Firma
Notime konnte sich nicht mehr
dagegen stemmen. In einem Markt
mit knappen Margen und internationalen
Firmen mit Risikokapital im
Rücken ist das nicht verwunderlich.
Der GAV braucht jetzt die
Allgemeinverbindlichkeit
Umso drängender wird die Allgemeinverbindlicherklärung
des GAV Velokurier
und urbane Kurierdienstleistungen.
Unabhängig davon, ob ein Kebab
oder ein Burger geliefert wird, und
egal, ob ein lokaler Kurier, Uber Eats
oder Eat.ch die Ware liefert – entscheidend
ist: Der Wettbewerb muss über
die Qualität der Dienstleistung und
nicht über die Arbeitsbedingungen
stattfinden.
Unter diesen Rahmenbedingungen
werden auch die lokal sehr stark
verankerten Velokurierfirmen ihre
Nische finden. Viele Restaurants werden
es vorziehen, ihre regionale Produktion
mit einem regional verankerten
Kurier auszuliefern, während internationale
Fastfoodketten auch auf
Kurier-Multis setzen werden. syndicom
ist seit Jahren engagiert, diese
Entwicklung zu antizipieren und ein
vielfältiges Angebot von Arbeitsplätzen
mit anständigen Arbeitsbedingungen
zu erhalten.
Matthias Loosli
Artikel zum Thema auf syndicom.ch:
Bit.ly/3iCs1Kc
Ein GAV für alle Foodkuriere? Genf hat nun einen wegweisenden Entscheid getroffen. (© syndicom)
18
Arbeitswelt
«Auch die Absicherung durch einen Gesamtarbeitsvertrag
gehört in die Gesetzesvorlage.» Stephanie Vonarburg
Medienförderung ist ein
Gesamtpaket
Eine hauchdünne Kommissions-Mehrheit wollte noch Ende
August die Medienförderung aufsplitten und das Thema
Onlinemedien vertagen. Jetzt muss die Kommission sie wieder
integrieren. Es gibt keine Zukunft ohne die Onlinemedien.
syndicom begrüsst den Entscheid des
Nationalrats, der das Massnahmenpaket
zur Förderung der Medien in
der September-Session wieder zu -
sam menführt. Eine äusserst knappe
Mehr heit der zuständigen Kommission
wollte Ende August die Vorlage
noch aufsplitten und so die Onlinemedien-Förderung
auf die lange Bank
schieben. Der Antrag der grünen Genfer
Nationalrätin Isabelle Pasquier-
Eichen berger fand aber eine schlussendlich
klare Mehrheit: Jetzt muss die
Kommission im Auftrag des Nationalrats
nochmals über die Bücher und
das Paket wieder zusammenbringen.
Die Onlinemedien tragen zur Medienvielfalt genauso
bei wie die gedruckte Presse. (© syndicom)
Die ganze Branche hat appelliert
Insgesamt 10 Organisationen der Medienbranche
hatten am 7. September
in einem gemeinsamen Aufruf an
die Nationalrät*innen appelliert, den
knappen Entscheid der vorberatenden
Kommission rückgängig zu machen.
Ziel: den abgespaltenen Teil der
Förderung einheimischer Onlinemedien
wieder ins Gesamtpaket integrieren.
Die breite Abstützung des Appells,
für den sich auch syndicom eingesetzt
hat, ist wegweisend. Von den
Unternehmensvertretungen in Print,
Radio, TV und Online (besonders dem
Westschweizer Verband Médias Suisses
und dem Verband Medien mit Zukunft)
zu den Mediengewerkschaften
hat die gesamte Branche unterzeichnet.
Nur der Deutsch schweizer Verlegerverband
war nicht dabei. Immerhin
hat er sich kurz vor der Debatte im
Nationalrat durchgerungen, ebenfalls
die Zusammenführung der drei Teile
zu fordern.
Ein Paket aus drei Teilen
Zum Förderpaket gehören die folgenden
drei Teile: die substanzielle Aufstockung
der indirekten Presseförderung
für die Zustellung von Zeitungen
und Zeitschriften per Post und per
Frühzustellung, zweitens die Unterstützung
der gemeinwirtschaftlichen
Anliegen: Nachrichtenagentur, journalistische
Aus- und Weiterbildung,
ethische Selbstregulierung (Presserat)
und gemeinsame IT-Projekte der
Branche. Und dazu gehört eben drittens
die Onlinemedien-Förderung im
Umfang von mindestens 30 Millionen
Franken. Nur so wird es ein zukunftsgerichtetes
Gesamtpaket, das nicht
einzelne Bereiche und grosse Unternehmen
einseitig bevorteilt, sondern
auch junge Medien einbezieht.
Bedenklich ist, dass die Vorlage
nun wohl mindestens ein halbes Jahr
Verzögerung erfährt. Die erneute Behandlung
in der Kommission bietet
aber gleichzeitig die Möglichkeit,
das Anliegen der Medienschaffenden
nach einer Absicherung ihrer Arbeitsbedingungen
in einem Gesamtarbeitsvertrag
als Bedingung für den Empfang
von Subventionen in die Vorlage
aufzunehmen.
Die kürzlich publizierte Studie
über die Löhne und Arbeitsbedingungen
in den Medien belegt, dass die
Arbeitsbedingungen der Medienschaffenden
dort wesentlich besser,
und die Lohndiskrepanzen zwischen
den Geschlechtern und Mediengattungen
dort geringer sind, wo es einen
GAV gibt.
Eine sinnvolle Medienförderung
zum Erhalt der Medien- und Meinungsvielfalt
fokussiert auf die Qualität
des Journalismus, die auf Dauer
nur mit guten Arbeitsbedingungen gewährleistet
werden kann.
Stephanie Vonarburg
Zum Thema auf syndicom.ch:
Bit.ly/2IoLQs3
Die Session der Frauen
Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung,
Mitglied der Geschäftsleitung
Parallel zur Herbstsession des Parlaments
fand am 11./12. September die
1. Feministische Sondersession in
Bern statt. Gewerkschaftsfrauen disku
tierten mit ca. hundert anwesenden
Frauen in 20 Workshops über Kinderbetreuung,
Gewalt gegen Frauen, Partizipationsformen,
Migration – und
über Geld. Zita Küng von der Feministischen
Fakultät präsentierte drei Zahlen
zum «Makroskandal, dem Betrug
an Frauen», berechnet von der Ökonomin
Mascha Madörin.
«100 Milliarden»
Die Frauen in der Schweiz haben jährlich
100 Milliarden Franken weniger
Einkommen als Männer! Obwohl
Frauen und Männer gleich viele Stunden
arbeiten.
«248 Milliarden»
Der monetäre Wert der unbezahlten
Arbeit der Frauen beträgt jährlich
248 Milliarden Franken! Mehr als alle
Ausgaben, die der Bund, alle Kantone
und alle Gemeinden tätigen.
«1 Milliarde»
Rund 1 Milliarde Stunden arbeiten
Frauen jährlich unbezahlt nur für die
Kinderbetreuung! Fast doppelt so
lang wie alle Männer im Baugewerbe.
Der Vergleich macht erst fassbar, was
diese gigantischen Zahlen tatsächlich
bedeuten.
«40- bis 54-Jährige gaben häufig an, aus beruflichen
Gründen keine Zeit für Weiterbildung zu haben.» Riccardo Pardini
19
#uptodate: Wie ICT-Beschäftigte
in der Schweiz sich weiterbilden
Eine Studie im Auftrag von syndicom ergibt, dass IT-Beschäftigte
nicht mehr Weiterbildungen besuchen als andere. Die Branche
tut gut daran, für strukturelle Verbesserungen zu sorgen.
