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SWISS ENGINEERING STZ

Die polytechnische Fachzeitschrift SWISS ENGINEERING STZ und ihr französischsprachiges Pendant SWISS ENGINEERING RTS – die offiziellen Publikumsorgane vom Berufsverband für Ingenieure und Ingenieurinnen sowie Architektinnen und Architekten – erscheinen zehn Mal pro Jahr und informieren fachübergreifend über Entwicklungen in der Branche, zeigen Trends auf und geben Einblick in die Aktivitäten des Berufsverbandes. Zusätzlich publiziert die Redaktion fachspezifische Sonderausgaben «Bau & Architektur», «Maschinen», «Energie/Énergie», «Saläre/Salaires», «Automation» und «Bahntechnik ».

Die polytechnische Fachzeitschrift SWISS ENGINEERING STZ und ihr französischsprachiges Pendant SWISS ENGINEERING RTS – die offiziellen Publikumsorgane vom Berufsverband für Ingenieure und Ingenieurinnen sowie Architektinnen und Architekten – erscheinen zehn Mal pro Jahr und informieren fachübergreifend über Entwicklungen in der Branche, zeigen Trends auf und geben Einblick in die Aktivitäten des Berufsverbandes. Zusätzlich publiziert die Redaktion fachspezifische Sonderausgaben «Bau & Architektur», «Maschinen», «Energie/Énergie», «Saläre/Salaires», «Automation» und «Bahntechnik ».

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<strong>SWISS</strong><br />

<strong>ENGINEERING</strong><br />

<br />

Computer von morgen<br />

Vom Exascale-Rechner zum Quantencomputer<br />

Nr. 03 · MÄRZ 2021 · 118. Jahrgang · CHF 9.–<br />

BAU&ARCHITEKTUR<br />

SPECIAL<br />

www.swissengineering-stz.ch<br />

Energie & Umwelt<br />

Mehr Schutz<br />

fürs Stromnetz<br />

Bahntechnik<br />

Neue Fahrzeuge für die<br />

Pilatus-Bahn<br />

Swiss Engineering<br />

Ingenieure bauen<br />

Ski aus Holz<br />

Titel<br />

Untertitel<br />

Untertitel


Danke !<br />

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Die nächste Messe in Moutier ?<br />

Forum de l’Arc – 05.-08.04.2022<br />

Die nächste Gelegenheit, die News<br />

unserer Aussteller online zu entdecken ?<br />

Sofort natürlich !<br />

Mehr als 3’500 News stehen 24/7 zur Verfügung<br />

Der nächste Event ?<br />

Am 5. Mai 2021 in Moutier<br />

Konferenz-Tag mit dem Thema<br />

Zukunftstrends in der Mikrotechnik-Industrie<br />

Lösungsvorschläge der SIAMS-Aussteller und vieles mehr…<br />

Verpassen Sie keine Gelegenheit,<br />

die Produkte & Lösungen<br />

unserer Aussteller zu entdecken<br />

www.siams.ch<br />

SIAMS : die Messe für die gesamte Produktionskette der Mikrotechnik


Editorial<br />

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Computer<br />

Der Wettlauf um den ersten nützlichen Quantencomputer<br />

Computerforscherin Heike Riel im Interview<br />

Schweizer Supercomputer Piz Daint: Auf dem Gipfel der Forschung<br />

PSI-Forscher suchen nach besseren Quantenbits<br />

Die erste intuitive Programmiersprache für Quantencomputer<br />

Magnetbänder stehen als Datenspeicher unverändert hoch im Kurs<br />

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Energie & Umwelt<br />

Westschweizer Forscher entwickeln adaptives Schutzsystem für Stromnetze<br />

<br />

MB-Microtec nimmt Recyclinganlage für Tritium in Betrieb<br />

Empa-Experten messen Feinstaub, der beim Bremsen entsteht<br />

Bahntechnik<br />

Pilatus: Neue Triebwerke für die steilste Zahnradbahn der Welt<br />

Special Bau & Architektur<br />

Der Campus der Empa in Dübendorf wird erweitert<br />

Das Stade de la Tuilière in Lausanne bietet reine Fussballerlebnisse<br />

Prangins am Genfersee erhält den diesjährigen Wakkerpreis<br />

In Emmenbrücke lässt sich das Recycling Center selbst recyceln<br />

Risiken bei Abweichungen zu Prüfnormen sind nicht zu unterschätzen<br />

Die BFH bietet eine BIM-Orientierungshilfe<br />

BIM lässt sich bei der Evaluierung von Naturgefahren sinnvoll nutzen<br />

STEP2 heisst die nächste Unit des Forschungsgebäude NEST<br />

Swiss Engineering<br />

Editorial Peter Moser<br />

Enskineering: Zwei Ingenieure bauen Ski aus Holz<br />

Nachruf auf Gaston Wolf<br />

Rubriken<br />

Szene<br />

Aus- und Weiterbildung<br />

Produkte<br />

Zoom<br />

Hendrik Thielemann<br />

Chefredaktor<br />

Swiss Engineering <strong>STZ</strong><br />

Schrödingers Katze<br />

Haben Sie eine Katze? Und können Sie<br />

sich vorstellen, dass diese Katze gleichzeitig<br />

lebendig und tot ist? Ich habe keine<br />

Katze, aber hätte ich eine, könnte ich es<br />

mir nicht vorstellen. Ob der Wiener Physiker<br />

Erwin Schrödinger eine Katze hatte,<br />

ist nicht überliefert. Wir wollen es nicht<br />

<br />

nicht unterstellen, dass er sein berühmtes<br />

Gedankenexperiment «Schrödingers<br />

Katze» an dieser im Feldversuch erprobt<br />

hat. Ebenso wenig wie die Sache mit der<br />

Katze kann ich mir ehrlich gesagt vorstellen,<br />

dass ein Qubit in einem Quantencomputer<br />

gleichzeitig die Zustände «0»<br />

und «1» und auch noch beliebig viele Zwischenzustände<br />

annehmen kann.<br />

Zum Glück ist mein begrenztes Vorstellungsvermögen<br />

nicht das Mass der Dinge,<br />

und so gibt es inzwischen Quantencomputer,<br />

in denen eine begrenzte Anzahl<br />

solcher Qubits mehr oder weniger erfolgreich<br />

ihren Dienst verrichtet.<br />

Zwar haben diese Maschinen bisher noch<br />

keinen praktischen Nutzen, aber sie funktionieren.<br />

Und auch konventionelle Computer<br />

haben einmal klein angefangen.<br />

Seien wir gespannt auf das, was kommt.<br />

TITELBILD Dieses Bild des IBM-Quantencomputers «Q System One» ist kein<br />

Foto. Es wurde von einem – konventionellen – Computer generiert. Dennoch:<br />

Quantencomputer sind inzwischen Realität. Google-Forscher reklamierten bereits<br />

2019 – vielleicht etwas vorschnell – die Quantenüberlegenheit für ihren<br />

Quantenchip «Sycamore». Anfang dieses Jahres publizierten chinesische Wissenschafter<br />

einen Beitrag im Magazin «Science», in dem sie erklärten, ihr Quantencomputer<br />

«Jiuzhang» habe in 200 Sekunden eine Rechenaufgabe gelöst, für die<br />

ein klassischer Computer 2,5 Milliarden Jahre benötigen würde.<br />

Bild: IBM<br />

Zusätzliche Inhalte in der App<br />

«<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> STV UTS ATS»<br />

Gutscheincode: SE2021<br />

Bei Fragen Telefon 071 226 92 92 wählen!<br />

3


Szene<br />

Exoskelette: Maxon spannt mit<br />

chinesischem Start-up zusammen<br />

Weltweit mehr Industrieroboter<br />

Fourier Intelligence<br />

Fourier-Exoskelett ExoMotus X2.<br />

Die Maxon-Gruppe und das auf Exoskelette<br />

und robotische Rehabilitation spezialisierte<br />

chinesische Start-up Fourier Intelligence gehen<br />

eine globale strategische Partnerschaft<br />

ein. Eine entsprechende Absichtserklärung<br />

haben die beiden Unternehmen im Dezember<br />

unterzeichnet. Ziel der Partnerschaft sei<br />

es, die Entwicklung technologischer Lösungen<br />

für Patienten zu beschleunigen, heisst es<br />

in einer Mitteilung von Maxon. Fourier verwendet<br />

bereits Elektromotoren von Maxon<br />

in seinem Exoskelett ExoMotus X2. Zusätzlich<br />

wird Maxon Teil des Exoskeleton & Robotics<br />

Open Platform Systems (EXOPS), einer<br />

offenen Plattform für die Forschung und<br />

Entwicklung von Exoskelett- und Robotiksystemen.<br />

Maxon wird angehenden Ingenieurinnen<br />

und Ingenieuren, die Robotiklösungen<br />

für Rehabilitationsdienste entwickeln<br />

wollen, eine Vielzahl von massgeschneiderten<br />

Antriebsoptionen mit Motoren, Getrieben,<br />

Encodern und Steuerungen zur Verfügung<br />

stellen. «Die Partnerschaft zwischen<br />

Maxon und Fourier ist eine starke Kombination»,<br />

sagt Eugen Elmiger, CEO der Maxon-<br />

Gruppe. «Fouriers Verständnis für das Zusammenspiel<br />

von moderner Rehabilitationsrobotik<br />

und technologischen Produkten<br />

ergänzt sich perfekt mit der Maxon-<br />

Philosophie, die Welt mit unseren präzisen<br />

Antriebssystemen etwas besser zu machen.»<br />

▶ www.maxongroup.com<br />

Henriette Wendt neu in der<br />

Axpo-Konzernleitung<br />

Der Verwaltungsrat der Axpo Holding hat<br />

Henriette Wendt in die Konzernleitung gewählt.<br />

Die Dänin wird spätestens am 1. August<br />

ihre neue Funktion als Chief Operating<br />

Officer (COO) antreten. Sie wird die Steuerungsfunktionen<br />

Strategy & Transformation,<br />

Legal, HR und Communications & Public<br />

Affairs integral führen und dadurch die zahlreichen<br />

thematisch übergreifenden Themen<br />

bündeln und vorantreiben. Direkt unterstellt<br />

wird ihr auch die Funktion des Chief Ethics<br />

& Compliance Officers, die damit neu direkt<br />

an die Konzernleitung berichtet.<br />

Henriette Wendt kommt von Microsoft<br />

Schweiz. Beim Softwareriesen war sie Chief<br />

Marketing & Operations Officer. Zuvor führte<br />

sie für die schwedische Telia Company das<br />

Geschäft in Litauen, Estland und Dänemark.<br />

Henriette Wendt verfügt über einen Master<br />

in Business Strategy der International Business<br />

School ESSEC (Paris). «Ich gehe diese<br />

neue Herausforderung mit Energie und voller<br />

Freude an», erklärte Wendt. Da sie schon<br />

einige Jahre in der Schweiz lebe, kenne sie<br />

Axpo und auch die speziellen Herausforderungen<br />

durch Energiewende und Klimapolitik.<br />

«Das Unternehmen ist in einer spannenden<br />

Phase des Umbruchs, in der wir<br />

zusammen vieles gestalten können. Darauf<br />

freue ich mich besonders.»<br />

▶ www.axpo.ch<br />

Axpo<br />

Die Roboterdichte im produzierenden Gewerbe hat 2019 weltweit mit durchschnittlich 113 Industrie-<br />

Robotern pro 10’000 Mitarbeiter einen neuen Rekord erreicht, berichtet die International Federation of<br />

Robotics. Im weltweiten Ländervergleich rangiert die Schweiz auf Platz 19.<br />

Startet demnächst als COO bei Axpo:<br />

Henriette Wendt.<br />

Vier neue Professoren an der Ost<br />

Mit vier neuen Professuren stärkt das Departement<br />

Technik die Expertise der Ost. In den<br />

Grundlagenfächern und in der Studienrichtung<br />

Computational Engineering des Studiengangs<br />

Systemtechnik wirkt Dr. Hans Fritz<br />

ab Mai 2021 als neuer Professor für Mathematik.<br />

Fritz arbeitete die letzten drei Jahre für<br />

Carl Zeiss in Oberkochen als Elektronenoptikdesigner.<br />

Dr. Matthäus Alberding ist ab<br />

April Professor für Systems Engineering. Die<br />

neu geschaffene Professur soll das strategische<br />

Profil der Fachabteilung Systemtechnik<br />

und damit auch des Studiengangs Systemtechnik<br />

stärken. Aktuell arbeitet Matthäus<br />

Alberding im Time-to-Market Projektmanagement<br />

der Hilti AG. In der Fachabteilung<br />

Systemtechnik wirkt Dr. Samuel Huber Lindenberger<br />

seit Februar 2021 als neuer Professor<br />

für Mikrotechnik mit Spezialgebiet Sensoren.<br />

Samuel Huber Lindenberger arbeitete die<br />

letzten Jahre als Senior Sensor Design Engineer<br />

bei Melexis und verantwortete dort die<br />

Technologieentwicklung der Hall Sensoren.<br />

In der Fachabteilung Systemtechnik ist Dr.<br />

Tobias Lamprecht seit Februar 2021 Professor<br />

für Mikrotechnik. Lamprecht war bereits zuvor<br />

am Ost-Campus Buchs als Dozent tätig.<br />

▶ www.ost.ch<br />

Neue Batterien für die Monte-Rosa-<br />

Hütte<br />

Neue Batterien von Siemens versorgen die<br />

Monte-Rosa-Hütte effizienter mit umweltfreundlichem<br />

Solarstrom. Insgesamt wurden<br />

8,6 Tonnen Bleibatterien durch 2,7 Tonnen<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Szene<br />

Lithium-Batterien ersetzt. Die in den Walliser<br />

Alpen gelegene Hightech-Hütte ist seit<br />

ihrer Eröffnung 2010 mit Gebäudetechnik<br />

von Siemens ausgestattet. Die auf 2883 m ü. M.<br />

gelegene Hütte versorgt sich seit 2010<br />

grösstenteils selbst mit Energie. Eine in der<br />

Südfassade integrierte Photovoltaikanlage<br />

sowie thermische Solarkollektoren sorgen für<br />

einen hohen Grad an Energieautarkie und<br />

eine zuverlässige Energieversorgung.<br />

Siemens<br />

<br />

<br />

Die kontinuierliche Auswertung der Energieflüsse<br />

liess darauf schliessen, dass die<br />

bestehenden Bleibatterien bald ihr Lebensende<br />

erreicht haben würden. Siemens erhielt<br />

den Auftrag, eine neue Gesamtlösung zu planen<br />

und 48 Bleibatterien durch 14 Lithium-<br />

Eisen-Phosphat-Batterien (LFP) mit einer<br />

Kapazität von 215 kWh zu ersetzen. Der<br />

schon vorher hohe Energieautarkiegrad der<br />

Hütte kann mit den neuen Batterien zusätzlich<br />

gesteigert werden, weil das für schlechtes<br />

Wetter vorgesehene Stromaggregat entlastet<br />

wird und die neuen Batterien über eine höhere<br />

nutzbare Kapazität verfügen. Mit der<br />

Umsetzung werde die sichere, energieeffiziente<br />

und nachhaltige Energieversorgung<br />

der Monte-Rosa-Hütte zu jeder Tageszeit<br />

und bei jeder Wetterlage noch weiter erhöht,<br />

teilte Siemens mit.<br />

▶ www.monterosahuette.ch<br />

<br />

Ab sofort können an der ersten kommerziellen<br />

Wasserstofftankstelle im Kanton Zürich<br />

Personenwagen und Nutzfahrzeuge<br />

grünen, in der Schweiz produzierten Wasserstoff<br />

beziehen. Die Wasserstofftankstelle<br />

befindet sich auf dem Areal der Larag AG.<br />

Mit der Inbetriebnahme wollen die AVIA-<br />

Vereinigung und deren Mitgliedsfirma – die<br />

Osterwalder Zürich AG – ein Zeichen setzen.<br />

«Als Gründungsmitglied des Fördervereins<br />

H2 Mobilität Schweiz ist die AVIA-<br />

Vereinigung überzeugt, dass Wasserstoff als<br />

Energieträger für die Mobilität in Zukunft<br />

eine tragende Rolle spielen wird», sagt<br />

AVIA-Geschäftsführer Patrick Staubli.<br />

<br />

Dabei ist es für AVIA wichtig, dass an der<br />

Tankstelle in Rümlang ausschliesslich nachhaltig<br />

produzierter Wasserstoff angeboten<br />

wird. Denn stellt die H2 Energy AG durch ihre<br />

Beteiligung an der Hydrospider AG an einem<br />

Schweizer Flusskraftwerk her, um ihn anschliessend<br />

auf kurzen Transportwegen an die<br />

AVIA-Tankstellen zu liefern. Armin Schnellmann<br />

von der Osterwalder Zürich AG, welche<br />

die AVIA-Tankstelle betreibt, ist überzeugt:<br />

«Obwohl sich Wasserstoff als ökologischer<br />

Treibstoff für Personenwagen und Nutzfahrzeuge<br />

aktuell in einer Aufbauphase befindet,<br />

hat er mittelfristig das Potenzial zum Stan-<br />

V. Di Domenico<br />

dardtreibstoff. Wir glauben an die Durchsetzungskraft<br />

sowie den Erfolg des Produkts und<br />

planen in der Region Zürich weitere Projekte<br />

im Bereich der Wasserstoff-Elektromobilität.»<br />

▶ <br />

<br />

<br />

Die ursprünglich von Axpo initiierte alpine<br />

Solar-Grossanlage auf der Muttsee-Staumauer<br />

wird zum Gemeinschaftsprojekt «Alpin-<br />

Solar» von Denner, Axpo und IWB, dem<br />

Energieversorger des Kantons Basel-Stadt.<br />

Die beiden Energieunternehmen werden die<br />

Anlage im Rahmen einer Partnerschaft erstellen.<br />

Denner wird den alpinen Solarstrom<br />

während 20 Jahren beziehen. Die Solaranlage<br />

beim Muttsee wird im Sommer 2021 gebaut<br />

und in Betrieb genommen. Für die 2,2-Megawatt-Solaranlage<br />

werden auf 2500 Metern<br />

über dem Meer an der Staumauer fast 5000<br />

Solarmodule installiert. Sie sollen pro Jahr<br />

rund 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom<br />

produzieren – rund die Hälfte davon im<br />

Winterhalbjahr, also dann, wenn der Strom<br />

in der Schweiz tendenziell fehlt. Bei Solaranlagen<br />

im Unterland fällt dagegen nur rund<br />

ein Viertel der Stromproduktion während<br />

des Winterhalbjahres an. «Leider sind solche<br />

Anlagen aufgrund der fehlenden Rahmenbedingungen<br />

heute noch kaum wirtschaftlich<br />

realisierbar, so auch dieses Projekt», sagt Axpo-CEO<br />

Christoph Brand. «Wir haben uns<br />

dennoch mit starken Partnern dazu entschieden,<br />

dieses Leuchtturmprojekt zu realisieren,<br />

ein Zeichen zu setzen und so die Energiewende<br />

in der Schweiz einen Schritt vorwärts<br />

zu bringen. Wir sehen das Projekt auch als<br />

wichtigen Diskussionsbeitrag für die anstehenden<br />

Gesetzesrevisionen.»<br />

▶ www.axpo.com<br />

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5


IBM Research<br />

Kryostat eines Quantencomputers. Die supraleitenden<br />

Schaltkreise des Quantenprozessors<br />

müssen auf Temperaturen nahe dem absoluten<br />

Nullpunkt gekühlt werden.


Computer<br />

Der Wettlauf zum nützlichen Quantencomputer<br />

Unternehmen und Forschungseinrichtungen in der ganzen Welt liefern sich einen Wettlauf um den<br />

ersten brauchbaren Quantencomputer. Wie weit genau es noch zum Ziel ist, weiss niemand. Bis das<br />

Rennen entschieden ist, könnte es noch Jahrzehnte dauern – oder auch nur ein paar Jahre.<br />

«Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen,<br />

aber ein riesiger Sprung für die<br />

Menschheit.» Wer kennt ihn nicht, diesen<br />

Satz, den der amerikanische Astronaut Neil<br />

Armstrong sprach, als er am 21. Juli 1969 als<br />

erster Mensch den Mond betrat. Die USA<br />

hatten den Wettlauf zum Erdtrabanten gewonnen.<br />

Ein gigantischer Prestigeerfolg inmitten<br />

des Kalten Kriegs – wenn auch damals<br />

niemand so recht wusste, wofür ein solcher<br />

Ausflug zum Mond eigentlich gut sein soll.<br />

Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach<br />

der Mondlandung und mehr als 30 Jahre<br />

nach dem Ende des Kalten Kriegs, liefern<br />

sich Wissenschafter, Ingenieure und Informatiker<br />

einen anderen Wettbewerb, in dem<br />

es durchaus Parallelen zu beobachten gibt:<br />

den Wettlauf um den ersten universellen<br />

Quantencomputer.<br />

Quantenüberlegenheit – erst bei<br />

Google, dann in China<br />

Eine Nasenlänge voraus scheint – zumindest<br />

bei vordergründiger Betrachtung – in diesem<br />

Wettlauf derzeit China zu sein: Forscher der<br />

University of Science and Technology of China<br />

berichteten in der Dezemberausgabe 2020<br />

des Fachmagazins «Science», ihnen sei es gelungen,<br />

mit ihrem Quantencomputer «Jiuzhang»,<br />

eine Rechenaufgabe zu lösen, für die<br />

der aktuell schnellste klassische Supercomputer<br />

«Fugaku» rund 600 Millionen Jahre benötigen<br />

würde. Stimmt diese Aussage, hätten<br />

die Chinesen damit «Quantenüberlegenheit»<br />

demonstriert.<br />

Es gibt keine allgemeingültige Definition,<br />

was genau unter Quantenüberlegenheit zu<br />

verstehen ist, die vorherrschende Sichtweise<br />

ist jedoch, dass «Quantum Supremacy» dann<br />

gegeben ist, wenn ein Quantencomputer ein<br />

Problem innerhalb akzeptabler Zeit lösen<br />

kann, für das ein konventioneller Supercomputer<br />

schlichtweg viel zu lange rechnen<br />

müsste. Dieses Problem kann eigens für die<br />

Demonstration der Quantenüberlegenheit<br />

erfunden und auf die Fähigkeiten des Quantencomputers<br />

zugeschnitten sein. Eine praktische<br />

Relevanz muss es nicht haben. Und<br />

genau so eine Aufgabe löste der chinesische<br />

Computer, nämlich das sogenannte Gausssche<br />

Bosonen-Sampling, bei dem Verteilung<br />

und Zustand von verschränkten Photonen<br />

nach dem Durchlaufen eines optischen Netzwerks<br />

kalkuliert werden müssen.<br />

Das ist das Einzige, was «Jiuzhang» kann.<br />

Aber das kann er angeblich rund 10 Milliarden<br />

Mal schneller als der 54-Qubit-Prozessor<br />

«Sycamore», mit dem Google 2019 erstmals<br />

Quantenüberlegenheit für sich reklamiert<br />

hatte. Google-Forscher hatten mitgeteilt,<br />

«Sycamore» könne in rund 200 Sekunden<br />

eine Spezialaufgabe lösen, für die der zu diesem<br />

Zeitpunkt schnellste Computer der Welt<br />

«Summit» von IBM etwa 10'000 Jahre<br />

bräuchte.<br />

«Sycamore» basiert auf einer völlig anderen<br />

Architektur als «Jiuzhang». Während der chinesische<br />

Computer 76 Photonen als Qubits<br />

verwendet, besteht «Sycamore» aus supraleitenden<br />

Schaltkreisen – eine Technologie, auf<br />

die neben Google auch IBM und Intel setzen.<br />

Andere Unternehmen, beispielsweise Honeywell<br />

und IonQ, haben alternative Quantencomputer-Architekturen<br />

entwickelt, die<br />

auf gefangenen Ionen basieren. Und Silicon<br />

Quantum Computing in Australien setzt auf<br />

Spin-Qubits auf Siliziumbasis – eine Technologie,<br />

die auch in der Schweiz im Rahmen<br />

eines nationalen Forschungsschwerpunktes<br />

verfolgt und vom Schweizer Nationalfonds<br />

gefördert wird.<br />

Als Google 2019 die Quantenüberlegenheit<br />

für sich beanspruchte, gab es in der Community<br />

nicht nur Beifall: Bei IBM wollte man die<br />

Quantenüberlegenheit des Rivalen nicht auf<br />

sich sitzen lassen und rechnete nach: Die<br />

Aufgabe könne von klassischen Systemen,<br />

wie dem «Summit» sehr wohl gelöst werden,<br />

und zwar in rund zweieinhalb Tagen, teilte<br />

«Big Blue» mit.<br />

Abstruse mathematische Probleme<br />

ohne praktischen Nutzen<br />

Tommaso Calarco, der am deutschen Forschungszentrum<br />

Jülich an Quantencomputern<br />

forscht, zollte dagegen Beifall: «Google<br />

ist damit ein Meisterstück gelungen», erklärte<br />

er im Interview mit dem «Spiegel», relativierte<br />

den Erfolg aber auch gleichzeitig: Der<br />

übermächtige Computer sei nur für Wissenschafter<br />

interessant, so Calarco weiter. Er<br />

habe eigens zu diesem Zweck konstruiertes<br />

«völlig abstruses mathematisches Problem<br />

IBM Research<br />

Aktueller IBM-Quantenchip «Hummingbird»<br />

mit 65 Qubits.<br />

ohne praktischen Nutzen» gelöst. Mit ihm<br />

werde man weder Codes knacken noch andere<br />

nützliche Probleme lösen können. Dafür<br />

reiche ein Chip wie der «Sycamore» mit seinen<br />

54 Quantenbits nicht aus, für einen universellen<br />

Quantencomputer brauche man<br />

Tausende oder gar Hunderttausende hochwertiger<br />

Qubits.<br />

Skalierbarkeit und Qualität der Quantenbits<br />

sind die grossen Herausforderungen auf dem<br />

Weg zum «nützlichen» Quantencomputer.<br />

Zumindest darin sind sich die Experten einig.<br />

Googles CEO Sundar Pichai räumte in<br />

einem Blogbeitrag ein, dass es «noch viele<br />

Jahre dauern wird, bis wir eine breitere Palette<br />

von realen Anwendungen implementieren<br />

können». Und auch Tommaso Calarco<br />

schätzt die Zeit auf 10 bis 20 Jahre.<br />

Roadmap für Quantenhardware<br />

Bei IBM gibt man sich optimistischer. Der<br />

Think-Tank des IT-Giganten, IBM Research,<br />

hat im vergangenen Herbst eine konkrete<br />

Roadmap für die Entwicklung leistungsfähigerer<br />

Quantenhardware vorgelegt. Der derzeit<br />

stärkste IBM-Quantenchip «Hummingbird»<br />

verfügt über 65 Qubits. Ende 2022 will<br />

man mit dem «Osprey» bereits zwei Generationen<br />

weiter sein. Er soll dann über 433<br />

Qubits verfügen, sein Nachfolger «Condor»<br />

sogar 1121. Gleichzeitig arbeiten die IBM-<br />

Forscher daran, die Qualität der – noch fehlerbehafteten<br />

– Qubits zu verbessern oder<br />

diese Fehler zumindest herausrechnen zu<br />

können. Dann wäre der Weg frei, für einen<br />

ersten nützlichen Quantencomputer.<br />

Hendrik Thielemann<br />

7


Computer<br />

Quantencomputer:<br />

Aus dem Labor ins Rechenzentrum<br />

Quantencomputer versprechen bisher unlösbare Aufgaben zu lösen. Die heutigen Quantencomputer<br />

stecken jedoch noch in den Kinderschuhen. Das dürfte sich bald ändern. IBM will bis Ende 2023 mit<br />

der Entwicklung von Hard- und Software so weit kommen, dass Quantencomputer geeignete Aufgaben<br />

besser lösen können als konventionelle Grossrechner. IBM Fellow und Forscherin Heike Riel<br />

spricht im Interview über den aktuellen Stand und die Fortschritte bei den Quantencomputern.<br />

