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Angewandte Biomechanik - Prinzipien der ... - BSI Zahntechnik

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<strong>Angewandte</strong><strong>Biomechanik</strong><br />

<strong>Prinzipien</strong><strong>der</strong>biomechanischenOkklusion-einFallbeispiel<br />

Einleitung<br />

Der folgende Fall soll das systematische Vorgehen bei einer ästhetischen/funktionellenKorrekturveranschaulichen.<br />

Abb.1: Abb.2:<br />

Umdemvor<strong>der</strong>gründigenAnliegen<strong>der</strong>Patient,nämlichdieSchließung<strong>der</strong>zervikalenLücke(Abb.1)zwischendenbeidenFrontzähnen,zubegegnen,gabesmehrer<br />

Möglichkeiten. Allerdings schien das Hauptproblem hier ein ganz an<strong>der</strong>es zu sein,<br />

wieindenbeidenAbbildungenobendeutlichzusehenist.DiebeidenSchneidezähneauf<strong>der</strong>rechtenSeitesinddunklerals<strong>der</strong>Zahn21,dadieserdeutlichnachpalatinalgeneigtist;<strong>der</strong>Zahn12istdevital(Abb.2).WeiterspassendieZähne12und11morphologischnichtzu21und22.AuchdieroteÄsthetikistdurchdienichtvorhandenenPapillenzwischen12,11und21beeinträchtigt.Dass<strong>der</strong>BogennichtharmonischverläuftstörtediePatientinnichtwirklich.<br />

Wiegehtmannun,nachdiesererstenAnalyse,aneinen<strong>der</strong>artigenFallheran?Einer<strong>der</strong>erstenSchrittesolltesein,SituationsmodelleherzustellenumdasOberkieferundUnterkiefereinerkleinenModellanalysezuunterziehen.EssollteaucheinDiagnostischesWax-upangefertigtwerden.<br />

Abb.4<br />

Abb.3 Abb.4<br />

1


Modellanalyse<br />

Zunächstdie Modellanalyse. Der starknachpalatinal gekippte Zahn 11(Abb. 3) ist<br />

bei<strong>der</strong>ProtrusioneinerstarkenÜberbelastungausgesetzt(Abb.4);esistdahernicht<br />

auszuschließen, dass die Papille zwischen den beiden mittleren Schneidezähnen<br />

verlorengegangenist.<br />

Nach <strong>der</strong> Analyse galt es mit <strong>der</strong> Patientin abzuklären, ob sie damit einverstanden<br />

ist,denZahn11ineinenharmonischenBogenzubringen,wasinFormeinerkieferorthopädischen<br />

Behandlung o<strong>der</strong> mit Kronen und Veneers bewerkstelligt werden<br />

könnte.EinkieferorthopädischerEingriffjedoch,kamfürdiePatientinnichtinFrage.<br />

Siekonntesichauchnichtrechtvorstellen,obihreineHarmonisierungdesBogens<br />

passenwürde.<br />

Um <strong>der</strong> Patientin die Entscheidung etwas leichter zu machen, gibt es grundsätzlich<br />

zweiMöglichkeiten:<br />

EskönnteeinlabialesVeneerausKunststoffangefertigtwerden,um<strong>der</strong>PatientindenUnterschiedbesservorAugenführenzukönneno<strong>der</strong><br />

manfertigteinDiagnostischesWax-upan.<br />

In diesem Fall erschien es sinnvoller, ein diagnostisches Wax-up anzufertigen, da<br />

dieses ohnehin die Grundlage für das notwendige Therapeutische Provisorium sein<br />

würde.<br />

DiagnostischesWax-up<br />

Abb.5 Abb.6<br />

NachdieserEntscheidungfürdasdiagnostischeWax-upwurdedamitbegonnendie<br />

Zähne11und12labialaufzubauen(Abb.5).Wichtigdabeiist,dasshierschondaraufgeachtetwird,dassdieMorphologie<strong>der</strong>Nachbarzähneübernommenwird.<br />