Berufsorientierte Weiterbildung ist
wichtig in der Branche Informationsund
Kommunikationstechnologie
(ICT), das ist unbestritten. Angesichts
steigenden Fachkräftemangels tut die
ICT-Branche gut daran, in die Weiterbildung
der Arbeitnehmenden zu investieren.
Über die Weiterbildungspraxis
von ICT-Beschäftigten in der
Schweiz ist allerdings noch wenig bekannt.
Im Auftrag von syndicom untersuchte
die Fachhochschule Nordwestschweiz
die Bedeutung der berufsorientierten
Weiterbildung für die
Arbeitsmarktfähigkeit der ICT-Beschäftigten.
ICT-Weiterbildung liegt im Mittelfeld
Rund ein Drittel aller Beschäftigten
der ICT-Branche nahmen 2017 an einer
Weiterbildung oder weiterbildungsähnlichen
Aktivität teil – überwiegend
aus beruflichen Gründen.
Die Teilnahme ist im Vergleich mit anderen
Branchen durchschnittlich.
Daraus lässt sich nicht folgern, dass es
ein geringes Interesse an Weiterbildung
gäbe. Im Gegenteil: Gemäss der
Online-Umfrage sind sogar 80 % der
Befragten bereit, ihre Freizeit und eigene
finanzielle Mittel für Weiterbildungszwecke
einzusetzen.
Ist die Weiterbildung im GAV geregelt, erhalten
die Mitarbeitenden eher finanzielle Unterstützung.
(© stock.adobe/auremar)
Schritt halten, Fachwissen erweitern
ICT-Beschäftigte beurteilen Weiterbildung
als wichtig für den Erhalt und
die Entwicklung ihrer Arbeitsmarktfähigkeit.
Genutzt werden die Besuche
vorwiegend, um das Fachwissen zu erweitern,
zu aktualisieren oder neue arbeitsrelevante
Inhalte zu erlernen. Sie
dienen auch dazu, mit den organisationalen
und technologischen Veränderungen
am Arbeitsplatz Schritt zu halten.
Damit ICT-Beschäftigte sowohl
an ihrem Arbeitsplatz direkt benötigte
Inhalte erlernen als auch ihre Arbeitsmarktchancen
längerfristig verbessern
können, ist eine Kombination
von Weiterbildungen nötig.
Regelungen im Arbeitsvertrag
wirken positiv
Aus der Umfrage geht hervor, dass von
70 % der ICT-Beschäftigten Weiterbildungsteilnahmen
erwartet werden,
und bei 80 % der Befragten wurde der
letzte Besuch vom Arbeitgeber finanziell
unterstützt. Weiterbildungsregelungen
in Arbeitsverträgen wirken
sich positiv auf die Weiterbildungskonditionen
der Beschäftigten aus. Einerseits
erhalten jene mit Regelungen
eher finanzielle Unterstützung für
ihre Weiterbildungsaktivitäten. Andererseits
haben die Befragten ohne Regelungen
im Arbeitsvertrag häufiger
angegeben, aus Zeitmangel im vorhergehenden
Jahr keine Weiterbildung
besucht zu haben.
Demografische Unterschiede
ICT-Beschäftigte ohne Hochschulabschluss
oder höhere Berufsbildung
besuchen weniger Weiterbildungen
als jene mit Abschluss, obschon beide
Gruppen gleiches Interesse bekunden,
an Bildungsaktivitäten teilzunehmen.
Die Weiterbildungsteilnahme
unterscheidet sich auch nach
Geschlecht: Die befragten Frauen
nehmen viel weniger häufig an Weiterbildungen
teil als die befragten Männer.
Obschon ältere und jüngere
ICT-Berufstätige ähnlich häufig Weiterbildungen
besuchen, erhalten
55-jährige und ältere Beschäftigte
häufiger finanzielle Unterstützung
von den Arbeitgebern. Die Personen
zwischen 40 und 54 Jahren gaben
deutlich häufiger an, keine Zeit für
Weiterbildungen zu haben, weil sie
beruflich zu stark eingebunden seien.
Riccardo Pardini,
Soziologe, Institut Sozialplanung, Organisationaler
Wandel und Stadtentwicklung
der Hochschule für Soziale
Arbeit der FH Nordwestschweiz
Die Studie «#uptodate: Arbeitsmarktfähigkeit von
ICT-Beschäftigten in der Schweiz» von Riccardo
Pardini, Nora Meuli und Carlo Knöpfel gibt es ab
Ende Oktober im Seismo-Verlag.
Massenentlassung
bei der Notime AG
Noch bevor die Tinte auf dem neuen
Gesamtarbeitsvertrag der Notime AG
trocknen konnte, sind deren Kuriere
und Kurierin nen betroffen von einer
Massen entlassung. Auslöser war die
europaweite Fusion von Takeaway.
com und Justeat, die nun die Aufträge
von Eat.ch ausführen. Eat.ch war der
grösste Auftraggeber von Notime im
Food-Geschäft – ein Klumpenrisiko
also, das nun schlimme Folgen hat für
die Kurier*innen von Notime.
Die Kündigungen wurden im Verlauf
des Oktober ausgesprochen. Entsprechend
hat der GAV, der am 1. Oktober
in Kraft trat, bereits Gültigkeit.
Das bedeutet: die Fahrer*innen, die
im Schnitt mehr als 40 % gearbeitet
haben, profitieren von den Garantien
des GAV. In der Diskussion mit syndicom
hat Notime in Aussicht gestellt,
dass einige Kurier*innen im E-Commerce
weiterarbeiten können. Auch
beim Übertritt zu Take away.com wird
den Fahrer*innen geholfen, was für
einige eine gute Option ist.
Aber in den jetzt angelaufenen
Sozialplanverhandlungen wird syndicom
weitergehende Forderungen formulieren,
damit nicht die Angestellten
die Konsequenzen aus dem unternehmerischen
Risiko tragen müssen.
syndicom wird versuchen, so rasch
als möglich Kontakt mit Takeaway.
com herzustellen, um eine Sozialpartnerschaft
zu etablieren. Auch dieser
internationale Konzern muss sich an
die Gesetze in der Schweiz halten. Und
das Postgesetz schreibt eine GAV-Verhandlungspflicht
für diese Art von
Logistikdienstleistungen vor. (mlo)
Der gesamte GAV notime:
syndicom.ch/gavnotime
20 Arbeitswelt
«Der Arbeitgeberverband KEP & Mail hat eine wichtige Chance
verpasst, den Gesamtarbeitsvertrag weiterzuentwickeln.»
Urs Zbinden
Die Zustellbranche braucht
einen GAV mit syndicom!
Den Zustellerinnen und Zustellern droht ein vertragsloser Zustand.
Dabei gibt es wichtige Anliegen und Forderungen in der
Branche, die die Arbeitgeber anerkennen müssten. syndicom
macht Dampf mit einer Herbstaktion in den Betrieben.
Ein GAV als Schutzschild
gegen die Liberalisierung
Mit der Öffnung des Postmarktes für
private Konkurrenzunternehmen zur
Schweizer Post Ende der 1990er- und
in den 2000er-Jahren wurde auch der
Bereich Paketzustellung liberalisiert.
Damit sich die Arbeitsbedingungen
durch die neu geschaffene Konkurrenzsituation
nicht verschlechterten,
setzte sich syndicom zum Ziel,
den Postmarkt zu regulieren. Auf diesem
Weg war der Abschluss des Gesamtarbeitsvertrages
(GAV) in der Zustell-Branche
KEP & Mail von 2016 ein
wichtiger Meilenstein. Zusammen mit
dem Arbeitgeberverband KEP & Mail
strebte man gar eine Ausweitung des
Gesamtarbeitsvertrags auf die ganze
Zustellungs-Branche an, indem man
ihn vom Bundesrat für allgemeinverbindlich
erklären lassen wollte.