Heike Riel, wozu brauchen wir überhaupt<br />

Quantencomputer?<br />

Bisher konnte man die Leistungsfähigkeit<br />

von herkömmlichen digitalen Computern<br />

immer weiter erhöhen, weil man es geschafft<br />

hat, auf der gleichen Fläche immer mehr<br />

Transistoren unterzubringen. Das wird jedoch<br />

immer schwieriger. Wir stossen an unumgängliche,<br />

physikalische Grenzen, die<br />

eine weitere Miniaturisierung der Transistoren<br />

in Zukunft verhindern. Gleichzeitig lassen<br />

künstliche Intelligenz, Machine Learning<br />

und gigantische Datenmengen die Anforderungen<br />

steigen. Beim Supercomputing beispielsweise<br />

möchte man für komplexe Simulationen<br />

verschiedene, ausgeklügelte<br />

multiskalige Modelle verwenden, welche<br />

heute gleichzeitig Daten in Simulationen generieren<br />

und miteinander in hoher Frequenz<br />

teilen. Darauf laufen dann gleichzeitig Machine-Learning-Modelle,<br />

die den Fokus der<br />

Simulation steuern, um anormale Aktivitäten<br />

und Verhalten zu finden.<br />

Moderne Grossrechner, wie der Supercomputer<br />

«IBM Summit», sind für solche Aufgaben<br />

ausgelegt. Man hat in den Rechenknoten IBM<br />

Power-P9-Prozessoren und GPUs, also Grafikprozessoren,<br />

mit sehr viel Speicher und<br />

enormer Bandbreite geschickt kombiniert.<br />

Mit dieser Architektur konnte man die Performance<br />

signifikant erhöhen auf 200 Billiarden<br />

Berechnungen pro Sekunde – oder 200 Petaflops<br />

und gleichzeitig die Energiemenge, die<br />

für die Berechnungen gebraucht wird, reduzieren.<br />

So arbeitet man sich auf dem Weg zum<br />

Exascale-Computer vor – also einem Computer<br />

der 1018 Gleitkommaoperationen pro Sekunde<br />

ausführen kann. Aber die Frage ist: Wie<br />

können wir danach weitergehen? Es wird also<br />

eng für klassische Computer. Darüber hinaus<br />

gibt es mathematische Probleme, die auch ein<br />

Exascale-Computer nicht lösen kann. Hier<br />

kommen die Quantencomputer ins Spiel. Sie<br />

sind nicht mehr nur Konzepte, Quantencomputer<br />

sind Realität geworden.<br />

Wozu können Quantencomputer, die es<br />

heute bereits gibt, eingesetzt werden?<br />

Bei IBM haben wir eine Roadmap vorgelegt,<br />

die aufzeigt, wie wir in den kommenden<br />

drei bis vier Jahren die Prozessoren für das<br />

Quantencomputing weiterentwickeln werden<br />

und gleichzeitig die End-to-End-Software-<br />

Architektur inklusive Anwendungen integrieren.<br />

Es gibt bestimmte Klassen von Problemen,<br />

die sich anbieten, mit Quantencomputern gelöst<br />

zu werden. Beispielsweise die Simulation<br />

von Molekülen und Materialien. Ein anderes<br />

Beispiel sind Monte-Carlo-Simulationen<br />

oder Optimierungsaufgaben, wie sie im<br />

Bank- und Finanzbereich häufig eingesetzt<br />

werden, beispielsweise bei der Risikoanalyse<br />

oder beim Festlegen von Optionspreisen. Ein<br />

Teil unserer Forschung besteht darin, Algorithmen<br />

für unterschiedliche Anwendungen<br />

zu entwickeln und zu verbessern. Dies beinhaltet<br />

auch zu belegen und zu verifizieren,<br />

dass Quantencomputer für diese Aufgaben<br />

besser geeignet sind als herkömmliche Rechner.<br />

Hierbei arbeiten wir auch mit verschiedenen<br />

Partnern in Industrie und Akademie<br />

zusammen, um interessante industrierelevante<br />

Probleme zu identifizieren.<br />

… aber wir sind jetzt in einer Phase, wo<br />

es zwar Quantencomputer gibt, aber<br />

wo man sie ausschliesslich nutzt, um<br />

Anwendungen zu entwickeln und zu<br />

demonstrieren?<br />

Im Moment gibt es keine kommerzielle Nutzung<br />

von Quantencomputern, die einen<br />

Mehrwert gegenüber einem klassischen System<br />

brächte. Aber die Entwicklung von<br />

Hardware und Anwendungen folgt einer steilen<br />

Entwicklungskurve. Quantenhardware<br />

hat sich in den vergangenen fünf Jahren<br />

enorm entwickelt, von 5 Qubits in 2016 zu 65<br />

IBM Research<br />

«Quantencomputer sind nicht mehr nur Konzepte,<br />

sie sind Realität geworden.»<br />

Zur Person: Heike Riel<br />

Heike Riel ist IBM Fellow, Head of Science & Technology und Lead of IBM Research Quantum Europe<br />

& Africa bei IBM Research in Rüschlikon. Sie ist ausserdem stellvertretende Direktorin des schweizerischen<br />

Nationalen Forschungsschwerpunkts «SPIN: Spin-Qubits in Silizium».<br />

Heike Riel erhielt verschiedene Preise und Ehrungen. Beispielsweise wurde sie zum Mitglied der<br />

Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) und zum Mitglied der deutschen<br />

Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählt. Sie erhielt die Ehrendoktorwürde der<br />

Universität Lund und wurde 2020 zum Fellow der American Physical Society gewählt.<br />

Heike Riel forscht bei IBM in Rüschlikon an<br />

Quantencomputern.<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> März 2021


Computer<br />

Qubits im letzten September. Und dieses Jahr wollen wir 127 Qubits<br />

zeigen. Unser Ziel ist es, dass wir Ende 2023 an den Punkt gelangen,<br />

an dem wir den Vorteil von Quantencomputern für bestimmte kommerzielle<br />

Anwendungen zeigen. Zu diesem Zeitpunkt wird noch nicht<br />

jedes Problem mit Quantencomputern gelöst werden können. Aber<br />

dann wird es mit jeder Verbesserung einen Schritt weitergehen.<br />

Was sind noch die Schwierigkeiten bei der Hardware? Was<br />

muss man noch verbessern?<br />

Zum einen braucht man mehr Quantenbits, und man muss deren<br />

Qualität weiter verbessern. Die Quantenbits, die wir heute haben, sind<br />

noch fehlerbehaftet. Deshalb überlegt man sich bei der Entwicklung<br />

der Algorithmen, wie man mit diesen fehlerhaften Qubits Rechnungen<br />

ausführen kann. Wir arbeiten auch daran, fehlerkorrigierte Quantenbits<br />

zu erzeugen, mit denen man dann universell einsetzbare<br />

Quantencomputer bauen kann.<br />

Die Prozessoren in den Quantencomputern von IBM müssen<br />

auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt<br />

werden. Steht der dafür nötige technische Aufwand einer<br />

praktischen Nutzung im Weg?<br />

Das hat man sehr gut im Griff. Die Kryostaten haben sich über die<br />

letzten Jahre enorm weiterentwickelt, sodass sie heute in geschlossenen<br />

Kreisläufen auf Knopfdruck funktionieren. Von daher ist der<br />

Umstand, dass die Quantencomputer bei Temperaturen von 10 bis 20<br />

Millikelvin arbeiten müssen, keine Barriere mehr.<br />

Schon heute haben wir Quantencomputer in unsere Rechenzentren<br />

gebracht und ihre Rechenleistung kann über die Cloud konsumiert<br />

werden, genauso wie die konventioneller Grossrechner. Unsere ersten<br />

Quantencomputer vor fünf Jahren, standen in speziellen Laboren,<br />

heute funktionieren sie jedoch schon sehr robust und mit hoher Verfügbarkeit<br />

im IBM-Datencenter. Und die Kollegen, die dort arbeiten,<br />

müssen auch keine Quantenphysiker mehr sein, um die Rechner zu<br />

betreiben. Natürlich ist ein Quantencomputer kein Gerät, das man in<br />

den nächsten fünf bis zehn Jahren in der Hosentasche herumtragen<br />

wird. Aber das braucht man auch nicht.<br />

Werden Quantencomputer die herkömmlichen Rechner verdrängen,<br />

oder werden sie diese eher ergänzen?<br />

Um auch die anspruchsvollsten Rechenaufgaben effizient zu bearbeiten,<br />

brauchen wir in Zukunft eine Kombination aus normalen Bits,<br />

Quantenbits und Neuronen, die nahtlos zusammenarbeiten. Für den<br />

Nutzer steht nicht die Technologie im Vordergrund, sondern dass das<br />

Problem bestmöglich gelöst wird. Das heisst, die zugrunde liegende<br />

Technologie ist dem Nutzer im Endeffekt egal. Das Ziel ist, dass ein<br />

Anwender, der beispielsweise Moleküle konstruiert oder Optimierungsprobleme<br />

löst, mit seiner gewohnten Software weiterarbeiten<br />

kann. Sein Problem wird dann in der Ebene darunter zerlegt und auf<br />

den Maschinen gelöst, die dafür am besten geeignet sind. Das ist für<br />

uns die Zukunft des Computings.<br />

Es sieht so aus, als hätten derzeit die USA und Asien die Nase<br />

vorn bei den Quantencomputern. Ist zu befürchten, dass wir<br />

in Europa bei dieser Technologie den Anschluss verlieren?<br />

Ich denke nicht. Es gibt enorme Investitionen und sehr fähige Forschungsgruppen<br />

in Europa. Viele Länder investieren derzeit sehr viel<br />

Geld, um eigene Quantencomputer zu bauen – obwohl es bereits<br />

Quantencomputer gibt und deren Weiterentwicklung auch rasch fortschreitet.<br />

Dies darf man nicht übersehen und muss jetzt auch in die<br />

Nutzung der Quantencomputer investieren. Firmen, die diese Technologie<br />

nutzen wollen, können nicht zehn Jahre warten, bis jeder seinen<br />

eigenen Quantencomputer gebaut hat.<br />

«Natürlich ist ein Quantencomputer<br />

kein Gerät, das man in den nächsten<br />

fünf bis zehn Jahren in der Hosentasche<br />

herumtragen wird. Aber das<br />

braucht man auch nicht.»<br />

In Ehningen in der Nähe von Stuttgart wird demnächst der erste<br />

Quantencomputer ausserhalb der USA stehen, der für Forschungseinrichtungen<br />

und Industrieunternehmen über ein Fraunhofer-Kompetenznetzwerk<br />

zugänglich ist. Das ist für uns ein toller Erfolg. Wir wollen<br />

die Zusammenarbeit der verschiedenen Nutzer fördern. Meiner<br />

Meinung nach sollten Quantencomputer keine Prestigeobjekte sein,<br />

die dann von einzelnen Akteuren oder in einzelnen Ländern exklusiv<br />

genutzt werden. Genau wie heute jeder konventionelle Computer nutzen<br />

kann, sollte auch der Zugang zu Quantencomputern für alle möglich<br />

sein – unabhängig davon, wo sie erfunden oder gebaut wurden.<br />

Wir haben bereits heute einige Quantencomputer über die Cloud zugänglich<br />

gemacht. Hier kann sich jeder einloggen und Quantencomputer<br />

benutzen.<br />

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9


Computer<br />

Piz Daint: Auf dem Gipfel der Forschung<br />

Sechs Jahre lang war der Computer «Piz Daint» des Swiss National Supercomputing<br />

Centre in Lugano der leistungsstärkste Superrechner Europas. Dank kontinuierlicher Weiterentwicklung<br />

ist er auch heute noch einer der wichtigsten Rechner in Europa und ein zentrales<br />

Werkzeug für die Forschung.<br />

H. Thielemann<br />

Schnellster Rechner der Schweiz: Supercomputer Piz Daint, im National Supercomputing Centre in Lugano.<br />

Leise geht es nicht zu im Maschinenraum des<br />

Swiss National Supercomputing Centre<br />

(Centro Svizzero di Calcolo Scientifico, CSCS)<br />

in Lugano. Hier stehen die leistungsstärksten<br />

Rechner der Schweiz, und deren Kühlsysteme<br />

machen soviel Lärm, dass man sich kaum<br />

noch unterhalten kann. Wer den turnhallengrossen<br />

Raum betritt, sieht sofort, wer hier<br />

der Platzhirsch ist: Vier Reihen mit mannshohen<br />

Schränken im mattschwarzen Stealth-<br />

Design: Das ist Piz Daint, das Supercomputer-Flaggschiff<br />

der Schweiz.<br />

Im Inneren der Schränke rechnen sich<br />

Tausende von Intel-Xeon-CPU und NVIDIA-<br />

Tesla-Grafikprozessoren (GPU) heiss. Zur<br />

Kühlung nutzt das CSCS Wasser aus dem Luganer<br />

See, das mit einer speziell dafür gebauten<br />

Infrastruktur mit eigener Leitung zum<br />

Rechenzentrum gepumpt wird. 27,2 Petaflops,<br />

also 27,2 Billiarden Gleitkomma-Operationen<br />

pro Sekunde, führt das aus CPU<br />

und GPU bestehende hybride System der<br />

Cray XC50 mit ihren 5704 Rechenknoten<br />

aus. Eine Erweiterung, basierend auf einer<br />

Cray XC40, die aus reinen CPU besteht,<br />

bringt noch einmal weitere 2,2 Petaflops. Der<br />

Energieverbrauch von rund 2,5 Megawatt erscheint<br />

hoch, ist jedoch nicht ungewöhnlich<br />

für einen Supercomputer. Die Stromkosten<br />

pro Jahr summieren sich auf etwa 2,5 Millionen<br />

Franken.<br />

«Für uns zählt der Nutzen, den die Wissenschaft<br />

in der Schweiz aus unseren Computern<br />

ziehen kann.»<br />

Michele De Lorenzi, Vizedirektor CSCS<br />

Für einen Computer hat Piz Daint ein geradezu<br />

biblisches Alter. Er ging bereits 2013 in<br />

Betrieb, damals mit einer Leistung von sieben<br />

Petaflops. Von da an wurde der Rechner<br />

in enger Zusammenarbeit mit den Hardwareherstellern<br />

kontinuierlich weiterentwickelt,<br />

um den Forscherinnen und Forschern<br />

ein hocheffizientes System zur Lösung wissenschaftlicher<br />

und gesellschaftlich relevanter<br />

Fragestellungen zu ermöglichen. Zugleich<br />

investierte das Zentrum in die Softwareentwicklung,<br />

um den Supercomputer effizient<br />

nutzen zu können, das heisst komplexe und<br />

aufwendige Berechnungen in nützlicher Frist<br />

und energieeffizient zu lösen. 2016 wurde Piz<br />

Daint für rund 40 Millionen Franken zum<br />

weltweit ersten Cray-XC50-Supercomputer<br />

aufgerüstet. Das machte ihn vorübergehend<br />

zum drittschnellsten Computer der Welt. Im<br />

aktuellen Top500-Supercomputer-Ranking –<br />

Stand November 2020 – liegt er heute zwar<br />

auf dem zwölften Platz, ist aber nach wie vor<br />

einer der leistungsstärksten in Europa.<br />

Dass Piz Daint nun langsam nach hinten durchgereicht<br />

wird, bereitet Michele De Lorenzi<br />

keine schlaflosen Nächte. «Für uns zählt der<br />

Nutzen, den die Wissenschaft in der Schweiz<br />

aus unseren Computern ziehen kann», sagt<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> März 2021


Computer<br />

der Vizedirektor des CSCS. Ein Mass hierfür<br />

seien in erster Linie die daraus resultierende<br />

Publikationen mit ihren Resultaten. Die blosse<br />

Zahl der Gleitkommaoperationen sei dagegen<br />

ein wenig geeigneter Massstab. Natürlich<br />

müsse man viel Rechenleistung<br />

bereitstellen, mindestens ebenso wichtig sei<br />

aber die Nutzbarkeit und die Einbettung des<br />

Supercomputers in den Workflow der Wissenschafter,<br />

die den Rechner nutzen. Im<br />

Zeitalter von Cloud Computing und künstlicher<br />

Intelligenz versteht sich das CSCS nicht<br />

nur als Rechenzentrum, sondern als Anbieter<br />

einer kompletten serviceorientierten Forschungsinfrastruktur.<br />

Insgesamt hat das «User Lab» des CSCS Wissenschafterinnen<br />

und Wissenschaftern in der<br />

Schweiz und als Teil des europäischen Supercomputer-Verbundes<br />

PRACE (Partnership<br />

for Advanced Computing in Europe) im Jahr<br />

2019 fast 40 Millionen «Knotenstunden»<br />

(Rechenstunden mal Anzahl der eingesetzten<br />

Knoten) zur Verfügung gestellt. Grösster<br />

«Einzelkunde» war die ETH Zürich, die 22<br />

Prozent der Rechenkapazität in Anspruch<br />

nahm, gefolgt von der EPF Lausanne und der<br />

Universität Zürich mit je 15 Prozent.<br />

«Unsere Rechner helfen Probleme lösen, bei<br />

denen Theorie und Experiment an ihre Grenzen<br />

stossen», erklärt Michele De Lorenzi.<br />

«Sie können dort, wo Mikroskope beispielsweise<br />

Zellprozesse oder Materialeigenschaften<br />

nicht mehr auflösen können, kleinste<br />

Prozesse durch Simulationen sichtbar machen.<br />

So helfen sie beispielsweise, neue Medikamente<br />

oder Materialien zu finden, die<br />

von hoher gesellschaftlicher Relevanz sind.»<br />

Oft handele es sich um Simulationen und<br />

Datenanalysen. 38 Prozent der Nutzung entfallen<br />

auf Chemie und Materialwissenschaften,<br />

26 Prozent auf die Physik, 13 Prozent<br />

auf die Bereiche Life Sciences und Umwelt,<br />

8 Prozent auf die Ingenieurwissenschaften.<br />

ETH Zürich gewinnt Gordon Bell Award<br />

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Softwareentwicklung.<br />

Beispielsweise haben zwei<br />

Forschungsteams der ETH Zürich 2019 den<br />

prestigeträchtigen Gordon Bell Award gewonnen,<br />

einen jährlichen Preis, der von der<br />

Association for Computing Machinery vergeben<br />

wird. Zur Entwicklung ihrer Software-<br />

Codes haben die Wissenschafter Piz Daint<br />

eingesetzt.<br />

Supercomputer brauchen viel Energie. Infrastruktur für die Stromversorgung des CSCS.<br />

Die schnellsten Supercomputer der Welt<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Der schnellste Computer der Welt ist benannt nach einem japanischen Comic-Helden: Der von Fujitsu<br />

und Riken entwickelte Fugaku steht im Riken Center for Computational Science in Kobe. Eine Rechen-<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

▶ www.top500.org<br />

In fast allen Forschungsbereichen sind Supercomputer<br />

zum zentralen Werkzeug geworden,<br />

und die Nachfrage nach der Rechenleistung<br />

des CSCS übersteigt das Angebot bei<br />

Weitem. Deshalb entscheidet ein wissenschaftliches<br />

Expertengremium zweimal jährlich<br />

über die Allokation der Rechenzeit auf<br />

die eingegangenen Anfragen. «Auch eine<br />

Maschine mit zehnmal mehr Rechenleistung<br />

wird mehr als ausgelastet sein, um Simulationen<br />

mit immer höherer Auflösung durchzuführen»,<br />

ist Michele De Lorenzi überzeugt.<br />

Derzeit läuft die Beschaffung des Nachfolgers<br />

von Piz Daint. Details zum neuen Computer<br />

verrät Michele De Lorenzi nicht. Aber an einem<br />

lässt der Informatiker keine Zweifel: Genau<br />

wie seinerzeit der Piz Daint wird auch<br />

der Nachfolger ein sehr innovativer Computer<br />

sein. «Wir investieren immer in neuste<br />

Technologien.»<br />

▶ www.cscs.ch<br />

Roland J. Keller<br />

Hendrik Thielemann<br />

«Auch eine Maschine mit zehnmal mehr Rechenleistung<br />

wird mehr als ausgelastet sein, um<br />

Simulationen mit immer höherer Auflösung<br />

durchzuführen.» Michele De Lorenzi<br />

<br />

11


Computer<br />

Neuer Bauplan für stabilere Quantencomputer<br />

PSI-Forscher haben einen Plan entwickelt, um Quantencomputer weniger fehleranfällig zu machen.<br />

Ihr Baukonzept und unterstützenden Berechnungen haben sie nun im Fachblatt «PRX Quantum»<br />

<br />

Manuel Grimm ist theoretischer Physiker am Paul-Scherrer-Institut und beschäftigt sich mit den<br />

