dPV Journal Ausgabe Nr. 20 Herbst/Winter 2020
Das Magazin für JUPA, MSA-, PSP- und THS-Patienten der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V.
Das Magazin für JUPA, MSA-, PSP- und THS-Patienten der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V.
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Heft Nr. 20| Herbst / Winter 2020
dPV JOURNAL
Zeitschrift für JUPA, MSA-, PSP- und THS-Patienten
JUPA
Neue Erklärfilme rund um Morbus Parkinson
MSA
Physiotherapie und Unterstützung durch
die Angehörigen
PSP
Schluckstörungen:
Besonderheiten in Diagnostik und Therapie
THS
Die Rolle der Angehörigen von
Parkinson Patienten
FOCUS–GESUNDHEIT
08 | 2019
1
Inhalt
Inhalt
Editorial ......................................................................................... 2
Impressum .................................................................................... 34
JUPA
Filmprojekt über angehörige Kinder .............................................. 3
Film über eine Straßenumfrage ..................................................... 4
Neue Erklärfilme rund um Morbus Parkinson ................................ 5
„ParkinsOn Tour“ – Comic-Schiebeanimation ............................. 6
Machen Sie mit! ........................................................................... 7
MSA
Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen .. 8 - 11
Machen Sie mit! .......................................................................... 12
PSP
Schluckstörungen:
Besonderheiten in Diagnostik und Therapie ...................... 13 - 14
Machen Sie mit! .......................................................................... 15
THS
Die Rolle der Angehörigen von Parkinson Patienten ................ 16
Ein Schrittmacher für das Gehirn ........................................... 17 - 18
Patientengeschichte .............................................................. 19 - 21
Parkinson – eine Erkrankung des älteren Menschen?! ............ 22
Machen Sie mit! ............................................................................ 23
Weitere Themen
Die Fachklinik Feldberg GmbH „Klinik am Haussee“ ................ 24
Wenn die Krankheit die Partnerschaft bedroht ........................ 25
Parkinson-Komplexbehandlung
im Passauer Wolf Bad Gögging .............................................. 26
Pandemie und Parkinson ..................................................... 27 - 28
Die Neurologische Klinik Sorpesee: Selbstbestimmt durch
den Alltag – für mehr Lebensqualität ................................. 29 - 30
Pflege von Menschen mit Parkinson in Zeiten von Corona .... 31
Parkinson und Arbeitswelt e. V. – Beispiel: Gute Praxis ............. 32
Sporttherapie bei Morbus Parkinson ............................................ 33
Zertifizierte Fachklinik
seit 1997
Morbus Parkinson, MSA, PSP und andere
extrapyramidale Bewegungsstörungen
Menschlich Motivierte Medizin
Über 20 Jahre Erfahrung in der akut- und rehabilitationsmedizinischen,
therapeutischen und pflegerischen Behandlung von Parkinson-Patienten.
Unsere Schwerpunkte:
■ Medikamentöse Neueinstellung
■ Schrittmachereinstellungen und
-kontrollen bei Tiefenhirnstimulation
■ Einstellung von Medikamentenpumpen
+ (Duodopa)
■ Behandlung in einem interdisziplinären Team
(neurologisch/orthopädisch/internistisch)
■ Interdisziplinäres Schlaflabor
■ Physiotherapeutische Behandlung
(insbesondere Bobath, Manuelle
Therapie, E-Technik)
■ Diagnostik und Therapie von
Schluckstörungen
■ Neuropsychologie mit Fahreignungsüberprüfung
■ Individuelle Angehörigenberatung
■ Parkinson-Ambulanz
Krumbacher Str. 45 · 89335 Ichenhausen · Telefon 08223 99-1034
www.fachklinik-ichenhausen.de
TOP
NATIONALES
KRANKENHAUS
2016
TOP
NATIONALES
KRANKENHAUS
2020
TOP
MEDIZINER
2015
PARKINSON
PARKINSON PARKINSON
DEUTSCHLANDS
GRÖSSTER
DEUTSCHLANDS
KRANKENHAUS-
GRÖSSTER VERGLEICH
KRANKENHAUS-
VERGLEICH
DEUTSCHLANDS
RENOMMIERTE
ÄRZTELISTE
Die Parkinson-Klinik, unter Leitung von Chefarzt Professor Dr. med.
Georg Ebersbach, ist ein modernes Zentrum zur Diagnostik und Therapie
des Parkinson-Syndroms. Die Klinik liegt 30 km südlich von Berlin
und verfügt über diagnostische und therapeutische Spezialeinrichtungen
(wie z. B. Computertomografie, Tremoranalyse, Schluckanalyse). Unsere
Klinik bietet ausschließlich Ein- und Zweibettzimmer mit eigener Nasszelle
(Dusche, Waschbecken, WC), Telefon und Kabel-TV.
Besondere Schwerpunkte der Klinik sind:
- Einstellung der medikamentösen Parkinson-Therapie
- Moderne physikalische, krankengymnastische und psychosoziale Therapie
- Beratung und Behandlung bei tiefer Hirnstimulation
- Diagnostik und Therapie bei atypischen Parkinson-Syndromen
Neurologisches Fachkrankenhaus
für Bewegungsstörungen/Parkinson
Straße nach Fichtenwalde 16
14547 Beelitz-Heilstätten
Telefon: 033204 / 22781
Telefax: 033204 / 22782
E-Mail: libuda@kliniken-beelitz.de
Ausführliche Infos zu Parkinson und unseren Therapieangeboten finden Sie online unter: www.parkinson-beelitz.de
Editorial 2
Editorial Ausgabe Herbst/Winter 2020
dPV JOURNAL
Liebe Leserin, lieber Leser,
Wie kommen Sie eigentlich durch diese Zeit, durch die Corona Zeit?
Wie leben Sie in der Corona-Krise?
Was vermissen Sie? Was macht Ihnen Mut?
Die letzten Wochen haben uns vor große Herausforderungen gestellt.
Wir haben Zeit gebraucht, uns mit der neuen Lebenswirklichkeit zurecht zu
finden.
Man muss das Leben so nehmen wie es ist, heißt es.
Weltweit macht das neuartige Virus Sars-CoV-2 Schlagzeilen.
Wie alle Tröpfcheninfektionen verbreitet sich das Virus auch über
Hände und Oberflächen. Es gibt noch keine spezifische Therapie
dagegen, auch noch keinen Impfstoff. Darum ist besonders die Vorbeugung gegen Ansteckungen
bedeutend, um die Krankheitswelle einzudämmen. Zuhause bleiben rettet Leben, wurde uns gesagt
130 km/h auf Autobahnen rettet auch Leben.
Wirtschaft, Schule, Kita, Verkehr, Landwirtschaft, Touristik und Reisen, Umwelt, Klimawandel, Jobs und
noch viel mehr sind betroffen. Auch die Treffen der Gruppen innerhalb der dPV sind betroffen.
Regelmäßige Treffen mit Sommerevents, Grillpartys müssen ausfallen. Corona scheint die Welt zu
verändern.
Wenngleich immer mehr Lockerungen umgesetzt werden, ist ein Ende der Pandemie längst nicht in Sicht.
Angst oder Hoffnung vor der Zukunft. Was werden uns die nächsten Monate bringen?
Wenn man darüber redet, wird die Angst kleiner „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun“,
sagt Mahatma Gandhi. Denn diese Botschaft hat
uns die Pandemie gelehrt:
Wir können Corona nur gemeinsam bewältigen,
durch unseren Zusammenhalt und durch
gemeinschaftlich gestärkte Zuversicht.
Gegenseitige Hilfestellung ist in diesen Tagen
besonders wichtig. Und nicht vergessen:
Das Leben findet jetzt statt.
In diesem Sinn und in gegenseitiger
Verbundenheit grüße ich Sie herzlich
Magdalene Kaminski, 1. Vorsitzende
Klinik für Neurologie
Chefarzt Dr. med. Philipp Feige
Die Klinik für Neurologie behandelt das komplette Spektrum
neurologischer Erkrankungen.
Die Klinik Bosse Wittenberg als zertifizierte Fachklinik für Parkinsonund
Bewegungsstörungen empfängt ihre Patienten zur Erstdiagnostik,
Neueinstellung, medikamentösen Umstellung, Ein- und Umstellung
einer Medikamentenpumpe und zu umfassenden nichtmedikamentösen
Therapien im Rahmen der Parkinson-Komplexbehandlung.
Wir sind an 365 Tagen rund um die Uhr für Sie da.
Klinik Bosse Wittenberg, Hans-Lufft-Str. 5, 06886 Lutherstadt Wittenberg
Tel.: (03491) 476 0, Fax: (03491) 476 372 E-Mail: Klinik.Bosse@alexianer.de
Weiter Informationen finden Sie unter www.alexianer-sachsen-anhalt.de
3
JUPA - Filmprojekt über angehörige Kinder
JuPa Filmprojekt über angehörige Kinder
Die Erkrankung eines Familienmitglieds
betrifft die ganze
Familie. Vor allem Kinder
spüren Veränderungen sehr
genau. Kinder haben ein
sehr gutes Gespür, wenn sich mit geliebten
Menschen etwas verändert.
Chronische Erkrankungen bedeuten
dauerhafte Veränderungen für die Beziehung
zwischen Kindern und Eltern.
Wie gehen Kinder mit der Erkrankung
ihres Elternteils um? Wie sieht das Familienleben
mit Parkinson aus?
Wir von JuPa Rheinland-Pfalz Süd nahmen
dies zum Anlass um einen Videofilm
mit vier Kindern als Angehörige
und ihrem betroffenen Elternteil zu
machen. In Zusammenarbeit mit der
Carasana Videoproduktion, Köln, entstand
daraus ein innovative und besonders
öffentlichkeitswirksame medienpädagogisches
Filmprojekt, dass
den Alltag mit Parkinson und einem
Familienangehörigen zeigt. Zu sehen
ist das Video bei Youtube unter dem
Link:
www.youtube.com/
watch?v=_5aeVFeZ7EU&t=73s
JUPA - Film über eine Straßenumfrage 4
JuPa-Film über eine Straßenumfrage: „Was
fällt Menschen zum Thema Parkinson ein?“
Trotz Corona-Zeiten nahmen
viele Personen an unserer Straßenumfrage
zum Thema „was
fällt Ihnen zum Thema Parkinson
ein?“ teil. Entstanden ist ein interessanter
Kurzfilm über das Wissen um
die Krankheit Morbus Parkinson in der
breiten Öffentlichkeit.
Im fertigen Film führt ein kurzes Intro
in das Thema ein und der Zuschauer
erhält einen Überblick über diese Straßenumfrage.
Menschen / Passanten werden in einer
Großstadt zum Thema „Parkinson“
und was sie darüber wissen oder was
ihnen dazu einfällt befragt. Dabei soll
die Öffentlichkeit auch für das Thema
sensibilisiert und das Krankheitsbild erklärt
werden.
Hervorgehoben werden insbesondere
die Mehrwerte für von Morbus Parkinson
betroffene Menschen. Zu sehen
ist das Video bei YouTube unter dem
Link:
www.jupa-rlp.de/medien-links/videos/
www.youtube.com/channel/
UCMRvAP6ZxO6yE22ZCZNExDw
5
JUPA - Neue Erklärfilme rund um Morbus Parkinson
Neue Erklärfilme rund um Morbus Parkinson
Die Selbsthilfegruppe JuPa
Rheinland-Pfalz Süd hat im
Rahmen der kassenindividuellen
Projektförderung
neue Erklärfilme erstellt.
Die verschiedenen Erklärvideos, wurden
aus komplexen Animationen und
mehrfarbigen Illustrationen mit leicht
verständlichen Sprechertexten und einer
Filmdauer von jeweils 1 - 2 Minuten
digital realisiert. Eine kurze Einleitung
führt in das jeweilige Thema ein und
gibt dem Zuschauer einen Überblick
über das jeweilige Angebot. Erfolge
und positive Effekte zum entsprechenden
Filmthema werden sympathisch
augenzwinkernd erläutert. Tipps für
den Alltag erleichtern zudem das Leben
mit Parkinson.
Folgende Kurzfilme sind in der neuen
Erklärfilmreihe entstanden:
• Aktiv bleiben mit Parkinson
• Alltagshilfen bei Parkinson
• Ergotherapie bei Parkinson
• Ernährung bei Parkinson
• Logopädie bei Parkinson
• Physiotherapie bei Parkinson
• Psychotherapie bei Parkinson
Zu sehen sind die Videos bei YouTube
unter:
www.youtube.com/channel/
UCMRvAP6ZxO6yE22ZCZNExDw
JUPA - „ParkinsOn Tour“ – Comic-Schiebeanimation 6
„ParkinsOn Tour“ – Comic-Schiebeanimation
Parkinson ist vorwiegend eine
Krankheit des Alters, aber immer
mehr auch deutlich unter
40-Jährige Menschen
erkranken. Gegenwärtig sind
mindestens 10 Prozent der Betroffenen
unter 40 Jahre alt. Die Diagnose
ist besonders für die jung Betroffenen
ein schwerer Schock und wirft viele
Fragen auf. Diesen Fragen stellten sich
die Teilnehmer des Workshops kreativ
und entwickelten eine unterhaltsam
humorvolle Comic Geschichte zum
Thema „Unterwegs mit Parkinson – junge
Selbsthilfe wirkt!“
Im Projekt waren Menschen mit Parkinson
und ihre Angehörigen als Experten
in eigener Sache. Fachlich unterstützt
wurde die Projektgruppe durch einen
Medienpädagogen und Mediengestalter
sowie einen Zeichner.
Die Selbsthilfegruppe JuPa Rheinland-Pfalz
Süd hat nun im Rahmen ihrer
Aufklärungskampagne „ParkinsOn
Tour“ eine Comic-Schiebeanimation
erstellt. Der Animationsfilm „ParkinsOn
Tour“, ist digital aus komplexen Animationen
und mehrfarbigen Illustrationen
durch den Zeichner Stefan Bayer realisiert
worden, mit Musik und Sound unterlegt.
Das Filmprojekt dient der Aufklärung
und Information im Umgang
mit der Erkrankung, Öffentlichkeitsarbeit,
anderen Betroffenen und sich
selbst Mut machen.
Die Kampagne „ParkinsOn Tour“:
Der Kurzfilm dient als Imagefilm für die
Kampagne und wird bei verschiedenen
Anlässen und Veranstaltungen
gezeigt. Mit „ParkinsOn Tour“ besuchen
Vertreter der Parkinson-Selbsthilfegruppe
neben allgemeinbildenden
Schulen vor allem Schulen für Gesundheits-
und Krankenpflege. Bei den jeweiligen
Schulbesuchen erläutern die
Mitglieder der Selbsthilfegruppe den
Schülern/Auszubildenden das Leben
mit Parkinson eine Erkrankung, die alle
Altersklassen betreffen kann. Neben
einer Bildschirmpräsentation zum Thema
Parkinson werden auch verschiedene
Hilfsmittel vorgestellt und mit
eigenen persönlichen Erfahrungsberichten
ergänzt.
Die Gruppe JuPa Rheinland-Pfalz-Süd
beantwortet dabei die Fragen der
jeweiligen Teilnehmer. Ziel des Projektes/der
Kampagne ist es, dass sich die
Schüler im Anschluss ein Bild über die
Probleme und Sorgen sowie Wünsche
und Hoffnungen Parkinson-Erkrankter
machen können.
Angesprochen werden damit, Menschen
mit Morbus Parkinson und deren
Angehörige, Ärzte, Therapeuten, Pflegekräfte,
Pflegeschulen, Berufsfachschulen,
allgemeinbildende Schulen
und sonstige Interessierte.
Zu sehen ist das Video „ParkinsOn
Tour“ bei YouTube unter dem Link:
www.youtube.com/channel/
UCMRvAP6ZxO6yE22ZCZNExDw
Weitere Informationen zu den verschiedenen
Projekten oder zur Selbsthilfegruppe
erhalten Sie durch:
Ria Gerike & Wilfried Scholl
Tel.: (0 63 01) 79 58 73
E-Mail: kontakt@jupa-rlp.de
7
JUPA - Machen Sie mit!
Machen Sie mit!
Junge Parkinson-Patienten im „dPV Journal“
Liebe Leserinnen und Leser, liebe
Jungerkrankte-Patienten, liebe
Angehörige,
das „dPV Journal“ behandelt in
seinem „gelben Abschnitt“ Themen,
die sich speziell mit der Lebenssituation
von jungen Patienten und ihren Angehörigen
beschäftigen. Deren Gedanken,
Sorgen und Nöte unterscheiden
sich doch häufig von denen der Patienten,
die erst in fortgeschrittenem
Alter an Parkinson erkrankt sind.
Zentraler Beitrag
Unter der Rubrik „Zentraler Beitrag“
wird in jeder Ausgabe ein Schwerpunktthema
möglichst umfassend
behandelt. Welcher Themenkomplex,
der direkt oder indirekt den juvenilen
Parkinson betrifft, soll Ihrer Meinung
nach ausführlich dargestellt werden?
Schlagen Sie uns ein Schwerpunktthema
vor, wir werden es in einer der
nächsten Ausgaben aufgreifen.
Antworten auf Ihre Fragen
Stellen Sie uns konkrete Fragen, die
durch Ihren täglichen Umgang mit
der Erkrankung aufgeworfen wurden.