Desinteresse der Arbeitgeber und
Paukenschlag von syndicom
Ein GAV ist kein statisches Werk. Er
muss sich im sozialen Dialog beständig
weiterentwickeln. Diesen Dialog
erachtete syndicom als ungenügend.
So erfuhren wir zum Beispiel durch
unsere Mitglieder, dass Subunternehmen
die Arbeitsbestimmungen des
GAV nicht einhielten und Dumpinglöhne
bezahlten.
Es war allerdings nicht möglich,
solche Probleme gemeinsam mit den
Arbeitgebern zu lösen, geschweige
denn einzelne Punkte des GAV weiterzuentwickeln.
Enttäuscht über diese
Situation, kündigte syndicom vorsorglich
den GAV, um die Parteien an den
Verhandlungstisch zu bringen.
Das waren die Forderungen der
Kolleg*innen
Den Mitgliedern von syndicom waren
insbesondere Verbesserungen im
Lohnsystem wichtig. Eine neue Segmentierung
sollte die Berufe in der
Branche korrekt abbilden.
Mit der Einführung der neuen Kategorie
«Angelernte» sollte eine Lohnerhöhung
für ungelernte Arbeiter*innen
nach einem Jahr auf die Tagesordnung
gesetzt werden. Weitere Punkte
des Forderungskatalogs waren jährliche
Lohnverhandlung, höherer Mindestlohn
und klare Regelungen bei
der Mehrarbeit (Überstunden und
Überzeit). Durch eine Überarbeitung
des Geltungsbereichs wollte syndicom
die Errungenschaften des GAV
auf eine grössere Anzahl Personen
ausdehnen. Damit die Bestimmungen
nicht durch Subunternehmen unterlaufen
werden können, war auch eine
Subunternehmerhaftung und die entsprechende
Kontrolle durch sozialpartnerschaftliche
Gremien ein wichtiger
Verhandlungspunkt.
Der Arbeitgeberverband war nicht
bereit, auf diese Forderungen einzutreten
und sich an den Verhandlungstisch
zu setzen. Damit wurde eine
wichtige Chance verpasst, den
Gesamt arbeitsvertrag weiterzuentwickeln.
Mit einer Flugblatt-Kampagne
werden wir noch den ganzen November
vor den Betrieben präsent sein
und den gewerkschaftlichen Aufbau
vorantreiben. Die Zustellbranche KEP
& Mail braucht einen Gesamtarbeitsvertrag.
Ohne syndicom kann es einen
solchen Vertrag nicht geben!
Urs Zbinden
Ein GAV ohne syndicom würde die Angestellten der Branche schwächen. (© Fotolia)
syndicom.ch/branchen/logistik/kepmail
Jugend wird immer
politischer!
Das kürzlich von der Credit Suisse veröffentlichte
Jugendbarometer fühlt
der Jugend auf den Zahn. 16- bis
25-Jährige wurden vom Forschungsinstitut
GFS Bern befragt, was ihre
grössten Sorgen seien. Hauptsorge ist
die Altersvorsorge: 47 Prozent aller
Befragten geben diese als wichtigstes
Problem des Landes an.
An zweiter Stelle beschäftigt die
Jugend die Corona-Krise und ihre Folgen,
mit dem Thema Arbeitslosigkeit
auf dem vierten Rang eng verknüpft.
Platz drei wird ebenfalls nicht erstaunen,
da aktuell sehr spürbar. Denken
wir an die Besetzung des Bundesplatzes
durch mehrere hundert Jugendliche
– ja: der Klimaschutz. 54 Prozent
der Jugendlichen gaben an, sich für
die Umwelt einzusetzen, 2014 waren
es 35 Prozent.
Die Bereitschaft, sich aktiv einzusetzen,
stieg auch beim Rassismus
(Rang 5) und der Gleichstellung von
Frauen und Männern (Rang 6) deutlich
an. Stichworte sind Black Lives
Matter und Frauen*streik.
Das sind klare Signale, die ernst zu
nehmen sind: Gestalten wir die Zukunft
mit der Jugend!
Patrizia Mordini,
Leiterin Gleichstellung
Die Studienergebnisse online bei der CS:
Bit.ly/2IcdzMw
«Die TX Group hat allein im Frühjahr 11,5 Mio Kurzarbeitergeld
bezogen und profitiert von der Medienförderung.» Melina Schröter
21
Tamedia: 70 Millionen
einsparen – ohne Plan
Erstmals kündet TX Group an, die Sozialpartner
einbeziehen zu wollen. Aber warum ist schon
vor der Konsultation von «Sozialplan» die Rede?
Hier ist einiges merkwürdig.
2018 restrukturierte Tamedia ohne Einbezug des Personals.
Ein Streik war die Folge.
(© syndicom)
Die Ankündigung Ende August war
eine kalte Dusche für die Tamedia-Redaktionen:
Die TX Group will bei ihren
Bezahlmedien (TagesAnzeiger, Berner
Zeitung, 24 Heures, Tribune de Genève,
Matin Dimanche u. a.) 70 Millionen
einsparen. Diese einschneidenden
Massnahmen – minus 15 Prozent innert
drei Jahren – will das Zürcher Verlagshaus
umsetzen, obwohl seine Redaktionen
immer noch in Kurzarbeit
sind. Und obwohl laut derselben Mitteilung
die Zugriffe auf die digitalen
Plattformen seiner Titel seit Jahresbeginn
um 50 % zugenommen haben.
Nur sparen, sparen, sparen
Dass die TX Group das Personal und
die Sozialpartner, darunter syndicom,
in die Ausgestaltung der konkreten
Massnahmen einbeziehen will, liegt
vielleicht daran, dass sie nach der Eskalation
des kollektiven Konflikts bei
der Einstellung von Le Matin nicht erneut
scheitern will. Bisher sei abgesehen
von den 70 Millionen nichts geplant.
Nicht bekannt ist zum Beispiel,
wie viele Angestellte der Verleger entlassen
will. Der räumt aber ein, dass
die Einsparungen nicht allein durch
natürliche Fluktuation erreicht werden
können. Das sind freiwillige Abgänge,
die nicht ersetzt werden und
die Redaktionen im Übrigen schon seit
Jahren unter Druck setzen – ein weiterer
Stellenabbau also in einer bereits
ausgebluteten Medienlandschaft.
Kein Plan?
Zwar lässt sich in diesem angekündigten
Einbezug der Redaktionen und
Sozial partner in die kommenden Diskussionen
ansatzweise der Wille zu einem
sozialen Dialog erkennen, doch
darf dieser kein frommer Wunsch
bleiben. Und auch kein Marketing-Argument
zur Aufbesserung des Image
der TX Group, aber ohne echten Verhandlungswillen.
Dass von einem Sozialplan
die Rede ist, obwohl die Konsultation
zur Suche nach Alternativen
zu den Entlassungen noch nicht einmal
begonnen hat, lässt nichts Gutes
erwarten. Wenn die TX Group, wie sie
behauptet, keinen genauen Plan für
diese Einsparungen von 70 Millionen
hat, muss sie einer echten Diskussion
mit ihren Redaktionen und Sozialpartnern
zustimmen, um die sozialen
Auswirkungen dieser erneuten Budgetkürzung
möglichst zu begrenzen.