Grundlagen, auf denen zukünftige Quantencomputer aufbauen könnten.<br />

Forscher am Paul-Scherrer-Institut (PSI)<br />

haben einen detaillierten Plan vorgelegt, wie<br />

sich schnellere und genauere Quantenbits<br />

erschaffen liessen. Die zentralen Elemente<br />

sind dabei magnetische Atome aus der Klasse<br />

der sogenannten Seltenen Erden, die gezielt<br />

in das Kristallgitter eines Materials eingebracht<br />

würden. Jedes dieser Atome stellt ein<br />

Quantenbit dar. Die Forscher haben aufgezeigt,<br />

wie diese Quantenbits aktiviert, miteinander<br />

verschränkt, als Speicher-Bits genutzt<br />

und ausgelesen werden könnten.<br />

Auf dem Weg zu Quantencomputern sind<br />

zunächst sogenannte Quantenbits nötig:<br />

Speicher-Bits, die anders als die klassischen<br />

Bits nicht nur die binären Werte Null und<br />

Eins annehmen können, sondern auch jede<br />

beliebige Kombination dieser Zustände.<br />

«Damit wird eine ganz neue Art von Berechnung<br />

und Datenverarbeitung möglich, die<br />

für spezifische Anwendungen eine enorme<br />

Beschleunigung der Rechenleistung bedeutet»,<br />

erklärt der PSI-Forscher Manuel<br />

Grimm, Erstautor einer neuen Fachpublikation<br />

zum Thema Quantenbits.<br />

In dieser beschreiben die Autoren, wie sich<br />

logische Bits und ihre Verknüpfungen zu<br />

grundlegenden Rechenoperationen in einem<br />

magnetischen Festkörper realisieren liessen –<br />

mit einzelnen Atomen aus der Klasse<br />

der Seltenen Erden, die in das Kristallgitter<br />

einer Trägersubstanz eingebaut wären.<br />

«Unsere Methode, die Quantenbits zu<br />

aktivieren und zu verschränken, ist mindestens<br />

um den Faktor zehn schneller.»<br />

Manuel Grimm, PSI<br />

PSI/ M. Fischer<br />

Mittels Quantenphysik rechnen die Autoren<br />

vor, dass der Kernspin der Seltenen-Erde-<br />

Atome als Informationsträger, also als Quantenbit,<br />

geeignet wäre. Sie schlagen weiterhin<br />

vor, dass gezielte Laserpulse die entscheidende<br />

Information kurzzeitig auf die Ebene der<br />

Elektronen des Atoms übertragen und so die<br />

Quantenbits aktivieren könnten, was eine<br />

weiter reichende Sichtbarkeit der Information<br />

für die umgebenden Atome bedeutet.<br />

Zwei derart aktivierte Quantenbits kommunizieren<br />

miteinander und lassen sich dabei<br />

«verschränken». Verschränkung ist eine<br />

besondere Eigenschaft von Systemen mit<br />

mehreren Quantenteilchen, die besonders<br />

für Quantencomputer essenziell ist: Das<br />

Messergebnis eines Quantenbits hängt dann<br />

direkt vom Messergebnis anderer Quantenbits<br />

ab und umgekehrt.<br />

Schneller bedeutet weniger<br />

fehleranfällig<br />

Die Forscher zeigen auf, wie sich mit diesen<br />

Quantenbits logische Gatter der Art «kontrolliertes<br />

NOT-Gate» (engisch: controlled<br />

NOT gate, kurz: CNOT gate) herstellen<br />

liessen. Logische Gatter sind die grundlegenden<br />

Bausteine, mit denen auch klassische<br />

Computer Berechnungen ausführen. Schaltet<br />

man genügend solche CNOT-Gatter sowie<br />

Einzel-Quantenbit-Gatter zusammen, wird<br />

jede erdenkliche Rechenoperation möglich.<br />

Sie bilden somit die Basis für Quantencomputer.<br />

Damit ist diese Arbeit zwar nicht die erste,<br />

die quantenbasierte logische Gatter vorschlägt.<br />

«Unsere Methode, die Quantenbits<br />

zu aktivieren und zu verschränken, hat aber<br />

gegenüber bisherigen vergleichbaren Vorschlägen<br />

einen entscheidenden Vorteil: Sie ist<br />

mindestens um den Faktor zehn schneller»,<br />

so Grimm. Dabei geht es jedoch nicht nur<br />

um die Schnelligkeit, mit der ein darauf aufbauender<br />

Quantencomputer rechnen könnte,<br />

sondern vor allem um die Fehleranfälligkeit<br />

des Systems. «Quantenbits sind nicht<br />

sehr stabil. Wenn die Verschränkungsprozesse<br />

zu langsam sind, wird es wahrscheinlicher,<br />

dass einige der Quantenbits zwischenzeitlich<br />

ihre Information verlieren», erklärt Grimm.<br />

Was die PSI-Forscher also letztlich entdeckt<br />

haben, ist eine Möglichkeit, diese Art Quantencomputer<br />

nicht nur mindestens zehn Mal<br />

so schnell zu machen, sondern zudem um<br />

denselben Faktor weniger fehleranfällig als<br />

bisherige, vergleichbare Systeme.<br />

▶ www.psi.ch<br />

Laura Hennemann<br />

PSI<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Computer<br />

Physiker entwickeln Quelle für Einzelphotonen<br />

Die neue Einzelphotonenquelle beruht auf<br />

Anregung eines Quantenpunkts (dargestellt als<br />

Wölbung unten links), der daraufhin Photonen<br />

aussendet. Ein Mikro-Hohlraum sorgt dafür,<br />

dass die Photonen in eine optische Faser geleitet<br />

werden und an deren Ende wieder austreten.<br />

Uni Basel<br />

Forscherinnen und Forscher der Universität<br />

Basel und der Ruhr-Universität Bochum haben<br />

eine Quelle für einzelne Photonen entwickelt,<br />

die Milliarden dieser Quantenteilchen<br />

pro Sekunde produzieren kann. Mit ihrer rekordverdächtigen<br />

Effizienz stellt die Photonenquelle<br />

ein neues und leistungsfähiges Element<br />

für Quantentechnologien dar.<br />

Quantenkryptografie verspricht absolut abhörsichere<br />

Kommunikation. Eine Schlüsselkomponente<br />

sind dabei einzelne, aneinandergereihte<br />

Photonen. In den Quantenzuständen<br />

dieser Lichtteilchen lassen sich Informationen<br />

speichern und über grosse Distanzen<br />

übertragen. Künftig könnten entfernte Quantenprozessoren<br />

über einzelne Photonen miteinander<br />

kommunizieren. Und vielleicht wird<br />

der Prozessor selbst Photonen als Quantenbits<br />

zum Rechnen verwenden.<br />

Eine Grundvoraussetzung für derlei Anwendungen<br />

sind jedoch effiziente Einzelphotonenquellen.<br />

Ein Forschungsteam um Prof.<br />

Dr. Richard Warburton, Natasha Tomm und<br />

Dr. Alisa Javadi von der Universität Basel<br />

berichtet nun gemeinsam mit Kollegen aus<br />

Bochum im Fachblatt «Nature Nanotechnology»<br />

von der Entwicklung einer Einzelphotonenquelle,<br />

welche bisher bekannte Systeme<br />

an Effizienz deutlich übertrifft.<br />

«Trichter» lenkt Lichtteilchen<br />

Jedes Photon wird dabei durch die Anregung<br />

eines einzelnen «künstlichen Atoms» (eines<br />

Quantenpunkts) innerhalb eines Halbleiters<br />

erzeugt. Normalerweise verlassen diese Photonen<br />

den Quantenpunkt in alle möglichen<br />

Richtungen und so geht ein Grossteil verloren.<br />

Bei der nun vorgestellten Photonenquelle<br />

haben die Forscher dieses Problem gelöst, indem<br />

sie den Quantenpunkt in einem «Trichter»<br />

positioniert haben, um alle Photonen in<br />

eine bestimmte Richtung zu schicken.<br />

Bei dem «Trichter» handelt es sich um einen<br />

neuartigen Mikro-Hohlraum, der die eigentliche<br />

Innovation des Forschungsteams darstellt:<br />

Der Mikro-Hohlraum fängt fast alle<br />

Photonen ein und leitet sie dann in eine optische<br />

Faser. Die jeweils etwa zwei Zentimeter<br />

langen Photonen treten am Ende der optischen<br />

Faser aus.<br />

Der Wirkungsgrad des gesamten Systems –<br />

also die Wahrscheinlichkeit, dass die Anregung<br />

des Quantenpunkts tatsächlich zu einem<br />

verwendbaren Photon führt – ist mit 57<br />

Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei<br />

bisherigen Einzelphotonenquellen. «Das ist<br />

ein besonderer Moment für uns», sagt Studienleiter<br />

Warburton. «Wir wissen schon seit<br />

ein oder zwei Jahren, was im Prinzip möglich<br />

ist. Jetzt haben wir es geschafft, unsere Ideen<br />

in die Praxis umzusetzen.»<br />

Enorm gesteigerte Rechenleistung<br />

Die Effizienzsteigerung habe bedeutende<br />

Konsequenzen, so Warburton weiter:<br />

«Verdoppelt man die Effizienz für die Generation<br />

eines einzelnen Photons, summiert<br />

sich diese Verbesserung bei einem String aus<br />

beispielsweise 20 Photonen auf den Faktor<br />

eine Million. In Zukunft möchten wir unsere<br />

Einzelphotonenquelle noch besser machen:<br />

Wir möchten sie vereinfachen und einige ihrer<br />

unzähligen Anwendungen in Quantenkryptografie,<br />

Quantenrechnern und anderen<br />

Technologien verfolgen.»<br />

Das Projekt wurde vom Schweizerischen<br />

Nationalfonds, dem Nationalen Forschungsschwerpunkt<br />

«Quantum Science and<br />

Technology» (NCCR QSIT) und der Europäischen<br />

Union im Rahmen des Programms<br />

Horizon2020 gefördert.<br />

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13


Computer<br />

Die erste intuitive Programmiersprache<br />

für Quantencomputer<br />

Informatiker der ETH Zürich haben eine Sprache entwickelt, die das Programmieren von Quantencomputern<br />

einfacher macht und es erlaubt, die Potenziale dieser Rechner besser auszunutzen.<br />

ETHZ<br />

An dieser Stelle setzen Martin Vechev und<br />

seine Gruppe mit der Programmiersprache<br />

Silq an. «Silq ist die erste Quantenprogrammiersprache,<br />

die sich nicht primär an der<br />

Bau- und Funktionsweise der Hardware orientiert,<br />

sondern an der Denkweise der Programmierenden,<br />

die ein Problem lösen wollen<br />

und dafür nicht jedes Detail der<br />

Rechnerarchitektur und der Implementierung<br />

verstehen müssen», sagt Benjamin<br />

Bichsel, Doktorand in Vechevs Gruppe, der<br />

die Entwicklung von Silq betreut.<br />

ETH-Informatiker haben die erste Programmiersprache für Quantencomputer formuliert, die<br />

auch komplexe Rechenaufgaben elegant, einfach und sicher lösen kann.<br />

Das Programmieren von Quantencomputern<br />

wird einfacher: Computerwissenschaftler der<br />

ETH Zürich haben die erste Programmiersprache<br />

entworfen, mit der man Quantencomputer<br />

ähnlich einfach, zuverlässig und<br />

fehlerfrei programmieren kann wie klassische<br />

Computer. «Die Programmierung von<br />

Quantencomputern ist bis heute eine Herausforderung<br />

für die Forschung», sagt ETH-<br />

Informatikprofessor Martin Vechev vom Secure,<br />

Reliable and Intelligent Systems Lab<br />

(SRI). «Unsere Quantenprogrammiersprache<br />

Silq erlaubt es Programmierern, die Potenziale<br />

der Quantencomputer besser zu nutzen<br />

als mit bisherigen Sprachen, da ihre Codes<br />

kürzer, schneller und für Programmierende<br />

intuitiver und leichter zu verstehen sind», erläutert<br />

Vechev weiter.<br />

Wie Programmierer denken<br />

Das Potenzial der Quantencomputer wirklich<br />

auszuschöpfen, erfordert nicht nur die<br />

neueste Technologie, sondern auch eine<br />

Quantenprogrammiersprache, um die Quantenalgorithmen<br />

zu beschreiben. Grundsätzlich<br />

stellt ein Algorithmus ein «Rezept» dar,<br />

um ein Problem zu lösen, und eine Programmiersprache<br />

beschreibt den Algorithmus so,<br />

dass ein Computer die benötigten Berechnungen<br />

ausführen kann.<br />

Heute sind Quantenprogrammiersprachen<br />

stark an die Hardware angelehnt, das heisst,<br />

sie beschreiben genau das Verhalten der zugrundeliegenden<br />

Schaltkreise. Für Programmiererinnen<br />

und Programmierer sind solche<br />

«Hardwarebeschreibungssprachen» umständlich<br />

und fehleranfällig, da man die einzelnen<br />

Programmanweisungen sehr detailliert<br />

ausformulieren und entsprechend viele<br />

Einzelheiten der Implementierung von Quantenalgorithmen<br />

explizit ausdrücken muss.<br />

«Silq erlaubt es, die Potenziale der<br />

Quantencomputer besser zu nutzen<br />

als mit bisherigen Sprachen.»<br />

Prof. Martin Vechev, ETH Zürich<br />

Computersprachen, die von den technischen<br />

Details des jeweiligen Computertyps abstrahieren,<br />

bezeichnen Informatikerinnen und<br />

Informatiker als höhere Programmiersprachen.<br />

Für Quantencomputer ist Silq die erste<br />

höhere Programmiersprache überhaupt. Höhere<br />

Programmiersprachen sind ausdrucksstärker,<br />

das heisst, sie können auch komplexe<br />

Aufgaben und Algorithmen mit weniger Text<br />

(Code) ausdrücken. Das macht sie für Programmiererinnen<br />

und Programmierer verständlicher<br />

und einfacher in der Verwendung.<br />

Zudem kann man sie auf verschiedene<br />

Rechnerarchitekturen anwenden.<br />

Fehlerfrei dank automatischer<br />

Müllabfuhr<br />

Die wichtigste Neuerung und Erleichterung,<br />

die Silq für Quantenprogrammiersprachen<br />

einführt, betrifft eine Fehlerquelle, die das<br />

Quantenprogrammieren bisher erschwerte:<br />

Jeder Computer berechnet eine Aufgabe in<br />

mehreren Zwischenschritten. Dabei entstehen<br />

Zwischenergebnisse, sogenannte temporäre<br />

Werte. Um den Arbeitsspeicher zu entlasten,<br />

werden diese Werte bei klassischen<br />

Computern automatisch entfernt.<br />

Informatikerinnen und Informatiker sprechen<br />

hier von «Garbage Collection» oder von<br />

«Müllabfuhr», weil die überflüssigen Zwischenwerte<br />

entsorgt werden. Bei Quantencomputern<br />

ist diese Entsorgung wegen der<br />

Quantenverschränkung nicht so einfach: Die<br />

früheren Rechenwerte können mit den aktuellen<br />

wechselwirken und die korrekte Berechnung<br />

stören. Entsprechend erfordert die<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Computer<br />

Bereinigung solcher temporärer Werte auf<br />

Quantencomputern eine fortgeschrittene<br />

Technik, die in der Fachsprache «uncomputation»<br />

genannt wird.<br />

«Silq ist die erste Quantenprogrammiersprache,<br />

die nicht mehr benötigte Werte automatisch<br />

erkennt und entsorgt», erklärt Bichsel.<br />

Dafür nutzten die Informatiker ihr Knowhow<br />

der klassischen Programmiersprachen.<br />

Ihre automatische Müllabfuhr verwendet<br />

nämlich nur Programmierbefehle, die frei<br />

sind von speziellen Quantenoperationen –<br />

sie ist «qfree», wie Vechev und Bichsel sagen.<br />

«Silq ist ein wichtiger<br />

Durchbruch auf dem<br />

Weg zu einer optimalen<br />

Programmierung von<br />

Quantencomputern,<br />

der letzte Entwicklungsschritt<br />

ist sie nicht.»<br />

Martin Vechev<br />

«Unser Viererteam hat den Durchbruch nach<br />

zwei Jahren Arbeit dank der Kombination<br />

verschiedener Expertisen in Sprachdesign,<br />

Quantenphysik und Implementierung geschafft.<br />

Wenn nun andere Forschungs- und<br />

Entwicklungsteams unsere Neuerungen aufgriffen,<br />

wäre das ein schöner Erfolg», schliesst<br />

Bichsel.<br />

Florian Meyer<br />

ETH Zürich<br />

«Silq ist ein wichtiger Durchbruch auf dem<br />

Weg zu einer optimalen Programmierung<br />

von Quantencomputern, der letzte Entwicklungsschritt<br />

ist sie nicht», sagt Vechev. Noch<br />

gibt es viele offene Fragen. Dadurch, dass<br />

«Silq» verständlicher ist, erhoffen sich Vechev<br />

und Bichsel sowohl Impulse für die Weiterentwicklung<br />

der Quantenprogrammiersprachen<br />

als auch für die Lehre und die Entwicklung<br />

neuer Quantenalgorithmen.<br />

Originalpublikation<br />

Bichsel B, Baader M, Gehr T, Vechev M. Silq: A high-level quantum language with safe uncomputation<br />

and intuitive semantics. PLDI 2020: Proceedings of the 41st ACM SIGPLAN Conference on Programming<br />

Language Design and Implementation, June 2020, 286–300. doi: 10.1145/3385412.3386007<br />

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Management, Technology, and Economics<br />

Online<br />

Informationsanlässe<br />

8. und 25. März 2021<br />

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Sind Ingenieure<br />

die besseren Manager?<br />

Wir sind davon überzeugt.<br />

Absolventinnen und Absolventen der ETH Zürich zählen zu den<br />

gefragtesten Führungskräften in der Schweiz. Machen Sie den nächsten<br />

Schritt in Ihrer Karriere mit dem Master of Advanced Studies ETH<br />

in Management, Technology, and Economics – kurz MAS ETH MTEC.<br />

15


Computer<br />

Magnetbänder: Totgesagte leben lang<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Erinnern Sie sich noch an die Zeiten, als es<br />

noch keine Festplatten gab? Da speicherten<br />

wir unsere Daten auf Disketten. 1,4 Megabyte<br />

konnte eine normale 3,5-Zoll-Diskette<br />

speichern. Und davor? Da benutzte man Magnetband.<br />

Ende der 1970er-Jahre speicherte<br />

die als Zubehör für Commodore-Heimcomputer<br />

erhältliche «Datasette» rund 100 Kilobyte<br />

pro Seite auf einer 60-Minuten-Musikkassette.<br />

Heute produzieren wir ganz andere Datenmengen.<br />

Schätzungen besagen, dass die weltweite<br />

Datenmenge im Jahr 2025 175 Zettabyte<br />

erreichen wird. Ein Zettabyte entspricht<br />

einer Billion Gigabyte. Doch wohin mit all<br />

den Daten? Die einzige Technologie, die mit<br />

dem massiven Wachstum digitaler Daten<br />

umgehen kann und sie vor Angriffen der Cyberkriminalität<br />

schützt, ist mehr als 60 Jahre<br />

alt. Es ist das Magnetband. Auch heute noch<br />

werden in den grössten Rechenzentren der<br />

Welt Magnetbänder eingesetzt, wenn es darum<br />

geht, grosse Datenmengen dauerhaft zu<br />

archivieren.<br />

Mit der Datasette haben diese Magnetbänder<br />

freilich wenig gemein. Sie speichern weitaus<br />

grössere Datenmengen. Im Dezember haben<br />

Forscher des IBM Research Centers in<br />

Rüschlikon den Prototypen eines partikelförmigen<br />

Magnetbandes präsentiert, den sie<br />

gemeinsam mit Fujifilm entwickelt haben.<br />

Das Band kann auf einem Quadratzoll<br />

317 Gigabyte speichern, rund 27-mal so viel<br />

wie aktuelle, kommerzielle Bandlaufwerke.<br />

Das ist Weltrekord, und zwar bereits der<br />

sechste, den die Forscher von IBM und<br />

Fujifilm seit 2006 gemeinsam aufgestellt haben.<br />

Eine einzelne Bandkassette kann rund<br />

580 Terabyte an Daten speichern. Das entspricht<br />

786'977 CDs, die aufeinandergestapelt<br />

einen 944 Meter hohen Turm ergeben<br />

würden – höher als der Burj Khalifa, das<br />

höchste Gebäude der Welt.<br />

Bildquelle<br />

<br />

<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Computer<br />

Neues Material mit höherer Speicherdichte<br />

Kommerziell erhältliche Magnetbänder sind<br />

heute oft mit Partikeln aus Bariumferrit<br />

(BaFe) beschichtet. Um die Speicherdichte<br />

weiter zu erhöhen, brachten die Fujifilm-<br />

Chemiker ein neues Material aus ihren Laboren<br />

hervor: Strontiumferrit (SrFe). Die<br />

kleineren SrFe-Partikel ermöglichen eine<br />

höhere Speicherkapazität bei gleichbleibender<br />

Bandfläche.<br />

Die IBM-Forscher steuerten eine ganze Reihe<br />

weiterer Technologien bei, um den Rekord<br />

zu brechen, darunter eine neue reibungsarme<br />

Bandkopftechnologie, die die Verwendung<br />

von sehr glatten Bandmedien gestattet, und<br />

einen Detektor, der die zuverlässige Erkennung<br />

von Daten erlaubt, die auf die SrFe-Medien<br />

mit einer linearen Dichte von 702 Kbit<br />

pro Zoll geschrieben wurden, wenn sie mit<br />

einem nur 29 Nanometer breiten TMR-Lesesensor<br />

ausgelesen werden. Ausserdem entwickelten<br />

die Experten bei IBM eine Reihe neuer<br />

servomechanischer Technologien, die es<br />

ermöglichen, den Lesekopf mit einer Weltrekordgenauigkeit<br />

von 3,2 Nanometern zu<br />

positionieren, während das Band mit einer<br />

Geschwindigkeit von rund 15 km/h über den<br />

Kopf läuft.<br />

Billig, haltbar, sicher<br />

Der Weltrekord bedeutet gegenüber einer aktuellen<br />

LTO8-Magnetbandkassette eine Verbesserung<br />

der Kapazität um das 50-fache<br />

und gegenüber einem aktuellen Enterprise-<br />

Class-Bandprodukt von IBM immer noch<br />

eine Steigerung um den Faktor 29. Derart<br />

leistungsfähig bleiben Magnetbänder auch<br />

in der Zukunft erste Wahl – und zwar nicht<br />

nur für Sicherung und Archivierung riesiger<br />

Datenmengen, sondern auch für neue Anwendungen,<br />

beispielsweise in hybriden<br />

Cloud-Umgebungen.<br />

«Tape is Dead, Disk is Tape, Flash is Disk,<br />

RAM Locality is King», lautet ein berühmtes<br />

Zitat des Microsoft-Forschers Jim Gray aus<br />

dem Jahr 2006. Inzwischen scheint klar, dass<br />

Gray irrte. Das totgesagte Magnetband wird<br />

auch in absehbarer Zukunft seinen Platz in<br />

der Computerwelt haben. Es sind gleich eine<br />

ganze Reihe von Faktoren, die Bänder als<br />

Speichermedien attraktiv machen: Da sind<br />

zunächst die niedrigen Kosten. Die Speicherung<br />

von Daten auf Band kostet nur wenige<br />

Cent pro Gigabyte. Ein weiterer Faktor ist die<br />

Langlebigkeit: Daten, die heute auf Band aufgezeichnet<br />

werden, werden bei richtiger Lagerung<br />

auch in 30 Jahren noch lesbar sein.<br />

Bänder können zudem eine entscheidende<br />

Rolle beim Schutz vor Cyberangriffen und<br />

Ransomware spielen, denn ein Band zu verschlüsseln<br />

oder gar zu löschen, dauert viel<br />

länger als der gleiche Vorgang bei einer Festplatte<br />

oder gar einer SSD. Zudem können<br />

Bänder relativ einfach und schnell physisch<br />

und logisch von allen Verbindungen getrennt<br />

werden.<br />

Hendrik Thielemann<br />

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Mit Vorsprung in<br />

die Zukunft<br />

Weiterbildungen am Puls der Zeit.<br />

Hier eine Auswahl:<br />

– CAS Predictive Maintenance<br />

– CAS Lean Management für technische<br />

Fach- und Führungskräfte<br />

– DAS Mathematik für Lehrpersonen an<br />

Berufsmaturitätsschulen<br />

Jetzt anmelden:<br />

www.zhaw.ch/engineering/weiterbildung<br />

Online-Infoabend:<br />

3. März / 21. April 2021<br />

17


Aus- und Weiterbildung<br />

ABB Technikerschule<br />

5400 Baden<br />

www.abbts.ch<br />

Berner Fachhochschule<br />

Architektur, Holz und Bau<br />

2504 Biel<br />

ahb.bfh.ch<br />

Berner Fachhochschule<br />

Technik und Informatik<br />

2501 Biel<br />

ti.bfh.ch<br />

ETH Zürich, MAS ETH MTEC<br />

Weinbergstrasse 56/58<br />

8092 Zürich<br />

www.mas-mtec.ethz.ch<br />

Fachhochschule<br />

Nordwestschweiz<br />

Hochschule für Technik<br />

5210 Windisch<br />

www.fhnw.ch/technik<br />

Fernfachhochschule FFHS<br />

3900 Brig<br />

<br />

OST<br />

Ostschweizer Fachhochschule<br />

8640 Rapperswil<br />

www.ost.ch<br />

Hochschule Luzern –<br />

Technik & Architektur<br />

6048 Horw<br />

www.weiterbildung.hslu.ch<br />

Hochschule Luzern –<br />

Wirtschaft<br />

6002 Luzern<br />

www.weiterbildung.hslu.ch/<br />

wirtschaft<br />

IBZ Schulen AG<br />

5000 Aarau<br />

www.ibz.ch<br />

Fachhochschule<br />

Graubünden<br />

7004 Chur<br />

www.fhgr.ch<br />

Kalaidos Fachhochschule<br />

Jungholzstrasse 43<br />

8050 Zürich<br />

www.kalaidos-fh.ch<br />

Department of Innovative<br />

Technologies<br />

6928 Manno-Lugano<br />

www.supsi.ch/dti<br />

<strong>SWISS</strong>MEM Academy<br />

8400 Winterthur<br />

www.swissmem-academy.ch<br />

ZHAW Life Sciences und<br />

Facility Management<br />

8820 Wädenswil<br />

www.zhaw.ch/ifm<br />

ETH und HSG<br />

lancieren gemeinsames<br />

Weiterbildungsprogramm<br />

Die ETH Zürich und die Universität St. Gallen (HSG) lancieren ein gemeinsames<br />