Unsere Experten werden sie unter der
Rubrik „Antworten auf Ihre Fragen“
beantworten.
JUPA
Berichten Sie über eine JUPA-Veranstaltung
oder schreiben Sie Ihre persönlichen
Erlebnisse bei Ihrem Umgang
mit der Erkrankung auf. Lassen Sie andere
Betroffene von Ihren Erfahrungen
profitieren!
Machen Sie mit und schreiben Sie uns
(Betreff „dPV Journal“)
Per Post:
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V.
Moselstraße 31
41464 Neuss
Per Fax:
(0 21 31) 4 54 45
Per E-Mail:
bundesverband@parkinson-mail.de
MSA - Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen 8
Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen
bei fortgeschrittener Multisystematrophie
Der Alltag mit der Diagnose
MSA, eines der atypischen
Parkinsonsyndrome, stellt
die Betroffenen und ihre
Angehörigen vor große Herausforderungen.
Neben regelmäßiger Therapie, dazu
gehören außer der Physiotherapie
auch Logopädie und Ergotherapie,
erleichtern tägliches Üben, das Anwenden
geeigneter Hilfestellungen
und der Einsatz sinnvoller Hilfsmittel
den Alltag.
Das Anliegen aller sollte es sein für den
Betroffenen und seine Angehörigen
die Voraussetzungen für bestmögliche
Lebensqualität zu schaffen.
In meinen Ausführungen konzentriere
ich mich auf Beispiele der physiotherapeutischen
Behandlungsansätze für
den schwerer betroffenen Patienten,
ein wesentlicher Bestandteil meiner
Ausführungen sind Möglichkeiten für
das Eigenüben -allein oder mit den
Angehörigen sowie Tipps für den Alltag.
Da Physiotherapie nur gezielt angewandt
werden kann, wenn sie befundorientiert
und auf die Situation
des Einzelnen abgestimmt ist, stellt sich
vorab die Frage, welche Befunde für
MSA typisch sind.
Motorisch sind das häufig:
• Hypo-, Brady- oder Akinese, d.h.
entweder zu kleine, zu langsame
oder spontanes Bewegen kann
nicht begonnen werden.
• Rigor: d. h. eine erhöhte Muskelsteifigkeit,
die die gesamte Skelettmuskulatur
betreffen kann.
• Tremor: ein Zittern, das in Ruhe
oder Aktivität auftreten kann
• Kraft: durch Bewegungsmangel
und die Haltungsveränderung
lässt die Kraft nach, besonders
deutlich wird das an der aufrichtenden
Muskulatur.
Auch eine häufig vorliegende abnorme
Körperhaltung kann die Betroffenen
zusätzlich einschränken: der
Rumpf wird nach vorne gebeugt, zu
einer Seite gebeugt, der Kopf wird
Richtung Brustbein gezogen. Wenn
diese Symptome auftreten, beeinträchtigen
sie massiv aufrechtes,
symmetrisches Sitzen, das Gleichgewicht
ist gestört, daraus resultieren
Stand- und Gangunsicherheit bis hin
zu erhöhter Sturzgefahr. Stehen und
Gehen, sowie Hand- und Armfunktionen
in diesen Ausgangstellungen sind
deutlich erschwert bis unmöglich.
Zudem haben diese Haltungsveränderungen
auch massiven Einfluss auf
Atmung und Sprache.
Vermehrter Speichelfluss, Schluck- und
Sprechstörungen sind Behandlungsfelder
der Logopädie.
Weitere, sog. Nichtmotorische Störungen
wie Blutdruckregulationsstörungen,
Durchblutungsstörungen und
Blasenfunktionsstörungen gehören mit
zum Krankheitsbild, müssen in der Therapie
berücksichtigt werden.
Alle Symptome führen in ihrer Komplexität
zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten
Beeinträchtigung bei allen
Aktivitäten des täglichen Lebens, die
die Alltagsbewältigung zu einer tagtäglich
zu bestehender Herausforderung
machen.
Die physiotherapeutische Befundung
sollte neben dem Erfassen der Körperfunktionen-
und -strukturen und den
Aktivitäten, also alles, was der Betroffene
allein oder mit Hilfe kann, sowie
die Partizipation, also die Lebenssituation,
sein Umfeld, seine Teilhabe erfassen.
Die Auswertung dieser Daten ergibt
ein Gesamtbild und somit auch eine
Zielsetzung und einen Therapieplan für
den Betroffenen, aus dem auch hervorgeht
in wie weit die Angehörigen
und (ambulante) Pflegedienste mit
einbezogen werden sollen/müssen.
Die Physiotherapie kann also eingeteilt
werden in:
• Eigentliche physiotherapeutische
Behandlung des Patienten
• Anleitung der Angehörigen für
notwendige Hilfestellungen
• Vermitteln, Anleiten, bei Bedarf
anpassen und korrigieren relevanter
Übungen zum täglichen Üben
in Eigenregie und mit Betreuenden
• Information über und Umgang mit
geeigneten Hilfsmitteln
• Zeitliche und inhaltliche Abstimmung
mit (ambulanter) Pflege
und anderen Therapien
In aller Regel werden die Befunde einen
Hausbesuch notwendig machen,
da diese Patienten in ihrer Mobilität
stark eingeschränkt und oft nicht mehr
in der Lage eine Praxis aufzusuchen.
Sie benötigen Unterstützung bei Lagewechseln
und allen Alltagsaktivitäten.
Sie sind auf einen Rollator und/
oder Rollstuhl angewiesen. Dadurch,
dass sie sich wenig bewegen, sind
ihre Gelenke kontrakturgefährdet. Die
Rumpfbeweglichkeit ist stark reduziert,
sie atmen eher flach und schnell, die
Pneumoniegefahr steigt ebenso wie
die Thrombosegefahr.
Konsequente Therapien und regelmäßiges
Aktivieren des Betroffenen helfen,
die Komplikationen so gering wie
möglich zu halten.
Beispiele für physiotherapeutische Anwendungen
bei Patienten mit fortgeschrittenem
Stadium der MSA:
Erhalt der Beweglichkeit (Kontrakturprophylaxe)
und Normalisierung des
Muskeltonus:
Komplexe, endgradige Bewegungen
aller Arm- und Beingelenke, in alle
Richtungen und unterschiedlichen
Kombinationen, um die (noch) vorhandene
Gelenkbeweglichkeit zu
erhalten, Muskulatur zu dehnen, die
Durchblutung zu fördern.
Je nach Möglichkeit wird dabei passiv
=der Betroffene wird bewegt, aktiv-assistiv=
der Betroffenen bewegt aktiv
mit oder aktiv gearbeitet.
Behandelt wird in verschiedenen Ausgangstellungen,
die sowohl von den
Möglichkeiten des Patienten als auch
von den Zielen bestimmt sind:
In Rückenlage, bei der der Patient so
flach, wie möglich mit ausreichend
unterlagertem Kopf liegen sollte, kann
gut endgradig mit großen Bewegungen
gearbeitet werden. Mit diesen
großen Bewegungen bezieht man
mit den sog. weiterlaufenden Bewegungen
auch den Rumpf mit ein.
9
MSA - Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen
Die Beine sind dabei ausgestreckt,
bei mangelnder Kniestreckung wird
entsprechend unterlagert, nur dann
kann mit der Zeit die Muskelspannung
nachlassen. Lagert man aber z. B. die
Beine auf einen Quader und arbeitet
dann mit den Armen, vermindert sich
der Muskeltonus in der Lendenwirbelsäule,
in der Brustwirbelsäule ist mehr
Streckung möglich. Werden die Beine
auf einen passenden Pezziball gelagert
und über diesen Ball nach rechts
und links bewegt, mobilisiert man die
Lendenwirbelsäule, wobei kleinere Bewegungsausschläge
den Muskeltonus
senken und mit größeren Amplituden
mehr Beweglichkeit erreicht wird.
Gleichgewicht und das Arbeiten gegen
die Schwerkraft werden dabei
weniger beansprucht.
Die Koordination kann gezielt durch
unterschiedliche Bewegungsrichtungen
auf der rechten bzw. linken Körperhälfte
angesprochen werden.
In Seitenlage (Kopf immer ausreichend
unterlagert, beide Beine gebeugt
mit Kissen zwischen Knien und
Unterschenkel, oder unteres Bein gestreckt
und oberes gebeugt auf einem
Kissen gelagert) sind Schulter-gegen
Beckengürtel gut zu mobilisieren, eine
Bewegungskomponente, die bei allen
alltagsrelevanten Bewegungsabläufen
eine Rolle spielt. Auch die Beweglichkeit
der Brustwirbelsäule in die
Drehung sowie Beugung und Aufrichtung
kann mobilisiert werden, ebenso
die Beweglichkeit des oberen Beines
in Hüft- und Kniebeugung sowie Hüftund
Kniestreckung mit verschiedenen
Kombinationen.
Im Sitzen kann die Sitzunterlage stabil
oder mobil sein, Füße plan am Boden
stabilisieren von unten. Freies Sitzen
verlangt eine gute Rumpfkontrolle,
sitzen mit Rücken- und Seitenlehnen
reduziert diese Beanspruchung. Betroffene
mit einer Vorneigung und/
oder Seitneigung des Oberkörpers benötigen
diese Unterstützung. Bei einem
nach weit nach vorne geneigtem
Kopf kann schon das Anheben des
Kopfes und ihn in dieser Position zu halten,
eine starke Beanspruchung sein.
Beübt werden können Armfunktionen,
ein- und beidseitig, miteinander und
gegenläufig, die Hand-Augenkoordination,
Aufrichten des Rumpfes, Drehungen
zu beiden Seiten -isoliert für
die Brustwirbelsäule oder mit Einbeziehung
der Halswirbelsäule.
Die Beine sollten einzeln bewegt werden,
im Sitzen gehen gut Hüftbeugung,
Kniestreckung, nach außen und
innen führen des Beines mit gebeugtem
oder gestrecktem Knie, alle Fußbewegungen,
auch in Kombination
mit den Beinbewegungen.
Intensiv kann an Rumpf und Schultergürtel
gearbeitet werden, wenn der
Patient ohne Lehne sitzt und der Therapeut/
die Therapeutin direkt hinter
dem Patienten steht.
Es lohnt auch auszuprobieren was an
Übungen möglich ist, wenn der Patient
direkt frontal vor oder seitlich an einem
Tisch sitzt.
Je nach Bewegungsauswahl werden
Gleichgewicht und Koordination sowie
die Kraft unterschiedlich beansprucht.
Stehen und Gehen: Wenn immer möglich
sollte der Betroffene aufstehen
bzw. in den Stand gebracht werden.
Selbst kurzes Stehen ist gut für die Gelenke
und die knöchernen Strukturen,
die Aufrichtung, die Durchblutung.
Variablen sind hier der Parallelstand,
Stand mit größerer Spurbreite oder die
Schrittstellung.
Die Zielsetzung der einzelnen Übungssequenzen
wird entscheidend sein,
z.B. für Gewichtsverlagerungen als
notwendige Voraussetzung für einen
Schritt nach vorne wird die Schrittstellung
sein, bei einem Schritt zur Seite die
größere Spurbreite.
Gehen ohne Hilfsmittel wird mit therapeutischer
Hilfe für ein paar Schritte
möglich sein, ansonsten wird mit dem
Rollator geübt, wobei Wert daraufgelegt
werden muss, dass die Füße gut
vom Boden abgehoben werden und
im Rollator gegangen wird
Das Üben der Lagewechsel Rückenlage
> Seitenlage, Rückenlage > Sitz
> Rückenlage sowie Sitz > Stand > Sitz
gehören in den Ablauf der Therapieeinheit
ebenso wie die Atmung. Dabei
bietet sich eine Kombination aus
mobilisationsfördernden Techniken für
den Rumpf,
Dehnlagerungen, Unterstützung bei
der Atemwahrnehmung und einer
Verbesserung der Ein-bzw. Ausatmung
an.
Lagewechsel sind außerdem ein Muss,
da sie durch den Perspektivenwechsel
immer auch die Wahrnehmung verändern
und die Aufmerksamkeit ansprechen.
Geeignete Entspannungstherapien,
die das Wohlbefinden des Betroffenen
fördert, runden die Behandlung ab.
In der Vermittlung ist wichtig, dass mit
konkreten Aufträgen gearbeitet wird,
z.B. „zeigen Sie mit der Hand in die
rechte Ecke“ ist leichter umzusetzen
als „strecken Sie den Arm nach schräg
oben“. Durch die Befundaufnahme
hat man eine Vorstellung von Umfeld
und Interessen des Betroffenen und
kann in den Bewegungsaufträgen darauf
eingehen.
Wie schon angesprochen, können
nur Beispiele für die physiotherapeutischen
Möglichkeiten aufgezeigt
werden. Jedoch ist die zur Verfügung
stehende Palette so vielfältig, dass
variable und den ganzen Menschen
ansprechende Behandlungseinheiten
gestaltet werden können.
Maßgeblich bei der Behandlung von
MSA-Patienten ist die Einbeziehung
der Angehörigen und/ oder der Pflege,
denn ohne Unterstützung bei allen
alltagsrelevanten Tätigkeiten wird es
nicht gehen.
Jeder Angehörige sollte sich nicht nur
vom zuständigen Physiotherapeuten
zeigen lassen, wie er seinen Angehörigen
unterstützen kann, sondern sich
auch bei den Hilfestellungen zusehen
und gegebenenfalls verbessern lassen.
Dies fällt nicht immer leicht, bringt
aber nur Vorteile für beide Seiten und
woher soll man Abläufe kennen, die
auch der Profi einst lernen musste.
Beispiele, wie Betreuende unterstützen
und helfen können:
Der Betroffene sollte immer nur so viel
Hilfe bekommen, wie nötig und so wenig
wie möglich, das gewährleistet,
dass seine motorischen Fähigkeiten
genutzt und damit möglichst lange
erhalten werden. Außerdem fühlt sich
jeder als Gesamtpersönlichkeit ganz
anders angenommen und wahrgenommen,
wenn er nicht nur „behandelt“
wird. Dass das nicht immer leicht
ist und auch nicht in jeder Situation
ideal umsetzbar, ist nachvollziehbar.
Oft ist man aber zu schnell bereit, alles
abzunehmen, tut jedoch keinem der
Beteiligten langfristig gesehen damit
einen Gefallen.
Im Bett liegt der Betroffene entweder
auf dem Rücken oder auf der Seite:
Ein elektrisch verstellbarer Lattenrost
oder ein Einlegerahmen, beides gibt
es in guter Auswahl, erleichtern Lager-
MSA - Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen 10
ung, Umlagern, Lagewechsel.
Lagerung:
Für jede Lagerung gilt, dass sie regelmäßig
verändert werden muss, um
Druckstellen oder wundliegen zu vermeiden.
Kleine Veränderungen sind
bereits wirkungsvoll und einfach zu
handhaben.
Rückenlage:
Kopf ausreichend unterlagern, nicht
mehr. Den Oberköper nur so hoch, dass
der Patient entspannt liegen kann. Da
die Beine meistens im Knie nicht mehr
voll gestreckt werden können, sollten
die Kniekehlen und Unterschenkel auf
einem Kissen liegen, das dieses Defizit
ausgleicht, die Füße liegen mit auf
dem Kissen. Bitte NIE eine Rolle unter
die Knie, da damit ein massiver punktueller
Druck auf die Fersen ausgeübt
wird. Arme liegen neben dem Körper
oder auf dem Bauch. Wenn sich der
Patient selbst noch bewegen kann, ist
wichtig, dass er es auch tut. Veränderungen:
Beide Beine auf einen Quader legen,
Oberköper etwas flacher. (Ein verstellbarer
Lattenrost spart den Quader
und erleichtert das Umlagern)
Beide Beine werden angebeugt und
zu einer Seite geneigt. Der Abstand
zwischen unterem Knie und Liegefläche
wird mit einem Kissen ausgeglichen,
ein schmales Kissen oder ein
Handtuch zwischen beiden Beinen
ermöglicht das Anlehnen des oberen
Beines und verhindert Druckstellen an
den Knien.
Kommt es beim Aufstehen zu Blutdruckabfall,
kann man ausprobieren,
ob eine Lagerung mit flachem Oberteil
und ausgestreckten Beinen hilft,
bei der die ganze Matratze so gekippt
wird, dass die Beine etwas nach unten
zeigen.
Lagerung in Seitenlage:
Die wichtigsten Punkte sind unter
„Physiotherapie in Seitenlage“ schon
beschrieben. Unabdingbar ist eine
ausreichende Unterlagerung des
Kopfes und, wenn ein starkes nach
vorne Sinken des Kopfes vorliegt, den
Kopf behutsam etwas nach hinten zu
holen. Dazu kann der Kopf auch mitsamt
dem Kissen bewegt werden, was
manchmal besser toleriert wird.
Lageveränderungen:
Wie oben beschrieben durch Verändern
der Beinpositionen flächig unter
das Becken greifen und es einen kleinen
„Ruck“ nach hinten ziehen eine
zusammengerollte Decke an den Rücken
drücken und der Patient kann
sich anlehnen, ebenso kann die Decke
auch vor den Bauch gelegt werden
und das Oberkörpergewicht geht
nach vorne. Hier ist zu beachten, dass
der Oberköper nicht einfach nach
vorne sackt. Beobachten und entscheiden,
ob diese Möglichkeit günstig
ist oder besser weggelassen wird,
da dabei auch der Kopf wieder in eine
ungünstige Position sinken kann. Aber:
Probieren geht über Studieren.