Entlassungen trotz Medienförderung
und 11 Mio Kurzarbeitergeld
Als grösste Mediengewerkschaft ist
syndicom bereit, an der Seite der Redaktionen
eine echte Konsultation mit
Tamedia durchzuführen. Sie erinnert
auch daran, dass die TX Group, die von
Mitte März bis Ende Juni Kurzarbeitsentschädigung
in Höhe von 11,5 Millionen
bezogen hat, heute immer noch
Kurzarbeit in Anspruch nimmt und
dass die Zeitungen des Konzerns öffentliche
Gelder im Rahmen der Medienförderung
erhalten. Diese Finanzhilfe
hat den Erhalt der Medienvielfalt
und die Sicherung der Arbeitsplätze
zum Ziel. Im Übrigen zeigt die Covid-19-Krise
wieder, dass der Journalismus
für Demokratie und Öffentlichkeit
von wesentlicher Bedeutung ist.
Die TX Group muss ihre verlegerische
Verantwortung gegenüber ihren Leserinnen
und Lesern und ihre soziale
Verantwortung wahrnehmen und Alternativen
zu den Entlassungen suchen.
Sollten diese trotz allem unabwendbar
sein, muss sie den zu Entlassenden
einen grosszügigen Sozialplan
anbieten.
Melina Schröter
Zum Thema auf syndicom.ch:
Bit.ly/3nWqVNx
«Powercoins»
statt Ideen
Es klingt erst wie eine Spielerei: Nach
einer Sitzung überweise ich der Kollegin,
die eine gute Idee hatte, ein paar
«Powercoins». Oder einer Person, die
ein neues Produkt lancierte, das im
Verkauf gut angelaufen ist. Powercoins
– so heisst bei PostFinance die
virtuelle Währung für positive Feedbacks.
Habe ich einige Power coins zusammen,
kann ich mir einen «Power-
You» kaufen. Das kann ein Kaffee oder
ein E-Book sein. Klingt lustig – solange
es alle lustig haben.
Aber sobald eine Reorganisation
ansteht, ist es vorbei mit der Lustigkeit.
Gebe ich meinem Chef einen
Coin, weil er gerade gute Arbeit leistet,
oder wirkt das schleimig? Ist es clever,
ihm einen Coin zu geben, weil er vielleicht
schon bald zwischen mir und
meiner Kollegin entscheiden muss?
PostFinance erwidert, niemand
werde gezwungen mitzumachen. In
der internen Kommunikation liest
man aber, es sei das «Instrument des
digitalen Wandels». Wer nicht mitmacht,
ist offenbar nicht fit dafür.
Ein Schelm, wer bestreitet, dass
diese Coins dereinst als Beurteilungselement
eingesetzt werden oder ein
tiefer Kontostand vielleicht sogar das
Weiterkommen behindert. Zwar kann
man seinen Konto stand anonym halten,
aber wie lange wohl, wenn ihn alle
anderen veröffentlichen? Der Druck,
Coins zu verteilen, die Fragezeichen,
wenn man keine Coins erhält – das alles
wird letztlich keine zufriede nere,
sondern eine verunsicherte Belegschaft
zur Folge haben.
Wieder einmal konnten sich die
Innovationsabteilungen austoben
und die ganze Belegschaft mit einem
Gag beüben. Es scheint fast, als käme
es der PostFinance-Führung gerade
recht, kurz von den eigenen Problemen
abzulenken. Dabei braucht Post-
Finance dringend Antworten, wie eine
der grössten Schweizer Banken in die
Zukunft geführt wird. Sonst sind die
Powercoins bald das einzige Zahlungsmittel,
das sie noch flüssig hat.
David Roth
Beitrag zum Thema auf SRF.ch
Bit.ly/30TkC3p
22 Politik
Die Covid-Krise zeigt, dass
es Gerechtigkeit braucht
Am 29. November stimmen
wir ab über die Konzernverantwortungs-Initiative.
Sie fordert, dass Konzerne
mit Sitz in der Schweiz
in allen Ländern, in denen
sie tätig sind, die Menschenrechte
und die Umwelt respektieren.
Alt-Ständerat
Dick Marty, Co-Präsident
des Initiativ komitees, erklärt,
weshalb dies in Zeiten
der Pandemie wichtiger ist
denn je.
Text: Giovanni Valerio
Bild: Francesco Girardi
Was will die Initiative?
Sie fordert etwas Einfaches, aber
Grundlegendes: Die Umsetzung
eines wesentlichen Grundsatzes in
jeder zivilisierten Gesellschaft,
nämlich dass jeder für sein Handeln
verantwortlich ist. Auch die multinationalen
Konzerne, die oft in sehr
fragilen Ländern tätig sind, wo der
Staat inexistent und/oder korrupt
ist.
Das ist eines der Paradoxe der
heutigen globalisierten Wirtschaft:
Die rohstoffreichsten Länder sind
häufig auch die ärmsten Länder,
verwüstet durch Gewalt und von
Auto kraten regiert. Kongo zum Beispiel
ist bezogen auf Bodenschätze –
etwa das Tantal-Erz Coltan und
Kobalt, ohne die kein PC oder Handy
funktionieren würde – eines der
reichsten Länder der Welt. Dennoch
leben die Menschen dort in Elend
und Gewalt.
Das Problem liegt darin, dass
die Wirtschaft keine Grenzen mehr
kennt, sie hat sich globalisiert, während
das Recht weiterhin innerhalb
der Landesgrenzen gemacht wird.
Die Multis haben heute eine enorme
Macht, die weit grösser ist als jene
der meisten Staaten. Jedes Jahr tötet
der Tabak in der Schweiz 9500 Menschen,
weit mehr als Covid-19!
Unter dem Druck von Philip Morris
wehrte das Parlament aber alle Versuche
ab, ein Werbeverbot – kein
Verkaufsverbot! – einzuführen. Wir
können uns also denken, wie viel
Einfluss und Macht diese Konzerne
in anderen Ländern haben, in Afrika
oder Lateinamerika.
Worüber werden wir also
abstimmen?
Wir haben eine Empfehlung der
UNO und des Ministerkomitees des
Europarates, in dem die Schweiz
ebenfalls Mitglied ist, aus dem Jahr
2016 wieder aufgenommen: Die
Staaten sollen Gesetze erlassen,
damit Konzerne mit Sitz in ihrem
Land, die in fragilen Ländern tätig
sind, wegen Menschenrechtsverletzungen
und Verstössen gegen internationale
Umweltstandards zur Rechenschaft
gezogen werden können.
Leider gibt es zahlreiche Beispiele
für solche Rechtsverletzungen:
Glencore hat Flüsse verseucht
und damit Tausenden Menschen,
die von der Fischerei lebten, die
Existenzgrundlage entzogen. Syngenta
exportiert krebserregende
Pestizide, die in der Schweiz und in
Europa verboten sind. Schweizer
Raffinerien beziehen Gold aus
Minen, in denen Kinder arbeiten ...
Kann man vor solchen Tatsachen
wirklich die Augen verschliessen,
wenn auch der Ruf unseres Landes
auf dem Spiel steht?
Wenn Leute einwenden, bei allen
Problemen im Zusammenhang mit
der Covid-19-Krise sei jetzt der falsche
Zeitpunkt, um sich mit diesem
Thema zu befassen: Was sagst du?
Nein, es ist der richtige Moment.
Covid zeigt auf dramatische Weise
die Ungerechtigkeiten auf, selbst
inner halb unseres Landes, und es
sind die Schwächsten, die am meisten
betroffen sind. Dasselbe auf
internatio naler Ebene.
Diese Ungleichgewichte schüren
nur das Misstrauen gegenüber
Institutionen, Krisen und Gewalt
und beschleunigen die Migration.
Zum ersten Mal steht die ganze Welt
gleichzeitig derselben Gefahr gegenüber.