Executive-MBA-Programm, das Emba X. Die beiden universitären<br />

Hochschulen kombinieren für das Weiterbildungsprogramm ihr Know-how<br />

aus Technologie und Management sowie ihre Netzwerke.<br />

Der neue Nachdiplom-Studiengang Emba X, der<br />

im Februar 2022 startet, vereint die Stärken der<br />

Universität St. Gallen in der Weiterbildung für Unternehmensführung,<br />

Nachhaltigkeit, Strategie und<br />

Firmentransformation mit dem Wissen der ETH<br />

Zürich im Bereich Technologiemanagement. Der<br />

Studiengang entstand in Zusammenarbeit der Executive<br />

School of Management, Technology and Law<br />

(ES-HSG) der Universität St. Gallen und des Departements<br />

für Management, Technologie und<br />

Ökonomie der ETH Zürich.<br />

Weiterbildung mit nachhaltiger Wirkung<br />

Der 18-monatige Studiengang Emba X vermittelt<br />

neben Grundlagen aus den Bereichen Führung,<br />

Technologie und General Management viel angewandtes<br />

Wissen. Im Rahmen sogenannter Sprint-<br />

Wochen erarbeiten die Studierenden beispielsweise<br />

Lösungen zu einem aktuellen Thema. Auch bauen<br />

sie mittels «Skill Building Interventions» ihre<br />

Sozial- und Führungskompetenzen aus.<br />

«Die zunehmende Komplexität unserer Welt stellt<br />

bestehende Denk- und Handlungsweisen infrage<br />

und erfordert neue Fähigkeiten für Top-Führungspersonen»,<br />

sagt Prof. Bernhard Ehrenzeller, Rektor<br />

der Universität St. Gallen. «Mit der Zusammenarbeit<br />

zwischen der ETH und der HSG werden traditionelle<br />

Lehrmethoden der Managementfächer<br />

durch einen integrativen und innovativen Lernansatz<br />

ergänzt.»<br />

ETHZ/ G. M. Castelberg<br />

Prof. Karolin Frankenberger, Co-Direktorin des<br />

Emba X, fügt an: «Unser neues Programm entwickelt<br />

verantwortungsvolle Führungskräfte, die über<br />

die Denkweise, das Wissen und die Fähigkeiten<br />

verfügen, Management- und Technologiefragen zu<br />

integrieren, um eine positive, nachhaltige Wirkung<br />

für ihr Team, ihre Organisationen und die Gesellschaft<br />

zu erreichen.»<br />

Pool an verantwortungsvollen<br />

Führungskräften<br />

Führungskräfte sind heute mit vielfältigen Ansprüchen<br />

konfrontiert: Mitarbeitende suchen etwa immer<br />

häufiger nach einer sinnstiftenden Tätigkeit,<br />

der rasante technologische Fortschritt verlangt,<br />

dass Führungspersonen flexibel auf Veränderungen<br />

reagieren, und nicht zuletzt wird verantwortungsvolles<br />

Handeln von Führungskräften gegenüber<br />

der Gesellschaft gefordert.<br />

Mit dem neuen EMBA-Programm sollen Führungskräfte<br />

aus der Wirtschaft darin geschult werden,<br />

solche gesellschaftlichen Veränderungen aufzunehmen<br />

und mit den wirtschaftlichen Zielen<br />

ihres Unternehmens in Einklang zu bringen. Stefano<br />

Brusoni, ETH-Professor und Co-Direktor von<br />

Emba X, sagt: «Neue Technologien geben uns die<br />

Möglichkeit, gesellschaftliche Probleme und geschäftliche<br />

Bedürfnisse anzugehen, schaffen aber<br />

auch neue Herausforderungen für Führungskräfte.<br />

Sie müssen lernen, wie sie die widersprüchlichen<br />

Ziele unterschiedlicher Interessengruppen aus<br />

Wirtschaft und Gesellschaft in Einklang bringen<br />

können.»<br />

Prof. Sarah Springman, Rektorin der ETH, ergänzt:<br />

«Mit unserem Programm möchten wir Führungspersonen<br />

dabei unterstützen, ihr volles Potenzial<br />

auszuschöpfen und einen nachhaltig positiven Einfluss<br />

auf ihre Mitarbeitenden, ihr Unternehmen<br />

und schliesslich die Gesellschaft auszuüben.»<br />

▶ www.embax.ch<br />

ZHAW School<br />

of Engineering<br />

8401 Winterthur<br />

www.zhaw.ch/engineering<br />

Hauptgebäude der ETHZ. Die Zürcher Hochschule<br />

spannt mit der Uni St. Gallen zusammen, um ein<br />

neues EMBA-Programm anzubieten.<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Energie & Umwelt<br />

Eine Sicherung für alle Fälle<br />

Ein Westschweizer Forscherteam hat ein neuartiges, adaptives Schutzsystem entwickelt,<br />

das auf Stromverteilnetze mit einem hohen Anteil an Photovoltaikanlagen oder anderen<br />

dezentralen Kraftwerken zugeschnitten ist.<br />

EWO<br />

Vom EWO-Unterwerk Hugschwendi im hinteren Melchtal (OW) gehen mehrere Mittelspannungsleitungen ab. Jede von ihnen wird von einem Schutzsystem<br />

gegen Überlastung geschützt.<br />

Strom hat neben allem Nutzen auch eine gefährliche<br />

Seite. Das weiss jeder, der schon<br />

einmal einen Stromschlag erlitten hat. Glücklicherweise<br />

kommt es nur selten zu ernsthaften<br />

Unfällen mit Strom. Dafür sorgen die<br />

über 600 Schweizer Verteilnetzbetreiber mit<br />

umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen. Sicherheit<br />

bedeutet: Wenn irgendwo ein gefährlich<br />

starker Strom fliesst, wird die Leitung<br />

sofort unterbrochen. Schutzschalter gibt<br />

es in jedem Haushalt, aber auch an verschiedenen<br />

Stellen des Stromnetzes, beispielsweise<br />

in jedem Unterwerk, wo der Strom von<br />

Hoch- auf Mittelspannung transformiert<br />

wird. So auch im Unterwerk Hugschwendi<br />

ganz hinten im Melchtal im Kanton Obwalden.<br />

Eine 16 Kilovolt-Mittelspannungsleitung<br />

des Elektrizitätswerks Obwalden<br />

(EWO) versorgt von hier aus 420 Kunden im<br />

Wander- und Skigebiet Melchsee-Frutt mit<br />

Elektrizität.<br />

Hier garantieren intelligente Relais auf der<br />

Grundlage der UMZ-Strategie (kurz für: ‹unabhängiger<br />

Maximalstrom-Zeitschutz›) den<br />

Schutz der Leitungen. Der Maximalstrom ist<br />

in diesem konkreten Fall auf 480 Ampere (ca.<br />

2,5-facher Nennstrom der Leitung) festgelegt,<br />

die Zeit auf 0,8 Sekunden. Das heisst:<br />

Fliesst durch die Mittelspannungsleitung,<br />

beispielsweise als Folge eines Kurzschlusses,<br />

ein Strom von mehr als 480 Ampere, wird die<br />

Leitung nach 0,8 Sekunden über einen Leistungsschalter<br />

automatisch unterbrochen.<br />

«Mit dieser traditionellen Schutzfunktion,<br />

die manchmal noch von zusätzlichen Sicherheitselementen<br />

unterstützt wird, erreichen<br />

wir einen sicheren Betrieb unseres Stromnetzes»,<br />

sagt der EWO-Netzschutzverantwortliche<br />

Markus Ettlin. Zu einer Unterbrechung<br />

des Stroms im Unterwerk kommt es selten. In<br />

den Verästelungen jedes Mittelspannungsnetzes<br />

sind nämlich weitere Schutzrelais mit<br />

noch kürzerer Unterbrechungszeit eingebaut.<br />

Die zeitliche Staffelung sorgt dafür, dass im<br />

Fall einer sicherheitsbedingten Unterbrechung<br />

der Stromversorgung immer möglichst<br />

wenig Stromkunden betroffen sind.<br />

Schutzsysteme neu denken<br />

Schutzsysteme dieser Art sind nicht nur im<br />

Melchtal, sondern in der ganzen Schweiz und<br />

natürlich auch im Ausland im Einsatz. Sie gewährleisten<br />

bis anhin eine sichere Stromver-<br />

19


Energie & Umwelt<br />

SynchroFAP-Schlussbericht<br />

Genève (SIG). Um die Problemlage aufzuzeigen,<br />

hat das Projektteam um Pavanello einen<br />

kleinen Teil des SIG-Mittelspannungsnetzes<br />

im Gebiet von Troinex-Carouge-Saconnex<br />

d’Arve und Veyrier im Computer nachgebildet.<br />

Mit dieser Modellierung untersuchten<br />

die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

das Verhalten des Netzes bei einem Defekt,<br />

während dezentrale Kraftwerke viel Strom<br />

einspeisen. Für Schutzsysteme ergibt sich dadurch<br />

nämlich eine neue Situation, waren<br />

diese in der Vergangenheit doch für Stromnetze<br />

konzipiert, die aus grossen Kraftwerken<br />

gespeist werden und nicht aus zahlreichen<br />

kleinen, dezentralen Kraftwerken.<br />

Im Zusammenarbeit mit der EPFL wurde ein Teilnetz der SIG in Echtzeit simuliert, um den Schutzalgorithmus<br />

SynchroFAP in einer HIL-Umgebung (Hardware-in-the-Loop) zu testen.<br />

sorgung. Doch in Zukunft könnte eine Anpassung<br />

der Schutzsysteme erforderlich<br />

werden, sagt Prof. Davide Pavanello, Stromnetz-Experte<br />

an der Fachhochschule Westschweiz<br />

(HES-SO Valais-Wallis) in Sitten.<br />

«Die herkömmlichen Schutzsysteme basieren<br />

auf fixen Schwellenwerten für Stromflüsse,<br />

und sie werden nicht mehr zuverlässig<br />

funktionieren, wenn die Ströme in den Verteilnetzen<br />

durch viel dezentrale Einspeisung<br />

beispielsweise aus Photovoltaikanlagen stark<br />

schwanken.» Davide Pavanello war Leiter eines<br />

vom Bundesamt für Energie (BFE) unterstützten<br />

Forschungsprojekts mit dem Namen<br />

SynchroFAP (Synchrophasors for adaptive<br />

protection), das während der letzten zwei<br />

Jahre mit akademischen und industriellen<br />

Partnern ein Konzept für adaptive Schutzsysteme<br />

untersucht hat.<br />

Einer der Projektpartner war der Genfer Verteilnetzbetreiber<br />

Services Industriels de<br />

Das «GridLab» an der Walliser Fachhochschule (HES-SO Valais-Wallis) in Sion. Adaptive Schutzsysteme<br />

sind ein innovatives, bisher noch wenig bearbeitetes Forschungsthema.<br />

HES-SO Valais-Wallis<br />

<br />

Bei einem hohen Anteil an dezentraler Erzeugung<br />

können theoretisch zwei Fehlfunktionen<br />

die Schutzsysteme beeinträchtigen.<br />

Die eine wird als «blinding» bezeichnet: In<br />

diesem Fall erkennt das Schutzrelais am Anfang<br />

der Leitung in der Trafostation nicht<br />

mehr den gesamten Kurzschlussstrom, der<br />

weiter unten in der Leitung auftritt. Das<br />

Schutzsystem ist also «blind» für den Fehler.<br />

Bei der zweiten Störung ist die Situation umgekehrt:<br />

Das Schutzrelais einer Leitung reagiert<br />

auf einen Fehler in einer anderen Leitung,<br />

was zu einer unerwünschten<br />

Abschaltung der gesunden Leitung führt<br />

(«sympathetic tripping», auf Deutsch ungefähr<br />

«beiläufiges Auslösen»).<br />

Das Projektteam von SynchroFAP untersuchte<br />

mit seinem Modell, ob und wie oft<br />

diese beiden Fehlfunktionen in der Zukunft<br />

eintreten werden, wenn das Netz so viel dezentrale<br />

Erzeugung enthält, wie der Kanton<br />

Genf bis 2030 vorsieht (Versiebenfachung<br />

der PV-Leistung gegenüber 2018 auf 350<br />

MWp). Die Forscher gingen davon aus, dass<br />

eine Photovoltaikproduktion mit einer kumulierten<br />

Leistung von 12 MW in das modellierte<br />

Teilnetz eingespeist wird, was etwa<br />

2000 Photovoltaikanlagen auf einzelnen<br />

Häusern oder drei Anlagen wie der von Palexpo<br />

in Genf entspricht. In den Versuchsreihen<br />

wurden zwar keine Fälle von Fehlfunktionen<br />

des Typs «sympathetic tripping»<br />

beobachtet, jedoch trat mehrfach das Phänomen<br />

des «blinding» auf: Das Schutzrelais<br />

löste kein Signal zur Unterbrechung des<br />

Stromflusses aus, auch wenn die betreffende<br />

Versorgungsleitung überlastet war. Die genannten<br />

Störungen betrafen dabei nur<br />

schwere Fehler, bei denen sich mehrere Phasen<br />

berühren (zweiphasig oder dreiphasig),<br />

nicht aber Fehler, die durch den Kontakt einer<br />

einzelnen Phase mit Erde entstehen<br />

(einphasig).<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Energie & Umwelt<br />

Schutzeinstellungen werden laufend angepasst<br />

Um das Phänomen des «blinding» in Mittelspannungsnetzen zu vermeiden,<br />

schlagen die Westschweizer Wissenschaftler ein adaptives<br />

Schutzkonzept vor. In diesem Fall reagiert das Schutzsystem nicht<br />

auf die Überschreitung fester, sondern variabler Schwellenwerte, die<br />

kontinuierlich an die aktuelle Netzsituation, insbesondere die Einspeisung<br />

von Photovoltaikanlagen, angepasst werden. Das bedeutet<br />

dann zum Beispiel: Wird gerade viel PV-Strom ins Netz eingespeist,<br />

wird der Schwellenwert des Schutzrelais abgesenkt, damit dieses im<br />

Fall eines Kurzschlusses den Fehlerstrom erkennt und den Stromkreis<br />

unterbricht.<br />

Das Lausanner Start-up Zaphiro Technologies war an allen Phasen<br />

des Projekts beteiligt und hat das adaptive Schutzkonzept technisch<br />

umgesetzt. Damit der SynchroFAP-Algorithmus funktioniert, muss<br />

das betreffende Mittelspannungsnetz an ausgewählten Netzknoten<br />

mit speziellen Messgeräten (Phasor Measurement Units/PMU) ausgestattet<br />

sein. Die PMU messen in der Regel 50-mal pro Sekunde die<br />

Kennwerte (Amplitude, Frequenz, Phasenwinkel) von Spannung und<br />

Strom. Um aus diesen Daten den aktuellen Netzzustand ableiten zu<br />

können, werden die PMU über ein GPS-Signal sehr genau synchronisiert.<br />

«Wir nutzen die PMU-Spannungsmessungen, um das Schutzsystem<br />

jederzeit optimal anzupassen», erklärt Zaphiro-Co-Gründer<br />

Dr. Lorenzo Zanni. Die Funktionsfähigkeit von SynchroFAP wurde in<br />

einer Simulation des SIG-Netzes von Veyrier nachgewiesen. Die Simulationsumgebung<br />

stammt aus dem Labor von Prof. Mario Paolone<br />

an der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL),<br />

von dessen Kompetenz das Projekt durchgehend profitiert hat.<br />

«Mit unserem adaptiven Schutzsystem<br />

können wir mehrstündige<br />

Blackouts und grosse Schäden<br />

am Netz vermeiden.»<br />

Marco Pignati, Zaphiro<br />

SIG beabsichtigt Installation eines Pilotprojekts<br />

«Mit unserem adaptiven Schutzsystem können wir mehrstündige<br />

Blackouts und grosse Schäden am Netz vermeiden», ist Zaphiro-Mitgründer<br />

Dr. Marco Pignati überzeugt. Die SIG zeigen denn auch Interesse<br />

an dem neuen Schutzsystem, wie Michael Baranyai, bei SIG für<br />

die Unternehmenseinheit «Betrieb Stromnetz» verantwortlich, sagt:<br />

«Wir möchten die Machbarkeit dieser Technik mit einer Pilotinstallation<br />

auf einem begrenzten Teil unseres Mittelspannungsnetzes validieren,<br />

dies parallel zum konventionellen Schutzsystem.» Das Pilotnetz<br />

muss dafür mit PMU ausgerüstet werden. «PMU dienen in erster<br />

Linie dazu, Verteilnetze mit einem Echtzeit-Monitoring auszustatten<br />

mit dem Ziel, den Betrieb zu optimieren und dadurch – unter anderem<br />

– Leitungsverstärkungen zu vermeiden. Ist die Investition in<br />

PMU einmal getätigt, kann man die PMU-Daten dann auch für ein<br />

flexibles und robustes Schutzkonzept wie SynchroFAP nutzen.»<br />

Benedikt Vogel<br />

im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)<br />

unabhängig<br />

«Meine Unabhängigkeit möchte ich<br />

auch in Zukunft behalten. Deshalb ist mir wichtig,<br />

dass auch mein Altersguthaben möglichst<br />

unabhängig bleibt.»<br />

Arno Dumolein<br />

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Energie & Umwelt<br />

Stationäre Brennstoffzelle:<br />

Bosch will 2024 mit Serienfertigung starten<br />

<br />

<br />

<br />

Bosch<br />

Service aus einer Hand kommen», so Fischer<br />

weiter. «Gemeinsam mit unserem Partner<br />

Ceres Power gehen wir nun den nächsten<br />

wichtigen Schritt auf dem Weg hin zu einer<br />

Serienfertigung.»<br />

Seit August 2018 kooperiert Bosch mit Ceres<br />

Power bei der Entwicklung von Brennstoffzellen<br />

und Brennstoffzellen-Stacks. Bereits<br />

im Herbst 2019 startete Bosch eine Musterbaufertigung<br />

in Deutschland und beteiligte<br />

sich im Januar 2020 mit rund 18 Prozent an<br />

dem britischen Unternehmen. Nun wurde<br />

die Zusammenarbeit auf die Phasen bis zur<br />

Serienfertigung 2024 ausgebaut. Die Verträge<br />

legen die weitere Technologienutzung durch<br />

Bosch vom Kooperationspartner Ceres<br />

Power fest.<br />

-<br />

<br />

Bosch will 2024 mit der Serienfertigung dezentraler<br />

Kraftwerke auf Basis der Festoxid-<br />

Brennstoffzellen-Technologie beginnen und<br />

hat dazu eine vertiefende Zusammenarbeit<br />

mit Ceres Power vereinbart. Beide Unternehmen<br />

wollen nach erfolgreicher Musterbauphase<br />

nun zunächst die Vorindustrialisierung<br />

der stationären Brennstoffzelle vorantreiben.<br />

Bosch strebt dabei eine Fertigungskapazität<br />

von SOFC-Anlagen von rund 200 Megawatt<br />

Leistung pro Jahr an. Damit können rund<br />

400'000 Menschen mit Strom in ihren Haushalten<br />

versorgt werden. Das Unternehmen<br />

wird in die geplante Serienfertigung einen<br />

dreistelligen Millionenbetrag investieren. Die<br />

Produktion soll an den Standorten Bamberg,<br />

Wernau und Homburg angesiedelt werden,<br />

die Entwicklung in Stuttgart-Feuerbach und<br />

Renningen. Bosch positioniert sich damit als<br />

System-Anbieter für stationäre Brennstoffzellen<br />

mit eigener Wertschöpfung im Bereich<br />

Zelle und Stack.<br />

Die SOFC-Technologie soll unter anderem in<br />

Form kleiner dezentraler, vernetzbarer Kraftwerke<br />

in Städten, Fabriken, Gewerbe und<br />

Handel, Rechenzentren und im Bereich Elektroladeinfrastruktur<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Der Markt für die dezentrale Energieproduktion<br />

wird nach Schätzungen von Bosch bis<br />

2030 ein Volumen von 20 Milliarden Euro<br />

erreichen. Insgesamt arbeiten heute über 250<br />

Bosch-Mitarbeiter an diesem Zukunftsthema –<br />

150 mehr als vor einem Jahr.<br />

«Wir sehen die hocheffiziente Festoxid-<br />

Brennstoffzelle als einen wesentlichen Baustein<br />

für eine nachhaltige Energieversorgung.<br />

Dafür bündeln wir die Kompetenzen von<br />

Bosch über mehrere Geschäftsbereiche hinweg»,<br />

sagt Christian Fischer, der für den Unternehmensbereich<br />

Energy and Building<br />

Technology verantwortliche Geschäftsführer.<br />

«Mit stationären Brennstoffzellen-Systemen<br />

baut Bosch ein neues Geschäftsfeld auf, in<br />

dem Entwicklung, Fertigung, Vertrieb und<br />

SOFC-Anlagen sind bereits jetzt<br />

<br />

Ceres Power ist führend in der Entwicklung<br />

von innovativen Festoxid-Brennstoffzellen<br />

und Zellstapeln (Stacks). Bosch besitzt eine<br />

umfassende Technologielizenz von Ceres<br />

Power und stellt Brennstoffzellen sowie<br />

Stacks in Eigenfertigung seit 2019 her. Pilotanlagen<br />

auf Basis der Festoxid-Brennstoffzelle<br />

werden bereits an verschiedenen Bosch-Standorten<br />

erfolgreich erprobt. Die SOFC-Anlagen<br />

können heute mit umweltfreundlichem Biogas<br />

oder Erdgas betrieben werden – und sind<br />

bereits jetzt wasserstofffähig für das Energiesystem<br />

von morgen.<br />

Für Städte und Ballungszentren mit hohem<br />

Energiebedarf können SOFC-Anlagen laut<br />

Bosch die Energieversorgung nachhaltig<br />

sicherstellen – und das ohne Stickoxid-, Partikel-<br />

oder CO 2-Emissionen. Dabei ist die<br />

Festoxid-Brennstoffzelle mit einem Gesamtwirkungsgrad<br />

von mehr als 85 Prozent jedem<br />

anderen Energiewandler deutlich überlegen.<br />

Wilfried Kölscheid, verantwortlich für stationäre<br />

Brennstoffzellen bei Bosch, erläutert:<br />

«Je nach Energiebedarf lassen sich zukünftig<br />

beliebig viele Anlagen mit gleicher Leistung<br />

zusammenschalten. Über diese Vernetzung<br />

der Geräte lassen sich virtuelle Kraftwerke<br />

darstellen, die gemeinsam eine bedarfsgerechte<br />

Energieversorgung am Ort des<br />

Verbrauchs ermöglichen.»<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Energie & Umwelt<br />

MB-Microtec nimmt Recyclinganlage<br />

für Tritiumgas in Betrieb<br />

Das Mikrotechnik-Unternehmen MB-Microtec nimmt eine Anlage in Betrieb, die einen sicheren und<br />

nachhaltigen Abbau des schwach radioaktiven Isotops Tritium ermöglicht.<br />

Nach mehrjähriger Planung nimmt die MB-<br />

Microtec AG aus Niederwangen stufenweise<br />

eine weltweit einzigartige Recyclinganlage<br />

für Tritiumgas in Betrieb. Die eigens entwickelte<br />

Anlage ermöglicht einen sicheren und<br />

nachhaltigen Abbau des seltenen Isotops Tritium.<br />

Dies bestätigt den Innovationsgeist<br />

und den Nachhaltigkeitsgedanken des Familienunternehmens<br />

– und brachte der Firma<br />

eine Nomination für den begehrten Prix SVC<br />

der Region Espace Mittelland ein.<br />

Innovation und Nachhaltigkeit, das sind Themen,<br />

die sich MB-Microtec nach eigener<br />

Aussage seit jeher auf ihre Fahnen geschrieben<br />

hat. Das Mikrotechnik-Unternehmen ist<br />

die Erfinderin der Selbstleuchttechnologie<br />

Trigalight: Mit farbigem Zinksulfid beschichtete<br />

Glaskapillaren werden durch den Einsatz<br />

von Tritium zum Leuchten gebracht. Ihre<br />

Leuchtkraft hält ohne externe Energiequelle<br />

über Jahrzehnte. Eingesetzt wird Trigalight in<br />

der Sicherheits- und Autoindustrie, in der<br />

Luft- und Raumfahrt sowie in der Uhrenbranche.<br />

Mit der hauseigenen Uhrenmarke<br />

Traser Swiss H3 Hatches hat MB-Microtec<br />

die erste selbstleuchtende Uhr auf den Markt<br />

gebracht.<br />

Studiojeker<br />

Tritium Recyclinganlage bei MB-Microtec in Niederwangen.<br />

Einzigartige Recyclinganlage<br />

Bei der Herstellung von Trigalight fällt, wie<br />

bei fast jedem Produktionsverfahren, Abfall<br />

an. Dies zum Beispiel in Form von Reststücken<br />

aus dem Fertigungsprozess. Da diese<br />

schwach radioaktives Tritium enthalten,<br />

wurden die Abfälle bisher in gasdichte Zylinder<br />

eingeschweisst und zwischengelagert.<br />

Wie sich diese nachhaltig re cy celn lassen, ist<br />

beim Berner Unternehmen schon lange ein<br />

Thema. Jetzt nimmt der Einsatz für Nachhaltigkeit<br />

richtig Fahrt auf: Nach intensiver Planung<br />

wird die Recyclinganlage für Tritium,<br />

die seit vergangenem Jahr in Niederwangen<br />

steht, stufenweise unter Berücksichtigung<br />

der behördlichen Vorgaben in Betrieb genommen.<br />

Gleichzeitig wird die Anlage ständig<br />

angepasst und verbessert. Sie funktioniert<br />

im Prinzip wie die Abwasserreinigung: Das<br />

Tritium wird aus dem Trigalight extrahiert,<br />

dank eines Filters freigesetzt und kann vollumfänglich<br />

wiederverwendet werden. Die<br />

Qualität des recycelten Gases hat die Qualität<br />

von eingekauftem Tritium. Und obwohl relativ<br />

grosse Mengen von Tritium verarbeitet<br />

werden können, sind die Emissionen vergleichsweise<br />

gering. Dies war und ist für die<br />

MB-Microtec eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />

dafür, die hoch automatisierte Anlage<br />

überhaupt in Betrieb zu nehmen.<br />

Erste nachhaltige selbstleuchtende Uhr<br />

Dies ist vor allem auch in der Uhrenbranche<br />

revolutionär. Traser Swiss H3 Watches wird<br />

so zur ersten Marke, die nachhaltig produzierte<br />

selbstleuchtende Uhren anbietet. In einem<br />

zweiten Schritt sollen neben der<br />

Nicole Hänni<br />

Selbstleuchtende Trigalight-Glasröhrchen.<br />

Wiederverwertung des angefallenen Produktionsabfalls,<br />

auch verkaufte Produkte abgegeben<br />

und recycelt werden können.<br />

Mit der Inbetriebnahme der weltweit einzigen<br />

aktiven Tritium-Recyclinganlage, geht<br />

die MB-Microtec einen weiteren grossen<br />

Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Innovation<br />

– Faktoren, dank derer es die MB-<br />

Microtec aus über 240 Unternehmen auf die<br />

Liste der sechs Nominierten der Prix SVC<br />

geschafft hat. Der Preis wird am 10. März im<br />

Berner Kursaal verliehen.<br />

23


Energie & Umwelt<br />

Wer bremst, staubt<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Empa<br />

