Handwerk in Bremen - Handwerkskammer Bremen
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Liebe <strong>Handwerk</strong>er<strong>in</strong>nen und <strong>Handwerk</strong>er,<br />
sehr geehrte Leser<strong>in</strong>nen und Leser,<br />
Auf e<strong>in</strong> Wort – Editorial<br />
der Schriftsteller und Träger des Literaturnobelpreises Thomas Mann sagte e<strong>in</strong>st:<br />
„Arbeit ist schwer, ist oft genug e<strong>in</strong> freudloses und mühseliges Stochern; aber nicht arbeiten<br />
- das ist die Hölle.“ Entsprechend froh s<strong>in</strong>d viele der <strong>in</strong>sgesamt rund 320.000 E<strong>in</strong>-Euro-<br />
Jobber <strong>in</strong> Deutschland, dass sie wenigstens vorübergehend e<strong>in</strong>e Beschäftigung haben –<br />
denn sie gibt ihnen das gute Gefühl gebraucht zu werden, selbst wenn e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>-Euro-Job<br />
zumeist nicht unmittelbar den Weg <strong>in</strong> den ersten Arbeitsmarkt ebnet.<br />
Doch immer wieder werden E<strong>in</strong>-Euro-Jobber für Arbeiten ausgenutzt, die sie nicht<br />
durchführen dürfen, denn diese Tätigkeiten s<strong>in</strong>d oft weder „zusätzlich und im Interesse<br />
der Allgeme<strong>in</strong>heit“ oder stehen schlichtweg <strong>in</strong> Konkurrenz zu gewöhnlichen ungeförderten<br />
Unternehmen. Mehr als die Hälfte aller von den Kommunen geförderten E<strong>in</strong>-Euro-<br />
Jobs sollen demnach illegal se<strong>in</strong>.<br />
Das Fatale daran: Immer wenn staatlich f<strong>in</strong>anziell geförderte – und daher zwangsläufig<br />
billige – Arbeit mit regulären Betrieben um Aufträge konkurriert, entgehen den regulären Betrieben Aufträge.<br />
In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass gut geme<strong>in</strong>te E<strong>in</strong>-Euro-Jobs nicht Arbeit schaffen, sondern<br />
sogar für MEHR Arbeitslosigkeit sorgen!<br />
Seit Jahren beschweren wir <strong>Handwerk</strong>er uns deshalb über diesen beschäftigungspolitischen Irrs<strong>in</strong>n, doch<br />
geändert hat sich wenig. Jetzt aber haben wir überraschend Rückendeckung bekommen. Denn wie wir prangert<br />
mittlerweile sogar der Bundesrechnungshof die vielen offenkundigen Mängel an! E<strong>in</strong>-Euro-Jobs stellen<br />
für Langzeitarbeitslose kaum e<strong>in</strong>e Brücke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e dauerhafte Beschäftigung dar, heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em veröffentlichten<br />
<strong>in</strong>ternen Bericht. In der Mehrzahl der Fälle würden die geförderten Jobs nicht helfen, „die <strong>in</strong>dividuellen<br />
Vermittlungshemmnisse erwerbsfähiger Hilfebedürftiger zu verr<strong>in</strong>gern“, liest man dar<strong>in</strong>, und auch e<strong>in</strong>e Studie<br />
des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) über die Erwerbsverläufe von 160.000 Hartz-<br />
IV-Empfängern bestätigt, dass E<strong>in</strong>-Euro-Jobber seltener e<strong>in</strong>en regulären Arbeitsplatz f<strong>in</strong>den als andere Hartz-<br />
IV-Empfänger. Besonders Männer OHNE Migrationsh<strong>in</strong>tergrund haben demnach spürbar schlechtere<br />
Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie zuvor e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>-Euro-Job angenommen haben – doch auch alle<br />
anderen Gruppen würden durch die Beschäftigungsmaßnahme benachteiligt, urteilten die Experten.<br />
Als Gründe für das schlechte Abschneiden der Maßnahme wird genannt, dass die im E<strong>in</strong>-Euro-Job vermittelten<br />
Qualifikationen an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes vorbeigehen.<br />
Angesichts leerer Kassen gehört darum dieser arbeitsmarkpolitische Unfug abgeschafft! Und offenbar gibt<br />
es für die rasche E<strong>in</strong>dämmung sogar e<strong>in</strong>en breiten gesellschaftlichen Konsens von der Bundestagsfraktion der<br />
FDP über die Oppositionsparteien bis h<strong>in</strong> zum DGB. Die Grünen-Abgeordnete Brigitte Pothmer beispielsweise<br />
forderte die Arbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> auf, endlich den massenhaften E<strong>in</strong>satz von E<strong>in</strong>-Euro-Jobs zu beenden.<br />
Zweifellos ist die Wiedere<strong>in</strong>gliederung von Langzeitarbeitslosen e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe – umso mehr<br />
angesichts des sich abzeichnenden Mangels an Fachkräften. Wir <strong>Handwerk</strong>er stehen deshalb auf dem Stand -<br />
punkt, dass es ke<strong>in</strong>e weitere Förderung von öffentlichen Betrieben oder E<strong>in</strong>richtungen geben darf, die <strong>Handwerk</strong>sbetrieben<br />
Konkurrenz macht. <strong>Handwerk</strong>liche Tätigkeiten s<strong>in</strong>d darum ausschließlich von <strong>Handwerk</strong>sbetrieben<br />
durchzuführen, wie es die <strong>Handwerk</strong>sordnung vorschreibt! Die Kreishandwerkerschaft <strong>Bremen</strong><br />
hat bereits gute Vorschläge zur Wiedere<strong>in</strong>gliederung von Langzeitarbeitslosen gemacht. Ihre Empfehlung:<br />
Benachteiligte Menschen werden direkt <strong>Handwerk</strong>sbetrieben beigestellt und auf diese Weise ar beitsmarktgerecht<br />
qualifiziert und <strong>in</strong> den Berufsalltag <strong>in</strong>tegriert. Dies ist s<strong>in</strong>nvoll und vernünftig. Für alle E<strong>in</strong>-<br />
Euro-Jobs sollten <strong>Handwerk</strong>er flächendeckend mit überprüfen, ob die Arbeitsgelegenheiten wirklich wettbewerbsneutral<br />
s<strong>in</strong>d und nicht mehr länger e<strong>in</strong>e unzulässige Konkurrenz für örtliche Betriebe darstellen.<br />
Herzlichst<br />
Ihr<br />
Joachim Feldmann<br />
Präses der<br />
HANDWERKSKAMMER BREMEN<br />
<strong>Handwerk</strong> <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> 12/2010 | 3