Lagerung im Sitzen:
Die richtige Sitzhöhe bedeutet, dass
die Knie nie höher sind als die Hüfte.
Die Sitzfläche kann minimal nach vorne
geneigt sein. Ob der Patient dabei
sicher sitzt, ob das Aufstehen damit
erleichtert wird, das überprüft man
mit einem großen Handtuch, das zusammengerollt
und u-förmig an Lehne
und Seitenteilen platziert wird. Sitzt der
Patient aufrechter, stabiler? Wenn ja,
dann ist es eine Option. Füße sind plan
am Boden, Fersen unter oder minimal
hinter den Knien.
Die Seitenlehnen sind lang genug und
die Rückenlehne hoch genug, bei
einem stark nach vorne gezogenen
Kopf sollte unbedingt ausprobiert werden,
ob eine angepasste Halskrawatte
Erleichterung bringt.
Bleibt der Patient im Rollstuhl, dann
gehören die Füße immer plan auf den
Boden, s.o.
Veränderungen:
Arme im Schoss so platzieren, dass die
Arme nach außen gedreht und die
Handflächen nach oben schauen,
das spricht die Schultergürtelmuskulatur
an und bringt mehr Aufrichtung.
Arme nicht nur in den Schoss, sondern
zwischendurch auf die Seitenlehnen
legen und so kraftvoll wie möglich auf
die Lehnen drücken, das aktiviert die
Rumpfmuskulatur und entlastet das
„Sitzfleisch“.
Bei längerem Sitzen im Rollstuhl ist die
Anschaffung eines Rollstuhltischchens
zu überlegen. Werden darauf die
Arme abgelegt, kann der Oberkörper
nach vorne geneigt werden – bitte so
gerade wie es geht.
Ein Arm bleibt auf dem Tischchen, der
andere liegt im Schoss. Besonders bei
einseitiger Haltung schafft das einen
gewissen Ausgleich.
Was lässt sich sonst noch tun?
Der Betroffene sollte von sich aus
Arme, Beine, Rumpf immer wieder
bewegen, auch einfache Übungen
zeigen Wirkung. Mehr Freude macht
es sicher, wenn man einen „Mitturner“
hat, für 3x10 Minuten am Tag lässt sich
das hoffentlich einrichten.
Das Rollstuhltischchen ist auch dann
eine sinnvolle Anschaffung, wenn ein
Wechsel auf einen Stuhl nur schwer
möglich ist. Da lange Seitenteile des
Rollstuhls nicht unter einen Tisch passen,
würde der Betroffenen viel zu weit
weg sitzen, um z.B. am Tisch essen, lesen,
sein Trinkgefäß abstellen zu können.
Sitzt der Betroffene auf einem Stuhl am
Tisch, aber das aufrechte Sitzen ist mit
so viel Anstrengung verbunden, dass
es nur kurz möglich ist, lohnt sich auszuprobieren,
ob eine zusammengerollte
Decke o.ä. zwischen Tisch und Körper,
gegen die sich der Betroffene lehnen
kann, Entlastung und Erleichterung
bringen.
Wie genau die Betreuenden beim Lagewechsel
helfen können, sollte im
Einzelfall mit dem Physiotherapeuten/
der Physiotherapeutin erarbeitet werden.
Je besser der Betreuende sich
selbst bewegt, umso schonender für
ihn selbst und leichter für beide. Dabei
kann auch geklärt werden, welche
Hilfsmittel, wie z.B. eine Drehscheibe
nützlich sind.
Wichtig für alle Betreuenden ist:
Mit einem Einlegerahmen kann das
Bett höher gestellt werden, was das
Aufstehen erleichtert.
Ein hoch gestelltes Kopfteil erleichtert
das Aufsitzen Genügend Zeit lassen
zwischen Aufsitzen und Aufstehen, damit
sich der Blutdruck anpassen kann
Wenn der Patient sitzt, müssen beide
Füße am Boden stehen können
Auf richtiges Schuhwerk achten, keine
Pantoffel
Soll der Patient in den (Roll-)stuhl umgesetzt
werden, auf die richtige Position
des Stuhls achten, beim Rollstuhl
immer Fußstützen aus dem Weg räumen,
kann das bettnahe Seitenteil
weggeklappt werden, erleichtert das
den Transfer.
Klare, einfache Aufträge erteilen
Eine Wohltat ist es für den Betroffenen,
wenn der Pflegende vor dem Aufstehen
mit ein paar Bewegungen die
11
MSA - Physiotherapie und Unterstützung durch die Angehörigen
Füße aktiviert. Warum? Nun, wer in
Rückenlage oder Seitenlage im Bett
ist, dessen Fußsohlen erhalten über
eine längere Zeit keinerlei Reize, man
weckt die Fußsohlen quasi auf.
Beim Transfer zurück ins Bett sollte sich
der Patient immer leicht schräg und
genügend weit Richtung Kopfteil hinsetzen,
denn so kommt er beim Zurücklegen
schon in der Mitte des Bettes
und weit genug oben an und muss
nicht mühsam rutschen.
Beim Essen und Trinken ist wichtig, immer
so aufrecht wie möglich zu sitzen,
das erleichtert das Schlucken. Nach
dem Essen immer noch mindestens
20 Minuten aufrecht bleiben. Neben
diesen Empfehlungen gibt es einige
erprobte Möglichkeiten, wie das gefürchtete
Verschlucken beim Essen
und Trinken vermieden werden kann.
Das sollte man sich unbedingt von erfahrenen
Therapeuten zeigen lassen,
die in der Behandlung auch über geeignete
Hilfsmittel fürs Essen und Trinken
informieren.
Körperhygiene und Toilettengang:
Abhängig von den räumlichen Bedingungen
hilft ein Duschhocker, ein Badewannenlift,
ein Duschrollstuhl.
Eine Toilettensitzerhöhung, Haltegriffe
oder Toilettenstützgestelle sind am
Örtchen nützliche Helfer. Unabhängig
davon verändert ein kleiner Hocker
unter den Füßen die Beckenposition,
eine Hilfe, wenn sich der Patient beim
Stuhlgang sehr schwer tut.
MSA-Patienten sind durch Symptome
wie Schwindel, mangelndes Gleichgewicht,
Muskelsteifigkeit oft sturzgefährdet.
Was kann im Alltag helfen? Wenn
die Begleitung vermeidet mit dem Patienten
zu reden, denn „dual tasking“
ist eine Überforderung! Mechanisch
schützen Hüftprotektoren, aber nur,
wenn sie auch getragen werden!
Und wenn der Patient trotz aller Vorsichtsmaßnahmen
stürzt? Dann sollten
die Angehörigen ruhig bleiben und
nicht hektisch versuchen den Patienten
wieder auf die Beine zu bringen.
Leider enden solche Versuche auch
damit, dass beide am Boden liegen.
Besser ist es, den Patienten mit Kissen
unterm Kopf und evtl. einer Zudecke
auf dem Boden zu lagern und dann
Hilfe zu holen.
Angebote (nicht nur) für
therapiefreie Tage:
• Mit einem Tennisball oder Igelball
den ganzen Körper mit leichtem
Druck abrollen, am rechten Fuß
beginnen, dann rechtes Bein, linker
Fuß, linkes Bein, rechte Hand,
rechter Arm, dann linke Hand, linker
Arm, Brustregion und Schulterregion.
Das löst Verspannungen
und fördert die Durchblutung
• Trockenbürstungen werden genauso
durchgeführt, man braucht
dazu eine entsprechende Bürste
oder einen Handschuh. Darauf
achten, dass die Borsten gut toleriert
werden können.
• Will man Kreislauf und Durchblutung
anregen, kann man sog.
Klatschungen ausprobieren. Man
braucht eine Schüssel mit kaltem
Wasser und einen Waschhandschuh.
Diesen taucht man in das
Wasser und wringt ihn gut aus,
rafft ihn oben an der Öffnung
zusammen und „klatscht“ dann
mit schnellen Bewegungen den
feuchten Waschlappen über die
Beine.
• Um die Atmung anzuregen, kann
man miteinander singen und
wenn man dabei noch den Takt
klatscht oder im Takt die Finger
bewegt, tut man auch den Händen
etwas Gutes.
• im Sitzen: der Angehörige legt
die Hände nacheinander auf die
Schulterblätter, seitlich an den
Rumpf , ins Kreuz: der Patient bekommt
die Aufgabe die Hände zu
spüren und den Atem dorthin zu
lenken. Dazu braucht es Ruhe und
Zeit, vielleicht spüren beide nach
einigem Üben, dass sie im Gleichklang
atmen.
• im Sitzen: Beim Einatmen Fersen
anheben und mit dem Rücken
von der Lehne weggehen, beim
Ausatmen betont die Fersen wieder
auf den Boden stellen und
den Rücken anlehnen. Der Angehörige
kann mit einer Hand am
Brustbein und einer zwischen den
Schulterblättern die Bewegung
unterstützen.
• im Liegen: der Angehörige legt
seine Hände auf die Hände des
Patienten, die auf dem Brustkorb
liegen. Beide konzentrieren sich
darauf, ob die Atmung wahrgenommen
wird, danach die Hände
auf den Bauch legen und auch
hier mit Ruhe und Achtsamkeit die
Atembewegung wahrnehmen.
Gut für die Hände:
Betroffener und Betreuender stecken
die Finger beider rechten Hände ineinander
und legen die Handwurzeln
fest aneinander. Nun miteinander beide
Hände in dieser Haltung kreisen,
gehen beide Richtungen gleich gut?
Wie groß können die Bewegungen
werden?
Gleiche Aufgabe, aber rechte und
linke Hand stecken ineinander. Wechseln,
damit jeder einmal den Daumen
oben hat. Kann die Übung mit beiden
Seiten gleichzeitig gemacht werden?
Eine Wohltat in Rückenlage:
Wer viel auf dem Rücken liegt, wird
es als wohltuend empfinden: seitlich
am Bett stehend legt man die Hände
mit den Handflächen nach oben auf
die Unterlage und schiebt sie behutsam
ein kleines Stück unter den Rücken,
beginnend in der Lendenregion,
kurz liegen lassen und dann langsam
wieder herausziehen. Stück für Stück
nach oben gehen und dann die Seite
wechseln.
Angenommen, der Betroffene kann
sich kaum selber rühren und lässt sich
schwer bewegen, vielleicht gelingt
es leichter, wenn der Pflegende den
Unterarm plus Hand und Ellbogen in
ein Handtuch legt, dieses an beiden
schmalen Seiten fasst und den Arm mit
dem Handtuch bewegt.
Ich hoffe mit diesen Tipps ein wenig
dazu beitragen zu können, dass die
eine oder andere Alltagssituation
leichter zu bewerkstelligen ist. Als erfahrene
Physiotherapeutin und langjährige
Leiterin einer Regionalgruppe
ist es mir zum Schluss ein besonderes
Anliegen, dass die betreuenden Angehörigen
auch Zeit für sich einplanen,
in der sie frei und entspannt, ohne
schlechtes Gewissen, wieder Kräfte
sammeln können.
Gertrud Böck
Ehem. Fachlehrkraft für Physiotherapie
Email: gertrudboeck@outlook.de
MSA - Machen Sie mit! 12
Machen Sie mit!
MSA im „dPV Journal“
Liebe Leserinnen und Leser, liebe
MSA-Patienten, liebe Angehörige,
das „dPV Journal“ behandelt in
seinem „grünen Abschnitt“ Themen,
die sich speziell mit dem Krankheitsbild
Multisystematrophie beschäftigen.
Die Gedanken, Sorgen und Nöte von
MSA-Patienten und ihren Angehörigen
unterscheiden sich deutlich von
denen der Patienten, die am idiopathischen
Parkinson-Syndrom (IPS) erkrankt
sind.
Zentraler Beitrag
Unter der Rubrik „Zentraler Beitrag“
wird in jeder Ausgabe ein Schwerpunktthema
möglichst umfassend
behandelt. Welcher Themenkomplex,
der direkt oder indirekt die Multisystematrophie
betrifft, soll Ihrer Meinung
nach ausführlich dargestellt werden?
Schlagen Sie uns ein Schwerpunktthema
vor, wir werden es in einer der
nächsten Ausgaben aufgreifen.
Antworten auf Ihre Fragen
Stellen Sie uns konkrete Fragen, die
durch Ihren täglichen Umgang mit
der Erkrankung aufgeworfen wurden.
Unsere Experten werden sie unter der
Rubrik „Antworten auf Ihre Fragen“
beantworten.
Info
Schreiben Sie Ihre persönlichen Erlebnisse
bei Ihrem Umgang mit der Erkrankung
auf. Was waren schwierige Augenblicke,
was hat Ihnen das Leben
leichter gemacht? Lassen Sie andere
Betroffene von Ihren Erfahrungen profitieren!
Machen Sie mit und schreiben Sie uns
(Betreff „dPV Journal“)
Per Post:
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V.
Moselstraße 31
41464 Neuss
Per Fax:
(02131) 4 54 45
Per E-Mail:
bundesverband@parkinson-mail.de
13
PSP - Schluckstörungen: Besonderheiten in Diagnostik und Therapie
Schluckstörungen bei der progressiven supranukleären
Paralyse: Besonderheiten in Diagnostik und Therapie
Schluckstörungen bei der progressiven
supranukleären Paralyse:
Die progressive supranukleäre
Paralyse ist mit einem
Auftreten von ca. 6/100000
Einwohner das häufigste
sog. atypische Parkinsonsyndrom.
Klinisch zeigen die Patientin
meist eine symmetrische Einschränkung
der Beweglichkeit, eine Störung
der Blickmotorik, früh im Krankheitsverlauf
auftretende Stürze sowie kognitive
Störungen.
Zur besseren Klassifizierung der einzelnen
klinischen Unterformen der PSP
wurden vor Kurzem neue klinische Diagnosekriterien
erstellt, die eine Unterteilung
in verschiedene Subtypen
ermöglichen: (1) Richardson-Typ, PSP
vom Parkinson-Typ, PSP mit Akinese
und Gangfreezing, PSP mit kortikobasalem
Syndrom, PSP mit progressiver
nicht-flüssiger Sprachstörung (sog.
Aphasie) und PSP mit frontotemporaler
Demenz (Höglinger et al, 2017).
Bis zu 80% aller PSP-Patienten entwickeln
im Laufe der Erkrankung eine
Störung der Schluckfunktion, bei ca.
16% kann diese Schluckstörung sogar
das erste Symptom der Erkrankung
sein (Litvan et al, 1996).
Im Durchschnitt bemerken PSP-Patienten
etwa 42 Monate nach Beginn
der Erkrankung erste Symptome einer
Schluckstörung (Warnecke et al,
2010), was im Verlauf nachweislich mit
einer Reduktion der Lebenserwartung
einhergeht (Müller et al, 2001).
Insgesamt ist die Prognose des weiteren
Erkrankungsverlaufes bei PSP-Patienten
mit einer frühen Schluckstörung
ungünstiger, da diese, insbesondere
wenn keine ausreichende Behandlung
erfolgt, im Verlauf zu Aspirationspneumonien
führen kann, die ebenso wie
beim klassischen Parkinsonsyndrom für
PSP-Patienten die Haupttodesursache
darstellen (Litvan et al, 1996, dell’Aquila
et al., 2013).
Im Unterschied zu den Parkinson-Patienten
nehmen PSP-Patienten ihre
Schluckstörungen jedoch häufig sehr
adäquat wahr, sodass eine Verwendung
von spezifischen Fragebögen als
Screening-Methode sinnvoll ist (Litvan
et al, 1997). Eine weiterführende Diagnostik
vermuteter Schluckstörungen
sollte auch bei PSP-Patienten mithilfe
apparativer Zusatzdiagnostik, z.B. einer
endoskopischen Evaluation des
Schluckaktes (FEES) erfolgen.
In verschiedenen Studien mit PSP-Patienten
zeigten sich in solchen Untersuchungen
Störungen aller wesentlicher
Parameter der Schluckfunktion, insbesondere
ein verzögerter Schluckreflex,
vorschnelles Übertreten von Nahrungsbestandteilen
in den Kehlkopfbereich
(sog. Leaking) sowie Ablagerungen
von Nahrungs- oder Flüssigkeitsresten
im Bereich des Kehlkopfes (sog. Residuen).
Insbesondere beim Schlucken von
Flüssigkeiten besteht bei PSP-Patienten
auch ein vermehrtes Risiko für den
Übertritt von Nahrungsresten in den
Luftröhreneingang (sog. Penetration/
Aspiration) (Warnecke et al. 2010).
Auch bei einer Verwendung einer
anderen apparativen Diagnostik zur
Untersuchung des Schluckaktes, der
sog. Videofluoroskopie (VFSS) zeigen
sich bei PSP-Patienten insbesondere
eine Beeinträchtigung der oralen
Phase des Schluckens mit Verbleiben
von Nahrungsresten im Mund, repetitive
Pumpbewegungen der Zunge und
verzögerter Auslösung des Schluckreflexes
(Clark et al. 2019).