<br />

Der VW Jetta Hybrid auf dem Rollenmessstand<br />

im Empa-Motorenhaus hat bereits eine<br />

jahrelange Karriere als Flottenfahrzeug hinter<br />

sich. Seit Juli 2020 dient er, festgegurtet in<br />

der Testkammer, einem neuen Forschungszweck:<br />

Er soll Bremsstaub erzeugen, und<br />

zwar streng entlang dem normierten WLTP-<br />

Fahrzyklus, mit dem auch die Auspuffemissionen<br />

ermittelt werden.<br />

Das Interesse an Bremsstaubmessungen ist<br />

noch relativ jung: Im Juni 2016 beschloss<br />

eine Abteilung der UN-Wirtschaftskommission<br />

UNECE namens «Particle Measurement<br />

Programme Informal Working Group»<br />

(PMP IWG), dass es an der Zeit wäre, ein allgemein<br />

nutzbares Testverfahren für Bremsstaub<br />

zu entwickeln, mit dem sich Masse und<br />

Anzahl der emittierten Partikel zuverlässig<br />

feststellen lassen. Seither haben sich einige<br />

Forschungsinstitutionen, Fahrzeughersteller<br />

und Spezialfirmen für Messgeräte mit dem<br />

Thema beschäftigt. Doch das Problem ist<br />

nicht ganz einfach zu lösen.<br />

Verteilt in alle Richtungen<br />

Anderes als ein Auspuffrohr, das verlässlich<br />

in eine Richtung bläst, verteilt eine rotierende<br />

Bremse ihre Partikel in alle Raumrichtungen.<br />

Man muss die Partikel also zunächst<br />

einfangen und dann durch einen Trichter<br />

Richtung Messgerät fliegen lassen. Bei dem<br />

Prozess darf so wenig wie möglich verloren<br />

gehen: Weder dürfen leichte Partikel entweichen,<br />

noch dürfen schwere Partikel in den<br />

Leitungen liegen bleiben.<br />

Zwei weitere Komplikationen kommen dazu:<br />

Die Bremse eines Autos steckt an einer rotierenden<br />

Antriebswelle, die es für die Messung<br />

sorgfältig abzudichten gilt, damit keine Partikel<br />

entschwinden. Und eine Bremse braucht<br />

Kühlung. Beim fahrenden Auto sorgt der<br />

Fahrtwind zusammen mit Ventilationslamellen<br />

zwischen den Bremsscheiben für einen<br />

kühlenden Luftzug. Eine voll eingeschlossene<br />

Bremse auf einem Prüfstand kann dagegen<br />

schnell heisslaufen – und würde dann völlig<br />

andere Partikel produzieren als im realen<br />

Alltagsverkehr. Eine solche Messung wäre<br />

von geringem Wert.<br />

Die Arbeitsgruppe PMP IWG der UNECE<br />

löst das Problem durch eine Vereinfachung:<br />

Die gewünschten Bremsentests sollen in<br />

vollständig geschlossenen Prüfständen ablaufen.<br />

Solche Prüfstände gibt es. Sie ähneln<br />

grossen Schränken, in denen Bremsscheiben<br />

und Bremsbeläge aufeinander reiben.<br />

Getestet wird also nur ein Bauteil, nicht das<br />

ganze Auto.<br />

«Wir versuchen es auf anderem Weg», sagt<br />

Panayotis Dimopoulos Eggenschwiler, der<br />

den Versuchsaufbau an der Empa konzipiert.<br />

«Wir wollen während eines Fahrversuchs am<br />

Prüfstand alle Emissionen eines Autos<br />

gleichzeitig messen. Das hat eine grössere<br />

Aussagekraft als Daten aus einem isolierten<br />

Bremsprüfstand, die dann auf reale Verhältnisse<br />

umgerechnet werden müssen.»<br />

Luftige Spezialkonstruktion<br />

Gemeinsam mit dem Ingenieur Daniel<br />

Schreiber hat Dimopoulos Eggenschwiler<br />

eine Empa-Variante des Tests entwickelt, die<br />

nun mit ihren Ergebnissen den Vergleich mit<br />

anderen, internationalen Arbeitsgruppen bestehen<br />

muss. Bei der Empa steht mit dem<br />

VW Jetta Hybrid ein ganzes, reales Auto auf<br />

dem Prüfstand. Die Bremse des rechten Vorderrads<br />

wurde mit einem speziell konstruierten<br />

Metallgehäuse umhüllt. Ein Druckluftschlauch<br />

fördert von der Wagenfront her<br />

grosse Mengen Kühlluft in die Blechhülle,<br />

zugleich ist die Luft das Transportmedium<br />

für die abgeriebenen Bremspartikel. Diese<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Energie & Umwelt<br />

Empa<br />

«In Vorversuchen haben wir bereits festgestellt,<br />

aus welchen Bestandteilen die Partikel<br />

bestehen», sagt Dimopoulos Eggenschwiler.<br />

«Es ist vor allem Eisenoxid, das hauptsächlich<br />

von der Bremsscheibe stammt, sowie<br />

eine Reihe von Elementen wie Aluminium,<br />

Magnesium, Kalzium, Kalium und Titan, die<br />

von den Bremsbelägen her kommen.» Neben<br />

grossen, schweren Partikeln sind auch kleinere<br />

dabei, die durchaus eingeatmet und in<br />

die Lunge gelangen können.<br />

Empa-Ingenieur Daniel Schreiber im Automotive Powertrain Technology Labor.<br />

werden neben dem Schweller des Wagens in<br />

eine etwa ein Meter lange Röhre gelenkt und<br />

landen nach kurzer Flugzeit in einem 13-stufigen<br />

Kaskadenimpaktor, einem speziellen<br />

Messgerät, das Partikel nach Grösse sortiert.<br />

Nach dem Test können die Partikelfraktionen<br />

gewogen chemisch analysiert und, je nach<br />

Bedarf, auch im Elektronenmikroskop untersucht<br />

werden, etwa auf ihre Morphologie.<br />

Bremsen Hybridautos anders?<br />

Nachdem das Messverfahren nun stabil läuft,<br />

wird der VW Jetta zunächst im gesetzlich<br />

vorgeschriebenen WLTP-Zyklus betrieben<br />

und dabei seine Bremspartikel in die Zählmaschine<br />

liefern. Danach sind weitere Versuchsreihen<br />

geplant. «Wir wollen zum Beispiel<br />

herausfinden, ob Hybridautos anders<br />

bremsen als Autos mit herkömmlichem Antrieb<br />

und dadurch auch andere Emissionen<br />

verursachen», erläutert der Projektleiter. Hybridautos<br />

können auch mithilfe ihres Elektromotors<br />

bremsen und müssen die mechanischen<br />

Bremsen daher seltener einsetzen.<br />

«Mit den Messwerten wird es möglich sein,<br />

die Betriebsphasen kommender Fahrzeuggenerationen<br />

zu optimieren und die Bremsstaubemissionen<br />

besser zu kontrollieren als<br />

heute.»<br />

▶ www.empa.ch<br />

Rainer Klose<br />

Empa<br />

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25


Bahntechnik<br />

Schweizer Ingenieurskunst für die steilste<br />

Zahnradbahn der Welt<br />

Die Pilatus-Bahnen gleisen am Drachenberg die nächsten 40 Jahre auf. Anfang Februar haben die Ver-<br />

<br />

dem ursprünglichen Trassee der steilsten Zahnradbahn der Welt schrittweise acht neue Triebwagen<br />

Fahrt auf.<br />

Zuvor hatten nur Insider das Design für die<br />

neuen Triebwagen der Pilatus-Bahnen AG<br />

gesehen: Verwaltungsratspräsident Bruno<br />

Thürig und CEO Godi Koch präsentierten<br />

am 2. Februar der Öffentlichkeit erstmals die<br />

neuen Zugpferde für die Zahnradbahn zwischen<br />

Alpnachstad und Pilatus Kulm. Sie<br />

sind das Kernstück einer umfassenden technologischen<br />

Erneuerung der steilsten Zahnradbahn<br />

der Welt.<br />

Neues Design und bessere Aussicht<br />

Maximal grosse Glasfronten gewähren<br />

in den neuen Wagen eine 360-Grad-<br />

Panoramaaussicht und ein spektakuläres<br />

Fahrerlebnis. Der Designer Thomas Küchler,<br />

der am Fusse des Pilatus aufgewachsen ist,<br />

hat die neuen Triebwagen gestaltet. Die Wagen<br />

kommen im Pilatus-Rot daher, untermalt<br />

von einer LED- Beleuchtung an den Fronten.<br />

«Wir setzen auf erstklassig-stilvolle Fahrzeuge<br />

mit wertigen Materialien. Das ist für uns<br />

Erlebnisreisen im 21. Jahrhundert kombiniert<br />

mit modernster Fahrgastsicherheit», so Godi<br />

Koch, CEO der Pilatus-Bahnen AG.<br />

Pilatus-Bahnen<br />

<br />

Design der neuen Triebwagen für die steilste Zahnradbahn der Welt.<br />

Das einzigartige Zahnstangensystem, welches<br />

Eduard Locher mit seiner Mannschaft<br />

vor über 130 Jahren erschuf, zeigt kaum Verschleisserscheinungen<br />

und bleibt praktisch<br />

unverändert bestehen. Die neuen Triebfahrzeuge<br />

verkehren in Zukunft in Doppeltraktion.<br />

In Alpnachstad entsteht ein zweiter Perron.<br />

Dank diesem können die Gäste ohne<br />

zusätzliches Rangieren gleichzeitig in die<br />

acht Triebwagen einsteigen. Anstelle von<br />

Schiebebühnen werden drei neue Gleiswender<br />

– massgefertigte Unikate aus der Emmentaler<br />

Maschinenfabrik Steck – eingebaut.<br />

Diese Massnahmen sowie die etwas höhere<br />

Reisegeschwindigkeit ermöglichen die Einführung<br />

des Halbstundentakts.<br />

Leiserer und nachhaltiger Betrieb<br />

Dank eines neuen Lifts und einer verbreiterten<br />

Wartehalle erfüllt die Bergstation Pilatus<br />

Kulm die neuesten Normen für einen<br />

behindertengerechten ÖV. Zudem gewährleistet<br />

ein zukunftsweisendes Leitsystem –<br />

vom Schweizer Unternehmen Actemium<br />

LeitTec eigens für die Pilatus-Bahnen AG<br />

entwickelt – einen noch sichereren Betrieb.<br />

Die neuen Fahrzeuge sind geräuschärmer<br />

und senken dank Rekuperation den Strombedarf<br />

um 30 Prozent.<br />

Ersatz der Zugformationen aus den<br />

1930er-Jahren<br />

Das primäre Ziel des Neubauprojekts ist der<br />

Ersatz der historischen Triebwagen durch<br />

neue Zugpferde: Für das über 80-jährige<br />

Rollmaterial gibt es keine Ersatzteile mehr,<br />

die Fahrzeuge werden anfälliger für Störungen<br />

und der Unterhalt wird aufwendiger.<br />

«Ein Ersatz der alten Triebwagen ist unumgänglich,<br />

um auch in Zukunft unseren Gästen<br />

eine sichere und störungsfreie Fahrt auf<br />

den Pilatus zu garantieren», erklärt Godi<br />

Koch. Zwei Triebwagen aus den 30er-Jahren<br />

bleiben erhalten und werden in Zukunft für<br />

Extrafahrten zum Einsatz kommen.<br />

Entscheid für die nächsten 40 Jahre<br />

Insgesamt rechnet die Pilatus-Bahnen AG für<br />

das Projekt mit Kosten von 55 Millionen<br />

Schweizer Franken. Diese Investition wird<br />

grösstenteils durch eigene Mittel finanziert –<br />

aufgrund der coronabedingten Umsatzausfälle<br />

nicht vollumfänglich, wie ursprünglich<br />

geplant. Zusätzliche Aktionärs- und Bankdarlehen<br />

sichern die Realisation des Projekts.<br />

«Wir glauben an einen qualitativen Tourismus<br />

am Hausberg von Luzern. Wir investieren<br />

auch in harten Zeiten, handeln visionär<br />

und gehen konsequent unseren Weg – jetzt<br />

erst recht», hält Bruno Thürig, Verwaltungsratspräsident<br />

der Pilatus-Bahnen AG, fest.<br />

Die sorgfältig auf die sensible alpine Umwelt<br />

abgestimmten Bauarbeiten starteten am<br />

9. November 2020. Die Triebwagen liefert der<br />

Hersteller Stadler Rail stückweise an: Der<br />

erste neue Personentriebwagen soll seine<br />

Fahrt im Sommer 2021 für Testzwecke aufnehmen.<br />

Im Mai 2023 werden laut Plan alle<br />

Bauarbeiten abgeschlossen sein und die acht<br />

neuen Triebwagen im Einsatz stehen. Die<br />

Aufträge führen ausnahmslos Schweizer Unternehmen<br />

aus.<br />

▶ www.pilatus.ch<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Unternehmensführung<br />

Sie bilden sich ein, agil zu sein?<br />

Veränderungsfähigkeit wird überschätzt<br />

Die derzeitigen Veränderungen in unserer Welt sind fundamental und teils rasant schnell.<br />

Die Fähigkeit, sich zu verändern, ist zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren geworden.<br />

Brandgefährlich: Enorm viele überschätzen die Veränderungsfähigkeit ihres Unternehmens.<br />

Istockphoto<br />

Veränderungsfähigkeit muss vielerorts<br />

erst noch aufgebaut werden<br />

Die Veränderungen müssen zuerst in der<br />

Führung selbst beginnen. Die Studie zeigt,<br />

dass jedes zweite Unternehmen noch immer<br />

ein traditionelles Führungsverständnis hat,<br />

eine hierarchische, von oben diktierte Befehlsstruktur.<br />

Doch sehen wir in unserer täglichen<br />

Praxis bereits grossen Aufbruch: Immer<br />

mehr Unternehmen packen die Kernthemen<br />

entschlossen an: Vision, Mission,<br />

Werte und Führungsgrundsätze.<br />

Immer mehr Unternehmen arbeiten an ihrer Vision, Mission, Werten und ihren Führungsgrundsätzen.<br />

Fast neun von zehn Führungskräften betrachten<br />

ihr Unternehmen als wirklich veränderungsfähig.<br />

Das zeigt eine Studie von<br />

2017, für die das Beratungsunternehmen<br />

Staufen Inova 100 Schweizer Unternehmen<br />

befragte. Um festzustellen, dass sehr viele<br />

Führungskräfte die Veränderungsfähigkeit<br />

ihres eigenen Unternehmens viel zu optimistisch<br />

einschätzen, brauchen wir nicht mal<br />

eine Studie.<br />

Man bildet sich ein,<br />

selbst agil und wandlungsfähig<br />

zu sein, und<br />

überschätzt sich dabei<br />

erheblich.<br />

Schauen Sie nur mal Ihr Team an: Wie begeistert<br />

sind Ihre Führungskräfte und deren<br />

Mitarbeitenden, wenn es um das Erreichen<br />

wirklich anspruchsvoller Ziele geht? Wann<br />

haben Sie zum letzten Mal eine kommerziell<br />

echt erfolgreiche Innovation auf den Markt<br />

gebracht? Haben alle Ihre Führungskräfte<br />

eine ausgeprägte Gewinnermentalität, starke<br />

Ambitionen und ein ebenso starkes Commitment?<br />

Haben Sie selbst die Denk- und Handlungsweise,<br />

die den Erfolg und die Zukunft<br />

Ihres Unternehmens weiterhin sichern wird?<br />

Der Autor<br />

Raphael Ledergerber ist Betriebsökonom FH und hat über 20 Jahre Erfahrung in<br />

den Bereichen Führung, Strategie, Innovation, Change-Management, Marketing und<br />

Verkauf. Unter anderem war er bei Hilti im Management und baute in dieser Funktion<br />

das Service-Business auf. Heute ist er Inhaber von Ledergerber & Partner und<br />

<br />

<br />

Strategien sowie als Führungscoach. Zu seinen Kunden gehören unter anderen MEM-<br />

Industrieunternehmen, Ingenieurunternehmen und Architekturbüros.<br />

▶ www.ledergerber-partner.ch<br />

Der Grossteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

zieht auf dem Weg in die Arbeitswelt<br />

4.0 bereits sehr gut mit. Viele sind bereit, sich<br />

immer wieder neuen Aufgaben zu stellen.<br />

Die Studie belegt aber auch, dass es noch bei<br />

sieben von zehn Angestellten an erfolgskritischem<br />

Wissen fehlt, wie dem zur Internationalisierung<br />

und Digitalisierung.<br />

Immer mehr Unternehmen arbeiten an ihrer<br />

Vision, Mission, Werten und ihren Führungsgrundsätzen.<br />

Wer nicht mit der Zeit geht,<br />

geht mit der Zeit<br />

Derartige Wahrnehmungslücken sind brandgefährlich.<br />

Wer die eigenen Fähigkeiten<br />

überschätzt, wird von der Realität eingeholt<br />

und gezwungen, aus der Defensive heraus zu<br />

handeln. So bleibt Unternehmern und Führungskräften<br />

nur eines: mit der Zeit zu gehen<br />

und jetzt tiefgreifende Veränderungen einzuleiten.<br />

Unsere Erfahrung zeigt: Die halbe<br />

Miete ist, die Veränderung systematisch und<br />

beharrlich voranzutreiben.<br />

Welches sind Ihre Erfahrungen? Wo stehen<br />

Sie und Ihr Unternehmen mit der Vision,<br />

Mission, Werte und Führungsgrundsätzen?<br />

Was sind Ihre grössten Herausforderungen?<br />

Raphael Ledergerber<br />

27


Produkte<br />

SinCos-Drehgebersignale splitten und<br />

wandeln<br />

Bei anspruchsvollen<br />

Motion-<br />

Anwendungen<br />

wie der Inspektion<br />

von Wafern<br />

oder Flachbildschirmen,<br />

beim Digitaldruck, in biomedizinischen<br />

Systemen, der optischen Messtechnik oder im Maschinenbau<br />

müssen oft die Sinus-Cosinus-Signale<br />

eines Drehgebers in unterschiedlichen Auswerteeinheiten<br />

weiterverarbeitet werden, zum Beispiel<br />

um Achsen zu synchronisieren oder externe<br />

Kameras zu triggern. Für solche hochpräzisen<br />

Bewegungssteuerungen bietet ACS Motion Con-<br />

<br />

SinCos-Encoder-Multiplikator und -Splitter an. Er<br />

erzeugt aus einem eingehenden Drehgebersignal<br />

<br />

SinCos-Signale, die mit dem Original identisch sind,<br />

und zwei digitale Inkrementalsignale, bei denen die<br />

Sinus-Cosinus-Periode in bis zu 1024 digitale Impul-<br />

<br />

oder andere Auswerte- und Steuer-Geräte ohne<br />

SinCos-Encodereingänge ebenfalls das Drehgebersignal<br />

nutzen. Die maximale Eingangsfrequenz des<br />

Sinus-Cosinus-Signals liegt bei 700 kHz und die maximale<br />

Ausgangsfrequenz des Inkrementalsignals<br />

bei 25 Millionen Impulsen pro Sekunde. Ausgefeilte<br />

Kalibrierfunktionen für Filter, Verstärkung, Phasen,<br />

<br />

Der kompakte Multiplikator und Splitter ist für die<br />

Hutschienenmontage ausgelegt. Die Integration in<br />

die Anwendung erleichtern Sub-D-Stecker; zudem<br />

lässt sich per Jumper einstellen, ob die Spannungsversorgung<br />

vom Controller bzw. Antriebssystem<br />

oder einer externen Quelle kommen soll. Der<br />

EM1024 ist ab sofort lieferbar.<br />

▶ www.acsmotioncontrol.com<br />

ACS Motion Control<br />

Neuer Industrie Formlabs Fuse 1 SLS 3D-Drucker<br />

Mit dem neuen Formlabs Fuse 1 und dem speziell für<br />

diesen 3D-Drucker entwickelten Material Nylon 12, kann<br />

die Fertigung von starken, detailgenauen, funktionellen<br />

Prototypen und Bauteilen für Endanwendungen auf<br />

kleinster Fläche, komplett im eigenen Unternehmen, umgesetzt<br />

werden. Zudem kann mittels 3D-Druck die Fertigung<br />

on demand durchgeführt werden. Der Formlabs Fuse 1 erreicht mit seinem SLS-<br />

3D-Druck industrielle Leistungen. Geringe Anschaffungskosten, erschwingliche<br />

Materialien und effizientes Recycling des Nylon-12-Pulvers zeichnen das kompakte, zuverlässige<br />

System des Fuse 1 aus. Für die Pulverrückgewinnung kommt der Fuse Sift zum<br />

Einsatz. Rund um die Uhr können sofort einsetzbare Bauteile produziert werden, ohne die<br />

Wartezeiten, welche beim Einsatz von Dienstleistern gewöhnlich entstehen. Beaufsichtigt<br />

werden muss der 3D-Druck hierbei kaum. Mit einem Bauraum von 165 x 165 x 300 mm<br />

können grosse Bauteile 3D gedruckt und ein schnellerer Durchsatz erzeugt werden.<br />

Interessenten können den Drucker demnächst im Showroom von 3D-Model in Zürich in<br />

Aktion erleben. Live-Vorführungen mit den Experten von 3D-Model können sowohl vor<br />

Ort als auch online stattfinden. Vereinbart werden können die Termine über das Kontaktformular<br />

auf der Webseite von 3D-Model als auch telefonisch. Die ersten verfügbaren Termine<br />

gibt es ab Anfang März 2021.<br />

▶ www.3d-model.com<br />

Global-Shutter CMOS UV-Kamera für Machine-Vision-Anwendungen<br />

Der Schweizer Hersteller Photonfocus bringt erstmals eine UV-Kamera mit Global-Shutter-Technologie<br />

für Machine-Vision-Anwendungen auf den Markt. Die Kamera ist optimiert für UV-Applikationen,<br />

kann aber durch ihr enormes Spektrum auch im sichtbaren Bereich und im Nahinfrarot-Bereich<br />

eingesetzt werden. Beim Einsatz in der industriellen Bildverarbeitung profitiert die<br />

hochpräzise UV-Kameratechnik von der Global-Shutter-Technologie, die für scharfe Bilder von<br />

sich schnell bewegenden Objekten sorgt. Insbesondere für anspruchsvolle Inspektionsaufgaben<br />

wie beispielsweise in der Halbleiterindustrie ist die Kamera geeignet. Mit einer Bildrate von 140 fps<br />

bei voller Auflösung von 1280 x 1024 Pixel erfasst die Kamera auch äusserst schnelle Vorgänge.<br />

Darüber hinaus ist die UV-Kamera mit einem C-Mount-Objektiv-Anschluss ausgestattet und bietet<br />

mit der 10 GigE Schnittstelle einen schnellen und zuverlässigen<br />

Datentransfer. Die kompakte Kamera im industrietauglichen<br />

Gehäuse misst 59 x 59 x 102,5 mm und kann auch per<br />

Power over Ethernet mit Strom versorgt werden.<br />

▶ www.photonfocus.com<br />

3D-Model<br />

Photonfocus<br />

Rotationsdämpfer für sachte Bewegungen<br />

Neu im Sortiment von norelem sind Rotationsdämpfer: Die wartungsfreien und einbaufertigen Maschinenelemente helfen dabei, rotierende<br />

oder lineare Bewegungen kontrolliert abzubremsen und zu dämpfen. Sinnvoll ist das zum Beispiel bei kleineren Hauben, Fächern und Schubladen.<br />

Die Rotationsdämpfer verringern den Verschleiss und erhöhen die Wertigkeit der Bauteile. Deshalb kommen die Komponenten nicht<br />

nur im Maschinen- und Anlagenbau, sondern auch in der Möbelindustrie zum Einsatz. Rotationsdämpfer bewähren sich aber auch in Linearschlitten,<br />

Pneumatikzylindern und in Förderanlagen.<br />

Der Aussenkörper der Rotationsdämpfer von norelem besteht aus verzinktem Stahl, der Aufnahmeschaft<br />

ist aus Kunststoff gefertigt. Die Normteile sind in zwei verschiedenen Formen<br />

erhältlich: Bei Form A ist der Aufnahmeschaft rund, es kann zwischen einer rechtsdrehenden<br />

oder linksdrehenden Dämpfung gewählt werden. Bei Form B ist der Aufnahmeschaft rechteckig,<br />

der Rotationsdämpfer bremst die Bewegung in beide Richtungen. Wenn bei einer einseitigen<br />

Dämpfung zwei Rotationsdämpfer zum Einsatz kommen sollen, muss sowohl ein linksdrehendes<br />

als auch ein rechtsdrehendes Modell eingebaut werden. Wenn zwei gleichdrehende<br />

Ausführungen eingebaut werden, hat man den Effekt eines beidseitigen Dämpfers.<br />

Die Rotationsdämpfer sind in zwei verschiedenen Grössen und mit Drehmomenten von 1 Nm<br />

bis 8 Nm verfügbar. Die maximale Drehzahl beträgt 50 U/min. Die maximale Zyklenrate liegt<br />

bei 12/min, wobei eine Zyklenrate jeweils einer 360°-Drehung nach links und rechts entspricht.<br />

norelem<br />

Sämtliche Beschreibungen der auf dieser Seite vorgestellten Produkte beruhen auf Herstellerangaben.<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


SPECIAL<br />

BAU & ARCHITEKTUR<br />

SAM Architekten, Filippo Bolognese Images<br />

Weiterbauen<br />

für die<br />

Forschung<br />

Im Frühling 2021 ist Baubeginn<br />

für die erste Etappe des neuen<br />

Empa-Campus Dübendorf. Realisiert<br />

wird sie von Implenia und<br />

ist Teil des aus einem zweistu-<br />

werb<br />

hervorgegangenen Siegerprojekt<br />

von SAM Architekten,<br />

Zürich. Die erste Etappe sieht<br />

den Neubau eines Laborgebäudes,<br />

eines Multifunktionsgebäudes<br />

sowie eines Parkhauses vor.<br />

Die Architektursprache dieser<br />

Bauten ist funktional, elegant<br />

und vornehm zurückhaltend.<br />

Das hier gezeigte Laborgebäude<br />

besteht aus 23 neuen Laborräumen<br />

und 29 Büros in einem<br />

kompakten Bau mit hohen<br />

baudynamischen Anforderungen.<br />

Im Multifunktionsgebäude<br />

<br />

im Edelrohbau zur Verfügung.<br />

det<br />

sich unter anderem eine<br />

<br />

Campus-Platz orientierten Loggia.<br />

Für die Neubauten auf dem<br />

Empa-Campus wird eine Miner-<br />

strebt.<br />

Die Tragstruktur des<br />

Parkhauses beruht auf einer<br />

innovativen Hybrid-Bauweise.<br />

Das gesamte Projekt wird mit<br />

BIM geplant, die Ausführung<br />

erfolgt nach den Methoden von<br />

Lean Construction. Die erste<br />

Etappe soll 2023 fertiggestellt<br />

sein.