UntereinemdiagnostischemWax-upistgenerellnichtnurdasAuftragenvonWachs,<br />

son<strong>der</strong>nauchdasReduzierenundAuftragenvonZahnsubstanz(Gips)zuverstehen.<br />

ImvorliegendenFallwardiesvonganzbeson<strong>der</strong>erBedeutung,daesgaltdieÜberbelastungdesZahnes11inProtrusionundLatero-Protrusionzuminimieren(Abb.4<br />

und6).<br />

2


TherapeutischesProvisorium(Eierschalenprovisorium)<br />

Das Diagnostische Wax-up wurde dann in ein Therapeutisches Provisorium umgesetztundzwarinFormeinesEierschalenProvisoriums.DasgabunsdieMöglichkeit,<br />

ein farblich individuell geschichtetes Langzeitprovisorium sofortnach dem Beschleifeneinglie<strong>der</strong>nzukönnen.<br />

Abb.7 Abb.8<br />

Abb.9 Abb.10<br />

Abb.11<br />

EsfolgteinkurzerÜberblickzurHerstellungeinesEierschalenprovisoriums:<br />

3


• Das diagnostische Wax-up wird mit Knetsilikon abgeformt und im Drucktopf<br />

bei2barausgehärtet.<br />

• DiezupräparierendenZähnewerdenamGipsmodellvorpräpariert(Abb.7).<br />

• Der Silikonschlüssel des Wax-ups wird mit Kronen- und Brückenkunststoff<br />

aufgefülltundaufdasPräparationsmodellreponiert(Abb.8).<br />

• Wenn das Provisorium (wie in diesem Fall) länger getragen wird und zur Überprüfung<strong>der</strong>ÄsthetikdienensollwirdesmitSchneideundHalsSchichtung<br />

angefertigt(Abb.9).<br />

• Über das fertige Provisorium wird eine zähelastische Tiefziehschiene gezogen,diesichnichtmitKunststoffverbindensollte(Abb.10).<br />

• ZuletztwirddasProvisoriumganzdünnausgeschliffen,ähnlich<strong>der</strong>SchaleeinesEies,(Abb.11).<br />

• Die Schiene dient schlussendlich zur korrekten Positionierung des ProvisoriumsimMund.<br />

PräparationundUnterfütterndesEierschalenprovisoriums<br />

Abb.12 Abb.13<br />

Abb.14<br />

(Da dieser Patientenfall im Zuge einer Fortbildungsveranstaltung präpariert wurde,<br />

konntenkeineDetailaufnahmen<strong>der</strong>Präparationgemachtwerden,Abb.12)<br />

4


NachEnde<strong>der</strong>Präparationundnochvor<strong>der</strong>AbformungwirddasEierschalenProvisorium<br />

im Mund probiert und direkt unterfüttert; die Tiefziehfolie dient dabei als<br />

Platzhalter(Abb.13und14).WährenddieAssistentino<strong>der</strong><strong>der</strong>TechnikerdasProvisorium<br />

ausarbeitet, wird die Abformung genommen und <strong>der</strong> Anatomische Transferbogenangelegt,wodurchunnötigeWartezeitenvermiedenwerdenkönnen.<br />

Die Patientin hatte nun die Möglichkeit, sich mit <strong>der</strong> neuen Ästhetik anzufreunden<br />

undauch„auszutesten“(z.B.wiereagiertihrUmfeldaufdieneuenZähne).Indieser<br />

PhasekönnenÄn<strong>der</strong>ungenohnegroßenAufwandvorgenommenwerden.<br />

InAbb.15isteinProvisorium<strong>der</strong>AusgangssituationmitretrudiertemZahn11undin<br />