Das zeigt deutlich, dass wir in
einer Welt leben, in welcher der
Flügelschlag eines Schmetterlings
«Ich wette,
dass kein Konzern
die Schweiz
verlassen wird.»
Dick Marty
in einer Entfernung von Tausenden
von Kilometern Auswirkungen haben
kann. Ich möchte an einen Satz
von Martin Luther King erinnern:
«Ungerechtigkeit an einem Ort bedroht
die Gerechtigkeit an jedem
anderen.»
Würde mehr Gerechtigkeit
herr schen, könnte in armen, aber
rohstoffreichen Ländern die Migration
verringert werden, denn Menschen
verlassen ihr Land niemals
leichten Herzens. Und es gäbe mehr
Frieden und Wohlfahrt. Das ist auch
im Interesse der Wirtschaft und der
Arbeitnehmenden.
Die Arbeiterinnen und Arbeiter und
die Natur in fernen Ländern – das
sind Fragen, die scheinbar wenig
mit der Schweiz zu tun haben: Weshalb
also unsere Gesetze ändern?
Zunächst einmal sitzen in der
Schweiz im Verhältnis zur Bevölkerungszahl
weltweit am meisten
Konzerne. Dann hat unser Land in
seiner Verfassung ethische Werte
verankert, nach denen wir handeln
müssen. Was in Kongo geschieht,
ist für uns direkt von Interesse. Das
ist nicht Altruismus.
Es erinnert mich an die 70er-
Jahre, als täglich Milliarden von Lire
«Die Logistik ist ein Knotenpunkt im Welthandel und ermöglicht internationale Lieferketten.
Die Logistikbranche trägt damit eine Verantwortung für die Arbeitsbedingungen weltweit.»
Raphael Hengartner, PostLogistics, Frauenfeld, syndicom-Mitglied (Bild: KVI)
und Millionen von französischen
Francs und D-Mark auf Banken in
der Schweiz flossen. Es gab eine
richtige Geldtransfer-Industrie.
Eine Gruppe junger Staatsanwälte,
zu denen auch ich gehörte, machte
darauf aufmerksam, dass diese Mittel
möglicherweise aus rechtswidrigen
Geschäften stammten. Die Gelder
kamen nicht nur von ehrlichen
Bürgerinnen und Bürgern, sondern
auch aus kriminellen Quellen. Aus
unserer Sicht mussten dringend Bestimmungen
verabschiedet werden,
um die Herkunft dieser riesigen
anony men Summen ermitteln zu
können. Damals wurden wir beschuldigt,
Feinde des Finanzplatzes
Schweiz zu sein. 25 Jahre später hat
das Parlament das Geldwäschereigesetz
einstimmig verabschiedet.
Wie viele Skandale, die der
Schweiz einen grossen Schaden zugefügt
haben, hätten vermieden
werden können! Damals wie heute
waren der Bundesrat und die Parlamentsmehrheit
der Auffassung,
dass es Sache der Unternehmen sei,
sich gegenseitig zu regulieren. Die
Banken führten also eine Vereinbarung
über die Standesregeln zur
Sorgfaltspflicht ein, die aber nicht
funktioniert hat. Schliesslich
brauchte es ein Geldwäschereigesetz.
Trotz dieser katastrophalen
Erfahrung schlagen Bundesrat und
Parlament heute immer noch eine
Selbstregulierung für die Konzerne
vor. Absurd!
«Ungerechtigkeit
an einem Ort bedroht
die Gerechtigkeit
an jedem
anderen.»
Martin Luther King
Natürlich halten sich die meisten
Unternehmen an die Regeln.
Das Problem sind die übrigen, die
Minderheit, die nur die Profitmaximierung
anstreben. Sie schaden
dem Image der Schweiz und dem
Wirtschaftsstandort erheblich –
mehr, als dass sie sich Konkurrenzvorteile
gegenüber Unternehmen,
die sich korrekt verhalten, verschaffen.
Besteht nicht die Gefahr, dass die
Multis die Schweiz verlassen und
Arbeits plätze verloren gehen?
Ich wette, dass bei einer Annahme
der Initiative kein einziger Konzern
die Schweiz verlassen wird. So wie
kein Multi Frankreich verlassen hat,
wo seit 2019 ein Gesetz in Kraft ist.
Für die multinationalen Konzerne
zählen weit wichtigere Aspekte:
neben der Steuerregelung auch
eine leistungsfähige Logistik, die
Lebensqualität, die Rechtssicherheit,
gute Schulen ...
Vielmehr werden sich die Konzerne
fragen, welche Risiken mit
ihrer Tätigkeit verbunden sind:
Unter nehme ich alles Nötige, um zu
verhindern, dass in meinen Minen
Kinder arbeiten? Gibt es Filter, um
die Flüsse nicht mehr zu verschmutzen?
Und sie werden feststellen, wie
es viele bereits getan haben, dass
die Achtung der Menschenrechte
und der Umwelt auch wichtige
Faktoren für das Marketing und die
Anerkennung durch den Markt sein
können.
Ein wichtiger Link für die kommende Zeit:
gewerkschaften-fuer-kvi.ch
24
Generation Praktikum:
Stopp dem Missbrauch
Immer mehr junge Arbeitnehmende
werden mit Praktikumsverträgen
angestellt.
Manchmal macht das Sinn.
Viel zu oft führt es aber zu
Ausbeutung und Missbrauch.
Weil der Bund sich weigert,
etwas zu machen, nehmen
wir jetzt die Kantone in die
Pflicht.
Text: Dominik Fitze
Bild: Unia
Sanja (25) hat die Fachhochschule
vor zwei Jahren mit einem Bachelor
in Grafikdesign beendet. Seither
sucht sie eine feste Stelle, ihr Arbeitgeber
bietet ihr aber immer neue
Praktikumsverträge an. Thomas (17)
möchte gerne Kleinkindbetreuer
werden. Mögliche Lehrbetriebe verlangen,
dass er zuerst ein Praktikum
macht. Dies hat er absolviert – für
900 Franken im Monat. Eine Lehrstelle
fand er trotzdem nicht.
Die Namen Sanja und Thomas
sind fiktiv. Die Probleme aber nicht.
Wie ihnen geht es immer mehr jungen
Leuten. Ständig arbeiten in der
Schweiz etwa 50 000 Praktikant*innen.
Etwa 10 % der Berufstätigen
unter 25 machen ein Praktikum.
Eigentlich sollten Praktika ja
im Rahmen einer Ausbildung stattfinden.
Besonders stossend sind
Vorlehrpraktika, also Situationen
wie die von Thomas. Gerade in der
Kita-Branche sind diese leider alltäglich,
wo unterbezahlte Praktikant*innen
oftmals die Arbeit von
ausgebildeten Fachkräften übernehmen
sollen.
Schweizweit gibt es keine Regulierungen.
Der Bundesrat lehnt es
ab, welche zu schaffen. Vollzug und
Ahndung sei Aufgabe der Kantone,
heisst es. Von den meisten Kantonen
war bisher noch nichts Derartiges
zu hören. In Genf ahndet mittlerweile
die Arbeitsmarktaufsicht
unbezahlte Praktika. In Bern dürfen
Vorlehrpraktika in Kitas nur noch
6 Monate dauern; danach gilt ein
Die Gewerkschaftsjugend setzt sich gegen Ausbeutung bei der Ausbildung ein.
Mindestlohn von 3000 Franken.
Zwei gute Beispiele, die nur auf
Druck der Gewerkschaften erreicht
werden konnten.