Bau & Architektur<br />

Aufgeklappte Ecken<br />

<br />

<br />

<br />

Nach 66 Jahren verliess der FC Lausanne-<br />

Sport im vergangenen November die legendäre<br />

Pontaise und zog ganz in der Nähe ins neu<br />

erbaute Stade de la Tuilière, das nach einem<br />

Wettbewerbsprojekt vom Architekturbüro<br />

:mlzd aus Biel realisiert wurde. Das Stadion<br />

liegt am Übergang vom dichten Stadtgefüge in<br />

den freien Landschaftsraum. Eine zweireihige<br />

Folge von insgesamt neun Fussballfeldern und<br />

einer Leichtathletikanlage samt Trainingszentrum<br />

bildet das Centre sportif. Das Stadion<br />

vervollständigt die Idee dieser leicht versetzten,<br />

rechteckigen Felder. Mit seiner leichten<br />

Abdrehung gegenüber den Trainingsplätzen<br />

wird der Stadionplatz als stadtseitiger Auftakt<br />

zum Sportcampus inszeniert.<br />

Die Umgebungsflächen rund um das Fussballstadion<br />

fügen sich in die Landschaft der<br />

Ebene Plaines de loup oberhalb der Stadt<br />

Lausanne ein. Das angrenzende Flughafengelände,<br />

der kleine Flusslauf «petit Flon» und<br />

die begleitenden Gehölzpflanzungen bilden<br />

dabei den kontextuellen Rahmen. Mehrere<br />

Baumgruppen setzen ein Gegenüber zum<br />

Stadionkörper und zu den Sportplätzen. Naturwiesen<br />

und Wildsträucher erweitern den<br />

Naturpark. Die grosszügigen Grünflächen<br />

prägen den Freiraum.<br />

Keine Mantelnutzung<br />

Das neue Fussballstadion ist ausschliesslich<br />

für Fussballspiele und Grossveranstaltungen<br />

konzipiert, besitzt also keine Mantelnutzung.<br />

Aufgrund des überschaubaren Programms<br />

und der Lage am Stadtrand kann der Entwurf<br />

den Fokus auf das Thema des Stadions als<br />

Sportbau richten. Mit seiner einprägsamen<br />

Struktur wird es zum Träger von Identität<br />

und Erinnerung. Seine Architektur emotionalisiert,<br />

indem die steilen Ränge die Zuschauer<br />

dicht ans Spielgeschehen führen und<br />

das niedrige Dach die Geräuschkulisse von<br />

Fangesängen verstärken kann. Damit leistet<br />

die Architektur mit baulichen Mitteln einen<br />

wesentlichen Beitrag zum Heimvorteil! Das<br />

Gebäude, die Geschichte und die Identität<br />

des FC Lausanne-Sport sollen zu einem<br />

grossen Ganzen verschmelzen.<br />

Ariel Huber<br />

Ariel Huber<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Bau & Architektur<br />

Mit dem Aufklappen der vier Stadionecken<br />

trägt das Projekt der beengten Grundstückssituation<br />

Rechnung. Die spezielle Ecklösung<br />

erlaubt einen grosszügigen, freien Besucherfluss<br />

rings um das Gebäude herum, und der<br />

Stadionplatz wird an die umgebenden Flächen<br />

angebunden. Gleichzeitig entsteht ein<br />

gedeckter öffentlicher Raum, welcher zwischen<br />

aussen und innen, zwischen Stadt und<br />

mlzd<br />

<br />

<br />

Fussballstadion vermittelt. Die Ecken dienen<br />

auch als Eingangsbereiche und geben erste<br />

Blicke auf das Spielfeld frei. So wird die Atmosphäre<br />

des Stadions bereits von aussen<br />

spürbar.<br />

Die aufgeklappten Ecken geben dem Bau<br />

auch einen eindrücklichen, unverwechselbaren,<br />

ja ikonischen Ausdruck eines Gefässes<br />

und verweisen damit auf die Stadionnutzung<br />

und das Innenleben. Die prägnante Figur ist<br />

auch im statischen Sinne relevant: Die Ecken<br />

belasten den an der oberen Kante des Baus<br />

angeordneten Ringträger auf Zug und verleihen<br />

damit den vier Aussenwänden Steifigkeit.<br />

Im Sockelbereich sind die Ecken über<br />

ein eingeschossiges Betonband untereinander<br />

verbunden. Ästhetisch wird dadurch die<br />

äussere Schale des Stadions komplettiert.<br />

Funktional und visuell erlaubt diese «Ringmauer»<br />

auch, die erdgeschossigen Nebenfunktionen<br />

wie Ess-, Zirkulations- und Aufenthaltsbereiche<br />

von der Umgebung<br />

loszulösen und ins Gebäude zu integrieren.<br />

An der Westseite hingegen zeichnet sich die<br />

Haupttribüne mit ihren besonderen Nutzungen<br />

deutlich ab. Durch eine filigrane Glashaut<br />

ist auf drei Etagen die Vielfalt der Garderoben-,<br />

Presse- und VIP-Bereiche sichtbar.<br />

Sanfte Knicke zwischen den vertikal angeordneten<br />

Glasbändern unterstützen die<br />

31


Bau & Architektur<br />

Ariel Huber<br />

Ariel Huber<br />

Das Publikum sitzt nahe am Spielfeld.<br />

Nichts lenkt vom Treiben auf dem Rasen ab.<br />

Ein Umgang hinter der obersten Sitzreihe lädt zum Flanieren ein.<br />

Wahrnehmung dieser Fassade als leichter,<br />

durchsichtiger Vorhang. Seine fragmentierten<br />

Spiegelungen brechen den gewaltigen<br />

Massstab des Gebäudes. Das Ganze dient<br />

nicht nur als Kulisse eines neuen Stadtplatzes,<br />

es schafft auch eine neue, wichtige Adresse<br />

für die Stadt Lausanne.<br />

mlzd<br />

Innere Schale mit «Mundlöchern»<br />

Eingeschrieben in die äussere Schale ist eine<br />

zweite, innere Schale, gebildet durch die<br />

Geometrie der Tribünen. In ihnen ausgesparte<br />

«Mundlöcher» gewähren Zugang in den<br />

Hexenkessel. Der Zwischenraum zwischen<br />

den zwei Schalen ist eine Art Resonanzkasten<br />

des Spielgeschehens: ein Ort der Vorfreude,<br />

des Austausches und der Begegnung. An seinen<br />

Schmalseiten fällt der Blick auf die abgetreppten<br />

Innenseiten der Ecken. Diese dienen<br />

als zusätzliche Erschliessung zwischen<br />

dem Eingangsniveau und dem zuoberst angeordneten<br />

Umlauf, der durch die erwähnten<br />

Zugbänder gebildet wird. Mit dem Konstruktionswechsel,<br />

der sich an dieser Stelle vom<br />

schweren Beton in den filigranen Stahl vollzieht,<br />

wird der Umlauf auch architektonisch<br />

hervorgehoben.<br />

So spektakulär das Äussere und die Ausblicke<br />

im Zwischenbereich sind, so ruhig bietet sich<br />

das Innere des Stadions dar. Nichts lenkt ab,<br />

die Sitzränge werden über die Ecken geführt.<br />

Die Mundlöcher sind in dieses Bild der optischen<br />

Ruhe integriert. Selbst der Businessund<br />

VIP-Bereich tanzt nicht aus der Reihe –<br />

alles muss sich dem Spektakel auf dem<br />

heizbaren Rasen unterordnen.<br />

▶ www.mlzd.ch<br />

Der Raum unter den Sitzrängen bildet eine gut mit Tageslicht versorgte Zwischenschicht.<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Bau & Architektur<br />

Der Tradition verpflichtet<br />

Das Dorf Prangins (VD) mit seinem Schloss am Genfersee erhält dieses Jahr den renommierten<br />

Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutz. Verdient hat es sich diesen nicht zuletzt durch die<br />

Selbstbehauptung inmitten eines Speckgürtels mit hohem Siedlungsdruck.<br />

Pierre Marmy/Schweizer Heimatschutz<br />

Pierre Marmy/Schweizer Heimatschutz<br />

Der Ortskern und die sie umgebenden Grünräume konnten in die Gegenwart hinübergerettet<br />

werden.<br />

Neben der als Restaurant und Hotel reaktivierten<br />

«Auberge communale» entstand durch<br />

den Abriss eines Nebengebäudes die neue<br />

«Place de la Broderie».<br />

Prangins ist vielleicht nicht gerade das<br />

sprichwörtliche Gallierdorf, dessen Bevölkerung<br />

dank einem Zaubertrank die sie umzingelnden<br />

Römer das Fürchten lehrt. Aber die<br />

kleine Gemeinde hat in der prosperierenden<br />

Grossagglomeration Lausanne-Genf durch<br />

gezielte Massnahmen dafür gesorgt, dass der<br />

Charakter des Bauerndorfs bewahrt bleibt.<br />

Es gehört zur Region La Côte, besitzt aber<br />

weniger Weinberge als gutes Ackerland. Dieses<br />

bietet auch tolle Wohnlagen; gemäss<br />

de.wikipedia.org hat sich die Bevölkerung<br />

nach 1960 innerhalb von 40 Jahren verdreifacht.<br />

Das Siedlungsgebiet von Prangins ist<br />

inzwischen mit demjenigen der westlich angrenzenden<br />

Kleinstadt Nyon lückenlos zusammengewachsen.<br />

Historisch gewachsene Werte<br />

Mit dem Wakkerpreis zeichnet der Schweizer<br />

Heimatschutz Gemeinden aus, die bezüglich<br />

Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere<br />

Leistungen vorzeigen können. Prangins<br />

hat ihn sich verdient, weil sich die Gemeinde<br />

entschieden hat, ihre Siedlungsentwicklung<br />

auf historisch gewachsenen Werten aufzubauen,<br />

diese zu stärken und weiterzuentwickeln.<br />

Ziel ist es, das erwartete Bevölkerungswachstum<br />

mit einer hohen Siedlungsqualität<br />

zu verbinden. Dabei verfolgt die Gemeinde<br />

eine aktive Investitionspolitik.<br />

Die erwähnten Werte sind über die Gemeinde<br />

hinaus von Bedeutung: Dies ist auch im<br />

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder<br />

der Schweiz (ISOS) festgehalten. Als<br />

besonders schützenswert gilt nicht nur die<br />

Schlossanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert<br />

– heute der Westschweizer Sitz des<br />

Schweizerischen Nationalmuseums –, sondern<br />

ebenso der direkt nordwestlich anschliessende<br />

historische Ortskern, zusammen<br />

mit den benachbarten Freiräumen. Auf<br />

diesem Vermächtnis ruht die Entwicklungspolitik<br />

der Gemeinde. Sie war bereit, zugunsten<br />

des Erhalts des wertvollen Ortsbildes, der<br />

Kulturlandschaften und der Parkanlagen auf<br />

bebaubares Kulturland zu verzichten. Ausserdem<br />

stärkte sie die ortsspezifische Identität<br />

durch eine sorgfältige Pflege und Weiterentwicklung<br />

der vorhandenen räumlichen<br />

Qualitäten. Vielfältige Angebote sowie Investitionen<br />

in öffentliche Freiräume aktivieren<br />

und beleben den Dorfkern als Zentrum des<br />

Gemeindelebens. Im Gemeindehaus – dem<br />

ehemaligen Bauernhof des Schlosses – sind<br />

unter einem Dach die Verwaltung, der Polizeiposten,<br />

ein kleines Lebensmittelgeschäft<br />

und eine Krippe vereint.<br />

Lobenswert findet der Schweizer Heimatschutz<br />

ausserdem die «klaren Strategien und<br />

Haltungen auf Gemeindeebene». Sie ermöglichten<br />

eine qualitative und ortsspezifische<br />

Entwicklung. Das breit abgestützte Vorgehen<br />

erlaube es, den von aussen auferlegten Wachstumsvorgaben<br />

proaktiv zu begegnen. Der<br />

kontinuierliche Beizug von externen Fachleuten<br />

aus Praxis und Theorie wirke unterstützend<br />

und helfe mit, mögliche Massnahmen<br />

zu analysieren und zu präzisieren. Durch öffentliche<br />

Wettbewerbsverfahren investiere<br />

Prangins in eine qualitätsvolle Zukunft.<br />

▶ www.heimatschutz.ch<br />

Klaus Holzhausen/Schweizer Heimatschutz<br />

Feriendestination Prangins! Südlich des<br />

<br />

<br />

mp<br />

33


Bau & Architektur<br />

Nachhaltig gebautes Recyclingcenter<br />

Der Bau des REAL Recycling Center Emmenbrücke (LU) will ökologische Massstäbe setzen.<br />

Dies verlangte von den Lieferanten zuverlässige, bedürfnisgerechte, umweltfreundliche<br />

und wirtschaftliche Lösungen.<br />

<br />

Das Neubau-Ensemble in Ibach beim Sedel<br />

entstammt einem Studienauftrag, den das<br />

Büro Huber Waser Mühlebach Architekten,<br />

Luzern, für sich entscheiden konnte. Es besteht<br />

aus einer rund 14 Meter hohen Halle,<br />

die als Recyclingcenter genutzt wird, und einem<br />

Bürogebäude in Holzbauweise. In der<br />

modular und demontabel konzipierten Holzhalle<br />

können Privatkunden und Gewerbebetriebe<br />

ihre verwertbaren Siedlungsabfälle abliefern,<br />

zudem soll in einer ersten<br />

Erweiterungsetappe eine Einstellhalle für<br />

Logistikfahrzeuge mit zugehörigen Lagerflächen<br />

erstellt werden.<br />

obs/Debrunner Acifer AG/Copyright: Debrunner Acifer AG<br />

Die elegante Hallenkonstruktion lässt sich<br />

dereinst einfach demontieren.<br />

Ökologisch beispielhaft<br />

Wo recycelt wird, soll auch die Architektur<br />

re cy cel bar sein. Dies bestimmte die Materialwahl<br />

für die Einheiten und deren Konstruktionsweise.<br />

Debrunner Acifer hat für das ökologisch<br />

beispielhafte Projekt 60 t Brennbleche,<br />

21'000 Schrauben und 1,5 km Rohre geliefert.<br />

Beim Bau der Entsorgungshalle und des<br />

Verwaltungsgebäudes verlangte der Gemeindeverband<br />

REAL von den Lieferanten zuverlässige,<br />

bedürfnisgerechte, umweltfreundliche<br />

und wirtschaftliche Lösungen. Das<br />

Resultat sind die riesige, demontierbare<br />

Holz-Stahl-Konstruktion für die Entsorgungshalle<br />

sowie der Energiestandard<br />

Minergie-A-Eco für beheizte Gebäudeteile.<br />

Die Photovoltaikanlage auf dem Dach der<br />

Entsorgungshalle arbeitet mit 1205 Modulen<br />

auf 2250 m² Fläche und erbringt eine Jahresleistung<br />

von 381 kW, was dem Stromverbrauch<br />

von rund 75 Haushalten entspricht.<br />

obs/Debrunner Acifer AG/Copyright: Debrunner Acifer AG<br />

Bleche, Schrauben, Rohre<br />

24 konisch konstruierte Stahlstützen tragen<br />

das Holzdach der Entsorgungshalle. Sie wiegen<br />

je 8 t und sind 13 m hoch. Debrunner<br />

Acifer hat der Pfister Metallbau AG für die<br />

Produktion der Stützen rund 60 t Brennbleche<br />

in 20 bis 50 mm Dicke geliefert. «Die konischen<br />

Stahlstützen sind eine Spezialkonstruktion,<br />

bezogen auf die Lastaufnahme von<br />

Doppelbindern», erklärt Gerhard Huber, Inhaber<br />

und Geschäftsführer von Pfister Metallbau.<br />

Die 24 überdimensionalen Binder<br />

aus Fichte und Tanne – 2 m hoch, 36 m lang<br />

und aus Luzerner Holz – stammen von der<br />

Hecht Holzbau AG. Der Holzspezialist hat<br />

für die Entsorgungshalle und die Fassade des<br />

Verwaltungsgebäudes rund 12'000 Spanplattenschrauben<br />

und 9000 Terrassenschrauben<br />

von Debrunner Acifer eingesetzt.<br />

Die sanitären Anlagen in der Entsorgungshalle<br />

und im Verwaltungsgebäude hat die<br />

Morelli AG installiert. «Die Leitungen für die<br />

unbeheizte Entsorgungshalle mussten frostsicher<br />

sein, und der Standard Minergie-A-<br />

Eco hat seine eigenen Spezifikationen», beschreibt<br />

CEO und Inhaber Antonello Morelli<br />

die Herausforderungen beim Bau. Zum Einsatz<br />

sind ausschliesslich zertifizierte Schweizer<br />

Produkte von Debrunner Acifer gekommen:<br />

PE-Rohre, Mapress-Edelstahlrohre,<br />

HPE-Druckrohre und das Rohr-in-Rohr-<br />

System (Pex).<br />

Seit dem 24. August 2020 können private<br />

Haushalte das Entsorgungsangebot im neuen<br />

Recyclingcenter in Ibach nutzen. Für Gewerbe-Kunden<br />

öffnete das Recyclingcenter seine<br />

Tore am 7. September 2020. Dank einer<br />

Staustrecke entlang des Recyclingcenters<br />

wird auch an Spitzentagen für ein geordnetes<br />

Verkehrsregime gesorgt. Gewerblichen Fahrzeuge<br />

führt ein direkter Weg zum Recyclingcenter,<br />

ohne dass sie die Staustrecke für Private<br />

tangieren.<br />

▶ www.d-a.ch<br />

REAL Recycling Entsorgung Abwasser Luzern<br />

Auch der Sammelbereich in der Halle ist<br />

modular aufgebaut und bedürfnisgerecht<br />

<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Bau & Architektur<br />

Risiken bei Abweichungen zu Prüfnormen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Prüflaboratorien beraten und unterstützen<br />

ihre Auftraggeber bei der Auswahl von Prüfungen<br />

zum Nachweis der Eignung von Baustoffen.<br />

Dabei geht es häufig darum, ob das<br />

vorgesehene Prüfverfahren die Fragestellung<br />

des Auftraggebers oder dessen Kunden in geeigneter<br />

Weise beantworten kann, aber auch,<br />

ob die Materialproben ausreichend für repräsentative<br />

und damit belastbare Prüfresultate<br />

sind. Was zunächst banal erscheint, erweist<br />

sich in der Praxis nicht selten als schwierig.<br />

Ein Beispiel aus der Praxis<br />

Bei einem Neubau wurde die Druckfestigkeit<br />

des Betons infrage gestellt. Deshalb erhielt<br />

ein Prüflaboratorium den Auftrag zur Entnahme<br />

von Bohrkerne zwecks Bestimmung<br />

der Druckfestigkeit. Aus Kostengründen<br />

wurde vereinbart, pro Bauteil nur zwei Bohrkerne<br />

mit einem Durchmesser von 100 mm<br />

und einer Länge von 130 mm vor Ort zu ziehen<br />

und im Laboratorium «normkonform»<br />

zu prüfen. Nachträglich informierte der Auftraggeber<br />

das beauftragte Prüflaboratorium,<br />

dass auch die Betondruckfestigkeitsklasse<br />

des verbauten Betons zu bestimmen ist.<br />

Gemäss der hierfür relevanten Norm<br />

SN EN 13791 erfordert ein repräsentatives<br />

Prüfresultat jedoch die Prüfung der Druckfestigkeit<br />

an mindestens drei Prüfkörpern<br />

eines Bauteils. Dies machte einen zweiten<br />

Bohreinsatz erforderlich. Die Folgen waren<br />

höhere Kosten und Zeitverlust.<br />

Für ein effizientes, wirtschaftliches Vorgehen<br />

hätte der Auftraggeber sein Anliegen von Anfang<br />

an klar kommunizieren müssen. So kann<br />

dann das Prüflaboratorium den Auftraggeber<br />

über die Normanforderungen informieren und<br />

ihm ein entsprechendes Vorgehen unterbreiten.<br />

Dies erfordert eine hohe fachliche Kompetenz<br />

bezüglich der anzuwendenden Prüfverfahren<br />

und auch Baustoffproduktenormen.<br />

Bedeutung der Akkreditierung<br />

Im Bauwesen kommen meist akkreditierte<br />

Prüflaboratorien zu Einsatz. Diese sind verpflichtet,<br />

ein anspruchsvolles Qualitätssicherungssystem<br />

zu unterhalten. Basierend auf<br />

einer detaillierten Kenntnis ihrer akkreditierten<br />

Prüfverfahren haben sie eine fachlich<br />

kompetente Überprüfung von Anfragen und<br />

Angeboten vorzunehmen.<br />

Was bedeutet aber eine Akkreditierung genau?<br />

Akkreditierte Prüflaboratorien müssen<br />

die Anforderungen der international gültigen<br />

Akkreditierungsnorm SN EN ISO/IEC 17025<br />

erfüllen. Ein anspruchsvolles Qualitätssicherungssystem<br />

stellt mittels Aufzeichnungen<br />

die durchgängige Rückverfolgbarkeit aller<br />

Arbeitsschritte – von der Auftragsannahme<br />

bis zum Prüfbericht und darüber hinaus – sicher.<br />

So kann später z. B. noch festgestellt<br />

werden, was beauftragt wurde, wer die Prüfkörper<br />

herstellte und nach welcher Ausgabe<br />

einer Prüfnorm geprüft wurde.<br />

Die überwiegende Anzahl der akkreditierten<br />

Prüfverfahren basieren auf Vorgaben gültiger<br />

Prüfnormen. Diese sind ohne Abweichungen –<br />

also strikt im Sinn der Vorgabe – anzuwenden.<br />

Darüber hinaus ist unter bestimmten<br />

Bedingungen die Akkreditierung von modifizierten<br />

oder neu definierten Prüfverfahren<br />

möglich. In den letzten Jahren zeigte sich,<br />

dass auch bei der Durchführung gängiger akkreditierter<br />

Prüfverfahren gültige Normvorgaben<br />

nicht immer eingehalten wurden. Die<br />

Gründe sind ganz unterschiedlicher Natur<br />

und können die Aussagen des Verfahrens relativieren<br />

oder verunklären.<br />

Fazit<br />

Abweichungen zu bestehenden Anforderungen<br />

in Prüfverfahren, welche Einfluss auf die<br />

Aussagekraft von Prüfergebnissen haben<br />

oder haben können, sind generell zu vermeiden<br />

und möglichst im Vorfeld bei der Auftragserteilung<br />

zwischen Auftraggeber und<br />

Prüflaboratorium zu klären. Hier kommt akkreditierten<br />

Prüflaboratorien eine besondere<br />

Verantwortung zu.<br />

Ein Prüflaboratorium muss in seinen Prüfberichten<br />

auf die Abweichungen gegenüber<br />

dem entsprechenden Normprüfverfahren<br />

sowie auf den entsprechenden Akkreditierungsstatus<br />

hinweisen. Sind Angaben unklar<br />

dargestellt oder weisen diese auf Abweichungen<br />

von der Prüfnorm hin, welche für den<br />

Auftraggeber nicht klar verständlich sind,<br />

sollte dieser unbedingt Rücksprache mit dem<br />

Prüflaboratorium nehmen – oder allenfalls<br />

sogar den Beschwerdeweg wählen.<br />

Akkreditierte Prüflaboratorien haben<br />

sich gemäss der Akkreditierungsnorm<br />

SN EN ISO/IEC 17025 verpflichtet, Anfragen<br />

und Beschwerden nach einem festgelegten<br />

Verfahren intern mit der nötigen Sorgfalt zu<br />

bearbeiten und in nützlicher Frist ihren Kunden<br />

eine kompetente und verbindliche<br />

Antwort zu übermitteln. Systematischer<br />

Missbrauch bzw. Abweichungen von mit<br />

Auftraggebern vereinbarten Prüfverfahren<br />

können unabhängig von vertragsrechtlichen<br />

Konsequenzen für das Prüflaboratorium<br />

auch zur Einschränkung, Suspendierung<br />

oder sogar zum Entzug der Akkreditierung<br />

führen. Die Schweizerische Akkreditierungsstelle<br />

(SAS) besitzt allerdings keine Marktaufsichtsfunktion.<br />

Im Rahmen ihrer vertraulichen<br />

Überwachungstätigkeit hat das<br />

Begutachtungsteam der SAS aber die Möglichkeit,<br />

die Nachweise zur Erledigung von<br />

Beschwerdefällen bei den Prüflaboratorien<br />

einzusehen.<br />

Auftraggeber haben die Prüflaboratorien<br />

ausreichend präzise und rechtzeitig zu beauftragen.<br />

Bestehen Unsicherheiten bei den<br />

Auftraggebern zu Prüfungen, sollen sie explizit<br />

beim Prüflaboratorium Beratung anfordern<br />

und über den Zweck der Prüfungen so<br />

umfassend informieren, dass die Prüflaboratorien<br />

die Auftraggeber optimal unterstützen<br />

können.<br />

Gemäss Ziffer NA.8.2.3.4.1 der SN EN 206 gilt,<br />

dass die schweizerischen Dauerhaftigkeitsprüfungen<br />

gemäss SIA 262/1 oder Alternativen<br />

dazu nur von dafür akkreditierten Prüflaboratorien<br />

durchgeführt werden dürfen.<br />

Betonhersteller sind im Rahmen ihrer Deklaration<br />

verpflichtet, die mit alternativen oder<br />

modifizierten Prüfverfahren geprüften Betonsorten<br />

als solche eindeutig und klar<br />

kenntlich zu machen.<br />

Abweichungen zu normierten Prüfungen<br />

oder alternative Prüfverfahren sind nur zulässig,<br />

wenn diese aus fachlicher Sicht gerechtfertigt<br />

sind und im Voraus zwischen<br />

den Vertragspartnern ausdrücklich vereinbart<br />

wurden. Andernfalls sollte der Auftraggeber<br />

diese Prüfung nicht akzeptieren und<br />

sie zurückweisen.<br />

Fernand Deillon, Christian Herbst, Frank Jacobs,<br />

Christine Merz, Andreas Queisser,<br />

Unterarbeitsgruppe der Arbeitsgruppe Beton des SIA<br />

▶ www.sia.ch<br />

35


Bau & Architektur<br />

Digitales Bauen studieren<br />

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW bietet ab Herbst 2021 einen neuen Master-Studiengang<br />