Abb. 16 das Eierschalen Provisorium mit harmonischem Bogen <strong>der</strong> Frontzähne zu<br />

sehen.<br />

Abb.15 Abb.16<br />

Abformung<br />

Abb.17 Abb.18<br />

Essolltenimmerzweio<strong>der</strong>sogardreiAbformungen<strong>der</strong>präpariertenZähnegenommenwerden,umdiebestmöglicheKontrolle<strong>der</strong>abgeformtenTeilezugewährleisten.<br />

5


Modellherstellung<br />

Bei<strong>der</strong>ModellherstellungwerdendannEinzelstümpfe,einSägeschnittmodellsowie<br />

einnichtgesägtesModellhergestellt(Abb19und20).<br />

Es stellt sich die Frage, warum bei <strong>der</strong> Modellherstellung soviel Aufwand betrieben<br />

wird.EsgibtmehrereGründe:<br />

1. Um sicherzustellen das die präparierten Zähne korrekt abgeformt wurden, müssen<br />

mindestens zwei <strong>der</strong> Abformungen identsein, was man am bestenmit den<br />

Wachskappenkontrolliert.<br />

2. Das Sägeschnittmodell ist das Arbeitsmodell zur Herstellung <strong>der</strong> Metallkappen<br />

o<strong>der</strong> Vollkeramikkappen (wie in diesem Fall) und zum groben Einschleifen <strong>der</strong><br />

approximalenKontaktpunkte.<br />

3. DasungesägteModelldientzumAuftragen<strong>der</strong>Keramik,umeinenharmonischen<br />

ÜbergangzurGingivazuerreichen.<br />

Abb.19 Abb.20<br />

Gerüstherstellung<br />

Für die beiden mittleren Schneidezähne wurden transparente Presskeramikkappen<br />

verwendet, da bei vitalen Zähnen die Farbe des Zahnstumpfes bei <strong>der</strong> weiteren<br />

SchichtungdesZahnessehrhilfreichist.Aufgrund<strong>der</strong>meiststarkenVerfärbungdes<br />

ZahnstumpfesbeidevitalenZähnen(auchindiesemFall),verwendetmanhiereine<br />

herkömmlicheMetallkappe.<br />

Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Pressrohlinge bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten,<br />

nämlich dentinfarbene (geeignet für leicht verfärbte Zahnstümpfe) und transparente<br />

Rohlinge.IndiesemFallwurdebeiZahn12eindentinfarbenerRohlingprobiert,währendbeidenZähnen11und21leichteingefärbtetransparenteRohlingezurAnwendungkamen(Abb.21).Abb.22zeigtdieEinprobeimMund.<br />

6


Abb.21 Abb.22<br />

Abb.23<br />

Bei<strong>der</strong>Einprobe<strong>der</strong>KäppchenwerdendiePassung,<strong>der</strong>RandschlussunddieFarbe<br />

desRohlingsüberprüft:<br />

• DieKäppchendürfensichamZahnstumpfnichtdrehen;siemüsseneineeindeutigePositionhaben;ÜberprüfungmitFit-Checker(Abb.23).<br />

• DerRandschlusswirdmiteinerdünnenSondeüberprüft;eswirddaraufgeachtet<br />

dasdieKäppchennichtüberschüssigo<strong>der</strong>unterschlüssigsind.<br />

• Beim Überprüfen <strong>der</strong> Farbe sollte man auf zwei Dinge achten: während leicht<br />

verfärbteZähnenichtdurchdasKäppchendurchscheinensollen,istdieserEffekt<br />

beivitalenZähnensogarerwünscht.<br />

WennalldieseKriterienerfülltsindkann<strong>der</strong>TechnikermitdemSchichten<strong>der</strong>Keramikbeginnen.<br />

KeramikschichtungundMorphologie<strong>der</strong>Zähne<br />

Es liegt nun am Können und <strong>der</strong> Kunst des <strong>Zahntechnik</strong>ers die farblichen Komponenten<strong>der</strong>Nachbarzähnenachzuempfinden.<br />