Deshalb hat die Jugendkommission
des SGB eine Vorstosswelle
gestartet. In bisher 15 Kantonen
wurden Interpellationen und Motionen
eingereicht, die stärkere Kontrolle
und nötigenfalls Ahndung von
Missbrauch und Ausbeutung von
Praktikant*innen verlangen. Damit
wollen die jungen Gewerkschafter*innen
Druck aufbauen, um
missbräuchlichen Praktika endlich
einen Riegel vorzuschieben. In den
meisten Kantonen wird gefordert,
via Arbeitsmarktaufsicht Praktika
zu kontrollieren und nötigenfalls zu
ahnden.
Tieflöhne schleichen sich ein
Im Prinzip betreffen tiefe Praktikumslöhne
uns alle. Sanja reicht
das Geld nicht zum Überleben. Ihre
Chefin spart sehr viel Lohn ein,
denn Sanja macht mittlerweile dieselbe
Arbeit wie ihre fest angestellten
Kolleg*innen. Schlimmstenfalls
führt dies zu Druck auf die Löhne
der restlichen Belegschaft – oder
führt zu Situationen, wo Unternehmen
fast nur noch Praktikant*innen
anstellen. Solche Fälle kommen uns
in vielen Branchen immer öfter zu
Ohren. Nicht nur werden dort junge
Menschen ausgebeutet, es erzeugt
auch Preisdruck auf Konkurrenzunternehmen.
Deshalb sollte eine
starke Hand gegen ausbeuterische
Praktika im Interesse aller liegen.
Der SGB fordert schon länger,
Praktika zu reglementieren und Verstösse
zu ahnden. Am SGB-Kongress
2018 wurde beschlossen, dass die
Gewerkschaften Praktika nur noch
dann akzeptieren, wenn sie in einer
spezifischen Konstellation tatsächlich
nötig sind. Immer dabei sein
muss eine Ausbildungskomponente,
also Dinge, die Praktikant*innen
tatsächlich lernen. Auch fordert der
SGB das Verbot von Vorlehrpraktika
und die grundsätzliche Befristung
auf maximal sechs Monate.
Nun liegt der Ball bei den Kantonen.
Sie müssen die nächsten
Schritte ergreifen. Bern und Genf
gingen mit gutem Beispiel voran.
Der Druck der Gewerkschaften ist
nötig, damit auch in anderen Kantonen
konkrete Massnahmen folgen,
damit junge Menschen nicht mehr
in Situationen wie Thomas und Sanja
landen.
ig.syndicom.ch/jugend
Recht so!
25
Lieber Rechtsdienst
Ich arbeite in einer Druckerei.
Die Direktion hat uns mitgeteilt, dass wir
wegen finanzieller Probleme von einer
anderen Druckerei übernommen werden.
Was bedeutet das?
Mein Mann arbeitet als Chauffeur in
einem öffentlichen Verkehrs betrieb.
Es kursieren immer wieder Gerüchte über
eine Konzessions änderung.
Worum geht es?
Antwort des syndicom-Rechtsdienstes
Hier geht es um einen Betriebsübergang im Sinne von
Artikel 333, 333a und 333b des Obligationenrechts (OR).
Damit es sich um einen Betriebsübergang handelt, muss
der Käufer dieselbe oder eine gleichartige Geschäftstätigkeit
tatsächlich weiterführen oder aufnehmen. Das übertragene
Unternehmen muss seine Identität, d. h. die Organisation
oder den Zweck, beibehalten. Die Identität wird
gewahrt, wenn Infrastruktur und Betriebsmittel sowie
die Kundschaft auf den neuen Betrieb übergehen, um
eine ähnliche wirtschaftliche Tätigkeit weiterzuführen.
Dies ist hier der Fall.
Bei einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse
– am Tag der Betriebsübernahme – mit allen Rechten
und Pflichten auf den Käufer über, sofern der oder
dieArbeitnehmende dies nicht ablehnt. Betroffen sind
nur die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden
Arbeits verhältnisse.
Der neue Arbeitgeber darf keine neue Probezeit vereinbaren
und muss die dem Betriebsübergang vorangehenden
Dienstjahre anrechnen.
Werden die Arbeitsverhältnisse durch einen nicht
allgemeinverbindlich erklärten (nicht obligatorischen)
Gesamtarbeitsvertrag geregelt, muss sich der Käufer
während mindestens einem Jahr an diesen halten, sofern
der GAV immer noch gültig ist.
Artikel 87 der Bundesverfassung verleiht dem Bund das
Eisenbahninfrastruktur-Monopol und das Personenbeförderungs-Regal.
Dies sind rechtliche Monopole.
In der Praxis übt der Bund diese Tätigkeiten nicht
selbst aus, sondern erteilt interessierten Unternehmen
ent sprechende Konzessionen. Dies geschieht anhand
einer Ausschreibung. Dabei gelten die Bestimmungen des
Personenbeförderungsgesetzes und der entsprechenden
Verordnung.
In der Regel beträgt die Konzessionsdauer zehn Jahre.
Eine längere Dauer kann gewährt werden, wenn es die
Amortisationsdauer der Betriebsmittel erfordert. Auf
Antrag des Transportunternehmens ist auch eine kürzere
Dauer möglich. Die Konzession kann aber höchstens für
25 Jahre erteilt werden.
Dasselbe Verfahren gilt für die Erneuerung der
Konzession, denn deren Erteilung ist keine definitive
Betriebs garantie.
syndicom.ch/rechtso
NMB Nouveau Musée Bienne | Neues Museum Biel
Faubourg du Lac 52 | Seevorstadt 52
2501 Biel/Bienne
Mardi – Dimanche | Dienstag – Sonntag 11:00 – 17:00
www.nmbienne.ch | www.nmbiel.ch
En collaboration avec
In Zusammenarbeit mit
Avec le soutien de
Mit der Unterstützung von
26 Freizeit
Tipps
© Neues Museum Biel
© Artist Edition
Révolutions au travail dès 1800
Revolutionen an der Arbeit seit 1800
26.9.2020 – 3.1.2021
Gewerkschaft hat Zukunft –
Bewegung ist jetzt!
Klimajugend, Frauenstreik, soziale
Proteste. Ende der 10er-Jahre bewegen
sich die Menschen. Aus Angst
um den Planeten, aus Sorge um die
soziale Sicherheit, aus Wut über
Ausbeutung und Ungerechtigkeit.
Oder weil es jetzt einfach genug ist
mit leeren Versprechungen von
Gleichstellung und Chancengleichheit.
Solidarität und soziale Gerechtigkeit
sind die Grundlagen einer
zukunftsfähigen Gesellschaft und
Wirtschaft.
Die Gewerkschaften und ihre Bildungsarbeit
müssen die Zukunft
aktiv mitgestalten: Wie mobilisieren
wir unsere Mitglieder für ökologische
Fragen? Mit welchen Themen
erreichen wir die nächste Generation?
Wie kämpfen wir gegen Ausbeutung
in der digitalen Ökonomie?
Wie vernetzen wir uns künftig mit
europäischen und internationalen
Bewegungen? Der Schweizerische
Gewerkschaftsbund und Movendo,
das Bildungsinstitut der Gewerkschaften,
laden ein zu einem Tag
über die Zukunft: Konferenz mit
SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard,
Nationalrätin Mattea Meyer, Nationalrätin
Regula Rytz, Bewegungsforscherin
Jasmine Lorenzini (Universität
Genf) und Vera Dos Santos,
Direktorin Bildung des Europäischen
Gewerkschaftsinstituts.
Übrigens: Auch diese Tagung ist
kostenfrei für syndicom-Mitglieder.
Nichtmitglieder zahlen 250 Franken.
Ort und Zeit: Montag, 16. November
2020, 9.00–16.30 Uhr im
Hotel Ador, Bern.