(Master of Science) zum digitalen Bauen an. Er vereint einmalig psychologische und technische Lehrinhalte.<br />

Der neue Master-Studiengang (Master of<br />

Science) nimmt die Bedürfnisse der Praxis<br />

auf. «Wir machen unsere Studierenden umfassend<br />

fit für die Digitalisierung der Baubranche.<br />

Das heisst: Wir setzen nicht nur auf<br />

technische Kompetenzen, sondern auch auf<br />

Soft Skills» sagt Prof. Nora Dainton (Foto),<br />

die den Studiengang leitet. Die Designerin ist<br />

mit zukunftsgerichteten Management-Ansätzen<br />

wie beispielsweise «Design Thinking»<br />

bestens vertraut und ist überzeugt vom Inhalt<br />

und den Lernsettings des neuen Angebots.<br />

«Wir schliessen eine der grössten derzeitigen<br />

Lücken im Schweizer Bauwesen: So gibt es<br />

zwar viele sehr gut ausgebildete Fachleute in<br />

den verschiedenen Branchen, aber kaum Expertinnen<br />

oder Experten, die über die eigene Disziplin<br />

hinaus kompetent sind und wissen, wie<br />

digitale Bauprojekten erfolgreich geleitet<br />

werden», so Dainton. Genau hier setze der<br />

neue Master-Studiengang mit dem Abschluss<br />

in «Master of Science FHNW in Virtual Design<br />

and Construction» an. Er bilde die Studierenden<br />

darin aus, digitale Werkzeuge, wie<br />

FHNW<br />

zum Beispiel Building Information Modelling<br />

(BIM), kompetent zu nutzen, vermittle<br />

diesen aber auch ein neues Mindset: Transdisziplinäres<br />

Denken und neue Arbeitsprozesse<br />

seien erforderlich, wenn ein Bauprojekt<br />

digital umgesetzt werde.<br />

«Ein Bauprojekt mit digitalen Elementen<br />

muss in Zukunft ganz anders konzipiert werden<br />

als heute», so Dainton. Der Studiengang<br />

schliesst dazu Lehrende und Studierende in<br />

sogenannten Lern-Teams zusammen. Die<br />

Studierenden eignen sich ihr Wissen mit Praxisprojekten<br />

und mittels neuen Lernkonzepten<br />

wie «Blended Learning» an, sie entscheiden<br />

selbst, ob sie lieber Vollzeit oder<br />

berufsbegleitend studieren möchten, und die<br />

Expertinnen oder Experten der FHNW stehen<br />

ihnen als Coaches zur Seite. Durch Ko-Kreationen<br />

wird gemeinsam Neues geschaffen – sowohl<br />

in virtuellen wie auch in realen Räumen auf<br />

dem modernen FHNW Campus in Muttenz.<br />

Der Studiengang kann mit den zwei Schwerpunkten<br />

«Informationsmodellierung und<br />

-management» sowie «Zusammenarbeit und<br />

Prozessgestaltung» abgeschlossen werden.<br />

Für den Studiengang qualifiziert sind Fachpersonen<br />

aus allen baunahen Disziplinen,<br />

also zum Beispiel Architekten, Bauingenieurinnen,<br />

Energie- und Umwelttechniker, Geomatikerinnen<br />

oder Facility Manager. Am<br />

16. März 2021 wird der Studiengang Interessierten<br />

im Rahmen eines Online-Infoanlasses<br />

vorgestellt.<br />

▶ Weitere Informationen und Anmeldung unter:<br />

www.fhnw.ch/master-vdc<br />

Pflanzenfaserarchitektur heute<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

Der 144 Seiten dicke Band mit 216 Fotos und<br />

112 Grafiken möchte einen wichtigen Beitrag<br />

zum ökologischen und gesellschaftlichen<br />

Wandel leisten. Der Einsatz von Baustoffen<br />

aus schnell wachsenden Pflanzen wird präsentiert<br />

als eine grosse Chance, unmittelbar<br />

eine grosse Menge CO 2 einzuspeichern und<br />

damit dem Klimawandel entgegenzuwirken.<br />

Die 50 in diesem Buch vorgestellten biogenen<br />

Bauwerke (Wohnhäuser, Schulen, Gewerbebauten,<br />

Infrastrukturprojekte, etc.)<br />

wurden aus 226 Einreichungen von der Jury<br />

des FIBRA Awards, dem weltweit ersten Preis<br />

für zeitgenössische Pflanzenfaserarchitektur,<br />

ausgewählt. Aus Bambus, Stroh, Schilf, Palmblättern,<br />

Rinde, Nordsee- oder Andengras<br />

oder sogar aus Pilzen und lebenden Pflanzen<br />

hergestellt, fördern diese inspirierenden Beispiele<br />

aus 45 Ländern – darunter auch solche<br />

in Nordeuropa – die Verwendung der reichlich<br />

vorhandenen, natürlichen, kostengünstigen<br />

und in der Verarbeitung energiesparenden<br />

Materialien.<br />

Die Autorin Dominique Gauzin-Müller hat<br />

schon 16 Bücher über ökologisch-verantwortliche<br />

Architektur und Städtebau veröffentlicht.<br />

Sie ist Ehrenprofessorin des<br />

UNESCO-Lehrstuhls für «Lehmarchitektur,<br />

Baukultur und nachhaltige Entwicklung»,<br />

Koordinatorin des TERRA und des FIBRA<br />

Awards, ausserdem Kuratorin der mit diesem<br />

Buch verbundenen Wanderausstellung. Der<br />

FIBRA Award wird getragen von Amàco,<br />

einem Forschungs- und Experimentierzentrum,<br />

das Lehm und Pflanzenfasern in<br />

ihrem einfachsten und reinsten Ausdruck<br />

untersucht.<br />

▶ <br />

html<br />

vdf<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Bau & Architektur<br />

BIM-Orientierungshilfe<br />

Im Rahmen der Initiative Wald & Holz 4.0 hat die Berner Fachhochschule BFH Hilfsmittel erarbeitet,<br />

<br />

BIM ist gemäss BFH seit Anfang 2021 zumindest<br />

in staatlichen Immobilienprojekten<br />

Pflicht. Das entscheidende Potenzial der Digitalisierung<br />

besteht in der Beitrag, den sie zu<br />

Kostentransparenz, Effizienz, Terminsicherheit<br />

und Stabilisierung der Prozesse in der<br />

Baubranche leisten kann. Mit der staatlichen<br />

BIM-Pflicht wächst nun die Motivation vieler<br />

Unternehmen, nachzuziehen und BIM anzuwenden.<br />

Die neu entwickelten Hilfsmittel<br />

wie der BIM-Kompass und die BIM-Roadmap<br />

dienen Unternehmen als Orientierungs-,<br />

Positionierungs- und Umsetzungshilfe im<br />

Kontext des digitalen Bauens.<br />

BIM-Kompass und BIM-Roadmap<br />

Das Unternehmen definiert seine BIM-Ziele<br />

und trägt diese im BIM-Kompass ein. Je nach<br />

Reifegrad der BIM-Zielformulierung ergeben<br />

sich auf dem konzentrischen Kreis die zu<br />

erreichenden Reifegrade aller zur Zielerreichung<br />

nötigen sieben Faktoren (Technologie,<br />

Kunden-/Lieferantenhandling, Benchmark,<br />

Personal, Marketing, gesetzlicher Rahmen<br />

und Treiber). Bei massgeblichen Abweichungen<br />

zwischen dem Ist- und Soll-Zustand besteht<br />

Handlungsbedarf. Alle Sektoren des<br />

BIM-Kompasses sind als Roadmap mit einer<br />

Zeitachse, welche dem BIM-Ziel entspricht,<br />

aufgezeichnet. In der zeitlichen Abfolge lassen<br />

sich die Handlungsfelder eintragen und<br />

mittels Milestones periodisch kontrollieren.<br />

BFH<br />

Der BIM-Kompass hilft nicht nur bei der «Navigierung» durch BIM, sondern erlaubt es auch, den<br />

<br />

BFH<br />

BIM-Bildungslandkarte der Schweiz<br />

Einer der wichtigsten Faktoren zur Erreichung<br />

der digitalen Transformation ist das<br />

Personal. Damit verbunden ist die Befähigung<br />

des ganzen Teams – das digitale Planen<br />

und Fertigen, aber auch die Montage – durch<br />

kompetente und anerkannte Schulungen. Die<br />

BIM-Bildungslandkarte vermittelt eine<br />

Übersicht über die aktuell angebotenen Ausund<br />

Weiterbildungen in der Schweiz.<br />

<br />

BIM-Organe und -Treiber in der Schweiz<br />

Auf der Ebene des wirtschaftlichen Umfelds<br />

veranschaulicht eine Art Big Picture der<br />

BIM-Organe und -Treiber, welche Organisationen,<br />

Verbände, Normengremien, Vereine,<br />

Forschungseinheiten, Ausbildungsstätten und<br />

Firmen im digitalen Bauen eine tragende<br />

Rolle spielen.<br />

Der BIM-Kompass, die BIM-Roadmap, das Big<br />

Picture der BIM-Organe und -Treiber mit der<br />

ergänzenden Tabelle sowie die BIM-Bildungslandkarte<br />

der Schweiz stehen den Unternehmen<br />

auf der Website der Initiative Wald & Holz<br />

4.0 zum Download zur Verfügung: www.wh40.<br />

ch/thema-auftragsabwicklung-im-bauwesen.<br />

Mit dem «Professional Certification Program»<br />

von buildingSMART International<br />

kann die BFH international standardisierte<br />

und anerkannte Weiterbildungsangebote<br />

anbieten. Absolventinnen und Absolventen<br />

erhalten nach erfolgreicher Schulungsteilnahme<br />

das «buildingSMART Zertifikat Individual<br />

Qualification». Mit dem Zertifikat<br />

werden grundlegende Kenntnisse der BIM-<br />

Methode bescheinigt.<br />

▶ <br />

bim-praxis-grundlagen-buildingsmart<br />

37


Bau & Architektur<br />

BIM optimiert Schutz vor Naturgefahren<br />

Dank optimierter Prozesse und neuer Technologien kann Building Information Modelling (BIM) auch<br />

das naturgefahrensichere Bauen fördern – so die Erkenntnis eines neuen Forschungsprojekts.<br />

Das digitale Bauwerksmodell als zentrale Informationsquelle<br />

und automatisierbare Modellprüfungen<br />

unterstützen den Gebäudeschutz<br />

vom frühen Entwurf bis in den Betrieb. Für<br />

Ingenieure sind nebst ihrer engeren Mitarbeit<br />

in frühen Planungsphasen, insbesondere<br />

die neuen Möglichkeiten für Simulationen<br />

interessant.<br />

Planen und Bauen mit Naturgefahren<br />

Die Datengrundlagen, Normen und Planungshilfen<br />

für das naturgefahrensichere Bauen<br />

sind vorhanden und grundsätzlich auch ohne<br />

BIM erfolgreich einsetzbar. Leider werden<br />

Naturgefahren oft zu spät erkannt und<br />

Schutzmassnahmen müssen nachträglich in<br />

bereits fortgeschrittene Bauprojekte eingeplant<br />

werden. Diese Situation ist in vielerlei<br />

Hinsicht unbefriedigend, denn das Tragwerk<br />

eines schlecht konzipierten Entwurfs lässt<br />

sich nicht schönrechnen. Zielführend wäre<br />

ein frühzeitiger Einbezug der Naturgefahren,<br />

wenn es noch Spielraum gibt für einfache,<br />

planerische Lösungen. Deshalb plant man<br />

Niveauanpassungen für den Hochwasserschutz<br />

der Tiefgarage oder Sperrzonen für<br />

Erdbebenwände am besten schon ab dem<br />

frühen Entwurf laufend mit. Im Idealfall sind<br />

Gebäude dank guter Konzeption und baulicher<br />

Schutzvorkehrungen permanent und ohne<br />

menschliches Zutun gut geschützt.<br />

Integrierte Planung am digitalen Zwilling<br />

Ein jüngst abgeschlossenes Forschungsprojekt<br />

«Optimierter Gebäudeschutz vor Naturgefahren<br />

mit BIM» (OGN) hat das Potenzial<br />

der BIM-Methode für den Gebäudeschutz<br />

vor Naturgefahren und insbesondere die folgenden<br />

Fragen untersucht:<br />

• Wie funktionieren die Prozesse einer risikooptimierten<br />

Planung bei Anwendung<br />

der BIM-Methode?<br />

• Welche technischen Hilfsmittel können das<br />

naturgefahrengerechte Planen und Bauen<br />

unterstützen?<br />

• Wo sind die Grenzen automatischer Modellprüfungen<br />

und wie könnten Simulationen<br />

mit digitalen Bauwerksmodellen verknüpft<br />

werden?<br />

Dabei wurden optimale Prozessabläufe am<br />

Beispiel der Naturgefahren Hagel, Hochwasser,<br />

Erdbeben und Steinschlag identifiziert. Zudem<br />

wurden Prototypen entwickelt für den Transfer<br />

von Gefahreninformation aus GIS-Systemen in<br />

BIM-Modelle sowie für planungsunterstützende<br />

Prüfungen am digitalen Bauwerksmodell.<br />

Entwicklung von Standards und Modellierungsrichtlinien<br />

Ein zentrales Problem in der noch weitgehend<br />

von proprietären Produkten geprägten<br />

BIM-Welt sind fehlende Standards: Es<br />

braucht Modellierungsrichtlinien, damit naturgefahrenrelevante<br />

Daten im offenen Datenaustauschformat<br />

Industry Foundation<br />

Classes (IFC) strukturiert abgebildet werden<br />

können. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden<br />

und einen themenübergreifenden Konsens<br />

zu erlangen, sollten solche Modelliewww.schutz-vor-naturgefahren.ch<br />

Die erhöhte Bauweise ist bei Neubauten die<br />

einfachste und wirksamste Massnahme zum<br />

<br />

Die vorausschauende und detaillierte Planung<br />

mit BIM am «digitalen Zwilling» wird helfen,<br />

optimale Lösungen bezüglich diverser Ansprüche<br />

an Gebäude zu finden. Weil sich viele<br />

Planungsfragen in frühere Phasen verschieben<br />

und ein interdisziplinäres Team erfordern,<br />

werden Ingenieure vermehrt schon den<br />

Entwurf aktiv mitgestalten können.<br />

Planungsunterstützende Modellprüfungen<br />

und Simulationen<br />

Gute planerische Lösungen erfordern solide<br />

Daten. Hier kommt das digitale Bauwerksmodell<br />

ins Spiel, welches verknüpft mit der<br />

nötigen Intelligenz den Planungsprozess unterstützen<br />

kann. Sämtliche Informationen<br />

betreffend Risiken, Schutzziele und Massnahmen<br />

können zentral in ihm festgehalten<br />

und mit externen Daten vernetzt werden –<br />

der Planungsphase entsprechend detailliert<br />

und auch maschinell interpretierbar. Dies<br />

ermöglicht semi-automatische Modellprüfungen,<br />

die speziell in den frühen Planungsphasen<br />

und beim Übergang zwischen den<br />

Phasen auf wichtige Fragen und Abklärungen<br />

aufmerksam machen, die Vollständigkeit<br />

und Konsistenz von Informationen prüfen<br />

und auf Schwachstellen hinweisen. Die umfangreichen<br />

Geometrie- und Sachdaten ermöglichen<br />

auch den Einbezug von Simulationen<br />

für die Planung und Nachweisführung.<br />

Sind die Eingangs- und Ausgangsdaten solcher<br />

Simulationen über definierte Schnittstellen<br />

und in klar strukturierter Form austauschbar,<br />

werden auch komplexe<br />

Modellierungen zu einem höheren Grad automatisierbar<br />

und können somit direkter an<br />

den Planungsprozess angebunden werden.<br />

Planungsunterstützende Modellprüfung bezüglich Hochwasser: Mit einem Volumenkörper wird<br />

<br />

<br />

gen gefunden werden.<br />

IDC, Projekt OGN<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Bau & Architektur<br />

rungsrichtlinien gemeinsam mit anderen<br />

Umwelt- und Sicherheitsthemen entwickelt<br />

werden. Nebst weiterer Pionierarbeit ist folglich<br />

eine gute Abstimmung über Themengrenzen<br />

hinweg entscheidend, um das Potenzial<br />

der BIM-Methode auszuschöpfen.<br />

Benno Staub, VKF<br />

benno.staub@vkg.ch<br />

Forschungsprojekt «Optimierter Gebäudeschutz vor Naturgefahren mit BIM»<br />

Wie BIM den Gebäudeschutz vor Naturgefahren verbessern kann, wurde in einem Forschungsprojekt<br />

der Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen und unter der Leitung des Instituts<br />

Digitales Bauen der FHNW untersucht. Weiter beteiligt waren die Hochschule für Technik und Architektur<br />

Freiburg, das Institut für Facility Management der ZHAW sowie Experten aus der Privatwirtschaft.<br />

Aktuell wird die Thematik im Rahmen des Innosuisse-Projekts «GEOL_BIM» weiter vertieft.<br />

Ausführlicher Beitrag zum Projekt und den Erkenntnissen: www.schutz-vor-naturgefahren.ch/bim<br />

▶ www.schutz-vor-naturgefahren.ch/bim<br />

GEO+ING – an der Schnittstelle von BIM und<br />

Geodaten<br />

Unter Swiss Engineering bildet die Fachgruppe der Geomatik Ingenieure Schweiz GEO+ING das Gefäss<br />

zur Vernetzung von Spezialisten an den Schnitt- und Nahtstellen von BIM und Geodaten. Sie engagiert<br />

sich in der Ausbildung und setzt sich ein für das Image der Geomatik in Politik und Gesellschaft.<br />

Der Artikel «BIM optimiert Schutz vor Naturgefahren»<br />

zeigt auf, wie vielfältig die Möglichkeiten<br />

der BIM-Methode sind und dass<br />

mit ihr auch ausserhalb der klassischen BIM-<br />

Domäne (Hoch-/Tiefbau) spannende Fragestellungen<br />

angegangen werden können. Geodaten<br />

und Geoinformationen spielen in<br />

diesem Fall eine entscheidende Rolle. Sie<br />

sind elementare Eingangsgrössen und wichtige<br />

Grundlageninformationen für das digitale<br />

Bauwerksmodell. Denn das Gebäude oder<br />

das Infrastrukturobjekt muss bezüglich der<br />

Naturgefahren den räumlichen Kontext berücksichtigen.<br />

Liegt das Gebäude in einer<br />

Gefahrenzone? Ist das Infrastrukturobjekt<br />

steinschlaggefährdet? Welche Form und welchen<br />

Verlauf hat das Gelände? Zur Beantwortung<br />

solcher Fragen werden Geodaten<br />

und Geoinformationen benötigt. Dabei spielen<br />

die Aktualität, die Qualität und die Zuverlässigkeit<br />

dieser Geodaten und Geoinformationen<br />

eine wichtige Bedeutung, und das<br />

Vorhandensein entsprechender Grundlagen<br />

ist nicht selbstverständlich.<br />

Gute Ausgangslage in der Schweiz<br />

In der Schweiz sind wir in der komfortablen<br />

Situation, dass die Generierung und Bereitstellung<br />

von hochwertigen Geodaten und<br />

Geoinformationen eine lange Tradition hat<br />

und bereits Tatsache war, lange bevor die Digitalisierung<br />

Einzug in unser Leben gehalten<br />

hat. Denken wir an die weltbekannten Landeskarten<br />

der Swisstopo oder die amtlichen<br />

Grundbuchpläne, die in Geometerbüros mit<br />

Tusche und Feder nachgeführt wurden.<br />

Die heutigen Geomatik Ingenieure und Geomatiker<br />

stellen sicher, dass diese Tradition in<br />

der digitalen Welt weitergeführt und ausgebaut<br />

wird. Sie erstellen hochwertige räumliche<br />

Grundlageninformationen mit modernsten<br />

Verfahren und Technologien und stellen<br />

diese für zahlreiche Anwendungen bereit.<br />

Vielfach und zunehmend geschieht dies auch<br />

in Form frei verfügbarer Webservices. Neben<br />

ihrem Know-how hinsichtlich Geodaten und<br />

Geoinformationen verfügen sie aber auch<br />

über Spezialistenwissen in der Vermessung<br />

und der Messsensortechnik. Sie partizipieren<br />

somit auch in den Themenbereichen Smart-<br />

City oder Internet of Things (IoT).<br />

Die Fachgruppe GEO+ING bezieht zudem<br />

bezüglich der Thematik BIM und Geodaten<br />

Position und hat sich bei der Erarbeitung des<br />

SIA Merkblattes 2051 Building Information<br />

Modelling (BIM) eingebracht. Im Anschluss<br />

an die Erarbeitung des Merkblattes engagiert<br />

sich GEO+ING heute zusammen mit anderen<br />

Berufsverbänden und Interessensvertretern<br />

der Geomatikbranche in der «Steuergruppe<br />

BIM-Geodaten». Das Ziel der<br />

Steuergruppe ist ein regelmässiger Austausch<br />

und die Koordination von Aktivitäten im<br />

Kontext von BIM und Geodaten über die<br />

Verbandsgrenzen hinaus.<br />

▶ www.geo-ing.ch<br />

Christoph Hess<br />

Vorstand GEO+ING<br />

Projektleiter HxGN Schweiz AG<br />

christoph.hess@geo-ing.ch<br />

Ausschreibung SEISMIC AWARD<br />

Die Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen vergibt im Jahr 2021 zum sechsten Mal den SEISMIC AWARD – Architektur- und Ingenieurpreis erdbebensicheres<br />

Bauen. Ausgezeichnet werden zwei architektonisch überzeugende und gemäss den SIA-Tragwerksnormen erdbebensicher gestaltete Gebäude.<br />

Sie werden mit einer Tafel versehen. Die Bauherrschaft wird durch eine Urkunde und die beteiligten Architekten und Ingenieure werden durch eine Urkunde<br />

und ein Preisgeld von 15'000 Franken pro Gebäude geehrt. Zugelassen sind neue, ertüchtigte oder erweiterte Gebäude in der Schweiz und in Liechtenstein, die<br />

2015 bis 2020 fertiggestellt wurden. Bewerbungen sind noch bis am 31. März möglich.<br />

▶ www.baudyn.ch<br />

39


Bau & Architektur<br />

NEST-Unit STEP2<br />

NEST, das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude auf dem Areal der Empa in Dübendorf,<br />

erhält eine neue Unit. STEP2 fördert Innovationen in den NEST-Schwerpunktthemen Kreislaufwirtschaft,<br />

industrielle und digitale Fabrikation sowie Gebäudehülle und Energiesysteme.<br />

Eine Wendeltreppe aus ultrahochfestem Beton<br />

bildet in mehrfachem Sinn das «Rückgrat» der<br />

zweigeschossigen Unit.<br />

Die zweistöckige STEP2-Unit auf der obersten<br />

NEST-Plattform wird in einem Open-Innovation-Ansatz<br />

von Wirtschafts- und Forschungspartnern<br />

gemeinsam realisiert.<br />

Hauptpartnerin ist dabei die BASF.<br />

Neue Lösungen und Prozesse<br />

Eine Wendeltreppe in Form einer Wirbelsäule<br />

aus dem 3-D-Drucker, eine Rippen-Filigrandecke,<br />

eine energieeffiziente Gebäudehülle<br />

– STEP2 vereint Innovationen aus diversen<br />

Bereichen. Der Fokus liegt auf der Marktreife<br />

von neuen Lösungen und Prozessen. Dementsprechend<br />

werden alle Innovationen konsequent<br />

und von Anfang an entlang der gesamten<br />

Wertschöpfungskette in einem<br />

Open-Innovation-Ansatz entwickelt.<br />

Die Unit soll nach der Fertigstellung als<br />

aktiv genutzte Innovationswerkstatt dienen.<br />

Die Fertigstellung der STEP2-Unit ist auf<br />

Sommer 2022 geplant.<br />

Anzeige<br />

EmpaTV<br />

EmpaTV<br />

Fassadenelemente lassen sich einfach auswechseln.<br />

Sie erleichtern so Versuchsanordnungen.<br />

3-D-Druck<br />

In der Planungsphase von STEP2 profitierte<br />

das Projektteam von Erfahrungen aus bestehenden<br />

NEST-Units. Dort hat sich gezeigt,<br />

dass die Vorfabrikation von Schalungen für<br />

Deckenelemente aus Beton mittels 3-D-<br />

Druck ein enormes Potenzial birgt. «Die 3-D-<br />

Drucktechnologie vereint die Effizienzvorteile<br />

der industriellen Fertigung mit der hohen<br />

Gestaltungsfreiheit digitaler Entwurfswerkzeuge»,<br />

meint der leitende Architekt Silvan<br />

Oesterle vom Architekturbüro ROK.<br />

Bei der Umsetzung der Geschossdecke in der<br />

STEP2-Unit wird diese Technologie wieder<br />

aufgegriffen. Das Projektteam hat einen Business<br />

Case für eine marktfähige Rippen-Filigrandecke<br />

in Sichtbetonqualität erarbeitet,<br />

die Spannweiten von bis zu 20 Metern erlaubt.<br />

Auch für die Schalung der erwähnten<br />

Wendeltreppe aus ultrahochfestem Beton<br />

(UHPC) werden die Möglichkeiten des 3-D-<br />

Drucks genutzt. Das «Digital Building<br />

Technologies»-Institut der ETH Zürich als<br />

Planungspartner sowie die beiden Industriepartner<br />

BASF Forward AM und SW Umwelttechnik<br />

bündeln für die Realisierung ihre<br />

Kompetenzen. Mit diesem herausfordernden<br />

Anwendungsbeispiel unterziehen sie ihre jeweiligen<br />

Prozesse, Technologien und Produkte<br />

einem Praxistest und können diese<br />

dadurch weiterentwickeln.<br />

Mithilfe der Expertise der Aepli Metallbau<br />

AG wurde die Fassade von STEP2 so konzipiert,<br />

dass die Elemente mit minimalem Aufwand<br />

ausgetauscht werden können. Dadurch<br />

bietet sich für NEST-Partner die Möglichkeit,<br />

neue Technologien und Materialien einfach<br />

zu implementieren und zu validieren. Für<br />

den Betrieb hat die WaltGalmarini AG ein<br />

umfassendes Energie- und Gebäudephysikkonzept<br />

für die Unit ausgearbeitet, das in den<br />

kommenden Jahren weiter optimiert wird.<br />

Ein zentrales Element für die Umsetzung<br />

dieses Konzepts ist dabei das Zusammenspiel<br />

der Decken- und Fassadeninnovationen.<br />

▶ www.empa.ch/de/web/nest/step2<br />

ROK Architekten<br />

STEP2 soll ab 2022 als Büro und Test-Labor zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Modulkurse<br />