Grundsätzlich erhöht sich das Risiko
für eine relevante Schluckstörung
bei PSP-Patienten mit zunehmender
Krankheitsdauer, höherem Hoehnund
Yahr-Stadium sowie dem Schweregrad
der motorischen Beeinträchtigung.
Ein Zusammenhang mit dem
Ausmaß von parallel bestehenden
Sprechstörungen (sog. Dysarthrie)
konnte in Studien bisher nicht gezeigt
werden (Warnecke et al. 2010, Litvan
et al.1997).
Auch Störungen der Speiseröhrenbewegung
(sog. ösophageale Phase
des Schluckens) kommen bei PSP-vor,
allerdings scheint das Ausmaß hier
geringer zu sein als z.B. bei Patienten
mit dem klassischen Parkinsonsyndrom
oder einer Multisystematrophie (Claus
et al 2017).
Ob sich das Muster der Schluckstörung
bei den verschiedenen Subtypen
der PSP unterscheidet, wird aktuell im
Rahmen der deutschlandweiten Pro-
PSP-Kohortenstudie untersucht. Erste
Studien zeigen jedoch, dass Patienten
mit einer PSP vom Richardson-Typ
durchschnittlich wesentlich früher eine
Schluckstörung entwickeln können als
z.B. Patienten mit einer PSP vom Parkinson-
oder CBS-Subtyp (Tomita et al.
2015, Respondek et al. 2014).
Therapieansätze der
PSP-Schluckstörung:
Obwohl PSP-Patienten grundsätzlich
weniger gut oder gar nicht auf eine dopaminerge
Medikation ansprechen,
kann im Einzelfall eine Optimierung der
medikamentösen Therapie auch zu
einer Verbesserung der Schluckfunktion
bei PSP-Patienten insbesondere in
frühen Stadien der Erkrankung führen
(Warnecke et al, 2010). Dabei wurde
insbesondere ein positiver Effekt auf
die orale Phase des Schluckens beobachtet
(Varanese et al, 2014).
Sinnvoll ist in jedem Fall eine suffiziente
logopädische Therapie. Obwohl
bislang keine methodisch guten Studien
zur Überprüfung der Effektivität
verschiedener logopädischer Therapieverfahren
bei PSP-Patienten existieren,
können bestimmte Empfehlungen
abhängig vom jeweils zu Grunde liegendem
Störungsmuster der Schluckstörung
gegeben werden: Hilfreich
können sein:
(1) kräftiges Schlucken bei Residuen
sowie (2) Kostanpassung (z.B. Gabe
von weicher oder passierter Kost) bei
Penetration oder Aspiration. Sollte sich
in der endoskopischen Schluckuntersuchung
eine Aspirationsgefahr für
alle getesteten Nahrungskonsistenzen
zeigen, sollte rechtzeitig über die Möglichkeit
einer PEG-Anlage gesprochen
werden, um das Risiko für eine Aspirationspneumonie
so weit wie möglich zu
senken (Dziewas, Warnecke 2018).
Die PEG-Anlage soll im Verlauf der
Erkrankung v.a. dazu dienen, eine
ausreichende Kalorienzufuhr zu sichern,
um einer Verschlechterung der
Dysphagie, verursacht durch Mangelernährung,
entgegenzuwirken (Dziewas,
Warnecke 2018). Parallel dazu ist
es in den meisten Fällen weiter möglich,
z.B. kleine Schlucke zu Trinken
PSP - Schluckstörungen: Besonderheiten in Diagnostik und Therapie 14
oder passierte Konsistenzen zu essen.
Wir empfehlen 1-2x/Jahr in einer Spezialambulanz
für Dysphagie vorstellig zu
werden und eine FEES (Fiberoptische
Evaluation des Schluckaktes) durchführen
zu lassen.
Tipps für den Umgang mit einer
Dysphagie:
• ambulante Logopädie und regelmäßige
apparative Schluckuntersuchungen
zur Therapiekontrolle
• aufrechte Sitz- und Kopfhaltung,
Vermeidung von Ablenkungen
• Essen und Trinken trennen
• evtl. Ess- und Trinkhilfen bestellen,
wie z.B. den F.O.T.T. Trinkbecher
• Konsistenz der Nahrung je nach
Art der Schluckstörung wählen
• regelmäßige Gewichtskontrollen
und tägliches Führen einer Fieberkurve
zur frühzeitigen Infekterkennung
Sigrid Ahring, Inga Claus
und Tobias Warnecke
Bereich für Parkinsonsyndrome und
andere Bewegungsstörungen
Klinik für Neurologie mit Institut für
Translationale Neurologie
Universitätsklinikum Münster
Korrespondenzautorin:
Sigrid Ahring
Logopädin, B.Sc.
Universitätsklinikum Münster
Literaturverzeichnis:
1 .Höglinger GU, Respondek G, Stamelou M, et al. Clinical
diagnosis of progressive supranuklear palsy: The movement
disorder society criteria. Mov Disord 2017;32:853-
864.
2. Litvan I, Mangone CA, McKee A, et al. Natural history
of progressive supranuklear palsy (Steele-Richardson-Olszewski
syndrome) and clinical predictors of survival: a clinicopathological
study. JNNP 1996; 60:615-620.
3. Warnecke T, Oelenberg S, Teismann I, et al. Endsocopic
characteristics and levodopa responsiveness of swallowing
function in progressive supranuclear palsy. Mov Disord
2010;25:1239-1245.
4. Müller J, Wenning GK, Verny M, et al. Progression of dysarthria
and dysphagia in postmortem-confirmed parkinsonian
disorders. Arch Neurol 2001;58:259-264.
5. Dell’Aquila C, Zoccolella S, Cardinali V. Predictors
of survival in a series of clinically diagnosed progressive
supranuklear palsy patients. Parkinsonism Relat Disord
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6. Litvan I, Sastry N, Sonies BC, et al. Characterizing swallowing
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7. Clark HM, Stierwalt JAG, Tosakulwong N, et al. Dysphagia
in progressive supranuclear palsy. Dysphagia 2019;
published online ahead of print.
8. Claus I, Suttrup J, Muhle P. Subtle esophageal motility
alterations in parkinsonian syndromes: synucleionopathies
vs. Tauopathies. Mov Disord Clin Pract 2018;5:406-412.
9. Tomita S, Oeda T, Umemura A, et al. Impact of aspiration
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palsy: A retrospective cohort study. PLoS One
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10. Respondek G, Stamelou M, Kurz C, et al. The phenotypic
spectrum of progressive supranuclear palsy: a retrospective
multicenter study of 100 definite cases. Mov
Disord 2014; 29:1758-1766.
11. Varanese S, Di Ruscio P, Ben M’Barek L, et al. Responsiveness
of dysphagia to acute L-Dopa challenge in progressive
supranuclear palsy. J. Neurol 2014;261:441-442.
12. Dziewas R, Warnecke T. Neurogene Dysphagien: Diagnostik
und Therapie. Kohlhammer 2018, 2. überarbeitete
Auflage.
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V.
- Bundesverband -
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PSP - Machen Sie mit!
Machen Sie mit!
PSP im „dPV Journal“
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe PSP-Patienten,
liebe Angehörige,
das „dPV Journal“ behandelt
in seinem „roten Abschnitt“ Themen,
die sich speziell mit dem Krankheitsbild
progressive supranukleäre Blickparese
beschäftigen. Die Gedanken, Sorgen
und Nöte von PSP-Patienten und ihren
Angehörigen unterscheiden sich
deutlich von denen der Patienten, die
am idiopathischen Parkinson-Syndrom
(IPS) erkrankt sind.
Zentraler Beitrag
Unter der Rubrik „Zentraler Beitrag“
wird in jeder Ausgabe ein Schwerpunktthema
möglichst umfassend
behandelt. Welcher Themenkomplex,
der direkt oder indirekt die progressive
supranukleäre Blickparese betrifft, soll
Ihrer Meinung nach ausführlich dargestellt
werden? Schlagen Sie uns ein
Schwerpunktthema vor, wir werden es
in einer der nächsten Ausgaben aufgreifen.
Antworten auf Ihre Fragen
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durch Ihren täglichen Umgang mit
der Erkrankung aufgeworfen wurden.
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THS - Die Rolle der Angehörigen von Parkinson Patienten 16
Die Rolle der Angehörigen von
Parkinson Patienten
Ich erlebe sie oft in meiner Praxis,
diese Situation: ein Patient (ich nehme
hier das Beispiel eines männlichen
Betroffenen und einer weiblichen
Partnerin) hantiert an seinem
Programmiergerät für die Hirnstimulation,
aber er kommt nicht wirklich damit
zurecht. Seine Partnerin versucht zaghaft
Ratschläge zu geben, traut sich
aber nicht wirklich einzugreifen. Dann
wende ich mich an beide und schlage
vor, ob nicht die Lebenspartnerin
oder Ehefrau einmal versuchen möchte,
das Gerät zu bedienen. Oftmals
kommt die erschreckte Antwort: „ich
habe mich doch noch nie mit Technik
befasst, das hat immer mein Mann gemacht“.
In diesem Moment gilt es kein Porzellan
zu zerschlagen. Als Arzt muss ich mich
vorsichtig in die Beziehungskonstellation
hineintasten: ist der Patient, bereit
Selbstständigkeit und Kompetenzen
abzugeben? Ist die Partnerin/der Partner
willig, Kompetenz und damit auch
Verantwortung für Fehlschläge auf
sich zu nehmen?
Hierbei erlebe ich verschiedene Konstellationen.
Manchmal grenzt die
Reaktion an Empörung, manchmal
renne ich aber auch offene Türen ein.
Der Vorschlag, die bisherige Rollenverteilung
zu ändern, wird gerne angenommen.
Es ist aber nicht immer der
Patient, der den größten Widerstand
entgegenbringt, manchmal möchten
Partner auch gar nicht aus ihrer
abhängigen Rolle heraus. Manchmal
gleicht die Situation einem Schiff,
dessen Kapitän ausgefallen ist, aber
niemand will das Ruder übernehmen.
Ängste vor der Reaktion der Umwelt
spielen eine Rolle – darf ich das, die
führende Rolle übernehmen? Diese
Bfürchtung haben in meiner Erfahrung
vor allem Frauen. Hier kann der Arzt
vermittelnd und ermutigend eingreifen.
Die Belastung der Angehörigen
Morbus Parkinson ist eine Erkrankung,
die zu schweren Einschränkungen der
Lebensqualität der Betroffenen führt.
Diese beschränken sich nicht auf die
bekannten Störungen der Motorik,
sondern erstrecken auf alle Lebensbereiche.
Neben der Stimmung kann
auch das Denkvermögen des Patienten
in erheblichen Umfang betroffen
sein. Häufig finden sich Depressionen,
im weiteren Verlauf kann eine Demenz
auftreten.
Zu wenig beachtet wird dabei, dass
aber auch die Angehörigen mit
betroffen sind. Diese müssen nicht nur
die motorischen Einschränkungen/
körperlichen Behinderungen auffangen
und kompensieren. Sie müssen
sich auch auf die Veränderungen
im geistigen Bereich einstellen. Aus
dieser Situation heraus resultieren
Spannungen und Konflikte, die das
Zusammenleben erheblich beeinträchtigen
können. Dabei zeigt sich
nicht selten, dass bisherige Verhaltensmuster
und Gewohnheiten nicht
mehr ausreichend und angemessen
sind. Bei Verlust der Selbstständigkeit
des Erkrankten muss sein soziales
Umfeld zunehmend Unterstützung
leisten und Aufgaben übernehmen,
die ungewohnt und ungeübt sind. Die
veränderte Situation erfordert einen
Rollenwechsel, wenn die bisherigen
Verhaltensmuster einer Familie oder
Partnerschaft ihre Gültigkeit verlieren.
Dann muss der in der ursprünglichen
Beziehung weniger aktive Partner mehr
Aufgaben und Verantwortung übernehmen,
ohne dem Erkrankten ein
Gefühl der Entmündigung zu vermitteln.
Gleichzeitig muss der Patient die
neue Rollenverteilung akzeptieren und
Aufgaben und Kompetenzen abgeben.
Dies erzeugt ein Spannungsfeld,
dessen Chancen erkannt und genutzt
werden müssen.
Erschwerend kommt hinzu, dass
entweder durch Therapien wie Medikamente
oder Tiefe Hirnstimulation,
aber auch durch die Krankheit selbst,
das Einsichtsvermögen des Patienten
eingeschränkt wird. Hier sind der Patient
und seine Angehörigen oft allein
gelassen, da sich Ärzte und Therapeuten
vornehmlich auf die Erkrankung
des Patienten selbst konzentrieren
und die Interaktion mit dem Umfeld
weniger Aufmerksamkeit geschenkt
bekommt.
Zusammenhang mit Tiefer
Hirnstimulation (THS)
Was hat das alles mit der Tiefen Hirnstimulation
zu tun, mit der ich mich in
meiner Praxis hauptsächlich beschäftige?
Sehr viel! Hier werden die
Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Bewältigung von Konflikten und Problemen
geschaffen. Hierzu muss man
wissen, dass die THS ja nicht nur auf
motorische Fähigkeiten Einfluss hat,
sondern auch die Psyche maßgeblich
beeinflusst. So können abhängig von
den Einstellungen der THS Stimmung,
Antrieb und Kritikvermögen verändert
werden. Auf der einen Seite kann sich
die THS sehr positiv auf die Stimmung
auswirken, allerdings kann die sich bis
zu Hypomanie, also einer ungesunden
Steigerung der Stimmung auswirken.
Auch kann es zu übermäßig gesteigertem
Antrieb und Impulskontrollstörungen
kommen. Andererseits kann,
wenn unter Stimulation die Medikamente
zu stark reduziert werden, auch
das Gegenteil eintreten, der Mangel
an Medikamenten führt zu Antriebslosigkeit
und Depression. Die Zusammenhänge
sind kompliziert und noch
Gegenstand der wissenschaftlichen
Diskussion, in der täglichen Erfahrung
jedoch gängig. Hier muss sehr sorgfältig
darauf geachtet werden, dass
nicht in der Bemühung, ein motorisch
optimales Ergebnis zu erzeugen, die
Psyche des Patienten so verändert
wird, dass die Fähigkeit Probleme
konstruktiv anzugehen eingeschränkt
wird. Patienten tendieren dazu, die
Stimulation so hoch wie möglich zu
fahren, nicht nur weil sie dann besser
beweglich sind, sondern weil es nicht
selten auch die Stimmung anhebt. Hier
gibt es oft schwierige Diskussionen, in
denen man die Betroffenen davon
überzeugen muss, dass weniger mehr
ist. Nicht immer macht man sich hier
bei beliebt, aber es ist aus meiner Sicht
die Verantwortung des Arztes es sich
nicht leicht zu machen und den Patienten
gelegentlich von der Wichtigkeit
des Maßhaltens zu überzeugen.
Wenn es aber gelingt, ist es eine dankbare
Aufgabe.
Dr. Cyron ist Inhaber einer neurochirurgischen
Praxis in Karlsruhe mit Schwerpunkt
Einstellung Tiefe Hirnstimulation
Amalienstraße 93, 76133 Karlsruhe
www.neuro-cyron.de
17
THS - Ein Schrittmacher für das Gehirn
Dem Hirn den richtigen Impuls geben:
Ein Schrittmacher für das Gehirn
Parkinson-Patienten leiden oftmals
stark unter den Symptomen
ihrer Erkrankung. Wenn
Medikamente allein die Beschwerden
nicht mehr lindern,
kann die Implantation eines Hirnschrittmachers,
einer sogenannten Tiefen
Hirnstimulation (THS), helfen. Auch
Parkinson-Patienten, bei denen es unter
der medikamentösen Therapie zu
Komplikationen wie Wirkungsschwankungen
oder Impulskontrollstörungen
kommt, können von der Tiefen Hirnstimulation
profitieren.
THS in der Paracelsus-Elena-Klinik
Um Betroffenen eine optimale Betreuung
zu ermöglichen, hat die Paracelsus-Elena-Klinik
in Kassel, als erste
Klinik in Hessen, eine Spezialstation
für Patienten mit Hirnschrittmachern
eingerichtet. Ein enormer Vorteil für
Patienten. Denn durch die technische
Entwicklung neuer Systeme zur Tiefen
Hirnstimulation mit unterschiedlichen
Programmiermöglichkeiten ist die
Therapie komplexer geworden. „Mit
dieser speziellen Fachstation in unserer
Klinik, können wir jedem Patienten
ganz individuell gerecht werden und
ihn bei der Vorbereitung, der Operation
selbst und bei der Nachsorge
betreuen“, erklärt PD Dr. Friederike
Sixel-Döring, Fachärztin für Neurologie
und Leitende Oberärztin an der
Paracelsus-Elena-Klinik die Vorteile der
THS-Fachstation.
Es wird ein enger Arzt-Patientenkontakt
bei Anpassungen der Schrittmachereinstellung
sowie Schulung und
Einweisung bei wieder aufladbaren
Stimulatoren durch speziell geschulte
Pflegekräfte ermöglicht. So kann die
Einstellung des Geräts optimiert und
Komplikationen verringert werden.