Abb.24 Abb.25<br />

DiediffizileSchichtung<strong>der</strong>KeramikbeginntmitdemaufbringenvonIntensivmassen<br />

undkräftigenDentinmassenin<strong>der</strong>Tiefe<strong>der</strong>Kronen;imVerlauf<strong>der</strong>Annäherungan<br />

7


die Oberfläche<strong>der</strong>Zähne sollten immertransparentereundhellereFarbenverwendet<br />

werden, wodurch eine gute Tiefenwirkung erzielt wird. Im inzisalen Bereich <strong>der</strong><br />

Kronen sollte eine abwechslungsreiche Schichtung von Schmelz- und Transparentmassenerfolgen.<br />

Neben<strong>der</strong>Farbgebungkommtauch<strong>der</strong>morphologischenGestaltung<strong>der</strong>ZähneeinewesentlicheBedeutungzu.BevormitdemSchichteneinerKeramikkronebegonnenwird,muss<strong>der</strong>TechnikerbereitseinedetaillierteVorstellungvon<strong>der</strong>FormdeszurekonstruierendenZahnesimKopfhaben.DasgenaueStudium<strong>der</strong>unterschiedlichennatürlichenZähnehilftunsdabei,diesesVorstellungsvermögenzuvertiefen.<br />

DerTechnikermusserkennen,dasseinFrontzahnausfünfFlächenbesteht:<br />

— dielabiale,<br />

— diemesio-approximale,<br />

— diedisto-approximale,<br />

— diepalatinaleund<br />

— dieinzisaleFläche.<br />

Das vielfältige Zusammenspiel dieser Flächen zueinan<strong>der</strong> ergibt die Zahnform und<br />

Funktion<strong>der</strong>Frontzähne.WeiterswirddieStellung<strong>der</strong>Frontzähnebeeinflusstdurch:<br />

• dielabialeAchse,<br />

• dieapproximaleAchsesowie<br />

• dieinzisaleAchse.<br />

FertigeKronenimMund<br />

Abb.26 Abb.27<br />

8


Abb.28 Abb.29<br />

Nach kritischer Betrachtung <strong>der</strong> eingeglie<strong>der</strong>ten Kronen istnach zwei Wochen festzuhalten,dassdiePapillezwischendenmittlerenSchneidezähnennichtwirklichperfektist.AuchdiePapillezwischenZahn12und11wirdsichaufGrunddesEngstandes<br />

<strong>der</strong> beiden Zähne in Zukunft nicht wirklich verbessern. Die Farbe bei Zahn 12<br />

hättemansicherlichnochbesserhinbekommenkönnen.DieFunktionundForm<strong>der</strong><br />

Zähnekannmandurchausalsgelungenbezeichnen.<br />

Zusammenfassung<br />

Abschließend noch einige Punkte, die mir in diesem Fall als beson<strong>der</strong>s wichtig erscheinen:<br />

Eine gemeinsame Besprechung mit dem Patienten, an <strong>der</strong> sowohl Zahnarzt als<br />

auch<strong>Zahntechnik</strong>erteilnehmen,istmituntereinwesentlicherSchritt,<strong>der</strong>zumGelingen<strong>der</strong>Zahnrestaurationbeiträgt(Stichwort:Teamarbeit)<br />

Therapeutisches Provisorium (ein Prototyp für die definitiven Kronen, an dem<br />

ohnegroßenAufwandVerän<strong>der</strong>ungenvorgenommenwerdenkönnen)<br />

FeedbackdesPatienten<br />

Materialauswahl<br />

Danksagung<br />

An dieser Stelle bedanke ich mich bei meinen beiden Partnern, Herrn Dr. Johann<br />

Reichsthaler, <strong>der</strong> für die ausgezeichneten Unterlagen verantwortlich war, und bei<br />

unsererPatientin,dievielGeduldundAusdauerbewiesenhat,fürdiehervorragende<br />

Zusammenarbeit.<br />

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