Movendo
Anmeldung: Direktlink Bit.ly/32zjGRw
oder Mail an info@movendo.ch
Biel: Industriestadt und
Symbol der Arbeitswelt
Biel wird nicht umsonst Industriestadt
genannt: Die Uhren-Metropole
hat schon drei industrielle Revolutionen
miterlebt. Gegenwärtig wird
unsere Arbeit von der Industrie 4.0
revolutioniert. Dazu gibt es die Ausstellung
«Biel/Bienne 4.0» im Neuen
Museum Biel (NMB).
«Biel/Bienne 4.0» führt uns
durch die Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft der Arbeit und
zeigt, welche Arbeitsplätze und Berufe
verschwanden, welche hinzukamen
und wie sich Arbeitnehmende
dem Wandel anpassten. Durch
die grossen technologischen Veränderungen
und den Rückgang der
Produktionsarbeit wird mit dem
Arbeits platz auch die Position vieler
Arbeitender in der Gesellschaft gefährdet.
Die Ausstellung zeigt aber
auch, dass Technologien eingesetzt
werden können, um Arbeitsplätze
aufrechtzuerhalten. Zu den ausgestellten
Maschinen erklärt Florian
Eitel, der Kurator für Geschichte am
NMB: «Die Maschinen selbst tragen
kein Wissen in sich. Man braucht
immer das Wissen der Menschen,
die mit diesen Maschinen gearbeitet
haben.»
Parallel läuft eine weitere Ausstellung,
die «Hello, Robot» heisst.
Darin wird die Beziehung zwischen
Mensch und Maschine befragt: Sind
sie Freunde oder Feinde? Beide Ausstellungen
laufen auf Französisch
und Deutsch und können bis am
3. Januar 2021 besichtigt werden.
(red.)
Homepage des Neuen Museums Biel:
NMBiel.ch
«Rich Lands of Poor People»
Karin Scheidegger versteht sich als
Fotografin und Künstlerin. Als solche
bekam sie 2013 in Indien die
Repression von Holcim-Lafarge zu
spüren. Der Konzern betreibt in der
Provinz Chhattisgarh zwei Zementwerke.
Auf 190 Seiten bringt Karin
Scheidegger uns die Menschen näher,
die von Holcim mit Absicht
vergessen werden. Es sind die Menschen,
die unter dem Profitstreben
leiden, und die Menschen, die sich
gegen den übermächtigen Zementkonzern
auflehnen. Dazu gehören
die Gewerk schaft PCSS und die
marginali sier ten Arbeitskräfte.
Die Kunst-Aktivistin versteht ihr
Werk explizit als Hommage an diese
Menschen, die nie die Hoffnung verlieren,
auch wenn die Aussichten
noch so schlecht aussehen. «Ich
weiss nicht, wie effektiv unsere Gewerkschaftsarbeit
ist. Aber ich bin
überzeugt, dass sich früher oder
später die Dinge verbessern werden.
Wenn nicht für uns, dann zumindest
für die Kinder unserer Kinder»,
so wird ein entlassener Gewerkschaftsaktivist
zitiert.
Trotz der Schwere des Themas
ist das Buch leicht zu geniessen. Es
lebt ebenso von seiner grafischen
Gestaltung und den eindrücklichen
Bildern, welche die Struktur und
den Fluss vorgeben. Es ist ein fotografischer
Essay, der zur Auseinandersetzung
einlädt. Man kann ihn
häppchenweise, quer oder umgekehrt
lesen beziehungsweise wirken
lassen. Und je länger man das Buch
betrachtet, desto mehr bekommt
man ein Gefühl für die Menschen in
Chhattis garh. Für ihr Schicksal und
ihren Kampf, der uns alle angeht.
(red.)
Karin Scheidegger: Rich Lands of Poor
People, Artist Edition 2020, Bestellung und
Infos: karinscheidegger.ch/klick
1000 Worte
Ruedi Widmer
27
28 Bisch im Bild Im Spätsommer des Corona-Jahres waren wir musikalisch-filmisch tätig und
haben ein bewegendes Postauto-Musikvideo produziert. Wir brachten die Post-
Auto-Kampagne in die Betriebe, waren auf der Feministischen Session in Bern
und feierten den Abstimmungssonntag. Das nächste Video ist unterwegs!
1
2
3
4
5
1. Um den Chauffeuren im Kampf um den GAV PostAuto/PU 2021 Mut zu machen, haben wir ein Musikvideo produziert.
Hier eine der Schlussszenen. Zu sehen auf youtube.com/syndicomCH (© syndicom)
2. Der Chor Linggi Schnurre aus Bern hat die sängerische Basis zum Musikvideo «Postouto i Truure» gelegt.
Danke für die solidarische Unterstützung! (© syndicom)
3. Wir haben die Chauffeur*innen von PostAuto und den PU aufgefordert, ihre Unterstützung für den GAV zu zeigen.
Hier Kolleg*innen aus dem Tessin. (© syndicom)
4. Hier Kolleg*innen aus der Deutschschweiz. (© syndicom)
5. Hier Kolleg*innen aus der Romandie. (© syndicom)
6. Mit der Ablehnung der Begrenzungsinitiative hat sich die Schweiz für den Lohnschutz ausgesprochen. (© syndicom)
7. Die Unterstützung für die Chauffeure beginnt bei den Kleinsten. (© Beni Schütz)
8. Parallel zur Eidgenössischen Herbstsession fand im September die erste Feministische Sondersession in Bern statt. (© syndicom)
9. Ende August präsentieren der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Medienverbände die Resultate der Lohnumfrage
in der Branche Presse. (© syndicom)
10. Die IG Migration produziert ein Video gegen Rassismus. Wir werden das Resultat bald zu sehen bekommen. (© syndicom)
29
6
7
8
9
10
30
Aus dem
Leben von ...
Carole Koch:
«Ich habe den schönsten Beruf der Welt»
Carole Koch ist 1976 in Biel geboren und
wuchs im Kanton Solothurn auf, bevor
sie nach Zürich zog, um Publizistik und
Deutsche Literatur zu studieren.
Bereits im Studium begann sie, als
Journalistin zu arbeiten – ein Beruf,
den sie seither beinahe ununterbrochen
ausübt. Seit 2017 ist sie bei der
NZZ am Sonntag Redaktorin im Ressort
«Hintergrund», für das sie im März
2019 den Artikel «Im Netz der Klimaleugner»
veröffentlichte und dafür
Anfang September den Zürcher Journalistenpreis
erhielt, zusammen mit
ihrem Kollegen Boas Ruh. Eine solch
aufwendige Recherche zeige exemplarisch,
wie wichtig Hintergrundjournalismus
sei für die Legitimierung der
Medien als vierter Gewalt, hiess es in
der Laudatio.
Text: Philippe Wenger
Bild: Alexander Egger
«Ruhe und Freiraum:
das brauche ich, um
gut zu arbeiten»
«Als Journalistin interessiere ich
mich insbesondere für die Beziehung
zwischen Mensch, Natur und
Umwelt, die bekanntlich keine
unproblema tische ist. Auf der Redaktion
gelte ich darum bisweilen als
die mit dem «Natur-Fimmel» – was
natürlich kollegial gemeint ist.
Eines dieser Themen hat mir nun
den Zürcher Journalistenpreis beschert,
was mich sehr freut. Ich habe
in einer mehrmonatigen Recherche
die perfiden Methoden aufgearbeitet,
mit denen Klimaskeptiker und
Lobbyistinnen die Klimaforschung
angreifen: Etwa mit gefälschten
Interviews, in denen Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern Dinge
in den Mund gelegt werden, die sie
nie gesagt haben. Begriffe wie
«Klima leugner» können angebracht
sein, wenn wissenschaftliche Fakten
wie der Klimawandel zu Meinungen
degradiert werden.