„Aber auch die Möglichkeit des direkten
Erfahrungsaustauschs der Patienten
mit einer THS untereinander stellt
einen wichtigen Aspekt für uns dar“,
sagt die Expertin.
Die Tiefe Hirnstimulation zur Behandlung
von Bewegungsstörungen, insbesondere
des Morbus Parkinson, ist eine
seit vielen Jahren etablierte Methode
zur Verbesserung der motorischen
Symptomkontrolle. Besonders jüngere
Patienten unter 60 Jahren profitieren
oft gut von der THS. An der international
renommierten Paracelsus-Elena-Klinik
in Kassel wird das Verfahren
seit 18 Jahren erfolgreich angewendet.
Vor der OP-Entscheidung:
Nicht jeder Parkinsonpatient
kommt
jedoch für die OP-Methode
der THS infrage.
Es gibt Ausschlusskriterien
wie etwa ein
Alter über 75 Jahren
oder Begleiterkrankungen
wie Demenz
oder schwere internistische
Einschränkungen.
Vor der Operation
sind umfangreiche
Voruntersuchungen unerlässlich,
anhand derer ein individuelles Nutzen/
Risiko-Profil erstellt und in den Entscheidungsprozess
mit einbezogen wird. Zu
den Voruntersuchungen gehören zum
Beispiel die genaue Betrachtung der
Krankheitsgeschichte, eine sorgfältige
allgemeine und neurologische Untersuchung,
eine aktuelle Kernspintomographie
des Gehirns sowie bei Patienten
mit der Parkinson-Erkrankung eine
ausführliche neuropsychologische
Untersuchung inklusive eines standardisierter
L-Dopa-Tests.
THS – Was passiert dabei?
Die Operation selbst wird in der Neurochirurgischen
Universitätsklinik Göttingen
(UMG) durchgeführt, wobei stets
ein Facharzt der Paracelsus-Elena-Klinik
den Eingriff begleitet und den
Neurochirurgen bei der optimalen
Platzierung der Elektroden unterstützt.
Bei der tiefen Hirnstimulation werden
zwei Elektroden beidseitig in ein Kerngebiet
tief im Gehirn eingesetzt. Diese
werden mit einem programmierbaren,
batteriebetriebenen Impulsgeber
verbunden. Verbindungskabel und
Impulsgeber werden bis in die Schultergrube
unter die Haut verlegt. So
kann die THS von außen über ein Steuergerät
programmiert werden. Durch
ständige elektrische Impulse wird das
Kerngebiet in seiner Funktion beeinflusst.
THS - Ein Schrittmacher für das Gehirn 18
Ein schweres Halte- und Aktionszittern
beim essentiellen Tremor, die abnormen
Bewegungen und Verkrampfungen
bei einer Dystonie-Erkrankung
sowie die Kernsymptome Rigor, Ruhetremor
und Akinese beim Morbus
Parkinson lassen sich auf diese Weise
nachhaltig lindern. „Weltweit wurde
das Verfahren in den vergangenen
25 Jahren bei circa 100.000 Patienten
angewandt, davon die meisten
zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung“,
sagt die Leitende Oberärztin.
Wichtig zu wissen ist jedoch, dass die
THS keine Heilung der Parkinsonerkrankung
darstellt. Wissenschaftliche
Untersuchungen und langjährigen
Erfahrungen belegen aber, dass die
motorische Symptomkontrolle über
viele Jahre effektiv bleibt.
Postoperative Einstellphase und
Nachsorge:
Zum Behandlungsprogramm der
THS-Station der Paracelsus-Elena-Klinik
gehört neben den Voruntersuchungen
und der OP-Begleitung auch die
Nachsorge.
Wenige Tage nach der Implantation
des THS-Systems wird der Patient aus
der UMG in die Paracelsus-Elena-Klinik
verlegt. „Während seines Aufenthaltes
auf der THS-Station muss der
Hirnschrittmacher dann schrittweise
individuell programmiert und angepasst
werden“, erklärt die Neurologin.
Speziell ausgebildete Pflegekräfte,
sogenannte Parkinson-Nurses, schulen
den Patienten zudem in der Anwendung
des Geräts. Unterstützt wird der
Behandlungserfolg durch Physio- und
Ergotherapie, psychologische Therapie
und Logopädie.
Neben der Einstellung des Hirnschrittmachers
wird auch die Medikation
des Patienten neu angepasst. „Die
gesamte Einstellphase der Therapie
umfasst im Allgemeinen insgesamt
etwa drei bis sechs Monate“, so die
Medizinerin Dr. Sixel-Döring.
Die Langzeitbetreuung nach Tiefer
Hirnstimulation erfordert regelmäßige
technische Kontrollen des implantierten
THS-Systems, sowie die Beachtung
des weiteren Krankheitsverlaufs
mit immer wieder bedarfsgerechten
Anpassungen der aktuellen Therapie.
„Denn letztlich kann nur ein strukturiertes
Nachsorgekonzept dazu beitragen,
Zufriedenheit und Lebensqualität
der Patienten und ihres sozialen Umfeldes
möglichst langfristig zu sichern“,
betont Dr. Sixel-Döring.
KONTAKT:
THS Ambulanz Informationen und
Terminvereinbarung
PD Dr. med. Friederike Sixel-Döring
Leitende Oberärztin
Paracelsus-Elena-Klinik
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Dr. Maria-Lucia Muntean (Oberärztin)
Chorea Huntington:
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Studiencenter:
Prof. Dr. Brit Mollenhauer
(Oberärztin, Leitung Studienkoordination)
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19
Patientengeschichte
Patientengeschichte
Körper außer Kontrolle: Diagnose Parkinson
Wiesbaden, 01. Oktober 2020 —
Es traf sie vollkommen unvorbereitet:
Im Jahr 2011 bekam Annette
R. starke Probleme in der
Schulter und der Hand. Zu ihren
Schmerzen gesellten sich andauernde
Bewegungseinschränkungen,
schließlich ging die Bielefelderin
zum Arzt. Der behandelte auf eine
Wirbelsäulenerkrankung, die Therapie
schlug jedoch nicht an. Umso stärker
die Symptome wurden, umso mehr
schränkte sich der Alltag von Annette
R. ein. Es folgte eine Arzt-Odyssee, an
deren Ende die Vermutung einer Parkinsonerkrankung
stand. „Als mir der
Verdacht mitgeteilt wurde, konnte ich
es zunächst nicht glauben“, erzählt die
damals 55-jährige. Doch als der erste
Schock überwunden war, beschloss
sie, sich mit der potenziellen Diagnose
auseinanderzusetzen und begab sich
zu einer radiologischen Untersuchung.
Im März 2012 steht es dann fest: Annette
R. leidet unter einem linksseitig betonten
Parkinson. Das heißt, dass die
Krankheit sich vorrangig auf der linken
Seite des Körpers bemerkbar macht.
Zunächst dienten ausschließlich Medikamente
der Therapie. „Anfangs
war ich recht gut eingestellt, die Dosis
musste jedoch stetig erhöht werden.
Irgendwann begannen die Probleme.
Denn durch die Medikamente wurden
zwar meine linksseitigen Beschwerden
gelindert, jedoch wurde meine rechte
Seite überbeweglich. Es zuckte und
schlackerte, denn die Tabletten wirkten
ja nicht nur auf meine betroffene
Seite, sondern auch auf die andere“,
berichtet Annette R.
Option: Tiefe Hirnstimulation
Je stärker die Symptome wurden,
umso mehr musste sich die Bielefelderin
über alternativen Behandlungsmethoden
informieren. In dem Zusammenhang
hörte sie zum ersten Mal
von der Tiefen Hirnstimulation. Im Zuge
eines Beratungsgesprächs, bei dem
geklärt werden sollte, ob sich Annette
R. eine geeignete Patientin wäre, kam
sie in die St. Barbara-Klinik in Hamm zu
Dr. Ralph Lehrke. In seiner Abteilung für
stereotaktische Neurochirurgie finden
vornehmlich minimal-invasive Behandlungsmethoden
statt, die es Neurochirurgen
erlauben, nach bildgesteuerter
computerassistierter Berechnung
jeden Punkt innerhalb des Gehirns
präzise zu erreichen. So können
beispielsweise Bewegungsstörungen
wie bei Parkinson, Hirntumoren und
anderen krankhaften Prozessen des
Gehirns lokalisiert, diagnostiziert und
operiert werden. In diesem Rahmen
kommt auch die Tiefe Hirnstimulation,
englisch Deep Brain Stimulation
oder kurz DBS zur Anwendung. „Dabei
werden im wachen Zustand oder unter
Vollnarkose dünne Kabel, die Elektroden,
an zuvor genau berechnete
Stellen im Gehirn gesetzt. Sie werden
mit einem Neurostimulator, einem
herzschrittmacher-ähnlichem Implantat,
verbunden, der sanfte aber auch
kontinuierliche elektrische Impulse an
die Elektroden abgibt. Durch diesen
Vorgang werden entsprechende
Gehirnareale stimuliert, um die für
die jeweilige Krankheit charakteristischen
Symptome, wie beispielsweise
das Zittern zu unterdrücken und die
Beschwerden so zu lindern“, erklärt Dr.
Lehrke das Vorgehen.
Nach einer Reihe von Untersuchungen
wurde deutlich, dass Annette R. eine
geeignete Kandidatin ist: „Einerseits
war ich froh, dass etwas gegen die
Symptome meiner Erkrankung getan
werden konnte, gleichzeitig hatte ich
Angst vor dem Eingriff, weshalb ich die
Entscheidung vor mir hergeschoben
habe.“ Schließlich stimmte sie jedoch
zu.
Individuelle Feinjustierung
Im Januar 2017 folgte die Operation,
die im Fall von Annette R. knapp fünf
Stunden dauerte. Da ein Teil davon
bei vollem Bewusstsein stattfindet, um
die Elektroden optimal positionieren
zu können, bekam sie zunächst nur
eine lokale Betäubung und ein Beruhigungsmittel.
Erst mit der Implantation
von Abbotts Infinity DBS Neurostimulators
wurde sie in eine Vollnarkose
versetzt. „Im Aufwachraum ging es
mir verhältnismäßig gut. Die bei dem
Eingriff vorgenommen Grundeinstellungen
wurden im nächsten
Schritt feinjustiert und in der anschließenden
Reha noch einmal angepasst.
Ich fühlte direkt eine Verbesserung“,
so die heute 62-jährige.
Dr. Lehrke ergänzt: „Systeme zur
Tiefen Hirnstimulation ermöglichen
uns unsere Patienten gezielt zu
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*Basierend auf Daten von Boston Scientific ‡ . Vercise ‡ Gevia ‡ Information for Prescribers. U.S. 92152385-03.
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Hinweis: Bitte machen Sie sich vor Gebrauch dieser Produkte
unbedingt mit den Gebrauchsanweisungen und den darin
enthaltenen Indikationen, Kontraindikationen, Warnhinweisen,
Vorsichtsmaßnahmen, potenziellen Komplikationen und
Hinweisen zum Gebrauch vertraut.
kennzeichnet eine Marke der Abbott Unternehmensgruppe.
‡ kennzeichnet eine Marke eines Drittunternehmens, die das Eigentum des jeweiligen Inhabers ist.
Bluetooth und das Bluetooth-Logo sind eingetragene Marken von Bluetooth SIG, Inc.
© 2020 Abbott. Alle Rechte vorbehalten.
41566 MAT-2007128 v1.0 | Dieses Dokument ist nur zur Verwendung außerhalb der USA zugelassen.
21
Patientengeschichte
behandeln. Neben dem Neurostimulator
und der Elektrode besteht das
System aus einem Programmiergerät
mit dem der Arzt und in einem festgelegten
Rahmen auch der Patient
Einstellungen vornehmen kann. Dazu
zählt beispielsweise die Stimulationsstärke.“
Nach der Reha ging es Annette R. deutlich
besser, sie hatte keine Schmerzen
mehr und musste auch nicht mehr mit
der Überbeweglichkeit ihrer rechten
Körperseite kämpfen. Um die Mobilität
zu erhalten gehören Krankengymnastik
und Ergotherapie zu ihrem
Alltag. Dann begannen jedoch die
Probleme im linken Bein. „Schließlich
schilderte ich Dr. Lehrke meine Symptome
und nach einigen Untersuchungen
war klar, dass ich die Elektrode
repositionieren lassen müsste, um die
Beschwerden zu lindern. Ich hatte das
einmal durchgestanden und dachte
mir, dass schaffst du auch noch ein
zweites Mal. Also willigte ich für einen
erneuten Eingriff im Dezember 2017
ein.“ Auch diese Operation verlief
komplikationslos. Jetzt hat die Bielefelderin,
die jahrelang im Innendienst
tätig war, vor allem einen Wunsch:
„Krankheitsbedingt musste ich das
Wandern aufgeben, da möchte ich
mich langsam wieder rantasten. Mein
Traum wäre eine Tour in die Berge.“
Drive-In dank Bluetooth
Im März 2020 folgte dann die nächste
Herausforderung. Die Corona-bedingten
Kontakteinschränkungen führten
dazu, dass nicht lebensnotwendige
Eingriffe oder Untersuchungen
von Patienten bundesweit abgesagt
wurden – so auch an der St. Barbara-Klinik
in Hamm. Doch Annette R.
benötigte einen Termin, um die Einstellungen
des Stimulators anpassen zu
lassen. „Mit einem Mal standen wir vor
der Situation, dass einerseits Kapazitäten
für Corona-Patienten geschaffen
wurden und andererseits aufgrund des
Risikos einer Einschleppung des Virus
nur noch wenige Patienten das Klinikum
betreten durften“, berichtet Dr.
Ralph Lehrke, Chefarzt der stereotaktischen
Neurochirurgie. „Doch meine
Patienten benötigen trotz Corona
eine persönliche Betreuung. So haben
mein Team und ich überlegt, welche
Möglichkeiten wir haben, um wenn
möglich trotzdem eine medizinische
Versorgung zu bieten.“ Damit war
die Idee für den Corona-Neuro-Drive-In
geboren, die dank der Bluetooth-Schnittstelle
des Programmiergeräts
auch umsetzbar war. Denn diese Technologie
ermöglicht Anpassungen an
das System selbst durch das geschlossene
Autofenster vorzunehmen.
„Die Bedürfnisse des menschlichen
Körpers ändern sich laufend, erst recht,
wenn eine chronische Erkrankung
vorliegt. Daher muss hin und wieder
eine Nachjustierung des Systems
vorgenommen werden“, weiß Dr.
Lehrke. Als Annette R. dann in der Klinik
anrief, konnte ihr eine Lösung geboten
werden: „Frau R. schilderte ihr Anliegen
telefonisch und bekam einen Termin.
Zum vereinbarten Zeitpunkt wartete
ich dann mit einer Assistentin und
dem Programmiergerät auf dem Parkplatz,
wo ich durch die geschlossene
Scheibe die entsprechenden Anpassungen
vornehmen konnte. Natürlich
ist es seltsam in diesem Moment nicht
wie gewohnt mit dem Menschen
sprechen zu können, sondern nur zu
winken. Aber all das spielt keine Rolle,
wenn die benötigte medizinische
Versorgung stattfinden kann.“
Und so konnten Annette R. den Parkplatz
der St. Barbara-Klinik in Hamm
nicht nur symptomfrei, sondern auch
garantiert coronafrei wieder verlassen.
Über Abbott
Abbott ist ein weltweit führendes
Gesundheitsunternehmen, das
Menschen in allen Lebensphasen zu
einem vitaleren, gesünderen Leben
verhilft. Daran arbeiten täglich mehr
als 107.000 Mitarbeiter in 160 Ländern.
Das Portfolio umfasst lebensverändernde
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Diagnostik, Medizinprodukte,
Ernährung und Markengenerika.
In Deutschland ist Abbott seit über 50
Jahren mit einer breiten Palette an
Healthcare-Produkten und -Dienstleistungen
vertreten, unter anderem
in den Bereichen Diagnostika und
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beschäftigt in der Bundesrepublik über
3.000 Mitarbeiter an acht Standorten.
Unter anderem verfügt Abbott über
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Neustadt am Rübenberge. Am Hauptstandort
in Wiesbaden befindet sich
darüber hinaus das European Distribution
Center.
Weitere Informationen finden Sie unter
www.de.abbott, auf LinkedIn unter
www.linkedin.com/company/abbott-
/, auf Facebook unter www.facebook.
com/Abbott und auf Twitter @Abbott-
News und @AbbottGlobal.
THS - Parkinson – eine Erkrankung des älteren Menschen?! 22
Parkinson – eine Erkrankung des älteren Menschen?!
Behandlungsmöglichkeiten für junge Parkinsonpatienten
Im ersten Moment mag man bei
Parkinsonpatienten an ältere Menschen
denken und in der Tat treten
bei den meisten Patienten die ersten
Symptome zwischen dem 50.
und dem 60. Lebensjahr auf. Deutschlandweit
gibt es ca. 300.000 Parkinsonpatienten.
Bei rund 10% der Betroffenen
beginnt die Krankheit vor dem 40.
Lebensjahr.
Dr. Ralph Lehrke, Chefarzt der Klinik
für Stereotaktische Neurochirurgie an
der St. Barbara-Klinik Hamm-Heessen,
betreut viele jüngere Patienten und
beantwortet im Interview häufige
Fragen seiner Patienten.