Brandschutz für Bauingenieure<br />

Weitere Informationen:<br />

bfh.ch/brandschutzbauingenieure<br />

Modul 1: Grundlagen<br />

15. + 16. April 2021<br />

Modul 2: Warmbemessung von Stahlbauteilen<br />

29. April – 1. Mai 2021<br />

Modul 3: Warmbemessung von Massivbauteilen und<br />

Brandschutz im Holzbau<br />

12. + 13. August 2021<br />

Modul 4: Beurteilung von Bestandsbauten und Ertüchtigung<br />

9. + 10. September 2021<br />

‣ Weiterbildung<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


«Es ist immer wichtig zu prüfen, welche<br />

Betrachtungstiefe relevant ist. Prüfen Sie<br />

ab und zu, ob Sie das Richtige tun bzw. ob<br />

Sie die richtige Tiefe anwenden.»<br />

Peter Moser<br />

Peter Moser<br />

Mitglied des Zentralvorstandes<br />

Swiss Engineering<br />

IHRE ANSPRECHPARTNER<br />

Generalsekretariat:<br />

Alexander Jäger, Generalsekretär,<br />

<br />

Beratung zu:<br />

<br />

<br />

– Personalberatung<br />

– Rechtsauskunft<br />

– Patentberatung<br />

– Ferienwohnungen<br />

Directeur Suisse Romande:<br />

Gregor Hubbuch,<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

info@swissengineering.ch<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

info.sr@swissengineering.ch<br />

▶ Informationen zu Swiss Engineering STV,<br />

deren Dienstleistungen und Events, unter<br />

www.swissengineering.ch.<br />

▶ Scannen Sie diesen QR-Code,<br />

um Mitglied zu werden.<br />

Schnelle Welt<br />

Umso schneller sich das Rad dreht, umso wichtiger sind Pausen. Denken Sie daran, das<br />

Richtige zu tun und nicht das Falsche perfekt zu erledigen. Wenn Sie ab und zu einen<br />

Schritt zurückstehen bzw. pausieren, können Sie einfacher prüfen, ob Sie noch das Richtige<br />

tun. Dies ist in unserer schnellen und digitalen Welt immer wichtiger, vielfach ist es auch<br />

eine Sache der Betrachtungstiefe.<br />

Gedankenspiel: Wenn Sie in unseren Breitengraden bei Tagesbeginn mit tausend Kilome-<br />

<br />

<br />

wir dann, aus Sicht des Weltalls zum Flugzeug, stehen. Wenn wir dies nun aus grösserer<br />

tern<br />

pro Stunde um die Sonne bewegt … Daher ist es immer wichtig zu prüfen, welche<br />

Betrachtungstiefe relevant ist. Prüfen Sie ab und zu, ob Sie das Richtige tun bzw. ob Sie die<br />

richtige Tiefe anwenden.<br />

<br />

ch/bau viele nützliche Informationen für unsere Mitglieder. Dabei stellen wir beispielsweise<br />

News von der Politik und den Partnerverbänden zur Verfügung. Zudem möchten wir Sie<br />

motivieren, an Vernehmlassungen mitzuwirken, und unseren Mitgliedern ermöglichen, in<br />

tet<br />

etwas auf Sie. Achten Sie auch auf die Ausschreibungen in den Newslettern. Unsere<br />

Kommunikation mit Ihnen, unseren Mitgliedern, möchten wir stets optimieren. Nutzen wir<br />

unser Netzwerk mit der richtigen Tiefe.<br />

Die allgemeinen Themen Klima und Bildung werden uns länger begleiten, die Digitalisierung<br />

und deren Geschwindigkeit mit den neuen Technologien inklusive der künstlichen<br />

Intelligenz werden weiterhin aktuell sein. Im Bau wird uns in nächster Zeit das Wohnen<br />

beschäftigen, sei dies die intelligente Gebäudetechnik, die auch nachhaltig und sicher sein<br />

<br />

<br />

bleibt immer spannend.<br />

mal<br />

sind wir dabei auf Ihre Sichtweise angewiesen, damit wir die richtige Betrachtungstiefe<br />

nicht verlieren.<br />

41


Swiss Engineering<br />

Karriere<br />

<br />

CEO Rochester-Bern<br />

Executive Programs<br />

www.rochester-bern.ch<br />

Erfolg auf LinkedIn<br />

Gelesen haben wir es alle schon: Personalvermittler<br />

und Unternehmen spüren ihre<br />

künftigen Mitarbeitenden und Führungs-<br />

<br />

und soziale Netzwerke auf. Ganz vorne<br />

spielt hierbei LinkedIn mit seinen 645<br />

Millionen Mitgliedern mit. Wer gefunden<br />

werden will, sollte sich also geschickt auf<br />

LinkedIn positionieren. Hand aufs Herz: Ist<br />

<br />

Bevor Sie mit der Überarbeitung beginnen,<br />

gilt es zunächst einmal zu überlegen, von<br />

wem Sie gefunden werden wollen. In der<br />

Regel sind das nicht alle, sondern die Leute<br />

und Firmen, die Ihnen wichtig sind. Wählen<br />

men<br />

von Kontakten bewusst aus: Wer<br />

arbeitet in Ihrem Wunschbereich, und das<br />

<br />

-<br />

<br />

aber nicht nur für die Maschine, die Sie<br />

<br />

der Sie letztlich betrachtet. Die Maschine<br />

sucht nach Keywords, diese bauen Sie idealerweise<br />

in die Titelzeile ein, zum Beispiel<br />

<br />

Beide, Mensch und Maschine, lesen, wie Sie<br />

<br />

checkt die gängigen Keywords, der Mensch<br />

achtet auf die Emotionen. Wichtig also, hier<br />

geschickt zu formulieren. Welche Keywords<br />

derzeit gesucht werden, können Sie auf<br />

Google Trends prüfen, ebenso wichtig ist<br />

es aber, dass Ihr Text persönlich ist und zu<br />

Ihrer gewünschten Positionierung, kurz:<br />

Ihnen, passt. Sind Sie international unterwegs,<br />

<br />

Ganz auf die Emotionen des Betrachters<br />

grundbild.<br />

Beide sollen verkörpern, wer Sie<br />

sind und wofür Sie stehen. Schauen Sie Ihre<br />

Besucherinnen und Besucher an, laden Sie<br />

sie ein in Ihre Welt – dann stehen die Chancen<br />

gut, dass sie Sie kennenlernen möchten.<br />

▶ Quelle: Swiss Ladies Drive Webinar mit<br />

Positionierungsexpertin Susanne Mueller<br />

Zantop, 5. Februar 2021.<br />

Enskineering – zwei Ingenieure<br />

bauen Ski aus Holz<br />

<br />

die die beiden Inhaber und Gründer von Holzski, Livio Schneider<br />

<br />

Vorstandsmitglied bei der Sektion Olten von Swiss Engineering STV,<br />

berichtet über die Technologie und darüber, wie zwei Systemtechnik-Ingenieure<br />

auf die Idee kamen, einen Holzski zu entwickeln.<br />

Ein Holzski trägt Holz nicht nur im Namen –<br />

sondern vor allem im Herzen. Ein Vollholzkern<br />

aus Esche wird jeweils von Hand auf<br />

den jeweiligen Holzski und dessen zukünftigen<br />

Fahrer individuell angepasst. Der aus<br />

einzelnen Elementen verzinkte Holzkern<br />

verleiht dem Holzski seine mechanischen<br />

Eigenschaften wie Flex und Vorspannung.<br />

Glasfasern geben dem Holzski zusätzlich die<br />

nötige Festigkeit und Stabilität. Die einzelnen<br />

Schichten werden wie bei einem Sandwich<br />

aufgebaut und miteinander verklebt.<br />

Dank dieser modularen Konstruktion werden<br />

in jeder Phase des Aufbaus eigens auf<br />

den Kunden abgestimmte Anpassungen<br />

vorgenommen. Anstelle einer Presse setzen<br />

die beiden Skibauer auf Vakuumtechnik –<br />

diese ist einfacher zu handhaben und kann<br />

für die einzelnen Skimodelle rasch aufgebaut<br />

werden. Ihre Werkstatt braucht dadurch<br />

nur wenig Platz und kann fast überall<br />

eingerichtet werden.<br />

Von Hand gefertigt –<br />

mit modernster Technologie<br />

«Bis auf den Zuschnitt der Skibeläge führen<br />

Marcel Gloor und ich sämtliche Arbeitsschritte<br />

von Hand durch», erklärt Livio<br />

Schneider. Dabei kommen sowohl einfachste<br />

Handwerkzeuge, als auch eigens entwickelte<br />

Maschinen zum Einsatz. Für den präzisen<br />

Zuschnitt der Beläge aus gesintertem und dadurch<br />

sehr temperaturempfindlichem, ultrahochmolekulargewichtigem<br />

Polyethylen,<br />

(UHMW-PE) greifen die beiden gezielt auf<br />

externes Fachwissen zu.<br />

Da die Skibindung mit Holzschrauben fest<br />

im Kern verschraubt ist, wird bei einem<br />

Holzski der Kern über die gesamte Breite<br />

massiv ausgeführt. So werden die Stahlkanten<br />

direkt vom Holzkern gestützt und anders<br />

als bei vielen anderen Herstellern kommen<br />

keine Kunststoff-Seitenwangen zum Einsatz.<br />

Die Kraftübertragung erfolgt damit vom<br />

Schuh via Bindung und Holzkern direkt auf<br />

die Kanten in den Schnee. Die wichtigste<br />

Aufgabe des Holzkerns ist die Schwingungsdämpfung.<br />

Dadurch verfügt der Ski über eine<br />

hohe Laufruhe. Der Holzkern ist mit mehreren<br />

Schichten Glasfaser-Gelege verstärkt, mit<br />

unterschiedlicher Faserausrichtung je nach<br />

Skityp. «Aufgrund der bisher nicht geregelten<br />

Entsorgung von Carbon, verzichten wir<br />

komplett auf dieses Material», führt Livio<br />

Schneider weiter aus. Zudem würde die hohe<br />

Steifigkeit durch das eingesetzte Carbon eine<br />

zusätzliche Dämpfung aus Elastomer bedingen.<br />

Als letzte Schicht veredelt schliesslich<br />

ein Furnier jeden Holzski. Zur Auswahl stehen<br />

viele verschiedene Hölzer wie Eiche,<br />

Arve oder Nussbaum, die einzeln, gespiegelt<br />

Skibauworkshops in Leukerbad<br />

Im Winter 20/21 hat Holzski seine Werkstatt ins Wallis nach Leukerbad verlegt und bietet dort vorwiegend<br />

an den Wochenenden Skibauworkshops an. Am Samstag werden tagsüber verschiedene Modelle<br />

<br />

bei<br />

ist, verlässt ein neuer stolzer Holzski-Besitzer mit einem fertigen und fahrbereiten Ski die Werkstatt.<br />

▶ www.holzski.ch<br />

Wer dabei eine Übernachtung benötigt, kann die Ferienwohnung von Swiss Engineering STV<br />

reservieren.<br />

▶ www.swissengineering.ch/leukerbad<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


Swiss Engineering<br />

oder mit speziellen Prägungen dem Holzski<br />

sein einzigartiges Aussehen verleihen. Da jedes<br />

Produkt ein Unikat ist, wird nebst dem<br />

Logo immer auch eine fortlaufende Produktionsnummer<br />

vergeben. Die Bindungsmontage<br />

und die Aufbereitung des Belags erfolgen<br />

jeweils in Zusammenarbeit mit lokalen<br />

Sportgeschäften.<br />

«Angefangen hat die Geschichte von Holzski<br />

vor sieben Jahren auf einem Sessellift», sinniert<br />

Livio Schneider. «Mein Studienkollege<br />

und ich gingen unserer grossen Leidenschaft<br />

nach, dem Skifahren. Beim Blick auf unsere<br />

Ski stellten wir uns plötzlich die Frage, wie so<br />

ein Ski eigentlich genau gebaut wird. Was da<br />

alles drin sein mag. Beim anschliessenden<br />

Apéro auf der Sonnenterrasse fassten wir den<br />

Entschluss, selbst einen Ski zu bauen. Es folgten<br />

stundenlange Recherchen, unzählige<br />

Skizzen und Tests. Schnell war klar, dass wir<br />

Holz als nachhaltiges Hauptmaterial nutzen<br />

wollen. Mit diesem Material hat schliesslich<br />

im Skisport alles angefangen.»<br />

Vom Hobbyraum zur Firmengründung<br />

«Die ersten paar Holzski bauten wir im Keller<br />

meines Elternhauses. Die Vorfreude vor der<br />

ersten Abfahrt mit den Ski #001 und #002<br />

war gross. Noch grösser die Erleichterung<br />

und die Freude, nach den ersten Schwüngen<br />

im Schnee: Das Gefühl stimmte», so Livio<br />

Schneider weiter. «Nachdem die ganze Familie<br />

mit Holzski ausgestattet war, folgten die<br />

ersten Anfragen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis.<br />

Und schon bald fielen die Ski<br />

auch Fremden auf der Piste auf. Es kamen<br />

immer mehr Kundenanfragen rein und nicht<br />

selten schlugen wir uns ganze Nächte in der<br />

Skibauwerkstatt um die Ohren. Im Jahr 2018<br />

entschieden wir, Marcel Gloor und ich, uns<br />

schliesslich für die Gründung einer Firma –<br />

die Enskineering GmbH.»<br />

Enskineering Enskineering<br />

Skibauingenieure, Gründer und Inhaber der Enskineering GmbH: Marcel Gloor (links) und Livio Schneider<br />

in ihrer Werkstatt.<br />

Beim Testen erklären die beiden interessierten<br />

Kunden die komplexen Abhängigkeiten<br />

zwischen Geometrie, Vorspannung und Aufbau.<br />

Damit haben sie auch schon bei Schreinerinnen<br />

oder Ingenieuren für richtige Aha-<br />

Effekte auf der Skipiste gesorgt. Dank der<br />

intensiven Auseinandersetzung mit den<br />

Kunden, können die Ski individuell auf ihren<br />

Fahrer oder ihre Fahrerin zugeschnitten werden.<br />

Schliesslich gibt es jedes Paar Ski nur ein<br />

einziges Mal. Und darum sind mittlerweile<br />

nicht nur die beiden Inhaber und Gründer<br />

wichtige Botschafter ihrer eigenen Marke –<br />

sondern jede Person, die einen Holzski fährt.<br />

Holzski – hinterlässt Spuren.<br />

Fabienne Schneider<br />

Kundenbindung ist zentral<br />

Livio und Marcel legen viel Wert auf individuelle<br />

Kundenbetreuung. Jede Kundin und<br />

jeder Kunde steht zuerst auf verschiedenen<br />

Testski, bevor es mit dem Skibau losgeht.<br />

Zur Person:<br />

Livio Schneider ist Projektleiter Digital Engineering<br />

bei R. Nussbaum AG. Der bei Müller<br />

vierte<br />

sein Studium BSc in Systemtechnik in<br />

<br />

Technologies in Zürich und den CAS Digitale<br />

Transformation an der Uni Bern. Er ist Vorstandsmitglied<br />

der Sektion Olten von Swiss<br />

Engineering STV.<br />

Livio Schneider testet die Holzski. Schneider ist Vorstandsmitglied der Sektion Olten von Swiss Engineering<br />

STV.<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021 43


Swiss Engineering<br />

<br />

Nachruf auf Gaston Wolf<br />

<br />

<br />

<br />

Kleinwasserkraftwerk Doppelpower<br />

in Mitlödi<br />

22.04.2021, 15.00–18.00 Uhr, Schwanden<br />

<br />

<br />

Emotionale Intelligenz für eine starke<br />

und inspirierende Führungspräsenz<br />

13.04.2021, online<br />

Gaston Wolf, ehemaliger Zentralpräsident und Ehrenmitglied<br />

von Swiss Engineering STV, ist am 10. Oktober 2020 im Alter von<br />

79 Jahren in Herrliberg verstorben.<br />

Swiss Engineering<br />

<br />

Grundlagenkurs GK I –<br />

Einführungskurs in die Expertentätigkeit,<br />

am 30.04.2021, 9.00–15.00 Uhr, online<br />

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Diversity für den gemeinsamen<br />

Erfolg nutzen<br />

20.05.2021, 18.30–20.00 Uhr, online<br />

SAVE-THE-DATE<br />

<br />

05.06.2021, Glarus<br />

Kämpfer für die Ausbildung und integre Persönlichkeit: Gaston Wolf bei einer Rede im Jahr 1991.<br />

<br />

22.09.2021, Lausanne<br />

<br />

23.09.2021, Dübendorf<br />

<br />

15.–16.10.2021, Geroldswil<br />

▶ Aktuelle Informationen über<br />

die Durchführung von Events<br />

und die Anmeldung unter:<br />

www.swissengineering.ch/veranstaltungen<br />

Gaston Wolf, Dr. phil. II, Dipl.-Chemiker ETH<br />

und ehemaliger Professor, wurde am 24. Mai<br />

1991 in Luzern in den Zentralvorstand und<br />

am 11. Mai 1996 in Zürich zum Zentralpräsidenten<br />

gewählt. Am 20. Mai 2000 übergab er<br />

das Amt des Zentralpräsidenten an Ruedi<br />

Noser. Von 1992 bis 2005 war Gaston Wolf<br />

Mitglied des FEANI-Nationalkomitees der<br />

Schweiz. Er setzte sich dort massgeblich für<br />

die berufliche Anerkennung der HTL-Ingenieurinnen<br />

und -Ingenieure ein. Einen wichtigen<br />

Meilenstein erreichte er mit dem Erfolg,<br />

als die HTL-Ingenieurinnen und<br />

-Ingenieure im Jahr 1995 in den FEANI-Index<br />

aufgenommen wurden. Als Mitglied des FE-<br />

ANI-Boards (Europa), vertrat er Swiss Engineering<br />

vom Oktober 1995 bis September<br />

2001. Er war es, der den Einsitz bei FEANI<br />

ermöglichte und entscheidend geprägt hatte.<br />

Durch seine effektive Arbeit ebnete er seinem<br />

Schweizer Nachfolger Heinz Müller den Weg<br />

ins FEANI-Board. Dank seiner Mehrsprachigkeit<br />

und seiner internationalen Kontakte<br />

zu SEFI (European Society for Engineering<br />

Education), konnte er sich für die wissenschaftliche<br />

Anerkennung der HTL-Abschlüsse<br />

einsetzen. Ebenso nahm er als Mitglied in<br />

der Eidgenössischen Fachhochschulkommission<br />

Einsitz und pflegte sehr gute Kontakte<br />

zur Politik, zu Brüssel und den wichtigen<br />

Persönlichkeiten bei FEANI.<br />

Für Gaston Wolf waren drei zentrale Aufgaben<br />

von Swiss Engineering wichtig: «Unsere<br />

Mitglieder ein Leben lang begleiten, die Standespolitik<br />

und die Gesellschaftspolitik», so<br />

seine Auflistung in der Schweizerischen<br />

Technischen Zeitschrift (<strong>STZ</strong>) vom September<br />

1995 in der Rubrik «Persönlich». Blicken<br />

wir auf die aktuellen Aufgaben des Berufsverbands,<br />

so haben diese noch heute Gültigkeit.<br />

Gaston Wolf hat insbesondere in der Standespolitik<br />

sehr viel erreicht. Aufgrund seiner<br />

ausserordentlichen Verdienste wurde er an<br />

der Delegiertenversammlung am 20. Mai 2000<br />

in Fribourg zum Ehrenmitglied gewählt. Wir<br />

verlieren mit ihm einen grossen Kämpfer für<br />

die Ausbildung und eine ausserordentlich<br />

engagierte und integre Persönlichkeit. Wir<br />

werden Gaston Wolf ein ehrendes, dankbares<br />

Andenken an einen wundervollen Menschen<br />

bewahren.<br />

Alexander Jäger<br />

Generalsekretär Swiss Engineering STV<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


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Mehr Informationen:<br />

www.kömedia.ch/swissengineering


Zoom<br />

Technik & Lifestyle<br />

Corona: Skifahren sicherer<br />

als Arbeiten<br />

Skifahren ja oder nein? Nur wenige Fragen schienen die Schweiz<br />

in diesem Winter mehr bewegt zu haben als diese. Auch die Empa<br />

ging in Seilbahnkabinen auf Coronafahndung.<br />

In der nächsten Ausgabe<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

-<br />

<br />

<br />

<br />

möglich zu kommen, haben die Empa-Forscher<br />

die Rechenmodelle, die für die Abschätzung<br />

von Viren-Ausstoss oft benutzt<br />

werden, verbessert und entwickelten damit<br />

ihre eigene Abschätzung. Dabei liessen sie<br />

auch die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung<br />

mit einfliessen – also die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass in einer Kabine Virusträger<br />

anwesend sind.<br />

Empa-Forscher auf Coronafahndung in der Seilbahn.<br />

Mit Messungen und Simulationen nahm ein<br />

Team von Empa-Forschern um Ivan Lunati<br />

Gondeln und Seilbahnkabinen in Skigebieten<br />

unter die Lupe. Sie untersuchten den<br />

Luftaustausch in drei Kabinentypen: eine kleinere<br />

Gondel für maximal acht Passagiere und<br />

zwei grössere Kabinen mit Raum für 80 beziehungsweise<br />

77 Menschen. Mit Luftdrucksensoren<br />

wurde die räumliche Verteilung der Strömung<br />

in Echtzeit erfasst. Aus diesen Daten<br />

berechneten die Forscher dann «Luftaustausch-<br />

Raten» für die jeweiligen Kabinentypen. In die<br />

gleiche Richtung zielten Messungen des CO 2-<br />

Gehalts, der als gutes Mass für den Luftaustausch<br />

in Innenräumen gilt.<br />

Waren beide Schiebefenster an der rechten<br />

Gondelseite geschlossen, stieg der Wert bis<br />

zum nächsten Halt, an dem die Türen öffneten,<br />

nahezu linear an. War eines der beiden<br />

Fenster geöffnet, fiel der CO 2-Anstieg deutlich<br />

geringer aus. In der kleinsten Kabine wurde<br />

die Luft 138-mal pro Stunde ausgetauscht, in<br />

der mittleren 180-mal – und in der grössten<br />

nur 42-mal. Zum Vergleich: In einem Zugwaggon<br />

finden sieben bis 14 Luftwechsel statt;<br />

in einem durchschnittlichen Zweier-Büro sogar<br />

nur etwa ein Luftwechsel pro Stunde.<br />

Doch was ist mit der Emissionsrate an Erregern?<br />

Um der Wirklichkeit so nahe wie<br />

Mit diesen und anderen Faktoren wie etwa<br />

der Zeitspanne, in der Erreger inaktiv werden,<br />

errechneten die Forscher das Infektionsrisiko<br />

für die Passagiere. Die Resultate für<br />

eine kleinere Seilbahnkabine (acht Personen,<br />

offene Fenster) veranschaulicht ein Vergleich<br />

mit anderen Orten: Ein Dinner-Event auf<br />

30 Quadratmetern mit acht Menschen, die<br />

sich laut unterhalten, wäre massiv riskanter.<br />

Das Infektionsrisiko einer zwölfminütigen<br />

Fahrt mit der kleineren Kabine ist zudem<br />

deutlich geringer als bei einem achtstündigen<br />

Arbeitstag in einem Zweierbüro mit 20 Quadratmetern<br />

Fläche, dessen «Luftfüllung» einmal<br />

pro Stunde ersetzt wird. Wenn die Fenster<br />

also offenbleiben, bedeutet ein Skitag mit einigen<br />

Kabinenfahrten ein deutlich geringeres<br />

Ansteckungsrisiko als ein Arbeitstag in einem<br />

wenig belüfteten Zweierbüro.<br />

▶ www.empa.ch<br />

IMPRESSUM<br />

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HERAUSGEBER<br />

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VERLAG<br />

118. Jahrgang<br />

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REDAKTION<br />

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MEDIABERATUNG<br />

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ABO-SERVICE<br />

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COPYRIGHT<br />

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ISSN 1660-4121<br />

Gedruckt<br />

in der Schweiz<br />

<strong>SWISS</strong> <strong>ENGINEERING</strong> MÄRZ 2021


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