Als Magazinjournalistin liess ich
mich früher oft von persönlichen
Erfah rungen leiten. Zum Beispiel
gab es eine Zeit, in der ich von Jon
Krakauers Buch «Into the Wild» fasziniert
war. Er arbeitet darin die Geschichte
von Christopher Mc Candless
auf, der in der Wildnis von
Alaska ein archaisches Leben suchte.
Umso betroffener machte mich, als
eine Schweizerin dem Aussteiger in
die Wälder folgte und dabei ums
Leben kam. Ich wusste: Das hätte
auch mir passieren können. Also
habe ich ihren Eltern geschrieben,
ihnen geschildert, wie mich der Unfall
ihrer Tochter berührt hat, und
bin schliesslich mit ihrem Freund
an den Fluss gewandert, in dem sie
ertrunken ist – so konnte ich die
Gefahr des sogenannten «McCandless-Phänomens»
in einem Artikel
beschreiben.
Meinen Rückzugsort in der Natur
habe ich mittlerweile in Ardez im
Unter engadin gefunden, wo ich mit
meinem Mann lebe. Dort gibt es
auch genug Ruhe und Freiraum – das
brauche ich, um gut arbeiten zu können.
Wichtig sind natürlich auch die
Arbeitsbedingungen, und da fühle
ich mich privilegiert: Bei der NZZ am
Sonntag ist das Umfeld kollegial.
Man jagt sich nicht gegenseitig die
Geschichten ab, wie ich es von anderen
Redaktionen gehört habe. Man
unterstützt sich und es sind Arbeitszeitmodelle
wie meines möglich:
Ich bin zu 80 Prozent angestellt, arbeite
aber Vollzeit und nehme mir
dafür immer wieder Auszeiten, um
mich anderen Projekten zu widmen –
etwa einem Buch über die «wildesten
Orte» der Schweiz.
Ich persönlich habe die Corona-
Krise bis jetzt gut überstanden, es
wurden leider aber auch bei uns Stellen
weggespart. Der Strukturwandel
in der Medienbranche macht vor niemandem
halt und ich hoffe, dass ich
noch lange tiefgründige Recherchen
machen kann. Solange das möglich
ist, habe ich den schönsten Beruf der
Welt.»
Der preisgekrönte Artikel:
Bit.ly/2SAFgAP
Impressum
Redaktion: Christian Capacoel, Giovanni Valerio
Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch
Freie Mitarbeit: Rieke Krüger
Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph
Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg
Layout und Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1,
3001 Bern
Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung,
Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern
Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17
Inserate: priska.zuercher@syndicom.ch
Abobestellung: info@syndicom.ch
Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für
Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)
Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft
Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,
Postfach, 3001 Bern
Das syndicom-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.
Ausgabe Nr. 20 erscheint am 18. Dezember 2020
Redaktionsschluss: 9. November 2020.
31
Das syndicom-Kreuzworträtsel
Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Zu
gewinnen gibt es diesmal 100 Gramm
Silber in Form eines Silberbarrens, gespendet
von unserer Dienstleistungspartnerin
Bank Cler. Das Lösungswort
wird in der nächsten Ausgabe zusammen
mit dem Namen der Gewinnerin
oder des Gewinners veröffentlicht.
Lösungswort und Absender auf einer
A6-Postkarte senden an: syndicom-
Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,
3001 Bern. Einsendeschluss: 9.11.20
Der Gewinner
Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus
dem syndicom-Magazin Nr. 18 lautet:
LOHNKONTROLLE.
Gewonnen hat Hans-Rudolf Leuthold
aus Schwarzhäusern. Die Hotelcard ist
unterwegs.
Wir gratulieren herzlich!
Anzeige
SPINAS CIVIL VOICES
Gemeinsam für eine Landwirtschaft,
die unsere Zukunft sichert.
sehen-und-handeln.ch
Jetzt spenden
PK 60-707707-2
32 Inter-aktiv
syndicom social
Facebook geht gegen
QAnon vor6.10.2020
QAnon ist eine antisemitische,
rechtsradikale und allgemein
ziemlich bizarre Verschwörungsbewegung
aus den USA. Sie ist
für Hassbotschaften und Falschinformationen
bekannt, und überraschenderweise auch in
Deutschland relativ populär. Im Kampf gegen
aufwiegelnde, manipula tive und irreführende
Botschaften haben Facebook und Instagram
nun tausende QAnon-Seiten entfernt und im
Zu sammenhang stehende Hashtags blockiert.
about.fb.com
Weder verrückt noch tot Am 9.11.2020
Von 1974 bis 1979, während der argentinischen Militärdiktatur,
litten über 1000 politische Gefangene in einer
berüchtigten Strafanstalt nordwestlich von Buenos Aires.
Einer davon war Sergio Ferrari, heute Journalist, Autor
und syndicom-Miliz-Mitglied. Zusammen mit anderen
ehemaligen Mitgefangenen schrieb er ein Buch über den
Gefängnisalltag, welches nun auf Französisch erschienen
ist. Am Montag, 9. November, 20 Uhr stellt er es vor und
spricht über die Solidarität unter den Gefangenen.
Seltsam passend auf dem Berner Meinen-Areal, im
Sitzungszimmer 3. Stock. polit-bibliothek.ch
«Generation Z», ambivalent und anspruchsvoll
KMU nützen Social-Media-
Potenzial nicht aus1.10.2020
Trotz steigender Bedeutung von
Social Media sind nur gut 1/3 aller
Schweizer KMU auf mehreren Plattformen
aktiv. Und immer mehr
Schweizer*innen sind auf Plattformen
wie Facebook, Twitter und Instagram
aktiv. Am ehesten sind KMU auf Facebook
vertreten, danach folgen Instagram
und LinkedIn. fhgr.ch
Millennials waren gestern, jetzt ist die Nachfolge
Generation «Z» dran. Eine aktuelle Studie von
Pricewaterhouse Coopers. pwc.de
Beschleunigte Digitalisierung im Buchhandel
Der Umsatz mit Büchern ist in Deutschland 2019 über
das Niveau von 2018 gestiegen. Wachstumstreiber
waren der Online-Handel und das steigende Interesse an
elektronischen Büchern, so ein Bericht von PricewaterhouseCoopers.
E-Books sind noch ein Nischenprodukt,
wachsen aber fast doppelt so schnell wie die übrigen
Segmente. pwc.de
LinkedIn verdrängt Twitter
im Business-Bereich15.10.2020
In Sachen Fachartikel, Livestreams
und Networking wird LinkedIn wichtiger
und löst Twitter als bevorzugten Kanal für die
Ansprache von Anspruchsgruppen ab. Insgesamt
legen Social Media als Kommunika tionsinstrument
in der B2B-Kommunikation in der Schweiz somit zu.
ak-socialmedia-b2b.de
Zum Geburtstag neue Features 7. 10. 20200
Zehn Jahre gibt es Instagram bereits, eine Milliarde
Nutzer*innen hat die Plattform und sie wächst weiter
enger mit Facebook zusammen, insbesondere der
interne Messaging-Dienst. Die Wachstumszahlen für
das bildbasierte Netzwerk sind nicht mehr zweistellig,
zeigen aber konstant nach oben.
socialmediaweek.org
Tinu Spoon auf Facebook zum
Postauto-Video: 1.10.2020
Das ist schon traurig, dass ein so grosser Konzern
das Personal NUR benutzt, um Profite zu machen,
sonst wirds ignoriert.
Michel Guillot auf Facebook
zum Postauto-Video: 1.10.2020
Der Kampf lohnt sich. Mit ganzem
Herzen bei Euch, den Chauffeuren
von PostAuto.
Video: youtube.com/syndicomCH