Dr. Ralph Lehrke / Bild: Sabrina Feige
Wie unterscheidet sich die Parkinson-Erkrankung
bei jüngeren und älteren
Patienten?
Dr. Lehrke: Jüngere Patienten sind
häufig länger als 10 Jahre, vorwiegend
rein motorisch, betroffen. Das bedeutet,
dass bei ihnen Symptome wie Steifigkeit
oder Verlangsamung der Bewegungen
die Krankheit bestimmen und
dadurch die Lebensqualität erheblich
einschränken.
Für welche Patienten ist die Tiefe Hirnstimulation
eine Behandlungsoption?
Dr. Lehrke: Es gibt Patienten, die
stark unter den Nebenwirkungen der
Parkinson-Medikamente leiden. Oder
die mit einem ständigen Auf und Ab
hinsichtlich der Wirksamkeit der Medikamente
zu kämpfen haben. Für diese
Patienten stellt die Tiefe Hirnstimulation
eine gute Behandlungsalternative dar.
Meist können dann die Medikamente
erheblich reduziert werden. Gute
Erfolge zeigen sich durch die Operation
auch bei Patienten, die unter starkem
Zittern leiden. Das gilt auch für
ältere Patienten.
Welche vorbereitenden Untersuchungen
sind für eine Tiefe Hirnstimulation
notwendig?
Dr. Lehrke: Zunächst ist ein ausführliches
Gespräch zur genauen Erhebung
der Krankengeschichte wichtig, um zu
wissen, welche Symptome die Erkrankung
vorrangig bestimmen. Wichtig
ist für uns auch, welche Therapiemöglichkeiten
bereits ausgeschöpft sind
und welche Effekte die verschiedenen
Medikamente bei den Patienten
erreicht haben. Zusätzlich werden in
CT- und MRT-Untersuchungen detaillierte
Schichtaufnahmen gemacht,
anhand deren geplant wird, wo die
Elektroden im Hirn platziert werden,
um eine bestmögliche Wirkung zu
entfalten.
Was passiert bei der Operation?
Dr. Lehrke: Die Patienten erhalten
zunächst ein leichtes Narkose-Medikament.
Während des kurzen Schlafes
wird ein Ring am Kopf befestigt, der
wichtig ist, um die richtige Präzision
gewährleisten zu können. Wie vorher
durch die Schichtaufnahmen festgelegt,
führen wir dann über einen kleinen
Eintrittspunkt Elektroden in das
Gehirn ein. Kurz bevor der Zielpunkt
der Elektrode erreicht ist, wird im
wachen Zustand die Wirkung der Elektrode
getestet. Dieser Schritt zeigt, wie
gut die Krankheitssymptome durch die
Neurostimulation unterdrückt werden
und welche Nebenwirkungen ggf.
auftreten. Sind die Elektroden platziert,
werden die Patienten zurück in eine
tiefe Narkose versetzt und die Elektroden
werden mit einem Neurostimulator
verbunden, der unterhalb vom
Schlüsselbein eingesetzt wird. Über
diesen Neurostimulator erfolgt später
die Steuerung der Elektroden.
Wie geht es nach dem Eingriff weiter?
Dr. Lehrke: Nach der Operation
werden die Patienten ca. eine Woche
stationär beobachtet. Bei unkompliziertem
Verlauf wechseln sie danach
in eine Rehabilitationsbehandlung,
die zwischen zwei und vier Wochen
dauert. Dort wird der Neurostimulator
feinjustiert und die Patienten lernen,
wie sie mit der verbesserten Beweglichkeit
umgehen können. In der Regel
müssen auch die Medikamente neu
eingestellt werden. In regelmäßigen
Kontrollen in der stereotaktischen
Ambulanz wird später im Alltag sichergestellt,
dass der Neurostimulator
optimal funktioniert und den Patienten
eine bestmögliche Erleichterung
bietet.
Unterscheidet sich die Behandlungsstrategie
bei jüngeren und älteren
Patienten?
Dr. Lehrke: Je nach Symptomatik
beginnt man bei jüngeren Patienten
erst deutlich später nach Ausbruch
der Erkrankung mit der Levo-Dopa-Behandlung.
Häufig kann man zunächst
auf Medikamente zurückgreifen, die
ähnlich wie Levo-Dopa wirken und
erzielt vergleichsweise gute Effekte.
Bei vielen jüngeren Patienten kommt
eine Tiefe Hirnstimulation bereits nach
5-6 Jahren in Betracht.
St. Barbara-Klinik Hamm GmbH
Klinik für Stereotaktische Neurochirurgie
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23
THS - Machen Sie mit!
Machen Sie mit!
THS im „dPV Journal“
Liebe Leserinnen und Leser, l
iebe THS-Patienten,
liebe Angehörige,
das „dPV Journal“ behandelt in
seinem „blauen Abschnitt“ Themen,
die sich speziell mit der Tiefen Hirnstimulation
beschäftigen.
Die Gedanken, Sorgen und Nöte von
THS-Patienten und ihren Angehörigen
unterscheiden sich doch häufig von
denen der Patienten, die medikamentös
therapiert werden.
Zentraler Beitrag
Unter der Rubrik „Zentraler Beitrag“
wird in jeder Ausgabe ein Schwerpunktthema
möglichst umfassend behandelt.
Welcher Themenkomplex, der direkt
oder indirekt die Tiefe Hirnstimulation
betrifft, soll Ihrer Meinung nach ausführlich
dargestellt werden?
Schlagen Sie uns ein Schwerpunktthema
vor, wir werden es in einer der
nächsten Ausgaben aufgreifen.
Antworten auf Ihre Fragen
Stellen Sie uns konkrete Fragen, die
durch Ihren täglichen Umgang mit
der Erkrankung aufgeworfen wurden.
Unsere Experten werden sie unter der
Rubrik „Antworten auf Ihre Fragen“
beantworten.
Info
Schreiben Sie Ihre persönlichen Erlebnisse
bei Ihrem Umgang mit der Erkrankung
auf. Was waren schwierige Augenblicke,
was hat Ihnen das Leben
leichter gemacht?
Lassen Sie andere Betroffene von Ihren
Erfahrungen profitieren!
Machen Sie mit und schreiben Sie uns
(Betreff „dPV Journal“)
Per Post:
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V.
Moselstraße 31
41464 Neuss
Per Fax:
(0 21 31) 4 54 45
Per E-Mail:
bundesverband@parkinson-mail.de
Die Fachklinik Feldberg GmbH „Klinik am Haussee“ 24
Fachklinik Feldberg GmbH „Klinik am Haussee“
Neurologische Erkrankungen lindern
Am Rande des Kneippkurorts Feldberg,
idyllisch am Seeufer gelegen,
bietet die „Klinik am Haussee“ Rehabilitanden
ein ideales Umfeld. Ein gepflegter
Park mit Spazierwegen zieht
sich um das Gebäude der Fachklinik
Feldberg, die sich auf die Fachbereiche
Orthopädie, Kardiologie, Psychosomatik
und Neurologie spezialisiert
hat. Hier, inmitten des Naturparks
Feldberger Seenlandschaft, wohnen
die Patienten im Grünen. Behaglich
eingerichtete Zimmer und Freizeitangebote,
die von Sauna und Solarium
bis hin zu Sport- und Schwimmhalle
reichen, tragen zur gemütlichen Wohlfühlatmosphäre
bei.
Wer mit einer neurologischen Erkrankung
zur Reha in die „Klinik am Haussee“
kommt, wird von einem interdisziplinären
Team aus Fachärzten,
Psychologen, Ernährungsberatern,
Pflegern, Physio- und Ergotherapeuten
bestens betreut. Zudem arbeitet die
Klinik seit Jahren unter anderem eng
mit neurologischen Fachgesellschaften,
Vereinen und Selbsthilfegruppen
zusammen. Für die hohe fachliche
Kompetenz spricht auch, dass der
Fachbereich Neurologie der „Klinik am
Haussee“ zu den Top-Rehakliniken der
FOCUS-Liste 2019 gehört.
Für eine verbesserte Lebensqualität
Die Fachklinik in Feldberg ist Parkinson-Spezialklinik
und Multiple Sklerose-Rehabilitationszentrum.
Eine Reha
für Patienten mit Morbus Parkinson
strebt insbesondere die Verbesserung
der Lebensqualität an. Zu Beginn erfolgt
eine umfangreiche Eingangsdiagnostik
mit auf die Art und Schwere
der Krankheit abgestimmten Verfahren.
Daraus leitet sich ein individuell
zugeschnittener Therapieplan ab, der
sich bei Bedarf jederzeit weiter anpassen
lässt. Besondere Berücksichtigung
findet bei der Therapieplanung die
persönliche Leistungsfähigkeit.
Für Multiple Sklerose- und Morbus Parkinson-Patienten
stehen vielfältige,
differenzierte Behandlungsmodule
zur Verfügung. Sie reichen von Krankengymnastik
über Massagen und
Ausdauertraining bis hin zu Ernährungsberatung
und praktischen Übungen
wie z.B. Schluck-, Sprechtraining
und Treppensteigen mit individueller
Betreuung.
Eingelassen in den Naturpark Feldberger Seenlandschaft, einem staatlich
anerkannten Kurort, zählt die mehrfach ausgezeichnete FACHKLINIK FELDBERG
GMBH mit ihrem Zentrum für Neurologie, Kardiologie, Orthopädie, Psychosomatik
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Deutschland. Unsere Fachärzte und Therapeuten sind auf
Parkinsonerkrankungen spezialisiert und behandeln mit den neuesten und direkt
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BIG®, LSVT-Loud®, medizinische Pumpentherapie, tiefe Hirnstimulation).
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Kontakt: 039831 52 414 . info@klinik-am-haussee.de
Impressum I Herausgeber I inhaltlich verantwortlich:
Fachklinik Feldberg GmbH . Buchenallee 1 . 17258 Feldberger Seenlandschaft
Tel. (039831) 52 0 . Fax (039831) 52 404 . info@klinik-am-haussee.de . www.klinik-am-haussee.de
Geschäftsführung Wolfgang Strohhäcker und Stephan Kastorf
Amtsgericht Neustrelitz . HRB 5067 . USt.-ID DE 220667747
25
Wenn die Krankheit die Partnerschaft bedroht
Wenn eine Krankheit die Partnerschaft bedroht
Morbus Parkinson gehört mit über
sechs Millionen Erkrankten weltweit
zu den häufigsten Krankheiten des
Nervensystems. Bei den Betroffenen
führt sie zu schweren Einschränkungen
der Lebensqualität. Neben den
körperlichen, v.a. motorischen Einschränkungen
kommt es durch die
Erkrankung auch zu seelischen Belastungen.
Vor allem Zukunftsängste und
die Sorge um die Reaktion der Umwelt
auf die parkinsonbedingten Symptome
stehen hier im Mittelpunkt. Hinzu
kommt häufig die Ausbildung einer
depressiven Symptomatik durch die
Einschränkung der Alltagsaktivitäten
und der Freizeitgestaltung. Es kommt
zu Partnerschaftsproblemen, dem
Verlust von sozialen Kontakten; ein
Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit
entsteht. Auch Angehörige von
Parkinsonpatienten können durch die
psychische Belastung eine Depression
entwickeln. Faktoren die hierzu beitragen,
sind Ängste und Sorgen um den
Partner, körperliche und psychische
Überforderung bzw. Erschöpfung und
vor allem eine verschlechterte Partnerschaftsqualität.
Meist bleibt dem
Partner wenig Zeit für ausgleichende
Aktivitäten und eigene soziale Kontakte.
Mit Blick auf diese gesamtheitliche
Problematik hat die Deutsche Parkinson
Vereinigung in Zusammenarbeit
mit der Psychologischen Abteilung
der SRH Gesundheitszentren Nordschwarzwald
das Parkinson-Paarseminar
erarbeitet, bei dem Patienten
gemeinsam mit ihren Partnern einen
gemeinschaftlichen Umgang mit der
Krankheit erlernen. Der Schwerpunkt
liegt auf Gesprächsgruppen für Betroffene
und Angehörige jeweils getrennt
voneinander geführt. Dadurch entwickeln
die Teilnehmer ein besseres Verständnis
für die Situation des anderen.
Es geht um Zuhören, Toleranz, Akzeptanz
und Offenheit.
Begleitet wird das mehrtägige Seminar
von speziell auf die Bedürfnisse
von Parkinsonpatienten abgestimmten
krankengymnastischen, logopädischen
und ergotherapeutischen
Übungen. Über die aktuellen Entwicklungen
und die Möglichkeiten bei der
Behandlung des Morbus Parkinson
– besonders im fortgeschrittenen Stadium
– informieren Prof. Dr. Werner Nickels,
Chefarzt der Neurolgie am SRH
Gesundheitszentrum Dobel und sein
neurochirurgischer Kollege Dr. Donatus
Cyron. Beide gehen auf die Gefahren,
im Hinblick auf Veränderungen
von Antrieb, Stimmung, Sozialverhalten
und Persönlichkeit ein. So sieht Frau
Dr. Setzer, die seminarverantwortliche
Psychologin, die Parkinsonerkrankung
als eine große Herausforderung für die
ganze Familie, welche viele Probleme
aufwirft, die es zu bewältigen gilt. In
jeder Krise liegt aber auch immer eine
Chance zur persönlichen Entwicklung.
Das Parkinson-Paarseminar findet seit
2012 zweimal im Jahr im SRH Gesundheitszentrum
Bad Herrenalb statt. Aufgrund
des Gruppencharakters ist die
Teilnehmerzahl auf acht Paare beschränkt.
Anmeldung:
Karin Krüger
Vorsitzende dPV Landesverband BW
Altenbergweg 6
74336 Brackenheim
07135 / 13830
Karin.74336@web.de
Autorin:
Dr. Britta Setzer,
Leitende Psychologin
Klinische Neuropsychologin
Psychologische Psychotherapeutin
SRH Gesundheitszentrum Waldbronn
Parkinson-Komplexbehandlung in der neuen Passauer Wolf Fachklinik Bad Gögging 26
Parkinson-Komplexbehandlung in der neuen Passauer Wolf Fachklinik Bad Gögging:
Eine Kombination aus spezialisierten, bewährten und
neuen Behandlungsverfahren
In der 2019 neu eröffneten Passauer
Wolf Fachklinik Bad Gögging sind wir
auf die akutstationäre und rehabilitative
Behandlung von Morbus Parkinson
spezialisiert. Mit dem Neubau der
Fachklinik wurden die Kapazitäten
um rund 100 Zimmer erweitert. In drei
Stockwerken finden eine Fachabteilung
für neurologische Bewegungsstörungen,
die geriatrische Rehabilitation
und eine interdisziplinäre Komfortstation
Raum. Lichtdurchflutete Räume mit
Blick ins Grüne greifen »Healing Architecture«-Ideen
auf. Jedes Zimmer ist
mit Balkon ausgestattet.
»Wir haben uns hier die Kraft der Natur
ins Haus geholt«, erklärt Priv.-Doz.
Dr. med. Tobias Wächter, Chefarzt
der Neurologie im Passauer Wolf Bad
Gögging. Sonnenlicht, viel Grün in
Form von bepflanzten Wänden oder
echten Bäumen, eine Brunnenanlage
und viele kleine Details, die die Handschrift
der Natur tragen, sowie inspirierende
Aufenthaltsbereiche bestätigen
das. Eine konsequente behindertengerechte
Ausführung wurde ebenso
berücksichtigt wie Aspekte des demenzsensiblen
Designs, um schwer
betroffenen Gästen noch mehr Sicherheit
zu bieten. Kurze Wege zu den Therapien
sind sichergestellt.
Multimodal in der Akutphase –
und darüber hinaus
Das Team unter der Leitung von Priv.-
Doz. Dr. med. Tobias Wächter setzt
auf wissenschaftlich fundierte Behandlungsverfahren.
Die multimodale
Komplexbehandlung ermöglicht es,
medikamentös-therapeutische und
nicht-medikamentöse Behandlungskonzepte
miteinander zu kombinieren.
Um modernste Therapien anbieten
zu können, beteiligt sich der Passauer
Wolf Bad Gögging an wissenschaftlichen
Projekten, insbesondere mit dem
Ziel, die Behandlungsmöglichkeiten
bei Morbus Parkinson für die Patienten
zu verbessern. Dabei haben wir auch
die Zeit nach der Akut- oder Rehabilitationsphase
im Blick. Beispielsweise
entwickeln wir gemeinsam mit dem
Fraunhofer-Institut in Berlin ein Computerprogramm,
welches das Training zu
Hause erleichtert. Parkinson-Patienten
können damit Bewegungselemente
aus der LSVT-BIG-Therapie® - einem
wissenschaftlich etablierten Konzept
– selbständig, aber kontrolliert, am
Computer durchführen. Darüber hinaus
steigert der hochmoderne Gangtrainer
»Lyra« die Chancen Betroffener,
die Gehfähigkeit wieder zu erlangen
oder zu verbessern. Unseren Patienten
bieten wir außerdem eine Besonderheit
der Region an: Mitten in der Hopfenregion
hat der Schäfflertanz große
Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Wächter
Chefarzt Neurologie
Passauer Wolf Bad Gögging
Tradition und »Tanzen wie die Schäffler«
ist für Betroffene eine willkommene
Therapie. Unsere Erfahrung? Es macht
richtig Spaß und zunehmend belegen
Studien, dass Parkinson-Patienten von
Tanztherapien in hohem Maße profitieren.
Voraussetzung für die Aufnahme zur
Parkinson-Komplexbehandlung
Für die Aufnahme zur Akutbehandlung
in unserem neurologischen Zentrum für
Bewegungsstörungen ist für gesetzlich
Versicherte eine Krankenhaus-Einweisung
des Haus- oder Facharztes Voraussetzung.
Bei privatversicherten Patienten
empfehlen wir, wie bei jeder
akutstationären Aufnahme, die Kostenübernahme
ggf. mit der Krankenkasse
im Vorfeld zu klären.
BAD GÖGGING
Neurologische Akutbehandlung und Rehabilitation bei Morbus Parkinson
Im neurologischen Zentrum für Bewegungsstörungen in der Passauer Wolf Fachklinik Bad
Gögging sind wir auf die akutstationäre und rehabilitative Behandlung von Morbus Parkinson
spezialisiert. Unter der Leitung des Chefarztes Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Wächter erhalten
Patienten mit Parkinson-Syndrom eine speziell auf ihre Beschwerden ausgerichtete Behandlung.
Für die Versorgung von Patienten mit Bewegungsstörungen, insbesondere Morbus Parkinson,
verfügen unsere Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte über spezialisierte Zusatzausbildungen
und Qualifikationen.
Passauer Wolf Bad Gögging ● Am Brunnenforum 5 ● 93333 Bad Gögging
T +49 9445 201-0 ● bad-goegging@passauerwolf.de ●
@PassauerWolf ● passauerwolf.de
NEUROLOGISCHE AKUTBEHANDLUNG
NEUROLOGISCHE REHABILITATION
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Auf zu neuer Lebenskraft !
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27
Pandemie und Parkinson
Pandemien und Parkinson
Das Coronavirus stellt seit Monaten für
unsere alle eine große Herausforderung
dar. Da kann es ermutigend und
inspirierend sein sich zu erinnern, dass
Menschen in früheren Krisen stets aufs
Neue ihren Kampfgeist, Ideenreichtum,
Überlebenswillen und Zusammenhalt
bewiesen haben. Die heldenhaften
Bemühungen in Zeiten großer Not
tragen nicht selten unerwartete Früchte.
So wurde die Parkinson-Krankheit
nicht etwa mit der Erstbeschreibung
von James Parkinson 1817 ins öffentliche
Bewusstsein gerückt, sondern 100
Jahre später, ebenfalls infolge einer
schrecklichen Pandemie.
Gegen Ende des ersten Weltkriegs
wurde die Menschheit von einem
besonders schweren (virulenten) Abkömmling
des Influenza-Virus heimgesucht
– der sog. „Spanischen Grippe“.
Der Name geht auf damalige Zeitungsberichte
zurück, denn zunächst
wurde Spanien als Ursprungsland vermutet.
Allerdings gehen die meisten
Experten heute vielmehr davon aus,
dass die Pandemie ihren Ursprung in
den USA hatte. Wie die Fachzeitschrift
Bulletin of the History of Medicine
(2002) berichtet, forderte die Pandemie
ca. 50 Millionen Todesopfer, wobei
auch eingeräumt wird, dass diese
Schätzung aus diversen Gründen weit
untertrieben und die wahre Zahl der
Todesopfer sogar doppelt so hoch
sein könnte. Die Sterberate war im
Vergleich zu anderen Erkrankungen
mit Influenza-Viren mit 1,5 bis 6 Prozent
deutlich erhöht. Auch waren nicht wie
sonst Kleinkinder und alte Menschen
besonders gefährdet, sondern vor allem
20- bis 40-jährige Menschen.
Im Zusammenhang mit dieser Pandemie
wird die Europäische Schlafkrankheit,
eine spezielle Art der Gehirnentzündung
gesehen, auch Enzephalitis
lethargica genannt, da sie zu unkontrollierten
Schlafanfällen führte. Viele
der Überlebenden entwickelten als
Spätfolge ein schweres Parkinsonoid,
das sog. postenzephalitische Parkinson-Syndrom.
Für Deutschland wird
die Zahl der Betroffenen von 1917 bis
1927 auf eine Million geschätzt. Im
Zuge dessen entstand die erste Parkinson-Fachklinik,
die heutige Paracelsus-Elena-Klinik
in Kassel.
Im Zusammenhang mit der Schweinegrippe
und der Vogelgrippe gab es
2009 erste Hinweise aus Tierversuchen,
dass Influenza auch Hirnschäden und
langfristig Parkinson-ähnliche Erkrankungen
verursachen könnte (Jang et
al., 2009). Sowohl für das H1N1-Virus
(Schweinegrippe) als auch für das Vogelgrippevirus
H5N1 sind Einzelberichte
bekannt, in denen solche Viren bei
Menschen Enzephalitiden auslösten.
US-Forscher haben in Tierversuchen mit
H5N1 nachgewiesen, dass die Erreger
bei einer Hirninfektion innerhalb von 60
Tagen zu einem massiven Untergang
dopaminerger Neurone in der Substantia
nigra führen und dadurch ein
Parkinson-ähnliches Syndrom auslösen
können.
Weitere Hinweise gab es 2012. In Zusammenarbeit
mit dem Pacific Parkinson`s
Research Centre wollten kanadische
Forscher herausfinden, inwieweit
Virusinfektionen die Entstehung eines
idiopathischen Parkinson-Syndroms
beeinflussen (Harris et al., 2012). Dafür
analysierten sie die Ergebnisse einer
Studie mit über 800 Personen, von denen
die eine Hälfte am Morbus Parkinson
erkrankt war und die andere
Hälfte nicht. Es stellte sich heraus, dass
Personen, die in der Vergangenheit an
einer schweren Grippe erkrankten, im
Vergleich deutlich häufiger an Parkinson
litten. Der Zusammenhang war jedoch
schwächer, wenn die Influenza
mehr als zehn Jahre zurück lag.
Pandemie und Parkinson 28
Im Frühjahr 2020 wurde eine Forschungsarbeit
der Arbeitsgruppe um
Professor Carsten Korth (Institut für
Neuropathologie am Center for Advanced
Imaging der HHU und Prosetta
Biosciences, USA) veröffentlicht,
in welcher ebenfalls gezeigt werden
konnte, dass Influenzaviren direkt bestimmte
Abbauvorgänge in Hirnzellen
hemmen (Marreiros et al., 2020). Dadurch
kommt es zur Anhäufung bestimmter
Eiweißklümpchen, die auch
mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung
stehen. Bei gesunden Menschen
wird das Eindringen dieser Viren in das
zentrale Nervensystem normalerweise
durch das Immunsystem verhindert.
Handelt es sich jedoch um sehr aggressive
Virusstämme oder ist der Patient
immungeschwächt, kann dieser
Abwehrmechanismus durchbrochen
werden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang
die mit dem Coronavirus SARS-
CoV-2 (Covid-19) verbundene Beeinträchtigung
des Geruchssinns (ohne
Schnupfen). Die bislang vorliegenden
wissenschaftlichen Untersuchungen
zeigen, dass der Riechverlust durch
COVID-19 auf eine Schädigung des
Riechepithels zurückzuführen ist (Deutscher
Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte,
2020). Bei etwa 85 %
der Betroffenen kommt es zu einer Verminderung
des Geruchsvermögens,
auch Hyposmie genannt, bis zum
kompletten Riechverlust (Anosmie).
Auch die im Krankheitsverlauf möglichen
Fehlwahrnehmungen von Gerüchen
können auf diese Schädigung
zurückgeführt werden (ebd.). In neurologischen
Arbeiten werden zudem
zentrale Schädigungen des Riechsystems
angenommen. Das rückt die Annahme
einer Virusinfektion als einen
potentiellen Risikofaktor für Parkinson
verstärkt in den Fokus.
Diese Befunde lassen im Umkehrschluss
vermuten, dass die altbewährte Routine-Impfung
gegen Grippe möglicherweise
vor Parkinson schützen kann.
Zumindest kann sie in der Regel nicht
schaden, daher sollten Sie sich regelmäßig
gegen Influenza, Pneumokokken
und selbstverständlich – sobald
möglich –gegen Coronaviren impfen
lassen!
Dr. med. Ilona Csoti und Daniel Csoti
Quellen:
Johnson, NP & Müller J. Updating the Accounts:
Global Mortality of the 1918-1920 „Spanish“ Influenza
Pandemic. Bulletin of the History of Medicine
2002; 76:105–115.
Harris MA et al. Association of Parkinson‘s disease
with infections and occupational exposure to
possible vectors. Mov Disord. 2012 Aug;27(9):1111-
7. doi: 10.1002/mds.25077.
Marreiros R et al. Disruption of cellular proteostasis
by H1N1 influenza A virus causes α-synuclein aggregation.
PNAS 2020; 117(12):6741-6751.https://
doi.org/10.1073/pnas.1906466117
Jang H et al. Highly pathogenic H5N1 influenza
virus can enter the central nervous system and
induce neuroinflammation and neurodegeneration.
PNAS 2009. https://doi.org/10.1073/
pnas.0900096106
Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte.
Riechstörungen bei COVID-19 sind ärztlich
zu erklären.
https://www.zm-online.de/news/gesellschaft/
riechstoerungen-bei-covid-19-sind-aerztlich-zu-erklaeren/,
Zugriff 26.07.2020
GERTRUDIS
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neurochirurgischen Zentren und postoperative Nachbetreuung (Feineinstellung der Stimulationsparameter)
Parkinson-spezifische Physiotherapie einschließlich multimodaler Parkinson-Komplexbehandlung (Gangtraining, gezieltes
logopädisches Stimm-, Sprech- und Schlucktraining, Krankengymnastik, balneophysikalische Maßnahmen)
Umfassende Informationen für Patienten und Angehörige, einschließlich Sozialberatung
29
Die Neurologische Klinik Sorpesee
Neurologische Klinik Sorpesee
Selbstbestimmt durch den Alltag –
für mehr Lebensqualität
Alles Begann mit kleinem Zittern und Steifheit
in den Gelenken. Die Ursache hierfür stand
schnell fest. Nach einigen Untersuchungen attestierte
ein Neurologe die Diagnose Parkinson.
Doch die Unsicherheit und Fragerei fing damit erst richtig
an: Wie verläuft diese Erkrankung? Welche Symptome
kommen noch hinzu? Und am wichtigsten: Welche Auswirkungen
hat das auf meinen Alltag? Wie bleibe ich möglichst
selbstständig, wenn die Krankheit mich einschränkt?
Die Neurologische Klinik Sorpesee versucht, Antworten auf
diese Fragen zu geben. Die Klinik legt deshalb besonders
viel Wert auf die Aufklärung und Pflege ihrer Parkinsonpatienten.
Oberstes Ziel des interdisziplinären Behandlungskonzepts
ist es, die Aktivität und Unabhängigkeit
jedes Patienten zu erhalten und ihm mehr Lebensqualität
zu schenken. Gleichzeitig sollen durch die Parkinson-Behandlung
die Krankheitssymptome gelindert und das
Fortschreiten gebremst werden. Die Neurologische Klinik
Sorpesee ist zertifizierte Parkinson-Spezialklinik und erfüllt
alle Behandlungsvoraussetzungen nach den Richtlinien der
Deutschen Parkinson Vereinigung e. V. (dPV).
Aufklärung, Beratung und Pflege im
Fokus – Kommunikation auf Augenhöhe
Bereits bei der Aufnahme wird der persönliche Beratungsund
Pflegebedarf des Patienten genau ermittelt. Während
des Aufenthalts in der Klinik werden dann entsprechende
Tipps und Tricks gegeben und erarbeitet, um später den
Alltag zu Hause gut zu meistern. Dabei legen alle Klinikmitarbeiter
viel Wert auf eine Kommunikation auf Augenhöhe.
Die Sorgen und Probleme der Patienten werden ernst genommen
und gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Schon bei der Körperpflege am frühen Morgen zeigen
die speziell geschulten Pflegefachkräfte, wie Patienten
ihre Selbständigkeit beim alltäglichen Waschen fördern
können. Im Anschluss trainieren Ergotherapeuten das
Ankleiden. Gerade das Anziehen der Schuhe oder das
Knöpfen eines Hemdes stellt viele Patienten vor Probleme
und muss stetig geübt werden. Beim Frühstück lernen
Patienten Hilfsmittel kennen, die ihnen die Zubereitung
von Speisen und Getränken erleichtern. Patienten mit
Schluckproblemen, erhalten speziell angepasste Kost und
werden von Logopäden angeleitet, wie das Verschlucken
vermieden wird.
Die Neurologische Klinik Sorpesee 30
Direkte Einbindung und Beratung der
Angehörigen
Die direkte Einbindung der Angehörigen ist ein wichtiger
Bestandteil im Behandlungskonzept der Neurologischen
Klinik Sorpesee. Dabei stehen eine offene Kommunikation
und die Vermittlung von Verständnis für die Auswirkungen
der Erkrankung im Fokus der Beratungsziele. Denn klar ist:
Nicht nur der Alltag des Erkrankten wird sich zukünftig stark
ändern, sondern auch der der Angehörigen. Umso wichtiger
ist, dass die gemeinsame Zeit mit den Bezugspersonen
möglichst wenig leidet und sich alle Beteiligten gegenseitig
Unterstützung und Halt geben können. Daher können sich
Angehörige auch jeder Zeit selbst durch Fachkräfte der verschiedenen
Abteilungen beraten lassen. Auch die Psychologen
der Klinik haben immer ein offenes Ohr.
Da die Parkinsonerkrankung meist mit Gang- und Gleichgewichtsstörungen
sowie einer erhöhten Sturzneigung verbunden
ist, werden die Patienten im Umgang mit Hilfsmitteln,
wie einem Gehrollatoren geschult. Grundsätzlich steht
den Patienten im Haus ein Transferdienst zur Verfügung.
Die Mitarbeiter sorgen dafür, dass alle Patienten sicher vom
Patientenzimmer zum Therapiezentrum gelangen.
Jeder Patient bekommt dabei die Zeit zugesprochen, die
er benötigt. Die Mitarbeiter legen großen Wert darauf, dass
Patienten möglichst viele Tätigkeiten selbstständig ausführen
– auch wenn Vieles dann länger dauern. Schließlich
wird das im Alltag daheim genauso der Fall sein.
In der Neurologische Klinik Sorpesee gilt das Motto: Eine
Therapie kann nur erfolgreich sein, wenn der Mensch im
Mittelpunkt steht.
Lindenstraße 22
59846 Sundern
Telefon 02935 807-0
www.klinik-sorpesee.de
31
Pflege von Menschen mit Parkinson in Zeiten von Corona
Pflege von Menschen mit Parkinson in Zeiten von Corona –
Parkinsonzentrum Beelitz-Heilstätten entwickelt digitale Lösungen
In den letzten Monaten sind für Menschen
mit Parkinson und ihre Angehörige
durch die Corona-Pandemie
schwere Belastungen entstanden.
Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen,
Ausfälle bei ambulanten Pflegediensten
und psychische Probleme
haben besonders ältere und multimorbide
Betroffene an die Grenzen ihrer
Belastbarkeit gebracht. Vor dem Hintergrund
dieser Erfahrungen sind zwei
neue Projekte des Parkinsonzentrums
Beelitz-Heilstätten besonders interessant.
Unterstützung von Angehörigen bei
der Pflege mit PfiFf
Mit einer neuen Pflege-Video-Reihe
bietet die Pflegeakademie der AOK
Nordost Menschen mit Parkinson
und deren Angehörigen leicht verständliche
Unterstützung für den Alltag.
In 13 kurzen Filmen informieren
Ärzte und Fachpersonal des Parkinsonzentrums
Beelitz-Heilstätten über
die Parkinson-Krankheit und deren
Ausprägungen. Erfahrene Parkinson-Fachpflegekräfte,
Betroffene und
deren Angehörige schildern, welche
Situationen zuhause besonders herausfordernd
sind und welche Unterstützungen
helfen können, den Alltag
trotz Parkinson gut zu bewältigen. Die
Videos sind Teil der Angehörigen-Filmreihe
im Programm „Pflege in Familie
fördern“ (PfiFf).
Für professionelle Pflegekräfte: die
Online Pflegschule Parkinson
Das zweite Projekt des Parkinsonzentrums
Beelitz-Heilstätten richtet sich an
professionelle Pflegekräfte in Kliniken,
Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten.
Ausgehend von der Erfahrung,
dass die Fachkenntnisse zum
Thema Parkinson in vielen pflegerischen
Bereichen nicht
ausreichen, bietet die
„Online-Pflegeschule
Parkinson“ ein Lehrprogramm,
das auf
Podcasts und Lehrvideos
basiert. Die Teilnehmenden
können
spezielles Wissen zum
Krankheitsbild und
zur Pflege von Menschen
mit Parkinson
erwerben oder vertiefen.
Absolventen der
Online-Pflegeschule
Parkinson können ihr
Wissen durch eine
Online-Prüfung unter Beweis stellen
und auf diesem Weg ein Zertifikat erwerben.
Die Online-Pflegeschule Parkinson
geht auf eine gemeinsame
Initiative des Parkinson-Zentrums Beelitz-Heilstätten
und der Deutschen Parkinson
Hilfe e. V. zurück und wird von
der AOK Nordost unterstützt.
Parkinson Nurse: Bewährtes Ausbildungsprogramm
wird fortgesetzt
Neben den digitalen Angeboten engagiert
sich das Parkinsonzentrum Beelitz-Heilstätten
weiterhin gemeinsam
mit anderen Kliniken und der Deutschen
Parkinson Vereinigung e. V. in
der seit nunmehr 14 Jahren bestehenden
Weiterbildung von Parkinson-Nurses.
Hierbei erhalten ausgebildete
Pflegekräfte in Wochenendkursen und
einer zweiwöchigen Klinikhospitation
spezielle Qualifikation für die Pflege
von Menschen mit Parkinson.
Pflegerisches Wissen können Angehörige
und Pflegekräfte außerdem mit
dem von Prof. Ebersbach herausgegebenen
Lehrbuch „Pflege von Menschen
mit Parkinson“ erwerben und
vertiefen.
Gemeinsam mit Betroffenen,
Angehörigen
und Pflegekräften
möchte das
Parkinsonzentrum
Beelitz-Heilstätten
langfristig erreichen,
dass möglichst viele
Menschen mit Parkinson
eine kompetente
und auf die spezifischen
Bedürfnisse der
Betroffenen ausgerichtete
pflegerische
Betreuung erhalten.
Falls Sie weitere Fragen zu unseren Initiativen
haben, können Sie sich gerne
direkt an uns wenden.
Prof. Dr. Georg Ebersbach und
das Team des Parkinson-Zentrums
Beelitz-Heilstätten
Kontakte
Parkinsonzentrum
Beelitz-Heilstätten
Info@parkinsonzentrum.de
Tel. 033204/22781
Informationen zu den dargestellten
Angeboten finden Sie hier:
P fi F f
https://aok-pfiff.de/
pflegefilme/pflege-bei-parkinson
Online-Pflegeschule Parkinson
www.online-pflegeschule.de
(Voraussichtlich ab Dezember 2020 verfügbar)
Parkinson-Nurse-Ausbildung
www.parkinson-vereinigung.de/
diverse-inhalte/parkinson-nurse.html
Pflege von Menschen mit Parkinson,
Verlag W. Kohlhammer,
SBN 978-3-17-029751-7
Parkinson und Arbeitswelt e. V. – Beispiel: Gute Praxis 32
PARKINSON UND ARBEITSWELT E. V. - PUA
Beispiel: Gute Praxis – Aller Anfang kann auch einfach sein
Mit diesem Artikel möchten wir ein Vorgehen
darstellen, wie es in der Praxis
tatsächlich sein sollte und auch sein
könnte, wenn Betroffene und innerbetriebliche
Akteure ihre Aufgaben
wahrnehmen, die Ihnen durch rechtliche
Grundlagen auferlegt sind.
Die Betroffene, wir nennen Sie „Frau
Sonnenschein“, hatte anfänglich
nach der Diagnose schwer zu kämpfen.
Die Frage, wie es weitergehen soll
hat sie doch sehr beschäftigt und es
blieb nicht nur bei dieser Frage.
Weniger Sorgen und Ängste bereitete
ihr das Thema „Arbeitswelt“. Denn
Frau Sonnenschein war gut informiert
und wusste, dass ihr auf der Arbeit verschiedene
Akteure zur Seite stehen,
und sie dabei unterstützen werden
in der Umsetzung aller erforderlichen
und notwendigen Maßnahmen, damit
sie möglichst lange ihre Arbeitsaufgaben
erledigen und sie beschäftigt bleiben
kann.
Aktiv werden - Gespräche führen
... z. B. mit dem Betriebsarzt
Ohne längeres Zuwarten und ohne
viel Aufsehen zu erregen entschied
sich Frau Sonnenschein für einen Termin
beim Betriebsarzt. Schließlich unterliegt
er der Schweigepflicht und hat
die Beschäftigten zu beraten. Er war
alles andere als ein Parkinson-Spezialist,
aber er vermittelte ihr ein Gefühl
des Vertrauens, zeigte sich engagiert
und bot ihr jegliche Hilfe und Unterstützung
an, wenn sie das Gefühl habe,
dass ihre Erkrankung Einfluss auf die
Arbeit nimmt. In diesem Falle ließe sich
dann auch ein „Betriebliches Eingliederungsmanagement
(BEM) einleiten.
Denn man müsste nicht erst warten,
bis sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit
erreicht werden. Denn schließlich geht
es bei einem BEM darum möglichst
früh geeignete und wirksame Maßnahmen
einzuleiten, um die Beschäftigungsfähigkeit
zu erhalten und den
Arbeitsplatz zu sichern. Das hörte sich
für Frau Sonnenschein gut an.
... z. B. mit der Fachkraft für
Arbeitssicherheit
In einem weiteren vertrauensvollen
Gespräch mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit
kündigte sie an, dass sich zukünftig
mit großer Wahrscheinlichkeit
ihre Leistungsvoraussetzungen verändern
werden, ohne ihre Erkrankung
beim Namen zu nennen. Sie habe
auch bereits ein Gespräch mit dem
Betriebsarzt geführt. Auch die Fachkraft
für Arbeits-sicherheit bot Hilfe und
Unterstützung an und informierte darüber,
dass er – wenn es soweit ist – eine
personenbezogene Gefährdungsbeurteilung
- in diesem Falle inkludierte
Gefährdungsbeurteilung - erstellen
wird. Er versicherte ihr, dass er die Notwendigkeit,
die Arbeit an ihre veränderten
Leistungsvoraussetzungen anzupassen,
unterstützen wird.
... z. B. mit dem Betriebsrat
Auch in ihrem dritten Gespräch mit
dem Betriebsrat wurde Frau Sonnenschein
Unterstützung zugesichert.
Schließlich ist der Betriebsrat auch bei
ihrem Thema und den Themen Sicherheit
und Gesundheit bei der Arbeit
mitbestimmungspflichtig. Sie setzte
ihre Betriebsratskollegen*innen davon
in Kenntnis, dass es bereits gute Gespräche
mit dem Betriebsarzt und mit
der Fachkraft für Arbeitssicherheit gegeben
hat.
Frau Sonnenschein ist für’s erste erleichtert
und hat ein gutes Gefühl, in
dem Wissen, dass sie nicht alleine dasteht,
Unterstützung erfährt, und ihr geholfen
wird, wenn es darauf ankommt.
Z. B. dann, wenn der Vorgesetzte darüber
informiert wird oder werden muss,
dass ihre Leistungsvoraussetzungen
nicht mehr so sind, wie sie vorher einmal
waren.
Erkenntnise
Einen Betriebsarzt und eine Fachkraft
für Arbeitssicherheit sollte es in jedem
Betrieb geben, ob intern bestellt oder
extern beauftragt. Sie sind zur Beratung
und Unterstützung verpflichtet.
Nach ihnen sollte gefragt werden, mit
ihnen sollte vorab ein Gespräch geführt
werden.
Und wer sich nicht sicher ist, der sollte
sich unverbindlich an uns „Parkinson
und Arbeitswelt e. V.“ wenden. Wir
helfen gerne weiter.
Autor
Olaf Buschikowski | 2. Vorsitzender
Professor-Notton-Straße 10
66740 Saarlouis
Tel. 06831 – 7649277
www.pua-ev.de
Hinweise:
Aufgrund der positiven Resonanz
werden wir weitere „PuA-Informations-Webinare“
anbieten.
Folgende Webinare werden
demnächst angeboten:
• Parkinson und Arbeitsschutz
• Parkinson und
arbeitsmedizinische Vorsorge
• Parkinson und Arbeitsrecht
Alle Termine werden wir auf
unserer Internetseite
bekanntgeben:
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33
Sporttherapie bei Morbus Parkinson
Sporttherapie bei Morbus Parkinson
Das Parkinson-Syndrom gehört zu den
häufigsten Erkrankungen des zentralen
Nervensystems. Die Erkrankung, an der
in Deutschland mehr als 250.000 Menschen
leiden, zeichnet sich vor allem
durch den Verlust dopaminerger Neuronen
aus. Dies führt zu Rigor, Tremor
und Störungen der posturalen Reflexe.
Motorische Störungen wie Akinese,
Bradykinese und Hypokinese schränken
darüber hinaus die Bewegungsfähigkeit
der Patientinnen und Patienten
ein. Die Erkrankung wird symptomatisch
durch die Gabe von Medikamenten,
die auf das dopaminerge
System wirken, behandelt. Ergänzend
können Betroffene von nicht-pharmakologischen
Therapieformen wie
Bewegungs- oder Sporttherapie profitieren.
Das Zentrum für Parkinsontherapie der
Klinik für Neurologie am Alexianer St.
Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee
bietet Betroffenen eine multimodale
Parkinson-Komplexbehandlung. Diese
besteht aus medizinischen und aktivierenden
Therapieansätzen.
„Sport- und Bewegungstherapie zeigt
eine positive Wirkung auf Schmerzen,
Kraft, Gleichgewicht, Gangmuster
und –geschwindigkeit. Zudem kann
die Bewältigung von Aktivitäten des
täglichen Lebens durch dieses therapeutische
Angebot erleichtert werden“,
erklärt Prof. Dr. med. Thomas
Müller.
Im Vordergrund des körperlichen Trainings
steht zum einen die Erhaltung
von Funktionen. Zum anderen soll verhindert
werden, dass sich Betroffene
an die Erkrankung anpassen. Tippelschritten
beispielsweise, die durch
Angst vor Stürzen entwickelt werden,
gilt es, gezielt entgegenzuwirken.
Fest integriert in den Behandlungsansatz
von Müller und seinem Team ist
beispielsweise das von Mirko Lorenz
entwickelte Trainingskonzept Keep
Moving. „Keep Moving ist eine spezielle
Taiji-Methodik, die an die Gegebenheiten
und Bedürfnisse von
Parkinson-Patienten angepasst ist.
Dadurch entsteht ein einfaches, aber
sehr effektives Bewegungssystem, das
sich an alle Menschen richtet, die
von einem leichten bis mittelschweren
Parkinsonsyndrom betroffen sind“,
berichtet der zertifizierte Ausbilder des
Deutschen Dachverbandes für Taiji &
Qigong (DDQT). Taiji stärkt das Gleichgewicht,
fördert die Entspannung und
Beweglichkeit sowie die Körperkontrolle
und Motorik.
Auch Bogenschießen ist ein wirksamer
Therapiebaustein. „Der Schützensport
trainiert die Arm-, Hand-, Nacken- und
Schultermuskulatur. Auch die Rumpfstabilität
wird weiter aufgebaut“,
erläutert Udo Lange, Sport- und Bewegungstherapeut
am Alexianer St.
Joseph-Krankenhaus. Parkinson-Erkrankte
könnten auf diese Weise ihre Balance
verbessern. Gleichzeitig wird
durch das Zusammenspiel von Auge
und Hand die Koordination von Bewegungsabläufen
gefördert.
Tanzen hat einen positiven Einfluss auf
Balance und Gang. Es hilft, das sogenannte
Freezing-Phänomen, ein häufig
auftretendes Symptom der Parkinson-Erkrankung,
zu überwinden. Dieses
zeichnet sich durch Muskelstarre aus.
Die Betroffenen können sich nicht
mehr bewegen, haben das Gefühl,
am Boden festzukleben. „Rhythmusbrüche
in der Musik lassen Patientinnen
und Patienten ihre Bewegungen
immer neu ansetzen. Tanz kann so Betroffene
lehren, Muskelstarren zu überwinden“,
berichtet Birgit Adamczewski,
Tanztherapeutin am Alexianer St.
Joseph-Krankenhaus. Der Tanzpartner
beziehungsweise die Tanzpartnerin
gibt zusätzlich Stabilität.
Zudem kann Yoga die Symptomatik
von Parkinson-Betroffenen lindern.
Die Vinyasa-Flow-Yogalehrerin Verena
Lowitzsch unterrichtet wöchentlich
einen einstündigen Yogakurs speziell
für Patientinnen und Patienten der
Klinik für Neurologie. Das Training zielt
grundsätzlich auf Ausdauer, Kraft und
Flexibilität ab. Außerdem wird der Fokus
auf Gleichgewicht und Koordination
gelegt. „Im Yoga achten wir
besonders auf die Atmung, wodurch
eine Entspannung entsteht. Der Stressabbau
wird auf diese Weise ebenfalls
gefördert“, erklärt Lowitzsch. Ihr Programm
ist auf die Bedürfnisse der Erkrankten
abgestimmt. Abhängig von
Schweregrad und Symptomatik sind
die Yogaübungen adaptierbar. So
können auch Rollstuhlfahrerinnen und
Rollstuhlfahrer an den Einheiten teilnehmen.
„Neben der Erhaltung von Funktionen
dienen Sport- und Bewegungstherapie
zudem der sozialen Aktivierung.
Das gemeinsame Sporttreiben fördert
auch das psychische Wohlbefinden.“,
erläutert Müller abschließend.
Kontakt
Alexianer St. Joseph-Krankenhaus
Berlin-Weißensee
Klinik für Neurologie
Prof. Dr. med. Thomas Müller
Telefon: 030 92790-301
Fax: 030 92790-703
E-Mail: th.mueller@alexianer.de
Impressum 34
Impressum
Herausgeber & Redaktion
Apomorphin-Pumpentherapie
bei fortgeschrittenem Morbus Parkinson
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Bundesverband
Moselstraße 31
41464 Neuss
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Nr. 20 Herbst / Winter 2020
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NEUROLOGIE UND PARKINSON IN DEN
SRH GESUNDHEITSZENTREN NORDSCHWARZWALD
Medikamente, aber auch nicht medikamentöse Behandlungsverfahren,
wie die THS, nehmen einen immer wichtigeren Stellenwert
bei der Behandlung von Parkinson ein. Die stationäre Rehabilitation
ist hierbei ein wesentlicher Bestandteil der Therapie um
langfristige Erfolge zu erzielen. In den SRH Gesundheitszentren
Nordschwarzwald in Dobel und Waldbronn führen spezielle
therapeutische Angebote zu alltagsrelevanten Verbesserungen.
Die Therapien in den SRH Gesundheitszentren Nordschwarzwald
umfassen im neurologischen Bereich
❙❙
Die Einstellung von THS-Systemen (Tiefe Hirnstimulation), mit einem
besonderen Schwerpunkt in der Betreuung von tiefenhirnstimulierten
Patienten durch einen Neurochirurgen. Alle auf dem Markt befindlichen
Stimulationssysteme werden bei uns bedient.
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Moderne und an den Alltagsproblemen orientierte Therapien für
Parkinsonpatienten unter möglicher Einbeziehung der Angehörigen.
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Die Dynamische Symptomorientierte Individualtherapie (DSI), ein neuer
therapeutischer Ansatz in der neurologischen Rehabilitation. Die DSI-Therapie
stärkt die Eigenverantwortung der Rehabilitanden und steigert durch spielerische
Therapieelemente und Wettbewerb die Motivation der Rehabilitanden.
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Die Optimierung von Medikamenten.
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Spezielle nicht medikamentöse Behandlungsverfahren wie z. B. Tanztherapie,
LSVT, spezielles Gleichgewichtstraining.
Dieses umfangreiche Therapieprogramm für Parkinson-Erkrankte liefert
dadurch einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Lebensqualität.
SRH Gesundheitszentren Nordschwarzwald GmbH
Gisela-und-Hans-Ruland-Straße 1
76337 Waldbronn
Patientenservice: +49 (0) 7083 926-4444
info@gns.srh.de
BESUCHEN SIE UNS UNTER: WWW.GESUNDHEITSZENTREN-NORDSCHWARZWALD.DE
Die Klinik für Neurologie behandelt das gesamte
Spektrum neurologischer Erkrankungen
mit Spezialisierung auf Morbus Parkinson, Multiple
Sklerose, Demenz und komplexe Schmerzerkrankungen.
Das Zentrum für Parkinsontherapie verfügt
über modernste Untersuchungsverfahren. Die
neurologische Standarddiagnostik wird durch
krankheitsspezifische Diagnoseverfahren erweitert.
Die multimodale Parkinson-Komplexbehandlung
besteht aus medizinischen und
aktivierenden Therapieansätze wie der spezifischen
Bewegungstherapie BIG©, dem Einsatz
von Smovey© und der Nutzung der Optical Laser
Freezing-Ganganalyse.
Prof. Dr. med. Thomas Müller ist in der
Focus-Ärzteliste 2020 unter den Top-Ärzten
Parkinson gelistet.
ZENTRUM
FÜR PARKINSONTHERAPIE
Klinik für Neurologie
Alexianer St. Joseph-Krankenhaus
Berlin-Weißensee
Prof. Dr. med. Thomas Müller
Gartenstr. 1
13088 Berlin
Chefarztsekretariat
Stephanie Rotter
Telefon: 030 92790-301
Fax: 030 92790-703
E-Mail:
s.rotter@alexianer.de
Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee, Gartenstraße 1, 13088 Berlin
Tel. 030 92790-0, Fax 030 92790-700, st.joseph-weissensee@alexianer.de, www.alexianer-berlin-weissensee.de